In dieser Thesis soll untersucht werden, inwiefern sich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Romeo Castaño vs. Belgien auf die weitere Entwicklung der EGMR-Rechtsprechung und gegebenenfalls der Konvention und des Unionsrechts auswirken wird. Hierbei hatte der belgische Staat durch die unterlassene Übergabe einer des Terrorismus und Mordes beschuldigten Person im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls (EuHB) die Beschwerdeführer in ihrem Recht aus Artikel 2 EMRK in prozessualer Hinsicht verletzt.
Ferner wird die Frage aufgeworfen, ob und wie die Auswirkungen auf die Doktrin der positiven Verpflichtung aus der Konvention bestehen. Es wird anhand des Urteils im Fall Romeo Castaño vs. Belgien untersucht, was unter Symmetrie von Konventionsrecht und Unionsrecht zu verstehen ist und wie in diesem Zusammenhang, eine unterlassene Handlung im Rahmen des Unionsrechts zu einer Verletzung der Konventionsgarantien führt.
Die Gerichtskammer der Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte erklärte am 9. Juli 2019 einstimmig den Antrag der Beschwerdeführer – fünf spanische Staatsangehörige – für zulässig und hielt fest, dass ein Verstoß des Art. 2 der Konvention in prozessualer Hinsicht durch die unterlassene Übergabe einer des Mordes und Terrorismus‘ beschuldigten Person vorläge und, dass der belgische Staat die Beschwerdeführer daher entsprechend zu entschädigen habe.
Dieses Urteil hat als erstes seiner Art eine Sonderstellung inne. Während längst etabliert ist, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung eng mit den Grundrechtsgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention verknüpft ist, hatte der EGMR noch nie zuvor das Unterlassen der Vollstreckung eines EuHB durch einen Staat für konventionswidrig befunden. Die Besonderheit dieses Urteils bleibt jedoch nicht auf die Auslieferung beschränkt. Der Fall berührt tatsächlich die wichtige Frage der Symmetrie zwischen der EMRK und dem Unionsrecht. Dadurch bewirkt er eine wichtige Entwicklung in der Doktrin der positiven Pflichten im Rahmen der Konvention.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Der Fall
- III. Menschenrechte in Europa
- 1. Die Zwillingsinstitutionen und ihre Entstehungsgeschichte
- a. Der Europarat
- b. Die Europäische Union
- 2. Rechtscharakter der EMRK
- a. Rechtsnatur und Stellung der EMRK in den nationalen Rechtsordnungen
- aa. Belgien
- bb. Spanien
- b. Rechtsschutzsystem im Rahmen des 11. Zusatzprotokolls
- aa. Organe des Europarates
- bb. Derzeitiges Rechtsschutzsystem gem. 11. Zusatzprotokoll
- c. Verpflichtungen aus der EMRK
- d. Verbindlichkeit der EGMR-Urteile
- aa. Inter partes-Wirkung
- i. Verpflichtungen aus dem Urteil
- ii. Pilotverfahren
- bb. Res interpretata-Effekt
- aa. Inter partes-Wirkung
- 3. Charakter des Unionsrechts
- a. Rechtsnatur und Stellung der EMRK in den nationalen Rechtsordnungen
- IV. Zur Auslieferung von Personen in der EGMR-Rechtsprechung
- 1. Bisherige Rechtsprechung
- 2. Der Fall Romeo Castaño v. Belgien
- 3. Auswirkung auf die Doktrin der Schutzpflichten im Rahmen von Art. 2 EMRK
- V. Souci de symétrie – Bestreben einer Symmetrie und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der Thematik der Menschenrechtsverletzungen durch Unterlassen, am Beispiel des Falls Romeo Castaño v. Belgien. Sie analysiert die Auswirkungen dieses Falls auf die Entwicklung der Doktrin der positiven Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
- Entwicklung der Doktrin der positiven Verpflichtungen aus der EMRK
- Menschenrechtsverletzungen durch Unterlassen
- Auslieferung von Personen in der EGMR-Rechtsprechung
- Der Fall Romeo Castaño v. Belgien
- Die Rolle des Souci de symétrie in der EGMR-Rechtsprechung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I: Einleitung: Dieses Kapitel stellt die Thematik der Bachelorarbeit vor, erläutert die Relevanz der Thematik und die Forschungsfrage. Es bietet zudem einen Überblick über die Struktur der Arbeit.
- Kapitel II: Der Fall: Hier wird der konkrete Fall Romeo Castaño v. Belgien dargestellt und die relevanten Fakten und Argumentationen der Parteien zusammengefasst.
- Kapitel III: Menschenrechte in Europa: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung der Zwillingsinstitutionen Europarat und Europäische Union sowie deren Einfluss auf die Entwicklung des Menschenrechtsschutzes in Europa. Es behandelt zudem den Rechtscharakter der EMRK, die Rechtsschutzmechanismen und die Verbindlichkeit von EGMR-Urteilen.
- Kapitel IV: Zur Auslieferung von Personen in der EGMR-Rechtsprechung: Dieses Kapitel untersucht die Rechtsprechung des EGMR zur Auslieferung von Personen im Kontext der EMRK. Es analysiert dabei die bisherige Rechtsprechung und die Auswirkungen des Falls Romeo Castaño v. Belgien auf die Doktrin der Schutzpflichten im Rahmen von Art. 2 EMRK.
- Kapitel V: Souci de symétrie – Bestreben einer Symmetrie und Fazit: In diesem Kapitel wird das Konzept des Souci de symétrie, also das Streben nach einer Symmetrie in der EGMR-Rechtsprechung, erläutert und in Bezug auf den Fall Romeo Castaño v. Belgien analysiert. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einer Schlussfolgerung.
Schlüsselwörter
Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themenbereichen Menschenrechtsverletzungen durch Unterlassen, positive Verpflichtungen aus der EMRK, Auslieferung von Personen, EGMR-Rechtsprechung, Souci de symétrie und dem Fall Romeo Castaño v. Belgien.
- 1. Die Zwillingsinstitutionen und ihre Entstehungsgeschichte
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- Layal Ramadan (Author), 2019, Menschenrechtsverletzungen durch die unterlassene Übergabe beschuldigter Personen. Das Fallbeispiel "Romeo Castaño vs. Belgien", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/939001