Exorzismus im NT und Heute

Eine biblisch-theologische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des lukanischen Doppelwerkes im Hinblick auf die heutige Praxis


Studienarbeit, 2006

101 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Untersuchungen zum Begriff dai,mwn
2.1 Etymologie
2.2 Vorkommen und Bedeutung im NT
2.2.1 pneu/ma avka,qarton und pneu/ma ponhro,n
2.2.2 a;ggeloj tou/ diabo,lou

3 Dämonologie in der Antike
3.1 Die griechisch-römische Antike
3.2 Altes Testament
3.3 Das Judentum

4 Die Lukanischen Werke
4.1 Zur Anthropologie
4.2 Exorzismus im Lukasevangelium
4.2.1 Ausführliche Heilungsberichte einzelner Personen
4.2.1.1 Lk 4,31-37: Heilung eines Besessenen in der Synagoge
4.2.1.1.1 Ort und Zeit des Geschehens
4.2.1.1.2 Die Beschreibung des Besessenen
4.2.1.1.3 Die Manifestation des Dämons
4.2.1.1.4 Jesu Umgang mit dem Besessenen
4.2.1.1.5 Die „Nachwirkungen“ des Exorzismus
4.2.1.2 Lk 8,26-39: Heilung eines besessenen Geraseners
4.2.1.2.1 Ort und Zeit des Geschehens
4.2.1.2.2 Die Beschreibung des Besessenen
4.2.1.2.3 Die Manifestation der Dämonen
4.2.1.2.3.1 Exkurs: a;bbussoj
4.2.1.2.4 Jesu Umgang mit dem Besessenen
4.2.1.2.5 Die „Nachwirkungen“ des Exorzismus
4.2.1.3 Lk 9,37-43: Heilung eines besessenen Jungen
4.2.1.3.1 Ort und Zeit des Geschehens
4.2.1.3.2 Beschreibung des Besessenen
4.2.1.3.3 Die Manifestation des Dämons
4.2.1.3.4 Jesu Umgang mit dem Besessenen
4.2.1.3.5 Die „Nachwirkungen“ des Exorzismus
4.2.1.4 Lk 13,10-17: Heilung einer verkrüppelten Frau
4.2.1.4.1 Ort und Zeit des Geschehens
4.2.1.4.2 Die Beschreibung der Frau und ihrer Krankheit
4.2.1.4.3 Jesu Umgang mit der Krankheit
4.2.1.4.4 Die Nachwirkungen der Krankenheilung
4.2.2 Zusammenfassung und theologischer Ertrag
4.2.2.1 Zum Ort und Zeit des Geschehens
4.2.2.2 Zur Person der Besessenen (und der Kranken)
4.2.2.3 Zur Manifestation der Dämonen
4.2.2.4 Zum Umgang Jesu mit den Besessenen (und der Kranken)
4.2.2.5 Zu den „Nachwirkungen“ der Exerzitien und der Krankenheilung
4.2.3 Kurze Heilungsberichte
4.2.3.1 Lk 4,40-41
4.2.3.2 Lk 6,17-19
4.2.3.3 Lk 7,21
4.2.3.4 Lk 8,2-3
4.2.3.5 Lk 11,14
4.2.4 Zusammenfassung und theologischer Ertrag
4.2.5 Weitere Stellen in diesem Zusammenhang
4.2.5.1 Lk 9,1-2
4.2.5.2 Lk 9,49-50
4.2.5.3 Lk 10,17-20
4.2.5.4 Lk 11,14-26 (Jesu Lehre über Dämonen)
4.2.5.5 Lk 13,32
4.2.5.6 Lk 22,3
4.2.6 Zusammenfassung und theologischer Ertrag
4.3 Exorzismus in der Apostelgeschichte
4.3.1 Die einzelnen Heilungsberichte
4.3.1.1 Apg 5,16
4.3.1.2 Apg 8,5-8
4.3.1.3 Apg 16,16-18
4.3.1.4 Apg 19,11-12
4.3.2 Weitere Stellen in diesem Zusammenhang
4.3.2.1 Apg 5,3-4
4.3.2.2 Apg 10,37-38
4.3.2.3 Apg 13,6-12
4.3.2.4 Apg 19,13-17
4.3.2.5 Apg 26,18
4.3.3 Zusammenfassung und theologischer Ertrag aus der Apostelgeschichte
4.4 Schlussbemerkung

5 Schlussteil: Neutestamentlicher Exorzismus und die heutige Praxis
5.1 Exorzismus im Namen Jesu
5.2 Außerchristlicher Exorzismus
5.3 Die Frage der Vollmacht
5.4 Dämonische Einflüsse
5.4.1 Ursprung
5.4.2 Erscheinungsformen und Intensitäten
5.4.2.1 Besessenheit in der Bibel
5.5 Richtlinien für einen biblischen Exorzismus
5.6 Krankenheilung und Exorzismus
5.7 Schluss

6 Literaturverzeichnis
6.1 Bibel
6.2 Kommentare
6.3 Allgemeine Hilfsmittel
6.4 Artikel aus Lexika und Nachschlagewerke
6.5 Sonstige Literatur
6.6 Audio Medien

7 Anhang
7.1 Interview mit Pastor Jakob Neufeld
7.2 Interwiew mit Michael Maslowski
7.3 Kennzeichen einer Besessenheit

1 Einleitung

Das Thema Exorzismus stieß sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart immer wieder auf breites Interesse. Heute greift es zum Teil auch in die Öffentlichkeit und Politik hinein[1].

Ich persönlich bin erst vor einigen Jahren durch einige christliche Lehrvorträge während eines Wochenendseminars mit dem Thema Exorzismus in Berührung gekommen. Damals waren mir die vielen Anschauungen darüber noch fremd, so auch die, die in diesen Vorträgen vermittelt wurden[2]. Durch die Lehrvorträge entstand bei mir eine leichte Unsicherheit mit der Frage: Ist wirklich hinter jeder Sünde und Krankheit ein Dämon, den ich im Falle eines Falles nun bekämpfen muss? Über die Jahre hinweg musste ich feststellen, dass dieses Thema in meinem Umkreis, aber auch darüber hinaus nie an Aktualität verloren hat. Da ich von meiner Seite die Dringlichkeit spürte, darüber Klarheit zu bekommen, wollte ich mich diesem Thema im Rahmen der Abschlussarbeit widmen.

Das Thema Exorzismus kann auf einzelne Teilbereiche und Fragestellungen reduziert werden. Ich habe mich ganz gezielt für eine breit gefächerte Form der Untersuchung entschieden. Das Ziel meiner Erarbeitung ist zum einen das Fundament oder den Rahmen eines christlichen Exorzismus ersichtlich werden zu lassen und zum anderen die damit in Verbindung stehenden Beziehungsfelder zu beleuchten und von diesem Standpunkt aus zu beurteilen. Ist diese Wegstrecke gegangen, so wird es möglich sein darüber hinaus auf die heutige Praxis hinzuweisen und diese ein Stück weit zu beurteilen.

Um diese Zielsetzung kristallisieren sich dann die verschiedenen Aufgabenbereiche. Die Hauptaufgabe besteht darin, eine ausreichende Anzahl von NT-Exorzismusberichte zu untersuchen, damit eine aussagekräftige Grundlage zum biblischen Umgang mit dämonischen Mächten und Besessenen erarbeitet werden kann. Als nächstes müssen dann weitere Aussagen, die mit diesem Thema in Verbindung stehen oder gebracht werden könnten, untersucht und in Beziehung zueinander gesetzt werden.

Für meine Untersuchung eignet sich insbesondere die Betrachtung der Lukanischen Werke, da diese den Exorzismus nicht nur auf die Zeit Jesu beschränken, sondern auch die Praxis dessen in der frühchristlichen Gemeinde zeigen[3].

Zur Eröffnung der Untersuchung seien hier zwei Definitionen vom christlichen Exorzismus genannt. Mitchel fasst den christlichen Exorzismus zunächst wie folgt zusammen:

„Im christl.- liturgischen Gebrauch ist Exorzismus ein Ritus, der den Namen Gottes im Gebet anruft mit dem Ziel, eine Person, ein Tier, einen Ort oder eine Sache aus der Gewalt des Bösen (personifiziert als Satan oder Teufel) zu befreien.“[4]

Eine etwas andere Definition bietet uns hier Rodewyk:

„Exorzismus, ursprünglich evpopki,zein = die Dämonen herbeirufen, christich umgebildet in evxopki,zein = Dämonen abwehren, ein im Namen Gottes (Jesu) an den Teufel gerichteter Befehl, Menschen oder Gegenstände zu verlassen bzw. sie in Ruhe zu lassen.“[5]

Seien wir gespannt, welcher Definition von Exorzismus wir am Ende unserer Erarbeitung näher stehen und wie wir diese eigens verstehen und zu formulieren wissen.

2 Untersuchungen zum Begriff dai,mwn

2.1 Etymologie

Die Etymologie von dai,mwn ist nicht sicher. Es könnte hierbei der Stamm dai, von dai,omai, was „teilen, verteilen“ bedeutet, zugrunde liegen. Welchen Sinn das Wort dabei hat, bleibt verschlossen: Zum einem könnte dai,mwn als Zuteiler von Gutem und Bösem verstanden worden sein. Nimmt man jedoch eine animistische Grundlage an, so ist damit wohl der Totengott als Zerteiler der Leichen bezeichnet worden. Der Begriff kann auch eine Urverbindung zum englischen Begriff time, das „übermenschliche Macht, Gott, Göttin, Geschick“, also den „Dämon“ bezeichnet, aufweisen[6][7][8].

Der Begriff ist spätestens seit Homer (8. Jh. v. Chr., griech. Ependichter)[9] belegt. Welchen Sinn er dabei ausfüllte, ist heute umstritten. Mit qeo,j konnte er die Persönlichkeit eines Gottes bezeichnen und mit dai,mwn dessen Macht und Wirkung, die im Leben und der Natur hervortreten kann oder, wenn dieser damit dem Menschen gegenübertrat.

