Ziel der vorliegenden Master Thesis ist die Erstellung eines mediativen Designs, bei welchem Teammitglieder im Change Prozess so begleitet werden, dass veränderungsbedingte Widerstände und Konflikte minimiert und Ängste reduziert werden können.
Durch meine berufliche Tätigkeit als Arbeits- und Organisationspsychologin sehe ich hohes Anwendungspotential an einer Team- bzw. Wirtschaftsmediation. Mein Tätigkeitsbereich brachte immer wieder Konflikte zwischen Menschen, Gruppen und Abteilungen zum Vorschein, jedoch begrenzte sich mein Zugang auf Mitarbeitergespräche und Fragebogenuntersuchungen, die zwar Ursachen von zwischenmenschlichen Problemen bzw. Konflikten in einem Unternehmen aufzeigten, einen konstruktiven Umgang und dessen Begleitung zur Auflösung dieser jedoch offenließ. Der Aufbau der vorliegenden Arbeit gliedert sich in vier Themenblöcke, in jeweils einem Kapitel herausgearbeitet. Der erste Themenblock behandelt die Thematik des Change-Managements, es geht um die Klärung der Begrifflichkeit und um Widerstände, die im Zusammenhang mit Change-Prozessen entstehen. Die Auswirkungen von Veränderungsprozessen auf Teams und welche Teamkonflikte dabei auftreten, wird im zweiten Kapitel behandelt. Im dritten Kapitel werden Tools vorgestellt, die bei Change-Prozessen ihre Anwendung finden. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Präsentation eines eigenen Designs, mit welchem meiner Beurteilung nach Veränderungsprozesse erfolgreich begleitet werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Zielsetzung und Fragestellung der Arbeit
1.2. Aufbau der Arbeit
2. Change-Management
2.1. Definition Change-Management
2.2. Notwendigkeit von Veränderungsprozessen in Organisationen
2.3. Widerstände in Change-Management
2.4. Erscheinungsformen von Widerständen
3. Team und Teamkonflikte
3.1. Definition Team
3.2. Definition Konflikt
3.3. Konfliktarten
3.3.1. Sachkonflikte oder Bewertungskonflikte (Ziele)
3.3.2. Beurteilung oder Prozedurkonflikte (Wege)
3.3.3. Verteilungskonflikte (Mittel)
3.3.4. Beziehungskonflikte
3.3.5. Wertekonflikte
3.4. Entstehung von Teamkonflikten
4. Modelle bei Change-Management
4.1. Feldtheorie von Lewin
4.2. 8-Phasenmodell von Kotter
4.3. 5-Phasen-Modell nach Krüger
4.4. Konzept der lernenden Organisation
4.5. Modell der Komplexität dynamischer Systeme
4.6. Top-down und Bottom-up-Modell
4.7. 7 Phasen der Veränderung
4.8. Zusammenfassend zu den Modellen
5. Präventives Design für den Change-Prozess
5.1. Präventive Mediation
5.1.1. Auftragsklärung
5.1.2. Vorphase - Einzelgespräch
5.1.3. Ablauf der präventiven Mediation (Main-Mediation)
5.2. Teamsupervision
5.3. Führungskräftecoaching
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1 Ansatzpunkte des Change-Managements (Staehle, 1999, S. 934)
Abbildung 2.2 Offene und verborgene Themen des Change nach Jarmei 1997 (Schichtel, 2016, S. 45)
Abbildung 2.3 Zielkongruenz Mitarbeiter/Organisation und Entstehung von Widerständen gegen den Wandel (Cacaci, 2006, S. 45)
Abbildung 2.4 Aspekte der Organisation (Steiger & Eric, Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen., 2003, S. 266)
Abbildung 2.5 Erscheinungsformen von Widerständen (Doppler & Lauterburg, Change Management Den Unternehmenswandel gestalten, 2008, S. 357)
Abbildung 3.1 Der Konflikteisberg (Schichtel, 2016, S. 289)
Abbildung 4.1 Feldtheorie Kurt Lewin (Lauer, 2019, S. 68)
Abbildung 4.2 Drei-Phasen-Modell des Wandels nach Kurt Lewin (Lauer, 2019, S. 70)
Abbildung 4.3 Phasen in Veränderungsprozessen von Streich (2016) (www.organisationsberatung.net, 2020)
Abbildung 5.1 Der Erwartungscheck, C. Hildendag-Pawal (Ihde & Lengler, 2015, S. 36-38)
1. Einleitung
„Die Widerstände gegen das Neue werden gespeist von der Angst vor dem Fremden. Da das Fremde nur in der Spiegelung am Eigenen sichtbar wird, steht hinter der Angst vor dem Fremden die Angst, sich selbst ändern zu müssen. “
Balko von Oetinger (Cacaci, 2006, S. 9)
Dieses Zitat von Balko von Oetinger entspricht genau der Problemstellung dieser Master Thesis. Menschen haben Angst vor Veränderungen und dies macht sich in Change-Management- Prozessen deutlich bemerkbar.
