Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlage
2.1 Portfoliotheorie und CAPM
2.2 Markteffizienzhypothese
2.3 Marktanomalien
2.4 Gibt es Alpha generierende Fonds?
2.5 Exchange Traded Funds
2.5.1 Entwicklung des ETF-Marktes
2.5.2 Creation-/Redemption-Prozess
2.5.3 Replikationsmethoden
3 Ökonomische Analyse Robo Advisory
3.1 Entwicklung
3.2 Funktionsweise
3.2.1 Präferenzerfassung
3.2.2 Strategische Asset Allokation
3.3 Erhöhen Robo-Advisors das Kundenwohl und erfüllen seine Bedürfnisse?
3.3.1 Nutzenschöpfung
3.3.2 Kritische Betrachtung
3.4 Auswirkungen auf klassische Kreditinstitute
4 Gesamtwirtschaftliche Risiken
4.1 Auswirkungen auf die Effizienz des Marktes
4.1.1 Informationseffizienz
4.1.1.1 Informationsparadoxon
4.1.1.2 Verbesserungen
4.1.1.3 Verschlechterungen
4.1.2 Auswirkung auf die Volatilität
4.2 Gleichgerichtetes Marktverhalten
4.2.1 Herdenverhalten
4.2.1.1 Auslöser
4.2.1.2 Der Creation-/Redemption-Prozess in Stresszeiten
4.2.2 Flash Crash
4.2.3 Autonome Algorithmen
Anhangsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit beleuchtet vor dem Hintergrund sich ändernder Kundenerwartungen, hohem Wettbewerbsdruck und erhöhter Regulatorik für Anlageprodukte ökonomische Chancen und Risiken für Anleger, sowie gesamtwirtschaftliche Risiken von Robo-Advisors. Auf Grund des exponentiell wachsenden verwalteten Vermögens von Robo-Advisors, ist eine genauere Analyse für Anleger, klassische Kreditinstitute und Aufsichtsbehörden essentiell. Für den deutschen Markt werden zwei Robo-Advisors bewertet.
Robo-Advisors bieten eine ökonomisch sinnvolle, theoretisch fundierte Vermögensaufteilung, die auf den Präferenzen des Anlegers beruhen. Robo-Advisors können die Rendite um 2,4% pro Jahr steigern, indem sie vor Anomalien schützen. Zusätzlich lässt sich die Rendite durch automatische Neugewichtung um 0,4% im Jahr erhöhen. Robo-Advisors stehen jedoch in der Kritik, übergeordnete Anlageziele und die Risikobereitschaft der Kunden nicht korrekt zu berücksichtigen, was in schwankungsstarken Börsenzeiten zu Herdenverhalten der Anleger führen kann. Daher ergeben sich Chancen für Hybrid-Modelle mit klassischen Kreditinstituten, bei denen der Mensch die Aufgabe eines Finanzcoaches übernimmt.
Robo-Advisors sind bisher nicht als Auslöser systemischer Risiken aufgefallen. Jedoch wird vor den Folgen autonomer Algorithmen als Ursache von gleichgerichteten Marktverhalten und vor Exchange Traded Funds (ETFs) gewarnt, die Robo-Advisor nutzen. In normalen Börsenzeiten verbessern ETFs die Liquidität und die Informationseffizienz. Trotzdem erhöhen ETFs Renditegleichläufe und die Schwankungsbreiten der Basiswerte. Zusätzlich bestehen gesamtwirtschaftliche Risiken im nervösen Börsenumfeld, bei dem sich Kontrahenten nicht mehr vertrauen und sich Liquiditätslieferanten vom Handel zurückziehen.
