Ausblick auf die Zukunft des Sozialstaats, Definition, Leistungen und einem Rückblick auf seine Geschichte von Bismarck bis heute


Pre-University Paper, 1999

8 Pages

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Inhaltsverzeichnis

1.Vorwort

2.Hauptteil
2.1.Was bedeutet Sozialstaat überhaupt?
2.1.1.Definition des Sozialstaates
2.1.2.Verankerung im Grundgesetz
2.1.3.Leistungen des deutschen Sozialstaates
2.2.Geschichte des Sozialstaates
2.2.1.Geschichte unter Bismarck bis zum Ende des 1. WK
2.2.2.Geschichte in der Weimarer Republik
2.2.3.Geschichte im 3. Reich
2.2.4.Geschichte nach dem Krieg
2.2.5.Geschichte nach der Wende
2.3.Leistungsfähigkeit des Sozialstaates
2.3.1.Wie flexibel ist der Sozialstaat wirklich?
2.3.2.Hat der Sozialstaat auf lange Sicht eine Chance?

3.Schlußwort

4.Literaturverzeichnis
4.1.Primärliteratur
4.2.Sekundärliteratur

1.Vorwort

In dieser Hausarbeit möchte ich mich mit der Geschichte des deutschen Sozialstaates und dessen Chancen die Zukunft betreffend, beschäftigen. Man kann sagen, daß der deutsche Sozialstaat über lange Zeit einer der besten in ganz Europa war. Doch sind hohe Sozialausgaben noch in einer Zeit, der großen internationalen wirtschaftlichen Konkurrenz noch zu tragen. Müssen die Leistungen des Sozialstaates abgebaut werden, um weiter neben Nationen, wie den USA oder Japan bestehen zu können?

2.Hauptteil

2.1. Was bedeutet Sozialstaatüberhaupt?

2.1.1. Definition des Sozialstaates

Der Begriff Sozialstaat bezeichnet ein Konzept, in dem "der Staat eine aktive Rolle in der Steuerung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Abläufe übernimmt und einen beträchtlichen Teil seiner Ressourcen widmet, die der Forderung nach einer größeren Gleichheit der Lebenschancen in den Dimensionen Einkommenssicherung, Gesundheit, Wohnen Bildung" nachkommt. In ihm haben Staatsbürgerrechte einen hohen Stellenwert, so daß der Bürger große gesellschaftliche Freiräume hat. Wirtschaftswachstum wird gefördert, Sicherung der Konsumchancen und Vollbeschäftigung werden angestrebt.

2.1.2. Verankerung im Grundgesetz

Das Grundgesetz enthält keine Konkretisierung des Sozialstaatprinzips, seine inhaltliche Ausprägung ist vielmehr eine richtungsweisende Erklärung, die einen großen Handlungsraum besitzt. So heißt es in Artikel 20/1: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." (Grundgesetz, 1994, S.22) Der andere Punkt, an dem ein Sozialstaat vorgeschrieben ist, ist Artikel 28/1. Dort heißt es, daß "Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen, sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes" (Grundgesetz, 1994, S 25) entsprechen muß. Den Rest der Sozialstaatsgesetzgebung wird also dem Gesetzgeber überlassen. Es steht aber fest, daß ein Sozialstaat existieren muß, wie auch immer dieser organisatorisch aufgebaut ist.

