Der Einfluss der Coronapandemie auf den Berufsstolz und die berufliche Identität professionell Pflegender


Bachelorarbeit, 2020

122 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen
2.1 Identität
2.2 Bedeutung und Definition von beruflicher Identität
2.2.1 Berufliches Selbstverständnis, Sozialisation und Commitment
2.2.2 Die Erfassung von beruflicher Identität am Beispiel von Heinemann und Rauner
2.3 Stolz
2.3.1 Bedeutung und Definition von Berufsstolz
2.3.2 Förderliche und hinderliche Faktoren für den Berufsstolz von professionell Pflegenden
2.3.3 Effekte von Berufsstolz
2.4 Die Entwicklung der professionellen Pflege
2.5 Die Rolle der Pflege während der Coronakrise
2.6 Forschungsfragen und Zielsetzung

3. Methodik
3.1 Begründung der qualitativen Forschungsmethode
3.2 Die Entwicklung des Interviewleitfadens
3.3 Feldzugang
3.4 Durchführung der Interviews

4. Ergebnisse
4.1 Beschreibung der Befragten
4.2 Datenanalyse
4.3 Darstellung der Ergebnisse
4.3.1 Kategorie 1: Motivation den Pflegeberuf zu erlernen
4.3.2 Kategorie 2: Rolle im Gesundheitswesen
4.3.3 Kategorie 3: Hauptaufgabe der pflegerischen Tätigkeit
4.3.4 Kategorie 4: Gern von seinem Beruf erzählen
4.3.5 Kategorie 5: Gedanken zur Arbeitsverbesserung
4.3.6 Kategorie 6: Faktoren, die auf Wunsch verändert werden würden
4.3.7 Kategorie 7: Unterstützung während der Corona- Krise
4.3.8 Kategorie 8: Veränderung der Rolle in der Corona- Krise
4.3.9 Kategorie 9: Gefühle, als die Berufsgruppe bejubelt wurde
4.3.10 Kategorie 10: Gefühl von mehr Anerkennung/ Wertschätzung während der Corona- Krise
4.3.11 Kategorie 11: Einfluss der Corona- Krise auf den Berufsstolz und die berufliche Identität

5. Diskussion
5.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse in Verbindung mit der vorhandenen Literatur
5.2 Limitationen
5.3 Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

Abstract

Einleitung: Studienergebnisse zeigen das es Faktoren gibt, die für die Ausprägung des Berufsstolzes von Bedeutung sind, u.a. spielen hier die Vielfalt der Aufgaben und die große Verantwortung für Menschen eine tragende Rolle. Darüber hinaus ist die Anerkennung durch andere für den Berufsstolz nicht bedeutungslos (Hinding et al, 2013).

Die mediale Präsenz der Pflegenden in der Zeit der Corona-Krise erschien allgegenwärtig. Mit einem Zuwachs von 78 % sprang das Thema Pflege an die Spitze des Rankings der Pressedatenbank (PMG, 2020). Es hat den Anschein, dass die Wertschätzung in der Öffentlichkeit deutlich gestiegen ist- hat diese Tatsache eine Auswirkung auf den Berufsstolz sowie die berufliche Identität? Das Hauptanliegen der Arbeit war es herauszufinden, welchen Einfluss die Corona- Krise auf den Berufsstolz und die berufliche Identität hat. Ein weiteres Interesse galt dem Erleben der professionell Pflegenden. Unter anderem wurden Faktoren eruiert, welche mit der beruflichen Identität und dem Berufsstolz in Verbindung gebracht werden können.

Methodik: Hierzu fand im Zeitraum von Mai bis Juli 2020 eine qualitative Befragung mittels eines halbstandardisierten Interviewleitfadens mit sechs professionell Pflegenden statt. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring (2016).

Ergebnisse: Die Grundannahme in diesem Zusammenhang war, dass sich die Corona- Krise allgemein positiv auf den Berufsstolz sowie die berufliche Identität auswirkt. Durch die starke mediale Thematisierung wurde auch von großen Teilen der Bevölkerung eine Zustimmung und stärkere Anerkennung gezeigt. Die Ergebnisse der vorliegenden qualitativen Studie legen die Schlussfolgerung nahe, dass die Corona-Krise keine wesentlichen Effekte für die Stärkung von Berufsstolz und beruflicher Identität bei den Pflegekräften hatte. Eine Generalisierung der Ergebnisse ist aufgrund des begrenzenten Untersuchungsgebietes und der geringen Anzahl an Befragten nicht möglich.

Schlüsselwörter: Corona- Krise- Profession Pflege- Berufsstolz- berufliche Identität- Anerkennung

Abstract

Introduction: Study results show that there are factors that are important for the development of professional pride, including The variety of tasks and the great responsibility for people play a major role here. In addition, recognition by others is not insignificant for professional pride (Hinding et al, 2013).

The media presence of nurses during the Corona crisis appeared omnipresent. With an increase of 78%, the topic of care jumped to the top of the ranking of the press database (PMG, 2020). It seems that public appreciation has increased significantly - does this fact have an impact on professional pride and identity? The main concern of the work was to find out what influence the Corona crisis has on professional pride and professional identity. Another interest was the experience of the professional caregiver. Among other things, factors were determined that can be associated with professional identity and professional pride.

Method: For this purpose, a qualitative survey was carried out between May and July 2020 using a semi-standardized interview guide with six professional nurses. The results were evaluated using the qualitative content analysis based on Mayring (2016).

Results: The basic assumption in this context was that the corona crisis has a generally positive effect on professional pride and professional identity. Due to the strong media coverage, large parts of the population also showed approval and greater recognition. The results of this qualitative study suggest that the corona crisis did not have any significant effects on strengthening professional pride and professional identity among caregivers. A generalization of the results is not possible due to the limited study area and the small number of respondents.

Keywords: Corona crisis- Profession care- Professional pride- Professional identity- Recognition

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Identitätsbegriff nach Müller 2009 (eigene Darstellung)

Abbildung 2 Gewichtung von sozialen Teil- Identitäten zur Selbstbeschreibung

Abbildung 3 Berufliche Identität und Bezugsfelder von Engagement

Abbildung 4 Skalen zur Messung von Engagement und beruflicher Identität

Abbildung 5 Übersicht der Einflussfaktoren auf den Berufsstolz

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Übersicht der soziodemographischen Daten der Interviewpartner

Tabelle 2 Darstellung der Haupt- und Unterkategorien/ Kurzdarstellung der Ergebnisse

1.Einleitung

Wir schreiben das Jahr 2020, belastet von einer Krise, welche die Welt bis dato noch nicht kannte -die Corona Pandemie- eine weltweite Herausforderung an sämtliche Menschen im medizinischen Sektor. Die Politik spricht von Systemrelevanz, die Bevölkerung applaudiert, die Pflegekräfte erhalten Aufmerksamkeit und Bewunderung für ihr Engagement. Andererseits erleben wir das Fehlen von Schutzausrüstung, positiv getestetes Personal, das trotzdem systemrelevant die Stellung hält, Pflegekräfte ohne Zusatzausbildung, die Beatmungsgeräte bedienen, Überstunden an den Krankenhäusern in Hot-Spot Regionen, während andere Einrichtungen Kurzarbeit anmelden. All dies deutet auf eine zusätzliche Belastung der professionell Pflegenden hin. Eine Belastung in einem Sektor, der durch einen Mangel an Pflegefachpersonal gekennzeichnet ist. Der Pflegenotstand ist ein Thema, das uns bereits durch die letzten fünf Jahrzehnte begleitet. 1960 wurde das erste Mal von ihm gesprochen (Sondergutachten 2012 des Sachverständigenrates zur Begutachtung, 2012). Zahlreiche Branchen leiden unter dem Fachkräftemangel, zu viele offene Stellen im Bildungswesen, es fehlt an Lokführern und Handwerkern, kommt es hier zum Stillstand, so hat dies bereits nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft (Quernheim, 2020). Kommt es aber in Kliniken und Seniorenheimen zu Defiziten, so kann das teilweise tödlich enden (ebd. S.7). WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus spricht aus, was in der aktuellen Situation deutlich wird: „Pflegekräfte sind das Rückgrat jedes Gesundheitssystems. Heute finden sich viele davon an vorderster Front im Kampf gegen COVID-19“. Die Bedeutung der Profession Pflege gelangt massiv in den Fokus der Öffentlichkeit. Wie gehen die Pflegekräfte mit dieser Aufmerksamkeit und Wertschätzung um? Hat dies einen Einfluss auf ihren Berufsstolz? Gibt es Faktoren, die hier unterstützend eine Rolle spielen? Die Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein äußerte sich im April 2020, mitten in der Krise, folgendermaßen: „Die Aufwertung des Pflegeberufs als Lehre aus der Corona-Pandemie beginnt mit angemessener Pflegepersonalausstattung, verlässlichem Arbeitsschutz und politischer Beteiligung auf allen Ebenen – und hört mit einer gerechten, motivierenden Vergütung längst nicht auf“ (Bienstein, 2020) . Fest steht, dass die Thematik: „Pflege geht uns alle an“ erneut in die Öffentlichkeit gelangt und zu einer gesteigerten medialen Popularität führt.

Die Profession Pflege befindet sich in der gegenwärtigen Krise an vorderster Front, egal in welchem Setting, es herrscht an allen Orten eine Art Ausnahmezustand. Welche Bedeutung haben die Ereignisse u.a. für die berufliche Identität der Beschäftigten im Gesundheitswesen? Wie vertreten die Pflegenden ihre Profession während und nach der Krise? Welche Auswirkungen haben die Ereignisse auf den Berufsstolz der Pflegenden? Diesen Fragen soll in der vorliegenden Arbeit im Rahmen einer qualitativen Studie nachgegangen werden.