Anmerkung der Redaktion: Die Anhänge 12 und 13 sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht Teil dieser Veröffentlichung.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Effizientes Portfolio nach Markowitz
Abbildung 2 Kapitalmarktlinie
Abbildung 3 Wertpapierlinie
Abbildung 4 Kapitalwert künftiger Dividendenzahlungen
Abbildung 5 Regressionsgerade des Jensen-Alpha
Abbildung 6 Der Creation-/Redemption-Prozess
Abbildung 7 Fundamentales Gleichgewicht
Abbildung 8 Erhöhter ETF-Preis
Abbildung 9 Kauf Wertpapierkorb und Verkauf ETF-Anteile durch Arbitragehändler
Abbildung 10 Neues fundamentales Gleichgewicht
Abbildung 11 Physische Replikation von ETFs
Abbildung 12 Die unbesicherte Swap-Variante
Abbildung 13 Die besicherte Swap-Variante
Abbildung 14 Diversifikationsebenen der Asset-Allokation
1 Einleitung
In der Vergangenheit hatte man zwei Möglichkeiten sein Geld anzulegen: Es selbst in die Hand zu nehmen oder einem Bankberater zu vertrauen. Als Folge mangelnden Kundenerlebnisses und dem Gefühl das für den Berater rentabelste Produkt gekauft zu haben,1 legen nur etwa 16 % ihr Vermögen am Kapitalmarkt an,2 obwohl andere Anlageformen für einen langfristigen Vermögensaufbau ökonomisch nicht sinnvoll sind.3 Insbesondere für die Generation X und Y, die größtenteils keine persönliche Beratung wünschen, ergeben sich verheerende Folgen für ihre Alterssicherung.4 Getrieben von technologischen Trends, verändertem Kundenverhalten und erhöhten gesetzlichen Transparenzpflichten sind Robo-Advisors entstanden,5 deren geschätztes verwaltetes Vermögen im Jahr 2020 bereits 1000 Mrd. $ betragen wird.6 Diese Zusammenhänge führten zur Motivation einer literarischen Auseinandersetzung mit dem Zukunftsthema Robo-Advisory.
Zentrale Forschungsfrage dieser Ausarbeitung ist zunächst die Analyse der ökonomischen Chancen und Risiken. Im Vordergrund steht dabei, ob Robo-Advisors theoretisch fundierte, strategische Vermögensaufteilungen vorschlagen, die Anleger vor Anomalien schützen und die Nettorendite erhöhen. Die Arbeit dient einer objektiven Einschätzung für Anleger und ermöglicht klassischen Kreditinstituten einen chancenorientierten Blick auf Hybrid-Modelle. Ferner soll die Analyse um eine gesamtwirtschaftliche Perspektive erweitert werden, z.B. Robo-Advi- sors als Auslöser von Herdenverhalten. Zusätzlich ergeben sich durch die ausschließliche Anlage in Exchange Traded Funds (ETFs) gesamtwirtschaftliche Risiken aus Liquiditätsverknappungen und Vertrauensverlusten. Mit Hilfe der Analyseergebnisse können zukünftige Regula- torikschwerpunkte gesetzt werden.
In Kapitel 2 werden für die Beantwortung der Forschungsfrage theoretische Grundlagen der Portfoliotheorie und des Capital Asset Pricing Models (CAPM) (vgl. Kapitel 2.1 ), Markteffizienzhypothese (vgl. Kapitel 2.2) und Marktanomalien (vgl. Kapitel 2.3) herausgearbeitet und erläutert, um anschließend die Vorteile einer passiven Anlagestrategie zu analysieren (vgl. Kapitel 2.4). Danach werden Entwicklung des ETF-Marktes, Replikationsmethoden und der Liquiditätsbereitstellungsprozess von ETFs vorgestellt (vgl. Kapitel 2.5).