2.1.3. Leistungen des deutschen Sozialstaates

Die Grundsäulen des deutschen Sozialstaates sind Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung, Pflegeversicherung, Absicherung der Familie, des Wohnens (siehe Anlage Nr.1). Um diese Grundpfeiler rankt sich ein verwirrendes Gesetzeswerk. Dieses schreibt Kindergeld vor, regelt die Sozialhilfe für Familien, die vollends ins Abseits gekommen sind, gibt alten Menschen nach Ablauf ihrer Arbeitszeit das Rechte auf eine Rente, die von ihnen während ihrer Arbeitszeit stetig an eine staatliche Behörde eingezahlt wurde. In der Pflegeversicherung wird das Recht auf eine Pflege für alte Menschen geregelt, in der Krankenversicherung die Versorgung im Krankheitsfall. Falls jemand ein Unfall passiert ist dieser auch sehr gut abgesichert. Alle diese Versicherungen müssen abgeschlossen werden, werden aber teilweise vom Staat, dem Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer getragen. Keine dieser Parteien wird also vollends mit den Sozialversicherungen belastet. Falls ein Versicherungsnehmer arbeitslos ist, zahlt der Staat alle diese Leistungen. Vorausgesetzt man hat bereits Steuern gezahlt. Ansonsten hat man keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Eine weitere Leistung ist die Kriegsopferversorgung oder die Jugendhilfe. Man kann also sagen, daß es sehr schwer ist ins soziale Abseits zu geraten, aufgrund dieser stark ausgebauten Leistungen (vergleiche Abschnitt 2.3.1.).

2.2. Geschichte des Sozialstaates

Die Geschichte soll nur als kleiner Einblick gesehen werden. Es leuchtet die Thematik nur kurz an. Für weitere Informationen siehe Anlage Nr.2, welche Frerich, 1996, S. 80- 150 entnommen ist.

2.2.1. Geschichte unter Bismarck bis zum Ende des 1.WK

Den Grundstein für die Reformen Bismarcks wurde bereits 1848 in der Paulskirchen- Verfassung gelegt. Dort wurden mehr Freiheiten für die Bürger geschaffen. Dies waren z.B. Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit. Diese liberalen Bestrebungen klärten eine breite Bevölkerungsmasse auf, die jetzt weitere Rechte für das Volk forderten. Eine Folge der Industrialisierung war, daß durch die Ausbeutung der Massen, eine große soziale Not entstand. Es entstanden Großstädte mit Armenvierteln. Die Versorgung war nicht sichergestellt. So kam es öfters zu Aufständen in Fabriken oder zu Straßenkämpfen. Das Volk forderte eine soziale Absicherung. So mußte Bismarck um weitere Aufstände zu vermeiden soziale Reformen anpacken. Ihm als preußischer Junker widerstrebten diese Reformen eher, aber man konnte das Volk nicht auf Dauer durch polizeiliche Maßnahmen unterdrücken. So kann ihn nicht als Held dieser Reformen feiern- er mußte einfach dem großen Druck des Volkes nachgeben. Die Kirche oder einzelne Unternehmer, wie Krupp, waren in dieser Zeit mit ihrer Armenfürsorge effektiver, als Bismarcks, anfangs eher halbherzig geführte Sozialreform. 1881 war diese neue Sozialgesetzgebung bereits vom Kaiser angekündigt worden. 1883 folgten der Worte, Taten, in Form der Krankenversicherung für Arbeiter. Ein Jahr später folgte die Unfallversicherung. 1889 wurde eine Invaliden-, Altersversicherung geschaffen. Diese garantierte 70jährigen eine minimale Rente. Diese Versicherung wurde 1912 auf die Hinterbliebenen erweitert. 1907 wurde die Sozialversicherung auf die Angestellten (7% der Bevölkerung) ausgeweitet. 1911 wurde ein Gesamtgesetzwerk der Sozialversicherungen geschaffen, nämlich die Reichsversicherungsordnung. Bismarck zwang auch die Arbeitgeber die Sozialversicherung mitzufinanzieren. Eine Erwerbslosenfürsorge wurde eingeführt, die dem Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung eine kleine Absicherung zusagte. Somit ist es Bismarck zu verdanken, daß diese Prinzipien in der ganzen Welt verbreitet worden. Im 1.WK wurden die sozialen Leistungen auf ein Minimum zurückgefahren. Lebensmittelkarten wurden eingeführt um wenigstens die Lebensmittelversorgung sicher zu stellen. Die Bürger gaben dem Staat Anleihen, damit dieser den Krieg bezahlen konnte. Arbeitslose gab es sowieso fast gar nicht, da alle entweder im Krieg waren oder für den Krieg arbeiteten. Schon jetzt war die Versorgung der Kriegsverletzten sehr wichtig.

