Kompetenzen betrieblichen Bildungspersonals - Eine Bildungsbedarfsanalyse von Produkttrainern am Beispiel eines Unternehmens


Diplomarbeit, 2008

218 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

1. Problemstellung, Relevanz und Ziele der Arbeit
1.1 Allgemeine Problemstellung
1.2 Relevanz der Arbeit
1.3 Ziele der Arbeit

2. Theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Optimale Performanz als erwünschtes Resultat
2.1.1 Allgemeine Definition Performanz
2.1.2 Spezielle Definition: Optimale Performanz
2.1.3 Einflussgrößen auf Performanz
2.2 Kompetenz als Voraussetzung von Performanz
2.2.1 Kompetenz - Definition und Begriffsabgrenzung
2.2.2 Kompetenzmodelle in der Literatur
2.2.3 Kompetenzmodell im Unternehmen
2.3 Produkttrainer als Untersuchungsgegenstand
2.3.1 Das Anforderungsprofil des Unternehmens an einen Trainer im Allgemeinen
2.3.2 Der Produkttrainer im Speziellen
2.4 Definition eines Kompetenzmodells für die “TraP“-Produkttrainer im Unternehmen
2.4.1 Zuordnung von Doppelungen in der Literatur
2.4.2 Kombination sämtlicher Teilkomponenten von Kompetenz zum TraP-Kompetenzmodell

3. Forschungsfragen

4. Methodische Umsetzung
4.1 Theoretische Grundlagen zur Bildungsbedarfsanalyse
4.1.1 Definition Bildungsbedarfsanalyse
4.1.2 Methoden der Bildungsbedarfsanalyse
4.1.3 Probleme und Grenzen der Bildungsbedarfsanalyse
4.2 Untersuchungsdesign
4.3 Stichprobe
4.4 Untersuchungsinstrumente
4.4.1 Untersuchungsinstrument Soll-Zustand
4.4.2 Untersuchungsinstrument Ist-Zustand
4.5 Durchführung der Datenerhebung
4.5.1 Datenerhebung Soll-Zustand
4.5.2 Datenerhebung Ist-Zustand

5. Ergebnisse
5.1 Ergebnisse der ersten Erhebung - Der Soll-Zustand
5.2 Ergebnisse der zweiten Erhebung - Der Ist-Zustand

6. Diskussion und Ausblick
6.1 Diskussion der Ergebnisse
6.1.1 Beantwortung Forschungsfrage I
6.1.2 Beantwortung Forschungsfrage II
6.1.3 Weitere Diskussionspunkte
6.2 Ausblick

7. Literaturverzeichnis

8. Abbildungsverzeichnis

9. Tabellenverzeichnis

10. Anhang

Zusammenfassung

Ein neues Geschäftsmodell im Unternehmen bringt auch immer ein neues, herausforderndes Tätigkeitsfeld mit sich, in welchem die Mitarbeiter des Unternehmens zumeist besonders am Anfang keine oder nur sehr wenig Erfahrung haben und entsprechend noch nicht in der Lage sind, die anfallenden Tätigkeiten optimal auszuführen. Das Geschäftsmodell, mit welchem sich vorliegende Arbeit beschäftigt, nennt sich “Training as a Product“, beinhaltet das Anbieten von Produktschulungen und Kundenseminaren auf dem freien Markt und soll in den nächsten 1,5 bis 2 Jahren in einem Automobilzulieferunternehmen im süddeutschen Raum vollständig implementiert werden. Erklärtes Ziel von “Training as a Product“ ist die Zufriedenheit der zu schulenden Kunden. Die Trainer hierfür stehen weitgehend fest, was ihnen aktuell jedoch teilweise fehlt, sind die für ein Training externer Kunden notwendigen Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich in Form einer

Bildungsbedarfsanalyse folgerichtig mit der Eruierung der für externe Kundenschulungen notwendigen Kompetenzen der Trainer sowie dem Abgleich des mittels Experteninterviews erhobenem Soll-Zustandes mit den in der Realität vorhandenen Kompetenzen der Trainer, also dem Ist-Zustand. Der Ist-Zustand wird erhoben mittels teilstandardisierten Interviews, kombiniert mit Selbsteinschätzungs-Ratings und Fallbeispielen. Diese Bildungsbedarfsanalyse bringt zum einen zum Vorschein, welche Kompetenzen bei den Produkttrainern von “Training as a Product“ in welcher Ausprägung notwendigerweise vorhanden sein sollten und zum anderen, welchen Aufholbedarf, bezogen auf die einzelnen Komponenten von Kompetenz, die nominierten Trainer derzeit noch haben. Es wird für jeden Trainer eine Bildungsempfehlung ausgesprochen, in welcher die entsprechenden Trainings- und Coachinginhalte benannt werden, die für den einzelnen Trainer auf der einen Seite empfehlenswert und auf der anderen Seite notwendig sind, damit das Geschäftsmodell “Training as a Product“ in Kundenzufriedenheit mündet und somit zum Erfolg führt.

Abstract

A new business model always brings new, challenging assignments, for which the employees of the corporation may not have the experience, know-how or even expert knowledge for. The jobs and activities, which need to be performed thus cannot be done perfectly, resulting in a suboptimal outcome. This diploma thesis explores a business model called “Training as a Product”: the offering of product trainings to external customers. It will be implemented within the next 1.5 to 2 years by an automotive supplier located in southern Germany. The trainers to perform these trainings are already defined. What they may currently be partially lacking are professional, methodical and social competences. This diploma thesis therefore deals with the investigation of these necessary competences by performing a training need analysis for these “Training as a Product” trainers. This means a comparison of the target state [ascertained by expert interviews] with the current state of their competencies [ascertained by trainer interviews in combination with self-assessment ratings and case studies]. This training need analysis has two main conclusions: the necessary competences for the trainer are brought to light and the individual educational requirements of each single trainer are discovered. The result is a training and coaching recommendation for each trainer, so that “Training as a Product” will achieve customer satisfaction and thus ensure future success.

1. Problemstellung, Relevanz und Ziele der Arbeit

Anhand einiger Worte werden im folgenden Kapitel neben der allgemeinen Problemstellung die Relevanz sowie die Ziele der Arbeit verdeutlicht.

