Die Zahl der Arbeitslosen betrug im Januar 2008 bundesweit 3.659.000 Menschen. Trotz der hohen Massenarbeitslosigkeit existiert jedoch in vielen Branchen aufgrund des Fachkräftemangels ein harter Kampf um qualifizierte Arbeitskräfte. Dies liegt zum einen am mangelhaften Bildungssystem Deutschlands, zum anderen aber auch an der wachsenden Auswanderungsquote von qualifizierten Fachkräften.
So fällt das deutsche Bildungssystem trotz leichter Verbesserungen nach dem neuen OECD-Bericht 2007 im internationalen Vergleich weiter zurück. Demnach konnte die Bundesrepublik die Zahl der Studenten in den vergangenen zehn Jahren zwar um fünf Prozent steigern, die 29 anderen wichtigsten Industrienationen legten jedoch im Schnitt um 41 Prozent zu. Damit fällt Deutschland im weltweiten Vergleich vom zehnten auf den 22. Rang zurück. Probleme zeigte die Studie in den nächsten Jahren insbesondere bei der Besetzung von Stellen der Ingenieurs- und Bildungswissenschaften auf. Demnach gebe es in diesen Bereichen bei den 25- bis 34-Jährigen nur 0,9mal so viele Absolventen mit Hochschulabschluss wie in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen. Neubesetzungen von Stellen nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben der älteren Generationen könnten demnach umso problematischer werden.
Ebenso suchen Wissenschaftler und qualifizierte Fachkräfte immer häufiger ihre beruflichen Chancen im Ausland. Einer großen Anfrage verschiedener Abgeordneter an den Deutschen Bundestag zur Folge verließen im Jahr 2005 offiziell über 145.000 deutsche Auswanderer die Bundesrepublik Deutschland und die Zahl der tatsächlichen Auswanderungen läge Experten nach noch weit höher. Dies sei unter anderem eine Folge der Globalisierung von Wirtschaft und Wissenschaft. Es gäbe zunehmend einen Wettbewerb um die besten Köpfe. Immer mehr junge und sehr gut ausgebildete Deutsche wandern aus und der „brain drain“ (die Abwanderung der Intelligenz) nimmt weiter zu, ohne dass ein vollständiger Ausgleich durch Zuwanderung erfolgt.
Der erhebliche Arbeitskräftemangel spiegelt sich insbesondere im Hochtechnologiebereich und im Führungskräftebereich wider, aber auch in der IT-Branche ist er deutlich zu erkennen. So schaltete ich im Januar 2008 Stellenausschreibungen für Softwareentwickler in einer Multimedia-Agentur – die Bewerbungseingänge waren jedoch sowohl quantitativ, als auch qualitativ mäßig. Diesen Trend belegen auch Studien der BITKOM.
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Gegenstand und Gang der Untersuchung
- 3. Definition
- 3.1. Abwerbung
- 3.2. Arbeitnehmer
- 4. Anwendungsvoraussetzung des UWG
- 4.1. Mitarbeiterwerbung als Wettbewerbshandlung
- 4.1.1. Abwerben als Handeln im geschäftlichen Verkehr
- 4.1.2. Wettbewerbszweck der Abwerbung
- 4.2. Erfordernis eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses?
- 4.2.1. Wettbewerbsverhältnis in Fällen der Mitarbeiterabwerbung
- 4.2.2. Wettbewerbsverhältnis in Fällen fremdnütziger Abwerbung
- 4.3. Zentrales Unlauterkeitsmerkmal im Wettbewerb
- 4.3.1. Unlauterkeitsmaßstab im Wettbewerb
- 4.3.2. Wertungskriterien und Konkretisierung der Unlauterkeit
- 4.4. Bagatellklausel des § 3 UWG
- 5. Grundsatz zulässiger Abwerbung
- 6. Systematik der Abwerbungskonstellation und ihre Beurteilung durch Rechtsprechung und Schrifttum
- 6.1. Überblick
- 6.2. Beurteilung der Abwerbung durch die herrschende Meinung
- 6.2.1. Abwerbung unter Verleiten zum Vertragsbruch
- 6.2.2. Abwerbung unter Ausnutzen fremden Vertragsbruchs
- 6.2.3. Abwerbung unter Verleiten zur ordnungsgemäßen Vertragsbeendigung
- 7. Praxisrelevante Erscheinungsformen der Mitarbeiterabwerbung
- 7.1. Telefonische Kontaktaufnahme im Privatbereich des Umworbenen
- 7.1.1. Unlauterkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG?