Wenn man die uns älteste erkennbare Zeit dazu betrachtet, so wird ersichtlich, dass dai,mwn etwas Unfassbareres bezeichnet als qeo,j) Dementsprechend bemerkt Foerster: „Sein gesamter Sprachgebrauch lässt sich dahin zusammenfassen, dass dai,mwn eine übermenschliche Macht bezeichnet.“[10]

2.2 Vorkommen und Bedeutung im NT

Im NT begegnet uns das Substantiv dai,mwn nur in Mt 8,31. Ansonsten wird 63x daimo,nion als substantiviertes Neutrum des Adjektivs daimo,nioj gebraucht. Davon finden wir die meisten Belege in den Evangelien (53x) und das überwiegend in Verbindung mit den Heilungen Jesu: Mt (11x), Mk (13x), Lk (23), Jh (6x). Die restlichen 10 Belege sind auf Apg (1x), 1 Kor (4x), 1 Tim (1x), Jk (1x) und Off (3x) verteilt. Der innertextliche Vergleich führt uns dazu, pneu/ma (bes. pneu/ma avka,qarton und pneu/ma ponhro,n) und a;ggeloj (tou/ diabo,lou) als Synonyme für dai,mwn anzusehen[11].

Bauer übersetzt dai,mwn und daimo,nion mit „Dämon“ oder „böse Geist“[12], wobei daimo,nion außer den „selbstständigen Zwischenwesen und Geistern“ auch die „Götter“ (vgl. Apg 17,18) bezeichnen kann[13].

Um das Innewohnen von Dämonen oder ein „Besessensein“ auszudrücken, gebraucht das NT dazu verschiedene Wendungen. Die wichtigsten seien hier genannt. So begegnet uns im NT insgesamt an 13 Stellen, und dies ausschließlich in den vier Evangelien[14], das Partizip daimoni,zomai, welches Bauer und Böcher mit „von einem Dämon besessen sein“ wiedergeben[15]. Vergleicht man Jh 10,20 und 10,21 miteinander, so wird deutlich, dass Begrifflichkeiten wie daimoni,zesqai und daimo,nion e;cein praktisch dasselbe meinen und daher identisch sind. In Mt 15,22 treffen wir weiterhin auf kakw,j daimoni,zetai, was Bauer mit: „wird von einem Dämon übel geplagt“ übersetzt. Ansonsten wird an anderen Stellen nur das Partizip Präsens daimonizo,menoj[16] oder der Aorist daimonisqeij[17] gebraucht, den Böcher mit der Bedeutung „der Besessene“ bzw. „besessen“ wiedergibt[18].

Hierbei wird ansatzweise deutlich, so wie es auch die folgende Untersuchung stellenweise aufzeigen wird, dass diese Begriffe in ihrer Bedeutung praktisch identisch sind und den (gleichen) Sachverhalt einer offensichtlichen Besessenheit beschreiben.

2.2.1 pneu/ma avka,qarton und pneu/ma ponhro,n

Das Substantiv pneu/ma ist von pne,w (= wehen, blasen, etc.) abgeleitet und bezeichnet zunächst einfach nur die elementare Natur und Lebenskraft: „Wind, Hauch, Atem“. In diesem Sinne kommt es im NT, von dem insgesamt 379x Vorkommen, nur 3x vor. Im Weiteren kann es aber auch den Geist als Teil des Menschen meinen oder auch die geistige Haltung und Gesinnung etc.

Die neutestamentliche Bezeichnung pneu/ma avka,qarton oder pneu/ma ponhro,n kommt im NT ca. 38x vor und ist auf die jüdische Verwendung des Begriffs pneu/ma zurückzuführen. Dort wurde ruah bzw. pneu/ma oft als Terminus für überirdische Wesen, sowohl die Guten als auch die Bösen, benutzt[19]. In diesem Sinne sieht auch Bauer an dieser Stelle pneu/ma „das als Persönlichkeit selbstständige Geistwesen, im Gegensatz zu den Wesen, die sinnlich fassbar sind“[20].

Das Beiwort avka,qartoj kommt im NT insgesamt 32x vor und ist laut Bauer mit „unrein, schmutzig“ wiederzugeben. Ursprünglich wurde der Begriff im Kultischen gebraucht und beschrieb, was mit der Gottheit nicht in Berührung gebracht werden durfte, weil es als unrein galt[21]. Mit der Bezeichnung pneu/ma avka,qarton wird dementsprechend wortwörtlich ausgedrückt, dass es sich um ein Individuum handelt, dass in seiner Wesensart mit Gott unvereinbar und ihm entgegengerichtet ist.

ponhro,n ist, so Kretzer, vom Substantiv po,noj (= Anstrengung, Not, Drangsal, Krankheit) und von den Verben pone,w (= arbeiten, sich anstrengen; Schmerz bereiten, Schmerz empfinden) und pe,nomai (= sich anstrengen, abmühen) abzuleiten[22]. Im NT ist es 78x bezeugt und in unserem Fall am besten mit „schlecht, böse, lasterhaft, verkommen“ zu übersetzen[23].

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass pneu/ma avka,qarton oder pneu/ma ponhro,n gemäß dem neutestamentlichen Sprachgebrauch gleichbedeutend ist mit dai,mwn.

2.2.2 a;ggeloj tou/ diabo,lou

a;ggeloj ist im NT ca. 175x zu finden und trägt laut Bauer die Bedeutung „Bote“[24][25]. In menschlichen Verhältnissen ist a;ggeloj der Gesandte, der anstelle dessen redet und handelt, der ihn sendet. Davon ist im NT nur vereinzelt die Rede.

Die meisten neutestamentlichen Belege werden für den (himmlischen) Boten Gottes gebraucht und das hauptsächlich in den Evangelien (51x) und der Offenbarung (67x). Laut Broer ist der neutestamentliche Sprachgebrauch des a;ggeloj auf das AT und die zwischentestamentliche Literatur zurückzuführen[26]. a;ggeloj tou/ diabo,lou ordnet Bauer der Kategorie „böse Geister“ zu[27]. Auf Aussagen über böse (gefallene) Engel, dämonische Mächte und Gewalten treffen wir hauptsächlich erst in den paulinischen Schriften[28]. Daher erfährt der Begriff a;ggeloj tou/ diabo,lou in unserer Untersuchung nur eine untergeordnete Stellung.

3 Dämonologie in der Antike

3.1 Die griechisch-römische Antike

Die griechisch-römische Antike war von der Existenz und erfahrbaren Wirksamkeit von Dämonen und Geistern überzeugt[29][30][31]: „Götter, Geister und Dämonen galten als reale Wirkmächte, die den Weltverlauf im Allgemeinen, sowie das Leben von Gesellschaften und Individuen im Besonderen nicht nur beeinflussten, sondern wesentlich bestimmten“[32].

Dabei liegt ihnen die Anschauungswelt des Animismus zugrunde. Dämonen wurden als selbstständige Geistwesen zwischen Göttern und Menschen gesehen, die Kinder von Göttern (somit eine Art von Göttern), Geister von Verstorbenen[33] oder Gespenster sein konnten. Sie besitzen die Fähigkeit zur Annahme allerlei Gestalten[34]. Ihr bevorzugter Aufenthaltsort ist am Rande oder außerhalb der menschlichen Zivilisation, wie z.B. Einöden, Ruinen, Wüstungen und Friedhöfe.

Oft wurden zwischen Dämonen und Göttern wenig Unterschiede gesehen und die Begriffe synonym gebraucht. Bei der Beobachtung im Umgang der Antike mit diesen Überwesen stellt Prüm fest: „Man hält sie meist für weder gut noch ausgeprägt schlecht, sondern eher für launisch; infolgedessen, müssen sie sehr klug behandelt werden“[35].

Zeitweise nahmen die Dämonen in ihrer Funktion auch eine Art Kommunikationsorgan zwischen den Göttern und Menschen ein: „Dämonen teilen den Menschen ein göttlich vorbestimmten Los zu, welches in den gewohnten Lebenslauf einbricht und vornehmlich als katastrophal erlebt wird“[36].

Um die Zeitwende sah man sie dann von den Göttern abgekoppelt und als selbstständige und Unheil bringende böse Geister. Man konnte sie anrufen oder dazu zwingen, einem die verschiedensten Bitten zu erfüllen: Dem Feind Krankheit und Tod zu bringen, den Acker eines anderen unfruchtbar zu machen, geliebte Menschen zur Gegenliebe zu zwingen, etc. Man musste nur die richtigen Riten und Formeln gebrauchen. Aus diesem Grund wurden Unglück, Not, Krankheit, Besessenheit, aber auch Naturkatastrophen als Einwirkungen der Dämonen verstanden[37]. Überall sah man Gefahren. Ungewissheit und Angst beherrschten folglich das Alltagsleben. Zauberei und Magie waren die Abwehrmittel, mit denen man versuchte der Besessenheit und dem bösen Einfluss der Dämonen zu entgehen.

3.2 Altes Testament

Im Alten Testament spielen die Dämonen eine untergeordnete Rolle, da fast alles auf Gott zurückgeführt wird: Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit[38][39]. Ein Exorzismus im eigentlichen Sinne wird nirgends geschildert[40], jedoch ist hier die Existenz und Wirksamkeit Satans und seiner Dämonen eine fortwährende Realität. Satan und böse Geister begegnen uns im Alten Testament als Gott untergeordnet und derer sich Gott im Umgang mit Menschen bedienen kann[41]. Es wird aber auch die allgemeine Wirksamkeit der Dämonen erwähnt. So begegnen uns oft bildsprachlich sowohl Dämonengruppen[42] als auch Einzeldämonen[43].

Der Israelit hatte sich vor allem vor Totenbeschwörung[44], Opfer an böse Geister[45] und jeglicher anderer Magie zu enthalten, da darauf nach dem mosaischen Gesetz die Todesstrafe verhängt wurde. Die einzige Macht, an die er sich wenden durfte, war Jahwe und zwischen ihm und dem Menschen vermitteln nicht Dämonen, sondern seine Engel. Dass die Israeliten sich dem oft widersetzten und in okkulte Praktiken verfielen, zeigen uns mannigfache Stellen im Alten Testament[46].

Die Septuaginta führt für die bösen Geister und deren Bezeichnungen einfach den Begriff dai,mwn (1x in Jes 65,11) bzw. daimo,nion (19x)[47] ein. Demnach sind nach der Septuaginta die von Heiden angebeteten Götzen in Wirklichkeit Dämonen (Ps 96,5): „Alle Götter der Völker sind daimo,nia“[48].

3.3 Das Judentum

Im Judentum wird der Dämonenglauben besonders nach dem babylonischen Exil und der nachalttestamentlichen Zeit entfaltet. Die Lehren wurden aus dem Alten Testament, den Pseudoepigraphen und dem ausländischen Kontext bezogen, mit dem die Juden in Berührung kamen[49][50].

