David Hume und sein Verständnis von der Gerechtigkeit

Eine kurze Darstellung


Hausarbeit, 2016

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. David Hume: Leben - Werk - Ethik

3. Von der Gerechtigkeit

4. Die institutionalisierte Gerechtigkeit: Ein Beispiel

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"Daß der öffentliche Nutzen der einzige Ursprung der Gerechtigkeit ist und daß die Reflexion auf die nützlichen Folgen dieser Tugend die einzige Grundlage für ihr Verdienst ist, stellt eine interessantere und wichtigere Behauptung dar und ist darum eher ein angemessener Gegenstand unserer Prüfung und Untersuchung."1

Mit diesen Worten fasst David Hume im dritten Abschnitt "Von der Gerechtigkeit" in seinem Werk "Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral" zusammen, was er an der Tugend Gerechtigkeit untersuchen möchte. Schon zu Beginn verdeutlicht er seine Ansicht, dass die Gerechtigkeit eine unabdingbare Rolle für die Gesellschaft einnimmt. Er bezeichnet den Nutzen, den die Gesellschaft aus der Gerechtigkeit zieht, als einzige Grundlage für ihr Bestehen.2 Schon dies verdeutlicht den Stellenwert, den er der Gerechtigkeit beimisst. Sie ist besonders, da sie nach Hume nicht natürlich aus uns selbst heraus kommt, sondern geschaffen wurde, um ein gesichertes Leben der Menschen in einer großen Gesellschaft zu ermöglichen. Idealerweise so, dass niemand benachteiligt wird.

Gegenstand dieser Hausarbeit soll sein, die Argumentationsstruktur Humes nachzuvollziehen und zu analysieren. Was versteht Hume unter Gerechtigkeit? Wie bringt er diese mit der Gesellschaft in Verbindung? Und profitiert die Gesellschaft tatsächlich von der Gerechtigkeit? Dies soll nach einer kurzen Einführung in die Welt Humes, sein Werk und seine Ethik im zweiten Teil erläutert werden. Im Anschluss daran soll ein Beispiel folgen, anhand dessen die Gerechtigkeit in einer gesellschaftlichen Institution dargestellt wird. Ob man dabei wirklich von einer vollzogenen Gerechtigkeit sprechen kann und ob die Gerechtigkeit eine Nutzenmaximierung für die Gesellschaft darstellt soll diskutiert werden. Abschließend soll ein Fazit zusammenfassend die Ergebnisse erläutern.

2. David Hume: Leben - Werk - Ethik

David Hume (1711-1776) war ein in Schottland geborener Philosoph. Ab 1723 besuchte er die Universität in Edinburgh und beschäftigte sich mit Philosophie.3

Sein erstes Werk, das dreibändige "Traktat über die menschliche Natur" veröffentlichte er in den Jahren 1739 und 1740. Allerdings blieb der Erfolg aus. 1751 erschien "Untersuchung über die Prinzipien der Moral"; eine Überarbeitung des dritten Buches seines Traktats.4 Allerdings unterscheiden sich die jeweiligen Fragestellungen. Im Traktat fragt er, was der Ursprung der Moral ist, während er in der Untersuchung eine Theorie zur Art und Weise moralischen Urteilends entwickelt.5 In den "Dialogen" wird die Einstellung Humes zur Philosophie deutlich: Philosophie soll man als besonnener und unparteiischer Beobachter betreiben. Die Skepsis, die wir empfinden begründet sich nicht darin, dass wir uns vor der Wahrheit fürchten, sondern darin, dass wir die Grenzen unseres empirisch fundierten Wissens einsehen. Diese Art Wissen ist das einzige Wissen, dass wir innehaben.6 Hume zählte zu den Empiristen. Für ihn beruhten Erkenntnisse, die ein Mensch gewinnt, auf Erfahrungen, die mit der Sinneswahrnehmung verbunden sind. Diese Ansicht wiedersprach dem damals vorherrschendem Rationalismus, der besagte, dass die menschliche Vernunft die einzige Erkenntnisquelle darstellt und angeborene Ideen der Ausgangspunkt für Erkenntnis ist. Vernunft allein konnte für Hume nicht handlungsmotivierend sein. Sie allein kann Affekten nicht widerstehen,. wodurch der Wille entstehen kann, gegen die Vernunft zu handeln.7 Somit ist die Vernunft für ihn ein "Sklave der Affekte".8 Hume galt desweiteren als Skeptiker. Skeptiker bezweifeln die Begründbarkeit oder Wahrheitsfähigkeit menschlicher Moral oder auch Erkenntnis. Inwieweit er jedoch tatsächlich ein Skeptiker war, ist umstritten. Seine Vorgehensweise war für die damalige Zeit revolutionär; seine Untersuchungen waren eher psychologischer und anthropologischer Natur als philosophischer. Die Methodik gründet dabei auf seinen erkenntnistheoretischen Ansichten. Entscheidend ist hierbei, dass der Ausgangspunkt seiner Ausführungen die menschliche Wahrnehmung war.9