2.2.2. Geschichte in der Weimarer Republik

In der WR kam es endgültig zur Anerkennung der Gewerkschaften. Am 13. November kam es zu einer Verordnung, die besagte, daß Betriebe Kriegsopfer, wie Schwerbeschädigte, einstellen mußte. Weitere Zugeständnisse wurden den Revolutionären gemacht. Das oberste Ziel war weiterhin die alten Soldaten unterzubringen. Die meisten Gelder wurden dazu verwendet Schwerstbeschädigte zu versorgen. Das meiste Geld wurde dafür vom Mittelstand genommen, der in eine schwere Krise fiel. Auch bedingt durch die Inflation. Der Ausbau des Sozialstaates war eines der höchsten Ziele der Weimarer Verfassung. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer wurde ausgebaut und eine Gleichstellung der Geschlechter angestrebt. Die Sozialversicherung aus der Kaiserzeit wurde wiedererrichtet und ausgebaut, z.B. 1927 die Umstrukturierung der Erwerbslosenfürsorge in eine Arbeitslosenversicherung. Kampf gegen die Armut war ein anderer wichtiger Pfeiler des Weimarer Sozialstaates. In der WR griff der Staat stärker in die Familie ein. Dort wurde acht auf Haushaltsführung und eine gewaltlose Erziehung der Jugend gelegt.

2.2.3. Geschichte im 3. Reich

Vom Sozialstaat kann man nicht im 3. Reich reden. Hitler ließ alle Gegner entfernen, verbot Gewerkschaften. Der Staat wurde straff durchorganisiert. Die Menschen wurden aufgerufen armen Leuten zu helfen (Winterhilfswerk im 2. WK). Die Wohlfahrt (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) kann man somit im 3. Reich als einzigen Pfeiler des Sozialstaates sehen. Arbeitslosigkeit war durch die "freiwilligen" Arbeitsmaßnahmen und später den 2. WK nicht vorhanden.

2.2.4. Geschichte nach dem Krieg

Kurz nach dem Krieg herrschte in Deutschland eine große Wohnungsnot. So waren 4,5 Millionen Wohnungen in Deutschland von leicht bis ganz zerstört. Eine Versorgungskrise herrschte auch. Diese wurde aber von den Alliierten sehr gut mir Kehrpaketen und anderer Hilfe abgefangen. Es war bereits 1949 abzusehen, daß die beiden geteilten Zonen nicht wiedervereinigt werden. Somit muß man ab jetzt die Geschichte getrennt sehen. Die innere Entwicklung der Bundesrepublik war gekennzeichnet durch einen fast kontinuierlichen wirtschaftlichen Aufschwung, Vollbeschäftigung, wachsende soziale Stabilisierung u. Konzentration auf wenige Parteien. Unter Adenauers Nachfolger L. Erhard (seit 1963) kam es 1966 zu einer wirtschaftlichen Rezession. Die Sozialausgaben wurden unter den jeweiligen Regierungen weiter ausgebaut. Viel Geld wurden auch, wie nach dem 1.WK, für die Kriegsopfer aufgebraucht. 1949 wurde in Westdeutschland eine Rente wiedereingeführt. 1957 folgte die erste große Rentenneuordnung, die in den Folgejahren weiter ausgebaut wurde. Der Krankenversicherung wurde 1955 eine gesetzliche Grundlage gegeben, der Unfallversicherung bereits 1952. Das Kindergeld wurde 1954 wieder eingerichtet (bereits 1934). 1961 löste das Bundeshilfegesetz das alte Fürsorgerecht ab. In der DDR gab es eine Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung. Da es fast keine Arbeitslosen gab, war diese Leistung nicht nötig. Die Versorgung war mit dem nötigsten sichergestellt, aber nicht sehr umfangreich. Man muß in der DDR auch zwischen Verfassung und Verfassungsrealität unterscheiden.