Über den Ursprung der Dämonen gab es mehrere Theorien[51]. Sie sind Geister mit körperlichen Organen[52] und erfüllen wegen ihrer unendlichen Zahl die Welt. Ihr Anführer ist Aschmedai, dem weitere Unterführer mit ihren kleineren Sippen untergeordnet sind[53]. Sie erscheinen meist unsichtbar, können aber auch in menschlicher oder anderer Gestalt sichtbar hervortreten[54]. Der Aufenthaltsort ist die Erde und die Luft. In den Tagen des Enosch, als die Menschen mit dem Götzendienst begannen, erhielten sie das erste Mal Macht über den Menschen (Gen 4,26). Schmutzige Gegenden, Wüsten, Ruinen, Friedhöfe, Wasser, Bäume, etc. bevorzugen sie und sind insbesondere nachts aktiv[55]. Trotz der Zugehörigkeit Satans sind sie Gott untergeordnet und können in seinen Diensten stehen, indem sie über Sünder Strafen vollstrecken. Sie können Tod, Krankheiten, Plagen und Schädigungen jeglicher Art hervorrufen, wobei ihr Hauptziel darin besteht, den Menschen von Gott abzubringen und zur Sünde zu verleiten. Aus diesem Grund werden Kranke (nicht alle) und Besessene durch Austreiben der Krankheitsdämonen geheilt und Reinigung als eine Art Exorzismus verstanden.

Zur Zeit der Vollendung der Stiftshütte und in den Tagen Salomos wurde den Dämonen vorübergehend die Macht genommen. Doch endgültig gebrochen wird sie erst mit dem Kommen des Messias. Bis dahin schützt man sich jedoch durch Gebotserfüllung, Torastudium und Gebet, aber auch durch verschiedene Verhaltensregeln, magische Mittel, Zaubersprüche und Amulette, die besonders bei Frauen, Kinder und Tiere wirken sollen[56]. Macht über Dämonen wird insbesondere Salomo und den Psalmen Davids zugeschrieben[57].

Exerzitien werden im antiken Judentum breit bezeugt und zeigen, dass Juden oft als gefragte Exorzisten auftraten.

Neben dieser großen Gruppe von Menschen treffen wir auch auf eine Minderheit im Judentum, die den Glauben an alles Jenseitige verwarf. Deren Einfluss ist jedoch vom Gesamtbild her gesehen relativ klein.

4 Die Lukanischen Werke

4.1 Zur Anthropologie

Nach dem AT gehört der Mensch in seinen geistigen, emotionalen und körperlichen Funktionen unlösbar zusammen und bildet eine wesenhafte Einheit. Da er als Ganzer von Gott geschaffen ist, wird auch seine Leiblichkeit nicht abgewertet. Ein Dualismus von Geist/ Seele und Leib ist nicht vorhanden[58][59][60].

Im Judentum lässt sich ein dichotomisches Menschenverständnis von Leib und Seele wieder finden. Auch hierbei wird der Leib mit seinen Bedürfnissen nicht als böse verworfen, da der Mensch Geschöpf Gottes und sein Ebenbild ist. Leib und Seele sind keine Gegensätze: Der Mensch ist als Ganzes eine Einheit und wird sich so auch Gott stellen müssen[61].

Diese Sicht wird im NT aufgegriffen. Lässt sich ein dichotomisches (oder ansatzweise trichotomisches) Menschenbild vorfinden, so ist dennoch immer der ganze Mensch im Blick[62]. Der Körper ist eine positive Grundbeschaffenheit des Seins und mit dem Personenzentrum der Seele (und/ oder Geist) verbunden. Diese Vielfalt des Menschen ist als eine Einheit zu betrachten[63]. Damit wird in der biblischen Anthropologie das Sein und Handeln des Menschen immer auf den Menschen als Ganzes zurückgeführt[64].

Diese Sicht unterscheidet sich von der griechischen Vorstellung, nach der die verschiedenen Teile des Menschen betont werden: Leib und Seele oder Leib, Seele und Geist. Zentrum der Lehre bildet die Unsterblichkeit der (guten, göttlichen) Seele, deren Ziel es ist vom (bösen) Leib erlöst zu werden[65].

4.2 Exorzismus im Lukasevangelium

4.2.1 Ausführliche Heilungsberichte einzelner Personen

4.2.1.1 Lk 4,31-37: Heilung eines Besessenen in der Synagoge
4.2.1.1.1 Ort und Zeit des Geschehens

Der Ort, an dem sich das Geschehene ereignet, ist Kapernaum, eine Stadt in Galiläa[66][67]. Es ist Sabbat und Jesus lehrt in einer Synagoge[68]. Die genaue Tageszeit wird nicht erwähnt[69]. Jesu Lehren wird von seinen Zuhörern besonders bestaunt und als kraftvoll charakterisiert[70]. Der Kreis seiner Zuhörer bestand mit großer Sicherheit aus dem Volk dieser Stadt, vielleicht auch aus Leuten, die aus der nahe liegenden Gegend kamen[71]. Es handelt sich hierbei somit um eine Alltagssituation und ein öffentliches Geschehen. Ob sich der Besessene schon die ganze Zeit in der Synagoge unter dem Wort Jesu befunden hat oder währenddessen dazu gestoßen ist, bleibt offen[72]. Fest steht, dass unter diesen Umständen dann plötzlich die Manifestation des Dämons durch den Mann beginnt, dem sich der Exorzismus durch Jesus anschließt[73].

4.2.1.1.2 Die Beschreibung des Besessenen

Zur Person des Besessenen werden uns nicht viele Informationen hinterlassen[74]. Es wird nur gesagt, dass er sich während der Predigt Jesu in der Synagoge befindet[75], mit der Notiz: „e;cwn pneu/ma daimoni,ou avkaqa,rtou“ (= habend den Geist eines unreinen Dämons)[76]. Das e;cwn (Präsens, Aktiv, Partizip) wäre wörtlich zu übersetzen mit „habend“ oder auch „innehabend, besitzend“[77]. An dieser Stelle könnte es jedoch auch formelhaft im Sinn von „mit“ gebraucht werden[78]. Da es sich bei der Wendung (e;cwn) pneu/ma daimoni,ou avkaqa,rtou um einen Genitiv epexegeticus (d.h. um einen erklärenden Genitiv) handelt, besteht laut Haubeck/ Siebenthal die Möglichkeit es im Deutschen mit „(mit) einem Geist, einem unreinen/ bösen Dämon“ oder „(mit) einem unreinen/ bösen Geist, einem Dämon“ wiederzugeben[79]. Die Singularform pneu/ma und daimoni,ou lässt uns darauf schließen, dass es sich bei dem dämonischen Wesen um einen einzigen handelt[80]. Ob Lukas mit dieser (doppelten) Benennung etwas besonderes hervorheben oder betonen möchte, lässt sich schwer sagen[81]. Godet sieht zumindest im Ausdruck „pneu/ma daimoni,ou avkaqa,rtou“ im Begriff „pneu/ma“ den Einfluss, und in „daimoni,ou avkaqa,rtou“ das Wesen des Satanischen[82].

Dieser Zustand veranlasst den Mann sich dann in der Synagoge nicht mehr selbst kontrollieren zu können. Der Dämon offenbart sich, während Jesus lehrt[83]. Er übernimmt die Kontrolle über den Mann und gebraucht ihn als sein Werkzeug[84]: Dieser schreit laut auf (avne,kraxen fwnh/| mega,lh|[85] ) und wird zum Sprachrohr des Dämons, der sich an Jesus richtet (V 34). Nachdem Jesus dem Dämon gebietet aus dem Mann auszufahren, wirft ihn dieser in die Mitte und verlässt ihn, ohne ihm zu schaden. Damit wird deutlich, dass der Mann in diesem Augenblick anscheinend als ganze Persönlichkeit vom Dämon beherrscht wurde: Der Dämon kontrolliert nicht nur seine Sprachwerkzeuge, sondern auch seinen Körper.

Hierbei könnte die Frage nach der darüber hinaus vorhandenen Form bzw. „Intensität“ seiner Besessenheit entstehen[86]. Die dargestellte Beschreibung des Besessenen erschwert uns diese genau festzulegen, da es sich nur auf den Moment der Manifestation des Dämons in dieser Geschichte beschränken kann und die Vorgeschichte des Mannes unberücksichtigt lässt. Man könnte jedoch eine Hypothese aufstellen, nach der dieser Mann unter keiner offensichtlichen Besessenheit gelitten haben muss, da man sich kaum denken kann, dass ihm sonst der Zutritt in eine öffentliche Versammlung gestatten werden würde[87]. Daher musste er sich anfangs bzw. eine bestimmte Zeit davor, ganz normal wie auch die anderen Menschen verhalten haben. Wenn unsere Hypothese stimmt, muss er vor der Begegnung mit Jesus demzufolge unter einer Besessenheit gelitten haben, in der sich der Dämon nur von Zeit zu Zeit bzw. sehr selten zu erkennen gab[88].

4.2.1.1.3 Die Manifestation des Dämons

Die Manifestation des Dämons beginnt damit, dass er den in seiner Gewalt habenden Mann mit lauter Stimme aufschreien[89] und unbeachtend der Versammlung und Volksmenge, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls zugegen ist, interessanterweise direkt an Jesus wenden lässt, mit den Worten (V 34): e;a, ti, h``mi/n kai. soi( VIhsou/ Najarhne,* h=lqej avpole,sai h``ma/j* oi=da se ti,j ei=( o`` a]gioj tou/ qeou/) („Ach, was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus, Nazarener? Bist Du gekommen, uns zu verderben? Ich kenne dich, wer du bist: der Heilige Gottes“) .

Die Rede des Dämons beginnt mit „e;a“, was laut Bauer ein „Ausruf des Unwillens“ ist[90]. Der Dämon weiß um seine Geschiedenheit von Jesus. Das ti, h``mi/n kai. soi,( womit er es betont, heißt wortwörtlich übersetzt „was uns und dir“. Laut Haubeck/ Siebenthal handelt es sich dabei um eine abweisende Redewendung, die sowohl im hebräischen, als auch im volkstümlichen Sprachgebrauch wieder zu finden ist und an dieser Stelle etwa mit „Was willst du von uns? Lass uns in Ruhe!“ übersetzt werden könnte[91]. Das „uns“ meint vermutlich das ganze teuflische Reich, dem auch der Dämon zugehört.

Nun nennt er ihn korrekt beim Namen „VIhsou/“[92] und dessen Herkunft „Najarhne,“[93]. Auf diese Weise gibt er Jesus zu erkennen, dass er um seine Person weiß und wie man auch weiter sieht, um seine Sendung und Vollmacht: h=lqej avpole,sai h``ma/j* („Bist du gekommen uns zu verderben?“). Diese Frage lässt uns darauf schließen, dass die Dämonen anscheinend ihr Schicksal, das ewige Verderben, schon im Voraus kennen, da sie ja darauf hinweisen[94]. Demzufolge wäre die Option Schürmanns nicht ganz unwahrscheinlich, der in dieser Frage eine Bitte der Dämonen sieht, es nicht (vorher) zu tun[95].

