Historische und moderne Theorien des Namens


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Theorien der Namenforschung
2.1 Historische Auffassungen
2.2 Moderne Auffassungen

3. Zur Bedeutung von Namen

4. Definitionsansätze
4.1 Die phonematisch-graphematische Ebene
4.2 Die morphematisch-lexematische Ebene
4.3 Die syntaktische Ebene
4.4 Die semantische Ebene

5. Zusammenfassende Schlussbemerkungen und weiterreichende Ausblicke

6. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

In allen Sprachen der Welt markiert die Kategorie „Name“ einen besonderen Status. Jene universale Klasse hat von der Wirkung her ihre immens hohe soziale Aufmerksamkeit u.a. deshalb inne, »weil Namengebung zu den anthropologischen Grundbedürfnissen organisierter Gemeinschaften gehört«, wie Kalverkämper (1994: 209, 212) nüchtern konstatiert. Grund genug, sich diesem ergiebigen Gebiet der Sprachwissenschaft näher zu widmen.

Innerhalb des vorliegenden Beitrages zur Namenkunde soll sich daher detailliert mit der Geschichte und dem Gebrauch der Namen auseinandergesetzt werden. In Kapitel 2 erfolgt dabei zunächst die Darstellung der Entwicklung jener Thematik von historischen Theorien bis hin zu modernen Erklärungsmodellen, da man in der Deutung und Darlegung aktuellerer Forschungsstände auf die Betrachtung historischer Entwicklungen nicht verzichten kann. Hansack (2004: 51) positioniert sich auf der Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen älteren und modernen Theorien dabei wie folgt: »Was unter einem Namen (im Sinne von ‚Eigenname’) zu verstehen ist, war nie umstritten: Ein Name dient als Bezeichnung für ein Individuum, im Gegensatz zum Appellativ, das als Klassenbezeichnung fungiert.« Auf diesen gemeinsamen Nenner scheinen sich die Ergebnisse bei der Suche nach Übereinstimmungen jedoch nahezu bereits zu beschränken. Weiter erhellen sollen deshalb dieses nebulöse Dunkel die nachfolgend dargestellten Ergebnisse des diachronen und synchronen Forschungsstandes.

Von der Antike bis zur Gegenwart andauernd ist die Untersuchung zur Unterscheidung des Nomen proprium (individueller Eigenname[1] ) vom Nomen appellativum (allgemeiner Gattungsname) immer wieder zum Forschungsgegenstand erhoben worden. Koß (2002: 55) regt jene Diskussion durch sein persiflierendes Eingangsbeispiel gelungen an: Namen sind demgemäß offensichtlich nicht nur »Schall und Rauch« (Goethe, „Faust“ I, V. 3457): »Es ist schließlich ein Unterschied, ob (…) [man] von Goethes Faust oder von Goethes „Faust“ (…) [spricht]. (…) [Man] kann zwar sagen „Goethes Fäuste“, hingegen ist es zwar nicht unmöglich, aber ungewöhnlich, von Goethes „Fäusten“ zu reden, nachdem es mit „Faust I, II, Urfaust“ mehrere gibt.« Den EN wird dabei im System der Sprache des Öfteren eine gewisse Sonderstellung zugesprochen, um deren wissenschaftliche Erfassung man hinsichtlich der Ausdrucks- und Inhaltsseite sowie im Bezug auf seine Verwendung bemüht ist. Als ein zentraler Aspekt in der Namenforschung kristallisiert sich epochenübergreifend die Frage nach dem Namen und seiner Bedeutung heraus, was schließlich in Kapitel 3 zum Untersuchungsgegenstand erhoben wird. Hansack (2004: 51) weist in diesem Zusammenhang auf jenen, durch ihn konträr vertretenen, Standpunkt hin: »nach traditioneller, heute noch weit verbreiteter Vorstellung haben Namen keine Bedeutung«. Innerhalb der Forschungsliteratur trifft man diesbezüglich jedoch auf einen durchaus kontrovers diskutierten Gegenstand, welcher einen graduell differenzierten Sinngehalt unterstellt bekommt. Dahingehend kursieren Auffassungen, welche von keiner, über eine begrenzte (Zwischenwerte) bis hin zu einem hohen Maß (Maximum) an Bedeutung reichen. Hansack (2004: 51) betont: »Es lassen sich drei Auffassungen unterscheiden, nämlich:

(1) Namen haben keine Bedeutung (dies war die Auffassung der philosophischen Richtung mit ihrem Hauptvertreter JOHN STUART MILL),
(2) Namen haben eine eingeschränkte Bedeutung beziehungsweise sind ‚semantisch reduziert’ (diese Auffassung war von der Sprechakttheorie beeinflusst),
(3) Namen haben ein Maximum an Bedeutung (dies ist die moderne Auffassung seit OTTO JESPERSEN).«

Jene unterschiedlichen Betrachtungsansätze werden im Verlauf der Arbeit schließlich noch ausführlicher kommentiert und erläutert. Den Abschluss bildet Kapitel 4 mit dem Versuch der Herleitung einer möglichst umfassenden Definition zur Kategorie „Name“.

Als äußerst hilfreich und anregend für die vorliegende Arbeit erwiesen sich die Veröffent-lichungen von Gerhard Bauer, Ernst Hansack und Gerhard Koß, weil diese in überschaubarem und exemplarischem Umfang die wichtigsten Facetten ihrer Untersuchungen zur Namenforschung in theoretischer und praktisch-angewandter Weise skizzieren. Ob die Namengebung als eine Art „Intelligenzindikator“ bzw. als Distinktionsmerkmal für den Entwicklungsstand eines Volkes oder einer Gruppe zu fungieren vermag, ist vage zu belegen – Bauer (1985: 25) weist jedoch auf den Zusammenhang hin, dass z.B. das ohne Namen operierende nordamerikanische Volk der „Ataranten“ als degeneriert galt. Ferner sei beispielhaft an die heutige westeuropäische Zivilisation erinnert, in welcher ein Verzicht auf die Verwendung von Namen undenkbar wäre. So konstatiert Ernst R. Hauschka diesen Umstand treffend: »Seien wir froh um jeden Namen; wären die Menschen beziffert, könnten wir sie uns noch viel schlechter merken.«

2. Theorien der Namenforschung

2.1 Historische Auffassungen

Bereits in der Bibel (vgl. Schöpfungsbericht der „Genesis“ 2: 19) lassen sich Passagen zur Thematisierung der Namengebung vorfinden. So wird darin im Rahmen der Schöpfungsgeschichte die Frage aufgeworfen, wie der Mensch wohl die von Gott geschaffenen Tiere (be)nennen würde. Seinerzeit kursierte gar die Auffassung, dass mit der Benennung eines Gegenstandes gleichermaßen die Herrschaft darüber einhergehe. Dieser Umstand nährte sehr wesentlich die simple Strategie der gängigen Praxis einer Tabuisierung von Namen, um eben jene befürchtete und folgenreiche Gefahr abzuwenden (vgl. Bauer 1985: 23). Dieses sog. mythische Denken der Primitiven beinhaltete im Rahmen der Namengebung die Benennung anhand von Ähnlichkeiten, ließ jedoch zumeist keinerlei kausale Zusammenhänge entdecken. Zur damaligen Zeit wurden jedoch zunächst undifferenziert allen „Dingen“ (also Menschen und Sachen) Namen (griech. onoma) gegeben. Laut Bauer (1985: 24) konkurrierten in der philosophischen Betrachtung zur Zeit der Antike zwei kontroverse Auffassungen hinsichtlich der Theorie zur Namengebung miteinander: Erstere, die sog. „Naturtheorie“, besagte, dass »jegliches Ding (...) seine von Natur ihm zukommende richtige Benennung [habe]«. Der Name hänge demgemäß mit dem Wesen der benannten Sache zusammen. Die zweite Ansicht markierte die sog. „Übereinkunftstheorie“, welche besagte, dass »die Richtigkeit der Worte (...) sich allein auf Vertrag und Übereinkunft [gründe]«. In diesem Fall beruhe die Regelung der Namengebung folglich auf Konventionen im Rahmen willkürlicher Setzungen. Welche nun schlechterdings die „richtigere“ beider Varianten sei, dazu konnte sich seinerzeit auch Sokrates nicht hinreichend positionieren. So gab er salomonisch beiden konträren Polen recht und betonte deren anteilig prozentualen Wahrheitsgehalt. Den zwei Auffassungen ist in jedem Fall gemein, dass in ihnen die Zuschreibung des Namens als typisch menschliches Charakteristikum erfolgt. Die traditionelle Grammatik ordnet die EN den Substantiven zu. Wimmer (1973: 35) veranschaulicht mittels seiner nachfolgend aufgeführten Grafik die weitere Differenzierung innerhalb jener recht umfangreichen Klasse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Klasse der Substantive in der traditionellen Grammatik (nach Wimmer 1973: 35 u.a.)

