Die vorliegende Arbeit untersucht grundlegende Möglichkeiten der Einführung eines Total Quality Managements (TQM) in mittelständige Unternehmen. Der Autor, welcher selbst einige Jahre Unternehmen und Existenzgründer beraten hatte, war als Projektleiter Entwicklung in die Auditierung eines Unternehmens einbezogen und nutzt seine praktischen Kenntnisse und Erfahrungen, um den Prozess des TQM nicht mit abstrakten Bildern, sondern mit der Lebendigkeit des Gesamtgeschehens darzustellen. Ausgehend von einer allgemeinen Darstellung des historischen Hintergrundes eines globalen Qualitätsmanagements wird auf die spezifischen Belange mittelständiger Handwerksunternehmen bei der Anwendung der DIN EN ISO 9001 eingegangen. Die Verluste, welche der Markt der z.B. in der Branche der Polstermöbelproduktion hinnehmen muss, gehen in erster Linie zu Lasten des sinkenden Inlandmarktes, da der deutsche Polstermöbelmarkt im Umbruch ist. Zum anderen verzeichnen die Hersteller einen steigenden Export, in der Hauptsache von preiswerten Polstermöbeln. Dabei hat sich Polen eine überragende Rolle gesichert. Mehr als die Hälfte aller importierten Polstermöbel kommen aus Polen. Der Export deutscher Polstermöbel stieg gering in die Hauptabnehmerländer Schweiz, Frankreich, Niederlande und Österreich. Weniger erfolgreich ist der Export nach Übersee, Osteuropa und Asien. Für die deutschen Unternehmen der Möbelpolsterproduktion ergeben sich durch eine Zertifizierung nach der Europanorm mit Sicherheit verbesserte Möglichkeiten des Exports, aber auch neue Einsichten in die verbesserungswürdige Struktur ihrer Unternehmen. Das Ergebnis der vorliegenden Arbeit soll ein tieferes Verständnis der Problematik von TQM wecken und anwendungsfähige Entwurfsgedanken bei der Realisierung liefern.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Einleitung
Besonderheiten im Handwerksbetrieb
Ausrichtung auf Unternehmensziele
Das Qualitätsbewusstsein ist entscheidend
Eigenverantwortung und Teamarbeit
Alte Gewohnheiten aufgeben
Bestehendes genauestens hinterfragen
No rank, no title
Hierarchische Strukturen reduzieren
Kritische Sichtweisen schaffen
Das prinzipielle Problem
Die inhaltlichen Forderungen an die DIN EN ISO 9001
Die Grundelemente des TQM-Systems nach ISO 9001
Die Bedürfnisse der Kunden berücksichtigen
Die Praktische Handhabung von TQM
Mitarbeiterbefragung als begleitende Maßnahme
Wirtschaftliche Aspekte nicht übersehen
Marktbeziehungen sind wichtig
Innerbetriebliche Effekte nutzen
Die arbeitswissenschaftlichen Aspekte
Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
Problem Arbeitsorganisation
Psychische Auswirkungen im Arbeitsprozess
Die Quantifizierung von TQM
Zwei Seiten der Kundenorientierung
Die Produkt und Servicequalität
Beispielhafte Bewertungskriterien
Inhalte des strategischen Managements
Bausteine des Modells Business-Excellence
Prozesse systematisch gestalten und managen
Die spezifischen Arbeitsbereiche des Möbelpolsterers
Was zu beachten ist
Positive und negative Effekte von TQM
Kostenbetrachtung
Zusammenarbeit mit Zertifizierungsunternehmen
Schwierigkeiten beim Systemaufbau
Methodik der Wahl
Literaturverzeichnis
Autor
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit untersucht grundlegende Möglichkeiten der Einführung eines Total Quality Managements (TQM) in mittelständige Unternehmen. Der Autor, welcher selbst einige Jahre Unternehmen und Existenzgründer beraten hatte, war in der Firma Krone AG Berlin selbst als Projektleiter Entwicklung in die Auditierung des Unternehmens einbezogen und nutzt in der folgenden Arbeit seine praktischen Kenntnisse und Erfahrungen um den Prozess nicht mit abstrakten Bildern, sondern mit der Lebendigkeit des Geschehens darzustellen. Ausgehend von einer allgemeinen Darstellung des historischen Hintergrundes eines globalen Qualitätsmanagements wird auf die spezifischen Belange mittelständiger Handwerksunternehmen bei der Anwendung der DIN EN ISO 9001 eingegangen. Die Verluste, welche der