Die Veränderung der Rolle des Geldes in der Wirtschaft


Hausarbeit, 1987

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen

2. Der Tauscher

3. Der Kapitalist

4. Die Entwicklung

5. Das Zeitalter des Tauschers
5.1. Die materielle Ebene
5.2. Die philosophische Ebene

6. Der Umbruch
6.1. Die materielle Ebene
6.2. Die philosophische Ebene

7. Das Zeitalter des Kapitalisten
7.1. Die materielle Ebene
7.2. Die philosophische Ebene

Literaturverzeichnis

1. Grundlagen

Menschwerdung, wirtschaften und tauschen sind m.E. eng miteinander ver­wobene Prozesse. Ab einer gewissen Evolutionsstufe hat der Mensch nicht mehr nur von der Hand in den Mund gelebt, sondern sich auch Gedan­ken über sein Auskommen am nächsten Tag gemacht.

Die Arbeitsteilung und die Entstehung agrarischer Produktionsformen sind Zeichen seiner kulturellen und damit zugleich auch wirtschaftlichen Entwick­lung.

Als soziales Wesen ist er auf den Austausch mit anderen Menschen an­gewie­sen; je höher der Vergesellschaftungsgrad ist, desto komplexer werden die Austauschbeziehungen zwischen den Menschen. Ein Teil dieser Bezie­hungen manifestiert sich auf der materiellen Ebene, ich nenne sie die wirt­schaftlichen Tauschbeziehungen. Mit ihnen will ich mich im Weiteren beschäftigen, wohl wissend, dass diese Beziehungen nicht von den anderen Beziehungen zu trennen sind und auf sie rückwirken. Die Isolation ist künst­lich, aber aufgrund der Beschränktheit meiner Analyse notwendig. Es gibt die verschiedensten Ansätze über die Entstehung der ersten wirtschaftlichen Tauschbeziehungen.

Negt/Kluge sehen in dem durch das Inzesttabu bedingten Frauentausch das erste Tauschverhältnis[1], Ken Wilber sieht es in Anlehnung an Lenski, G. in der Produktion von Überschüssen des Agrarsektors begründet[2].

Horst Kurnitzky beschreibt den originären Tausch als die Begleichung des Schuldverhältnisses zwischen den Göttern und den Menschen.[3]

Gleichviel welchen Ansatz man bevorzugt, der Tausch wurde eine gesell­schaftliche Notwendigkeit.

Mit dem Tausch untrennbar verbunden ist die Vorstellung von Wert als etwas Abstraktem, von der Sache an sich Losgelöstem. Nur wenn der Mensch Werte vergleichen kann, kann er eine Sache gegen eine andere Sache tauschen. In dem ursprünglichen Tausch Ware gegen Ware besteht im Kopf jedes Partners eine Vorstellung vom Wert der eigenen Ware und dem Wert der Ware des anderen. Sind die Wertvorstellungen in beiden Köpfen gleich, kommt der Tausch zustande. In dem Augenblick, da in den Tausch Ware gegen Ware ein Medium tritt, welches die beiderseitigen Wertvorstellungen sichtbar macht, kann die an sich wertlose Wertvorstellung einen Eigenwert bekommen. Im Tausch Ware gegen Ware existiert das Geld als Wert individuell, mehr unbewusst, im Kopf des Einzelnen, im Tausch Ware gegen Geld gegen Ware ist es rationalisiert und bekommt ein eigenes Wesen. Individuelle Wertvor­stellungen werden somit allgemein und es bildet sich ein gesellschaft­liches Wertesystem, welchem sich im Wechselspiel die individuellen Wertvorstellungen angleichen.

Geld hat einen Zwittercharakter. An sich ist es nutzlos, sei es als Haufen Gold oder als Haufen von Zahlen auf dem Kontoauszug. Nütz­lich wird es erst, wenn man darauf vertrauen kann, dass sich alle der Illusion hingeben, es sei etwas wert und man könne dafür eine Sache an sich und nicht nur eine Vorstellung kaufen.

All die mannigfaltigen Schwierigkeiten, die daraus erwachsen, diese Illusion aufrecht zu erhalten und was passiert, wenn diese Illusion zusammenbricht, sind Thema von Geldtheorien, sollen hier aber weiter nicht interessieren. Beschäftigen will ich mich damit, wie mit dem Geld umgegangen wird und welche Auswirkungen dies auf die Wirtschaft und zugleich auch auf die Gesellschaft hat.

Zu diesem Zweck führe ich zwei Verhaltenstypen ein, ich nenne sie den „Kapitalisten“ und den „Tauscher“. Es sind reine Konstruktionen, um den Unterschied in dem Umgang mit Geld zu verdeutlichen. Im einzelnen Menschen sind wohl beide Verhaltensweisen gleichzeitig zu finden, wobei sich die gesellschaftliche Wirksamkeit der einen oder der anderen Verhaltensweise verschieben kann und sich verschoben hat.