1.1 Allgemeine Problemstellung

“Die Signatur der Zeit heißt Wandel“ (Bunk, 1994, S. 9) oder “Nur die Veränderung ist konstant“ (Krug, 1997, S. 165) sind Aussagen, welche die Thematik dieser Arbeit durchaus treffend einleiten. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind Qualifikation und Kompetenz die wichtigsten Standortvorteile im internationalen Wettbewerb. Angesichts der Beschleunigung der Veränderungsprozesse gewinnt die kontinuierliche Qualifikations- und Kompetenzentwicklung immer zentralere Bedeutung (vgl. Sauer, 1997). “Warum sollte es nötig sein, plötzlich neue Kompetenzen zu fördern und einzusetzen?“ fragen Alaluf und Stroobants (1994, S. 49) und beantworten diese Fragen folgendermaßen: “Zunächst einmal wegen der Veränderung des Marktes. Der Verbraucher wird anspruchsvoller. Daraus ergibt sich die Forderung nach größerer Produktvielfalt und besserer Produktqualität“ (ebd.). Weiterhin konstatieren sie, dass der Konkurrenzkampf auf den inzwischen stagnierenden oder gar schrumpfenden Märkten größer wird, immer neue Technologien entwickelt werden und der Wettbewerb zum einen deshalb und zudem aufgrund seiner nunmehr weltweiten Ausdehnung an Härte zunimmt.

Nach Krug (1997) werden neben den Kosten auch Zeit und besonders Qualität zu wichtigen Wettbewerbsfaktoren, was dazu führt, dass die Mitarbeiter immer mehr und höher entwickeltes Wissen, umfassendere Fähigkeiten, Fertigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen aufweisen müssen: “Die neuen Anforderungen hinsichtlich Zeit, Qualität und Flexibilität sind nur durch gut ausgebildete, kreative, motivierte, kooperationsfähige und loyale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (...) zu erfüllen“ (Krug, 1997, S. 168).

Dies war bereits 1997, also vor über zehn Jahren der Fall. Doch seither verliert diese Problematik nicht an Aktualität und findet sich in der Literatur auch in den Folgejahren wieder. So schreibt beispielsweise Tippelt (2002):

“Die Mitarbeiter sollen über fachliche, methodische, soziale und personale Kompetenzen verfügen, damit sich die Unternehmen auf globalisierten Märkten gegenüber der erhöhten, nun international definierten Qualitätsansprüche an ihre Produkte und Dienstleistungen behaupten. (...) Der kompetente Mitarbeiter ist in der Lage, sich selbständig und zielsicher neues Fachwissen und neue Arbeitsmethoden anzueignen; er ist fähig, tragfähige Kontakte und Arbeitsbeziehungen herzustellen. Er kann seine Stärken und Schwächen einschätzen und im Sinne eines Selbstmanagements beherrschen“ (Tippelt, 2002, S. 55).

Auch Buck, Hermann und Schmidt (2005) konstatieren, dass “Betriebe (...) ihre Qualifikationen an neue Anforderungen anpassen müssen“ (Buck, Hermann und Schmidt, 2005, S. 80). Wie dieser Wandel ganzheitlich betrachtet aussehen kann, zeigt Abbildung 1.

Abbildung 1: Bewältigung der Arbeitsanforderungen im Wandel; vgl. Buck, Hermann und Schmidt, 2005, S. 80

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn dies für Unternehmen und ihre Mitarbeiter im Allgemeinen gilt, so muss es ganz besonders auch für Unternehmen im Wandel, also Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen und -ideen sowie für die hierbei involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten, denn “einmal in Studium und/oder Ausbildung Gelerntes ist für die Erfüllung der täglichen Aufgaben zukünftig nicht mehr ausreichend und muss permanent aktualisiert und erweitert werden“ (Lindner, 2001, S. 31). Unter anderem auch nach Lindner (2001) sollte systematische betriebliche Personal- und Bildungsarbeit auf einer professionellen Bildungsbedarfsanalyse basieren, Linderkamp, Krämer, Proß & Skroblin (2007) fordern, dass “bevor Lernprozesse zielgerichtet eingeleitet werden können, (...) es notwendig [ist], den Bedarf an Bildung und Lernen zu ermitteln“ (Linderkamp et al., 2007, S. 105). Vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit ebendieser Aufgabe.

1.2 Relevanz der Arbeit

Die Relevanz dieser Arbeit ergibt sich aus der Tatsache, dass ein großes Automobilzulieferunternehmen aus Süddeutschland, welches aus Gründen der Anonymitätswahrung im Folgenden nicht namentlich genannt werden soll, derzeit ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Wenn in dieser Arbeit also von „Unternehmen“ die Rede sein wird, so ist immer dieses spezielle Automobilzulieferunternehmen aus dem süddeutschen Raum gemeint, nicht etwa das allgemeine Nomen stellvertretend für alle existierenden Unternehmen. Besagtes geplantes Geschäftsmodell des Unternehmens hat zum Ziel, Training als Produkt auf dem Markt anzubieten und nennt sich folgerichtig “Training as a product“, kurz “TraP“.

Die Trainer für diese Kundenschulungen sowie auch die einzelnen inhaltlichen Themenblöcke stehen bereits weitgehend fest, sie ergeben sich aus bestimmten Tools und Funktionen im Zusammenhang mit der Automobilbranche. Besagte Tools und Funktionen werden vom genannten Unternehmen bereits erfolgreich verkauft. Weiterhin ergeben sich die Trainingsinhalte selbstverständlich auch aus konkreten Nachfragen und Anforderungen von Kundenseite, auch die Neukundenakquise ist ein langfristiges Ziel.