Markt der z.B. in der Branche der Polstermöbelproduktion hinnehmen muss, gehen in erster Linie zu Lasten des sinkenden Inlandmarktes, da der deutsche Polstermöbelmarkt im Umbruch ist. Zum anderen verzeichnen die Hersteller einen steigenden Export, in der Hauptsache von preiswerten Polstermöbeln. Dabei hat sich Polen eine überragende Rolle gesichert. Mehr als die Hälfte aller importierten Polstermöbel kommen aus Polen. Der Export deutscher Polstermöbel stieg gering in die Hauptabnehmerländer Schweiz, Frankreich, Niederlande und Österreich. Weniger erfolgreich ist der Export nach Übersee, Osteuropa und Asien. Für die deutschen Unternehmen der Möbelpolsterproduktion ergeben sich durch eine Zertifizierung nach der Europanorm mit Sicherheit verbesserte Möglichkeiten des Exports, aber auch neue Einsichten in die verbesserungswürdige Struktur ihrer Unternehmen. Das Ergebnis der vorliegenden Arbeit soll ein tieferes Verständnis der Problematik von TQM wecken und anwendungsfähige Entwurfsgedanken bei der Realisierung liefern.
Einleitung
Die Einführung von Total Quality Management (TQM) basiert auf der Vision, ein möglichst fehlerfreies Kontrollsystem im Produktionsprozess zu installieren. Die Notwendigkeit einer derartigen Implementierung ergibt sich, sowohl aus den gestiegenen Anforderungen an die Qualität von Produkten, aber auch aus einer einheitlich geforderten Bewertung und Normierung der Erzeugnisse innerhalb der Europäischen Union. Nachdem zunächst die Großunternehmen die Notwendigkeit erkannten, in alle Bereiche des Managementsystems mehr Transparenz und eine höhere Qualität zu implementieren, steht nunmehr auch der Sektor des Handwerks vor einer solchen Aufgabe. Bedingt durch die Erweiterung des Wirkungskreises bei der Bedienung von Kunden hat die Größe und die Anzahl der abzuarbeitenden Aufträge, sowie deren Komplexität stark zugenommen. Unter dem Gesichtspunkt der Zunahme von Gesetzen, Regelungen und Normen veränderte sich das Umfeld von Handwerksbetrieben, gegenüber früher, wesentlich. Die nunmehr begonnene Osterweiterung wird diesen Trend noch erheblich verstärken. Insbesondere sind es zwei Bereiche die in Handwerksbetrieben, unter dem Aspekt der Qualität, zu diskutieren sind. Zum einen sind es die Zuverlässigkeit, die Pünktlichkeit und der Service und zum anderen die Qualität der Arbeit, welche einer tieferen Untersuchung bedürfen. Die fachliche Ausbildung der Handwerksberufe wird durch die Handwerkskammern überwacht und gewährleistet. Trotz allem kommt es vor das Ausschuss, oder fehlerhafte Ware produziert wird. Die Gründe dafür sind vielfältig: mangelhafte Sorgfalt, Zeitdruck, oder der Einsatz unqualifizierter Arbeitskräfte zur Senkung der Lohn-und Sozialkosten des Unternehmens tragen dazu bei. Viele Handwerksbetriebe beteuern, dass sie eine sehr gute Auftragslage hätten und ihre Bestelllisten sehr lang wären. Leider führt die gute Auftragslage oftmals dazu, dass die Firmen zum einen wegen des Lieferdruckes und zum anderen wegen der Aussicht auf den Gewinn, einfach ihr Leistungsvermögen überschreiten und darunter die Qualität leiden lassen. Das wesentliche Problem dabei ist die fehlende Übersicht über die einfließenden Störfaktoren, die sich unter Zeitdruck einstellen. Diese Mängel zu verringern, ist eine der Aufgaben für die Einführung der Norm DIN EU ISO 9000. Die genannte Norm liefert den Rahmen und die Modifizierung eines angepassten Qualitätssystems auch für Betriebe im Handwerk. Hinzu kommt ein steigender Konkurrenzdruck in allen Märkten und Branchen. Dabei geht es um das halten und das gewinnen von Marktanteilen. Unternehmen können in diesem Kampf langfristig nur bestehen, wenn sie sich rechtzeitig und systematisch mit den veränderten Bedingungen am Markt auseinandersetzen, sich weiterentwickeln und durch Innovationen, sowie qualifizierte Mitarbeiter diese Erfordernisse erfüllen. Die Einführung von TQM stellt daher für ein Unternehmen den Übergang zu einer neuen Unternehmenskultur dar.
