Die Maßnahmen der EU-Kommission gegen Microsoft nehmen immer drastischere Dimensionen an. Erst kürzlich verhängte die EU-Kommission eine weitere Rekordstrafe von 899 Millionen €, wegen Nichteinhaltung einer Kommissionsentscheidung aus dem Jahr 2004. Microsoft ist das erste Unternehmen seit Beginn der EU-Wettbewerbspolitik, gegen das eine solche Strafe überhaupt verhängt wird. Die gesamte Strafgeldsumme beläuft sich seit Beginn der Untersuchungen der EU-Kommission bereits auf über 1,5 Milliarden €. Diese Zahlen machen deutlich, wie ernst es der EU mit ihrem Bestreben ist, ihren kartellrechtlichen Entscheidungen Durchsetzungskraft zu verleihen und bei Verletzungen des Wettbewerbsrechts entschieden durchzugreifen.
Die Vorwürfe gegen Microsoft beziehen sich allesamt auf eine Verletzung von Artikel 82 des EG Vertrags. Das Redmonder Softwareunternehmen soll seine marktbeherrschende Stellung auf verschiedene Art und Weise missbraucht haben. In diesem Text soll es dabei vor allem um den Vorwurf gehen, Microsoft habe seine dominante Position auf dem Markt für Client PC Betriebssysteme ausgenutzt, um eine solche auch bei den Work Group Server Betriebssystemen zu erlangen. Wettbewerber, so der Vorwurf, sollten aus diesem Markt ausgeschlossen werden, indem ihnen plötzlich der ungehinderte Zugang zu Interoperabilitätsinformationen für Microsofts Betriebssysteme verweigert wurde. Microsoft begründete dies mit Hilfe des urheberrechtlichen Schutzes, den diese genießen. Geistige Eigentumsrechte stehen hier also wohlmöglich im Widerspruch zu kartellrechtlichen Bemühungen.
Als Einführung sollen im ersten Teil dieser Arbeit die Bedingungen untersucht werden, unter denen geistige Eigentumsrechte nach Artikel 82 des EG Vertrags wettbewerbsrechtlich problematisch werden können. Hierbei wird auch auf Beispiele in der vergangenen Rechtssprechung eingegangen. Im folgenden Abschnitt wird der Fall Microsoft mit seinen speziellen Charakteristika genauer beleuchtet und analysiert. Es werden hier vor allem die Begründungen der Kommissionsentscheidung und deren Rechtfertigung diskutiert. Die Arbeit schließt mit einem Fazit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Artikel 82 des EG-Vertrags und geistige Eigentumsrechte
- Missbrauch von Urheberrechten im wettbewerbspolitischen Kontext
- Lizenzverweigerung und der „Incentives Balancing Test“
- Marktmachtübertragung und „essential facilities“
- Beispiele für die vergangene Rechtssprechung
- Der Microsoft Fall
- Interoperabilitätsinformationen als „essential facility“
- Die Frage der Marktmachtübertragung
- Größere oder kleinere Innovationsanreize?
- Die Folgen für die Verbraucher
- Die Zwangslizenz als Lösung?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Problematik von Interoperabilität im europäischen Microsoft-Fall und untersucht, wie geistige Eigentumsrechte im Konflikt mit kartellrechtlichen Zielen stehen können. Der Autor analysiert, wie Microsoft seine marktbeherrschende Stellung möglicherweise missbraucht hat und welche Folgen dies für den Wettbewerb und die Verbraucher hat.
- Artikel 82 des EG-Vertrags und die Anwendung auf geistige Eigentumsrechte
- Die Rolle von Interoperabilitätsinformationen als „essential facility“ im Microsoft-Fall
- Der Einfluss von Marktmachtübertragung auf Innovationen
- Der „Incentives Balancing Test“ als Abwägungskriterium zwischen geistigem Eigentum und Wettbewerb
- Die Auswirkungen des Microsoft-Falls auf die Verbraucher
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung skizziert die aktuelle Situation der EU-Kommission gegenüber Microsoft und deren bestreben, ihre kartellrechtlichen Entscheidungen durchzusetzen. Sie stellt den Vorwurf des Missbrauchs der Marktmacht durch Microsoft im Bereich der Betriebssysteme vor.
2. Artikel 82 des EG-Vertrags und geistige Eigentumsrechte
Dieses Kapitel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Artikel 82 des EG-Vertrags. Es wird insbesondere auf die Kollision von Urheberrechten und wettbewerbspolitischen Zielen im Kontext von Lizenzverweigerungen und dem „Incentives Balancing Test“ eingegangen.
3. Der Microsoft Fall
Das Kapitel analysiert den Microsoft-Fall im Detail. Es werden die Argumente der EU-Kommission zur Begründung der Vorwürfe gegen Microsoft und deren Rechtfertigung diskutiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Interoperabilität, Microsoft, Artikel 82 des EG-Vertrags, geistige Eigentumsrechte, Urheberrecht, Wettbewerb, Marktmacht, „essential facility“, „Incentives Balancing Test“, Innovation, Verbraucher.
- Arbeit zitieren
- Philipp Alvares de Souza Soares (Autor:in), 2008, Das Problem der Interoperabilität im europäischen Microsoft-Fall, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94610