2. Theoretischer Rahmen

In diesem Teil der Arbeit wird die Identität, die berufliche Identität und der Berufsstolz mit seinen förderlichen und hinderlichen Faktoren beschrieben, darüber hinaus wird auf die Entwicklung der professionellen Pflege eingegangen.

2.1 Identität

„ Identität ist das Bewusstsein, ein unverwechselbares Individuum mit einer eigenen Lebensgeschichte zu sein, in seinem Handeln eine gewisse Konsequenz zu zeigen und in der Auseinandersetzung mit Anderen eine Balance zwischen individuellen Ansprüchen und sozialen Erwartungen gefunden zu haben.“ (Abels, 2010, S. 258)

Die Identität umfassend zu beschreiben stellt auf Grund der Komplexität ein schwieriges Vorhaben dar, welches bereits Erikson bestätigt: „ Je mehr man über diesen Gegenstand schreibt, desto mehr wird das Wort zu einem Ausdruck für etwas, das ebenso unergründlich als allgegenwärtig ist.“ (Erikson, 1981, S. 7) . Gerlach (2013) bestätigt die Gültigkeit dieser Aussage. Sie fragt sich, warum- obwohl die Frage nach der Identität bereits in der Antike gestellt wurde- keine Definition des Begriffes existiert, die alle relevanten Dimensionen beinhaltet und der sich die unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen anschließen würden (Gerlach, 2013).Es liegen verschiedene Zugänge zum Identitätsbegriff vor. Psychologie und Soziologie sind sich zwar einig, dass Identität eine dynamische Größe ist, die sich im Rahmen der sozialen Umwelt entwickelt und von der Person selbst gestaltet wird (Fischer, 2013) . Die Wichtung des Einflusses der Person und der sozialen Umwelt erfolgt jedoch unterschiedlich durch beide wissenschaftlichen Disziplinen. Hausser (1995) grenzt aus seiner psychologischen Sicht die Begriffe Rolle und Sozialisation klar von der Identität ab, er legt das Gewicht auf die vom Subjekt selbst konstruierte Sicht (Hausser, 1995). Die soziologische Sicht von Abels betont, dass der Identitätsbegriff ganz wesentlich von der Interaktion mit anderen Individuen abhängt (Abels, 2010). Menschen brauchen Anerkennung durch Andere, sie können nicht ohne das Feedback der Anderen leben und darüber hinaus können sie sich nicht den Erwartungen der Gesellschaft entziehen.

In der vorliegenden Arbeit wird sich auf den Identitätsbegriff von Müller (2009) bezogen. Ihre Unterteilung der Identität erfolgt in Anlehnung an James 1890, Mead 1934 sowie Gofmann (Müller, 2009) in die Ich- Identität, die personale Identität und die soziale Identität. Dabei beschreibt die Ich- Identität die Bereitschaft und Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Fremderwartungen so anzuordnen, dass ein selbstbestimmtes eigenes Rollenverhalten praktiziert werden kann. In der Ich- Identität drücken sich Selbstwertgefühl (das Akzeptieren von eigenen Schwächen und Qualitäten) und Selbstbehauptung aus (Petillon , 1993). Die personale Identität kennzeichnet Phänomene, die das Individuum unverwechselbar machen, obwohl sie durch gesellschaftliche Prozesse beeinflusst werden. Die individuellen Merkmale, welche die personale Identität bestimmen, sind unter anderem genetisch bestimmte Anlagen wie die Augenfarbe, die Körpergröße, Begabungen, die Intelligenz, der Klang der Stimme, die Biographie, Persönlichkeitsmerkmale etc. (Müller, 2009). Die soziale Identität umfasst Details, die in Zusammenhang mit einer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (Kultur, Nation, politische Partei, Familie, Glaubensgemeinschaft etc.) stehen (ebd.).

Müller (2009) unterteilt die Ich-Identität in vier Ebenen: die kognitive, die emotionale, die konative sowie die moralische Ebene. Innerhalb der kognitiven Ebene (Fähigkeit zur Selbst-reflexion) wird das Selbstbild mit dem Fremdbild oder dem Wunschbild (moralische Ebene) verglichen. Wahrgenommene Divergenzen können sich auf das Verhalten (konative Ebene) auswirken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Identitätsbegriff nach Müller 2009 (eigene Darstellung)

Die Identität erteilt Auskunft darüber, welche Art von Mensch man ist, welche Erwartungen andere Menschen sowie man selbst in Bezug auf die eigene Person haben. Sie dient als Orientierungs- und Bezugsrahmen für bewusst oder unbewusst ablaufende Entscheidungen bezüglich von Einstellungen und Verhaltensweisen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Identität das Resultat eines überdauernden Prozesses der direkten Auseinandersetzung mit sich selbst und der sozialen Umwelt ist. Das Gelingen dieses Prozesses ist von großer Bedeutung, da es das Individuum mit der Gesellschaft verbindet (Müller , 2009). Identität kann als psychosoziales Wohlbefinden erlebt werden, im Sinne einer Gewissheit, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet oder dem inneren Bewusstsein der Anerkennung von Menschen, die man als wichtig erachtet (Erikson, 1981).

2.2 Bedeutung und Definition von beruflicher Identität

In dem folgenden Kapitel werden verschiedene Sichtweisen von beruflicher Identität beschrieben. Sie werden mit den Begriffen Commitment, berufliche Sozialisation und berufliches Selbstverständnis in Beziehung gesetzt. Mittels Studien sollen Auswirkungen und Einflussfaktoren auf die berufliche Identität aufgezeigt werden.

„Einen Beruf zu haben bedeutet für den Menschen mehr als nur Sicherung des Einkommens und Strukturierung des Lebenslaufs. Beruf ist etwas, mit dem der Mensch sich identifizieren möchte, der seinem Leben einen Sinn gibt und der ihn zum Mitglied einer beruflichen Praxisgemeinschaft macht“ (Fischer, 2013, S. 65).

Berufliche Identität beschreibt das Produkt der Wechselwirkung zwischen Arbeit/Beruf und Person (Raeder & Grote, 2006). Die berufliche Identitätsbildung unterliegt einem fortlaufenden Prozess und unterliegt einer stetigen Überprüfung und muss gegebenenfalls neu definiert werden (Fischer, 2013).

Die Bedeutung der beruflichen Identität wird unterschiedlich beschrieben. Einige Autoren (Marcia, 1994) sehen die berufliche Identität als wichtigen Teil der Ich- Identität, andere wiederum betonen, dass sie eine von mehreren sozialen Teilidentitäten ist und daher lediglich einen begrenzten Einfluss auf die Ich- Identität hat.

Auf Grund von Eriksons Sicht, die Identität als Resultat einer Fülle von Erfahrungen früherer Entwicklungsphasen zu betrachten, kommt er zum Schluss, dass ein Mensch in der Adoleszens in der Lage ist, sich mit neuen Rollen zu identifizieren (Erikson, 1981). So kann für ihn die Wahl des Berufes eine Bedeutung annehmen, welche über die Frage des Status und des Einkommens hinausgeht und direkt zur Identitätsbildung beiträgt (ebd.). Auch Hausser beschreibt einen Zusammenhang zwischen Arbeit und Identität (Hausser, 1995). Er stellt fest, dass die Frage nach der beruflichen Tätigkeit oftmals die erste ist, welche man an jemanden richtet, den man zum ersten Mal trifft. Hausser schließt daraus, dass der Beruf für die Identität eines Menschen eine wichtige Rolle spielt. Für ihn ist die Frage von Bedeutung, wie sehr der Beruf, zu dem sich die Person in Relation setzt, ihre Persönlichkeit prägt und ob ihre Identität unter dem Einfluss der beruflichen Entwicklung steht (ebd.). Er geht davon aus, dass ein Wechselwirkungsprozess zwischen Identität und Arbeitserfahrung existiert. Nimmt ein Mensch sich als kompetente Berufsperson wahr, kommt es zu einer Steigerung der intrinsischen Arbeitsmotivation, die das berufliche Engagement sowie die Identität verstärkt. Die Argumentation von Beck, Brater und Daheim tendiert in die gleiche Richtung, sie erklären, dass der Beruf „eine sehr häufige und primäre Quelle des Selbstgefühls“ (Beck, Brater & Daheim, 1980, S.160) sei. Berufliche Identifikation führt zu einer „Innenstabilisierung“ (ebd. S.160) der Person. Diesen Mechanismus führen sie darauf zurück, dass die wahrgenommene Abhängigkeit anderer vom eigenen Wissen und Können zu Macht- und Überlegenheitsgefühlen führen kann und so zu einer Quelle von Selbstbestätigung und Selbstwertgefühl werden. Sie bezeichnen es als die „psychosozialen Konsequenzen des Expertentums“ (Beck et al., 1980, S. 218).

Die Tendenz die berufliche Identität als relativ unabhängige soziale Teilidentität zu betrachten, zeigt sich in neueren Quellen. Mansel und Kahlert (2007) merken an, dass sich im Zuge der zunehmenden Freizeitorientierung der Zusammenhang von Identitätsentwicklung und Arbeit etwas gelockert hat. Sie vertreten die Ansicht, dass die berufliche Tätigkeit an Relevanz für die Identitätsbildung eingebüßt hat.