2.2.5. Geschichte nach der Wende

Die Geschichte nach der Wende ist dadurch bestimmt, daß das westdeutsche Sozialsystem auf die neuen Bundesländer übertragen worden. Durch diese Last kam das sowieso schon geschwächte Sozialsystem in eine neue Krise. Somit ist die Politik nach 1992 von weiteren Kürzungen bestimmt. Man versuchte einfach die Krise abzuwenden. Ein weiteres Problem ist das Rentensystem. Es gibt zu viele alte Menschen. Durch den Krieg waren viele Leute gestorben, es mußte also nicht so viel Rente gezahlt werden. Jetzt aber kommt eine Generation in die Rente, die vom Krieg weitesgehend verschont blieb. Es gibt Probleme die Rente an diese Generation und vor allem an kommende Generationen zu zahlen. Im Bundestag gibt es so Diskussionen um eine Rentenreform, die jedoch noch nicht beschlossen wurde.

2.3. Leistungsfähigkeit des Sozialstaates

2.3.1. Wie flexibel ist der Sozialstaat wirklich?

Einige Wissenschaftler sagen, es tönt eine "Totenglocke für den deutschen Sozialstaat" (Peter Rosenberg, 1990, S. 219). Die Diagnose der Experten ist dabei fast ebenso populär wie einseitig: Ausuferndes Anspruchsdenken des Volkes, Reformunfähigkeit haben die Kosten für soziale Sicherheit in schwindelnde Höhen getrieben, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen untergraben und als Folge davon das Heer von fast fünf Millionen Arbeitslosen mitverschuldet.

Dabei wird stets unterstellt, Sozialpolitik bestehe in der Bundesrepublik ausschließlich darin, das soziale Netz mit viel Geld enger zu knüpfen. Als Beleg für ihre These verweisen Arbeitgeber sowie liberale und konservative Politiker auf die steigenden Beiträge der Sozialversicherung. Tatsächlich stieg der Rentenbeitrag von 1996 (19,2%) auf 20%. Durch die hohe Arbeitslosigkeit muß mehr Geld in diesen Sektor "gepumpt" werden (Arbeitslosenunterstützung). Dies zieht das Geld von anderen Quellen ab.