Sein Werk „Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral“ bezieht sich auf die Tugenden, welche das Leben der Menschen prägen. Dabei unterscheidet er zwischen Tugenden, die entweder einem selbst oder einer anderen Person nützlich oder angenehm sind. Das größte Lob verdient hierbei die Eigenschaft, die unmittelbar am nützlichsten ist, so seine Auffassung.10

3. Von der Gerechtigkeit

Den dritten Abschnitt des Werks hat Hume in zwei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil hebt er die Funktion der Gerechtigkeit hervor. Anhand von Gedankenexperimenten erklärt er die Existenz der Gerechtigkeit, die nur unter bestimmten Bedingungen von nutzen ist.11 Im zweiten Teil vergleicht er die Gerechtigkeit mit dem Aberglauben und die Rechtsordnung als ausführende Gerechtigkeit.12 Ersteres soll hier nicht weiter erörtert werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

Zunächst soll das Wohlwollen in Abschnitt zwei nach Hume dargestellt werden, damit die Künstlichkeit der Gerechtigkeit besser erkennbar wird: Das Wohlwollen zählt zu den natürlichen Tugenden.13 Das bedeutet, dass es vom Menschen selbst kommt und nicht extra gebildet werden muss. So scheint es, dass das Wohlwollen nicht, wie die Gerechtigkeit, an bestimmte Einflüsse der Umwelt, der Finanzwelt oder an Eigentum gebunden ist. Wäre dies der Fall, wäre die Tugend des Wohlwollens nicht mehr natürlich, sondern künstlich. Jeder kann zu jeder Zeit wohlwollend sein, auch wenn man nur durchschnittliche Talente und Fähigkeiten hat. Gerade dann wird nach Hume die soziale Tugend wichtiger und liebenswerter.14 Eine Person, die gesellig, gütig, dankbar, freundlich, wohltätig und gutmütig ist, wird geschätzt. Wenn diese Eigenschaften noch mit einer guten Herkunft, Macht oder anderen ausgeprägten guten Fähigkeiten verbunden sind, wird dies noch mehr gelobt.15 Das ist nachvollziehbar, da eine Person mit diesen Eigenschaften im gleichen Zuge die Interessen der Menschheit und das Glück der Gesellschaft fördert. Auch wenn das Wohlwollen einer Person Lob und Anerkennung verdient, ist die Tugend der Gerechtigkeit ihr übergeordnet. Diese Tugend ist künstlich, von Menschen geschaffen, damit eine Gesellschaft fortbestehen kann, wie er schon in seinem dritten Buch des Traktats schrieb.16 Die Gerechtigkeit wurde alleine zu diesem Zweck geschaffen, denn ohne sie kann es keine intakte und funktionierende Gesellschaft geben. Hume bezeichnet daher die Gerechtigkeit und auch die Treue als soziale Tugenden.17 Bei Hume stellt die Tugend der Gerechtigkeit zum einen eine Theorie des Erwerbs, der Verteilung und des Besitzes von Eigentum dar, zum anderen ist die Gerechtigkeit bei ihm eine Ergänzung der natürlichen Tugend des Wohlwollens. Die Gerechtigkeit beruht auf speziellen Voraussetzungen, die im Inneren der menschlichen Natur liegen, und auf äußeren Bedingungen, die, unter denen die Menschen leben.18