1.1. Zielsetzung und Fragestellung der Arbeit
Ziel der vorliegenden Master Thesis ist die Erstellung eines mediativen Designs, bei welchem Teammitglieder im Change Prozess so begleitet werden, dass veränderungsbedingte Widerstände und Konflikte minimiert und Ängste reduziert werden können.
Durch meine berufliche Tätigkeit als Arbeits- und Organisationspsychologin sehe ich hohes Anwendungspotential an einer Team- bzw. Wirtschaftsmediation. Mein Tätigkeitsbereich brachte immer wieder Konflikte zwischen Menschen, Gruppen und Abteilungen zum Vorschein, jedoch begrenzte sich mein Zugang auf Mitarbeitergespräche und Fragebogenuntersuchungen, die zwar Ursachen von zwischenmenschlichen Problemen bzw. Konflikten in einem Unternehmen aufzeigten, einen konstruktiven Umgang und dessen Begleitung zur Auflösung dieser jedoch offenließ.
Daraus ergibt sich folgende Fragestellung:
Ist es durch den Einsatz von mediativen Methoden möglich, Widerstände im ChangeProzess zu vermeiden und eine für Teams positiven Veränderungsprozess zu gestalten?
1.2. Aufbau der Arbeit
Der Aufbau der vorliegenden Arbeit gliedert sich in vier Themenblöcke, in jeweils einem Kapitel herausgearbeitet. Der erste Themenblock behandelt die Thematik des Change-Managements, es geht um die Klärung der Begrifflichkeit und um Widerstände, die im Zusammenhang mit Change-Prozessen entstehen. Die Auswirkungen von Veränderungsprozessen auf Teams und welche Teamkonflikte dabei auftreten, wird im zweiten Kapitel behandelt. Im dritten Kapitel werden Tools vorgestellt, die bei Change-Prozessen ihre Anwendung finden. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Präsentation eines eigenen Designs, mit welchem meiner Beurteilung nach Veränderungsprozesse erfolgreich begleitet werden können.
2. Change-Management
Für die nachfolgenden Punkte der vorliegenden Arbeit ist es zunächst von zentraler Bedeutung die Begrifflichkeit von Change-Management genauer zu definieren.
2.1. Definition Change-Management
Trotz zunehmender Bedeutung des Change-Managements, gibt es keine einheitliche Definition für diesen Begriff, welcher sich in der wissenschaftlichen Literatur durchgesetzt hat. Übersetzt heißt Change-Management „Steuerung von Veränderungen“ (Schichtel, 2016, S. 40) bzw. die optimale Steuerung eines Unternehmenswandels. Daher ist der Begriff des Change-Managements in der vorliegenden Arbeit mit dem Begriff des Veränderungsmanagement und des Unternehmenswandels gleichzusetzen.
Veränderungsmanagement bedeutet nach Reiß (1997), „Infrastrukturen“ für Veränderungen zu schaffen und umfasst alle Maßnahmen, die zur Initiierung und zur Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen und Verhaltensweisen notwendig sind. (Hamborg & Holling, 2003, S. 46)
Nach Lauer (2019, S. 4) geht es beim Change-Management um eine optimale Formung des Weges vom Ausgangspunkt zum Ziel, wobei der Fokus auf dem Faktor Mensch liegt und die Umsetzung von Veränderungen die aktive Unterstützung der Mitarbeiter erfordert.