In Kapitel 3 wird nach Analyse der Präferenzerfassungsmethoden und Umwandlung in eine strategische Asset-Allokation (vgl. Kapitel 3.2) von Robo-Advisors die Forschungsfrage beantwortet. Größter Vorteile für den Anleger ist die kostengünstige Empfehlung einer strategischen Asset-Allokation mittels ETFs, basierend auf der Portfoliotheorie. Die Empfehlungen und Re- balancingmethoden sind frei von emotionalen Beziehungen und Anomalien des Beraters und des Anlegers (vgl. Kapitel 3.3.1). Kritikpunkte sind die nicht exakte Präferenzerfassung und die Einbeziehung der übergeordneten Anlageziele des Anlegers, die zu falschen Empfehlungen und irrationalen Verhaltensmustern in nervösen Börsenphasen führen kann (vgl. Kapitel 3.3.2). Daraus ergeben sich Chancen für klassische Kreditinstitute, Hybrid-Modell zu etablieren, welche die Vorteile menschlicher Interaktion und algorithmenbasierter Empfehlung vereint (vgl. Kapitel 3.4).
In Kapitel 4 werden die gesamtwirtschaftlichen Risiken von ETFs und der Verkettung mit Robo-Advisors erläutert. Dabei lassen sich zwar Verbesserungen der Informationseffizienz und der Liquidität in normalen Börsenzeiten feststellen, trotzdem erhöhen ETFs die Renditegleichläufe und Volatilität der Basiswerte, was Diversifikationseffekte negativ beeinflusst (vgl. Kapitel 4.1). Gesamtwirtschaftliche Probleme werden identifiziert: Durch autonome Algorithmen der Robo-Advisors, unzureichende Präferenzerfassungen, Vertrauensverlust der Kontrahenten und durch den Rückzug von Arbitragehändler7 kann es zu Herdenverhalten und Liquiditätsverknappung am ETF-Markt kommen, welche Marktverwerfungen zusätzlich beschleunigt. Die Rolle von ETFs beim Flash Crash im Jahr 2010 wird als praktisches Beispiel untersucht (vgl. Kapitel 4.2).
2 Theoretische Grundlage
2.1 Portfoliotheorie und CAPM
Neben der auf Markowitz zurückgehenden Portfoliotheorie werden die Kapitalmarktlinie und die Wertpapierlinie im Folgenden erläutert.
Effizientes Portfolio nach Markowitz
Schon vor 2000 Jahren empfahl der jüdische Talmud sein Vermögen zu einem Drittel in Land, Geschäften und Liquidität zu halten. Diese als naive Diversifikation bezeichnete Aufteilung erfolgte ohne wissenschaftliche Grundlage.8 Erst Markowitz konnte quantitativ nachweisen, dass Diversifikation einen positiven Effekt auf das Risiko einer Anlage hat.9
Gemäß Markowitz ist nur der Erwartungswert der Portfoliorenditen g und die Standardabweichung G 10 für die Anlageentscheidung von Belang. Renditegleichläufe werden mit Hilfe der Kovarianz berücksichtigt.11 Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich drei Kombinationen, bei denen effiziente Kombinationen vorliegen:
1. Es gibt kein Portfolio, welches bei gleichem Erwartungswert der Rendite eine geringere Standardabweichung besitzt.
2. Gleichzeitig existiert kein Portfolio, das bei gleicher Standardabweichung einen höheren Erwartungswert der Rendite besitzt.
3. Außerdem gibt kein Portfolio, das bei erhöhten Erwartungswerten der Rendite eine geringere Standardabweichung besitzt.