Der Dämon stellt sein hellsichtiges Wissen um Jesus weiterhin unter Beweis, indem er sagt: oi=da se ti,j ei=( o`` a]gioj tou/ qeou („Ich kenne dich, wer du bist: der Heilige Gottes“). Mit der Titulierung o`` a]gioj tou/ qeou wird Jesus endgültig als „Abgesonderter auf die Seite Gottes gestellt“[96] , der unreinen Dämonenwelt entgegen. Laut Bovon ist dieser Titel im AT verwurzelt und eine archaische Bezeichnung für Jesus: „Der Ausdruck weist hier nicht auf eine priesterliche Mission hin. Er beleuchtet das Verhältnis zu Gott und die von Gott übertragene prophetische Mission“[97]. Daher handelt es sich hierbei um eine „korrekte christologische Identifizierungsformel“[98].

Damit müssen wir feststellen, dass die Botschaft der dämonischen Rede der Wahrheit entspricht[99]. Das hellsichtige Wissen um die Person Jesu ist ein Zeichen für die hier im Menschen wirkende übermenschliche Macht und Persönlichkeit. Es bleibt jedoch die Frage offen, was mit der Rede bezweckt werden sollte[100]. Gute Motive oder Ziele werden es mit großer Sicherheit kaum sein. Handelt es sich hierbei evt. einfach um einen Verzweiflungsakt oder ein Ablenkungsmanöver des Dämons, nachdem seine Tarnung aufgeflogen ist[101] ?

Nach dem Befehl Jesu, den Mann zu verlassen, manifestiert sich der Dämon nochmals dadurch, dass er ihn (den Mann) in die Mitte wirft (r`i/yan[102] ), ohne ihm jedoch zu schaden[103].

4.2.1.1.4 Jesu Umgang mit dem Besessenen

Laut des Lukasberichts eröffnet Jesus den Exorzismus damit, dass er sich sofort an den Dämon wendet und ihn bedroht (evpeti,mhsen)[104]. Weitere Maßnahmen, die Jesus in bzw. vor diesem Moment noch ergriffen hat, werden nicht genannt und sind daher hypothetisch. evpeti,mhsen[105] trägt die Bedeutung „anfahren, tadeln, Vorhalte machen“ oder „ernstlich zureden, um einem Tun vorzubeugen oder es zu beenden“[106]. Dabei sagt Jesus folgende Worte zum Dämon: fimw,qhti kai e;xelqe avpV auvtou/ („Verstumme und fahre aus von ihm“). fimw,qhti (Aorist, Passiv, Imperativ, 2. Person, Singular) bedeutet eigentlich „den Mund mit einem Maulkorb verschließen“, bzw. „zubinden“. Im übertragenden Sinn würde es „zum Schweigen bringen, verstummen machen“ heißen[107].

Hier kann die Frage nach dem Grund Jesu Vorgehensweise entstehen. Warum verbietet er dem Dämon an erster Stelle, und das in einer radikalen und strengen Weise, nicht mehr weiter zu reden[108] ? Es kann ja nicht daran liegen, dass der Dämon die Unwahrheit sagte, dies tat er ja nicht, sondern er redete wahrheitsgemäß. Vielmehr muss es am Dämon selbst gelegen haben. Jesus sah vor sich ein Wesen, das in seiner ganzen Existenz böse war und es nun in einer brutalen Art und Weise ausleben konnte. Daher war sein nächster Schritt, keine Zeit zu verlieren und den Mann schleunigst von diesem bösen Wesen zu befreien, indem er dem Dämon gebietet, den Mann zu verlassen[109]: Das e;xelqe (starken Aorist , Aktiv, Imperativ, 2. Person, Singular) trägt die eigentliche Bedeutung „ausgehen, hinausgehen, herauskommen, fortgehen, abziehen“[110].

Nach dieser Aufforderung wirft der Dämon den Mann in die Mitte und fährt von ihm aus, ohne ihm zu schaden[111]. Daran wird deutlich, dass Jesu Worte besondere Autorität und Macht über den Dämon hatten, denn allein durch sein Wort wird alles vollbracht.

Dies ist mit großer Sicherheit auch eines der Ziele, die Lukas in diesem Bericht verfolgt. Entschließt er sich doch nicht aus reiner Willkür gleich am Anfang des Berichts (V 32) und dann nochmals am Ende (V 36) zu erwähnen, welchen Einfluss Jesu Verkündigungsworte auf das Volk ausübten. Der Exorzismus hat es in besonderer Weise illustriert: Jesu Worte sind (V 36) evn evxousi,a| kai duna,mei („mit Vollmacht und Kraft“)[112]. Macht Lukas damit vielleicht auch indirekt deutlich, dass Exorzismus ohne besondere evxousi,a| kai duna,mei des Exorzisten nicht möglich sei[113] ? Daher bleibt fraglich, ob Jesus seinen Exorzismus unter den Umständen weiter fortführen würde, wenn seine Worte nicht in dieser evxousi,a| kai duna,mei kämen und der gewünschte Effekt vorerst ausbleiben würde.

4.2.1.1.5 Die „Nachwirkungen“ des Exorzismus

Wie sich der Besessene nach seinem Exorzismus durch Jesus gefühlt oder verhalten hat, lässt der Lukasbericht offen. Es wird jedoch auf die Reaktion der Zuschauer bei diesem Ereignis eingegangen. Der vor ihren Augen vollzogene Exorzismus bzw. die Wirkung der Worte Jesu dabei, hinterließ einen großen Eindruck auf die Menschenmenge: „Und Entsetzen kam über alle, und sie redeten untereinander und sprachen: Was ist dies für ein Wort? Denn mit Vollmacht und Kraft gebietet er den unreinen Geistern, und sie fahren aus“ (V 36). Doch dabei blieb es nicht. Es entwickelte sich ein Propagandaeffekt. Die Menschenmenge wurde zu Zeugen, die die Kunde von Jesus (und damit dem Geschehenen) in alle Umgebung weiterverbreitete (V 37). Daraufhin kam am Abend eine Menge Menschen zusammen, die von Jesus geheilt werden wollten und es auch empfingen (VV 40-41).

Hier hat der öffentliche Exorzismus offensichtlich einen positiven Effekt hervorgebracht. Doch ob die Schlussfolgerung legitim ist, dass Exerzitien (heute) daher immer, überall und unter allen Umständen öffentlich stattfinden sollten, ist fraglich. Hier berühren wir die Frage nach dem passenden Ort und Zeit für Exerzitien. Auch wenn Jesus den Exorzismus in der Öffentlichkeit nicht ablehnte, heißt es nicht, dass er ihn gleich suchte[114]. Dieser Bericht scheint ein positives Beispiel dafür zu sein, dass Exerzitien öffentlich stattfinden können bzw. dort, wo eine Konfrontation mit der dämonischen Macht unvermeidbar wird und eine sofortige Reaktion erforderlich ist[115].

4.2.1.2 Lk 8,26-39: Heilung eines besessenen Geraseners
4.2.1.2.1 Ort und Zeit des Geschehens

Der Schauplatz des Geschehens befindet sich am Ufer des Gebiets von Gerasa[116], das Galiläa, bzw. dem galiläischen Ufer gegenüberliegt. Das Gebiet war zur gegebenen Zeit entweder ganz heidnisches Territorium oder teilweise von Heiden, d.h. Nichtjuden, bewohnt[117]. Nach der Lukanischen Darstellung ist es das einzige Mal, dass Jesus das heidnische Land betritt[118]. Seine Absichten sind dabei ungeklärt[119]. Beim Besessenen handelt es sich um einen Mitbewohner der Stadt Gerasa, mit einem evt. familiären Hintergrund[120]. Zum gegebenen Zeitpunkt sind außer Jesus und seinem Gefolge[121], der Besessene (bzw. die zwei Besessenen[122] ) und einige Hirten mit ihrer Schweineherde[123] zu gegen. Unter diesen Umständen beginnt dann („zufällig“ und „ungeplant“) der Exorzismus am besessenen Gerasener durch Jesus.[124].

4.2.1.2.2 Die Beschreibung des Besessenen

Der Zustand des Geraseners wird in unserem Text zunächst dreifach beschrieben und das auf den ersten Blick scheinbar auf unterschiedliche Weise[125]. Anfangs (V 27) wird er mit e;cwn[126] daimo,nia[127] bezeichnet, was wörtlich übersetzt „habend Dämonen“ heißt[128]. In V 29 wird vom einem pneu,mati tw/| avkaqa,rtw| gesprochen der ihn schon seit langem sunhrpa,kei[129]. Später wird in V 30 diese Information noch einmal aufgegriffen und gesagt, dass in ihn (in der Vergangenheit) viele Dämonen gefahren waren (eivjh/lqen daimo,nia polla. eivj auvto,n). Damit möchte Lukas den besonderen Zustand des Geraseners hervorheben und betonen[130]. Der Grund für dessen Besessenheit wird nicht genannt. In diesem Zustand lebt der Gerasener schon seit langer Zeit (V 27.29)[131]: So könnte z.B. cro,nw| i`kanw/| (= lange Zeit) und polloi/j ga.r cro,noij (= denn seit langen Zeiten) vielleicht auch zu erkennen geben, dass der Mann evt. nicht schon immer besessen war, sondern erst ab einer bestimmten Zeit. Seine Verhaltensweisen waren dabei wie folgt:

1. Er war unbekleidet (Lk 8,27).
2. Sein Lebensaufenthalt sind (gezwungenermaßen) die Grabstätten, Wüsten und Berge und nicht ein Haus (Lk 8,27.29; Mk 5,2.3.5; Mt 8,28)[132].
3. Er besitzt übernatürliche Kraft, so dass er Ketten und Fußfesseln in der Vergangenheit zerbrechen und zerreißen konnte. Daher war es Menschen unmöglich ihn zu bändigen (Lk 8,29; Mk 5,3-4).
4. Sein Verhalten war für andere Menschen eine Bedrohung und eine Gefahr. Aus diesem Grund hat man seine Nähe gemieden (Mt 8,28).
5. Er schrie unkontrolliert (Mk 5,5).
6. Er zerstörte sich selbst, indem er sich mit Steinen zerschlug (Mk 5,5).