Debus (1997: 605) merkt diesbezüglich an, dass EN im allgemeinen etwas Konkretes bezeichnen, doch können »ggf. Abstrakta durch den individuierenden Namengebungsakt in den Status der Konkreta transferiert werden.« Jene recht umfangreiche Klasse der Substantive[2] wurde in der antiken lateinischen Grammatik einzig und allein wie folgt differenziert (vgl. Bauer 1985: 32ff.):

(1) Entweder tritt der Name als eine flektierbare Wortart auf, die etwas Körperhaftes (z.B. „Haus“) bezeichnet oder er wird für eine Tätigkeit (z.B. „Erziehung“) verwendet.
(2) Hinsichtlich seiner Bedeutung kann der Name einerseits allgemein Seiendes verkörpern („Pferd“à der Bezeichnung dienender Name) oder eine individuelle Realität („Sokrates“ à vollwertiger Name).

In der römischen Grammatik erfolgte schließlich die Übernahme dieses Schemas mit lediglich wechselnder Terminologie: Die individuelle Bedeutung erschien dort schließlich wortwörtlich als „Name“ (also vollwertiger Eigenname [lat. nomen ]), die allgemeine Bedeutung als Bezeichnung (respektive Gattungsbezeichnung [lat. vocabulum ]).

Im Mittelalter vermochte man schließlich zwischen etymologischem (natürlich bzw. von Gott gegeben sowie gewollt) und funktionellem (je nach Übereinkunft Verschiedenes bezeichnend) Namengebrauch zu unterscheiden. Der berühmte Philosoph und Kirchenlehrer Thomas von Aquin (um 1225-1274) propagierte schließlich: »Wegen seiner verschiedenen Eigenschaften ist es möglich, einem einzigen Gegenstand verschiedene Namen beizulegen. [...] und nichts verhindert, dass ein Gegenstand durch viele Namen bezeichnet wird: weil nämlich viele Ähnlichkeiten zur selben Sache bestehen können.« (vgl. Bauer 1985: 25ff.). Ziel der Bestrebungen im Mittelalter war es, mit dem Verfahren der Allegorese Rückschlüsse auf die Bedeutung eines Namens zu ziehen. Dies beinhaltete die Auslegung eines Textes (bzw. in diesem Fall eines Wortes), mittels derer man hinter dem bloßen Wortlaut einen verborgenen Sinn suchte. Dadurch ergab sich schließlich der „geistige Sinn“ (sensus spiritualis) des Objekts im Rahmen der göttlichen Schöpfung. Bauer (1985: 26f.) stellt dieser Übersetzungstechnik jedoch einige etymologisch „nicht gelungene“ Bildungen gegenüber, welche exemplarisch die seinerzeit noch fehlende Einsicht in Bildung und Funktion der Namen belegt:

- »Hildegund« (Tautologie, da beide Bestandteile ‚Kampf’ bedeuten)
- »Hildefrid« (Widerspruch à Bestimmungswort = ‚Kampf’, Grundwort = ‚Friede’)
- »Wilhelm« (Sinnlosigkeit, da 1. Teil ‚wollen’, 2. Teil ‚Helm/Schutz’ bedeutet)

De facto lässt sich in Anbetracht dieser Belege festhalten, dass von einer wissenschaftlichen Methodik im Mittelalter noch nicht die Rede sein konnte. Dessen unangeachtet ist als sehr wesentlicher Verdienst der Philosophie des Mittelalters (der sog. Scholastik) die fundamentale Unterscheidung zwischen Denotat („Bezeichnung“) und Konnotat („Bedeutung“) hervorzuheben (vgl. Bauer 1985: 27). Koß (2002: 65) weist jedoch darauf hin, dass beide Begriffe sowohl in der Logik als auch in der Linguistik anders gebraucht werden, als er und weitere Kollegen (vgl. Debus u.a.) sie in ihren Ausführungen verwenden. In der Diskussion um die denotativen Merkmale der App handelt es sich, wie die nachfolgende Übersicht grafisch noch näher verdeutlicht, um einen »Kernbereich von semantischen Merkmalen«, zu welchen schließlich die »mehr oder weniger intersubjektiv gültigen Bedeutungskomponenten bzw. Assoziationen«, welche als »Konnotat bezeichnet werden und strukturell nicht erfassbar sind«, hinzutreten (Debus [1985] 1997: 637):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Terminologie für Wortinhalt (Koß 2002: 66; z.T. in Anlehnung an Debus [1985] 1997; Kaempfert 1984)