Die Portfolios, die diese Kriterien erfüllen, können in einem Risiko-Rendite-Diagramm als Effizienzlinie eingezeichnet werden.12 Eine Darstellung des Diagramms findet sich in Anhang 1. Durch diese Erkenntnisse ist noch nicht geklärt, welches Portfolio ein Anleger wählen soll. Anleger sind risikoavers. Sie sind nur bereit Risiko zu tragen, wenn sie dafür entschädigt werden. Anleger stehen vor der Entscheidung, wie viel Risiko sie tragen können und eingehen möchten.13 Die Risikoneigung kann durch eine Nutzenkurve dargestellt werden, wenn die Risikoaffinität des Anlegers bekannt ist. Der Schnittpunkt der Effizienzlinie mit der Nutzenkurve entspricht dann dem optimalen Portfolio für den Anleger.14
Das Portfoliomodell von Markowitz bildet das Fundament der Kapitalmarkttheorie und des CAPM.15
Kapitalmarktlinie
Neben den Analyseergebnissen von Markowitz werden zwei weitere Prämissen untersucht: Einen risikolosen Zinssatz und homogene Erwartungen hinsichtlich Risiko und Renditen aller Wertpapiere.16 Dadurch gibt es mehrere Renditekombinationen von risikobehafteter und risikoloser Anlage, die mit Hilfe einer Geraden im Risiko-Ertrag-Diagramm abgetragen werden können. Der höchste Nutzen befindet sich im Schnittpunkt von Gerade und Effizienzlinie. Sie ist die neue Effizienzlinie.17 Eine Abbildung findet sich in Anhang 2. Die als Kapitalmarktlinie bezeichnete Gerade kann so interpretiert werden, dass eine Vergütung für zusätzlich eingegangenes Risiko erfolgt.18 Je steiler die Gerade ist, desto höher ist die Vergütung für übernommenes Risiko. Die Steigerung wird auch Sharpe-Ratio genannt.19 Der Tangentialpunkt wird Marktportfolio genannt und vereint alle am Kapitalmarkt handelbaren Anlagen entsprechend ihrer Marktkapitalisierung. Aufgrund der Prämisse der homogenen Erwartungen halten die Anleger eine Kombination aus risikoloser Anlage und dem Marktportfolio.20 Die Anteile an risikoloser Anlage und Marktportfolio wird entsprechend der individuellen Risikoneigung des Anlegers bestimmt und als Tobin-Separation bezeichnet.21
Wertpapierlinie
Nachdem mit der Kapitalmarktlinie geklärt wurde, welche Renditeerwartungen man durch das Eingehen von zusätzlichem Risiko erwarten kann, werden die folgenden Ausführungen analysieren, welche Rendite von einzelnen Wertpapieren im Marktportfolio zu erwarten sind. Die Rendite einer Anlage E(ri) setzt sich aus dem risikolosen Zinssatz rf und der Risikoprämie, bestehend aus [E(rm) - rf ], multipliziert mit der Höhe des Risikos ßi zusammen22 ßi ist ein Sensitivitätsmaß und bringt zum Ausdruck, wie stark sich die Überrendite einer Aktie ändert, wenn sich die Überschussrendite des Gesamtmarktes ändert.23 Die gleichgerichteten Kursschwankungen können dabei nicht mehr durch Diversifikation reduziert werden und werden als systematisch bezeichnet. Die Risikoprämie steigt proportional zum Beta an.24 Im CAPM wird also nur für die Übernahme von systematischem Risiko eine Risikoprämie vergütet. Für die Übernahme von unsystematischen, titelspezifischen Risiken erfolgt keine Vergütung. Die Rendite von Wertpapieranlagen kann somit allein durch den Risikofaktor Marktrisiko beschrieben werden.25 Eine ergänzende Abbildung findet sich in Anhang 3.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Markteffizienzhypothese
Die Prämissen des CAPM bauen auf dem Grundsatz eines effizienten Kapitalmarktes auf.26 Anleger unterscheiden sich nur in ihrer Risikoaversion.27 Im Folgenden wird untersucht, inwiefern der Kapitalmarkt wirklich als informationseffizient angesehen werden kann.