Doch was aussieht wie eine hausgemachte Krise des Sozialstaats, hat kaum mit dem Ausbau der Sozialleistungen zu tun. Die eskalierenden Finanzprobleme sind vielmehr, wie ich denke, eine Folge der Wiedervereinigung Deutschlands. Der Ausbau des Sozialstaats war in Westdeutschland schon lange kein Thema mehr. Zwar wurden noch das Erziehungsgeld, das Babyjahr für Frauen bei der Rentenversicherung und die umstrittene Pflegeversicherung eingeführt. Doch gleichzeitig sah sich die Koalition seit ihrem Regierungsantritt 1982 in allen drei Versicherungszweigen, der Arbeitslosen-, der Renten- und der Krankenversicherung, immer wieder zu kräftigen Sparaktionen gezwungen. So bekammen Arbeitslose ohne Kinder nur noch 60 statt 67 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens, der entsprechende Satz für Arbeitslosenhilfe wurde von 58 auf 53 Prozent gekürzt. Mit deutlich weniger Geld müssen auch Umschüler auskommen, teilweise haben sie nur noch Anspruch auf Darlehen. Wer seinen Job selbst kündigt oder seine Kündigung verschuldet, bekommt heute drei Monate lang kein Arbeitslosengeld. Zudem wurde die Mißbrauchskontrolle ebenso wie die Zumutbarkeitsregel verschärft. Der Einspareffekt dieser und anderer Maßnahmen: allein für 1996 rund 30,5 Milliarden Mark und damit 2,3 Beitragspunkte. Das hätte denn auch ausgereicht, den Beitragssatz bei etwa 4,3 Prozent und damit auf dem Stand von 1987 zu stabilisieren. Statt dessen erhöhte ihn die Koalition 1991 um mehr als die Hälfte auf 6,8 Prozent; seit 1993 beträgt er 6,3 Prozent. Das Geld wird dringend im Osten gebraucht. Dort betrug das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit 1995 rund 32 Milliarden Mark. Den größten Teil davon - rund 25 Milliarden Mark - brachten die westdeutschen Beitragszahler auf: Um so viel überstiegen in den alten Bundesländern die Einnahmen die Ausgaben. Der Bund steuerte lediglich rund sieben Milliarden Mark bei. Auch in der Rentenversicherung waren drastische Einschnitte nicht tabu. So müssen Rentner heute die Hälfte der Krankenkassenbeiträge selbst zahlen. Bis 1982 war die Krankenversicherung für Rentner umsonst und für die Versicherung teuer: Allein 1996 sparte sie rund 21 Milliarden Mark. Auch die Rentenreform von 1989, die seit 1992 in Kraft ist, soll den Ausgabenanstieg deutlich bremsen. Statt wie bisher entsprechend den Bruttolöhnen zu klettern, steigen die Altersbezüge seither nur noch mit dem Nettoeinkommen der Beschäftigten. Zudem wurde die stufenweise Heraufsetzung der Altersgrenze für Männer und Frauen auf 65 Jahre nach dem Jahr 2000 beschlossen. Ohne diese Maßnahmen, so zeigen Modellrechnungen, würde der Beitragssatz im Jahre 2030 auf 36 Prozent statt, wie nun geschätzt, auf 26 Prozent steigen. Daß auch 26 Prozent zuviel sind, darüber sind sich Sozialpolitiker aller Parteien einig. Mit ihrer Reform hatten sie gehofft, ein paar Jahre lang Ruhe bei den Rentenfinanzen zu haben. Statt dessen kommen nun ständig neue Hiobsbotschaften. Denn die Wiedervereinigung hat auch die Vorausberechnungen aus dem Jahr 1989 obsolet gemacht. Trotz hoher Arbeitslosigkeit waren die Einnahmen der Rententräger im Westen höher als die Ausgaben. In den neuen Bundesländern hingegen betrug das Defizit 1995 fast sechzehn Milliarden Mark. Den Beitragssprung auf über zwanzig Prozent aber will die Bonner Koalition um jeden Preis vermeiden. Deshalb suchen die Politiker hektisch nach weiteren Sparmöglichkeiten. Dazu zählt auch die am 12. Februar 1996 zwischen Kanzler Helmut Kohl, den Gewerkschaften und Arbeitgebern getroffene Vereinbarung, der Praxis der Frühverrentung älterer Arbeitsloser durch Anhebung der Altersgrenze einen Riegel vorzuschieben. Zwar kann nach diesem Plan jeder ältere Arbeitslose wie bisher mit