Die Jotamfabel. Eine Exegese von Richter 9, 7–20


Quellenexegese, 2014

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Übersetzung

2 Exegese
2.1 Textkritik
2.2 Literarkritik
2.3 Überlieferungsgeschichte
2.4 Redaktionsgeschichte
2.5 Formgeschichte
2.6 Traditionsgeschichte
2.7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1 Übersetzung

7a Und sie berichteten Jotam. Und er ging und stellte sich auf den Gipfel des Berges Garizim, und er erhob seine Stimme und rief und sagte zu ihnen: 7b„Hört auf mich, Herren von Sichem, und Gott wird auf euch hören!

8a Einst gingen die Bäume hin,

um einen König über sich zu salben.

8b Und sie sagten zum Olivenbaum:

'Sei König über uns!'

9a Und der Olivenbaum sagte zu ihnen:

'Habe ich mein Fett aufgegeben,

welches Götter und Menschen an mir ehren,

9b und bin ich gegangen, um über den Bäumen zu schweben?'

10a Und die Bäume sagten zum Feigenbaum:

10b 'Komm du, sei König über uns!'

11a Und der Feigenbaum sagte zu ihnen:

'Habe ich meine Süße aufgegeben

und meine gute Frucht

11b und bin ich gegangen, um über den Bäumen zu schweben?'

12a Und die Bäume sagten zum Weinstock:

12b 'Komm du, sei König über uns!'

13a Und der Weinstock sagte zu ihnen:

'Habe ich meinen Most aufgegeben,

der Götter und Menschen erfreut,

13b und bin ich gegangen, um über den Bäumen zu schweben?'

14a Und alle Bäume sagten zum Dornstrauch:

14b 'Komm du, sei König über uns!'

15a Und der Dornstrauch sagte zu den Bäumen:

'Wenn ihr mich in Wahrheit salben wollt

zum König über euch,

kommt, sucht Zuflucht in meinem Schatten!

Wenn aber nicht, gehe Feuer aus vom Dornstrauch und fresse die Zedern des Libanon!' Und nun, wenn ihr in Wahrheit und Aufrichtigkeit gehandelt und Abimelech zum König gemacht habt, und wenn ihr Gutes getan habt an Jerubbaal und seinem Haus, und wenn ihr ihm getan habt entsprechend seiner Guttat1 – hat doch mein Vater für euch gekämpft und sein Leben weggeworfen 17bund euch aus der Hand der Midianiter entrissen, ihr aber habt euch heute gegen das Haus meines Vaters erhoben und ihr habt seine Söhne getötet, siebzig Mann auf einem Stein, 18bund ihr habt Abimelech, den Sohn seiner Magd, zum König gemacht über die Herren von Sichem, weil er euer Bruder ist – 19awenn ihr also an diesem Tage in Wahrheit und Aufrichtigkeit gehandelt habt an Jerubbaal und seinem Haus, freut euch an Abimelech, und auch er freue sich an euch. 20aWenn aber nicht, gehe Feuer aus von Abimelech und fresse die Herren von Sichem und Bet-Millo, 20bund es gehe Feuer aus von den Herren von Sichem und Bet-Millo und fresse Abimelech.“

2 Exegese

2.1 Textkritik

Die Textkritik beschäftigt sich mit der zuverlässigen und wissenschaftlich verantwortbaren Wiederherstellung der Textgestalt,2 „die nach 100 n. Chr. in autoritativer Geltung stand bzw. allmählich autoritative Geltung erlangte“.3 Um sich dem ursprünglichen Text anzunähern, befasst sich die Textkritik mit unabsichtlichen oder absichtlichen Veränderungen, die nach Abschluss der Überlieferung im Prozess des Abschreibens entstanden sind.4