Die These des informationseffizienten Kapitalmarktes wurde nachhaltig von Eugene Fama geprägt. Wenn der Wertpapierpreis alle verfügbaren Informationen vollumfänglich zu jedem Zeitpunkt widerspiegelt, dann kann der Kapitalmarkt als informationseffizient bezeichnet werden. Fama unterscheidet drei Arten von Informationseffizienz: Die schwache, halbstrenge und strenge Informationseffizienz.28 Schwache Informationseffizienz liegt vor, wenn im Wertpapierkurs alle vergangenen Informationen berücksichtigt sind. Die halbstrenge Informationseffizienz unterstellt, dass im Wertpapierkurs zusätzlich alle öffentlich verfügbaren Informationen enthalten sind.29 Dazu zählen Informationen aus Presse, Börsendiensten, Jahresabschluss oder Informationen des Unternehmens selbst.30 Der Wertpapierkurs bei strenger Informationseffizienz beinhaltet zusätzlich alle Insiderinformationen.31
Konsequenterweise wäre bei Vorliegen eines schwachen informationseffizienten Kapitalmarktes, die technische Analyse überflüssig.32 Trifft die halbstrenge Informationseffizienz zu, ist die von den Investmentbanken betriebene Fundamentalanalyse nutzlos, weil alle öffentlichen Informationen eine unmittelbare Auswirkung auf den Aktienpreis haben.33 Besteht ein streng informationseffizienter Kapitalmarkt, sind selbst Insiderinformationen nicht renditefördernd.34 Wie informationseffizient sind die Kapitalmärkte?
Eine Antwort darauf ist in der Literatur höchst umstritten. Im Allgemeinen besteht Einigkeit darüber, dass der Kapitalmarkt nicht stark informationseffizient ist.35 Forschungsergebnisse aus Amerika legen nahe, dass im Vorfeld von wichtigen Informationen, wie etwa Übernahmen oder Kapitalmaßnahmen, Kursveränderungen beobachtet wurden. Insiderwissen wurde also gewinnbringend eingesetzt.36 Durch Verbote und Offenlegungspflichten soll das Ausnutzen von Insiderinformationen unterbunden werden.37
Der Kapitalmarkt gilt als weitgehend halbstreng informationseffizient.38 Grundlage für diese These sind die Untersuchungen von Fama / Fisher / Jensen / Roll, welche die Reaktionen von stock splits analysierten. Stock splits, die als Stärkesignal gelten, ähneln der Form von Gratisaktien und werden zu einem festen bekanntgegebenen Termin durchgeführt.39 Am Tag der Ankündigung verarbeiteten die Wertpapierkurse bereits alle Informationen, sodass am Veröffentlichungstermin in der Presse keine Reaktionen mehr beobachtbar waren.40 Der Wertpapierkurs spiegelte also unmittelbar alle öffentlich verfügbaren Informationen wieder - was der halbstrenge Informationseffizienz entspricht.41 Gleiches gilt für Gewinnankündigungen, Analysteneinschätzungen, Änderungen des Dividendensatzes oder Übernahmeangeboten.42
Auf informationseffizienten Märkten dürfte es folglich nie zu einer Abweichung von dem wirklich gerechtfertigten Kurs kommen.43 Nichtsdestotrotz lassen sich Marktanomalien feststellen, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
2.3 Marktanomalien
Seit Anfang der 1980er Jahre wurde die Markteffizienzhypothese durch die Entdeckung von Marktanomalien in Frage gestellt. Dazu gehören etwa der Wochenendeffekt, Januareffekt und der Kleinfirmeneffekt.44 Ebenso beeinflussen psychologische Faktoren den Wertpapierkurs,45 wie sich mit individuellen Anomalien des Confirmation Bias46, Overconfidence47 und Home Bias48 bestätigen lässt.49 Zusätzlich zeigt sich, dass Anleger Verluste zu spät und Gewinne zu früh realisieren.50
Es gibt Zeiten am Kapitalmarkt, die nicht fundamental gerechtfertigt, sondern durch irrationales Verhalten verzerrt sind.51 Dies kann zu einer Blasenbildung an den Kapitalmärkten führen.52 Bei Vorliegen einer vollkommenen Markteffizienz dürfte es nicht zu fundamentalen Abweichungen zwischen aktuellem Wertpapierkurs und dem Kapitalwert der zukünftigen zu erwartenden Dividendenzahlungen kommen. Shiller entdeckte jedoch, dass die Volatilität der Aktienmärkte höher ist, als die Volatilität der Kapitalwerte der Dividenden.53 Ein ergänzendes Diagramm findet sich in Anhang 4.