Zur Verdeutlichung der Wertedifferenz wird ein traditionelles Unternehmen dem, mit TQM-Grundsätzen arbeitendes gegenübergestellt.
Traditionell TQM – Werte
Unabhängigkeit Kundenorientierung
Kontinuität Qualität bis zum Kunden
Solidarität Teamwork aller Ebenen
Disziplin vernetzter Führungsstil
Fleiß Mitarbeiterverantwortung
Sparsamkeit Vereinfachung
Pragmatismus Abstimmung, Zielsetzung
Genauigkeit Information
Die entscheidenden Faktoren in einem Unternehmen sind unzweifelhaft die Qualität der Führung und die Qualifikation der Mitarbeiter. Hier liegt das größte Entwicklungspotential für wirtschaftlichen Weitblick, soziales Engagement, humane Denkweise, klare Strukturierung, konsequente Entscheidungen, Führungskompetenz und Mitspracherechte für alle Mitarbeiter. Was auf den ersten Blick als selbstverständlich erscheint, ist es leider in der Praxis nicht immer. Mobbing, Intrigen, Scheinleistung und Kälte dominieren hinten den Kulissen. Daher beginnt Qualität zuerst in der Prüfung eigener Defizite. In den weiteren Ausführungen werden die dazu notwendigen Maßnahmen für die Einführung eines TQM-Systems in Unternehmen des Handwerks aufgeführt.
Besonderheiten im Handwerksbetrieb
Für die Vorbereitung einer Entscheidung zur Qualitätszertifizierung in Handwerksbetrieben sollten einige Besonderheiten Beachtung finden. Diese Besonderheiten beziehen sich auf:
-die Unternehmensgröße,
-das Wachstum,
-das Umfeld und
-den Zeitdruck, unter welchen die Produktion stattfindet.
Das Problem bei der Einführung eines Qualitätssystems in Klein -und Kleinstbetriebe sind Forderungen, die für Großunternehmen gedacht sind, z.B. die Unabhängigkeit des Qualitätsbeauftragten von anderen Aufgaben. Bei einem Kleinunternehmen von 3 bis 5 Mitarbeitern ist dies wohl kaum zu realisieren. Bei einem Unternehmen von über 30 Mitarbeitern sollte dies dagegen kein Problem darstellen. Der Schlüssel zu Beantwortung der Frage, TQM einführen oder nicht, liegt in der Beantwortung der Zielrichtung dessen, was die Norm mit einer bestimmten Forderung im Unternehmen erreichen will. Diese Zielrichtung ist in das spezifische Umfeld zu übertragen. Unter einem solchen Aspekt ist es der Anspruch ein funktionierendes Qualitätsmanagement zu schaffen, wobei das zu erreichende Zertifikat mehr ein Nebenprodukt darstellt. Diese Verfahrensweise mindert den Druck auf das Unternehmen bei der Durchführung tiefgreifender Veränderungen. Das Qualitätsmanagement beinhaltet dabei weniger die perfekte Fertigung, sondern mehr das verbesserte Bewusstsein der Führung des Unternehmens, aber auch das der Mitarbeiter. Aufgrund der guten Wachstumsmöglichkeiten einer Firma ist es wichtig dieses Wachstum zu steuern und zu strukturieren. Das Anbieten von Gesamtlösungen wird auch für Handwerksbetriebe immer zwingender. Die Folge davon ist, alle Prozesse sind besser zu durchdenken und zu optimieren, da ansonsten das Chaos alle Bemühungen zunichte machen dürfte. Die ISO-Norm bringt eine solche Ordnung in das System und lässt den Geschäftsumfang kontrolliert wachsen. Der Vorteil einer Umstellung auf TQM in Handwerksbetrieben liegt in der Unterstützung und Anleitung durch die Handwerkskammern. Da die sachgerechte Ausbildung und Führung von Handwerksbetrieben umfassend geregelt ist, bietet eine solche Struktur eine gute Basis für eine normgerechte Betriebsführung. Gerade bei der Einführung von Qualitätszertifikaten unterstützen die Kammern die Betriebe auf den Gebieten, die diese oft nur schwer selbst abdecken können. Ein weiterer Aspekt ist der Zeitdruck, unter dem viele Handwerksbetriebe ihre Leistungen erbringen müssen. Zumindest im Bereich des Service-Handwerks, wie Elektro-, Heizung-, Computertechnik, um nur einige zu nennen. Insgesamt muss sich jede Betriebsführung darüber im klaren sein, was eine Zertifizierung für das Unternehmen und seine Belegschaft bedeutet, was diese kostet und was die Maßnahme am Ende für alle Beteiligten erbringen soll. Ist die Entscheidung für eine TQM-Zertifizierung gefallen, dann muss das TQM-System konsequent mit Leben erfüllt werden.