Neben dem Einfluss des Berufs auf die Gesamtidentität, wird auch die Bedeutung der beruflichen Identität als Funktion für die gesellschaftliche Integration hervorgehoben (Heinzer & Reichenbach, 2013). Bühler (2007) vertritt die These, dass in der heutigen individualisierten Gesellschaft die Selbstentfaltung nicht mehr allein an den Beruf gebunden ist. Es scheint für sie fraglich, ob die Vorstellung, dass sich Menschen erst auf der Grundlage ihres Berufs zu vollwertigen Gesellschaftsmitgliedern entwickeln können. Es zeigte sich jedoch in ihren Untersuchungen, dass der Großteil der jungen Erwerbstätigen dem Beruf eine besondere Bedeutung für ihr Leben beimessen (Bühler, 2005). Auch Müller postuliert, dass die berufliche Identität einen hohen Stellenwert innerhalb der sozialen Identität hat. Sie zeigt in ihrer Dissertation auf, dass in 33 Ländern der Beruf zur Selbstbeschreibung von zehn sozialen Teil-Identitäten an zweiter Stelle genannt wird (Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Gewichtung von sozialen Teil- Identitäten zur Selbstbeschreibung (Müller, 2009, S.325)

Es kann also davon ausgegangen werden, dass die berufliche Identität aus der Auseinandersetzung zwischen personalen und sozialen Aspekten resultiert. Darüber hinaus heißt es, sich mit dem Berufsbild und den Berufsrollen, welche von außen definiert sind, auseinanderzusetzen. Dies bedeutet aber auch, die Außenansicht mit den eigenen Normen und Werten in Einklang zu bringen, um dem beruflichen Selbstverständnis möglichst umfassend zu entsprechen. Für Beck et al (1980) ist ein Beruf stark fremdbestimmt und abhängig von der wirtschaftlichen Situation und vom aktuellen Arbeitsmarkt. Dies hat zur Folge, dass man sich mit einem unpersönlich- fremdbestimmten Teil identifizieren müsse, welche den ganz persönlichen und individuellen Fähigkeiten, Werten, Eigenschaften und Sinnbezügen nicht entsprechen. Identitätsarbeit und Identitätssuche würde nach Müller (2009) nun heißen, dass die Ich- Identität zwischen den eigenen Vorstellungen sowie Werten und diesen fremdbestimmten Bildern vermitteln muss. Diese Prozesse überdauern nach Raeder und Grote (2006) die gesamte Zeit der Erwerbstätigkeit. Die sich ständig verändernde Arbeitswelt stell den Anspruch an die berufliche Identität sich ständig neu zu orientieren und zu definieren (Raeder & Grote, 2006).

Bei ihren Untersuchungen konnte Müller (2009) drei Kategorien von Einstellungen der Befragten zu ihren beruflichen Tätigkeiten und die damit verbundene Bedeutung zur beruflichen Identität herausarbeiten. Sie unterteilt in den Typ „Selbstbestimmter“, hier findet man die Befragten, die eine sinnstiftende und erfüllende Tätigkeit ausüben können, der Typ „Geldbeschaffer/innen“ sieht den Beruf als notwendiges Übel, als Mittel zum Zweck der Lebensführung und Geldbeschaffung. Zwischen den beiden Typen befindet sich der „Kompromissbereite“, hier sind die Menschen verortet, die ihrer beruflichen Tätigkeit positive Aspekte beimessen, obwohl sie durchaus auch negative Tatsachen und strukturelle Zwänge wahrnehmen. Darüber hinaus stellt Müller fest, dass die Gruppe der Selbstbestimmten über eine positive berufliche Identität verfügt. Die Personengruppe, die den Beruf als notwendiges Übel ansieht, ist oftmals mit ihrem Beruf überhaupt nicht zufrieden und streben häufig einen Wechsel an. Kann ein Wechsel nicht zustande kommen, fokussieren sich diese Menschen auf andere Lebensbereiche, z.B. Freizeit oder Familie (Müller, 2009).

Betrachtet man das gesellschaftliche Bild der Pflegeberufe, so wird man immer wieder mit den Tugenden aufopfernd und selbstlos konfrontiert. Bis in die Mitte der 1970er-Jahre war die Krankenpflege ausgerichtet auf eine Verpflichtung der bürgerlich-weiblichen und karitativen Tugenden und eine gehorsame Assistenz des Arztes (Meyer-Marzak, 2012). Das erforderliche hohe Fachwissen verbunden mit einer ausgeprägten sozialen Kompetenz bildet die Säulen der Profession Pflege. Die Kombination dieser beiden Bereiche ist die Voraussetzung für die Pflegequalität (ÖKGV, 2017). Diese Tatsachen werden jedoch von der Gesellschaft häufig nicht so gesehen. Dies könnte an der wiederholten undifferenzierten Darstellung der Pflege in den Medien sowie auch durch die Politik liegen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die berufliche Identität das Resultat der Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsverständnis einer Person und der Arbeit sowie dem Berufsbild der Gesellschaft ist. Die Bedeutung, welche der beruflichen Identität beigemessen wird, variiert je nach Persönlichkeit und den strukturellen Bedingungen stark, jedoch scheint der Beruf immer ein wichtiger Faktor für die Selbstbeschreibung zu sein.

2.2.1 Berufliches Selbstverständnis, Sozialisation und Commitment

In diesem Kapitel werden die drei Begrifflichkeiten erläutert, da sie in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen Identität stehen.

Das berufliche Selbstverständnis bezieht sich in erster Linie auf das Selbstbild der Berufsangehörigen und ist eng verknüpft mit den Werten und Normen eines Menschen, mit den beruflichen Anforderungen, aber auch mit dem gesellschaftlichen Bild eines Berufes (Stöhr & Trumpetter, 2006). Das Selbstbild wird unter anderem durch das gesellschaftliche Bild auf den Beruf sowie den Werten und Normen geprägt. Die Werte können in diesem Zusammenhang: Gesundheit als höchstes Gut sein, oder auch der Schutz des Lebens sein. Normen, die eine tragende Rolle spielen, sind u.a.: Gefährdung der Patienten immer zu vermeiden sowie die Autonomie des Menschen respektieren. Beschreibt man die letzte Verknüpfung - das gesellschaftliche Bild- so lässt sich feststellen, dass immer noch ein leicht antiquierter Eindruck existiert. Selbstlosigkeit und Aufopferung sind nach wie vor präsent. All diese Faktoren nehmen einen Einfluss auf den Beruf und seine daraus resultierenden Anforderungen.

Diese Anforderungen sind in den Pflegeberufen vielfältig. Neben physischen Beanspruchungen treten eine Vielzahl von psychosozialen und emotionalen Anforderungen auf, die sich aus der individuellen patientenorientierten Pflege ergeben. Stöhr und Trumpetter (2006) betonen, dass bei Berufseinsteigenden eine gezielte Förderung notwendig ist, um diese Anforderungen zu bewältigen. Eine besondere Rolle kommt der Förderung der Personalkompetenz1 zu, sie beinhaltet den wichtigen Aspekt der Reflexionsfähigkeit. Mit Hilfe der Reflexion gelingt eine kritisch distanzierte Sichtweise der eigenen Person, der Gesellschaft und des Berufs. Durch Reflexion werden die beruflichen Anforderungen erkannt und es gelingt eine eigene berufliche Identität zu entwickeln (ebd.).

Berufliches Selbstverständnis könnte man als eine Art Identitätsideal bezeichnen, eine Art Soll- Zustand, den der Mensch erreichen möchte. Brunstein & Mann fanden heraus, dass Identitätsideale eine motivierende Wirkung auf die Bearbeitung von berufsrelevanten Aufgaben haben, wenn man sich mit den beruflichen Zielen fest verbunden fühlt und sich auf erreichbare Merkmale des beruflichen Ideals fokussiert (Brunstein & Mann, 2000).

Die Aussage „sich verbunden fühlen“ führt zum Commitment, in der deutschen Übersetzung beschreibt es: Einsatz, Verpflichtung, Engagement (Terell, Schnorr, Morris, & Breitsprecher, 1991, S. 125). Heinemann und Rauner (2008) benennen den Unterschied zwischen betrieblichem (Organizational Commitment) und beruflichem (Occupational Commitment) Engagement. Dabei beschreibt das betriebliche Engagement eine Art emotionale Beziehung zum Unternehmen, die Bereitschaft sich für das Unternehmen einzusetzen. Das berufliche Engagement beschäftigt sich mit der Bindung der Beschäftigten an ihren Beruf, Leistungsbereitschaft und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung spielen hier eine entscheidende Rolle. Beide Autoren führen darüber hinaus die Arbeitsmoral auf: die Einstellung, Haltung gegenüber der eigenen Arbeit (Dudenredaktion, 2020). Sie beschreibt eine Beziehung zum Arbeiten, die unabhängig von beruflichen Inhalten, eine wichtige Rolle spielt. Diese drei Konzepte haben in den Augen von Heinemann und Rauner eine gewisse Wechselwirkung untereinander. So wirken sich positive Erfahrungen im Betrieb beispielsweise erfolgreich auf die Arbeitsmoral sowie das berufliche Engagement aus. Alle drei haben einen Effekt auf die berufliche Identität. Auf der anderen Seite kann die berufliche Identität auch als Quelle für Commitment und Arbeitsmoral sein. Fischer führt aus, dass der Begriff Identifikation häufig synonym mit dem Begriff Commitment, hier in dieser Arbeit Organizational Commitment, angewandt wird. Sie sieht den Unterschied darin, dass Commitment eher die affektive Einstellung gegenüber dem Betrieb bezeichnet, während die Identifikation zeigt, wie sehr sich eine Person als Mitglied dieser Organisation selbst definiert. Müller (2009) erachtet das Ausmaß der inneren Verbindlichkeit (Occupational Commitment) als eine Art Gradmesser der beruflichen Identität. Sie sagt, dass die Qualität der beruflichen Identität unter anderem vom Ausmaß der inneren Verbindlichkeit (Commitment) abhängt, welche man gegenüber seiner beruflichen Tätigkeit verspürt.