Die Punkte fünf und sechs könnte man damit noch umschreiben, dass der Besessene sich in einem ständigen Unruhezustand befand, da er allezeit (kai. dia. panto.j)[133], und das Tag und Nacht, darin verweilte.

Als der Besessene Jesus begegnet und ihn erblickt[134], schreit er auf (avnakra,xaj), nachdem Jesus zuvor dem unreinen Geist geboten hat von ihm auszufahren, und wird zum Sprachrohr des Dämons. Der Dämon wendet sich dabei mit lauter Stimme (fwnh/| mega,lh|) gleich direkt an Jesus.

Der Mann erscheint dem Bericht zufolge willenlos und als Marionette der Dämonen, dessen Besessenheitsanfälle nicht nur punktuell auftraten, sondern sich über längere Zeiträume hinweg erstreckten und in ihrer Intensität anhielten[135]. Inwieweit seine gesamte Persönlichkeit unter dieser Herrschaft steht, offenbart uns auch die Manifestation bzw. die Rede der Dämonen im „Dialog“ mit Jesus.

4.2.1.2.3 Die Manifestation der Dämonen

Die Dämonen manifestieren sich in der Begegnung mit Jesus dadurch, dass sie den in ihrer Gewalt habenden Gerasener aufschreien (avnakra,xaj) und zu Jesu Füßen niederfallen lassen[136]. Daraufhin wendet sich ein unreiner Geist an Jesus (8,28): ti, evmoi. kai. soi,( VIhsou/ ui``e. tou/ qeou/ tou/ u``yi,stouÈ de,omai, sou( mh, me basani,sh|j) („Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesus, Sohn Gottes, des Höchsten? Ich bitte dich, quäle mich nicht“). Hierbei ist davon auszugehen, dass, auch wenn der unreine Geist in der Einzahl spricht, es dennoch im Namen der ganzen Dämonenmenge des Besessenen zu verstehen ist[137]. Der Dämon weiß um seine Geschiedenheit zu Jesus: ti, evmoi. kai. soi[138]. Mit der Anrede VIhsou/ ui``e. tou/ qeou/ tou/ u``yi,stou[139], das auch gleichzeitig ein wahrheitsgetreues Bekenntnis darstellt, gibt er zu erkennen, dass er auch das Wissen um Jesu Identität und Übermacht hat. Dann richtet er sich mit einer Bitte an Jesus: de,omai, sou( mh, me basani,sh|j[140]) Der Grund dafür liegt vermutlich in der davor ausgegangenen Aufforderung Jesu an den Dämon[141].

[...]


[1] Als Beispiel sei hier der so genannte „Aschaffenburger Exorzistenprozess“ genannt, bei dem es um die Pädagogikstudentin Anneliese Michel aus Klingenberg ging oder die im Oktober 2006 gesendete Fernsehsendung in Arte, die die Teufelsaustreibung in den afrikanischen Ländern wie z.B. in Kongo in schärfster Weise verurteilte.

[2] Der Grundgedanke dessen war in etwa: Hinter Krankheit und Sünde stehen verschiedene Dämonen, die diese an den Menschen heranbringen. Dies betrifft Gläubige und Ungläubige. Will man sich daher von Krankheit oder Sünde befreien, so müsse man die dämonischen Mächte durch Exorzismus bekämpfen. Dies kann man in der Gruppe, aber auch alleine tun.

Im Rahmen dieser Arbeit habe ich den Referenten dieses Seminars um ein Interview gebeten. Es findet sich in Anlage 7.2.

[3] Welche Vorteile sich aus der Untersuchung der Lukanischen Werke noch ergeben wird in der Fußnote 58 ausgeführt.

[4] Mitchel: „Exorzismus“ In: RGG. Bd. 2, 1830.

[5] Rodewyk: „Exorzismus“ In: LThK. Bd. 3, 1314.

[6] Da dieser Begriff in unserer Untersuchung eine Zentralrolle spielt, ist es unumgänglich diesen, sowie weitere damit in Verbindung stehenden Begriffe zuvor näher zu betrachten.

[7] Dieses Kapitel wurde, soweit nicht ausdrücklich auf andere Literatur hingewiesen wird, aus Informationen folgender Literatur zusammengestellt: Foerster: „dai,mwn“ In: ThWNT. Bd. 2, 2; Böcher: „Dämonen“ In: TRE, 270; Bietenhard: „Satan/ Dämon“ In: ThBNT. Bd. 2, 1537-1538;

[8] Vgl. Bietenhardt: „Satan/ Dämon“ In: ThBNT. Bd. 2, 1537.

[9] Mannsperger: „Homer“ In: RGG. Bd. 3, Sp. 1873.

[10] Foerster: „ dai,mwn“ In: ThWNT. Bd. 2, 2.

[11] Vgl. Böcher: „ d αι , μ w ν“ In: EWNT. Bd. 1, 1.3. Sp. 649-654.

[12] Für diese Wiedergabe hat das Neue Testament eine eigene spezifische Begrifflichkeit: pneu/ma ponhro,n. Daher ist die Übersetzung von Bauer an dieser Stelle ungenau, von der Bedeutung jedoch nicht falsch, da wie schon erwähnt beide Begriffe im NT als Synonyme gebraucht werden.

[13] Der Gebrauch und die Bedeutung des Begriffs wird somit sehr stark vom Kontext her indem er verwendet wird bestimmt. Bauer: „ daimo,nion“, Sp. 337; „ dai,mwn“, Sp. 338.

[14] 7x in Matthäus (Mt 4,24; 8,16; 8,28.33; 9,32; 12,22; 15,22), 4x in Markus (Mk 1,32; 5,15; 5,16; 5,18) und je 1x in Lukas und Johannes (Lk 8,36; Jh 10,21).

[15] Für Böcher wird damit ein krankhafter Zustand bezeichnet, der auf ein Innewohnen eines Dämons zurückzuführen ist. Böcher: „ d αιμονίζομαι“ In: EWNT. Bd. 1, Sp. 656; vgl. Bauer: „ d αιμονίζομαι“, Sp. 337.

[16] Mt 4,24; 8,16.28.33; 9,32; 12,22; Mk 1,32; 5,15.16; Jh 10,21.

[17] Mk 5,18; Lk 8,36.

[18] Vgl. Böcher: „ d αιμονίζομαι“ In: EWNT. Bd. 1, Sp. 656; vgl. Bauer: „ d αιμονίζομαι“, Sp. 337.

[19] Vgl. bis hierhin Kremer: „ pneu/ma“ In: EWNT. Bd. 3, 1.2.c. Sp. 279-284; Bauer: „ pneu/ma“, 3.c. Sp. 1357.

[20] Bauer: „ pneu/ma“, 4. Sp. 1357.

[21] Später wurde der Begriff auch auf die sittliche Beschaffenheit übertragen; vgl. dazu Bauer: „ avkaqa,rtoj“, 1.2. Sp. 55; Thyen: „ kaqaro,j“ In: EWNT Bd. 2, 1.2. Sp. 535-538.

[22] Kretzer: „ ponhro,j“ In: EWNT Bd. 3, 2. Sp. 321.

[23] Bauer: „ ponhro,n“, 1.b. Sp. 1385.

[24] Die Information dieses Kapitel wurde, soweit nicht ausdrücklich auf andere Literatur hingewiesen wird, aus folgender Literatur zusammengestellt: Broer: „ a;ggeloj“, In: EWNT. Bd. 1, 1.2. Sp. 32-34; Bietenhard: „Engel/ Bote“ In: ThBNT. Bd. 1, Sp. 332-335.

[25] Bauer: „ a;ggeloj“, Sp. 12.

[26] Über die Engel sagt er: „Die Engel sind von Gott gesandte Boten und repräsentieren die himmlische Welt; ihr Erscheinen ist Offenbarung der jenseitigen Welt in die irdische Welt hinein.“ Broer: „ a;ggeloj “ In: EWNT. Bd. 1, 1.2. Sp. 32-34.

[27] Bauer: „a;ggeloj“, 2.c. Sp. 13.

[28] Wobei jedoch die Interpretation der meisten Stellen oft umstritten und schwierig ist.

[29] Dieses Kapitel soll in knapper Weise einen Umriss vom antiken Verständnis der Dämonologie geben. Hierzu werden insbesondere Kulturen (und deren Schriften) herangezogen, die in Berührung mit den in der Bibel erwähnten Exorzisten stehen und deshalb für unsere Untersuchung von besonderer Wichtigkeit sind. Dadurch sollen evt. Rückschlüsse auf Verhalten, Vorgehen und Lehre dieser ermöglicht werden.

Die griechisch-römische Kultur, weil diese damals den Orient beherrschte und in das jüdische Umfeld hineinwirkte und den (evt.) beeinflusste. Das Judentum, weil es in direkter Verbindung mit den in unserer Untersuchung lebenden Exorzisten stand. Das Alte Testament, weil es einen großen Einfluss auf das Judentum und den in der Bibel auftretenden Exorzisten hatte.

[30] Dieses Kapitel wurde, soweit nicht ausdrücklich auf andere Literatur hingewiesen wird, aus Informationen folgender Literatur zusammengestellt: Erlemann/ Noethlichs/ Scherberich/ Zangenberg (Hgg.): Neues Testament…, 100-102; Foerster: „ dai,mwn“ In: ThWNT. Bd. 2, Sp. 1-8; vgl. auch Lohse: Umwelt des…, 167-171. Böcher: „Dämonen“ In: TRE. Bd. VIII, 270-274; Hutter: „Dämonen/ Geister“ In: RGG. Bd. 2, Sp. 533-534; Bietenhard: „Satan/ Dämon“ In: ThBNT. Bd. 2, Sp.1537-1538;

[31] Hierbei übernahmen die Römer ihre Götter- und Dämonenvorstellung letztlich von den Griechen und gestalteten sie in ihre eigene um; vgl. Petersdorf: Daemonologie…, 215.

[32] Erlemann/ Noethlichs/ Scherberich/ Zangenberg (Hgg.): Neues Testament…, 88.

[33] Dies sind insbesondere Seelen der Unbeerdigten oder gewaltsam ums Leben Gekommenen.

[34] Z.B. einer körperlichen Gestalt eines Menschen, Tieres oder auch eines Mischwesens, d.h. teils Tier, teils Mensch.

[35] Petersdorff: Daemonologie…, 215.

[36] Erlemann/ Noethlichs/ Scherberich/ Zangenberg (Hgg.): Neues Testament…, 101.

