Der EG-Vertrag wird als translatorisch äquivalenter Paralleltext eingeordnet und Vorgeformtheit neben ihrer makrostrukturellen Relevanz als sprachverwendungsbezogenes Merkmal juristischen Sprachgebrauchs auf der Mikroebene des Textes lokalisiert, das Selektion bzw. Präferenz sowie Rekurrenz sprachlicher Strukturen beinhaltet. Das Betrachtungsorigo ist integrativ und umfasst eine in erster Linie pragmatisch-kommunikative Perspektive. Der interlingual-kontrastive Vergleich vertritt einen empirisch-induktiven Ansatz. Vorgeformtheit wird als übereinzelsprachlich vorzufindende, fachsprachlich induzierte Erscheinung im EG-Vertrag dargestellt. Sie kann innerhalb linguistischer Disziplinen festgemacht werden: Im Rahmen der Phraseologie ist Vorgeformtheit als Merkmal von Phraseologizität i.w.S. zu verorten, welche sich insbesondere durch die Kennzeichen „Stabilität“ und „Reproduziertheit“ manifestiert. Überdies ist es möglich, sie als phraseologisches Formulierungsverfahren zu beschreiben. Ferner ist Vorgeformtheit auch im Rahmen von Textsorten bzw. -mustern virulent. Dabei repräsentiert das Formulierungswissen über konventionelle Formulierungsmuster eine Art Textmusterwissen auf der Formulierungsebene. Die Existenz evidenter Textsortenverbunde, zu denen nachweislich auch Verträge gehören, ist Garant für die Tradierung des in ihnen herrschenden Sprachgebrauchs. Vorgeformtheit wird sodann in ihrer außersprachlichen Motiviertheit dargelegt. Dabei impliziert das situative Moment die Auffassung einer Textproduktion als Bewältigungsleistung einer bestimmten Kommunikationsaufgabe. Das Produkt „EG-Vertrag“ wird in den Fachkontext eingebunden und die Selektion sprachlicher Mittel näher betrachtet: Rechtswesen als Institution und ihre konventionalisierte Sprache. Insbesondere gilt es, auf die Existenz sprachlicher Handlungsmuster in juristischen Textsorten als Fachtextsorten hinzuweisen (Zweckmäßigkeit, typische Verwendung sprachlicher Mittel). Auf der textinternen Ebene wiederum wird die Makrostruktur von Texten/Textsorten allgemein bzw. spezifiziert hinsichtlich der Fachtextsorte (mit Fokus auf Präambeln und Schlussformeln) behandelt. Mit der Makroebene beginnt auch die Analyse, um dann die eigentliche kontrastive Untersuchung der einzelsprachlichen Umsetzungen von Vorgeformtheit auf der Mikroebene anzuschließen: Präambel, Schlussformeln, Vertragstext. Einige Beobachtungen zu sonstigen sprachspezifischen Abfassungskonventionen runden die kontrastiven Betrachtungen ab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorieteil
- Analyseobjekt und -methodik
- Untersuchungsgegenstand
- Der EG-Vertrag als übersetzungsäquivalenter, juristischer Paralleltext
- Usuelle Vorgeformtheit: Indikator juristischen Sprachgebrauchs auf der textuellen Mikroebene und seine Konstituenten Selektion (Präferenz) und Rekurrenz im Rahmen übereinzelsprachlicher Determiniertheit
- Untersuchungsmethode
- Integrativität: Die pragmatisch-kommunikative Perspektive unter Berücksichtigung des Sprachsystems
- Korpusanalyse: empirisch-induktiver Fokus
- Interlingual-kontrastiver Vergleich (deutsch/französisch)
- Vorgeformtheit als translinguales Phänomen
- Formen von Vorgeformtheit
- Vorgeformtheit als Indikator von Phraseologizität i. w. S.