Ein weiterer Begriff, der häufig im Zusammenhang mit der Entwicklung der beruflichen Identität genannt wird, ist die Sozialisation. Dabei spielt die berufliche Sozialisation eine wesentliche Rolle. Heinz (1995) versteht unter der beruflichen Sozialisation die Aneignung von Orientierungen, Kenntnissen, Fertigkeiten, Motiven sowie sozialen Kompetenzen, die bei der Arbeit eingesetzt werden. Sein Konzept umfasst immer Sozialisation für den Beruf, durch den Beruf und neben dem Beruf. Er zeigt auf, dass der Prozess der beruflichen Sozialisation bereits vor der Berufswahl beginnt und über die Arbeitstätigkeit hinausgeht. Heinz (1995) bezeichnet die Berufsausbildung als die zentrale Institution für die Sozialisation durch den Beruf. Sie hat die zentrale Aufgabe, Qualifikationen und Orientierungsmuster, welche für die jeweilige Berufstätigkeit nötig sind, zu vermitteln. Für ihn ist berufliche Sozialisation mehr als die Verinnerlichung von Berufsrollen (Heinz, 1995). Berufsrollen im Sinne von Talcott Parsons (zitiert in Heinz, 1995) sind ein Bündel normativer Verhaltenserwartungen, die Orientierungs- und Motivationsfunktion für den Berufstätigen haben und auch der Integration in das soziale System dienen (Heinz, 1995). Darüber hinaus sieht er die berufliche Sozialisation als Resultat der Auseinandersetzung mit den Rollenerwartungen und den Handlungsanforderungen. Er stellt weiterhin fest, dass deformierende Sozialisationsprozesse hinderlich für die Entwicklung der beruflichen Identität sind.

Diese Prozesse entstehen durch mangelnde Unterstützung in der Arbeitssituation sowie einer undurchschaubaren Organisation von Arbeitsabläufen. In derartigen Situationen nehmen laut Heinz (1995) Bewältigungsmöglichkeiten für Arbeitsanforderungen schleichend ab. Dies kann das psychosoziale Wohlbefinden beträchtlich stören: „Basis für psychosoziales Wohlbefinden bilden Arbeitsplatzsicherheit, Einkommen und soziales Ansehen“ (Heinz, 1995, S.86). Zeitdruck, Unsicherheiten, arbeitsorganisatorische Probleme und Überforderung können gesundheitliche Probleme als Folgeerscheinung haben.

2.2.2 Die Erfassung von beruflicher Identität am Beispiel von Heinemann und Rauner (2008)

In den Wissenschaftsgebieten existieren unterschiedliche Definitionen und Auffassungen von beruflicher Identität. Aus diesem Grund wird sie mit Hilfe von unterschiedlichen Methoden erforscht. Neben zahlreichen qualitativen Untersuchungen gibt es auch diverse quantitative Erhebungsinstrumente für diesen Gegenstand. An diesem Punkt wird das Instrument zur Entwicklung und Beschreibung des beruflichen Engagements und beruflicher Identität von Heinemann und Rauner kurz dargestellt. Dieses Instrument der Erfassung wird in mehreren Quellen eingesetzt (bspw. Fischer, 2013).

Wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, gehen die beiden Autoren, Heinemann und Rauner, davon aus, dass es einerseits eine starke Wechselwirkung zwischen Arbeitsmoral und Engagement und andererseits der beruflichen Identität gibt. Diesen Zusammenhang verdeutlicht die folgende Grafik:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3. Berufliche Identität und Bezugsfelder von Engagement (Heinemann & Rauner, 2008, S.11)

Die Wechselwirkungen können sich auf unterschiedliche Bezugsfelder beziehen. Steht der Beruf im Vordergrund, sprechen wir von beruflichem Engagement, steht der Betrieb im Fokus, von betrieblichem Engagement. Ein drittes Bedeutungsfeld ist Arbeitsmoral. Hier stehen Werte wie Pünktlichkeit, Tüchtigkeit oder Verlässlichkeit im Vordergrund, die sich auf Arbeit im Allgemeinen und nicht den konkreten Beruf beziehen (Heinemann, Maurer, & Rauner, 2009).

Um die berufliche Identität, Commitment2 und Arbeitsmoral zu erfassen, haben die beiden Autoren ein Instrument mit vier Skalen entwickelt, welche nachfolgend mit den dazugehörigen Items aufgeführt sind. Diese Skalen wurden zunächst an einer Berufsschule erprobt und danach in Bremerhaven mit 1640 Auszubildenden in 50 Berufen getestet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4. Skalen zur Messung von Engagement und beruflicher Identität. (Heinemann & Rauner, 2008, S. 17 ff)

Den Ausführungen der Autoren nach entsprechen die Skalen zur Erfassung von beruflicher Identität und Commitment den psychometrischen Ansprüchen. Sie stellen einen wichtigen Bestandteil des Instrumentariums des KOMET- Projekts3 dar. In diesem Projekt konnte mit Hilfe der beschriebenen Skalen nachgewiesen werden, dass berufliches Engagement stark mit der Entwicklung beruflicher Identität zusammenhängt. Diese Beziehung kann ebenfalls zwischen betrieblichem Engagement und beruflicher Identität, allerdings etwas schwächer ausgeprägt, festgestellt werden (Heinemann & Rauner, 2008). Je höher das Engagement, desto höher ist die berufliche Identität. Darüber hinaus besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem beruflichen Engagement und der Entwicklung beruflicher Kompetenzen (ebd., S.231). Durch nicht erfolgte Bezugnahme auf konkrete berufliche Inhalte, ist es möglich, die Ausprägungen der Werte berufsübergreifend zu vergleichen (ebd., S. 229). Fischer (2013) fand bei einer Befragung mit den Skalen von Heinemann und Rauner heraus, dass von sieben untersuchten Berufen4 die Gesundheits- und Krankenpfleger/ innen den höchsten Mittelwert aller aufsummierten Skalen erzielten, das heißt, die Berufsgruppe erzielte die meisten Übereinstimmungen in der Beantwortung der Items. Gleichzeitig weist sie den größten Anteil an Personen mit hoher beruflicher Identität auf (Fischer, 2013).

2.3 Stolz

Recherchiert man den Begriff Stolz im Lexikon der Psychologie, so findet man kurz „Emotionen, sekundäre“ (Wirtz, 2014, S. 1605). Das Bedeutungswörterbuch hingegen bezeichnet Stolz als „ausgeprägtes Selbstwertgefühl“ oder „berechtigte selbstbewusste Freude“ (Dudenredaktion , 2002, S. 859). Tracy und Robins (2007) sprechen von 2 Facetten des Begriffs Stolz. Es ist nicht das Ereignis selbst, das bestimmt, welche Facette des Stolzes erlebt wird, sondern die Art und Weise, wie das Ereignis bewertet wird. Wird der Erfolg unkontrollierbaren und stabilen Ursachen (Begabung/ Talent) zugeschrieben, handelt es sich um „hubristic5 pride“ (Tracy & Robins, 2007, S. 267). Ist der Erfolg hingegen auf interne instabile unkontrollierbare Ursachen, wie beispielsweise Anstrengung zurückzuführen, handelt es sich um „authentic pride“ (ebd., S.267). Ähnlich unterscheidet Frese (1990) zwischen Stolz als Charaktereigenschaft, welches oft auf einem Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen beruht und dem Stolz „auf etwas“. Ersteres genießt nicht sehr viel Ansehen, das Gegenteil davon bildet der Begriff Demut (Frese, 1990). Die andere Form des Stolzes bezieht sich auf eine Handlung, hier liegt der Kontrast davon in Scham oder Beschämung (Frese, 1990). In der vorliegenden Arbeit wird sich auf den zweitgenannten Aspekt des Stolzes bezogen. Hinding bezeichnet diesen als komplexes emotionales Phänomen, das im Vergleich zu anderen Emotionen noch wenig erforscht wurde. Stolz entsteht durch eine Selbstbewertung, die anhand eines Vergleichs mit anderen Personen oder mit früheren Situationen gemacht wird. Er kann als Reaktion auf Erfolg und Leistung durch eigene Kompetenz oder Anstrengung angesehen werden (Hinding, 2013). Frese (1990) postuliert, dass Stolz nur dann entstehen kann, wenn ein Ereignis für die eigenen Werte und Ziele als wichtig eingeschätzt wird und dieses Ereignis der eigenen Leistung, Anstrengung oder Fähigkeit zugeschrieben werden kann. Er weist darauf hin, dass Stolz- wie die meisten Emotionen- nur von kurzer zeitlicher Dauer ist. Trotz allem misst er den Ereignissen, die Stolz erzeugen eine große Bedeutung zu. An diese wird sich häufig erinnert, somit kann es zu einer Generalisierung führen, diese steigern wiederum die Selbstsicherheit (Frese, 1990).

Obwohl Stolz in erster Linie individuumsbezogen dargestellt wird, geht Frese davon aus, dass man auch auf kollektive Handlungen stolz sein kann. Dies geschieht oft indem man seinen eigenen Anteil zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels betont.

