Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kurzdarstellung des Experiments
2.1 Inhalt
2.2 Durchführung und Vorbereitung des Experiments im Unterricht
3. Einbettung in eine Unterrichtsreihe
4. Fachwissenschaftlicher Hintergrund
4.1 Spieltheorie
4.1.1 Was ist Spieltheorie?
4.1.2 Die nicht-kooperative Spieltheorie
4.2 Lösungsstrategien
4.2.1 Dominante Strategien
4.2.2 Das Nash-Gleichgewicht
5. Fachdidaktische Analyse
5.1 Bezug zum Kerncurriculum
5.2 Bedeutung für Schülerinnen und Schüler
5.3 Didaktische Legitimierung des Experimentes
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
7.1 Bücher/Monographien
7.2 Periodika
7.3 Quellen im Internet
8. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Im Rahmen des Moduls „Fachdidaktik der ökonomischen Bildung“ wurden im Wintersemester 2015/2016 verschiedene ökonomische Experimente von den Studierenden vorgestellt. Diese Ausarbeitung bietet einen Überblick über die Einbindung des Experiments „Kampf der Geschlechter“ in den Kontext der Schule. Dazu wird eine exemplarische Einbindung in eine Unterrichtsreihe gegeben und das Experiment anhand einer fachwissentlichen und fachdidaktischen Analyse auf den möglichen Einsatz im Unterricht überprüft.
2. Kurzdarstellung des Experiments
2.1 Inhalt
Kampf der Geschlechter ist ein bekanntes Koordinationsspiel, das ein Problem der Spieltheorie beschreibt. Eine Frau und ein Mann haben sich zu einer ersten gemeinsamen Unternehmung verabredet. Allerdings haben die Beiden es versäumt, einen gemeinsamen Treffpunkt auszumachen. Da sie außerdem vergessen haben ihre Telefonnummern und ihre Adressen auszutauschen, gibt es keine Möglichkeit den jeweils Anderen zu kontaktieren, um noch einen Treffpunkt auszumachen.1
Die beiden Akteure haben eine unterschiedliche Präferenz für einen Treffpunkt, die dem Anderen auch bekannt ist. Der Mann präferiert den Besuch eines Fußballspieles, während die Frau den Besuch eines Theaters bevorzugt.2 Beiden Personen ist eine gemeinsame Unternehmung sehr wichtig, sodass der Mann lieber gemeinsam mit der Frau ins Theater geht und die Frau lieber gemeinsam mit dem Mann zum Fußball, statt einer getrennten Unternehmung nachzuge- hen.3 4 Man erhält somit vier verschiedene Kombinationen für die Wahl der Treffpunkte. Diese lassen sich mit folgender Auszahlungsmatrix darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Matrix 1: Auszahlungstabelle Spielphase 14
Da sich die Beiden bezüglich ihrer Entscheidung nicht absprechen können, ist es nicht möglich vorauszusagen, für welche der vier Möglichkeit sich die beiden entscheiden werden. Die beste Auszahlung erhalten sie, wenn sich beide für den Stadionbesuch oder beide für die Theateraufführung entscheiden. Diese beiden Möglichkeiten sind die Nash-Gleichgewichte5 dieser Entscheidungssituation. Allerdings kann es aufgrund der fehlenden Kenntnis gegenüber der anderen Person und der fehlenden Kommunikation auch passieren, dass sich beide für oder beide gegen ihre präferierte Veranstaltung entscheiden.6
2.2 Durchführung und Vorbereitung des Experiments im Unterricht
Aufgrund der Komplexität des fachlichen Hintergrunds des Experiments ist eine Durchführung in den Jahrgangsstufen des Sekundarbereichs II empfehlenswert. Außerdem sollte zuvor das Gefangenendilemma und die dominante Strategie als Lösungskonzept des Gefangenendilemmas den Schülerinnen und Schülern im Unterricht vermittelt werden, da die Lerninhalte im Kampf der Geschlechter auf diese aufbauen und vertiefen. Für die Durchführung sollte mindestens der Zeitrahmen einer Doppelstunde (90 Minuten) eingeplant werden Die Durchführung besteht aus drei Spiel- und Auswertungsphasen mit leicht veränderten Ausgangssituationen. Zu Beginn jeder Spielphase bespricht die Lehrkraft die Ausgangsituation und Auszahlungsmatrix mit den Schülerinnen und Schülern. Die Matrix sollte zur Unterstützung der Schülerinnen und Schüler während des Experiments sichtbar sein.7