Ausrichtung auf Unternehmensziele
Bevor eine strukturierte Analyse der Unternehmensziele erfolgen kann, müssen zuerst die Hauptziele erkannt und definiert werden. Die Festlegung dieser Ziele sollte am konkreten Objekt, direkt im Unternehmen vorgenommen werden. Da ein Unternehmen in dieser Phase der Einführung von TQM noch über keinerlei strukturierte Ziele verfügt, sollen die hier gemachten Ausführungen lediglich den auszufüllenden Rahmen abstecken und die erforderlichen Inhalte in allgemeingültiger Form angeben. In der Anlage dieser Arbeit wird ein Musterhandbuch beigefügt, welches dem Unternehmen die Konkretisierung und Präzisierung seiner Fragestellungen abverlangt und als Ergebnis ein zertifizierungsfähiges Projektwerk liefert. Die Unternehmensziele werden, als zu bearbeitende Bereiche für ein QM-System-Modell nach DIN EN ISO 9001definiert.
Das Qualitätsbewusstsein ist entscheidend
Ein Qualitätsbewusstsein kann sich nur entwickeln, wenn ein offenes und vorurteilsfreies Arbeitsklima herrschten. Eine kritische Distanz zu den sattsam bekannten Fortschrittsbremsen: das haben wir schon immer so gemacht, oder die Negation von Neuerungen durch relativ berufsunerfahrene Mitarbeiter ist nicht der Boden, auf welchem der Wandel gedeihen kann. Qualitätsbewusstsein setzt sich aus Fachkenntnis und Verantwortungsgefühl zusammen. Fachkenntnisse kann man erwerben, Verantwortungsgefühl jedoch ist mehr eine Eigenschaft des Charakters. Dazwischen gibt es große Unterschiede. Hier sind besonders die Personalleiter gefordert, nach solchen Merkmalen bei ihren Mitarbeitern zu suchen.
Es sind nicht immer die auffälligsten Mitarbeiter die solche Eigenschaften in ausreichendem Maße besitzen. Das Gefühl wichtig zu sein im Sinne: von, ein Gewicht im Unternehmen zu haben, ist ein gewaltiges Treibmittel für die Sicherung der Qualität. Nicht alles kann man mit Geld entlohnen, besser ist das Hervorheben besonderer und günstiger Eigenschaften eines Mitarbeiters. So entstehen Achtung und Respekt. Das ist in unserer Zeit überlebenswichtig, denn es sichert den harmonischen Betriebsfrieden. Daher ist eine Rückbesinnung auf die wirklich wichtigen Werte des Zusammenwirkens im Arbeitsprozess dringend erforderlich.
Eigenverantwortung und Teamarbeit
In bestimmten Arbeitsbereichen kann man eine Zusammenfassung ähnlicher Tätigkeiten in Gruppen vornehmen. Daraus ergeben sich Gruppen oder Teams von Arbeitern. Das Ziel dieser Team ist es, sich gegenseitig bei der Lösung der Aufgaben zu unterstützen und nach verbesserten Arbeitsabläufen zu suchen. Vier Augen sehen mehr als zwei. Durch das Zusammenwirken von Ideen kann viel neues entstehen, aber Vorsicht: viele Köche verderben auch den Brei. Ein befähigter Teamleiter gehört jedoch stets an die Spitze der Gruppe. Er koordiniert das Team in seiner Arbeit und kann auch selbst einspringen. Es ist nicht gut, wenn kompetente Personen unter dem Kommando eines inkompetenten Leiters stehen. Das zieht die Leistungsmöglichkeiten nach unten und öffnet der Willkür Tor und Tür. Jeder auftretende Fehler in der Qualität sollte auf seine Entstehungsursache hin untersucht und so beseitigt werden, dass er nicht wieder auftritt.