In V. 8 haben viele Handschriften statt des Ketibs מְלוֹכָהdas Quere מָלְכָה, eine Handschrift hat מוֹלְכָה. Mit dem Ketib מְלוֹכָהliegt eine alte Imperativform vor,5 welche die Masoreten aus Ehrfurcht vor dem Konsonantentext am Rand mithilfe des Queres verbessert haben. Mit Ausnahme der Metathese מוֹלְכָהsind also beide Varianten, Ketib und Quere, sprachlich und sachlich sinnvoll. Wie schon aus dem masoretischen Text ersichtlich ist,6 ist das Ketib מְלוֹכָהdie ursprünglichere Form und daher beizubehalten; die das Quere מָלְכָהenthaltenden Handschriften haben die spätere verbesserte Form übernommen.

In V. 9 lesen wenige Handschriften וַתּאֹמֶרstatt ויּאֹמֶר. Beide Formen sind sprachlich möglich, jedoch ergibt וַתּאֹמֶרkeinen Sinn, da das Subjekt, הַזַּיִת, maskulin ist und somit die maskuline Form ויּאֹמֶרbenötigt. Da die feminine Form וַתּאֹמֶרV. 11 einleitet, liegt in V. 9 möglicherweise eine aberratio oculi vor.

In V. 15 bieten die griechischen Texte Codex Vaticanus und Textus Graecus in genere catenarum traditus anstelle von מִן־הָאָטָדdie alternative Lesart ἀπ’ ἐμοῦ, was im Hebräischen מִמֶּנִּיwäre. Beide Formen sind sprachlich und sachlich möglich. Doch ist מִן־הָאָטָדdie lectio difficilior und daher ursprünglicher. Denn die Form in der 3. Person passt nicht in die direkte Rede hinein.7 Die Ersetzung durch ein Pronomen in der 1. Person ist somit eine spätere Verbesserung des Textes. Ein unabsichtlicher Fehler ist nahezu auszuschließen, da die Formen im Konsonantenbestand und in der Bedeutung (Pronomen statt Substantiv) sehr unterschiedlich sind.

Dem masoretischen Text ist also in allen drei Fällen der Vorzug zu geben.

2.2 Literarkritik

Die Literarkritik untersucht unter synchroner Perspektive die Kohärenz eines Textes, anhand derer auf mögliche Quellen und Schichtungen geschlossen werden kann.8

Die Perikope V. 7-20 besteht bis auf die Überleitung und Einleitung in V. 7 ausschließlich aus wörtlicher Rede und ist so gesehen eine Einheit. Die Überleitung וַיַּגִּדוּ לְיוֹתָםverbindet die Perikope mit der Erzählung von Abimelechs Weg zum König. Mit וַיֵּלֶךְ וַיַּעֲמֹדwird anschließend die Rede Jotams eingeleitet. V. 20 beendet die wörtliche Rede und somit den inhaltlichen Teil dieser Perikope. V. 21 beinhaltet mit der Flucht Jotams noch den Abtritt der nur in Ri 9 auftretenden Figur Jotam. Die Perikope, so wie sie als Ganze komponiert ist, nimmt inhaltlich Bezug auf das Geschehen drum herum. Während V. 7 direkt an V. 1-6 anknüpft, beziehen sich V. 16-19 darüber hinaus auf die Taten Gideons in Ri 6-8 und greifen Formulierungen aus 8,34f9 auf. V. 20 nimmt die folgenden Ereignisse von K. 9 „metaphorisch und deutend vorweg“.10

Die Perikope lässt sich grob untergliedern in eine Einleitung V. 7, die sogenannte Jotamfabel V. 8-15, beginnend mit einer figura etymologica הָלוֹךְ הָלְכוּ,11 und die Anwendung V. 16-20, eingeleitet durch וְעַתָּה. Durch Wiederaufnahmen bildet der Text eine Einheit: V. 19 umklammert mit einer Wiederaufnahme von V. 16 die Rückschau V. 17f; V. 20 nimmt Bezug auf V. 15b und verbindet so die ganze Anwendung V. 16-20 mit der Fabel; zudem ist V. 16 durch das בֶּאֶמֶתaus V. 15a mit diesem verknüpft. Da die Protasen V. 16a mit ihrer Apodosis erst in V. 19b fortgesetzt werden, V. 16b die Rückschau in V. 17f einleitet und zudem V. 19a nur V. 16a wiederaufnehmend zusammenfasst, ist anzunehmen, dass V. 16b-19a später eingefügt wurden.