Was jedoch derzeit bei “Training as a Product“ zur Implementierbarkeit der Produkttrainings noch fehlt, ist die Befähigung der Trainer, um eine möglichst optimale Performanz im Training bieten zu können. Diese Befähigung wird in der Unternehmenssprache “Trainer Enabling“ genannt und bezeichnet die Optimierung der Trainer hinsichtlich ihres Wissens, ihrer Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen. Bevor nämlich das Geschäftsmodell in der betrieblichen Praxis umgesetzt werden kann, muss das Bildungspersonal - beinahe alles Ingenieure - fachlich, methodisch und didaktisch auf seine Tätigkeit als Trainer für den Bereich externer Kunden vorbereitet werden. Da diese “Produkttrainings“ oder auch “Kundentrainings“ später als entgeltliche Dienstleistung angeboten werden sollen, muss definitiv eine hohe Qualität der Trainings gewährleistet werden, um die zahlenden Kunden zufrieden zu stellen und ggf. zur Weiterempfehlung dieses derzeit anlaufenden Geschäftsmodells anzuregen. Zudem hängt natürlich auch die Reputation des Unternehmens mitunter davon ab, ob die Produkttrainings zur allgemeinen Zufriedenheit ausfallen. Das “Trainer Enabling“ hat also die optimale Performanz der Trainer zum Ziel, wobei unter Performanz die Realisierung der Kompetenzen der Trainer in der Trainingssituation zu verstehen ist. Optimale Performanz ist infolge diejenige Performanz, welche in Kundenzufriedenheit resultiert (hier sei auf die Definitionen in Kapitel 2.1.1 und 2.1.2 verwiesen).

Um die optimale Performanz (abhängige Variable) der Trainer in den TraP-Trainings wiederum sicherzustellen, ist es im Voraus unabdinglich, die notwendigen Kompetenzen (unabhängige Variable) der angedachten Trainer für ein solches Kundentraining zu eruieren sowie einen Abgleich mit den vorhandenen Kompetenzen ebendieser Trainer herzustellen, um den zukünftigen “TraP“-Trainern im Anschluss das notwendige aber evtl. im Moment noch nicht vorhandene Wissen zugänglich machen zu können bzw. die Aneigung der entsprechenden Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen zu ermöglichen, bevor sie die Kundenschulungen durchführen.

1.3 Ziele der Arbeit

Das bereits erwähnte Eruieren der notwendigen Trainerkompetenzen (Soll-Zustand) sowie der Vergleich des Soll-Zustandes mit den tatsächlich vorhandenen Trainerkompetenzen bei den einzelnen TraP-Trainern (Ist- Zustand) durch eine Bildungsbedarfsanalyse mittels Ist-Soll-Abgleich stellt das Ziel dieser Diplomarbeit dar. Die Forschungsfragen lauten daher “Welche sind die für eine optimale Performanz notwendigen Kompetenzen der Trap-Trainer?“ und „Welche der für eine optimale Performanz notwenigen Kompetenzen haben die TraP-Trainer aktuell?“. Die Ebene der Bildungsbedarfsanalyse bei der Erhebung des Soll-Zustandes ist die Ebene einer kleinen Organisationseinheit - nämlich die der “TraP“-Trainer - und bei der Erhebung des Ist-Zustandes die individuelle Ebene der einzelnen Trainer. Es wird nicht der Bildungsbedarf der gesamten Organisation erhoben.

Insofern der Abgleich des Ist-Zustandes mit dem Soll-Zustand Bildungslücken bei einigen oder gar allen Versuchspersonen aufdecken sollte, wird im Nachgang an diese Untersuchung auf der Grundlage der Ergebnisse vorliegender Arbeit eine individuelle Bildungsempfehlung für die einzelnen künftigen Trainer ausgesprochen und implementiert werden. Die Implementierung entsprechender Trainings bzw. Coachings ist jedoch nicht mehr Bestandteil dieser Arbeit.

2. Theoretischer Bezugsrahmen

Zunächst wird in diesem Kapitel ein Einblick in die theoretischen Grundlagen zu Performanz und Kompetenz gegeben. In der pädagogischen Fachliteratur existieren mannigfaltige Theorien und Modelle zu Performanz sowie Kompetenz als Grundlage von Performanz, Kompetenzentwicklung, -messung und -feststellung. Daher wird im Anschluss an die Definition von Performanz und ihrer Einflussgrößen ein Vergleich dieser Theorien mit dem Kompetenzmodell im Unternehmen herangezogen, wobei Ergebnisse pädagogischer Theorie und Forschung zunächst untereinander verglichen werden. Daraufhin werden die “TraP“- Trainer als Untersuchungsgegenstand beleuchtet und abschließend wird ein passendes Performanz- und Kompetenzmodell für die Produkttrainer im besagten Unternehmen definiert, welches als Grundlage für die Instrumentenerstellung (vgl. Kapitel 4, Methodische Umsetzung) dienen wird.

2.1 Optimale Performanz als erwünschtes Resultat

Da die optimale Trainer-Performanz in den Produktschulungen für das Unternehmen das erwünschte Endresultat vorliegender Bildungsbedarfsanalyse darstellt, liegt dieser Arbeit die Performanz der “TraP“-Trainer als Bezugsrahmen für die Untersuchung des Bildungsbedarfes zugrunde.

2.1.1 Allgemeine Definition Performanz

“Wissen über Führung, Selbstmanagement, Konfliktbehandlung ist nur dann nützlich, wenn es unter Stress, also unter Alltagsbedingungen, verfügbar ist.“ (Danzebrink, 2007, S. 15)

Mit diesen Worten Danzebrinks lässt sich die Thematik der Performanz sehr gut einleiten. Auch die Feststellung von Erpenbeck (1997b), dass Kompetenzen “nicht direkt prüfbar, sondern nur aus der Realisierung der Disposition erschließbar und evaluierbar“ (Erpenbeck, 1997b, S. 311) werden, führt direkt zur Frage, wie diese Kompetenzrealisierung, im Folgenden Performanz genannt, in der pädagogischen Fachliteratur definiert wird. Gruber (1999) konstatiert, dass “vorhandenes Wissen allein nicht für kompetentes Handeln ausreicht“ (Gruber, 1999, S. 81). Er räumt jedoch ein, dass “die in der Auseinandersetzung mit domänenspezifischen Problemsituationen erworbenen Erfahrungen (...) dafür [sorgen], dass vorhandenes Wissen zu Können, also zu kompetentem Handeln führt“ (Gruber, 1999, S. 83).

Ursprünglich kommt der Begriff der Performanz aus der Sprachwissenschaft und bezeichnet nach Chomsky (1965) die Sprachverwendung eines individuellen Sprechers, wobei die Sprachfähigkeit dieser Person entsprechend als Kompetenz gesehen wird. Kompetenz ist hier also die Voraussetzung für Performanz, dies sieht auch Krämer (2001) so:

“Die Kompetenz verhält sich zur Performanz wie ein Kenntnissystem zu seinem aktualen Gebrauch, wie eine Regel zu ihrer konkreten Anwendung. Die Kompetenz liegt der Performanz zugrunde.“ (Krämer, 2001, S. 53)

Weiterhin konstatiert Krämer, dass “die Kompetenz (...) verborgen, die Performanz jedoch ein beobachtbares Phänomen“ sei (Krämer, 2001, S. 53).

