Was wird für hochbegabte Kindergartenkinder getan und wie ist dies zu bewerten?


Studienarbeit, 2007

30 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Hochbegabung? – Ein Definitionsproblem
2.1 Begabung
2.2 Intelligenz
2.3 Hochbegabung

3. Modelle der Hochbegabung
3.1 Das Drei- Ringe- Modell
3.2 Das Komponentenmodell der Talententwicklung
3.3 Das Münchener Begabungsmodell

4. Identifikation von Hochbegabung
4.1 Intelligenztests
4.2 Intelligenztests für Kindergarten- und Vorschulkinder
4.3 Kreativitätstests
4.4 Beobachtung
4.5 Checklisten

5. Hochbegabte Kinder im Kindergarten
5.1 Probleme hochbegabter Kindergartenkinder
5.2 Welche Rolle spielt der Erzieher?
5.3 Frühzeitige Einschulung als Vorteil?
6. Fördermöglichkeiten für Kindergartenkinder
6.1 Bedeutung des Elternhauses
6.2 Förderung im Kindergarten
6.2.1 Förderung im Regelkindergarten
6.2.2 Förderung im Sonderkindergarten
6.3 Förderung außerhalb des Kindergarten

7. Fazit: Was muss verbessert werden?

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Hochbegabung und Hochbegabtenförderung sind in den letzten Jahren immer stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Es gibt Berichte von Vierjährigen, die bereits fließend lesen können oder zwölfjährige, die Vorlesungen an der Universität besuchen. Es gibt viele Modelle und Überlegungen hochbegabte Kinder und Jugendliche in der Schule besser zu fördern. Die Notwendigkeit der Förderung Hochbegabter im schulischen Bereich ist bekannt, doch wo steht hier der Kindergarten? Hochbegabung beginnt nicht erst mit dem Eintritt in die Schule und dennoch wird Hochbegabtenförderung und -forschung im Bereich der Elementarpädagogik vernachlässigt. Erzieher1 erhalten in ihrer Ausbildung in der Regel keine Gelegenheit sich mit dem Thema Hochbegabung auseinander zusetzen. Viele sehen den Betreuungsaspekt, sowie die soziale Integration als Hauptaspekte des Elementarbereichs. Die Tatsache, dass der Kindergarten auch eine wichtige Rolle in der Bildungsvermittlung spielt, hat sich noch nicht durchgesetzt.

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Hochbegabung von Kindergartenkindern. Der besondere Blickpunkt liegt hierbei auf den Förderungsmöglichkeiten für Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter und deren Kritik.

Zu Beginn werden die Begriffe Begabung, Intelligenz und Hochbegabung näher erläutert und die Problematik eines Definitionsversuches verdeutlicht. Die verschiedenen Ebenen der Begabung werden aufgegriffen, sowie eine mögliche Definition für den Begriff der Intelligenz gegeben. Die unterschiedlichen Einflussfaktoren von Hochbegabung werden ebenfalls dargelegt.

Anschließend werden drei Modelle der Hochbegabung vorgestellt. Hierzu gehören das Drei-Ringe-Modell von Renzulli, sowie zwei darauf basierende, aber weiterentwickelte Modelle. Das Komponentenmodell der Talententwicklung von Wieczerkowski und Wagner und das Münchener Hochbegabungsmodell von Heller, Perleth und Hany.

Im Anschluss werden verschiedene Methoden der Diagnostik veranschaulicht und diskutiert. Hierzu gehören der Intelligenztest, der Kreativitätstest, das Verfahren der Beobachtung und die so genannten Checklisten. Die Punkte setzten sich außerdem mit den jeweiligen Testverfahren kritisch auseinander. Darüber hinaus werden einige Intelligenztests beschrieben, die bei Kindergarten- und Vorschulkindern angewandt werden.