„Allgemeines Ziel des Veränderungsmanagements ist ein hoher Grad der Zielerreichung, positive Evaluation der gesetzten Maßnahmen bzw. deren Ergebnisse durch die maßgeblichen Schlüsselpersonen inner- und außerhalb der Organisation.“ (Greif, Bernd, & Ilka, 2004, S. 38)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1 Ansatzpunkte des Change-Managements (Staehle;
Zu Unternehmensstrukturen: Sie umfassen die formale Aufbau- und Ablauforganisation als auch Strategien und Ressourcen in einem Unternehmen. Ihr Wandel ist auf dem Papier grundsätzlich einfach, die informellen Strukturen, welche eher langfristig und gewissermaßen evolutionär entstehen, sträuben sich aber häufig gegen Neuerungen und diese notwendige, umzusetzende Veränderung.
Zu Unternehmenskultur: Diese dauerhaften, eher informellen Strukturen, die durch Einstellungen, Werthaltungen und informelle Regeln für den Umgang miteinander verantwortlich sind, werden als Unternehmenskultur bezeichnet und sind von den einzelnen Individuen weitgehend als unabhängig zu bezeichnen. Ein Wandel nur auf individueller und struktureller Ebene ohne die Einbeziehungen der Unternehmenskultur ist oftmals mit erheblichen Problemen behaftet, wenn gar zum vollständigen Scheitern verurteilt. (Lauer, 2019, S. 7-8)
Zu Individuum: Sie bilden die kleinsten sozialen Elemente der Organisationen. Ohne ihre aktive Mitarbeit ist ein Wandel auf der übergeordneten Ebene des Unternehmens nicht möglich. Change-Management bedeutet in Bezug auf den jeweils Einzelnen nicht nur seine Fähigkeiten an neue Herausforderungen anzupassen, sondern auch seine nötige positive Einstellung zu den Zielen des Wandels und dessen Mitarbeit daran zu fördern.
Change-Management umfasst somit eine Abstimmung von Struktur, Kultur und Individuum innerhalb eines unternehmerischen Veränderungsprozesses, das von Beginn an.
2.2. Notwendigkeit von Veränderungsprozessen in Organisationen
Seit langem werden Veränderungsprozesse in Organisationen/Unternehmen durchgeführt, mit wachsender Geschwindigkeit der Organisationen und der Probleme bei der Umsetzung, haben sie sich zu einem allgegenwärtigen Thema entwickelt. Organisationen und Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branche unterliegen einem permanenten Veränderungsdruck und einem stetig steigenden Innovationstempo. Die Entwicklung neuer, komplexerer und innovativerer Aufgabenfelder, Umstrukturierungsmaßnahmen, Verkürzung von Zeithorizonten und Produktlebenszyklen zwingen Organisationen aus wirtschaftlichen Überlegungen, zukünftig flexibler zu reagieren (Stahl, 2014, S. 303).
Diese Veränderungen können proaktiv veranlasst sein, um künftige Herausforderungen erfolgreich zu trotzen oder aber sie entspringen einer unmittelbaren Reaktion auf krisenhafte Erscheinungen.
Beispiele für Prozesse des Wandels sind nach Lauer: (vgl. 2019, S. 6)
- Die Übernahme eines Unternehmens durch einen Investor oder einem Unternehmensnachfolger, durch Übergabe des Unternehmens des Eigentümers an die nächste Generation;
- Die vollständige Reorganisation eines Unternehmens, zur Bildung klarer Strukturen nach Wachstumsphasen oder durch Insolvenz;
- Die Ausgliederung von Organisationseinheiten durch Verkauf oder Outsourcing;
- Die Reorganisation von einzelnen Funktionsbereichen des Unternehmens;
- Die Einführung neuer Technologien und Prozesse im Bereich der Kommunikation, des Kundenmanagements oder im Rahmen einer Produktneueinführung;
- Die Veränderung oder Implementierung von Methoden oder Regeln, die vor allem das Personal tangieren.
