In der Arbeit soll versucht werden, das weite Bedeutungsspektrum des Diptychons zu erfassen und das typologische Beziehungsgeflecht zu analysieren. Dazu werden zunächst die Grundlagen zu dem Werk geklärt, wie beispielsweise Entstehungszeitraum, Provenienz, aktueller Ausstellungsort, Angaben zum Künstler, um dann die Darstellung auf den Tafeln in den Blick zu nehmen. Die Moses- wie die Thomas-Tafel werden jeweils gesondert untersucht – stets mit Bezug zum gegenüberliegenden Flügel.
Ein zentraler Aspekt ist die Schrift auf den Tafeln. Um sie analysieren zu können, wird zunächst geklärt, welche Funktion Geschriebenes im Mittelalter hatte und wie Schriftzeichen in einer oralen Kultur wahrgenommen werden. Vor diesem Hintergrund wird versucht, den Inhalt der schriftlichen Mitteilungen auf den beiden Flügeln des Moses-Thomas-Diptychons zu deuten und ihn in Verbindung zu den bildlichen Darstellungen zu setzen. Abschließend wird die Frage nach der performativen Dimension des Diptychons gestellt, und damit seine Funktion während der Messfeier sowie sein Bezug zu den Rezipienten betrachtet.
Das Moses-Thomas-Diptychon gilt als Musterbeispiel für die Darstellungskraft mittelalterlicher Kunst. Wegen seiner stilistischen Besonderheiten hat man ihm in der Forschung schon früh eine Ausnahmerolle zugesprochen. Ungewöhnlich ist nicht nur die typologische Kombination aus Moses, der die Gesetzestafeln empfängt, und Thomas, der seine Hand in die Seitenwunde Christi legt, sondern ebenso der Freiheitsanspruch, mit dem diese Gegenüberstellung vorgetragen wird. Indem der Elfenbeinschnitzer mit den Formen seiner Zeit spielt, gelingt ihm die Aufstellung einer neuen Freiheitsregel, die den Betrachter zum Hinschauen, Vergleichen und Verstehen auffordert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Moses-Thomas-Diptychon
- Beschreibung der Moses-Tafel
- Beschreibung der Thomas-Tafel
- Analyse des Diptychons
- Die Moses-Tafel - „Unter dem Gesetz“ (Röm 6,14)
- Das Tempelmotiv
- Der Akanthusrahmen
- Moses
- Die Gesetzestafeln
- Die Hand Gottes
- Die Thomas-Tafel – „Unter der Gnade“ (Röm 6,14)
- Thomas und die Tür zur Auferstehung
- Christi zwei Naturen
- Die Hände
- ,,Velum templi scissum esť“ (Mt 27,51) – die Schleier-Metapher
- Drei Finger
- In Stein versus ins Herz geschrieben: Christen sind Briefe
- Lege deinen Finger hierher“ (Joh 20,27) – Schrift als Sekundärmedium
- Die Schrift auf den Tafeln
- Thomas erkennt die wahre Natur Christi – ,,Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20,28)
- Analyse und Interpretation der beiden Tafeln des Diptychons – „Vom Elend der Knechtschaft zu den Wonnen der Befreiung“
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Moses-Thomas-Diptychon, einem zentralen Werk der ottonischen Elfenbeinschnitzkunst. Ziel ist es, das weite Bedeutungsspektrum des Diptychons zu erfassen und das typologische Beziehungsgeflecht zu analysieren.
- Entstehung und Bedeutung des Moses-Thomas-Diptychons
- Typologische Analyse der beiden Tafeln und deren ikonographische Elemente
- Die Rolle der Schrift im mittelalterlichen Kontext und deren Bedeutung für die Interpretation des Diptychons
- Die performative Dimension des Diptychons und dessen Funktion während der Messfeier
- Die Rezeption des Diptychons und dessen Bedeutung für die Kunstgeschichte
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt das Moses-Thomas-Diptychon als ein bedeutendes Werk der ottonischen Kunst vor und erläutert die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit.
- Kapitel 2 bietet eine detaillierte Beschreibung des Moses-Thomas-Diptychons, wobei die beiden Tafeln separat behandelt werden und deren ikonographische Elemente analysiert werden.
- Kapitel 3 geht näher auf die Analyse des Diptychons ein. Die beiden Tafeln werden jeweils in Bezug zueinander betrachtet, wobei die Bedeutung der Schrift im Mittelalter, die Funktion der bildlichen Darstellungen und die typologische Ambivalenz des Werkes beleuchtet werden.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Moses-Thomas-Diptychon, ottonische Elfenbeinschnitzkunst, Typologie, Schrift im Mittelalter, performative Dimension, Kunstgeschichte.
- Citation du texte
- Yvonne Joosten (Auteur), 2016, Das Moses-Thomas-Diptychon. Analyse der typologischen und performativen Dimension, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/943007