Alte Gewohnheiten aufgeben
Alte Gewohnheiten heißt, dass aufzugeben, das man gewöhnlich tut. Nichts ist schwerer, als einen alten Arbeitsablauf zu verändern. Das gilt auch besonders für eingefahrene Denkmodelle. Bereits 1989 erklärte der japanische Konzernchef Matsushita bei einem Empfang von westlichen Industriellen: „Wir werden gewinnen und der industrielle Westen wird verlieren. Dagegen könnt ihr nicht viel tun, weil der Grund eures Versagens in euch selbst liegt. Nicht nur eure Firmen sind nach den Taylor-Modell gebaut, sondern, was noch viel schlimmer ist, auch eure Köpfe. Eure Bosse besorgen das Denken, und eure Mitarbeiter schwingen die Werkzeuge. Im tiefsten Inneren seid ihr doch überzeugt, das sei der einzig richtige Weg, ein Unternehmen zu betreiben. Für euch besteht Management darin, die Ideen aus den Köpfen der Manager in die Köpfe der Mitarbeiter zu bringen...“1
Eine solche arrogante, westliche Haltung übernahmen viele deutsche Konzernführer kritiklos und überfrachteten diese noch zusätzlich mit privaten Privilegien. Den Schaden solcher „Nieten in Nadelstreifen“ (Karl Ogger) müssen die Arbeitnehmer ausbaden, wenn persönliches Versagen durch Personalkosteneinsparungen saniert werden soll. Diese Inkompetenzen sollte man schnellstens beseitigen, denn die Arbeitslosenzahlen sind zum größten Teil dieser egoistischen Machtblindheit zuzuschulden. Qualität kommt nicht ohne Wahrheit aus. Wahrheit ist die erste Qualität.
Bestehendes genauestens hinterfragen
Die Einführung eines TQM-Systems erfordert ein vollkommen neues Verhalten von allen Beteiligten sowie die Übernahme auch unbequemen Gedankengutes: was gestern gut war, muss es heute nicht mehr sein! Die, in einer bestimmten Zeit gewachsenen Strukturen, erlangten Rechte und Status-Positionen sollten einer täglichen, kritischen Prüfung auf ihre Existenzberechtigung unterzogen, und notfalls auch geopfert werden. Die Bereitschaft auch aufzugeben, was in der Vergangenheit zum Erfolg geführt hat, zeichnet die Qualität eines erfolgreichen und zukunftsorientierten Unternehmens aus.2
Hierarchische Strukturen sollten auf das erforderliche Maß reduziert und Entscheidungen an den Ort des Geschehens verlagert werden. Diese Veränderungen erfordern zuerst die persönliche Verhaltensänderung eines jeden Mitarbeiters durch beständiges, bereichsübergreifendes Gedankentraining. Das gilt insbesondere für die Führungsmannschaft eines Unternehmens. Die Belegschaft schaut naturgemäß gerade auf die Herren, hinter denen eine Vorbildwirkung zu vermuten ist. Mit kritischer Sicht sollten auch hier Veränderungen an der Spitze vorgenommen werden, wenn dies das Wohl des Unternehmens erfordert. Gerade in solchen Entscheidungen zeigt sich die Einheit zwischen Wort und Tat am eindringlichsten. Gehen von der Spitze zu schwache Änderungsimpulse aus, so wird dies in der Konsequenz an der Basis großes Misstrauen auslösen und den Prozess der Veränderung hinderlich im Wege stehen.