Ziel ist und dahinter steht immer die Absicht, die Organisation zu verbessern. In letzter Konsequenz geht es darum die langfristige Überlebens- und Entwicklungsfähigkeit der Organisation zu erhalten oder wiederherzustellen. Dieser in der Zukunft liegender Zustand lässt sich nur über ein zu änderndes Verhalten bei den Mitarbeiten erreichen, indem die Mitarbeiter diese Veränderung annehmen und auch unterstützen. Der Mitarbeiter jedoch steht dem Wandel - sobald es ihm persönlich betrifft - meist skeptisch und ängstlich gegenüber. Bei einer Organisation, die seinen Mitarbeitern diese Ängste und Unsicherheiten nicht nehmen kann, ist der Veränderungsprozess zum Scheitern verurteilt. (www.organisationsberatung.net, 2020)
2.3. Widerstände in Change-Management
Jeder Entwicklungsprozess und somit auch der einhergehende Veränderungsprozess hat mit Widerständen in der Struktur, der Kultur und deren Individuen zu rechnen. Nur wenige Menschen stehen einer anstehenden Veränderung ohne Vorbehalte gegenüber oder sehen sie sogar als Chance für sich selbst und deren Organisation, welcher sie angehören. Nach Doppler und Lauterberg (2008, S. 354) besteht ein Widerstand, wenn vorhergesehene Entscheidungen oder getroffene Maßnahmen, die auch bei sorgfältiger Prüfung als sinnvoll, „logisch“ oder sogar dringend notwendig erscheinen, aus zunächst nicht ersichtlichen Gründen bei einzelnen Individuen, bei einzelnen Teams oder sogar bei der ganzen Belegschaft auf diffuse Ablehnung stoßen, nicht unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugen oder durch passives Verhalten unterlaufen werden. Daraus lässt sich ableiten, dass die konkreten Ursachen von Widerständen häufig nicht sichtbar sind.
Weiters ist die Unterscheidung von erklärungs- und nichterklärungsbedürftigen Widerständen wichtig. Droht mit dem Wandel etwa die Entlassung von Mitarbeitern, eine Gehaltskürzung, eine Entmachtung in der Hierarchie, so spricht man von nicht erklärungsbedürftigen Widerständen. Wesentliche dagegen sind die erklärungsbedürftigen Widerstände gegen eine Veränderung, die ihre Wurzeln nicht in offensichtlichen Nachteilen aufgrund einer neuen Situation haben, sondern auf psychologische Faktoren beruhen.
Folgende Aspekte können hier verursachend sein: (Lauer, 2019, S. 53)
- Ein generelles Ablehnen des zunächst Fremden:
Der Mensch besitzt Mechanismen, die die Entstehung von Vorurteilen begünstigen, wie zum Beispiel die Klassifizierung von Merkmalen in unterschiedlichen Gruppen, obwohl eine 90% Gemeinsamkeit vorliegt. Tritt die Veränderung durch zusätzlich neue Personen oder Gruppenkonstellationen ein, ist eine Ablehnung wahrscheinlich. Verstärkt wird dies durch das Phänomen der Gruppenpolarisation, wo die als fremd empfundenen Gruppen die Neigung aufweisen, sich in ihrer Position zu extremisieren (Lauer, 2019, S. 53). Dieses Zusammentreffen von Fremden löst gegenseitige Antipathie aus und kommt vor allem in Projekten vor, bei denen durch eine Umorganisation neue Teams aus zuvor unterschiedlichen Einheiten entstehen.
- Das Phänomen der Reaktanz :
Dies bezeichnet den generellen Hang von Menschen, auf Freiheitseinschränkungen mit Widerstand zu reagieren. Ziel des Widerstands kann die Wiedergewinnung der Freiheit oder einen Ersatz dafür zu finden, sein. Da der Wandel notwendige Änderung bestehender Regeln und Verhaltensweisen mit sich bringt und neue Regeln an die Stelle der bislang gültigen treten, entsteht Reaktanz in zweifacher Weise: Erstens werden die neuen Regeln als Einschränkung der bisherigen Freiheit aufgefasst und zweitens, erscheint die alten Verhaltensweisen plötzlich umso attraktiver;
- Kommunikative Missverständnisse:
Zum besseren Verständnis dieses Phänomens ist es wichtig, zwei wesentliche Aspekte zwischenmenschlicher Kommunikation näher zu beleuchten. Grundsätzlich ist Kommunikation störungsanfällig. Was ein Mensch als Botschaft senden möchte und unter dem was der Empfänger der Botschaft letztlich versteht, ermöglicht eine Reihe an Übersetzungsfehlern. Das Zitat von Konrad Lorenz ist hier sehr treffend: „Gedacht heißt nicht immer gesagt, gesagt heißt nicht immer gehört, gehört heißt nicht verstanden, verstanden heißt nicht einverstanden.“
Weiters spielen auch störende Einflüsse auf der Beziehungsebene eine maßgebliche Rolle. Kommunikation kann in diesem Fall mit einem Eisberg (siehe Abbildung 2.2.) verglichen werden, bei dem der sachliche Inhaltsaspekt lediglich die sichtbare Spitze über dem Wasser ausmacht und der viel wichtigere Beziehungsaspekt - mit all seinen Emotionen - unter der Oberfläche bleibt und nicht sichtbar ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2 Offene und verborgene Themen des Change nach Jarmei 1997 (Schichtel, 2016, S. 45)
Wie vorhin beschrieben lässt sich erkennen, dass die konkreten Ursachen von Widerständen oftmals nicht ersichtlich sind. Folgend wird versucht, eine Präzisierung für die Ursache von Widerständen - welche bei Veränderungen in Organisationen auftreten - vorzunehmen:
Ursachen für die Ablehnung von Veränderungen sind vielfältig. Während die obere Führungshierarchie Veränderung anregt, reißen sich die Teams und die Mitarbeiter in der Regel nicht um deren Umsetzung, denn die damit in Verbindung stehenden Veränderungen stören den gewohnten sozialen Rhythmus und Arbeitsablauf. Zusätzliche Arbeit wird suggeriert. Auch steckt dahinter ein enormes Potential an Missverständnissen, denen Gefühle vorgelagert sind. Nach Schichtel (2016, S. 68) lassen sich acht Gründe für die Ablehnung beschreiben, wo die Abwehr in der Regel nichts mit Absicht, sondern mit einer spontanen Reaktion der Mitarbeiter zu tun hat.