Die Performanz hat auch in Pädagogik, Psychologie und anderen Fachgebieten Einzug gehalten. Je nach Fachgebiet und Autor wird jedoch höchst Unterschiedliches unter dem Performanzbegriff verstanden. Grundsätzlich finden sich Begriffserklärungen wie “Vollzug einer Handlung“, “Vollendung, Ausführung“, “Erfüllung“ oder “die Kapazität, ein angestrebtes, erwünschtes Ergebnis zu erzielen“ (vgl. Geißner, 1985) häufig in den Definitionen.

Der Psychologe Korossy bezieht Performanz in seiner Untersuchung auf beobachtbares Lösungsverhalten, während Kompetenz als nicht direkt beobachtbares, theoretisches Konstrukt im Sinne von Fähigkeit oder Wissen zur Beschreibung, Erklärung und Prognose des beobachtbaren Lösungsverhaltens definiert wird (vgl. Korossy, 1996). Damit kommt er dem Performanzbegriff, wie er für vorliegende Untersuchung definiert werden soll, bereits sehr nahe. Markowitsch und Sellin konstatieren, dass sich Kompetenzen auf die “ability to perform“ (Markowitsch & Sellin, 2002, S. 13) beziehen, also in Performanz münden. Von Kauffeld (2000) wird Kompetenz als “das, was ein Mensch kann, weiß und zeigt“ (Kauffeld, 2000, S. 36) definiert, damit vertritt sie ebenso wie eingangs genannte Autoren die Meinung, dass sich Kompetenz in Performanz manifestiert. Auch Heil (2007) konstatiert, dass man “den Ausdruck Performanz (...) im Zusammenhang mit Bildung als Gebrauch und Einsatz von Kompetenz [versteht]. Kompetenz (...) einer Person zeigt sich in der Anwendung ihrer Fähigkeiten“ (Heil, 2007, S. 73).

Hof (2002) näherte sich dem Performanzbegriff ebenso wie Kauffeld und Heil von der pädagogischen Seite und definierte:

“(...) Eine Unterscheidung zwischen Handlungsvoraussetzung und Handlungsdurchführung [ist] anzulegen. Kompetentes Handeln (Performanz) zeigt sich (...) in der konkreten Handlungsdurchführung, etwa in der Interaktion von Individuen. Es setzt die Fähigkeit (Kompetenz) voraus, Person und Umwelt in Beziehung zu bringen.

Diese Kompetenz basiert nicht nur auf der Formulierung und Verfolgung eigener Handlungsziele, sondern auch auf der Fähigkeit, die hierfür zweckmäßigen Mittel einzusetzen und sich dabei situationsangemessen zu verhalten.“ (Hof, 2002, S. 85)

Das Ausmaß, in dem die Kompetenzrelationen in kontingenten Bedingungen realisiert werden, macht nach Hof (2002) die Performanz aus. Es bedarf folglich immer der Kompetenz, um Performanz zu erwirken. Diese Definition - ergänzt durch die spezielle Definition der “optimalen Performanz“ sowie die jeweiligen Einflussgrößen auf die Performanz - soll für nachfolgende Untersuchung gelten.

2.1.2 Spezielle Definition: Optimale Performanz

Wie eingangs erwähnt sollen die Produktschulungen mittels optimaler Performanz der TraP-Trainer zur Kundenzufriedenheit führen.

Kundenzufriedenheit wird in der Literatur verschiedenartig definiert, beispielsweise nennt Groß-Engelmann (1999, S. 17) drei verschiedene Arten von Kundenzufriedenheit:

1. Kundenzufriedenheit als Ergebnis eines subjektiven Vergleichs zwischen Erwartungen und wahrgenommenen Leistungen (sog. Diskonfirmations-Paradigma);
2. Kundenzufriedenheit als Erlebnis in einer diskreten Dienstleistungsepisode versus Beurteilung der Dienstleistungsbeziehung;
3. Kundenzufriedenheit als emotionaler Zustand.

Auch Carbon und Preyer (2002) unterscheiden drei verschiedene Theorien bezüglich der Kundenzufriedenheit:

1. Gerechtigkeitstheorie

“Bei der Gerechtigkeitstheorie wird davon ausgegangen, dass der Kunde die investierten Aufwendungen für eine Transaktion dem resultierenden Nutzen gegenüberstellt. Urteilt er dabei positiv, ist er zufrieden. Sieht die Bilanz negativ aus, ist er unzufrieden.“ (Carbon & Preyer, 2002, S. 77)

2. Erfolgstheorie

“Bei der Erfolgstheorie geht man davon aus, dass die Kunden anhand sehr unterschiedlicher Kriterien den Erfolg beziehungsweise Misserfolg eines Kaufs bewerten und dementsprechend ihre Zufriedenheit ausfällt.“ (Carbon & Preyer, 2002, S. 77)

3. Bestätigungstheorie

“Diese Theorie hat sich heute überwiegend durchgesetzt und wird daher noch weitergehend behandelt. Bei dieser Theorie steht der Vergleichsprozess zwischen Erwartung und Erfüllung im Vordergrund. Je nach Übereinstimmung ergibt sich der Grad der Zufriedenheit.“ [^Soll-Ist-Vergleich] (Carbon & Preyer, 2002, S. 77)

Für vorliegende Untersuchung soll die Bestätigungstheorie als Definition von Kundenzufriedenheit zugrundeliegen.

Entscheidender jedoch als die Frage, was konkret unter Kundenzufriedenheit in der Theorie verstanden wird ist vielmehr, wie sich die Kundenzufriedenheit oder ggf. die Kundenunzufriedenheit in der Praxis auswirkt.