[37] Man befürchtete auch das Eindringen eines bösen Geistes in den eigenen Körper, der dann Schaden und Besessenheit hervorruft. Der Dämon konnte durch die Körperöffnungen Mund, Auge, After, Genitalien in den Leib seines Opfers einschlüpfen.

[38] Dieses Kapitel wurde, soweit nicht ausdrücklich auf andere Literatur hingewiesen wird, aus Informationen folgender Literatur zusammengestellt: Bietenhard: „Satan/ Dämon“ In: ThBNT. Bd. 2, 1538; Erlemann/ Noethlichs/ Scherberich/ Zangenberg (Hgg.): Neues Testament…, 102; Wanke: „Dämonen“ In: TRE. Bd. 8, 275-277; Hutter: „Dämonen/ Geister“ In: RGG. Bd. 2, Sp. 535-536; Leahy: Satan…, 62-77.

[39] Vgl. dazu z.B. Dt 32,24; Ps 91,6; Hab 3,5.

[40] Was nicht heißen muss, dass er bei den Israeliten nicht praktiziert wurde. Dies lässt uns z.B. die Beschwörung der Totengeister erahnen (1 Sam 28,7-25). Ob man jetzt exorzistische Formeln und Riten hinter Handlungen wie Handauflegung (Num 27, 18-23; Dtn 34,9), Salbung mit Öl (2 Sam 1,21; Jes 21,5), Waschungen, etc. sehen muss, ist meiner Meinung nach äußerst fraglich. Entgegen Böcher: „Exorzismus“ In: TRE. Bd. 10, 748.

[41] Vgl. Gen 20,18ff; 1 Kö 22,23; 1 Sam 16,14; 2 Sam 24,1; Ri 9,23; Hi 1f.

[42] Vgl. hierzu z.B. Jes 13,19-22; 34,9-15; Jer 50,39.

[43] Vgl. hierzu z.B. Jes 34,14.

[44] Dtn 18,10-12; Lev 19,31; 1 Sam 28,3.

[45] Lev 17,7.

[46] Vgl. Dtn 32,17; 2 Chr 11,15; 1 Sam 28,13; 2 Kö 21,6-7; Ps 106,37-39; Jes 8,19. Auch finden wir im Alten Testament viele Hinweise auf das Tragen von Amuletten, Glücksbringer und Stirnbänder (vgl. Jes 3,18-23; Ri 8,21.26).

[47] 9x in Tob; 2x in Bar; weitere Stellen: Dtn 32,17; Ps 96,5; 106,37; Jes 13,21; 34,14; 65,3.

[48] Das Alte Testament betont an vielen anderen Stellen ebenso, dass die Götzen der Heiden in Wirklichkeit gar nicht existieren (vgl. Jes 41,21f).

[49] Dieses Kapitel wurde aus Informationen folgender Literatur zusammengestellt: Strack-Billerbeck: Kommentar zum…, 501-535; Erlemann/ Noethlichs/ Scherberich/ Zangenberg (Hgg.): Neues Testament…, 102-103; Bietenhard: „Satan/ Dämon“ In: ThBNT. Bd. 2, 1539; Stemberger: „Dämonen“ In: TRE. Bd. 8, 277-279; Veeltri: „Dämonen/ Geister“ In: RGG. Bd. 2, Sp. 542; Böcher: „Exorzismus“ In: TRE. Bd. 10, 748; Böcher: „ dai,mwn“ In: EWNT. Bd. 1, Sp. 649-651.

[50] Besonders im dem Parsismus.

[51] 1. Sie seien an der Abenddämmerung des sechsten Tages erschaffen. 2. Sie sind Teil des Geschlechtes des Turmbaus zu Babel. 3. Sie sind aus dem Geschlechtsverkehr Adams und Evas mit weiblichen oder männlichen Geistern entstanden. 4. Sie sind aus dem Geschlechtsverkehr zwischen den gefallenen Engeln und den Töchter der Menschenlinder entstanden (Gen 6,1ff.). 5. Sie sind ein besonderes Schöpfungswerk Gottes, etc.

[52] Demzufolge haben sie Flügel, brauchen Essen und Trinken und können sich fortpflanzen.

[53] Eine besondere Klassifizierung der Dämonen ist, wenigstens im älteren Judentum, nicht vorzufinden.

[54] Im Talmud werden sogar Mittel erwähnt, durch die der Mensch die unsichtbare Gegenwart der Dämonen in seiner Nähe lokalisieren, ja sie sogar sehen kann. Diese können dann vertrieben und mit magisch-homöopathischen Mitteln wie Feuer, Rauch, verschiedene Flüssigkeiten, Luft, feste Substanzen und dem Wort des Arztes oder Exorzisten abgewehrt werden.

[55] Jeder Tageszeit werden bestimmte Dämonen zugeteilt: Schatten- (/Dämmerungs-) Dämonen, Nachtgespenster, Morgen- und Mittagsdämonen.

[56] Aus diesem Grund gab es im Volk, aber auch bei den Rabbinern viel Zauberei.

[57] Besonders Ps 3 und 91 sollen dazu geeignet sein Dämonen zu vertreiben.

[58] Die Lukanischen Werke (Lukasevangelium und Apostelgeschichte) erschienen mir für meine Untersuchung aus dem Grund passend, weil sie als einzige Schriften des NT die Exorzismuspraxis nicht nur auf die Zeit Jesu beschränken, sondern auch danach.

Das Lukasevangelium gewährt uns einen kurzen Einblick in die Exorzismuspraxis Jesu, so wie es auch im Matthäus und Markusevangelium vorzufinden ist. Hierbei steht der Synoptische Vergleich nicht im Fokus, sondern wird bei deutlich erkennbaren Parallelstellen dazu herangezogen um auf evt. Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinzuweisen, Informationen zusammenzutragen und evt. Betonungen der Schreiber herauszustellen.

Durch die Apg kann sichtbar werden, ob und in welcher Form Exorzismus auch nach Jesu Wirken auf Erden ausgeübt wurde und werden darf. Diese ist auch die einzige Schrift die uns darüber informiert, da in den restlichen NT Briefen sonst nirgends direkte Aussagen und Informationen über den Exorzismus vorzufinden sind.

Die in dieser Arbeit anzutreffende Einteilung soll eine Struktur schaffen, um so einen möglichst klaren Überblick zu dem vorhandenen Material des Themas Exorzismus in den Lukanischen Werken zu gewährleisten. Um dies zu ermöglichen, werden alle Exorzismusberichte in den Lukanischen Werken untersucht, sowie auch Texte, die mit diesem Thema in irgendeiner Form in Beziehung stehen oder gebracht werden könnten. Damit die Stossrichtung des biblischen Schreibers in den einzelnen Stellen nicht ganz verloren geht, wird an den gegebenen Stellen auch auf evt. Zusammenhänge dieser hingewiesen.

Generell gilt, dass Begriffe, Redewendungen oder auch Informationen, die einmal untersucht und genannt worden sind, im Weiteren als vorausgesetzt angesehen und keiner weiteren Untersuchung mehr unterzogen werden. Dies gilt vereinzelt auch für typische Fragen, die bei den einzelnen Berichten immer wieder entstehen und somit wiederholt werden könnten.

Die angeführten Bibelzitate sind, soweit nicht anders vermerkt, der Elberfelder Übersetzung in der rev. Fassung entnommen.

[59] In diesem Kapitel soll ein kurzer Einblick in die Anthropologie der Antike gegeben werden, da diese in unsere Thematik hineingreift und sie beeinflusst.

[60] Im Bezug auf Seele und Fleisch (Leib) sagt Dautzenberg: „es gibt keine saubere Aufteilung von Funktionen, sondern manche Überschneidungen, dazu kann jeder der beiden Begriffe durch Synekdoche den ganzen Menschen bezeichnen (…)“. Demzufolge schlussfolgert er: „Ebenso wenig wie von einer Dichotomie kann man von einer Trichotomie sprechen“. Der Tod wird weniger als Trennung von Leib und Seele verstanden, sondern mehr als Zerfall der Einheit. Dautzenberg: Sein Leben…, 29; vgl. hierzu auch Albertz: „Mensch II“ In: TRE. Bd. 22, 466-467.

[61] Neudecker: „Mensch III“ In: TRE. Bd. 22, 474-481; vgl. Dautzenberg: Sein Leben …, 40-48; Harder/ Schnelle: „Seele“ In: ThBNT. Bd. 2, 1619-1621.

[62] Schirrmacher sagt dazu: „Auch wenn in der Bibel verschiedene Aspekte des Menschseins betont, ja sogar gegenübergestellt werden können, darf dies nie so verstanden werden, als wäre der Mensch keine Einheit. Der Mensch ist nicht zerlegbar.“ Schirrmacher: Ethik…, 382; vgl. Brunner: Der Mensch…, 215-237. 374-402.

[63] Vgl. Schnelle: „Seele“ In ThBNT. Bd. 2, 1621-1625; vgl. auch: Dautzenberg: Sein Leben…, 161-168; Wimber: Heilung in…, 68; Schirrmacher: Ethik…, 379-394.

[64] so auch Berkhof: „Jede Handlung des Menschen wird als Handlung des ganzen Menschen gesehen. Es ist nicht die Seele, sondern der Mensch, der sündigt; es ist nicht der Körper, sondern der Mensch, der stirbt; und es ist nicht nur die Seele, sondern der Mensch, Körper und Seele, der in Christus erlöst wird“. Schirrmacher: Ethik…, 382.

[65] Zu Leib und Seele hält Dautzenberg fest: „Leib und Seele waren von nun an streng geschiedene und wesensverschiedene Bereiche; die Seele ganz und gar identisch mit dem Ich des Menschen, gehört zu einer höheren Welt, während dem Leib die Qualität des Unreinen, Bösen anhaftet“. Über den Tod heißt es: „Der Tod bewirkt die Befreiung der Seele aus dem Grab des Leibes und wird zum zweiten Leben, zum Leben der Seele“. Dautzenberg: Sein Leben…, 36; vgl. auch Wimber : Heilung in…, 68; Harder/ Schnelle: „Seele“ In: ThBNT. Bd. 2,1617-1619.

[66] Diese Berichte erfahren in meiner Untersuchung wegen ihrer Ausführlichkeit besondere Beachtung.

[67] Sie liegt am Nordwestufer des Sees Tiberias im Land Genezareth und befand sich damals zwischen zwei Herrschaftsgebieten. Hier hat Jesus auch eine Zeitlang gelebt (Mt 4,13) und während seines öffentlichen Wirkens nicht wenige Wundertaten vollbracht; vgl. hierzu Rienecker: „Kapernaum“, Sp. 756.

