Excerpt
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Psychische Belastung
3. Gefährdungsbeurteilung für. psychische Belastung
4. Organisationale Voraussetzungen für erfolgreiche Gefährungsbeurteilung
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Durch Digitalisierung und Globalisierung verändert sich die Arbeitswelt rasant. Steigende Arbeitsanforderungen fördern Stress und die psychische Belastung der Beschäftigten. Dies bringt erhebliche negative Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten mit sich (vgl. U. Lehnhardt, 2016). Dies hat ebenso wirtschaftliche Auswirkungen, durch beispielsweise steigende Arbeitsunfähigkeitstage oder Frühverrentungen der Arbeitnehmer. Die Arbeit gelte laut der Stressstudie der Techniker-Krankenkasse für 46% der Befragten als Stressursache Nummer eins (vgl. TK-Stressstudie, 2016). Nach Muskel-Skelett-, und Atemwegserkrankungen seien psychische Erkrankungen die dritthäufigste Ursache für Fehlzeiten (vgl. DAK-Gesundheitsreport 2019). Von vielen Beschäftigten werden eine hohe Arbeitsintensität und ein großes Maß an Flexibilität gefordert. Für motivierte und dadurch auch effektivere Mitarbeiter, seien jedoch der Spaß bei der Arbeit, die Kreativitätsförderung und das persönliche Wohlbefinden unabdingbar (vgl. StepStone Arbeitsreport, 2018). Diese Gradwanderung stellt eine Herausforderung für die Arbeitgeber in der heutigen Zeit dar. Die Folgen einer zu hohen Arbeitsbelastung, eines negativen Betriebsklimas oder eines nicht ausreichenden Gesundheitsmanagements sind weniger effektive oder mindestens temporär arbeitsunfähige Mitarbeiter. Eine hohe Krankheitsquote sei für Arbeitgeber mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden (vgl. BAuA, 2018). Im Folgenden werden daher die Anforderungen und Erwartungen der Arbeitgeber an die Beschäftigten thematisiert, um Belastungsschwerpunkte zu identifizieren und daraus einen entsprechenden Handlungsbedarf für die Arbeitgeber abzuleiten. Hierbei soll die Wechselwirkung zwischen der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter und deren Berufsalltag verdeutlicht werden. In diesem Scientific Essay werden im Besonderen Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) betrachtet.
2. Psychische Belastung
Die Europäische Norm EN ISO 10075-1 „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ definiere den Begriff „psychische Belastung“ als „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“ (BAuA, o.J.).
Psychische Belastung und psychische Beanspruchung gehen in der Arbeitswissenschaft miteinander umher. Unter psychischer Beanspruchung verstehe man nach der Norm EN ISO 10075-1 „ die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien" (BAuA, o.J.).
Im Folgenden werden als theoretisches Fundament der Arbeit einige wichtige Modelle im Bezug auf psychische Belastung am Arbeitsplatz beleuchtet. Das „Belastungs-Beanspruchungs-Modell“ nach Rohmert und Rutenfranz aus dem Jahr 1975 beschäftigt sich mit der Ursache und Wirkung zwischen den beiden Begriffen. Dabei werden die Begriffe Belastung und Beanspruchung zunächst neutral betrachtet, wobei diese im allgemeinen Sprachgebrauch oft negativ behaftet sind. (vgl. academyofsports, o. J. ) Werden die eben genannten Begriffe auf den Arbeitskontext transferiert, sei die Arbeitsbelastung die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen psychisch auf die Person einwirken. Das führe wiederum zur Arbeitsbeanspruchung, welche die Reaktion der Person abhängig von ihren individuellen Merkmalen ist. (vgl. academy- ofsports, o.J.) Individuelle Merkmale einer Person könne beispielsweise die innere Einstellung (wie Bewältigungsstrategien oder das Selbstvertrauen), Biologische Faktoren (beispielsweise das Geschlecht oder das Alter), Qualifikationen (wie die Erfahrungen) und die aktuelle Tagesform sein (vgl. academyofsports, o. J.). Somit können unterschiedliche Belastungen, bei unterschiedlichen Personen, verschiedene Auswirkungen hervorrufen. Belastungsursachen könne aus der Arbeitsaufgabe, wie durch Termindruck oder der Arbeitsverantwortung sowie aus der materiellen Umgebung wie bei Lärmbelastung resultieren. (vgl. Richter & Hacker, 1998) Weitere Auswirkungen haben die soziale Umgebung und das Betriebsklima, sowie die sogenannten Behavior Settings, die die Isolation in einem Einzelbüro oder die Mitarbeiterdichte in einem Großraumbüro beschreiben. Zum Personensystem zähle man beispielsweise familiäre Konflikte, die Auswirkungen auf die Arbeitseinstellung der Person haben können (vgl. Richter & Hacker, 1998).
