In dieser Arbeit wird folgende Forschungsfrage gestellt: Ist die Befangenheit des Leiters einer monokratischen Behörde der kommunalen Selbstverwaltung mit der Befangenheit der Institution kongruent? Zur Beantwortung dieser Frage werden die Begriffe der Befangenheit des Leiters und der Institution definiert und gegenübergestellt. Anschließend wird die aktuelle Regelungslage auf Unionsebene sowie auf Bundes- und Landesebene aufgezeigt und mögliche Rechtsschutzlücken erörtert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Befangenheit des Leiters und der Institution einer monokratischen Behörde der kommunalen Selbstverwaltung nicht kongruent sind. Die Rechtsordnung kennt eine institutionelle Befangenheit nicht. Gleichwohl ist es empfehlenswert, eine Regelung zur institutionellen Befangenheit, nicht zuletzt auch aus Gründen der Rechtssicherheit, in die landesrechtlichen Kommunalordnungen aufzunehmen.
Nemo iudex in sua causa – niemand sei Richter in seiner eigenen Sache – beschreibt einen Tatbestand der Befangenheit und gilt als Wurzel des Postulats der Unparteilichkeit von Entscheidungsträgern. Gleichwohl ist die Befangenheit einer Behörde der kommunalen Selbstverwaltung, also eine institutionelle Befangenheit, eine im deutschen Verwaltungsrecht umstrittene Frage, die deshalb auch kontrovers diskutiert wird. Vor dem Hintergrund des Rechts auf ein faires Verwaltungsverfahren ist deshalb auch von Bedeutung, ob die Beteiligten eines derartigen Verfahrens sich auf eine solche Befangenheit berufen können und wie die Rechtslage ausgestaltet ist. Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Analyse, ob die Regelungslage im Verwaltungsverfahrensgesetz de lege lata die institutionelle Befangenheit abdeckt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- I. Einleitung
- II. Forschungsgegenstand
- III. Gang der Untersuchung
- B. Befangenheit im Verwaltungsverfahren de lege lata
- I. Befangenheit im Allgemeinen
- 1. Definition der Befangenheit
- 2. Verwaltungstätigkeit
- 3. Anforderungen an eine mögliche Befangenheit
- II. Befangenheit im Gesetz
- 1. Regelungen im Verwaltungsverfahren auf unionsrechtlicher Ebene
- 2. Regelungen zur Befangenheit in Bundes- und Landesgesetzen
- 3. Die Befangenheit des Behördenleiters
- 4. Institutionelle Befangenheit
- III. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Befangenheit des Behördenleiters und einer institutionellen Befangenheit
- 1. Gemeinsamkeiten
- 2. Unterschiede
- 3. Zwischenergebnis
- IV. Zusammenfassung
- C. Kritische Untersuchung der (In-)Kongruenz
- I. Status quo zur institutionellen Befangenheit
- 1. Stand in der Literatur
- 2. Stand in der Rechtsprechung
- 3. Stellungnahme
- II. Rechtsschutzlücken
- 1. Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen der §§ 20, 21 VwVfG
- 2. Rechtsschutz gegen eine institutionelle Befangenheit
- 3. Zwischenergebnis
- III. Bedürfnis einer Normierung einer institutionellen Befangenheit
- 1. Bedürfnisanalyse
- 2. Vorschlag für eine Regelung de lege ferenda
- D. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Forschungsarbeit befasst sich mit der Frage, ob die Befangenheit des Leiters einer monokratischen Behörde der kommunalen Selbstverwaltung mit der Befangenheit der Institution kongruent ist. Dabei wird die aktuelle Regelungslage im Verwaltungsverfahrensgesetz de lege lata analysiert und untersucht, ob diese die institutionelle Befangenheit ausreichend abdeckt.
- Definition und Abgrenzung der Begriffe "Befangenheit des Leiters" und "institutionelle Befangenheit"
- Analyse der Rechtslage auf Unions-, Bundes- und Landesebene
- Bewertung der Kongruenz zwischen der Befangenheit des Leiters und der Institution
- Identifizierung möglicher Rechtsschutzlücken im Falle einer institutionellen Befangenheit
- Bewertung der Notwendigkeit einer normativen Regelung zur institutionellen Befangenheit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema der Befangenheit im Verwaltungsverfahren, wobei die Definition des Begriffs, die Bedeutung für die Verwaltungstätigkeit und die Anforderungen an eine mögliche Befangenheit dargestellt werden. Anschließend werden die relevanten Regelungen auf unionsrechtlicher Ebene sowie in Bundes- und Landesgesetzen analysiert, wobei insbesondere die Befangenheit des Behördenleiters und die Frage der institutionellen Befangenheit im Fokus stehen.
Im weiteren Verlauf werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Befangenheit des Behördenleiters und einer institutionellen Befangenheit herausgearbeitet und ein Zwischenergebnis gezogen. Kapitel C befasst sich mit einer kritischen Untersuchung des Status quo zur institutionellen Befangenheit in der Literatur und Rechtsprechung sowie mit der Identifizierung möglicher Rechtsschutzlücken.
Abschließend wird das Bedürfnis einer Normierung einer institutionellen Befangenheit diskutiert, und ein Vorschlag für eine Regelung de lege ferenda formuliert.
Schlüsselwörter
Befangenheit, institutionelle Befangenheit, Verwaltungsverfahren, kommunale Selbstverwaltung, monokratische Behörde, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rechtsschutz, Rechtssicherheit, Rechtslücke, Normierung, de lege lata, de lege ferenda
- Citation du texte
- Hans Renner (Auteur), 2020, Die Kongruenz der Befangenheit von Leiter und Institution bei monokratischen Behörden der kommunalen Selbstverwaltung. Eine rechtsdogmatische Untersuchung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/942195