[68] Aus dem Lukasbericht geht hervor, dass Jesus schon an mehrere Sabbaten zuvor gelehrt hatte, vermutlich auch am gleichen Ort. Dies lässt der Markusbericht (vgl. 1,21) offen.

[69] Man kann jedoch davon ausgehen, dass es sich mitten am Tag ereignet. Denn nach diesem Geschehen verlässt Jesus die Synagoge und hält sich im Haus Simons auf (vgl. Lk 4,38-39; Mk 1,29-31), wo dann am Abend eine Menge Menschen zusammenkommen um von ihm Heilung zu erfahren (vgl. Lk 4,40-41; Mk 1,32-34).

[70] Vgl. Lk 1,32. Markus hält es so ähnlich fest, jedoch mit einer Hinzufügung (1,22): „…und nicht wie die Schriftgelehrten“.

[71] Es heißt nämlich sofort nach diesem Exorzismusereignis in V 37, dass die Kunde von dem Geschehenen in allen Orten des umliegenden Landes erschall, und dies vielleicht noch am selben Tag. Der Bericht des Markus lautet hierzu nämlich (1,28): „Und die Kunde von ihm (Jesus) ging sogleich hinaus überall in die ganze Umgebung Galiläas“. Daher könnte man die Vermutung aufstellen, dass der Hauptteil der Träger dieser Kunde, Bewohner aus der Umgebung waren, die zurückkehrten und das Gesehen weitererzählten.

[72] Dies lässt sich auch nicht aus dem Markusbericht erschließen (1,23): „Und sogleich war in ihrer Synagoge ein Mensch mit einem unreinen Geist…“.

[73] Hierbei ist es wichtig zu beobachten, dass der Exorzismus unter diesen Umständen vorher „nicht geplant“ war, sondern eine „spontane“ Reaktion auf eine hervorrufende Situation war. Dabei scheint es, als ob Jesus souverän und aus eigenem Antrieb mit dem Exorzismus beginnt, nachdem die Dämonen ihn „herausgefordert“ haben.

[74] Daher bleiben Fragen offen, wie: Woher kommt er? Wie sieht seine familiäre Situation aus? War er dort schon vorher als Besessener bekannt oder irgendwie auffällig gewesen? Wie ist er zu seiner Besessenheit gekommen? War er schon immer oder nur ab einer bestimmten Zeit besessen? Wusste er selbst um seine Besessenheit? Etc.

[75] Dass der Mann Zutritt in eine Synagoge hatte, lässt uns erstaunen, da man mit ziemlicher Sicherheit behaupten kann, dass offensichtlich Besessene nicht zur Versammlung zugelassen wurden.

[76] In ähnlicher Weise beschreibt ihn auch Markus (1,23) mit „evn pneu,mati avkaqa,rtw“ (= mit einem unreinen Geist).

[77] vgl. Bauer: „ e;cw“, 2. Sp. 670.

[78] Haubeck/ Siebenthal: NSS, 376.

[79] Haubeck/ Siebenthal: NSS, 376-377.

[80] Auch wenn der Dämon später in seiner Rede zeitweise in die Mehrzahl wechselt. Siehe dazu auch das kommende Kapitel 4.2.1.1.3.

[81] Da ja auch Markus in seinem synoptischen Bericht für den gleichen Zustand des Mannes einfach die Bezeichnung wählt „evn pneu,mati avkaqa,rtw“ (= mit einem unreinen Geist).

[82] Diese Interpretation könnte möglich sein, ist meiner Meinung nach jedoch nicht zwingend, wie es z.B. aus dem Genitiv epexegeticus ersichtlich wird. Godet: Das Evangelium…, 175.

[83] Hier stellt sich die Frage, ob der Dämon gerade aufgrund der vollmächtigen Redeweise Jesu sich offenbart bzw. offenbaren muss? (Hätte er es bei fehlender vollmächtigen Redeweise ebenso getan?)

[84] Aus diesem Grund steht der Dämon und seine Manifestation im Text auch im Vordergrund und die Person des Mannes im Hintergrund. Das Verhalten des Mannes ist an erster Stelle nicht sein eigenes, sondern das des Dämons, der ihn dazu zwingt .

[85] avne,kraxen steht im Aorist, Aktiv, Indikativ, 3. Person, Singular. Das Satzgefüge könnte mit „er schrie auf mit lauter Stimme“ übersetzt werden.

[86] Wie wir später sehen werden, gibt es verschiedene „Stufen“ von dämonischer Beeinflussung und Besessenheit.

[87] Besessene wurden bei den Juden als unrein angesehen („unreiner Geist“) und hatten deshalb generell keinen Zugang zur Synagoge. Daher muss der Besessene nicht erkannt bzw. bekannt gewesen sein (wenn, dann nur von einigen wenigen, die es für sich behielten). Ich gehe hierbei nicht davon aus, dass der Mann sich unter offensichtlicher Besessenheit gewalttätig in die Synagoge hineingedrängt hat.

[88] Weitere Festlegungen und Beschreibungen dieser möchte ich vermeiden, da dazu, wie schon erwähnt, die nötigen Informationen fehlen.

[89] Ob sich der Dämon dabei mit anderen Dingen, wie z.B. unnatürliche körperliche Bewegungen, überdurchschnittliche Kraftbeweise, etc., manifestierte oder davor zu erkennen gab, ist nicht auszuschließen, wird jedoch nicht erwähnt und ist daher spekulativ.

[90] Bauer: „ e;a“, Sp. 425. Leahy zitiert dazu Godet, der in diesem Ausruf die Botschaft „Laß mich in Ruhe“ sieht und vergleicht es mit einem Verbrecher, der bei seiner plötzlichen Festnahme durch die Polizei aufschreit: „Laß mich los!“. Vgl. Leahy: Satan..., 86.

[91] Haubeck/ Siebenthal: NSS, 377; vgl. dazu auch Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd., 222.

[92] Der Name bedeutet „Der Herr ist Rettung“. Dass der Dämon dies weiß, offenbart auch seine weitere Rede. Nicht zuletzt muss er es am eigenen „Leibe“ erfahren.

[93] Dies war die Heimatstadt Jesu (vgl. Lk 1,26; 2,39), die er zu Beginn seines öffentlichen Wirkens verlassen hatte (Mt 4,13; Jh 2,12).

[94] Zumindest erkennt Bovon darin eine soteriologisch und eschatologisch einwandfreie Diagnose der Dämonen; vgl. Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd., 222. Hier kann die Frage entstehen, ob die Dämonen etwa immer die Wahrheit sagen.

[95] Vgl. Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil, 248.

[96] Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil, 248-249.

[97] Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd., 223.

[98] Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd., 222. Dieses Bekenntnis wird z.B. in Jh 6,69 auch von Petrus gebraucht.

[99] Dass Satan die Wahrheit reden kann, hat er in der Versuchung Jesu unter Beweis gestellt (vgl. Lk 4,1-13), jedoch mit gottfeindlichen Motiven und Zielen.

[100] Könnte es sein, dass der Dämon die Wahrheit redete, weil er um Jesu Allwissenheit wusste und deshalb auf Lügen verzichtete? Oder reden Dämonen generell immer die Wahrheit? Für Schürmann jedenfalls scheint dieses hellsichtige Wissen um Jesus mehr schmeichlerisch geäußert zu sein, um, wie er Bauerfeind zitiert, „gut Wetter zu machen“. Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil, 248.

[101] Wahrscheinlich ist es im Exorzismus jedoch nicht von Belangen auf eine solche Art von Fragen immer eine Antwort zu besitzen (oder den Dämon gar danach zu fragen), sondern eher dafür zu sorgen, dass der Dämon den Besessenen schleunigst verlässt. Beobachten wir daher den weiteren Verlauf des Exorzismus durch Jesus und hoffen, dass, wenn nicht hier, so vielleicht beim Hinzuziehen weiterer biblischen Berichte, diese Frage ausreichend geklärt werden kann.

[102] Aorist, Aktiv, Partizip, Nominativ, Singular, Neutrum und heißt wört. übersetzt „geworfen habend“.

[103] Schürmann erkennt darin die Ohnmächtigkeit des Dämons, dessen Aktivität „wie eine lächerliche Demonstration des schon Besiegten“ wirkt. Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil, 249. Der Markusbericht fügt dem noch hinzu, dass der Dämon den Mann dabei zerrte (spara,ssw =„reißen, zerren“; Bauer: „ spara,ssw“, Sp. 1519) und laut aufschreien ließ (1,26).

[104] Diese Vorgehensweise resultiert mit großer Sicherheit daher, weil der Mann unter der Kontrolle des Dämons in diesem Augenblick nicht ansprechbar war.

[105] Aorist, Aktiv, Indikativ, 3. Person, Singular (von evpetima,w).

[106] Bauer: „ evpetima,w“, 1. Sp. 614.

[107] Bauer: „ fimo,w“, 2. Sp. 1718.

[108] Für Rienecker liegt es Jesus fern, ein Bekenntnis oder Zeugnis von dem Geist eines Dämons anzunehmen. Auch wenn dies seine Richtigkeit hat, sehe ich darin nicht den Hauptgrund für Jesu Vorgehen; vgl. Rienecker: Das Evangelium…, 133; vgl. auch Godet: Das Evangelium…, 175.

[109] Aus diesem Grund interessierte es vermutlich Jesus auch nicht, zu erfahren, wer der Dämon sei und wie er dazu kam, den Menschen zu beherrschen.

[110] Bauer: „ evxe,rcomai ”, 1.a.. Sp. 555.

[111] Zumindest scheint es so, dass der Dämon den Mann sofort nach Jesu Worten verließ, denn das wurde ja von der Menschenmenge gerade bewundert. Somit blieben wahrscheinlich auch weitere Maßnahmen aus.

[112] Laut Bauer bedeutet evxousi,a „Autorität, Machtvollkommenheit, Vollmacht, Befugnis“ und duna,mei „Kraft, Macht, Stärke“. Bauer: „ evxousi,a“, 3.d. Sp. 563; „ duna,mij“, 1. Sp. 417.

[113] Dieser Frage wollen wir auch in den anderen Exorzismusberichten nachgehen. Weitere Fragen, die hierbei entstehen können, sind: Gibt es bestimmte Vorraussetzungen (z.B. eine persönliche Bevollmächtigung), bevor man Exorzismus überhaupt betreiben kann? Wenn ja, wie sehen sie aus? Wer bzw. wie empfängt man sie? Ist Exorzismus auch außerhalb dieses Weges bzw. auf anderem Wege möglich?