- 7.1.2. Unlauterkeit nach § 7 Abs. 1 UWG?
- 7.1.3. Ergebnis
- 7.2. Telefonische Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz des Umworbenen
- 7.2.1. Unzulässigkeit wegen unlauterer Behinderung des Arbeitgebers?
- 7.2.2. Unzulässigkeit wegen unzumutbarer Behinderung des Arbeitnehmers?
- 7.2.3. Unzulässigkeit wegen bestehender Nachahmungsgefahr?
- 7.2.4. Interessensabwägung
- 7.2.5. Sourcing
- 7.2.6. Ergebnis
- 8. Geheimnisschutz und Arbeitsplatzwechsel
- 8.1. Geschäfts- und Betriebsgeheimnis
- 8.1.1. Bedeutung
- 8.1.2. Definition
- 8.2. Schutz von Unternehmensgeheimnissen beim Arbeitsplatzwechsel
- 8.3. Abwerbung von Arbeitskräften zum Zweck der Erlangung fremder Unternehmensgeheimnisse
- 9. Rechtsschutz gegen unlautere Mitarbeiterabwerbung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die wettbewerbsrechtlichen Schranken bei der Abwerbung von Arbeitnehmern. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und stellt die relevanten Rechtsnormen und Rechtsprechungsergebnisse dar. Darüber hinaus werden die verschiedenen Erscheinungsformen der Mitarbeiterabwerbung im Detail betrachtet und deren rechtliche Beurteilung aufgezeigt.
- Definition des Begriffs der Abwerbung und des Arbeitnehmers im Kontext des Wettbewerbsrechts
- Anwendbarkeit des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auf die Abwerbung von Arbeitnehmern
- Rechtliche Beurteilung verschiedener Abwerbungsformen, insbesondere im Hinblick auf die telefonische Kontaktaufnahme im Privatbereich und am Arbeitsplatz
- Bedeutung des Geheimnisschutzes bei Arbeitsplatzwechseln
- Rechtsschutzmöglichkeiten bei unlauterer Mitarbeiterabwerbung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Gegenstand der Arbeit vor und erläutert den Gang der Untersuchung. Im Anschluss werden die Begriffe Abwerbung und Arbeitnehmer definiert. Kapitel 4 beschäftigt sich mit den Voraussetzungen für die Anwendung des UWG auf die Mitarbeiterwerbung und beleuchtet das Erfordernis eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses. In Kapitel 5 wird der Grundsatz der zulässigen Abwerbung erläutert. Kapitel 6 analysiert die Systematik der Abwerbungskonstellationen und deren Beurteilung durch Rechtsprechung und Schrifttum. Kapitel 7 behandelt die Praxisrelevanz verschiedener Abwerbungsformen, insbesondere der telefonischen Kontaktaufnahme im Privatbereich und am Arbeitsplatz. Kapitel 8 widmet sich dem Geheimnisschutz bei Arbeitsplatzwechseln. Schließlich beleuchtet Kapitel 9 die rechtlichen Möglichkeiten des Schutzes gegen unlautere Mitarbeiterabwerbung.
Schlüsselwörter
Mitarbeiterabwerbung, Wettbewerbshandlung, unlauterer Wettbewerb, UWG, Geheimnisschutz, Arbeitnehmer, Vertragsbruch, Telefonische Kontaktaufnahme, Rechtsschutz.
- Citation du texte
- B.A. Anita Rückert (Auteur), 2008, Wettbewerbsrechtliche Schranken bei der Abwerbung von Arbeitnehmern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94529