Zunächst zu den inneren Voraussetzungen, die mit altruistischen Empfindungen Zusammenhängen. Hume hebt hervor, dass unser Wohlwollen begrenzt ist. Es nimmt mit der zeitlichen und geografischen Entfernung ab, in der ein Mensch zu einem anderem steht. Die Verbundenheit und das Mitleid für die Menschen, die in einer prekären Lage sind, sind geringer je weiter sie voneinander entfernt sind.19 Daraus lässt sich ableiten, dass das Wohlwollen der Menschen nicht immer greift, es ist nicht unendlich dehnbar, weshalb es einer äußeren Instanz bedarf, die für die Erhaltung der Gesellschaft zuständig ist - die Gerechtigkeit. Diese setzt eine gut ausgeprägte Gleichheit der Menschen voraus. Bestünden große Unterschiede zwischen den Menschen, körperlich oder geistig, erfüllt die Gerechtigkeit ihre Funktion, der Gemeinschaft zu nutzen, nicht.20 Da sich der Mensch beispielsweise stark von Tieren unterscheidet, betrifft nach Hume die Gerechtigkeit nicht das Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Sie sind keine Vertragspartner, so ist das Verhältnis auf der einen, der menschlichen Seite, durch absolute Macht und auf der anderen Seite, die der Tiere, durch "knechtische Unterwerfung"21 gekennzeichnet.22 Dadurch entfallen jegliche Verpflichtungen den Tieren gegenüber. Hume scheint der Aspekt des Eigentums sehr wichtig gewesen zu sein. Er räumt den Tieren kein Recht auf Besitz ein. Wären Tiere Eigentümer, würde der tierbesitzende Mensch von seinem Eigentum ausgeschlossen werden.23 Es scheint also, dass die Fähigkeit Eigentum zu besitzen eine Autonomie begründen würde, die eine "knechtische Unterwerfung" unter einen anderen ausschließen würde. In diesem Fall, müsste man im Verhältnis Mensch - Tier von einer Gesellschaft sprechen.24 Hume erläutert. dass der Mensch jedoch die Pflicht hat, Tiere mit Wohlwollen zu behandeln, da sich dies aus Menschlichkeit ergibt.25 Insgesamt lässt sich sagen, dass der Eindruck entsteht, dass Hume im gesamten dritten Abschnitt den Begriff der Gerechtigkeit auf Eigentum reduziert. Möglicherweise greift das kurz und Aspekte wie beispielsweise die Freiheit fehlen, obwohl sie auch von der Gerechtigkeit abhängt.

Wenn jedes Individuum selbst die Fähigkeiten besäße, die für das Überleben und die Fortpflanzung seiner Art notwendig sind, bräuchten wir die Gerechtigkeit mit ihren Regeln nicht. Doch ist der Mensch nach Hume so sozial, dass er auf Unterstützung und Rücksicht ebenso angewiesen ist, wie auf sozialen Umgang.26 Somit zählen soziale Tugenden zu den inneren Voraussetzungen für Gerechtigkeit und ihren Sinn. Doch selbst wenn sie erfüllt werden, gibt es noch bestimmte äußere Bedingungen, die erfüllt werden müssen, da sie sonst der Gerechtigkeit ihren Sinn absprächen. Hume führt ein dreiteiliges Gedankenexperiment durch, um die äußeren Bedingungen zu erläutern. Das Experiment soll aufzeigen, dass die Gerechtigkeit eine künstliche Tugend ist; dass sie auf Vereinbarung und Übereinkunft beruht. Sie wurde erfunden, damit die Anforderungen für ein sicheres und möglichst glückliches Zusammenleben erfüllt werden können. Wenn die äußeren Bedingungen nicht gegeben sind, entfällt der Zweck und somit der Sinn von Gerechtigkeit. Anders als die natürlichen Tugenden, die unter allen Umständen lobenswert bleiben27, kann die Gerechtigkeit ihren Nutzen verlieren.28