sechzig in Rente gehen, nur muß er dann entweder erhebliche Abschläge von seiner Rente hinnehmen oder freiwillige Zusatzbeiträge leisten. Der Nachteil: Kurzfristig läßt sich aufgrund weitreichenden Vertrauensschutzes so kein Geld sparen. Statt aber - wenn auch nur vorübergehend - den Bundeszuschuß zu erhöhen, muß Bundesarbeitsminister Norbert Blüm nun nach kurzfristigen Sparmöglichkeiten suchen. Auch im dritten Zweig der Sozialversicherung, der Krankenversicherung, hatte das Nehmen stets Vorrang vor dem Geben. Norbert Blüms Gesundheitsreformgesetz von 1988 hielt allerdings gerade mal ein Jahr. Schon 1990 legten Ärzte, Kliniken, Arznei- und Heilmittelhersteller bei den Ausgaben wieder zu. Der erwartete Spareffekt, vierzehn Milliarden Mark, war schnell verpufft und ging fast ausschließlich zu Lasten der Versicherten. Generell ist die Krankenversicherung mit der permanenten Reform dennoch nicht schlecht gefahren. Zwar sind die Ausgaben nicht oder nur punktuell gesunken, sie sind aber auch nicht nennenswert gestiegen. So ist der Ausgabenanteil der gesetzlichen Kassen am Bruttosozialprodukt mit knapp sechs Prozent seit zwanzig Jahren ziemlich konstant. Eine Kostenexplosion hat es jedenfalls nicht gegeben. Soweit eine solche drohte, haben die Eingriffe des Gesetzgebers das verhindert. Nur hielten sie meist nicht lange. Beim Gesundheitsstrukturgesetz von 1992, das Horst Seehofer auf den Weg brachte, sah es zunächst besser aus. Während die Krankenkassen 1992 bei Gesamtausgaben von 210 Milliarden Mark noch ein Defizit von rund 10 Milliarden Mark aufwiesen, wandelte sich dies 1993 in ein Plus gleicher Größenordnung um. Das dritte Jahr nach der Reform schloß freilich schon wieder mit einem Minus von etwa 8 Milliarden Mark ab. Davon gehen allerdings 5 Milliarden zu Lasten der Politik, die den Kassen seit 1995 erneut indirekt versicherungsfremde Lasten aufgebürdet hat. Die Bundesanstalt für Arbeit zahlt für Arbeitslose geringere Krankenbeiträge; außerdem müssen die Kassen für Krankengeldbezieher höhere Beiträge an die Renten und Arbeitslosenversicherung abführen. Trotz richtiger Ansätze hat Seehofers Reform nicht gegriffen, weil sie zum Teil halbherzig war. Das Hauptproblem der gesetzlichen Krankenversicherung sind indes nicht die Ausgaben, sondern die Einnahmen. Weil hohe Arbeitslosigkeit bei gleichbleibendem Beitragssatz zu Einnahmeausfällen führen würde, müssen die Beiträge angehoben werden, um die notwendigen Ausgaben zu finanzieren. Während der durchschnittliche Satz 1980 noch bei 11,37 Prozent lag, erreichte er 1992 die Marke von 13,42. Sparmöglichkeiten gibt es gleichwohl noch genug. So müßte das Gesundheitswesen besser überwacht werden und unnütze Ausgaben wegfallen. Der Bürger wird weiter zur Kasse gebeten, in der 1997 eingeführten Gesundheitsreform. Der Bürger muß mehr zu den Medikamenten hinzuzahlen oder bestimmte medizinische Behandlungen voll bezahlen. So marode und reformunfähig, wie vielfach behauptet, ist der bundesrepublikanische Sozialstaat also keineswegs. Und auch die Tatsache, daß dank der sozialen Sicherungssysteme der Absturz in die Armut für weite Teile der ostdeutschen Bevölkerung verhindert worden ist, spricht für ihre Anpassungsfähigkeit. Die aber ist in der Tat gefährdet, wenn sich Politiker und Interessenvertreter weiter um die Beantwortung der Frage drücken, wer in Zukunft für die Kosten der Wiedervereinigung aufkommen soll: die Gesamtgesellschaft oder, wie bisher, vor allem die Solidargemeinschaft der Versicherten. Sollte sich die Mehrheit für den zweiten Weg entscheiden, dann allerdings ist eines klar: Eine soziale Sicherung, wie sie in den alten Bundesländern aufgebaut worden ist, ist für Gesamtdeutschland auf absehbare Zeit nicht finanzierbar.