Die Hypothese von De Bondt und Thaler prägten den Begriff der Überreaktion auf neue Informationen. Demnach kommt es bei Veröffentlichung neuer Informationen zu übertriebenen Re- aktionen.54 Wird dem Anleger die Überreaktion bewusst, fällt der Kurs wieder auf den rational richtigen Wert, was als Marktanomalie der „Mean-Reversion“ bezeichnet wird.55
Gleichgerichtetes Anlageverhalten innerhalb von Markteilnehmern wird als Herdenverhalten bezeichnet. Herdenverhalten kann rationale oder nicht rationale Ursachen haben. Herdenverhalten kann Trends verstärken und zur Blasenbildung führen. Der Herdentrieb führt in Börsencrashzeiten zu einer Vernachlässigung von rationalen Bewertungsmethoden und verstärkt so die Abwärtsspirale.56 Shiller bestätigt: Der Mensch fühlt sich durch einen Prozess der positiven Rückkopplung wohler und sogar rational bestätigt, wenn die Entscheidung im Einklang mit den anderen Menschen steht.57 Die Beschreibung des Experiments zu rationalen Herdenverhalten von Shiller findet sich in Anhang 5.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Begriff „Noise“ - zu Deutsch „Rauschen“ geprägt. Es gibt am Kapitalmarkt uninformierte „Noise“-Trader, die bei ihrer Anlageentscheidung Stimmungen und Marktmeinungen folgen und nicht rationalen Werten und Informationen. Durch „Noise“-Trader können Wertpapierkurse von ihrem grundsätzlichen Wert abweichen und sie verzerren. Jedoch sind „Noise“-Trader unverzichtbar, weil Sie für Marktliquidität sorgen.58 Den möglichen Einfluss von Robo Advisors auf die „Noise“ und die möglichen gesamtwirtschaftlichen Risiken werden in Kapitel 4 näher erläutert.
2.4 Gibt es Alpha generierende Fonds?
Nicht geklärt bleibt, ob mit der Existenz von Marktanomalien die Markteffizienzhypothese widerlegt ist.59 Viel entscheidender scheint jedoch, ob aktiv gemanagte Anlagestrategien das Wissen über Marktanomalien überhaupt gewinnbringend umsetzen können, um ein positives Alpha aj zu erzielen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Jensen-Alpha basiert auf dem CAPM60 und misst jenen Teil der Überschussrendite des Portfolios rpF, der nicht mit der Überschussrendite des Marktportfolios [ rf + (rm - rf )* ßi] korreliert, wird mit aj ausgedrückt und kann mithilfe einer linearen Regression berechnet werden. Ist die Selektionsfähigkeit eines aktiven Portfoliomanager positiv, verläuft die Gerade oberhalb des Nullpunktes.61 Eine ergänzende Abbildung findet sich in Anhang 6.