Im ersten Gedankenexperiment setzt Hume voraus, dass alle Menschen in Überfluss leben. Es gibt keine Eigentumsregeln. Sie sind nicht mehr vonnöten, da jeder von allem genug hat.29 Hume zeichnet somit eine Utopie, in der Sicherheit und Beständigkeit vorherrschen. Gerechtigkeit wäre nach seinen Worten ein "leeres Zeremoniell"30, sie wäre nutzlos und überflüssig, da ihr Sinn darin besteht, Sicherheit und ein gerechtes Miteinander zu schaffen. Wieder einmal verweist Hume auf das Eigentum, das für ihn der Hauptzweck der Erschaffung von Gerechtigkeit zu sein scheint. Dies wird wie folgt erläutert: Hume sagt, dass der Mensch von Natur aus auf die eigenen Vorteile und die seiner Freunde bedacht ist. Durch Fleiß, Arbeit und Kunst kann der Mensch Vergnügen aus der Natur im Überfluss beschaffen, weshalb in allen zivilen Gesellschaften die Vorstellung von Eigentum notwendig wird. An diesem Punkt leitet sich dann wiederum der Nutzen für die Öffentlichkeit ab, die die Gerechtigkeit hat. Dadurch entsteht die moralische Verbindlichkeit der Gerechtigkeit.31

[...]


1 EPM, 3, S. 17.

2 EPM, 3, S. 17.

3 Streminger, Gerhard, David Hume. Der Philosoph und sein Zeitalter, München 2011, S. 76.

4 Kühn, Manfred, Einleitung seiner Übersetzung von: Hume; Prinzipien der Moral, S. XXIX.

5 Krauthausen, Udo, Die Moralphilosophie des David Hume und ihre Aktualität in der Rechtsphilosophie, München 2009, S. 34.

6 Klemme, Heiner F. , David Hume zur Einführung, Hamburg 2007, S. 7 f.

7 Rawls, John, Geschichte der Moralphilosophie, Darmstadt 2002, S. 59.

8 Tiefenbacher, Alexander, Vernunft und Gefühl. Der Versuch eines versöhnendes Blickes auf die Moralphilosophie von David Hume und Immanuel Kant, Würzburg 2009, S. 23.

9 Krauthausen, Moralphilosophie, S. 8 f.

10 Klemme, Hume, S. 142 f.

11 Vgl. EPM, 3, S. 15 ff.

12 Vgl. EPM, 3, S. 27 ff.

13 Klemme, Hume, S. 143.

14 EPM, 2, S. 11.

15 EPM, 2, S. 10.

16 T, III, S. 332 f.

17 EPM, App. 3, S. 145.

18 Klemme, Hume, S. 143.

19 EPM, 5, S. 64.

20 Klemme, Hume, S. 144.

21 EPM, 3, S. 25.

22 EPM, ebd.

23 EPM, ebd.

24 EPM, ebd.

25 EPM, ebd.

26 Klemme, Hume, S. 144.

27 Klemme, Hume, ebd.

28 EPM, 3, S. 22.

29 EPM, 3, S. 17 f

30 EPM, 3, S. 18.

31 EPM, 3, S. 22 f

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
David Hume und sein Verständnis von der Gerechtigkeit
Untertitel
Eine kurze Darstellung
Hochschule
Universität Münster
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
16
Katalognummer
V940923
ISBN (eBook)
9783346270856
ISBN (Buch)
9783346270863
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prinzipien der Moral, Ethik, Gerechtigkeit, David Hume, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Svenja Bußkamp (Autor:in), 2016, David Hume und sein Verständnis von der Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/940923

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