Hier differenzieren Carbon und Preyer (2002) zwischen vier verschiedenen Typen von Kundenzufriedenheit und den entsprechenden Reaktionen darauf:

1. Der "Nicht-mehr-Kunde"

“Dieser Typus von Kunde ist mit dem Produkt absolut nicht zufrieden und möchte nicht wiederkaufen. Mit großer Sicherheit wird er mehreren potentiellen Kunden von seinen negativen Erfahrungen berichten.“ (Carbon & Preyer, 2002, S. 82)

2. Der "resignierte Kunde"

“(...) würde gerne weiterhin die Produkte kaufen, ist aber vom Angebot enttäuscht. Er wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht beim Unternehmen beschweren. Er wird bei einem anderen Unternehmen sein Glück versuchen und eventuell Freunden und Bekannten über seine Enttäuschung berichten.“

(ebd.)

3. Der "zufriedene Kunde”

“(...) ist mit dem Produkt und den gebotenen Leistungen zufrieden und wird wieder kaufen. Als überzeugter Kunde wird er gerne anderen von seinen positiven Erfahrungen berichten. auch weitere Produkte aus dem Angebot werden ihn interessieren und er wird zunehmend auf Preisvergleiche verzichten. Er ist bereit, auch einige Prozent mehr zu bezahlen, da er weiß, dass ihm stets geholfen wird.“ (ebd.)

4. Der "begeisterte Kunde"

“(...) ist Traum vieler Unternehmen. Auch von Beraterseite wird gerne dieses Bild als Ziel der Bemühungen gesehen.“ (ebd.)

Erklärtes Ziel des Unternehmens hinsichtlich der Kundenschulungen ist es, durch die Performanz der Trainer in den Trap-Trainings mindestens Stufe 3, also den “zufriedenen Kunden“ zu erreichen, besser noch Stufe 4, also den “begeisterten Kunden“. Die Kunst hierbei liegt laut Carbon und Preyer (2002) darin, “das Erwartete permanent so zu leisten, dass der Kunde allein deshalb zufrieden ist“ (Carbon & Preyer, 2002, S. 84). Ebendiese Leistung der Trainer soll als optimale Performanz definiert werden.

2.1.3 Einflussgrößen auf Performanz

In Abbildung 2 wird die Definition von Performanz nach Hof (2002) durch mehrere Einflussgrößen auf die Performanz erweitert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kompetenz und Performanz als situationsbezogene Relationen zwischen Person und Umwelt;

Quelle: Hof, 2002, S. 86

Einfluss auf die Performanz in einer bestimmten Situation haben demnach zum einen die Person mit dem der Person zueigenen Wissen, Können und Wollen, zum anderen auch die Umwelt mit den der Umwelt zueigenen Befugnissen, Erwartungen und Ressourcen sowie die in der jeweiligen Situation vorhandenen Kompetenzen.

Da die Umwelt, in welche die TraP-Trainings später implementiert werden sollen, vorab nicht beeinflusst werden kann, ist es umso essentieller, die vorgesehenen Produkttrainer mit dem notwenigen Wissen, Können und Wollen - also mit Kompetenz - auszustatten. Kompetenz beinhaltet nämlich auch die Erreichung von Handlungszielen “in gegebenen Situationen (...) aufgrund von (...) Können und Wissen“ (Hutter, 2004, S. 11).

Gruber (1999) nennt außerdem “Erfahrung als Grundlage kompetenten Handelns“ (Gruber, 1999, S. 81). Da die für das Geschäftsmodell “Training as a Product“ vorgesehenen Trainer jedoch vor Implementierung der Kundenschulungen mit den notwendigen Grundlagen für die spätere Performanz im Training ausgestattet werden müssen, kann Erfahrung bezüglich externer Trainings als Grundlage für Performanz in vorliegender Untersuchung nicht berücksichtigt werden.

2.2 Kompetenz als Voraussetzung von Performanz

Kompetenz ist also als wichtigste Voraussetzung und somit als unabhängige Variable von Performanz zu betrachten. Daher werden im Rahmen vorliegender Bildungsbedarfsanalyse Kompetenzmodelle aus Literatur und Unternehmen herangezogen, um eine Grundlage für die Erhebung des Soll-Zustandes zu schaffen.

2.2.1 Kompetenz - Definition und Begriffsabgrenzung

Im Folgenden wird ein tieferer Einblick in die Definition des Kompetenzbegriffs an sich sowie in die Abgrenzung zu anderen, alltagssprachlich häufig synonym verwendeten Begriffen gegeben.

a. Definition von Kompetenz

Bereits vor über zehn Jahren definierte Erpenbeck Kompetenz folgendermaßen:

“Kompetenzen sind (...) Dispositionsbestimmungen. Kompetenzen umfassen immer auch notwendiges Wissen. Sie umfassen aber wesentlich mehr als dieses, schließen es in verfügungs- und handlungsrelevante Beziehungen ein. Komponenten jeder Kompetenz sind: die Verfügbarkeit von Wissen, die selektive Bewertung von Wissen und seine Einordnung in umfassendere Wertbezüge, die wertgesteuerte Interpolationsfähigkeit, um über Wissenslücken und Nichtwissen hinweg zu Handlungs­entscheidungen zu gelangen, die Handlungsorientierung und Handlungsfähigkeit als Zielpunkt von Kompetenzentwicklung, die Integration all dessen zur kompetenten Persönlichkeit, die soziale Bestätigung personaler Kompetenz im Rahmen von Kommunikationsprozessen als sozialfunktional sinnvolle, aktualisierbare Handlungsdisposition und schließlich die Abschätzung der entwickelbaren und sich entwickelnden Disposition im Sinne von Leistungsstufen der Kompetenzentwicklung.“ (Erpenbeck, 1997b, S. 309)

Im gleichen Jahr definieren Bootz und Harmann:

“Ein Exkurs zu Bedeutung von "Kompetenz" im internationalen Sprachgebrauch konzentriert Erklärungsversuche dieses Begriffes einmal in Richtung "Zuständigkeit" oder "Befugnis", zum anderen in Richtung "Befähigung". Die wissenschaftlichen Verwendungen des Kompetenzbegriffs setzen hauptsächlich an der "Befähigung" als Bedeutungszuweisung an.“

Spätere Definitionen fügen vereinzelt noch Komponenten hinzu und weiten die Definition damit aus, Erpenbeck und Heyse beispielsweise schreiben 1999 “Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeit disponiert, durch Erfahrung konsolidiert, auf Grund von Willen realisiert“ (Erpenbeck & Heyse, 1999, S. 162). Etwas praktischer orientiert formuliert Lichtenberg 1999 “Kompetenz zeigt sich im Handeln und in den erreichten Leistungen. (...) Generell gehört Kompetenz nicht in den Bereich des Wissens, sondern in den des Handelns. (...) Kompetenz ist Verantwortung und zugleich vermutete Fähigkeit sowie entgegengebrachtes Vertrauen“ (Lichtenberg, 1999, S. 288f).