Der Punkt hochbegabte Kinder im Kindergarten setzt sich mit den besonderen Schwierigkeiten und Problemen von hochbegabten Kindern im Kindergarten auseinander. Darüber hinaus wird die besondere Rolle des Erziehers thematisiert. Des weiteren wird dargelegt, ob und wann eine vorzeitige Einschulung hochbegabter Kinder empfehlenswert ist. Danach werden verschiedene Möglichkeiten der Förderung hochbegabter Kindergartenkinder vorgestellt. Hiezu gehören das Elternhaus und der Kindergarten als wichtige Bereiche der Förderung. Hierbei werden auch die möglichen Vorteile eines Sonderkindergartens dem Regelkindergarten gegenüber gestellt. Außerdem werden Fördermaßnahmen außerhalb des Kindergartens vorgestellt, wie die der Hochbegabtenförderung e.V., des Studienkreises und die der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind e. V, sowie das Förderangebot der Mensa Deutschland e. V.

Das abschließende Fazit setzt sich mit der derzeitigen Situation hochbegabter Kindergartenkinder kritisch auseinander und führt auf, welche Verbesserungen notwendig sind.

2. Was ist Hochbegabung? – Ein Definitionsproblem

Bis heute gibt es keine einheitliche und allgemein verbindliche Definition von Hochbegabung, die alle möglichen Aspekte von Begabung umfasst und von allen Wissenschaftlern anerkannt wird. Wann gilt ein Mensch als begabt, wann ist er hochbegabt? Wenn von Hochbegabung gesprochen wird, denken die meisten Menschen als erstes an hohe Intelligenz. Der Intelligenztest ist zwar ein wichtiger Faktor zur Bestimmung von Hochbegabung, eine Definition, die Hochbegabung allein an der Intelligenz festmacht, wäre aber völlig unzureichend. Der Intelligenzquotient macht nur einen Teil des Spektrums an Begabung aus. Zur Klärung der Frage, was Hochbegabung ist werden im Folgenden die Begriffe Begabung, Intelligenz und Hochbegabung näher erläutert.

2.1 Begabung

In der Psychologie wird Begabung als die Summe angeborener außerordentlicher Fähigkeiten bezeichnet. Begabung ist Voraussetzung für das Erbringen überdurchschnittlicher Leistungen im schulisch-wissenschaftlichen, praktisch-technischen oder künstlerisch-kreativen Bereich. Begabung ist „[..]eine relativ unspezifische individuelle Anlagepotenz, die in ihrer Entwicklung von Anfang an interagiert, also in Wechselwirkung tritt mit dem sozialem Umfeld, d.h. mit konkreten Erziehungs- und Sozialisationseinflüssen.“1 Es gibt verschiedene Begabungs- oder Fähigkeitsbereiche, die einzeln oder in Kombination auftreten können. Allerdings prägen nur die intellektuellen Fähigkeiten den klassischen Begriff der Intelligenz. Im Folgenden werden vier Bereiche von Begabung genannt.

intellektuelle Begabung in ihren verschiedenen Ausprägungen

schöpferische Begabung (z.B. Malerei Musik)

psychomotorische Begabung ( z.B. Sport, Artistik)

soziale Begabung ( Empathie, Fähigkeit zur Zusammenarbeit, Bereitschaft soziale Verantwortung zu übernehmen, sowie moralisch zu handeln)2

2.2 Intelligenz

Der deutsche Psychologe William Stern definiert 1920 den Begriff der Intelligenz als die Fähigkeit, abstrakt und analytisch denken zu können. Er legte den Intelligenzquotienten (IQ) fest, welcher das Verhältnis des Intelligenzalters zum Lebensalter mal 100 ausdrückt. Ein Intelligenzquotient von 100 bedeutet, dass eine Übereinstimmung von Lebensalter und Intelligenzalter vorliegt, deshalb wird ein IQ von 100 auch als Durchschnitt bezeichnet.