Gründe für Ablehnung von Mitarbeitern bei Change:
- Unsicherheit und Angst
Aus evolutionstheoretischer Sicht hat Angst die Aufgabe unser Überleben zu sichern. Unsicherheit vor Unbekanntem ist daher eine typische Reaktion auf Veränderungen. Solche Ängste können der Verlust des Status sein, alte und vertraute Beziehungen zu verlieren, Freiräume aufzugeben oder mit der neuen Aufgabe überfordert zu sein. Dadurch entsteht die Angst Fehler in der neuen Aufgabe zu machen, was schließlich auch eine Verschlechterung der finanziellen Situation auslösen kann.
- Schutz der Komfortzone
Gewohnte und routinierte Arbeitstätigkeiten müssen zum Teil aufgegeben und durch Neues ersetzt werden. Dies bedarf einen zusätzlichen Aufwand und das kostet Zeit und Nerven. Dieser Zustand ist für das Individuen unangenehm und löst eine Ablehnung des Veränderungsprozesses aus.
- Demografische Gründe
Studien belegen, dass die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit unter folgenden Voraussetzungen sinkt:
- Je älter man ist;
- Je länger man bereits in derselben Organisation ist;
- Je niedriger das Bildungsniveau ist;
- Je größer das Unternehmen ist;
- Je niedriger die Person in der Hierarchie angesiedelt ist;
- Je größer der bisher erreichte Besitzstand ist;
- Je geringer das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit ist;
- Je wertloser die eigenen Erfahrungen werden;
- Fehlende Überzeugung
Die Mitarbeiter verstehen den Grund der Veränderungen nicht. Sie sind mit dem Bestehenden zufrieden und der Change wird deshalb als eine Verschlechterung bewertet.
- Fehlende Erfahrung, falsche Erwartungshaltung
Durch fehlende Erfahrungen mit Change, kommt den Mitarbeitern einer Organisation der Veränderungsprozess ewig vor. Der Veränderungsprozess wird nicht begleitet, Zwischenergebnisse werden nicht kommuniziert, die anfängliche Veränderungsenergie erlahmt und das Neue wird entwertet.
- Kontrollverlust
Nicht selbst herbeigeführte Veränderungen bewirken bei Mitarbeitern einen Kontrollverlust und versetzt sie in eine emotionale Alarmbereitschaft. Die Angst vor der Unkontrollierbarkeit blockiert die Bereitschaft für den notwendigen Veränderungsprozess.
- Abwertung der bisherigen Arbeitsleistung
In der Regel sind Mitarbeiter stolz auf ihre Arbeitsleistung. Veränderungen werden als Unterstellung - sie hätten schlecht gearbeitet oder seien nicht engagiert genug - wahrgenommen.
- Aufkündigung des persönlichen Vertrags zwischen Angestellten und Organisation Neben Gehalt und Aufgabe spielen für Mitarbeiter auch implizite Vertragsverhältnisse - wie frei man seine Aufgabe gestalten kann, wo man sitzt oder welches Umfeld man hat - eine große Rolle. Diese unausgesprochenen Rahmenbedingungen werden durch Change-Vorhaben stark verändert und können zu Konflikten zwischen den Mitarbeitern und der Organisation führen.