2. Der Tauscher

Der Tauscher benutzt das Geld als Universaltauschmittel mit der Sinnrich­tung auf die zu erwerbenden Waren, die er um ihrer selbst willen kauft. Für ihn ist das Geld lediglich eine Vereinfachung im Wirtschaften. Er tauscht seine Ware gegen eine andere Ware oder gegen Geld, aber immer in der Absicht, für dieses Geld wieder Waren für den eigenen Gebrauch zu kaufen. Dies ist sein besonderes Merkmal, Geld an sich hat für ihn nur im Zusam­menhang mit für ihn sinnvollen Waren einen Nutzen. Er kauft keine Ware, um sie wieder zu verkaufen, seine Arbeit dient dazu, seine materiellen Bedürf­nisse zu befrie­digen, hat er dies erreicht, wird er die verbleibende Zeit zu anderen Zwecken nutzen.

Marx beschreibt die Situation des Tauschers als „die einfache Waren­zirkula­tion -der Verkauf für den Kauf- dient zum Mittel für einen außer­halb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen“.[4] Die Frage, wann bzw. ob er seine materiel­len Bedürfnisse je befriedigen kann (ob er etwa eine unendliche Bedürfnis­struktur hat), soll hier nicht weiter betrachtet werden, wiewohl ich meine, dass dies stark von der jewei­ligen Gesellschaftsform abhängt, in der der Tauscher lebt. Insgesamt ist der Tauscher wertkonservativ. Eine Verschiebung der gesellschaftlich-materiellen Wertkonstellation verwirrt ihn.

3. Der Kapitalist

Für den Kapitalisten ist Geld Arbeitsmittel. Er versucht es stets so ein­zu­setzen, dass nach Abschluss eines Tauschvorganges oder Produk­tions­prozesses mehr Geld für ihn da ist als vorher. Ihn fasziniert Geld, da es die Möglichkeit in sich trägt, sich durch seinen sinnvollen Gebrauch zu vermehren. Er erreicht dies durch das beständige Aus­nutzen von Preisdifferenzen, wobei erst einmal uninteressant ist, wodurch diese zustande kommen, etwa durch systematische Ausbeu­tung, durch Informationsvorsprünge, durch Spekulation oder durch die Ausnutzung religiöser Vorstellungen (Die ersten Kapitalisten in diesem Sinn waren die Priester, sie erschufen das erste Geld, sie nutzten die Differenz zwischen dem realen Preis der Opfer und dem Preis dessen, was die Götter real bekamen.[5]).

Das Geld ist für den Kapitalisten der Wert an sich, dessen Vermehrung er ständig anstrebt.

Marx unterscheidet in diesem Zusammenhang den Kapitalisten und den Schatzbildner, beide sind von dem einzigen Wunsch beseelt, Wert anzusam­meln. Der Schatzbildner tut dies, indem er das Geld hortet, der Kapitalist, als derjenige der erkannt hat, dass in der Zirkulation des Geldes die Chance der ständigen Selbstvermehrung liegt, gibt es immer wieder aus, um damit mehr Geld zu produzieren.[6] Der Kapitalist sieht das Geld losgelöst von den Waren, womit er also handelt, was er herstellt, spielt für ihn keine Rolle. Je mehr Tauschvorgänge über das Medium Geld abgewickelt werden, je weniger autark im materiellen Sinn die Menschen sind, desto größer sind die Chancen des Kapitalisten. Bewusst oder unbewusst fördert er die Arbeitsteilung und die Marktwirtschaft. Der Kapitalist ist in seinem Verhalten also dynamisch, dadurch verändern sich ständig die Wertverhältnisse in der materiellen Welt.[7] Die ständige Akkumulation von materiellen Werten ist für den Kapitalisten Lebenssinn, das Mittel Geld dient nicht dem Tausch, sondern nur dem Zweck mehr Geld zu erwirtschaften.

4. Die Entwicklung

Die Bedeutung des Geldes in der Wirtschaft und damit auch in der Gesell­schaft ist im historischen Kontext m.E. daran abzulesen, welcher der oben vorgestellten Handlungstypen (Tauscher, Kapitalist) innerhalb der Gesell­schaft präferiert wird, insbesondere welche Verhaltensweise ethisch und moralisch legitimiert ist. Ich unterscheide im folgenden drei Phasen der Ent­wicklung:

1. das Zeitalter des Tauschers,
2. den Umbruch,
3. das Zeitalter des Kapitalisten

[...]


[1] vgl. Negt, O./Kluge, A., Eigensinn, 1981, S. 325 ff

[2] vgl. Wilber, K., Evolution, 1984, S. 119

[3] vgl. Kurnitzky, H., Triebstruktur, 1974, S. 24 ff

[4] Marx, K., Kapital, Bd. 1, 1974, S. 167

[5] vgl. Kurnitzky, H., Triebstruktur, 1974, S. 27

[6] vgl. Marx, K., Kapital, Bd. 1, 1974, S. 168

[7] vgl. Braudel, F., Alltag, 1985, S. 16

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Veränderung der Rolle des Geldes in der Wirtschaft
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
VWL/IV
Note
2,3
Autor
Jahr
1987
Seiten
20
Katalognummer
V94595
ISBN (eBook)
9783638072878
ISBN (Buch)
9783638957182
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Veränderung, Rolle, Geldes, Wirtschaft, VWL/IV
Arbeit zitieren
Christian Wiedermann (Autor:in), 1987, Die Veränderung der Rolle des Geldes in der Wirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94595

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