Ebenso wie es bisher keine einheitliche Definition des Begriffs Hochbegabung gibt, ist eine Definition von Intelligenz umstritten. Nach Dr. med. Simchen kommt die folgende Definition den Erkenntnissen der Forschung am nächsten:

„Intelligenz ist die angeborene Fähigkeit, durch Erkennen von Gesetzmäßigkeiten und Regeln geistige Leistungen zu erbringen, mit deren Hilfe neue Aufgaben und Anforderungen optimal gelöst werden können. D. h. also, sich in neue Situationen und Aufgaben mit Hilfe des eigenen Denkvermögens zurechtzufinden, ohne dass bereits spezielle Erfahrungswerte vorliegen.“3

Fest steht, dass nicht nur die Quantität und Qualität der Fähigkeit eine Rolle in bezug auf die Intelligenz eines Menschen spielt, sondern auch die Art wie verschiedene Fähigkeiten miteinander kombiniert sind. Weitere wichtige Faktoren sind Motivation, emotionale Stabilität und Tatkraft. Ob Intelligenz hauptsächlich auf Vererbung zurückzuführen ist, oder ob es eher als ein Produkt der Sozialisation eines jeden Menschen anzusehen ist, wird stark vom politischen Standpunkt des jeweiligen Wissenschaftlers beeinflusst.

2.3 Hochbegabung

Bei welcher Punktzahl eines IQ-Tests die Schwelle von Begabung überschritten wird und Hochbegabung vorliegt, hängt unter anderem von der jeweiligen Art des Intelligenztests ab, sowie von der subjektiven Einschätzung des Forschers. Die Festlegung eines Grenzwertes, bei dem man von Hochbegabung spricht, ist also umstritten. Die Mehrzahl der Forscher spricht bei einem IQ ab 130 von Hochbegabung.. Lewis Terman, der auch als „Vater der Hochbegabtenforschung“ bezeichnet wird, spricht erst bei einem IQ ab 140 von Hochbegabung. Die Marburger Studie von Prof. Detlef Rost hingegen legt den Grenzwert bei einem IQ von 125.4 Diese unterschiedlichen Ansätze erschweren die Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Intelligenztests. Außerdem sollte es nach Heinbokel für die Praxis keine Bedeutung haben, ob die Grenze bei einem IQ von130 oder 140 liegt und ein Kind mit einem IQ von 129 oder 131 als ‚noch nicht’ oder ‚schon’ hochbegabt gilt. „Da die Punktzahl allein nichts darüber aussagt, wie sich die Intelligenz eines Kindes zusammensetzt, und da in der Entwicklung daneben noch eine Reihe anderer Faktoren eine Rolle spielen, darf sie auch nicht ausschlaggebend sein, wenn Entscheidungen über den Werdegang eines Kindes getroffen werden müssen.“5

Die am häufigsten verwendete Definition stammt von Sidney P. Marland Jr. von 1971. Nach dieser Definition sind hochbegabte Kinder in der Lage aufgrund hervorragender Fähigkeiten hohe Leistungen in folgenden Bereichen zu erbringen: allgemeine intellektuelle Fähigkeiten, besondere akademische Begabung, kreatives oder produktives Denken, Fähigkeiten soziale Verantwortung zu übernehmen, bildende und darstellende Künste, sowie psychomotorische Fähigkeiten.6 Des weiteren betont Freund- Braier, dass es wichtig ist zwischen den Begriffen Hochbegabung und Hochleistung zu differenzieren. Da Hochbegabung nicht gleichzeitig voraussetzt, dass die Person auch schulisch erfolgreich ist. Diese Kinder und Jugendlichen werden auch als ‚underachiever’ bezeichnet, was soviel bedeutet wie ‚unter ihren Möglichkeiten bleibend’.

3. Modelle der Hochbegabung

3.1 Das Drei- Ringe- Modell

1978 entwickelte Renzulli das Drei- Ringe- Modell nachdem Begabung die Schnittmenge dreier Personenmerkmale darstellt. Diese drei Merkmale sind die überdurchschnittliche Fähigkeiten, die Kreativität und die Aufgabenverpflichtung.

1. Die überdurchschnittlichen Fähigkeiten umfassen die allgemein kognitiven Fähigkeiten, wie zum Beispiel sprachliches Geschick und ein hohes Niveau im abstrakten Denken, als auch spezielle Fähigkeiten in verschiedenen Wissensgebieten.
2. Als Kreativität bezeichnet Renzulli ein originelles, produktives und flexibles Problemlösungsverhalten.
3.Der Begriff Aufgabenverpflichtung oder Aufgabenorientierung bezeichnet die Fähigkeit sich über einen längeren Zeitraum mit Ausdauer und Energie der Lösung eines Problems zu beschäftigen.