2.3.2. Hat der Sozialstaat auf lange Sicht eine Chance?

Diese Frage muß ich ganz klar mit einem Nein beantworten. Deutschland befindet sich in einem Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit und einem "Nichtinvestieren" von Unternehmen. Um konkurrenzfähig zu bleiben muß Deutschland einfach die Sozialleistungen zurückfahren (z.B. im medizinischen Sektor) um durch das geschaffene Geld z.B. Abgaben für Unternehmen abzubauen oder eine neue Infrastruktur zu schaffen. Die Folge wäre, daß Unternehmen in Deutschland investieren oder neue Unternehmen geschaffen werden. Neue Arbeitsplätze entstehen. Jetzt braucht der Staat nicht mehr z.B. die Krankenversicherung für den ehemals Arbeitslosen zu zahlen. Dieser bezahlt nun selber seine Sozialleistungen. Auch müßte der Staat einige Absicherungen, so verändern, daß diese auf freiwilliger Basis beruhen oder von Banken übernommen werden. Die Rente ist eines dieser Sachen, die von den Bürgern freiwillig in Anspruch genommen werden sollten. Es müßte jedoch den Bürgern so vorgeschrieben sein, daß sie eine soziale Absicherung bei Verlust der Arbeitsstelle vorfinden, die ihnen gleichzeitig wieder den Einstieg ins Arbeitsleben ermöglicht. Dies ist nötig, um nicht Zustände, wie sie in amerikanischen Ghettos herrschen, hervorzubringen. Wenn man in den USA seine soziale Absicherung verliert, stehen die Chancen nicht gerade sehr gut wieder ins Arbeitsleben integriert zu werden. Zusammenfassend muß man also sagen, daß die Mittel des Sozialstaates erst einmal vermindert werden müssen, diese später wieder verstärken zu können. Wenn die Wirtschaft wieder erstarkt ist, kann auch der Sozialstaat wieder auferstehen. Ohne diese, oder ähnliche Mittel wird der Sozialstaat auf jeden Fall nicht weiterbestehen können.

3. Schlußwort

Nach dieser Betrachtung des Sozialstaates, kann man also zusammenfassend sagen, daß der Sozialstaat in einer Krise steckt, die durch die hohe Arbeitslosigkeit infolge der Wende entstand. Hier muß man jedoch trennen, denn die Leistungen des Sozialstaates sind gleichzeitig sehr stark und brauchen keinen Vergleich in Europa zu scheuen. Jedoch müssen, daß mag sehr hart klingen, diese Leistungen zurückgefahren werden um den Sozialstaat erst einmal aus der Krise zu holen.

4.Literaturverzeichnis

4.1. Primärliteratur

- Frerich; Sozialpolitik; Oldenburgverlag; München; 1996
- Longerich P.; 1918- 1933; Fackelträger; Hannover; 1995
- Nohlen, D; Wörterbuch Staat und Politik; Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn; 1995
- Wehner, B: Der neue Sozialstaat; Westdeutscher Verlag; 1997

4.2. Sekundärliteratur

- Andersen, U.; Handwörterbuch des politischen Systems der BRD; Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn; 1995
- Bertelsmann Lexikothek auf CD- ROM, Bertelsmann Electronic Publishing; München; 1996
- Borth, W.; Zeiten und Menschen- Band 2; Schönigh- Schroedel; Paderborn; 1986
- Borth, W.; Zeiten und Menschen- Band 3; Schönigh- Schroedel; Paderborn; 1988
- Gebauer/ Kres/ Ludolph/ Moisel; Soziale Strukturen in der BRD; Bayrischer Schulbuch- Verlag; München; 1994
- Geißler, R.; Die Sozialstruktur Deutschlands; Westdeutscher Verlag; Opladen; 1996
- Görtemaker, M.; Deutschland im 19. Jhd; Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn; 1996
- Habermann, G.; Der Wohlfahrtsstaat; Propyläen; Berlin; 1994
- Pötzsch; Die deutsche Demokratie; Bundeszentrale für politsche Bildung; Bonn; 1995
- Wendt, W. R.; Geschichte der sozialen Arbeit; Enke Verlag; Stuttgart; 1995
- Wendt B. J.; 1933- 1945; Fackelträger; Hannover; 1995

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Details

Title
Ausblick auf die Zukunft des Sozialstaats, Definition, Leistungen und einem Rückblick auf seine Geschichte von Bismarck bis heute
Year
1999
Pages
8
Catalog Number
V94731
ISBN (eBook)
9783638074117
File size
504 KB
Language
German
Notes
Der Anhang ist nicht enthalten.
Keywords
Sozialstaat, Ausblick, Zukunft, Beleuchtung, Sozialstaates, Leistungen), Rückblick, Geschichte, Bismarck
Quote paper
Anonymous, 1999, Ausblick auf die Zukunft des Sozialstaats, Definition, Leistungen und einem Rückblick auf seine Geschichte von Bismarck bis heute, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94731

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