Professionelle Marktteilnehmer wie aktive Fondsmanager und Investmentbanker haben einen erhöhten Informationsstand,62 jedoch können sie diesen nicht gewinnbringend umsetzen. Jensen zeigte, dass die Rendite von 77% der aktiven amerikanischen Fonds unter der Marktrendite lag.63 Für Europa konnte ein Wert von 84% nachgewiesen werden.64 Zum gleichen Ergebnis kommen Barras / Scaillet / Wermers und ergänzen, dass nur 0,6% der aktiven Fonds ein positives Alpha generieren konnten, welches nicht durch ein Zufallsereignis zu erwarten war.65 Selbst wenn ein aktiver Fonds in der Vergangenheit ein positives Alpha erzielt hat, kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Fonds dies auch fortsetzt.66 In einer empirischen Studie von Malkiel wiesen 19 von 20 Outperformerfonds der ersten Studienhälfte in der zweiten Testhälfte ein negatives Alpha aus.67
Zusammenfassung
In Kapitel 2.3 konnte nachgewiesen werden, dass es zu Fehlern bei der Bewertung von Wertpapierkursen kommt. Niemand bestreitet, dass es irrationales Verhalten gibt.68 Für Jensen und Malkiel ist der Markt schon dann effizient, wenn durch den Versuch der Ausnutzung von verfügbaren Informationen keine Nettoüberrendite erzielt werden kann.69 Malkiel fasst zusammen: Bisher sei keine Anlagestrategie bekannt, die die Rendite durch den Versuch der Ausnutzung von Anomalien erhöhe. Aktives Management sei ein Nullsummenspiel. Nur die passive Anlagestrategie sei erfolgreich, selbst wenn der Markt Phasen von Ineffizienz beinhalte.70 71 Schredel- seker unterstützt, dass selbst wenn es zu Ineffizienzen kommt, ETFs immer noch besser als der aktive Fonds seien, da sie niedrigere Kosten und gleichzeitig eine bessere Performance auswiesen.
2.5 Exchange Traded Funds
Die Entscheidung in ETFs zu investieren, basiert auf der theoretischen Grundlage, dass der Kapitalmarkt effizient ist72 und sich nur systematisches Marktrisiko lohnt.73 Aufbauend auf den Forschungsergebnissen aus Kapitel 2.4 wurde 1993 der erste ETF aufgelegt.74 Es folgt ein Überblick auf die bisherige Entwicklung, den Liquiditätsbereitstellungsprozess und die Replikationsmethoden. In Kapitel 4 wird ein mögliches gesamtwirtschaftliches Risiko auf dieser Grundlage diskutiert.
2.5.1 Entwicklung des ETF-Marktes
Im September 2018 lag das Asset under Management (AuM) von ETFs bei 5,2 Billionen USD.75 ETFs zeichnen sich durch einfache transparente Strukturen, niedrige Kosten und hohe Liquidität, welche durch den Creation-/Redemption-Prozess sichergestellt werden soll, aus.76 In Amerika weisen ETFs eine durchschnittliche Gesamtkostenquote von 0,15% pro Jahr auf. In Europa 0,3% pro Jahr.77
[...]
1 Vgl. Bloch / Vins (2016), S. 174
2 Vgl. Deutsches Aktieninstitut (Hrsg.) (2017), S. 1
3 Vgl. Bloch / Vins (2016), S. 174
4 Vgl. Bloch / Vins (2016), S. 174-175
5 Vgl. OECD (Hrsg.) (2017), S. 5
6 Vgl. OECD (Hrsg.) (2017), S. 7
7 Arbitragehändler nutzen Preisunterschiede zwischen den Basiswerten des abzubildenden Index und dem ETF, um Gewinn zu erzielen. Vgl. Bender (1977), S. 325; vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 483
8 Vgl. Spreemann (2008), S. 9
9 Vgl. Markowitz (1952), S. 77
10 Die Standardabweichung beschreibt das Risiko in Form von Schwankungen der Renditen um den Erwartungswert und wir auch als Volatilität bezeichnet. Vgl. Spreemann (2008), S. 100-105
11 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 8
12 Vgl. Spreemann (2008), S. 178
13 Vgl. Spreemann / Gantenbein (2017), S. 105
14 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 12-13
15 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 15
16 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 21; Die Prämisse von homogenen Erwartungen setzt einen informationseffizienten Kapitalmarkt voraus, auf den im Kapitel 2.2 eingegangen wird.