Wieland beschrieb den Zusammenhang von Belastung und deren Einwirkungsgrößen wie folgt: „Belastungen stellen demnach die Einwirkungsgrößen dar, die unabhängig von einer konkreten Person bestimmt werden können (R. Wieland, Fehlzeiten Report 2000).
Weitere bedeutsame Risikofaktoren in der Arbeitswelt bezogen auf psychische Belastung zeigen Bödeker und Barthelmes (2011) im iga.Report 22 auf:
- Hoher Arbeitsanfall /Arbeitsüberlastung
- Geringe Handlungsmöglichkeiten
- hoher job strain, d. h. die Kombination von hohem Arbeitsanfall und geringen Handlungsmöglichkeiten
- Gratifikationskrisen, d. h. das Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Entschädigung
- geringer sozialer Beistand am Arbeitsplatz
- Auffassung, dass Arbeit gefährlich ist
- Emotionale Hingabe, die man in die Arbeit investiert
Die Anzahl an Modellen könnte man nun noch weiter fortsetzen, denn die hier vorgestellten sind nur ein Ausschnitt dessen, was in der Wissenschaft im Zusammenhang mit psychischer Belastung und Beanspruchung diskutiert wird und wurde. Die Folgen auf die Psyche und das körperliche Wohlbefinden einer Person werde dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen. (vgl. iga.Report, 2016). Laut dem iga.Report 32 (2016) zeige psychische Fehlbelastung unter anderem Effekte auf muskuloskelettale Beschwerden, auf Krebs, auf Diabetes, auf Depression, das Wohlbefinden, die Motivation, auf die Schlafqualität und auf Aggressionen am Arbeitsplatz auf. Während im Jahr 1997 noch 2,5 % der Beschäftigten, sich aufgrund psychischer Belastungen krankschrieben ließen, waren es im Jahr 2017 schon 7,0 % und damit dreimal so viel (vgl. DAK Gesundheitsreport, 2018). Darunter leiden ebenso Unternehmen, die aufgrund von steigenden Fehltagen der Mitarbeiter mit höheren Kosten rechnen müssen (vgl. Haufe.de, o. J.) Gerade im alltäglichen Arbeitsleben werde psychische Belastung unterschätzt (vgl. Wirtschaftswoche.de, o. J.) Um dies zu verdeutlichen, möchte die Autorin dies in einer persönliche Selbstreflektion in Bezug auf die Belastung in ihrem Berufsalltag thematisieren. In erster Linie versucht sie den aktuellen Arbeitsanforderungen vollumfänglich gerecht zu werden, auch wenn sie dadurch ihre Belastungsgrenze überschreite und ihre eigene Gesundheit dadurch gefährde. Sie arbeite im B2B -Geschäft des zweitgrößten Versicherungsunternehmens Deutschlands. Zu ihren Hauptaufgaben zählt neben den Kampagnensteuerungen, der Ausbau deren Partnerbeziehungen. Zur erfolgreichen Aufgabenbewältigung ist daher für sie ein hohes Maß an Engagement und Motivation erforderlich. Dies geht auch mit hohen qualitativen und quantitativen Anforderungen, einem hohen Zeit- und Termindruck, sowie der Erwartung von ständiger Erreichbarkeit einher. Die Angst vor Misserfolg ist dabei ein ständiger Begleiter. Unterbewusst stellt diese Angst ihre Motivation zu höherer Leistungsfähigkeit dar. Gleichzeitig wirkt dies aber auch negativ, in Form von psychischer Belastung, auf sie und ihr psychisches Wohlbefinden ein. Aufgrund des Konkurrenzdrucks am Markt und struktureller Veränderungen im Unternehmen, werden immer höhere Anforderungen an sie und ihre Kollegen gestellt. Auf sie hat dies mittlerweile auch körperliche Auswirkungen, die sich durch Migräneattacken und verminderte Leistungsfähigkeit zeigen.
3. Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für den Betrieb eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (vgl. § 5 ArbSchG). Infolge der Umsetzung der europäischen Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz aus dem Jahr 1992 trat in Deutschland 1996 das Arbeitsschutzgesetz in Kraft. Eine zentrale Anforderung davon ist die Gefährdungsbeurteilung. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung werden alle Gefahren ermittelt, welche der Arbeitnehmer während der Ausübung seiner Tätigkeit ausgesetzt ist. „Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet zu beurteilen, welchen Gefährdungen und Belastungen seine Mitarbeiter ausgesetzt sind und welche Arbeitsschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen“ (arbeits- recht.org, o.J.). Dazu zählt sowohl die körperliche als auch die geistig-psychische Gesundheit. Die Gefährdungsbeurteilung hat das Ziel, Gefahren, die im Arbeitskontext auftauchen zu erkennen und präventiv, also noch bevor gesundheitliche Beeinträchtigungen oder schlimmstenfalls ein Unfall auftritt, entgegenzuwirken. Die Gefährdungsbeurteilung ist im Arbeitsschutzgesetz verankert, welches durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ergänzt wird. Die ArbStättV verlangt, dass psychische Gefährdungen Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung sind. Um also die Sicherheit und den Arbeitsschutz im Betrieb zu verbessern, ist es zunächst wichtig zu erkennen, wo Mängel liegen. Um dies festzustellen, wird eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. (vgl. arbeitsrecht.org, o. J.). Es gibt eine Vielzahl an möglichen Gefahren für Beschäftigte, unter anderem zählen dazu je nach Arbeitsbereich zum Beispiel toxische Stoffe, Lärm, bestimmte Temperaturbedingungen wie Kälte oder Hitze, sowie eine Gefährdung durch elektrische Geräte oder die Elektrizität allgemein, sowie durch Arbeitsabläufe. Erhöhte Risiken können auch durch eine fehlende oder nicht ausreichende Qualifikation sowie durch schlechte soziale Bedingungen am Arbeitsplatz zustande kommen(vgl. abeitsorg.de, o. J.). Der Arbeitgeber sei dazu verpflichtet, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu prüfen und bei einer Anzahl von mehr als zehn Beschäftigten im Betrieb, die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung schriftlich zu dokumentieren (vgl. abeitsorg.de, o. J.). Gerade mit Blick auf die weiblichen Mitarbeiter im Betrieb gibt es im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung besondere Herausforderungen. Beispielsweise bei schwangeren oder stillenden Beschäftigten schreibt das Mutterschutzgesetz einige Punkte vor, die der Arbeitgeber zu beachten und umzusetzen hat. Daher haben Regelungen des Mutterschutzgesetzes, die beispielsweise die Arbeitszeit betreffen wie etwa Mehrarbeit, Nachtarbeit oder Sonn -und Feiertagsarbeit, eine hohe Wichtigkeit. Laut dem §9 Mutterschutzgesetzes seien auch die Arbeitsbedingungen, für schwangere und stillende Beschäftigte, nach den Ergebnissen und Maßnahmen der Gefährdungsbeurteilung entsprechend anzupassen. Ein besonderes Augenmerk in Bezug auf die Gefahrenträchtigkeit sei hierbei auf die Gefährdungen durch chemische Gefahrenstoffe, biologische Arbeitsstoffe oder physikalische Schadfaktoren, durch Stöße, sowie durch Erschütterungen oder Bewegen von schweren Lasten zu legen (vgl. Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz, 2010). Insbesondere für den Rücken- und Lendenwirbelbereich bestehe für schwangere Frauen ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen (vgl. Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz, 2010). Auch extreme Bedingungen durch die Temperatur, also Kälte und Hitze seien zu vermeiden. Somit seien geistige oder körperliche Strapazen und sonstige körperliche Belastungen für werdende oder stillende Arbeitnehmerinnen sowohl innerhalb, als auch außerhalb der Betriebsstätte auszuschließen (vgl. Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz, 2010). Bei individuellen Risiken im Betrieb, wie z.B. im Falle einer Pandemie, kann auch ein ärztliches Beschäftigungsverbot für die betroffenen Mitarbeiterinnen ausgesprochen werden.
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- Quote paper
- Kathrin Stein (Author), 2020, Psychische Belastung am Arbeitsplatz. Gefährdungsbeurteilung im KMU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/940751
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