Nachfolgende Definitionen, welche in der Literatur nach 2000 vorzufinden sind, sagen im Grunde Ähnliches aus, häufig nur in andere Worte gekleidet. So definieren Geißler und Orthey (2002):

“Alltagssprachlich wird kalkuliert, dass mit Kompetenz bestimmt Fähigkeiten gemeint sind, die ein besseres, hochwertigeres, angemesseneres Handeln zur Erreichung von vorgegebenen Zielen ermöglichen - und dies immer wieder neu. Kompetenz ist nicht aufzubrauchen. Sie ist eine auf Dauer gestellte Fähigkeit, die sich zugleich selbst (kompetent) weiterentwickelt: eine Fähigkeit zur Weiterentwicklung von Fähigkeiten.“ (Geißler & Orthey, 2002, S. 70)

Frey und Balzer (2003) messen der Kompetenz ähnlich wie Lichtenberg 1999 die Komponente der Verantwortung und ähnlich wie Erpenbeck die Wertkomponente sowie die Dimension einer “Disposition“ bei, und beschreiben Kompetenz folgendermaßen:

“Wer eine Kompetenz besitzt, kann etwas, ist somit handlungsfähig und übernimmt für sich und andere Verantwortung. Er besitzt die Kompetenz, so tätig zu werden, dass er eine Absicht, ein Ziel oder einen Zweck unter Beachtung von Handlungsprinzipien, Werten, Normen und Regeln, mit Bezug auf konkrete, die jeweiligen Handlungssituation bestimmenden Bedingungen, zu erreichen vermag. (...) Somit kann man berufliche Kompetenz als körperliche und geistige Disposition bezeichnen, die jemand benötigt, um anstehende Aufgaben oder Probleme zielorientiert und verantwortungsvoll zu lösen, die Lösungen zu bewerten und das eigene Repertoire an Handlungsmustern weiterzuentwickeln.“ (Frey und Balzer, 2003, S. 150)

Dehnbostel (2003) fasst unter dem Kompetenzbegriff auch Fähigkeiten, Methoden, Wissen und Einstellungen und Werte zusammen, “deren Erwerb, Entwicklung und Verwendung sich auf die gesamte Lebenszeit eines Menschen beziehen“ (Dehnbostel, 2003, S. 7). Den engeren Begriff der beruflichen Kompetenz bezieht er besonders auf “Fertigkeiten, Methoden, Wissensbestände, Qualifikationen und Einstellungen, die die Basis für das fachliche, soziale und humane Arbeitshandeln des Einzelnen bilden“ (ebd.).

Während jedoch beispielsweise Kanning (2003) davon ausgeht, dass Kompetenz als Fähigkeit und Fertigkeit eines Menschen zu verstehen ist, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, die Kompetenz jedoch nur einem Potenzial entspricht, welches nicht in jeder Situation in gleicher Weise wirken muss, so meint Hutter (2004), dass Kompetenz eine Eigenschaft eines Menschen bezeichnet, “die ihn in die Lage versetzt, in gegebenen Situationen ein Handlungsziel aufgrund von Erfahrung, Können und Wissen zu erreichen. Kompetent sein heißt, Situationen angemessen zu meistern“ (Hutter, 2004, S. 11). Hieraus ergibt sich die Frage, ob Kompetenz bereits im dem Moment als vorhanden definiert sein kann, in welchem sie nicht gezeigt wird, obwohl die Möglichkeit dazu bestünde.

Für vorliegende Arbeit soll an der Position von Hutter festgehalten und Kompetenz nur dann als vorhanden definiert werden, wenn Situationen angemessen gemeistert werden können und de facto auch gemeistert werden. So definiert auch Hof (2002) den Begriff Kompetenz als “(...) Fähigkeiten und Dispositionen (...), die selbständig und flexibel in eigenverantwortliches Handeln in privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Situationen umgesetzt werden können“ (Hof, 2002, S. 81). Mulder (2006) konstatiert, dass “von Kompetenz nur dann gesprochen werden [kann], wenn die Person diese nicht nur besitzt, sondern auch anwenden kann“ (Mulder, 2006, S. 57). Das Wissen, Können und Wollen fließt demnach in die Kompetenz ein. Kompetenz ohne entsprechende Performanz ist also nicht als Kompetenz zu definieren.

b. Begriffsabgrenzung

Neben dem Begriff der Kompetenz existieren in der Pädagogik und artverwandten Nachbarwissenschaften vielerlei Begriffe, Schlagworte und Termini, welche leicht zu Irritationen führen können. Um dies zu vermeiden, werden im Folgenden die Begriffe Qualifikation, Schlüsselqualifikation, Soft Skills, Bildung, Wissen, Berufskönnen, Fähigkeit und Fertigkeit dem Kompetenzbegriff gegenübergestellt. Tabelle 1 bietet hier die entsprechende Übersicht.

Im Anschluss wird geprüft, ob eine Differenzierung dieser Begriffe für vorliegende Arbeit sinnvoll ist und wenn ja, welche Begriffe zusätzlich zum und unabhängig vom Kompetenzbegriff gesehen werden müssen.

Tabelle 1: Begriffsabgrenzung “Kompetenz“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ist nun also eine Differenzierung zwischen Kompetenz auf der einen Seite und Qualifikation, Schlüsselqualifikation, Soft Skills, Bildung, Wissen, Berufskönnen, Fähigkeit und Fertigkeit auf der anderen Seite notwendig und auch sinnvoll? Diese Frage soll im nächsten Abschnitt beantwortet werden.