17 Vgl. Spreemann / Gantenbein (2017), S. 110-111
18 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 739-741
19 Vgl. Spreemann (2008), S. 219-221
20 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 23
21 Vgl. Tobin (1958), S. 65-86
22 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 24
23 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 15
24 Vgl. Spreemann (2008), S. 285-287
25 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 89
26 Vgl. Kapitel 2.1
27 Vgl. Schredelseker (2015), S. 70
28 Vgl. Fama (1970), S. 383
29 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 39
30 Vgl. Schredelseker (2015), S. 57
31 Vgl. Fama (1970), S. 383
32 Vgl. Schredelseker (2015), S. 56-59; vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 40-41
33 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 151
34 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 41
35 Vgl. Spreemann (2008), S. 158; vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 152
36 Vgl. Steiner / Bruns / Stöckl (2012), S. 42
37 Vgl. Spreemann (2008), S. 158
38 Vgl. Beaver (1983), S. 344-358; vgl. Spreemann (2008), S. 159
39 Vgl. Schredelseker (2015), S. 125
40 Vgl. Fama / Fisher / Jensen / Roll (1969), S. 25-26
41 Vgl. Malkiel (2011), S. 232
42 Vgl. Schredelseker (2015), S. 125-126
43 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 155
44 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 153; vgl. Spreemann (2008), S. 213
45 Vgl. Roll (1992), S. 29-41
46 Darunter versteht man Verzerrungen etwa in dem Wahrnehmen von Information.
47 Darunter versteht man die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten.
48 Darunter versteht man die ausschließliche Anlage in heimische Aktien.
49 Vgl. Goldberg / von Nitzsch (2004), S. 59ff.; vgl. Malkiel (2011), S. 238ff.; vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 156-164
50 Vgl. Statman / Shefrin (1985), S. 777-790
51 Vgl. Shiller (2013), S. 226, S. 229-230
52 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 157
53 Vgl. Shiller (2013), S. 240
54 Vgl. De Bondt / Thaler (1985), S. 793-795
55 Vgl. De Bondt / Thaler (1989), S. 190-193
56 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 161-162
57 Vgl. Shiller (2013), S. 208-209
58 Vgl. Black (1986), S. 529- 532, vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 159-161
59 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 154; vgl. Malkiel (2011), S. 299
60 Vgl. Kapitel 2.1
61 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 745-746
62 Vgl. Schredelseker (2015), S. 70
63 Vgl. Schredelseker (2015), S. 126;Der betrachtete Zeitraum war von 1955 bis 1964. Dabei ist zu beachten, dass die Gesamtkostenquoten für aktive Fonds durchschnittlich 1,4% betragen. Vertiefend: Malkiel (2003), S. 3
64 Vgl. Schredelseker (2015), S. 127-128; Der betrachtete Zeitraum war von 1997 bis 2007.
65 Vgl. Barras / Scaillet / Wermers (2010), S. 179-181, S. 199
66 Vgl. Schredelseker (2015), S. 127-130
67 Vgl. Malkiel (2003), S. 4-8
68 Vgl. Schredelseker (2015), S. 142
69 Vgl. Jensen (1978), S. 97; vgl. Malkiel (2003), S. 1-2
70 Vgl. Malkiel (2003), S. 1-2, S. 10
71 Vgl. Schredelseker (2015), S. 67, S. 208
72 Vgl. Kapitel 2.2
73 Vgl. Kapitel 2.1
74 Vgl. Picard / Braun (2010), S. 17
75 Vgl. BlackRock (Hrsg.) (2017), S. 5
76 Vgl. Börse Frankfurt (Hrsg) (2013), S. 5-11; vgl. Picard /Braun (2010), S. 5-10
77 Vgl. Malkiel (2003), S. 3; vgl. EDHEC-Risk Institute (Hrsg.) (2017), S. 20
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- Anonym, 2018, Robo Advisory. Chancen und Risiken für Anleger und Kreditinstitute sowie gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/944298
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