2.3.1 Bedeutung und Definition von Berufsstolz

Ganz allgemein ausgedrückt, ist Berufsstolz eine Emotion gegenüber der eigenen Arbeit (Hinding, 2013). Frese (1990) unterscheidet zwei Arten von Berufsstolz: Stolz auf eine bestimmte Leistung, welcher eine höhere Spezifität aufweist und Stolz auf die Arbeit, der sich durch eine höhere Generalisierung auszeichnet. Beide Arten von Stolz können auf individueller oder auf kollektiver Ebene empfunden werden (Frese, 1990). Frese ist der Ansicht, dass Stolz leichter entstehen kann, wenn die Arbeit von großer gesellschaftlicher Bedeutung ist (ebd.). Er spricht beim Stolz auf eine bestimmte Leistung von Produktstolz (Stolz auf ein Resultat) oder von Produzentenstolz, Stolz, der sich auf eine Tätigkeit bezieht und teilweise während der Handlung entsteht (ebd.). Hinding (2013) beschreibt, dass ein Mensch, der etwas geleistet oder hergestellt hat und das Ergebnis sehen kann, anschließend stolz darauf ist. Da bei dienstleistungsbezogenen Tätigkeiten das Ergebnis nicht unbedingt sichtbar ist, betont Hinding (2013), dass Stolz nicht immer auf ein Produkt bezogen werden muss, sondern bereits während der Ausführung der Handlung entstehen kann. Dieser Stolz entsteht durch den subjektiven Eindruck, etwas besonders gut gemeistert zu haben (Hinding, 2013). Schottmayer (2003) betont wiederum den Aspekt des Stolzes auf die Arbeit, seiner Ansicht nach, entsteht Berufsstolz durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe oder durch lange Berufserfahrung, oftmals im Zusammenhang mit einem hohen Berufsideal.

Diese Aussagen scheinen für den Pflegeberuf zutreffend zu sein. Bühler ist der Meinung, dass der Pflegeberuf ein ausgesprochener Frauenberuf, mit teilweise einem überhöhten Berufsethos ist, der es kaum erlaubt, Kompromisse einzugehen. Dieses Argument untermauert die englische Pflegezeitschrift Nursing Standard (Waters, 2009). In einer freiwilligen Umfrage (snapshot survey) wurde festgestellt, dass 94 % der Teilnehmerinnen stolz sind, Pflegende zu sein und darüber hinaus ihre Arbeit lieben. 59 % der Befragten hatten mehr als 16 Jahre Berufserfahrung. 76 % aller Antwortenden sehen die Pflege als Berufung an. Bühler (2005) weist auf die Kehrseite dieser Tatsachen hin: Wer sich von diesem Berufsethos abgrenzt, muss fast zwingend ein schlechtes Gewissen bekommen (Bühler, 2005).

2.3.2 Förderliche und hinderliche Faktoren für den Berufsstolz von professionell Pflegenden

Recherchiert man die Schlagworte professional pride verbunden mit nursing in den Datenbanken Medline, EconLit, ERIC, PSYNDEX, PsycINFO und SocINDEX so ergeben sich lediglich 12 Treffer. Wesentlich mehr Resultate ergab die alternative Suche mit proud oder pride, schlussendlich konnten insgesamt drei relevante Studien gefunden werden. Beeinflussende Faktoren für den Berufsstolz wurden hauptsächlich im Projekt von Müller und Hellweg (2013) „ProWert- Produzentenstolz durch Wertschätzung6 und in den Untersuchungen von Ragusa und Crowther (2012); Sneltvedt sowie Bondas (2016); Nilsson, Hertting, Petterson und Theorell (2005) gefunden.

Hinding und ihr Team befragten in einer Teiluntersuchung unterschiedlichste Pflegende in mehreren Institutionen nach den Ursachen und Quellen von Stolz. Aus 49 problembezogenen Interviews resultierten zwei wichtige Quellen von Stolz: erstens die Leistung und zweitens der Beruf selbst (Hinding et al., 2013). Leistungsstolz findet seine Begründung in eigenen Erfolgen sowie Fähigkeiten und beinhaltet darüber hinaus den Stolz auf eine erreichte Position. Die Fähigkeit andere zu beeinflussen spielt in diesem Zusammenhang auch eine wichtige Rolle. Berufsstolz bezieht sich auf den Beruf selbst, die Vielfalt der Aufgaben und die große Verantwortung für Menschen haben hier eine hohe Bedeutung. Ferner ist die Anerkennung durch andere für den Berufsstolz nicht bedeutungslos. Die interviewten Personen gaben an, dass ihnen die Anerkennung durch das private Umfeld und durch die Familie sehr viel mehr bedeutet als die negativen Bilder, die sie in Fernsehserien und aus der Gesellschaft wahrnehmen (Hinding, et al., 2013). Es scheint, dass der Stolz der interviewten Teilnehmer stark durch das berufliche Selbstverständnis geprägt ist. Die Wertschätzung des Berufs in der Gesellschaft, die teilweise zweifelhaft erscheint, beeinflusst den Berufsstolz nicht so stark, wie die eigenen Werte und ihre Realisierung. Professionalität, humanistische Werte und Kompetenzen bestimmen gemäß Hinding et al. (2013) dieses Selbstverständnis. Personalabbau, zusätzliche Aufgaben und eine zunehmende Arbeitsverdichtung führen jedoch dazu, dass es kaum möglich ist, den eigenen Idealen gerecht zu werden. Häufig gehen Pflegende mit einem schlechten Gewissen nach Hause. Überforderung, Angst und Schuld kommen auf und verursachen ein Gefühl des Sinnverlusts. Diese Sinnkrise führt häufig zu Gedanken an einen Berufsausstieg (Hinding, et al., 2013). Im quantitativen Teil der Studie (119 Probanden, 26,6% der Stichprobe) konnten die Autoren darstellen, dass Berufsstolz Ich bin stolz auf meinen Beruf am höchsten korreliert mit den drei Items Ich empfinde Stolz, weil: „…ich eine anspruchsvolle Tätigkeit ausübe (es geht um Menschenleben)“, „…ich einen anspruchsvollen Beruf ausübe „und „…ich eine gute Arbeit leiste“ (Hinding et al., 2013, S.81 ff).

Weitere Untersuchungen im Rahmen des ProWert-Projekts ergaben, dass ein starker Zusammenhang von Berufsstolz mit einer wertschätzenden Unternehmenskultur besteht. Die Wertschätzung durch Vorgesetzte, durch die Patientinnen/ Patienten sowie durch das private Umfeld stellen eine wichtige Quelle von Stolz dar (Matuschek, Tschishova, & Hinding, 2013). Der Berufsstolz ergibt sich aus der Tätigkeit selbst sowie aus dem subjektiven empfundenen Sinn. Zahlreiche Pflegende haben diesen Beruf gewählt, um Menschen in schwierigen Lebenslagen professionell helfen zu können (ebd.). Ähnliche Schlussfolgerungen konnten Sneltvedt und Bondas (2016) feststellen. Sie untersuchten Tagebucheinträge und Interviews von acht Pflegenden (mit einem Bachelor-Abschluss, bis zu 18 Monate in der häuslichen Pflege tätig) mit qualitativen Methoden. Die Analysen ergaben drei Themenbereiche, welche aus Sicht der Befragten zu Berufsstolz führen:

1. gute Dinge tun und tun, was richtig ist
2. Anerkennung und Bestätigung
3. einer Praxisgemeinschaft anzugehören, darin wachsen zu können (Sneltvedt & Bondas, 2016)

In diesen Ausführungen kommt neben der Wahrnehmung der eigenen Kompetenz (Gutes tun und das Richtige tun) sowie der Erfahrung von Bestätigung und Anerkennung durch Patientinnen/Patienten nebst ihren Angehörigen auch der Aspekt hinzu, sich als Teil eines Ganzen zu erleben. Die Teilnehmer beschreiben Stolz als ein Ergebnis gemeinsamer Bemühungen um eine qualitativ hochwertige Versorgung von alten gebrechlichen Menschen in der Gemeindepflege (Sneltvedt & Bondas, 2016). Fast identische Ergebnisse zeigen Interviews mit 32 Pflegenden im psychiatrischen Bereich in Australien. Sie besuchen sehr abgelegen wohnende Menschen mit Suizid-, Sucht-, und Selbstverletzungsproblematiken und müssen oftmals Entscheidungen mit weitreichenden Auswirkungen treffen. Diese Pflegenden sind stolz darauf Menschen mit psychischen Problemen helfen zu können, sie empfinden Stolz bezüglich ihres professionellen Urteilsvermögens, darüber hinaus sind sie stolz auf ihre Autonomie an ihrem Arbeitsplatz (Ragusa & Crowter, 2012).

Auf der Basis von 17 Interviews kommen Nilson et al. (2005) zum Fazit, dass die Betriebsgröße einen entscheidenden Faktor darstellt, Stolz auf die Arbeit empfinden zu können. Seine Teilnehmerinnen berichteten, dass der Vorteil in einem kleinen Betrieb darin liegt, dass man sich gegenseitig kennt, ein Gefühl der Loyalität aufbauen kann und somit zusammen eine professionelle Einstellung und Identität entwickeln kann (Nilson et al., 2005).

Wie bei der beruflichen Identität sind wenige Faktoren beschrieben, die den Berufsstolz negativ beeinflussen. Arbeitsverdichtung, Personalabbau sowie Zusatzaufgaben führen dazu, den eigenen Idealen nicht gerecht werden zu können (Hinding, et al., 2013). Die förderlichen Faktoren in der Literatur überwiegen: Kompetenzerfahrung, Anerkennung, Realisierung des beruflichen Selbstverständnisses und eigener Werte sowie Autonomie/ Verantwortung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5. Übersicht der Einflussfaktoren auf den Berufsstolz. (eigene Darstellung)

2.3.3 Effekte von Berufsstolz

Berufsstolz wirkt vor allem als Puffer für Belastungen: „Die Möglichkeit, ihr individuelles Pflegeideal leben zu können, erhöht die Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte und puffert dementsprechend Belastungsfaktoren ab. Stolz und Wertschätzung wirken sich positiv auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus“ (Matuschek, Tschishova, & Hinding, 2013, S. 109). So lautet das zusammenfassende Ergebnis aus einer Teiluntersuchung innerhalb des ProWert-Projekts mit dem Fokus auf den Umgang mit hohen Belastungen in Pflegeberufen. In der Studie von Nilsson et al. (2005) werden Arbeitsstolz und Selbstvertrauen als Kerndeterminanten für betriebliche Gesundheit interpretiert, sie können als Puffer gegen die negativen Auswirkungen des Personalabbaus wirken.