Der Text der Perikope unterteilt sich in Prosa (V. 7.15b-20) und Poesie (V. 8-15a). Das in V. 7-14 ausgewogene Verhältnis von Substantiven und Verben ändert sich in V. 15: Ab hier dominieren Substantive den Text, welche den Schwerpunkt des erzählend-reflektierenden Textes auf die Rückschau und Reflexion darüber verlagern. Sprachlich-Syntaktisch weist V. 15 somit Inkohärenz auf. Diese wird auch deutlich durch den Wechsel von der 1. Person in V. 15a zur 3. Person in V. 15b; V. 15b schließt sich zudem als adversatives Asyndeton an V. 15a an, welches aus der sonst einfach gestalteten Fabel hervorsticht. Diese in ein Konditionalgefüge eingefasste Unheilsankündigung ist nicht nur syntaktisch, sondern auch semantisch diametral zur übrigen Fabel (s.u.): Ging es bis hier um positive Eigenschaften von Pflanzen, wird nun mit vernichtendem Feuer gedroht; auch die „Zedern des Libanon erscheinen unvermittelt und unvorbereitet und haben keine Beziehung zum Kontext der Fabel.“12 Durch V. 15b „biegt der Bearbeiter ihre [=die Fabel] Aussage so um, daß sie zu 9,7.16-20 paßt.“13