Jeder Mitarbeiter eines Unternehmens ist als eigenständiges Individuum anzusehen, welches stets individuelle Ziele verfolgt. Durch die Eingliederung in eine unternehmerische Organisation werden einige dieser Individualziele zu Kollektivzielen des Unternehmens und verschmelzen zu einem gemeinsamen Ziel.
Der optimale Zustand entspricht einem Gleichgewicht zwischen Individual- und Kollektivziel.
Tritt jedoch ein Zustand auf, der den Mitarbeiter von dem Verfolgen der eigenen Ziele und Interessen abhält, so herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Individual- und Kollektivzielen. Da Mitarbeiter in erster Linie im angehörigen Umfeld nach Stabilität streben wird versucht, das Ungleichgewicht in irgendeiner Form wiederherzustellen. Abbildung 1.3. verdeutlicht nach Cacaci (2006) das Zusammenspiel der Individual- und Kollektivziele sowie die Entstehung von Widerständen durch Veränderungen (Reschreiter, 2013, S. 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3 Zielkongruenz Mitarbeiter/Organisation und Entstehung von Widerständen gegen den Wandel (Cacaci, 2006, S. 45)
Veränderungen, die das Gleichgewicht der Individual- und Kollektivziele gefährden, bzw. die Schnittmengen der Individualziele und die des Unternehmens negativ verändern, führen zu Widerständen. (Reschreiter, 2013, S. 4)
Wie bereits beschrieben, ist die wichtigste Ursache von Widerständen in ChangeProzessen die Angst der Mitarbeiter. Veränderungen bedeuten immer eine Entwicklung in eine fremde Zukunft und diese neue und ungewohnte Situation steht im Zwiespalt mit der gewünschten und meist gelebten Sicherheit und Stabilität des gegenwärtigen Zustandes. (Cacaci, 2006, S. 62)
Steiger und Lippmann (2003) stellten fest, dass jede Veränderung, gleichgültig wodurch sie ausgelöst wurde oder wie sie verläuft, immer alle Aspekte einer Organisation erfasst. Abbildung 2.4. verdeutlicht die Veränderung des gesamten „Dreiklangs“ von Struktur, Aufgabe und Kultur. (Steiger & Lippmann, 2003, S. 266)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4 Aspekte der Organisation (Steiger & Eric, Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen., 2003, S. 266)
Unter Struktur wird nach Hug und Steiger (2019, S. 32) die Aufgabenteilung, die Regelung der Kompetenz, Verantwortung und die Abläufe verstanden. Organisationspsychologisch betrachtet ist relevant, dass Strukturen, gleich ob sie informell oder formell vorgegeben werden, sichtbare und spürbare Rahmenbedingen vorgeben. Sie regeln Einfluss, Macht aber auch die Einbindung und die Entwicklungsmöglichkeiten. Damit sind Strukturen wesentliche Orientierungshilfen, die Halt und Sicherheit geben und zur Reduktion von Ängsten führen.
Zu den Aufgaben zählen sowohl das Aufgabenverständnis als auch die Interpretation der Primary Tasks sowie Ziele und Strategien. Aufgaben und Ziele gegen konkrete Richtungen vor und ermöglichen so dem Einzelnen Orientierung. Sie vermitteln Sinn, sorgen aber auch für Verbindlichkeit. Darüber hinaus erschließen sie Entwicklungsmöglichkeiten, Handlungsspielräume und Autonomie. Die gemeinsamen Ziele und Aufgaben, die Mitarbeiter für deren Erreichung erfüllen, schaffen eine Basis für Zusammenhalt und Gemeinsinn.