2.4 Die Entwicklung der professionellen Pflege

Im Zusammenhang mit dem allgemeinen Verständnis von Pflege und einem eigenständigen und erweiterten Aufgabenbereich spielt die historische Entwicklung von beruflicher Pflege eine zentrale Rolle. In der Literatur lassen sich zahlreiche historische und moderne Beschreibungen beruflicher Pflege finden. Was darunter verstanden wird unterliegt dem Zeitgeist. Hier wird deutlich, dass die Pflege unterschiedliche Stadien durchlaufen hat, in denen jeweils unterschiedliche Aspekte im Vordergrund standen. Berufliche Pflege ist also von einem stetigen Wandel und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung geprägt (Oelke, 2008). Die Gleichsetzung von Pflege als Berufung erfolgte im deutschsprachigen Raum bis ins 20. Jahrhundert. Sie galt lediglich als Bestandteil der christlichen Nächstenliebe, konnte ohne Einschränkungen praktiziert werden, da sie mit keinerlei beruflichen Anforderungen verknüpft war (Kelm, 2008). Florence Nightingale (1820-1919) galt als Mitbegründerin der modernen Pflege. Sie bewirkte im angloamerikanischen Raum, dass sich die Pflege als eigenständiger Beruf auf Basis von wissenschaftlichen Grundlagen und mit eindeutigen Aufgabenbeschreibungen etablieren konnte (Oelke, 2008). Erst im 19. Jahrhundert begann mit Theodor Fliedner (1800-1864) die Förderung einer Ausbildung für weibliche Diakonissen. Fliedner unterwies die theologischen Inhalte, der theoretische Unterricht zu den fachlichen Bestandteilen erfolgte durch einen Arzt (Seidler, 1993). Darüber hinaus erließ er eine Hausordnung und Dienstanweisung, welche unter anderem Hinweise zu bestimmten Pflegesituationen enthielt. Ein weiterer Bestandteil dieser Schriftstücke waren die Rechte und Pflichten der Diakonissen (Schmidt, 1998). Ein Auszug aus dem Jahr 1837 daraus verdeutlicht dies.

„§ 18 Die Diakonissen dürfen bei ihrer leiblichen und geistlichen Pflege der Kranken […] nicht vergessen, dass sie, wie ihr Amtsname sagt, nur Dienerinnen sein, nur Handreichungen tun sollen und haben sich mit aller Vorsicht zu hüten, weder in das Amt des Arztes noch des Seelsorgers überzugreifen.“ (Auszug aus der Hausordnung und Dienstanweisung für Diakonissen, Seidler, 1993, S. 272 f.) Hier wird deutlich, dass vorrangig persönliche Eigenschaften, u.a. Demut und Gehorsamkeit, das Pflegehandeln bestimmte (Oelke, 2008). Der Ansatz, Pflege als Assistenzberuf der Medizin zu betrachten, hielt sich bis weit in das 20.Jahrhundert (Herzig-Walch, 2009).

Das Verständnis beruflicher Pflege wandelte sich mit der Zeit, so wurden u.a. handlungsleitende Theorien integriert, welche als Grundlage für die Ausübung der pflegerischen Praxis genutzt wurden. Zunächst prägten zahlreiche Definitionen von amerikanischen Pflegetheoretikerinnen das Pflegeverständnis in Deutschland. Zu nennen ist hier unter anderem Virginia Henderson, die mit ihren „Grundregeln der Krankenpflege“ 1963 bekannt wurde, darüber hinaus ist Dorothea Orem und ihre „Theorie der Selbstpflege“ zu erwähnen, die 1971 die präventiven Aspekte in den Fokus ihrer Pflegetheorie rückte. Die von ihnen formulierten Definitionen sind je nach Reichweite der Pflegetheorien stark vom Erfahrungshintergrund und dem Arbeitsbereich der jeweiligen Theoretikerin abhängig. Beispielsweise stellt Hildegard Peplau aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen in der psychiatrischen Pflege die Interaktion zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen in das Zentrum ihrer theoretischen Überlegungen. Pflege ist aus Sicht von Peplau ein „signifikanter, therapeutischer zwischenmenschlicher Prozess“ (Peplau, 1952, zitiert nach Menche, 2019, S.1474).

Die Betonung der eigenständigen Aufgaben- und Arbeitsbereiche der Pflege und damit die Kennzeichnung einer Profession wird darüber hinaus im Pflegeberufereformgesetz unter den vorbehaltenen Tätigkeiten verankert (Weiß, 2018). Wird man sich bewusst, dass die gesetzliche Verankerung dieser Vorbehaltsaufgaben erst im Jahr 2020 offiziell beginnt, deutet dies auf ein deutliches Signal in Richtung Professionalisierung hin.

Der Weltbund der Pflegenden (International Council of Nurses ICN) definiert Pflege als „…die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit anderen Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebens-gemeinschaften, sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenssituationen (Settings). Pflege schließt die Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen ein. Weitere Schlüsselaufgaben der Pflege sind Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse (Advocacy), Förderung einer sicheren Umgebung, Forschung, Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie im Management des Gesundheitswesens und in der Bildung“ (I care, 2020, S. 23).

Professionelle Pflege übernimmt umfassende Aufgaben in der Lebensbewältigung der Patienten während der Erkrankung/ gesundheitlichen Beeinträchtigung. Dies umfasst zum einen Handlungen an sich selbst, aber auch Interaktionen mit Angehörigen (Unterstützung, Anleitung, Edukation). Des Weiteren agieren sie als Fürsprecher und Vermittler gegenüber anderen Heilberufen, im Sinn von Information, Einleitung von medizinischen Maßnahmen und darüber hinaus Verdeutlichung der Bedürfnisse und Nöte der Patienten (Riedel, 2018, S. 27). „Trotz dieser Schlüsselstellung ist es der Pflege noch nicht gelungen, die Autonomie und den Status hervorzubringen, die für eine erfolgreiche Wahrnehmung ihres gesellschaftlichen Mandats und der Aufgaben im Sinne der Anerkennung einer entsprechend zugestandenen professionellen Autonomie erforderlich sind“ (ebd.).

2.5 Die Rolle der Pflege während der Coronakrise

Diese im vorangegangenen Kapitel beschriebene Schlüsselstellung stellt in der Corona-Krise die Basis der betitelten Systemrelevanz dar. Die weltweite Corona-Krise ist in der wissenschaftlichen Forschung noch relativ wenig bearbeitet. „Weder die differenzierten Berichte von Fachorganisationen noch die überzeugendste Evidenz empirischer Studien konnten uns bisher die Bedeutung von Pflegefachpersonen für die Gesundheitsversorgung der Menschen so deutlich vor Augen führen“ (Dr.Dichter, Kocks, Prof.Dr.Meyer, & Dr.Stephan, 2020, S. 2). Es hat den Anschein, dass die Wertschätzung in der Öffentlichkeit deutlich gestiegen ist, jedoch bleibt das Rollenbild in der Gesellschaft, den Medien und der Politik unverändert. Pflegefachpersonen tragen maßgeblich dazu bei, die gesundheitliche Versorgung der Patienten mit Covid-19 sicherzustellen, sie sind in der Lage, Infektionsketten in allen Settings der Gesundheitsversorgung zu unterbrechen (Dr.Dichter, Kocks, Prof.Dr.Meyer, & Dr.Stephan, 2020). Umstrukturierungen wurden in kürzester Zeit sowohl in Krankenhäusern als auch in Alten- und Pflegeheimen umgesetzt, darüber hinaus Isolierstationen eingerichtet, um die Notfallversorgung abzusichern. Eine spezifische Qualifikation der Pflegefachpersonen, die sich bereitwillig aus anderen Bereichen versetzen ließen, wurde initiiert (ebd.).

Die Pandemie wirkt sich auf alle Arbeitsbereiche der Pflege aus. Aufgaben im Infektionsschutz sowie zur Aufklärung über präventive Maßnahmen wie Social Distancing, beinhalten die Tätigkeiten der Pflegefachpersonen. Darüber hinaus werden sie mit den sekundären Auswirkungen dieser Maßnahmen konfrontiert – mit Ängsten, Vereinsamung und extremen Verunsicherungen ihrer Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen. Eine gezielte Wahrnehmung, umfassende Lösungskompetenz und stabilisierende Ansätze in Situationen, in denen keine einfachen bewährten Antworten vorliegen, stellen die Grundvoraussetzungen für all diese Anforderungen dar. Die Wahrnehmung des Pflegeberufs scheint jedoch nach wie vor mit den Adjektiven – dienend, aufopfernd und selbstlos - beschrieben zu werden (Rosenberg, 2020). Deutlicher als in der Corona-Pandemie kann kaum aufgezeigt werden, welche Berufe wirklich relevant sind für die Daseinsfürsorge, das Überleben und die Zukunft der Gesellschaft. Ein zentraler Bestandteil in diesen Zusammenhängen ist der Pflegefachberuf. Die Krise wird – besser als jede Imagekampagne – dazu führen, dass der Pflegefachberuf künftig mehr Anerkennung, Achtung und Aufmerksamkeit erfährt(ebd.). Ob diese Prognose eintreten wird, bleibt jedoch zunächst abzuwarten.