Die Fabel selbst beginnt mit einer figura etymologica. Diese markiert zusammen mit der Alliteration – die ersten drei Wörter beginnen mit הָ14 – den Beginn und kann mit „einst“ wiedergegeben werden.15 Die Fabel enthält vier weitgehend parallel gestaltete Abschnitte. V. 8a leitet die Fabel ein und nennt das Gehen der Bäume mit finalem Ziel, welches das Thema der Fabel angibt.16 Anschließend wird die Suche des Königs entfaltet: Nach drei erfolglosen Versuchen wird der Erfolg der Suche im vierten Abschnitt geschildert,17 welcher sich formal und inhaltlich von den drei vorhergehenden abhebt und somit zum Höhepunkt führt. Als satzübergreifende Stilmittel, welche u.a. die Fabel gliedern, werden jeweils der Narrativ von אָמַר, eine Imperativform von מָלַךְ, die pronominale Nennung der Bäume mit לָהֶם, der Beginn der direkten Rede des Kandidaten mit הֶחֳדַלְתִּיund dem abschließenden וְחָלַכְתִּי לָנוּעַ אֶל־הָעֵצִיםeingesetzt.18 Der vierte Abschnitt weicht syntaktisch von diesem Schema ab: Die Redeeinleitung nennt alle ( כָל) Bäume (V. 14a) und setzt so ein Signal; die Bäume werden nicht mit לָהֶם, sondern mit אֶל־הָעֵצִיםangesprochen (V. 15a); der letzte Satz der drei vorigen Kandidaten fehlt. Auch inhaltlich weicht die Antwort des Dornstrauchs stark ab. Das in der Fabel überwiegende Verb הָלַךְwird von den ersten drei Kandidaten in deren Antwort aufgenommen und bringt so ein (Weg-)Bewegen zum Ausdruck;19 doch der Dornstrauch fordert die Bäume stattdessen auf, zu ihm zu kommen ( בֹּאוּV. 15a).20 Die Antwort beginnt zudem mit einem erstmals auftretenden Konditionalgefüge, an das sich die Nennung der positiven Eigenschaft ( צֵל) erst anschließt; die Protaseis als rhetorische Frage mit ihrem Zweifel an Aufrichtigkeit zielt auf die eigentliche Sinnlosigkeit des Unternehmens. Die Nennung ausschließlich des Schattens ist kärglich gegenüber den Ausführungen der anderen Kandidaten, wenngleich diese Kargheit die Eigenschaft des Dornstrauchs trifft. In V. 9a+13a werden jeweils Götter und Menschen genannt, welche von den Früchten der Bäume profitieren. In V. 11a fehlt diese Erwähnung, wird aber durch die Nennung von zwei positiven Eigenschaften ausgeglichen, wodurch eine einheitliche Länge der Antworten erreicht wird. V. 9+13 bilden so eine Klammer um die ersten drei Abschnitte,21 wodurch sich der vierte Abschnitt noch mehr von den anderen abhebt. Durch die Wiederholungen der Stilmittel wird die negative Antwort der ersten drei Kandidaten weiter verstärkt.22 Auch semantisch hebt sich der vierte Abschnitt ab: Während Ölbaum, Feigenbaum und Weinstock zu den Bäumen zählen, ist der אָטָד, der einen Bocksdorn meint,23 ein Strauch. Zudem wird er im Gegensatz zu den Bäumen negativ konnotiert, was den Kontrast noch verschärft.24 Ölbaum, Feigenbaum und Weinstock gelten als Symbole für Wohlergehen, Segen und Freude; deren Vernichtung bedeutet Unheil. Zudem bieten sie Schatten, welcher Ruhe und Sicherheit assoziieren lässt. Die Bäume haben somit alles, was der Dornstrauch nicht hat.25 „Der Bocksdorn bietet nicht nur keinen Schatten, es ist sogar unmöglich, daß sich jemand unter ihn stellt. Seine Aufforderung ist nicht nur Selbstüberschätzung oder Ironie, sondern zynische Provokation.“26 Rangunterschiede unter den ersten drei Bäumen sind abgesehen vom Ölbaum, der das Salböl liefert, nicht auszumachen; die Zahl drei steht für Totalität. Der Dornstrauch ist somit nicht der viert geeignetste, sondern der letzte Ausweg.27 Dies wird auch daran deutlich, dass die drei Bäume durch das Salböl, die Fruchtbarkeit und den bietenden Schatten eine Affinität zum Königtum haben,28 welches das andere Wortfeld der Fabel darstellt. Jedoch ist das Königtum in der Fabel nicht positiv, sondern negativ konnotiert: נוּעַsteht im AT u.a. für das „Beben der Bäume im Sturm (Jes 7,2), [das] Taumeln eines Betrunkenen (Jes 24,29; 29,9; Ps 107,27)“ und meint daher ein „schwanken, wanken, taumeln“,29 eine „Haltlosigkeit“.30

Die Fabel weist einige Hapaxlegomena auf ( מֹתֶק ,תְּנוּבָה ,אָטָד), welche eine frühere Selbstständigkeit wahrscheinlich machen; auch der zweimal begegnende Parallelismus אֱלֹהִים וַאֲנָשִׁים, der für אֱלֹהִיםim Gegensatz zu V. 7b ein pluralisches Verständnis fordert, deutet darauf hin.31 Gerahmt wird die Fabel durch die Verbform מָשַׁחund lässt sich so als geschlossene Einheit erkennen. Es fällt auf, dass מָשַׁחim ersten Teil von V. 15 steht. Da sich V. 15b bereits als inkohärent zur restlichen Fabel erwiesen hat, liegt in V. 15a vermutlich das ursprüngliche Ende der Fabel vor.

Auch die Anwendung der Fabel V. 16-20 ist gerahmt: V. 16 geht nach V. 15b mit Konditionalsätzen weiter, welche in V. 19f fortgesetzt werden. V. 17f fallen sprachlich und inhaltlich aus dem Rahmen: Sie sind mit Perfektformen erzählend und beinhalten einen geschichtlichen Rückblick.