No rank, no title
Das Problem in vielen deutschen Unternehmen ist die strenge Abgrenzung der „Chefs“ von ihren Angestellten. Zumal sich viele Führungskräfte mit einem vorgeschalteten Sekretariat gegen die Belegschaft abschirmen. Die Mitarbeiter brauchen für die Umsetzung von TQM einen schnellen und unkomplizierten Zugriff auf Entscheidungsträger der mittleren Führungsebene. Allein die Kompetenz in der Minute der Entscheidungen zählt. Der Respekt wird daher aus der gelösten Aufgabe geboren. Deshalb ist der gute Rat, sich nicht als Chef zu sehen, sondern als Erster unter Gleichen von besonderer Bedeutung. Genauso, wie ein Pilot nicht ohne Flugzeug fliegen kann, steht ein Chef ohne Rückhalt bei seiner Mannschaft auf einer verlorenen Position. Das Vertrauen zu den Untergebenen begründet sich darin, dass man sie zu Mitarbeitern macht und ihnen Kompetenzen überträgt. Das ist die beste Basis für den Erfolg. Es müssen alle Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Mitarbeiter ideenreich und selbständig arbeiten können. Der Chef ist der Problemlöser im Hintergrund. Konsequent sollten alte Hüte aus dem Entscheidungsfeld geräumt und Neues zugelassen werden, auch wenn es ungewohnt ist.
Hierarchische Strukturen reduzieren
Einer der weltweit erfolgreichsten Unternehmensberater, Tom Peters, prognostizierte kurz und bündig: „Die Schlacht des 21. Jahrhundert ist die Schlacht um die Freisetzung von Phantasie. Der Mitarbeiter von Zukunftsunternehmen braucht vor allem zwei Eigenschaften: Phantasie und Neugier.“3
Um die Verwirklichung eines solchen Anspruchs ringen die kreativen Menschen schon seit Jahrhunderten, die meisten scheitern jedoch am Egoismus und Neid ihrer Vorgesetzten und Mitarbeiter. Daher liegt die Realisierung dieses simplen Anspruchs zu 90 % in den handelnden Personen und in dem von ihnen geschaffenen Arbeitsumfeld. „Es geschieht nichts Gutes, außer man tut es.“ In vielen Organisationen werden innovative Ansätze behindert, statt gefördert. Dies liegt vor allem an der typischen Angstkultur, die in hierarchischen Strukturen förmlich gezüchtet wird. So werden Fehler einzelnen Personen zugeschrieben und auch geahndet. Umso erstaunter stellte man später fest, dass der Fehler blieb, obwohl die Person ging. Diese Praxis führt dazu, Fehler zu kaschieren und neue Fehler zu den alten zu fügen. Statt dem Misserfolg von unten nach oben zu filtern, werden nur Erfolgsmeldungen weitergeleitet. Dies führt dazu, dass ein ganzes System nur noch aus Unwahrheiten besteht und schließlich zusammenbricht.
Kritische Sichtweisen schaffen
Ein profunder Kenner der Architektur vieler Organisationen ist Professor Friedrich Weltz. Er stellte dazu fest: „Die Kunst einen Türken zu bauen“ ist ein in Jahrhunderten perfektioniertes Handwerk geworden, dem wir in allen Großorganisationen begegnen und das sich im Gleichschritt mit den Methoden der Kontrolle der Steuerung von „oben“ entwickelt. Das Ergebnis: Zahlen und Berichte, die in solchen Organisationen erzeugt werden, spiegeln die Arbeitswirklichkeit nur bedingt richtig wider und liefern häufig Ergebnisse systematischer Verfälschung.“4
Um solchen Entwicklungen die Basis zu entziehen ist eine selbstkritische Sicht unbedingte Voraussetzung. Diese Sicht gewinnt man aber nur, wenn man schonungslos den IST-Zustand des Unternehmens analysiert. Dabei sollten, die tatsächlich durchgeführten Betriebs- und Arbeitsabläufe zugrunde gelegt werden, es sollten die Umsetzung der Forderungen, die sich aus der Normung ergeben untersucht, und es sollten die speziellen Problemsituationen ermittelt werden, die das TQM-System auffangen soll.
[...]
1 vgl. Seiling, H.: Der neue Führungsstil, Carl Hanser Verlag, München 1994, S. 21
2 vgl. Seiling, H.: Der neue Führungsstil, Carl Hanser Verlag, München 1994, S. 23
3 vgl. Klotz, U.: Management by Potemkin, Glasnost Berlin 1993, Elektronik (4), S.1
4 vgl. Klotz, U.: Management by Potemkin, Glasnost Berlin 1993, Elektronik (4), S. 2
- Arbeit zitieren
- Bernd Staudte (Autor:in), 2008, Total Quality Management für mittelständische Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94157
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