In seinen Ausführungen zur Bedeutungstheorie weist Hansack (2004: 52) deutlich auf die definitorische Pluralität des Begriffs „Bedeutung“ hin: So hätten noch bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Vorstellungen der traditionellen Philosophie dominiert. Mit dem Aufkommen der Kognitionswissenschaft und der sich dazu parallel entwickelnden „Geistesphilosophie“ wurde die Sprache schließlich fortan auf der Basis der modernen Naturwissenschaften interpretiert. Hansack (2004: 53) erläutert die Auslegung dieses Umstandes im Geiste der Scholastik: »Mit „connotatio“ wird in der scholastischen Zeichen-theorie die Summe der Begriffsmerkmale einer Objektklasse bezeichnet. So definiert kann „Bedeutung“ nur bei „Klassen“ und infolge des spezifischen Klassenbegriffs der Scholastik nur bei App vorkommen.« Den Gegenstand ausführlicherer Betrachtungen bilden weiterreichende Untersuchungen schließlich in Punkt 3.

Im Rahmen neuzeitlicher Bestrebungen der namenkundlichen Forschung sind besonders Ergebnisse von John Locke (1632-1704) und Ludwig Wittgenstein[3] (1889-1951), dem Begründer der modernen sprachanalytischen Philosophie, zu nennen. Gemäß Bauer (1985: 28) konnte demnach eruiert werden:

»Nimmt man als Bedeutung eines Wortes oder Namens den Gegenstand oder Menschen, für welchen Wort oder Name steht, so ergibt sich der Widersinn, dass dann Wort oder Name bedeutungslos werden, wenn Gegenstand oder Mensch nicht länger existieren. Ähnliches gilt auch, sofern man (...) den Namen als Bezeichnung eines Vorstellungsinhalts, einer Idee bestimmt. (...) was die Wörter einer Sprache eigentlich bezeichnen (...) [ist] an der Art ihres Gebrauchs zu demonstrieren. Sprechen und Benennen sind Tätigkeiten, durch die sich vielfältige Beziehungen ergeben (...).« (Bauer 1985: 28)

Der neuzeitliche Kern moderner Sprachforschung gegenüber Antike und Mittelalter ist die Aufgabe der Annahme, der Charakter des Namens sei eine zu definierende Größe, deren Wesen fassbar und auf ein dahinter stehendes Sein zu beziehen ist. Jüngere Theorien beziehen schließlich außersprachliche Aspekte mit ein, welche Namen als Formen menschlichen Handelns (sog. Sprechakte[4] ) betrachten. Aufgrund dieser Tatsache gelten Namen in besonderem Maße als sozial determiniert (vgl. Bauer 1985: 28f.).

2.2 Moderne Auffassungen

Modernen Theorien ist in jedem Fall gemein, dass auch sie keine einheitliche Definition hervorzubringen vermögen. Die nahezu „kaleidoskopische“ Ergebnisvielfalt der sprach-wissenschaftlichen Untersuchung von Namen scheint diesen Eindruck zu bestätigen.

Unter dem Gesichtspunkt, dass Namen Sprachzeichen darstellen und sich Sprache als ein soziales Phänomen äußert, gilt es, zumindest drei Faktoren des Kommunikationsaktes zu berücksichtigen: Dabei handelt es sich um den Sprechenden (= Sprecher), den Angesprochenen (= Hörer) und das Besprochene (= Gegenstand). Die Veranschaulichung des Zusammenwirkens dieser drei Komponenten im Rahmen der Funktion des Sprachzeichens ist dem deutschen Psychologen Karl Bühler (1879-1963) modellhaft gelungen. Sein 1934 entwickeltes „Organonmodell“ skizziert die Wirkungsweise der Sprache ihrem Wesen gemäß »als ein Werkzeug der Kommunikation« (vgl. Bauer 1895: 29 ff.):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Organonmodell (nach Karl Bühler, Sprachtheorie. Jena 1934: 28. Ungekürzter Neudruck 1982. G. Fischer (UTB) Stuttgart).