Die Narration der Fabel trägt einiges zu ihrem Aussagegehalt bei. Durch die drei Ablehnungen und die anschließende „zynische Provokation“ wird einerseits deutlich, dass die Bäume um jeden Preis einen König haben wollen. Andererseits wird deutlich, dass die Bäume die dargestellte Sinnlosigkeit des Königtums nicht verstanden haben. Denn es erscheint doch wenig plausibel, nach drei eindeutigen, gut begründeten Ablehnungen die Suche nach einem König fortzusetzen und sich, nachdem sich die Bäume erfolglos an drei geeignete Kandidaten gewandt haben, an jemanden zu wenden, der diese Aufgabe gar nicht ausführen kann. Die Fabel läuft somit darauf hinaus, dass das Königtum so oder so nicht funktionieren kann: Entweder das Existentielle der Bäume würde fehlen oder der König könnte Mangels Kompetenzen die Existenz nicht bewahren.

Dies kann auch als Kommunikationsabsicht der Fabel angesehen werden. In der Anwendung wird diese Königskritik nun auf die Bürger Sichems und ihre Situation übertragen. Pragmatisch wird dies mit dem Rückblick verschärft, da dieser durch die Erwähnung der un-/tugendhaften Handlungen V. 16-18 an das Gewissen appelliert; auch wird die Fabel durch den Zusatz בְתָמִיםins Moralische umgedeutet.32 Zudem widerlegt der Rückblick die Protaseis V. 19a, sodass es keinen Ausweg aus der Unheilsankündigung geben und die Apodosis V. 19b nicht eintreten kann, sondern nur die Apodosis V. 20.

In der Fabel wird die Sinnlosigkeit der Königssuche zum einen durch den dreimaligen erfolglosen Versuch, zum anderen durch die rhetorischen Fragen aller Kandidaten verdeutlicht. Denn weder haben die Bäume ihre Erzeugnisse aufgegeben noch kann ernsthaft in Erwägung gezogen werden, den Dornstrauch zum König zu machen. Die Ironie verstärkt dies noch. Die Bildhaftigkeit der Fabel sorgt für leichtes Verständnis. Die Bäume inkl. Dornstrauch mit ihrem jeweiligen Bedeutungsgehalt sind in Palästina bekannte Gewächse, die den Alltag prägen.33

Die einzelnen Analyse haben somit ergeben, dass die Fabel V. 8-15a ursprünglich selbstständig war und auch ohne Kontext verständlich ist. Die Fabel wird in zwei Schichten in den Kontext der Abimelech-Erzählung integriert: Zum einen durch direkten Anschluss V. 7.15b-16a.19b-20 und zum anderen durch einen vermutlich späteren Einschub V. 16b-19a. Auch die Perikope selbst ist durch Bezüge nach vorn und hinten in die Gideon- und Abimelecherzählung integriert. Durch den sprachlich-syntaktischen und semantischen Wendepunkt in V. 15 ist hier nicht nur die Pointe der Fabel, sondern auch der Höhepunkt der Perikope zu verorten.

2.3 Überlieferungsgeschichte

Die Überlieferungsgeschichte „versucht eine Aussage darüber zu treffen, ob ein Text eine noch rekonstruierbare mündliche Vorstufe erkennen läßt oder erkennbar aus einer mündlichen Rede hervorgegangen oder herausgewachsen ist.“34 Dabei ist zu berücksichtigen, dass „dieser Arbeitsgang stark hypothetische Züge trägt“.35

Der Aufbau der Fabel „zeigt eine streng gegliederte Form, aus der erhellt, daß der Abschnitt nicht plötzlich verfaßt sein kann. […] Sie ist auch nicht von schlichter Erzählweise, sondern steht auf hohem dichterischen Niveau.“36 Dies weist nicht nur auf eine Entstehung in gebildeten Kreisen hin, sondern diese Kunstdichtung37 macht zudem eine mündliche Vorstufe unwahrscheinlich.