Betrachtet man den Terminus “Qualifikation“ und seine Definitionen in der Literatur, so kann beinahe einheitlich festgestellt werden, dass Qualifikation als “Summe der für die Ausbildung einer bestimmten Berufstätigkeit notwendigen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissensbestände“ (Hutter, 2004, S. 12) verstanden wird. Kompetenz wiederum “stützt sich auf (...) Qualifikation, die hierfür die Grundlage bildet, und steht somit nicht im Gegensatz zu ihr“ (Lichtenberger, 1999, S. 192). Wenn also Qualifikation als Grundlage von Kompetenz betrachtet wird, so ist sie in ihrer Ausprägung als Ansammlung von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissensbeständen in die Kompetenz integriert. Es ist im Sinne eines Gesamtkonzeptes also nicht sinnvoll, den Qualifikationsbegriff als außenstehende, separate Größe zu sehen. Der Zusammenhang zwischen Qualifikation und Kompetenz wird in Abbildung 3 veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zusammenhang zwischen Qualifikation und Kompetenz; vgl. Crisand, 2002, S. 20

Ganz ähnlich müssen auch Schlüsselqualifikationen als “fachübergreifende Qualifikationen“ (Hutter, 2004, S. 13) nicht als konkurrierender Terminus zur Kompetenz angesehen werden, sondern vielmehr als integrierbare Begrifflichkeit im Sinne einer Grundlage von Kompetenz. So stellt auch Grüner (2000a) (vgl. Abb. 4) den Zusammenhang zwischen Schlüsselqualifikationen und Kompetenz als aufeinander bezogene Größen dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zusammenhang zwischen Schlüsselqualifikation und Kompetenz; vgl. Grüner, 2000a, S. 8

Soft Skills werden von Hutter (2004) bereits definitorisch der sozialen Kompetenz gleichgesetzt und können daher als Synonym zu einem Teilbereich der Kompetenz betrachtet werden. Somit sind auch Soft Skills in den Terminus der Kompetenz integrierbar.

Bildungsbegriff und Kompetenzbegriff unterscheiden sich nach Brödel (2004) in mehrfacher Hinsicht, denn “sie sind in unterschiedliche Referenzsysteme und Begriffsarchitekturen eingebunden“ (Brödel, 2004, S. 44). Ausgehend jedoch von der Tatsache, dass “Bildung“ in einer “Bildungsbedarfsanalyse“ enthalten ist, welche wiederum den Bedarf an Bildung analysieren soll und “grundsätzlich dem Ziel [dient], Arbeitsanforderungen und Kompetenzen der Beschäftigten in

Übereinstimmung zu bringen“ (Gerst, Kranz und Möhwald, 2003, S. 2), so lässt sich auch Bildung als eine Grundlage von Kompetenz und ein Mittel zur Kompetenzentwicklung im weitesten Sinne definieren.

Nach Hof (2002) ist Wissen als eine Grundlage von Kompetenz anzusehen und “Kompetenz lässt sich als Form des Umgangs mit Wissen rekonstruieren“ (Hof, 2002, S. 87). “So zeigt ein differenzierter Blick auf die Begriffe Kompetenz und Wissen, dass beide zusammengehören“ (ebd.). Auch hier ist also eine Trennung der Begrifflichkeiten nicht sinnvoll. Auch Bruch (1999) definiert Wissen als Grundlage von Kompetenz und Kompetenzentwicklung, wie Abbildung 5 zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Wissen und Kompetenz; vgl. Bruch, 1999, S. 106

Bunk (1994) sieht den Unterschied zwischen Berufskönnen und Kompetenz darin, dass Berufskönnen im Gegensatz zur (Berufs-) Kompetenz fremdorganisiert ist, während die (Berufs-) Kompetenz selbstorganisiert ist. Weiterhin ist Berufskönnen als eine “gebundene, ausführende Arbeit“ zu verstehen, während (Berufs-) Kompetenz als eine “freie, dispositive Arbeit“ zu verstehen ist (Bunk, 1994, S. 9f).

Dennoch lässt sich Berufskönnen in den Kompetenzbegriff integrieren, da er ähnlich wie Qualifikation und Wissen eine Grundlage für Kompetenz bildet. Ohne Können keine Kompetenz. So definiert beispielsweise Hutter, wie bereits erwähnt, dass “Kompetenz eine Eigenschaft eines Menschen [bezeichnet], die ihn in die Lage versetzt, in gegebenen Situationen ein Handlungsziel aufgrund von Erfahrung, Können und Wissen zu erreichen“ (Hutter, 2004, S. 11).

Ebenfalls nach Hutter (2004) bilden Fertigkeiten und Fähigkeiten Schnittmengen von Kompetenzen. Weiterhin definiert er Fertigkeiten als ein konkretes Können, Fähigkeiten hingegen eher als interindividuell vergleichbare Handlungen. Es ist im Sinne eine Gesamtkonzeptes also nicht förderlich, die Größen Fähigkeit und Fertigkeit gesondert vom Kompetenzbegriff zu betrachten.

2.2.2 Kompetenzmodelle in der Literatur

Dieses Kapitel befasst sich damit, die unterschiedlichen Kompetenzmodelle aus der Literatur einander gegenüberzustellen und somit dem Leser eine Übersicht darüber zu bieten. Außerdem werden die in den Modellen genannten Teilkompetenzen definiert sowie deren Teilkomponenten benannt.

a. Unterschiedliche Kompetenzmodelle in der Literatur

Vergleicht man die unterschiedlichen Kompetenzmodelle aus der pädagogischen Fachliteratur, so findet sich in beinahe jedem Beitrag zu diesem Thema eine Art “Grundmodell“ wieder, welches von Autor zu Autor mehr oder weniger ausgebaut wird. Dieses Grundmodell besteht aus Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz und wird in Abbildung 6 veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Grundmodell Kompetenzen, vgl. North, 2003, S. 209

Einige Autoren erweitern dieses Modell der Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz um die Personalkompetenz (vgl. Bunk, 1994; Bootz & Harmann, 1997; Erpenbeck & Heyse, 1999; Erpenbeck & von Rosenstiel, 2003; Frey & Balzer, 2003; Linderkamp et al., 2007; Lindner, 2001; Richter, Oertel, Sie Liong, Feil, Heinsohn & Richter, 2004; Wellhöfer, 2004), einige lassen - teilweise zusätzlich - sämtliche Kompetenzen in die sogenannte Handlungskompetenz münden (vgl. Bunk, 1994; Dehnbostel 2003; Erpenbeck & Heyse, 1999; Lindner, 2001).