Die Ausgangssituation der ersten Spielphase entspricht der Situation, die wir bereits in Abschnitt 1.1 kennengerlernt haben. Nachdem diese und die Matrix erläutert wurden, wählt die Lehrkraft zwei Schülerinnen und Schüler aus, die die Rollen der beiden Akteure der Ausgangsituation repräsentieren. Aufgrund der fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten der Akteure in der Ausgangssituation, dürfen die beiden Repräsentanten auch nicht miteinander sprechen. Die beiden Repräsentanten erhalten von der Lehrkraft jeweils eine Entscheidungskarte, auf welcher sich die beiden jeweils für das Theater oder das Stadion entscheiden. Die anderen Schülerinnen und Schüler haben derweil die Aufgabe mögliche Strategien für die Entscheidungen zu entwickeln. Nach jeder Entscheidung notiert die Lehrkraft die getroffenen Entscheidungen in einer Entscheidungstabelle, die für alle im Klassenraum sichtbar ist. Dieser Vorgang wird mit den beiden Repräsentanten insgesamt dreimal analog durchgeführt. Um ein anschaulicheres Ergebnis zu erhalten, empfiehlt es sich diesen Ablauf mit weiteren Repräsentanten durchzuführen.8 Im Anschluss an die erste Spielphase bespricht die Lehrkraft mit der Klasse die Ergebnisse. Der Spielablauf der zweiten Spiel- und Auswertungsphase ist analog zur ersten Spielphase, allerdings hat sie sich die Ausgangsituation verändert, denn die Frau hat nun erfahren, dass ihre Freundinnen auch im Theater sein werden. Somit ergibt sich eine neue Auszahlungssituation:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Matrix 2: Auszahlungsmatrix Spielphase 29 10
In der dritten Spielphase gibt es wieder eine veränderte Spielsituation, denn auch der Mann hat nun erfahren, dass sein bester Freund das Spiel im Stadion besucht, sodass sich erneut eine neue Auszahlungsmatrix ergibt. Im Anschluss erfolgt auch hier eine Auswertungsphase.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Matrix 3: Auszahlungsmatrix Spielphase 310
3. Einbettung in eine Unterrichtsreihe
Obwohl die Durchführung des Experimentes für die Sekundarbereich II empfohlen wird, wird das Experiment, aufgrund des Bezugs des Studiengangs der ökonomischen Bildung zur Sekundarstufe I, im Folgenden in eine Unterrichtsreihe für die 10. Klasse implementiert.
Das zentrale Thema der Unterrichtsreihe ist : „Die Europäische Union“. Die Unterrichtsreihe könnte wie folgt aufgebaut sein:11
- Was ist die Europäische Union? (Einzelstunde)
- Die Ziele der Europäischen Union(Einzelstunde)
- Die politische Dimension der EU(Einzelstunde)
- Problemfelder der EU(Einzelstunde plus Doppelstunde für die Durchführung)
- Schul- und Berufsbildung von Jugendlichen in der EU
In dieser Unterrichtsreihe erhalten die Schülerinnen und Schüler zunächst einen Überblick über die Geschichte, Akteure und den Handlungsbereich der Europäischen Union. Daraufhin werden die Zielsetzungen der europäischen Union erarbeitet, um anschließend die politischen Handlungsfelder gemeinsam zu bearbeiten. Mit Hilfe dieser Kenntnisse können daraufhin die Problemfelder der EU gemeinsam erarbeitet werden. Im Rahmen dieser Thematik soll die Durchführung des Experimentes erfolgen. Das Experiment soll dabei verdeutlichen, welche Probleme und Lösungen bei der Koordination von gemeinsamen Entscheidungen vorhanden sind. Eine exemplarische Situation, z. B. aus dem Problemfeld des Verbraucherschutzes, kann im Anschluss gemeinsam mit Hilfe des Experimentes gemeinsam analysiert werden. Diese Situation könnte wie folgt beschrieben werden:
Zwei Länder wollen einen gemeinsamen Standard für die Kennzeichnung von zuckerhaltigen Lebensmitteln einführen. Beide Länder haben zuvor bereits eine eigene Kennzeichnung eingeführt, daher bevorzugen beide Länder ihre eigene Kennzeichnung zum gemeinsamen Standard zu ernennen. Eine gemeinsame Standardisierung wird von beiden dennoch als unumgänglich angesehen
4. Fachwissenschaftlicher Hintergrund
4.1 Spieltheorie
4.1.1 Was ist Spieltheorie?
Die Spieltheorie dient der Analyse des Entscheidungsverhaltens von Personen in Entscheidungssituationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das Ergebnis der Entscheidungssituation nicht vom Verhalten des Einzelnen, sondern vom Verhalten weiterer Personen abhängig ist.12 Die Personen, die sich in dieser Entscheidungssituation befinden, haben Kenntnis von dieser Abhängigkeit und gehen davon aus, dass auch die weiteren beteiligten Personen Kenntnis darüber haben.13 Durch das Verfolgen der eigenen Interessen kommt es zu einem Konflikt zwischen den Entscheidungsträgern, welcher kennzeichnend für Situationen der Spieltheorie ist.