[114] Kann es sein, dass Jesus ihn deshalb nicht ablehnte, weil das Grundverständnis der antiken Welt auch die Realität der Dämonen und damit den Exorzismus mit Inbegriff und es daher nichts außergewöhnliches war, wenn man im Alltag auf Besessene oder Exerzitien traf oder zumindest davon hörte. Dieser Sachverhalt ist zumindest heute in Kulturen und Ländern zu beobachten, wo der Dämonenglaube in der Gesellschaft verankert ist.

[115] Doch gilt dies z.B. auch für Situationen, wenn der Dämon nicht gleich gehen will und daher andere Maßnahmen, wie z.B. eine bestimmte Vorbereitungszeit mit verstärktem Gebet und Fasten für ein weiteres Befreiungsgebet, notwendig sind?

[116] So auch Markus (Mk 5,1). Matthäus spricht hier vom Gebiet Gadara (Mt 8,28). An dieser Stelle kann ich leider aus Gründen der Begrenztheit dieser Arbeit nicht auf das Problem der verschiedenen Bezeichnungen eingehen und entscheide mich für die genannte Variante, da sie von zwei Evangelisten bestätigt wird, die auch die ausführlicheren Berichte dazu enthalten; vgl. dazu Godet: Das Evangelium…, 271-272.

Laut Rienecker könnte Gerasa etwa 10 km südöstlich des Sees Genezareth liegen, wobei die Ortsangabe jedoch nicht völlig sicher ist. Gemäß Markus und Lukas (vermutlich auch Matthäus) erstreckte sich damals das Gebiet der Stadt Gerasa bis ans Seeufer; vgl. Rienecker: „Gadarener“, Sp. 429.

[117] Dies ist gemäß der erwähnten Menge Schweine zu urteilen. Laut des Markusberichts war die Herde an die 2000 Tiere groß. Für die Juden waren Schweinefleisch und Schweinehaltung verboten (vgl. 3. Mo 11,7; Jes 65,4; Jes 66,17). Folglich müssen es Heiden (oder, was eher unwahrscheinlicher ist, heidnische Juden) gewesen sein; vgl. auch Bovon: Das Evangelium des Lukas. 1. Teilbd., 437.

[118] Für Schürmann ist es daher wie ein Vorstoß zur Heidenmission, dass die spätere Kirche ausführen wird; Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil, 480.

[119] Vielleicht wollte er sich und seinen Jüngern aber auch etwas Ruhe gönnen. Ob er den Heiden dabei das Evangelium bringen wollte ist fraglich (vgl. Lk 4,43-44 und Mt 15,24). Laut Maier könnte Jesus dieses Gebiet besuchen, weil es gemäß 4 Mose 34 ein für Israel verheißenes Land war. Darauf hatte der Messias nun Anspruch. Maier: Lukasevangelium. 1. Teil, 377.

[120] Zumindest ging Jesus davon aus, da er ihn nach seiner Heilung in sein Haus und Familie zurücksandte (vgl. Mk2,19-20 und Lk 5,39).

[121] Darunter befinden sich Jesu Jünger und auch einige Leute, die mit ihnen rüber gefahren waren (vgl. Mk 4,36; 5,16; Lk 8,22.36).

[122] So der Matthäusbericht (8,28), von dem ich ausgehe, dass er die gleiche Geschichte erzählt. Laut Mk und Lk handelte es sich dabei um einen einzigen Besessenen. Auch wenn ich aus Gründen der Begrenztheit dieser Arbeit an dieser Stelle nicht auf dieses Problem gründlicher eingehen kann, möchte ich jedoch auf einige Lösungsversuche verweisen: Wenn bei diesem Ereignis zwei Besessene angenommen werden, dann wird meistens davon ausgegangen, dass eine der beiden Personen in seinem Auftreten in den Hintergrund getreten sein muss, da der andere viel auffälliger war und die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Augustin vermutet in dem auffallenden Besessenen die vornehmere und angesehenere Persönlichkeit. Andere Ausleger sehen in ihm den viel wilderen und gefährlicheren. Diese Persönlichkeit wird nun in dem Markus- und Lukasbericht hervorgehoben und als einziger erwähnt; vgl. Rienecker: Das Evangelium…, 219; Godet: Das Evangelium…, 272.

[123] Gemäß Lk 8,34 kann man davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Sammelherde handelte, dessen Eigentümer in der Stadt und auf den umliegenden Landgütern lebten. Sie war gemäß des Markusberichts an die 2000 Tiere groß (Mk 5,13). Die Hirten waren Angestellte und hafteten für sie.

[124] Der Text erweckt den Anschein, dass Jesus mit dem Exorzismus souverän und aus eigenem Antrieb beginnt und nicht erst auf das Bitten und Drängen Außenstehender. Vielleicht bewog ihn dazu der Anblick oder das wilde und unkontrollierte Verhalten des Besessenen.

[125] Da auf diese drei Umschreibung im nächsten Kapitel näher eingegangen wird, möchte ich es hier nur als eine Feststellung stehen lassen.

[126] Präsens, Aktiv, Partizip, Nominativ, Singular, Maskulin von ecw.

[127] Akkusativ, Plural, Neutrum von daimonion.

[128] Mk bezeichnet ihn evn pneu,mati avkaqavrtw| (= mit einem unreinen Geist) und Matthäus spricht von den zwei daimonizo,menoi (= Präsens, Medium/Deponens passiv, Partizip, Nominativ, Plural, Maskulin), was übersetzt heißen könnte „von Dämonen Besessene“. An dieser Stelle wird unter anderem deutlich, dass die verschiedenen Bezeichnungen für eine Besessenheit im NT in ihrer Bedeutung identisch sind und nicht unterschiedliche Dinge meinen.

[129] Plusquamperfekt, Aktiv, Indikativ, 3. Person, Singular von sunarpa,zw, was übersetzt heißt „gewaltsam ergreifen, packen“. Bauer: „ sunarpa,zw“, Sp.1566; sunarpa,zw, sowie elau,nw (= treiben) konnten damals laut Bovon „auf übernatürliche Kräfte angewandt werden, auch auf die Naturelemente, wenn sie ein Schiff übel behandelten“ (vgl. auch Apg 6,12; Apg 19,29; Apg 27,15). Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd., 435.

[130] Der Wechsel zwischen den Begriffen daimo,nia und pneu,mati tw/| avkaqa,rtw| zeigt, dass die Begriffe den gleichen Sachverhalt beschreiben und identisch sind. Vgl. hierzu auch die Beschreibungen der Synoptiker in Fußnote 128.

[131] Wie lange genau, lässt der Text im Dunkeln.

[132] Hier sei auf Kapitel 3 (Dämonologie in der Antike) hingewiesen, mit der Beobachtung, dass sich das Verhalten des Besessenen besonders mit dem jüdischen Verständnis über den Aufenthalt der Dämonen deckt.

[133] Die Interlinearübersetzung bietet dazu die wörtliche Übersetzungsvariante „und durch alle (Zeit)“ an, mit der Bedeutung „unaufhörlich“.

[134] Der Markusbericht besagt, dass der Besessene zuvor Jesus von weitem sah und darauf hin zu ihm hinlief und sich vor ihm niederwarf (Mk 5,6-7). Bei diesem Akt kann die Frage entstehen, die dann möglicherweise auch in die Praxis des Exorzismus hineingreift, ob der Gerasener es aus eigenem Willen und Antrieb tat oder schon unter dem Zwang des Dämons. Einige erblicken darin den eigenen Willen des Besessenen, der Jesus um Hilfe bittet; vgl. z.B. Godet: Das Evangelium…, 273; Auch wenn diese Option für mich in Frage kämen könnte, ist sie meiner Meinung nach an dieser Stelle jedoch fraglich. Dies entnehme ich aus der gegebenen Situation und der Beschreibung des Besessenen. Es ist fraglich, ob der Besessene in seiner Umgebung und Situation zum einen von der Person Jesu und seiner Vollmacht gehört hat, dann, ihn sofort erkennt und gleich um Hilfe bittet. Es sei auch hingestellt ob er, laut seiner Beschreibung, dazu alleine noch im Stande war. Meiner Meinung nach tat er es unter dämonischer Beeinflussung. Vermutlich haben die Dämonen Jesus schon von weitem gespürt und erkannt und den Mann zu diesem Verhalten gezwungen. Zumindest ist das Niederfallen des Besessenen schon auf dämonisches Wirken zurückzuführen, denn der Besessene schrie zuvor auf (vgl. hierzu auch das Verhalten anderer Besessener wie z.B. in Mk 3,11).

[135] Damit ist ein Unterschied und eine Steigerung der Besessenheit gegenüber dem ersten Besessenheitsfall (Lk 4,31-37) zu verzeichnen.

[136] Wie es hier sichtbar wird, führe ich dieses Verhalten des Geraseners auf das Wirken der Dämonen zurück. So auch Schürmann: Das Lukasevangelium. 1. Teil., 482. Zu meiner Entscheidung siehe auch Fußnote 134.

[137] Vgl. V 31. Warum der Dämon an dieser Stelle in der Einzahl redet, ist unklar. Es könnte vielleicht Ablenkung sein, um die Vielzahl der Dämonen im Besessenen zu decken.

[138] Dieser Sachverhalt wurde schon in der Textstelle Lk 4,31-37 beobachtet und näher untersucht.

[139] Laut Bovon kann tou/ u``yi,stou auf die heidnische Welt hinweisen (in der sich der Besessene befand), da in der Septuaginta Gott von den Nichtjuden so genannt wird; vgl. Bovon: Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilbd. 435.

[140] Der Markusbericht enthält an dieser Stelle noch den Beschwörungsversuch des Dämons (Mk 5,7): „Ich beschwöre dich bei Gott…“.

[141] Anscheinend hat der Dämon die Aufforderung Jesu, den Menschen zu verlassen, schon als Qual empfunden, da er ja daraufhin den Besessenen aufschreien und vor Jesus niederfallen ließ; vgl. Maier: Lukasevangelium. 1. Teil, 378.

Ende der Leseprobe aus 101 Seiten

Details

Titel
Exorzismus im NT und Heute
Untertitel
Eine biblisch-theologische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des lukanischen Doppelwerkes im Hinblick auf die heutige Praxis
Note
1,6
Autor
Jahr
2006
Seiten
101
Katalognummer
V94165
ISBN (eBook)
9783640110711
ISBN (Buch)
9783640117260
Dateigröße
1076 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Abschlussarbeit im Fachbereich Neues Testament
Schlagworte
Exorzismus, Heute
Arbeit zitieren
Andreas Polinski (Autor:in), 2006, Exorzismus im NT und Heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94165

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