Renzulli vertritt die Ansicht, dass ein Individuum nicht hochbegabt geboren wird, sondern erst im Laufe der Entwicklung hochbegabte Verhaltensweisen erlernt. Dies kann nach Renzulli nur erfolgen, wenn es zu einer gelungenen Verbindung von überdurchschnittlichen Fähigkeiten, hoher Kreativität und einem großen Maß an Aufgabenorientierung kommt.

„Das Renzulli- Modell hat in Forschungskreisen viel Beachtung gefunden und wird in der Literatur häufig zitiert, hat aber auch einige Kritik erfahren“.7

Hauptkritikpunkt des Renzulli Modells ist die Tatsache das neben der überdurchschnittlichen Begabung auch die Aufgabenverpflichtung eine notwendige Voraussetzung darstellt, um als hochbegabt eingestuft zu werden. Dies setzt die Begabung eines Menschen mit Leistung gleich und beachtet nicht, dass viele Kinder und Jugendliche trotz durch Intelligenztests nachgewiesener herausragender Fähigkeiten nur schwache Schulleistungen erbringen. Nach Renzulli gelten ‚underachiever’ also nicht als hochbegabt. Das Drei- Ringe- Modell wurde von mehreren Forschern als Grundlage einer eigenen Modellkonzeption verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Drei-Ringe-Modell nach Renzulli

3.2 Das Komponentenmodell der Talententwicklung

1985 haben Wieczerkowski und Wagner das Modell von Renzulli weiterentwickelt und den Aspekt der Aufgabenverpflichtung durch das Feld der Motivation und Umwelt ersetzt. Das Komponentenmodell der Talententwicklung konkretisiert die drei Ringe des Renzulli Modells, da sich zum Beispiel in der Komponente Begabung die Aspekte „intellektuelle“, „künstlerische“, „psychomotorische“ und „soziale“ Begabung finden und im Bereich der Kreativität die Aspekte „Divergentes Denken“, „Originalität“, „Phantasie“, „Flexibilität“ und „Einfallsfülle“ berücksichtigt werden. Zur dritten Komponente Motivation und Umwelt finden sich die Bestandteile „Fleiß und Ausdauer“, „Ehrgeiz“, „emotionale Stabilität“, „Anerkennung der Umgebung“ und „optimale Förderung“.8 Außerdem wird in diesem Modell zwischen Begabung und Talent unterschieden, wobei der von Renzulli benannte Ring der „überdurchschnittlichen Fähigkeiten“ von Wieczerkowski und Wagner als Begabung bezeichnet wird. Nach diesem Modell stellt Begabung die Voraussetzung für Talent dar, somit werden nach diesem Modell auch ‚underachiever’ die kein Talent entwickelt haben, als begabt bezeichnet werden.

[...]


1 Im weiteren Verlauf wird, aufgrund der besseren Lesbarkeit, ausschließlich die männliche Form verwendet. Es sind aber stets beide Geschlechter angesprochen.

1 JOST 1999, S. 11

2 vgl. HEINBOKEL 2001, S. 23

3 SIMCHEN 2005, S. 12

4 vgl. JOST 1999, S. 9

5 HEINBOKEL 2001, S. 27

6 vgl. HEINBOKEL 2001, S. 31f.

7 HOLLING/ KANNING 1999, S. 9

8 vgl.: HOLLING/ KANNING 1999, S. 11

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Was wird für hochbegabte Kindergartenkinder getan und wie ist dies zu bewerten?
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
30
Katalognummer
V93967
ISBN (eBook)
9783638072144
ISBN (Buch)
9783638956529
Dateigröße
604 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kindergartenkinder
Arbeit zitieren
Manuela Siegel (Autor:in), 2007, Was wird für hochbegabte Kindergartenkinder getan und wie ist dies zu bewerten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93967

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