Der Name „Spieltheorie“ geht auf die Anfänge dieser Methode zurück, in denen Gesellschaftsspiele untersucht wurden.14 Zwar dient die Spieltheorie heute nicht mehr der Analyse von Gesellschaftsspielen, so weisen die Situationen der Spieltheorie dennoch Eigenschaften von Spielsituationen auf, in denen die Akteure unter bestimmten Rahmenbedingungen ihre Entscheidungen treffen müssen.15. Die Spieltheorie gewann ab den 1970ern an Bedeutung und ist heute einer der führenden Methodiken in den Wirtschaftswissenschaften.16
4.1.2 Die nicht-kooperative Spieltheorie
Die Spieltheorie lässt sich in verschiedene Spielformen unterteilen. Die traditionelle Unterteilung stellen die kooperative und die nicht-kooperative Spielform dar.17 Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit den wesentlichen Merkmalen der nicht-kooperativen Spieltheorie, zu der auch die Spielsituation im Kampf der Geschlechter zählt.
Die charakterisierenden Eigenschaften von Entscheidungssituationen der nicht-kooperativen Spieltheorie sind die fehlende Möglichkeit der Vereinbarung von verbindlichen Verträgen zwischen den Akteuren und, daraus resultierend, die fehlende Kommunikation zwischen ihnen.18 Die Akteure haben in diesen Entscheidungssituationen vor dem Treffen ihrer Entscheidungen keinerlei Möglichkeit Einfluss auf die anderen Akteure zu nehmen. Zudem stellen die Akteure keine Vermutungen darüber auf, welche Wesenszüge die anderen Akteure haben könnten und inwiefern diese ihre Entscheidungen beeinflussen würden, sondern agieren rational.19 Die Akteure agieren somit nutzenorientiert, das heißt, sie treffen ihre Entscheidungen so, dass sie dadurch den größtmöglichen Nutzen für sich selbst erwerben können.20 Jedem Spieler sind zudem die Nutzeneinschätzungen der anderen Spieler bekannt. Die fehlende Möglichkeit für Vereinbarungen und somit zur Kommunikation ist auch der große Unterschied zu der kooperativen Spieltheorie, in deren Spielsituationen die Akteure das gewünschte Ergebnis gemeinsam besprechen, festlegen und sogar vertraglich festhalten können.21 Bindende Vereinbarungen haben einen enormen Einfluss auf die Spielweise eines Spiels, denn mögliche Sanktionen bei NichtEinhaltung dieser Verträge beeinflussen das Verhalten der Akteure in ihren Entscheidungen.22
[...]
1 Vgl. Schlösser (2009), 129
2 Vgl. Schlösser (2009), 130
3 Vgl. Diekmann (2010), 43
4 In Anlehnung an: Schlösser(2009), 130
5 Erläuterung siehe: Kapitel 3.2.2
6 Vgl. Holler/Illing(2013), 11
7 Vgl. Schlösser (2009), 129
8 Vgl. Schlösser(2009), 130
9 Vgl. Schlösser(2009), 131
10 Vgl. Schlösser(2009), 132
11 In Anlehnung an: Eggert/Friebel u.a.(2014), 198-207
12 Vgl. Ockenfels: Spieltheorie. Online abgerufen am 10.03.2016 unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Ar- chiv/2710/spieltheorie-v8.html
13 Vgl. Holler/Illing(2013), 1
14 Vgl. Rieck(2015), 21
15 Vgl. Holler/Illing(2013), 1
16 Vgl. Ockenfels: Spieltheorie. Online abgerufen am 10.03.2016 unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Ar- chiv/2710/spieltheorie-v8.html
17 Vgl. Rieck(2015), 36
18 Vgl. Rieck (2015), 38
19 Vgl. Rieck(2015), 37
20 Vgl. Thommen: ökonomische Rationalität. Online abgerufen am 10.03.2016 unter: http://wirtschaftslexi- kon.gabler.de/Archiv/1789/oekonomische-rationalitaet-v9.html
21 Vgl. Rieck(2015), 36f
22 Vgl. Holler/Illing(2013), 17
- Arbeit zitieren
- Johannes Grote (Autor), 2016, Spieltheorie im Unterricht. Die Einbettung spieltheoretischer Experimente am Beispiel des Koordinationsspiels "Kampf der Geschlechter", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/944634
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