Der Ursprung dieses Modells lag in Platons „Kratylos“-Dialog, aus welchem hervorging, dass mittels der Sprache als „Werkzeug“ eine Person einer anderen etwas über die Dinge mitteilt. Zentral platziert findet sich in Bühlers Modell das Zeichen (Z). Dieses gewinnt Charakter, indem das zunächst bloße Schallphänomen (die Lautkette) zu einem der drei Zeichenfunktionen zugeordnet wird. Im Zusammenhang der sich überschneidenden Figuren des Kreises[5] und des Dreiecks[6] findet das Prinzip der sog. „abstrakten Relevanz“ Anwendung: Wenn in der Darstellung der Kreis an bestimmten Stellen über das Dreieck hinausgreift, so bedeutet dies, dass nicht alle Eigenschaften ausgehend vom Schallphänomen in die semantische Funktion des Zeichens mit einfließen (vgl. Bauer 1985: 30f.). Der Hörer beachtet nur das semiotisch Relevante – so ist beispielsweise die Höhe eines Stoppschildes zum Verständnis dessen Aussagewertes nicht notwendig. Greift das Dreieck über den Kreis hinaus, so zeigt dieser Umstand Defizite des materiellen Zeichenträgers auf – bei einer Sprachäußerung können z.B. einzelne Laute für den Empfänger nicht hörbar sein. Indem sich dieser jedoch durch die sog. apperzitive Ergänzung das Fehlende hinzudenkt, ist er dennoch dazu imstande, das Gesagte zu verstehen. Mittels seines Modells kommt Bühler zu der Feststellung, dass die Leistung des sprachlichen Zeichens in dreifacher Hinsicht bestehe (vgl. Bauer 1985: 30):

(1) Das Zeichen fungiert als kundgebendes Symptom beim Sender und bezeichnet dessen inneren Zustand (z.B. ein Gefühl oder eine Meinung). Damit sagt es etwas über den Sprecher aus – durch das Aufdecken der Beziehung zwischen Zeichen und Sender kommt hierbei eine Ausdrucksfunktion zum Tragen.
(2) Für Gegenstände und Sachverhalte ist Z jedoch auch Symbol. Deswegen hat es im Rahmen der Beziehung zum Objekt des Weiteren eine Darstellungsfunktion inne. Es handelt sich dabei von Seiten des Senders um die Mitteilung reiner Informationen (z.B. in Sachtexten).
(3) Das Sprachzeichen ist auch Signal, womit ihm gleichermaßen eine Appellfunktion innewohnt. In dem Fall richtet es sich an den Empfänger und soll diesen zu etwas auffordern (Steuerung von äußerem und innerem Verhalten).

[...]


[1] Der vorliegend verwendete Terminus „Eigenname“ wird im Folgenden aus Gründen der ökonomischen Praktikabilität und der besseren Lesbarkeit wegen nur noch mit dem Kürzel „EN“ Erwähnung finden. Gleiches gilt für die Bezeichnungen „Appellativ“ (App), „Personenname“ (PN), „Familienname“ (FN), „Ländername“ (LN) und „Ortsname“ (ON).

[2] Dieser Terminus wurde seinerzeit noch nicht verwendet.

[3] Wittgenstein (1977): »Diese Beziehung kann, unter vielem andern, auch darin bestehen, daß das Hören des Namens uns das Bild des Benannten vor die Seele ruft, und sie besteht unter anderem auch darin, daß der Name auf das Benannte geschrieben ist oder daß er beim Zeigen auf das Benannte ausgesprochen wird.«

[4] Zur Sprechakttheorie vgl. Searle: Sprechakte (1984).

[5] Er symbolisiert den materiellen Zeichenträger bzw. die Lautkette.

[6] Es stellt mittels seiner drei Seiten die Zeichenfunktionen der Lautkette (Darstellung, Appell und Ausdruck) dar.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Historische und moderne Theorien des Namens
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Sprachwissenschaft)
Veranstaltung
Die Ortsnamen des Deutschen
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
27
Katalognummer
V94520
ISBN (eBook)
9783640103485
ISBN (Buch)
9783640113873
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Historische, Theorien, Namens, Ortsnamen, Deutschen
Arbeit zitieren
Stud. phil. Annabelle Senff (Autor:in), 2008, Historische und moderne Theorien des Namens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94520

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