2.6 Forschungsfragen und Zielsetzung

Die zentrale Forschungsfrage lautet: „Wie beeinflusst die Corona-Krise den Berufsstolz und die berufliche Identität von professionell Pflegenden? Kommt es zu einer positiven Beeinflussung oder ist der Einfluss eher zu vernachlässigen? Das Hauptinteresse richtet sich darauf, Informationen darüber zu erhalten, wie bestimmte Faktoren während der Corona-Krise von professionell Pflegenden erlebt werden. Hierzu gehört zum Beispiel, wie sich die Pflegekräfte in ihrer Arbeit von Seiten der Regierung oder auch des Arbeitgebers unterstützt fühlen. Fühlen sie sich anerkannter als vorher? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob diese Erfahrungen einen Einfluss auf ihren Berufsstolz und ihre berufliche Identität haben.

3. Methodik

In diesem Teil der Arbeit wird die Forschungsmethode begründet. Darüber hinaus wird die Erstellung des Interviewleitfadens sowie der Feldzugang beschrieben.

3.1 Begründung der qualitativen Forschungsmethode

Auf Grund des Forschungsinteresses, welches der subjektiven Sichtweise der Pflegenden gilt, wurde ein qualitatives Vorgehen ausgewählt. Schon auf Grund der Komplexität des Themas bietet der qualitative Ansatz entscheidende Vorteile gegenüber dem quantitativen Ansatz.

Qualitative Verfahren zeichnen sich durch folgende Merkmale (Lamnek, 2005) aus:

- Offenheit gegenüber Erhebungssituationen, theoretischen Konzepten, untersuchten Personen sowie Interpretation stellt das zentrale Prinzip dar.
- Das Prinzip der Kommunikativität - im Forschungsprozess existiert eine enge kommunikative Beziehung zwischen dem Forschenden und der Untersuchungsperson. Nur auf dieser Basis ist es möglich eine soziale Wirklichkeit entstehen zu lassen.
- Naturalistizität bezieht sich auf die Situation der Erhebung. Sie sollte einer natürlichen, alltagsähnlichen Kommunikationssituation ähneln. Der Untersuchungsperson soll so die Chance gegeben werden, natürlich und unbeeinflusst zu sprechen.
- Das Merkmal der Interpretativität meint die Ansicht, dass soziale Realität gesellschaftlich ist und der Sinn durch interpretieren und zuweisen von Bedeutungen konstruiert und nicht objektiv vorgegeben ist. Dafür ist Interpretationsarbeit nötig.

Zur Bearbeitung der Forschungsfragen wurden 6 halbstandardisierte Interviews und deren inhaltsanalytische Auswertung geplant. Die Wahl der Interviewmethode ergibt sich aus der Subjektivität des Themas. Mittels einer halbstandardisierten Datenerhebung verbunden mit interpretativen Auswertungsverfahren entstehen Beschreibungen, die die Darstellung des Erlebens aus Perspektive der Betroffenen ermöglichen (Mayer, 2011).

3.2 Die Entwicklung des Interviewleitfadens

Zunächst galt es den Interviewleitfaden zu erstellen. Der Leitfaden ist eine systematisch angewandte Vorgabe zur Gestaltung des Interviewablaufs. Es gibt vielfältige Variationen, er enthält aber immer als optionale Elemente (Erzähl)Aufforderungen, explizit vorformulierte Fragen, Stichworte für frei formulierbare Fragen und/oder Vereinbarungen für die Handhabung von dialogischer Interaktion für bestimmte Phasen des Interviews. Der Leitfaden beruht auf der bewussten methodologischen Entscheidung, eine maximale Offenheit (die alle Möglichkeiten der Äußerungen zulässt) aus Gründen des Forschungsinteresses oder der Forschungspragmatik einzuschränken. Die Erstellung eines Leitfadens folgt dem Prinzip „So offen wie möglich, so strukturierend wie nötig“. Für das Forschungsinteresse ist es notwendig, trotz grundsätzlicher Offenheit, den Ablauf des Interviews zu regulieren (Baur & Blasius, 2019).

Die Datenerhebung erfolgte mittels teilstandardisierter Interviews. Der Interviewleitfaden kann im Anhang A nachgelesen werden. Er umfasst einen Einführungsteil mit Hinweisen zum Ablauf, es schließt sich der erste thematische Block mit Fragen u.a. nach der Motivation und der Rolle im Gesundheitswesen an. Darüber hinaus werden Gedanken zu Veränderungen und die Frage, ob die Pflegenden gern von ihrem Beruf erzählen, thematisiert. Der zweite Teil des Leitfadens beschäftigt sich mit der Rolle der Pflege während der Corona- Krise. Wie erlebten die Pflegenden die erhöhte Aufmerksamkeit? Fühlten sie sich in ihrer täglichen Arbeit unterstützt, sorgte der Arbeitgeber für strukturelle Maßnahmen? Welchen Einfluss hat die Corona- Krise schlussendlich auf ihren Berufsstolz und ihre berufliche Identität?

Denkanstoß zu diesen Fragen stellten u.a. Studien aus anderen Ländern (z.B. Ragusa& Crowter, 2012) dar, in denen sich deutlich herausstellte, dass die Pflegenden ein starkes Stolzempfinden in Bezug auf ihre Kompetenzen haben. Auch Prof. Dr. Zegelin beschrieb eine Begegnung mit Pflegenden anderer Nationen (u.a. Schweden und Jordanien) und stellte fest, dass das Selbstbewusstsein und der Berufsstolz dieser Berufsangehörigen herausragend ist, während unseres eher gering angesiedelt ist. In unserem Kulturkreis scheint dieses Empfinden weniger präsent zu sein. Mit Beginn der Corona- Krise entstand unter den extremen Anforderungen der Pandemie und der starken Medienpräsenz der Pflegenden gepaart mit einer Art Heroisierung ein neuer Stellenwert der Berufsgruppe. Die Fragen ergaben sich aus der intensiven Literaturrecherche, in der festgestellt wurde, dass es viele Faktoren gibt, die den Berufsstolz und die berufliche Identität beeinflussen. Nach der Durchführung eines Pretests erfolgte die Anpassung der Fragen, da festgestellt werden musste, dass Fragestellungen teilweise unkonkret waren und nicht der Beantwortung der Forschungsfrage dienten.

3.3 Feldzugang

Der Feldzugang erfolgte auf unterschiedlichen Wegen. Der Großteil der Interviewpartner wurde per E-Mail angefragt, teilweise fand die Kontaktaufnahme auch per Telefon statt. Bei der E-Mail-Kontaktierung diente ein kurzer Informationsteil der Darstellung des Forschungsvorhabens. Darüber hinaus enthält er Angaben zur Form und Dauer des Interviews sowie den Hinweis, dass das Interview aufgenommen wird. Die Anonymisierung des Datenmaterials wird ebenfalls thematisiert. Da für die Beantwortung der Forschungsfrage keine Generalisierung notwendig ist, spielt die Frage der Repräsentativität der Stichprobe keine entscheidende Rolle.

Die dieser Untersuchung zugrunde liegende Auswahl von 6 Pflegepersonen kann nur einen ersten Einblick in das Thema ermöglichen, so dass die Untersuchungsergebnisse nicht verallgemeinerbar sind. Nicht die Häufigkeit bestimmter Wahrnehmungsmuster steht im Vordergrund, der Fokus liegt in einem „zutreffenden Set der relevanten Handlungsmuster“(Lamnek, 2005, S.384) in drei verschiedenen pflegerischen Handlungsbereichen. Die Interviewpartner rekrutieren sich aus diversen beruflichen Settings, wie stationäre Langzeitpflege, ambulante Pflege, zwei Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, sowie ein Krankenhaus der Maximalversorgung.

3.4 Durchführung der Interviews

Die Interviews wurden an unterschiedlichen Orten durchgeführt. Ein Interview wurde persönlich durchgeführt und erfolgte im Büro der befragten Person. Drei Interviews wurden per Online Meeting durchgeführt, zwei Interviews erfolgten schriftlich. Die Wahl der schriftlichen Interviewmethode resultierte aus technischen Schwierigkeiten mit der geplanten Videokonferenz. Hier erfolgte die Befragung per E-Mail, bei Unklarheiten bestand die Möglichkeit der Kontaktierung ebenfalls per E-Mail. Die Atmosphäre kann in allen Befragungen als locker und gleichzeitig vertraut beschrieben werden. Auf Grund von technischen Schwierigkeiten wurden zwei Interviews in schriftlicher Form durchgeführt. Die Interviewdauer von 30 Minuten wurde in fünf der sechs Interviews unterschritten. Die Untersuchungen fanden über einen Zeitraum von Mai 2020 – Juli 2020 statt. Die akustischen Aufzeichnungen erfolgten mittels der Diktierfunktion des Handys. Die Datenerhebung erfolgte anonym, Rückschlüsse auf die Identität der Befragten konnte so vermieden werden.

4. Ergebnisse

Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse des erhobenen Datenmaterials dargestellt. Zunächst erfolgt im ersten Abschnitt die Beschreibung der Befragten.

4.1 Beschreibung der Befragten

Insgesamt wurden sechs Interviews mit professionell Pflegenden durchgeführt. Das Sample setzt sich aus einem männlichen und fünf weiblichen Teilnehmer/innen zusammen. Die nachfolgende Tabelle bietet eine Übersicht über die soziodemographischen Daten der Befragten.