Zusätzlich zu den “Grundkompetenzen“ und den vielfach genannten “Erweiterungskompetenzen“ finden sich in der Literatur auch vereinzelt additionale Kompetenzen, welche nur jeweils von einem einzigen Autor genannt werden und sich theoretisch gut in die Grundkompetenzen integrieren ließen. Hierzu gehören Begriffe wie “Pluralitätskompetenz“ (Geißler & Orthey, 2002, S. 75), “Transversalitätskompetenz“ (ebd.), “Beobachtungskompetenz“ (ebd.), “reflexive Kompetenz“ (ebd.), “ästhetische Kompetenz“ (ebd.), “Orientierungskompetenz“ (Krug, 1997, S. 170), “Firmenkompetenz“ (Lindner, 2001, S. 131) oder “Mitwirkungskompetenz“ (Bunk, 1994, S. 11). All diese Kompetenzen lassen sich jedoch der Fachkompetenz, Methodenkompetenz oder Sozialkompetenz zuordnen und sind daher als eigenständige Kompetenzen redundant.

Ebenso verhält es sich mit der Personalkompetenz. Diese wird in der Literatur beispielsweise von Erpenbeck und von Rosenstiel (2003) definiert als “die Disposition einer Person, reflektiv selbstorganisiert zu handeln, d.h. sich selbst einzuschätzen, produktive Einstellungen, Werthaltungen, Motive und Selbstbilder zu entwickeln, eigene Begabung, Motivationen, Leistungsvorsätze zu entfalten und sich im Rahmen der Arbeit und außerhalb kreativ zu entwickeln und zu lernen“ (Erpenbeck & von Rosenstiel, 2003, S. 16). Dabei überschneidet sie sich stark mit der Methodenkompetenz, welche von Erpenbeck und Heyse (1999) definiert wird als “die Disposition, instrumenteil selbstorganisiert zu handeln, d.h. Tätigkeiten, Aufgaben und Lösungen methodisch kreativ zu gestalten und von daher auch das geistige Vorgehen zu strukturieren“ (Erpenbeck & Heyse, 1999, S. 157)

Ähnlich verhält es sich mit der Handlungskompetenz. Diese wird von Lindner (2001) definiert als die “Fähigkeit, sein Handeln bewusst unter Einbezug der sozialen Rolle an dem situativen, betrieblichen und gesellschaftlichen Kontext auszurichten“ (Lindner, 2001, S. 127). Da jedoch Kompetenz an und für sich nur dann als Kompetenz definiert werden kann, “wenn die Person diese nicht nur besitzt, sondern auch anwenden kann“ (Mulder, 2006, S. 57), ist auch die (berufliche) Handlungskompetenz als zusätzliche Kategorie für vorliegende Arbeit als redundant zu betrachten (siehe Kapitel 2.2.1 Kompetenz - Definition und Begriffsabgrenzung). Aus diesem Grund soll im nächsten Punkt lediglich auf die Fachkompetenz, die Methodenkompetenz und die Sozialkompetenz als Teilkomponenten der Gesamtkompetenz eines Menschen näher eingegangen werden.

b. Definition der Grundkompetenzen “Fachkompetenz“, “Methodenkompetenz“ und “Sozialkompetenz“

Fachkompetenz

Fachkompetenz lässt sich nach Frey und Balzer (2003) als die “(...) rein fachlichen, zweckgebundenen Elementarkenntnisse, die zur Erfüllung der Tätigkeit (...) notwendig sind“ definieren (Frey und Balzer, 2003, S. 151).

“Die fachspezifischen Kenntnisse sind häufig disziplinorientiert ausgelegt und einem Wandel unterworfen, was eine ständige Weiterbildung notwendig macht. Ohne fachspezifische Fähigkeiten ist die Erfüllung einer jeweiligen beruflichen Tätigkeit nicht möglich. Sie sorgen für die Spezialisierung der Person.“ (Frey und Balzer, 2003, S. 151)

Als Teilkenntnisse benennen Frey und Balzer Kenntnisse über Branche/Firma, über Information/Kommunikation/Administration, über Wirtschaft/Gesellschaft sowie die Muttersprache und Fremdsprachenkenntnisse.

Erpenbeck und von Rosenstiel definieren Fachkompetenz als “Die Dispositionen einer Person, bei der Lösung von sachlich­gegenständlichen Problemen geistig und psychisch selbstorganisiert zu handeln, d.h. mit fachlichen und instrumentellen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten kreativ Probleme zu lösen, Wissen sinnorientiert einzuordnen und zu bewerten; das schließt Dispositionen ein, Tätigkeiten, Aufgaben und Lösungen methodisch selbstorganisiert zu gestalten, sowie die Methode selbst kreativ weiterzuentwickeln.“ (Erpenbeck & von Rosenstiel, 2003, S. 16)

Nach Bunk besitzt derjenige Fachkompetenz, “der zuständig und sachverständig über Aufgaben und Inhalte seines Fachbereichs verfügt und die dafür notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten beherrscht“ (Bunk, 1994, S. 11). Linderkamp et al. (2007) fügen den genannten Definitionen noch die Komponente der Bereitschaft zur Komponente der Fähigkeit hinzu, indem sie Fachkompetenz bezeichnen als “die Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen“ (Linderkamp et al., 2007, S. 15).

Die wichtigsten Teilkomponenten von Fachkompetenz werden in Tabelle 2 veranschaulicht.

Tabelle 2: Teilkomponenten von Fachkompetenz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Ende der Leseprobe aus 218 Seiten

Details

Titel
Kompetenzen betrieblichen Bildungspersonals - Eine Bildungsbedarfsanalyse von Produkttrainern am Beispiel eines Unternehmens
Hochschule
Universität Regensburg
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
218
Katalognummer
V94261
ISBN (eBook)
9783640099887
ISBN (Buch)
9783640119448
Dateigröße
10737 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kompetenzen, Bildungsbedarfsanalyse, Kompetenzmodell, Training, Unternehmen, Pädagogik, Betriebliche Bildung, Betriebspädagogik, Ausbildung, weiterbildung, Personalentwicklung
Arbeit zitieren
Anna Berger (Autor:in), 2008, Kompetenzen betrieblichen Bildungspersonals - Eine Bildungsbedarfsanalyse von Produkttrainern am Beispiel eines Unternehmens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94261

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