- Vorgeformtheit im Rahmen von Textsorten/Textmustern
- Vorgeformtheit und ihre außersprachliche Motiviertheit
- Situatives Element: Der Text als Bewältigung einer bestimmten Kommunikationsaufgabe
- Die fach(sprachliche Einbindung des EG-Vertrags und die daraus resultierende Selektion bzw. intertextuelle Fortschreibung sprachlicher Mittel
- Vorgeformtheit auf der textinternen Makroebene
- Die Makrostruktur und ihre Teiltexte bzw. Teiltextsegmente
- Die Makrostruktur der Fachtextsorte völkerrechtlicher/internationaler Vertrag, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Teiltexte Präambel und Schlußformeln
- Zusammenfassende Übersicht über die theoretischen Implikationen von Vorgeformtheit im EG-Vertrag und das kontrastive Analyseinteresse
- Analyseteil: Vorgeformte Strukturen auf der Makro- und Mikroebene des EG-Vertrags
- Analyse der Vorgeformtheit auf der Makroebene
- Die Makrostruktur des Gesamtvertrags (vgl. Anhang I)
- Die Struktur der den Vertragstext rahmenden Teiltexte des Gesamtvertrags: Präambel und Schlußformeln (vgl. Anhang II)
- Kontrastive Analyse der einzelsprachlichen Umsetzungen von Vorgeformtheit auf der Mikroebene
- Die Mikrostruktur der Präambel und der Schlußformeln (vgl. Anhang II)
- Die Mikrostruktur des Vertragstextes (vgl. Anhang III)
- Sprachspezifische Abfassungskonventionen sonstiger Art (vgl. Anhang III)
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit zielt darauf ab, die sprachliche Vorgeformtheit in einer Fachtextsorte, dem EG-Vertrag, kontrastiv zu analysieren. Im Fokus steht dabei der Vergleich der deutschen und französischen Fassung des Vertrags unter Berücksichtigung der einschlägigen Vertragsänderungen durch den Vertrag von Nizza 2001. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung der Sprache als Integrationsfaktor im europäischen Kontext und die besondere Rolle von Mehrsprachigkeit in EU-Dokumenten.
- Vorgeformtheit als Indikator von Phraseologizität im EG-Vertrag
- Analyse der Makro- und Mikrostruktur des Vertragstextes
- Kontrastive Analyse der einzelsprachlichen Umsetzungen von Vorgeformtheit
- Einbindung des EG-Vertrags in den fachsprachlichen Kontext
- Relevanz von Sprachvergleich für die kontrastive Linguistik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Magisterarbeit ein und erläutert die Relevanz von Sprachvergleich im europäischen Kontext. Kapitel 1 stellt das Analyseobjekt, den EG-Vertrag, sowie die Analysemethodik vor. Es werden die Besonderheiten des EG-Vertrags als übersetzungsäquivalenter, juristischer Paralleltext hervorgehoben und die Bedeutung von Vorgeformtheit als Indikator juristischen Sprachgebrauchs erläutert. Kapitel 2 untersucht die unterschiedlichen Ausprägungen von Vorgeformtheit als translinguales Phänomen, insbesondere in Bezug auf Phraseologizität und Textsorten/Textmuster. Es wird die außersprachliche Motiviertheit von Vorgeformtheit beleuchtet und die Makrostruktur des EG-Vertrags als Fachtextsorte völkerrechtlicher/internationaler Vertrag analysiert. Schließlich fasst Kapitel 3 die theoretischen Implikationen von Vorgeformtheit im EG-Vertrag und das kontrastive Analyseinteresse zusammen.
Schlüsselwörter
Die Magisterarbeit befasst sich mit den Themenbereichen Fachtextsortenforschung, Phraseologie, Translationswissenschaft, Formulierungs- und Texttheorie, Fachtextlinguistik, Textproduktionsforschung, Sprachvergleich, Kontrastive Linguistik, Europäische Union, EG-Vertrag, Mehrsprachigkeit, Vorgeformtheit, Makrostruktur, Mikrostruktur, Präambel, Schlußformeln, Textmuster, Juristischer Sprachgebrauch.
- Citation du texte
- Dan Lohmeyer (Auteur), 2002, Vorgeformte Strukturen in einer Fachtextsorte - Eine kontrastive Analyse der deutschen und französischen Fassung des EG-Vertrags , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94183