Auch der Rahmen der Fabel V. 7.15b-16a.19b-20 ist zu komplex konstruiert, als dass hier eine mündliche Tradition anzunehmen wäre. Die Fabel wurde in V. 15b bewusst erweitert, um eine negative Apodosis zu erhalten. Die Gideon-Abimelech-Erzählung wird aufgenommen und weitergeführt und schließlich in ein Konditionalgefüge gesetzt und die Apodosis von V. 15b wieder aufgenommen, sodass ein Rahmen entsteht. Dies lässt auf eine schriftliche Abfassung schließen.38

Die Parenthese V. 16b-19a als Rückbezug zur Gideon-Abimelech-Erzählung ist Redaktion.

[...]


1 Vgl. Gesenius, Wörterbuch, 222.

2 Vgl. Fischer, Text, 201.

3 Becker, Exegese, 19.

4 Vgl. Becker, Exegese, 17.

5 Vgl. Lettinga, Grammatik, 98.

6 Auch greift hier die Regel lectio difficilior probabilior.

7 Weitere Ausführungen siehe Literarkritik.

8 Vgl. Becker, Exegese, 41.

9 Vgl. 8,34 – 9,17: „aus der Hand entreißen“; 8,35 – 9,19: „am Haus Jerubbaals tun“; vgl. Groß, Richter, 510.

10 Moenikes, Ablehnung, 120.

11 Zur Übersetzung s.u.

12 Moenikes, Ablehnung, 116. Vgl. auch die Erläuterungen bei Crüsemann, Widerstand, 19.

13 Groß, Richter, 488.

14 Vgl. Jans, Abimelech, 145.

15 Vgl. Lettinga, Grammatik, 180; Jans, Abimelech, 144f.

16 Vgl. Jans, Abimelech, 142.

17 Vgl. Jans, Abimelech, 151.

18 Vgl. Jans, Abimelech, 151.

19 Vgl. Jans, Abimelech, 148.

20 Vgl. Jans, Abimelech, 153.

21 Vgl. Jans, Abimelech, 149.

22 Vgl. Jans, Abimelech, 152.

23 Vgl. Groß, Richter, 507. „Dieser Bocksdorn trägt eßbare, aber nicht wohlschmeckende kleine Beeren.“ Moenikes, Ablehnung, 126.

24 Vgl. Jans, Abimelech, 161.

25 Vgl. Jans, Abimelech, 156f.

26 Groß, Richter, 507.

27 Vgl. Jans, Abimelech, 160.

28 Vgl. Jans, Abimelech, 159.

29 Ringgren, נוּעַ,f315. Allein schon mit dieser Wortbedeutung lässt sich Würthweins These, es ginge nicht um Königskritik, sondern einzig darum, einen König geringer Herkunft zu respektieren, widerlegen. Würthwein missachtet bei seiner Deutung auch die Ironie, welche, ginge es um Respekt, sicher nicht das geeignete Stilmittel wäre. Vgl. Würthwein, Abimelech, 26f.

30 Jans, Abimelech, 163.

31 Vgl. Müller, Königtum, 14.

32 Vgl. Richter, Untersuchungen, 249.

33 Vgl. dazu die Traditionsgeschichte.

34 Becker, Exegese, 66.

35 Becker, Exegese, 66.

36 Richter, Untersuchungen, 283.

37 Vgl. v. Rad, Weisheit, 63.

38 Vgl. Richter, Untersuchungen, 210.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Jotamfabel. Eine Exegese von Richter 9, 7–20
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V945381
ISBN (eBook)
9783346281579
ISBN (Buch)
9783346281586
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jotamfabel, Richter, Exegese, Königttum, Altes Testament, Bibel
Arbeit zitieren
Janine Müller (Autor:in), 2014, Die Jotamfabel. Eine Exegese von Richter 9, 7–20, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/945381

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