Tabelle 1 Übersicht der soziodemographischen Daten der Interviewpartner

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2 Datenanalyse

Nach jedem Interview fand zeitnah die Transkription der digitalen Tonaufzeichnungen, angelehnt an die Transkriptionsregeln von Kuckartz (Kuckartz, 2014), mit Hilfe der Software Amberscript© statt. Sie wurden anschließend als Microsoft-Office-Word-Dokument digitalisiert und verschriftlicht (s. Anhang E). Danach wurden die Transkripte in MAXQDA importiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die qualitativen Daten lassen sich durch die Bildung von Kategorien strukturieren und auswerten, insgesamt konnten 11 Kategorien benannt werden. Das Bilden der Kategorien geschah deduktiv- induktiv (Mayring, 2016). Die Erstellung des Kodierschemas mit den entsprechenden Ankerbeispielen orientierte sich an den Fragen des Interviewleitfadens. Die Kategorien wurden deduktiv aus den Fragestellungen des Leitfadens gebildet. Die resultierenden Unterkategorien entstanden induktiv. Auf Grund des Interesses an der individuellen Perspektive orientieren sich die Unterkategorien eher an den Aussagen der Interviewpartner, statt abstrakte Oberbegriffe zu verwenden. Die Unterkategorien bzw. Kurzdarstellung der Ergebnisse werden mit entsprechenden Häufigkeitsnennungen, (z.B. n=4) der Antworten und dazugehörigen Ankerbeispielen dargestellt. Jedes Interview verfügt über eine Nummerierung, die chronologisch zugeteilt wurde. Der Buchstabe „B“ steht für den Befragten, der Buchstabe „I“ für den Interviewer und der Buchstabe „Z“ bezeichnet die Zeile mit den dazugehörigen Ziffern für den jeweiligen Absatz im Interview. So wird ein einfaches Auffinden der Textpassagen im Transkript ermöglicht. Somit bedeutet beispielweise „B 4; Z. 219-226“, dass sich die Aussage des Ankerbeispiels im Interview mit dem vierten Gesprächspartner, in Zeile 219-226 befindet. Die Überprüfung der gebildeten Kategorien und Unterkategorien fand während der durchgeführten Inhaltsanalyse statt. Die endgültigen Kategoriensysteme sowie die dazugehörigen Ankerbeispiele können im Anhang nachgelesen werden.

4.3 Darstellung der Ergebnisse

Der zweite Abschnitt dieses Kapitels umfasst die Darstellung der Ergebnisse. Im Mittelpunkt steht die Beschreibung der gebildeten Kategorien. Diese werden im Folgendem kategorisiert dargestellt und zusammengefasst. Bezugnehmend auf die Inhaltsanalyse nach Mayring (Mayring P.,2010) entstanden deduktiv aus den Fragestellungen des Interviewleitfadens (siehe Anhang I) elf Hauptkategorien, diesen wurden induktiv fünfunddreißig Unterkategorien zugeordnet. In der folgenden Tabelle werden die gebildeten Kategorien und Unterkategorien dargestellt.

Tabelle 2 Darstellung der Haupt- und Unterkategorien/ Kurzdarstellung der Ergebnisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es folgt die Darstellung der deduktiv gebildeten Hauptkategorien, sowie deren zugeordneten Unterkategorien mit Häufigkeitsangaben der Nennungen bezeichnet als „n“. Darüber hinaus werden exemplarisch eine Auswahl an dazugehörigen Ankerbeispielen abgebildet.

4.3.1 Kategorie 1: Motivation den Pflegeberuf zu erlernen

Diese Kategorie umfasst alle Aussagen der Befragten, warum der Pflegeberuf erlernt wurde (n=6). Aufgrund der verschiedenen Antworten wurden Unterkategorien erstellt.

Unterkategorie 1.1: Mutter Vorbildfunktion und Wegweiser

Zwei Teilnehmerinnen (n=2) gaben an, dass ihre Mutter als Vorbild agierte, da sie es in ihrer Kindheit vorgelebt bekamen. Sie erlebten den Beruf der Mutter als positiv und wurden so bei der Wahl des Berufes beeinflusst.

„was man von der Mama so vorgelebt bekommt, dass das was Tolles ist und was Erfüllendes[...]“ (B1/ Teil 1; Z.9-10) „[…] mir hat das gefallen, was meine Mutti für eine Arbeit leistet.“ (B 2; Z. 14-15)

Unterkategorie 1.2: Anderen Menschen beizustehen

Hier erfolgte die Zuordnung aller Aussagen, die sich mit dem Wunsch anderen Menschen beizustehen, befassen. Drei der Befragten beschrieben diese Tatsache als Motivation den Beruf zu erlernen (n=3).

„[…]einfach dieses mit Menschen zusammenarbeiten und anderen Menschen beistehen in vielleicht schweren Zeiten, vielleicht auch manchmal nicht so schweren Zeiten.“ (B 2; Z.15-17)

„Menschen zu helfen, Gesundheit wiederherzustellen und den Hilfestellungen in allen Lebenslagen zu geben.“ (B 5; Z. 9-10)

„ […] verantwortungs-, anspruchs- & sinnvolle Arbeit aus, die die Lebensqualität der Patienten/ Bewohner verbessert“ (B 6; Z. 2-4)

Unterkategorie 1.3: Keine bewusste Entscheidung / ursprünglich anderer Berufswunsch

Beinhaltet die Aussagen, die die Berufswahl als keine bewusste Entscheidung bezeichnen. Zwei Interviewpartnerinnen thematisierten dies (n=2).

[…] keine bewusste Entscheidung, sondern eher aus der Not heraus. Aus politischen Gründen durfte ich nach der Schulzeit die EOS nicht besuchen. Das war mein Plan.“ (B 3; Z. 3-4) „Wunsch war es immer schon, Lehrerin zu werden.“ (B 4; Z. 18-19)

4.3.2 Kategorie 2: Rolle im Gesundheitswesen

In dieser Kategorie galt es alle Aussagen, die sich mit der Rolle der Pflegekräfte im Gesundheitswesen beschäftigt, darzustellen. Aufgrund von unterschiedlichen Sichtweisen, wurden Unterkategorien gebildet.

Unterkategorie 2.1: Eher negativ behaftet/fehlende Autonomie

Umfasst die Antworten, welche die Rolle eher negativ empfinden. Zwei der Befragten (n=2) äußerten, dass ihnen die Autonomie fehlt, eigene Entscheidungen zu treffen oder auch ihren beratenden Aufgaben nicht nachkommen zu können.

„[…] der Mensch ist eigentlich im Hintergrund, mit Autonomie hat das eher weniger zu tun.“ (B 1; Z.17-18)

„[…] dass wir teilweise ein bisschen ausgebeutet werden nach Zahlen...da es sich bei uns nur noch um Zahlen dreht, so dass ich meine Rolle als Schwester in dem Falle als unterstützende Leistung, auch mit beratender Tätigkeit gar nicht nachkommen kann.“ (B 5; Z. 12-15)

Unterkategorie 2.2: positive Betrachtung der Rolle

Diese Kategorie schließt alle Aussagen ein, die die Rolle der Pflegenden als positiv betrachten. Zwei der Befragten äußerten sich positiv.

[...]


1 „(…) bezeichnet die Bereitschaft und Befähigung, als individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen (…)in Beruf und öffentlichem Leben zu klären und zu durchdenken (…)sie umfasst Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein (…) (KMK, 2007, S. 11)

2 In der Organisationspsychologie als gefühlsbezogene Bindung von Mitarbeiten an ein Unternehmen verstanden, diese identifizieren sich dann mit ihrer Firma und fühlen sich dort gut eingebunden (Stangl, 2020)

3 Im KOMET- Projekt wurden im Bereich der beruflichen Bildung Methoden zur Kompetenzerfassung entwickelt und getestet. Neben der Kompetenzdiagnostik werden auch immer die Entwicklung der beruflichen Identität und beruflichen Engagements erhoben, dafür wurden die Skalen für berufliche Identität, Commitment und Arbeitsmoral entwickelt. Ziele des Projekts sind unter anderem die Gestaltung und Evaluation beruflicher Bildungsprozesse sowie die Verbesserung der Lernortkooperation (Felix Rauner, 2010)

4 Fischer vergleicht die Pflegeberufe mit den Berufen Koch/Köchin, Automobilkauffrau/- mann Friseur/- in, KFZ-Mechatroniker/-in und Kauffrau/-mann für Groß- und Außenhandel (Fischer, 2013)

5 „hubristic“ steht hierbei für hochmütig/ anmaßend (PONS Online Wörterbuch, 2020)

6 Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Organisationspsychologie an der Technischen Universität Dortmund und dem Lehrstuhl für Pflegewissenschaften der Fachhochschule Diakonie Bielefeld wurde das Projekt ProWert-Produzentenstolz durch Wertschätzung durchgeführt, gefördert vom Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Europäischen Sozialfonds.

Ende der Leseprobe aus 122 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss der Coronapandemie auf den Berufsstolz und die berufliche Identität professionell Pflegender
Hochschule
SRH Hochschule für Gesundheit Gera
Veranstaltung
Medizinpädagogik
Note
1,4
Autor
Jahr
2020
Seiten
122
Katalognummer
V947947
ISBN (eBook)
9783346292957
ISBN (Buch)
9783346292964
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berufsstolz - berufliche Identität - Corona-Pandemie, Coronakrise Berufsstolz
Arbeit zitieren
Nicole Finna-Klinger (Autor:in), 2020, Der Einfluss der Coronapandemie auf den Berufsstolz und die berufliche Identität professionell Pflegender, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/947947

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