Die Kultur des Unternehmens, die über Werte, Normen, Denk- und Verhaltensmuster die Art und Weise, wie in der Organisation etwas getan wird, kann auch durch Veränderungen beeinflusst werden. Die Unternehmenskultur regelt sowohl bewusst oder unbewusst die Interpretation von Aufgaben als auch die strukturelle Ausgestaltung der Organisation. Ebenso beeinflusst sie die Qualität der Handlungen und Verhaltensweisen im Unternehmen und schafft dadurch die Grundlage für die Beschaffenheit der Kommunikation, die Zusammenarbeit, das Klima, Vertrauen, das Zusammengehörigkeitsgefühl oder das Bewusstsein der Identität der Organisation als Ganzes. (vgl. Steiger & Eric, 2003, S. 32)
Eine Veränderung des „Dreiklangs“ von Struktur, Aufgabe und Kultur bringt viele Risiken mit sich:
- Verunsicherung, Ungewissheit
- Orientierungslosigkeit
- Verlust von Perspektiven
- Ängste
- Frustration und Aggressivität
- Sinnkrisen
- Verminderung der Motivation und Engagement
- Verringerte Identifikation
- Verlust des Zusammenhalts und der Kooperationsbereitschaft
- Verfolgung von Einzelinteressen
- Widerstände
- Gefährdung der Konfliktfähigkeit
- Vermehrte Aufwendung von Energie für Auseinandersetzungen auf mikropolitischer Ebene anstatt für die eigentlichen Aufgaben
Hug und Steiger (vgl. 2003, S. 32) verdeutlichen nicht nur die Komplexität und Reichweite von Veränderungsprozessen, sondern machen auch darauf aufmerksam, dass ein professionelles Change-Management fähig sein muss, den Prozess ganzheitlich wahrzunehmen - im sichtbaren Bereich die Fachinhalte, im unsichtbaren Bereich das soziale Feld.
Zusammenfassend ist feststellbar, dass es eine Vielzahl von Ursachen für die Ablehnung von Change-Prozessen gibt.
2.4. Erscheinungsformen von Widerständen
Das Erkennen von Widerständen ist nicht immer leicht. Das Vorhandensein von Widerständen ist nur dadurch bemerkbar, wenn wahrgenommen wird, dass etwas nicht stimmt, der Veränderungsprozess nicht zu den gewünschten Effekten führt, Ziele nicht erreicht werden oder Missstimmung in der Organisation aufkommt.
Typische Anzeichen für Widerstände bei einzelnen Individuen oder kleineren Gruppen sind:
- Es rollt plötzlich nicht mehr; Die Arbeit kommt nur noch mühsam und zähflüssig voran. Sitzungen werden lustlos geführt. Entscheidungsprozesse geraten ins Stocken;
- Es wird geblödelt; es wird endlos über nebensächliche Fragen debattiert; man gerät vom Hundertsten ins Tausendste; keiner hört dem andern zu; der „rote Faden“ geht verloren;
- Es entstehen peinliche Schweigepausen; man sieht betretene Gesichter; auch Mitarbeiter, die sonst engagieren, halten sich auffallend zurück; es herrscht allgemeine Ratlosigkeit; (Doppler & Lauterburg, 2008, S. 358)
Widerstände treten gewissermaßen in einer beachtlichen Palette bei Mitarbeitern und Teams in Erscheinung. Doppler und Lauterberg (2008, S. 357) klassifizieren die Fülle an Symptomen für Widerstände in einer Matrix, welche sich zwischen „aktiv“ und „passiv“ sowie „verbal“ und „nonverbal“ unterscheiden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.5 Erscheinungsformen von Widerständen (Doppler & Lauterburg, Change Management Den Unternehmenswandel gestalten, 2008, S. 357)
Nach der in Abbildung 2.4 dargestellten Matrix wird das breite Spektrum möglicher Anzeichen für Widerstände deutlich. Der Fokus soll hierbei nicht nur auf die eindeutigen Widerstände im Bereich der aktiven Erscheinungsformen liegen, sondern auf die unauffälligen passiven Symptome. Die aktiv-verbalen Widerstände, die unter dem Begriff „Widerspruch“ zusammengefasst sind, beziehen sich auf eher sachbezogene Gegenargumentationen bis hin zu Vorwürfen, Abwertungen oder sogar Drohungen.
Zu den aktiv-nonverbalen Widerständen, die unter dem Begriff „Aufregung“ subsumiert sind, zählen Unruhe, abwertende Gestik und Mimik, Intrigen, Cliquenbildung und werden am Häufigsten vorgefunden. Lässt sich ein verbaler Widerstand erkennen, der sich jedoch nicht auf die eigentliche Ursache bezieht, so wird von Widerständen des „Ausweichen“ gesprochen. Kennzeichnend dafür sind Schweigen, Bagatellisieren, Blödeln und ins lächerliche Ziehen.
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- Arbeit zitieren
- Bettina Mayr (Autor:in), 2020, Entwicklung einer präventiven professionellen Intervention im Change-Prozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/944685
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