Inhalt
1. Einleitung
2. Einführung in die Thematik
3. Problemstellung
4. Studien zum Sleeper Effekt: Ein zeitlicher Überblick
4.1. Hovland, Lumsdaine, Sheffield: Short-time And Long-time Effects Of An Orientation Film
4.2. Hovland, Weiss: The Influence Of Source Credibility On Communication Effectiveness
4.3. Kelman, Hovland: "Reinstatement" of the Communicator in Delayed Measurement of Opinion Change
4.4. Greenwald, Gillig: A Cognitive Response Analysis Of The "Sleeper Effect"
4.5. Capon and Hulbert: The Sleeper Effect - An Awakening
4.6. Gruder et al.: Empirical Tests of the Absolute Sleeper Effect Predicted From the Discounting Cue Hypothesis
4.7. Pratkanis et al.: The Sleeper Effect Is Dead. Long Live the Sleeper Effect
5. Kritik
6. Zusammenfassung
1. Einleitung
Mit dieser Arbeit wird versucht das Phänomen des 'Sleeper Effekts', das in der Sekundärliteratur oft unzureichend dargestellt wird, näher zu erläutern.
Insbesondere soll dabei auf die geringe Solidität des Phänomens hingewiesen werden, die sich in definitorischen Unschärfen und einer zunehmenden Begriffsverengung äußert.
In Abschnitt 2 wird der Begriff 'Sleeper Effekt' erläutert und ein grober Überblick über seine Geschichte gegeben.
Abschnitte 3 stellt die Problematik dar, mit der die Forschungen in dieser Richtung behaftet sind.
In Abschnitt 4 sind wichtige Studien chonologisch geordnet dargestellt und näher erläutert um den Verlauf der Forschung zu illustrieren. Dadurch wird nicht nur die in Abschnitt 3 angesprochene Problematik, sondern auch die zunehmende Verengung des Begriffs verdeutlicht.
Abschnitt 5 ist eine kritische Betrachtung sowohl des Phänomens anhand der vorliegenden Studien als auch der Studien selbst.
In Abschnitt 6 werden die wichtigsten Aspekte dieser Arbeit stark zusammengefaßt wiedergegeben.
2. Einführung in die Thematik
1943 führte eine Forschergruppe um Hovland eine Reihe von Studien über die Auswirkungen persuasiver Botschaften durch1. Dabei untersuchten sie auch die Wirkung eines Propagandafilms auf Rekruten der US-Armee. Das Hauptaugenmerk der Forscher lag hierbei darauf, das Ausmaß zu bestimmen, mit dem kurzzeitige Effekte über längere Zeit andauern. Hovland et al. hofften, von den Ergebnissen Aufschlüsse über Methoden und Wirkungsweisen meinungsbildender Medien (wie z.B. Filme) zu erlangen.
Dabei machte man die überraschende Entdeckung, daß einige Stimuli des Films größere Langzeit- als Kurzzeitwirkungen zu haben schienen. Dies jedoch widersprach dem allgemein angenommenen Grundsatz, daß Stimuli mit der Zeit an Effekt verlieren (decay of persuasion). Diese die Kurzzeitwirkungen übertreffenden Langzeitwirkungen nannte er 'Sleeper' Effekte.
"... in some cases the effect of time may be to enhance the initial effects of the film. Thus, some of the effects of the film might be 'sleepers' that do not occur immediately but require a lapse of time before the full effect is evidenc-ed."2
Der Sleeper Effekt erlangte dadurch, daß er dem normalen Verhalten von Stimuli zu widersprechen schien, besondere Aufmerksamkeit, so daß sich viele Folgestudien mit ihm befaßten.
Zu Anfang beschäftigte man sich mit der Frage "Unter welchen Umständen entsteht ein Sleeper Effekt?". Diese Fragestellung begleitet die Studien bis ans Ende der 60er Jahre. Die Schwierigkeiten jedoch, die bei den Versuchen auftraten, den Sleeper Effekt zu produzieren, werden illustriert durch eine Reihe von Definitionen, die auf teils sehr unterschiedliche Weise festzulegen versuchen, wann von einem Sleeper Effekt gesprochen werden könne.
Am Anfang der 70er Jahre wurde man kritischer, da sich der Sleeper Effekt bisher nicht vollkommen eindeutig beweisen ließ. Die Frage der Forscher lautete daher: Existiert ein Sleeper Effekt, und wenn ja, wo. In diesen Zeitraum fallen hauptsächlich kritische Überprüfungen von Studien der Jahre 1949-713, aber auch eigenständige Forschungen4 die den Sleeper Effekt in Frage stellen.
Später in den 70er Jahren gelang es einem Forscherteam dann, den Sleeper Effekt verläßlich hervorzurufen5, was wiederum eine Kurswende bedeutete.
3. Problemstellung
Trotz der Tatsache, daß der Sleeper Effekt einiges an Forschungsarbeit erfuhr, gibt es keine vollkommene Übereinstimmung bei seiner Definition.
So legten beispielsweise Kelman und Hovland fest: "... an individual may at first reject the communicator's point of view, but after a period of time 'come around' to the communicator's position."6
Weiss hingegen definiert: "... if following exposure to a communication the loss of effectiveness with the passage of time is less for a group influenced by a discounting factor than for one not receiving this additional treatment."7
Die Unterschiede sind offensichtlich: Während bei Weiss' Definition des Sleeper Effekts keine Einstellungsänderung im Sinne des Kommunikators erforderlich ist, machen Kelman und Hovland dies explizit zur Bedingung. Weiterhin geht Weiss von Gruppen aus, die miteinander verglichen werden, während Kelman und Hovland den Sleeper Effekt an Individuen feststellen wollen.
Der Sleeper Effekt ist also ein sehr unscharf umrissenes Phänomen, wie durch die unterschiedlichen Definitionen verdeutlicht wird. Hierzu kommt, daß viele der Studien methodisch angreifbar sind, also Mängel aufweisen.
Es erscheint daher sinnvoll zu prüfen, ob trotz definitorischer Unschärfe und methodischer Mängel ein Sleeper Effekt existiert oder ob es sich nur um ein Artefakt, also ein durch fehlerhafte Methoden hervorgerufenes, nicht in Wirklichkeit existierendes Phänomen handelt.
4. Studien zum Sleeper Effekt: Ein zeitlicher Überblick
Stellvertretend für die Studien, die zwischen 1949 und 1988 veröffentlicht wurden, werden hier einige ausgewählte Studien vorgestellt werden.
4.1. Hovland, Lumsdaine, Sheffield: Short-time And Long-time Effects Of An Orientation Film
Die von Carl I. Hovland et al. während8 des zweiten Weltkrieges erstellte Studie hatte die Untersuchung von Kurz- und Langzeiteffekten zum Ziel. Anhand eines Propagandafilms, der das Vertrauen der Amerikaner in das Kampfvermögen der Briten steigern sollte, wurde erforscht, wie lange die (Kurzzeit-) Wirkungen des Filmes andauerten.
Dazu unterteilten sie ihre Versuchspersonen, Rekruten der US-Armee, in zweimal zwei Gruppen: Langzeit- und Kurzzeit-Gruppen und Experimental- und Kontroll-Gruppen.
Die Meinungen wurden zu drei Zeitpunkten gemessen: vorher (Pretest), fünf Tage nach der Filmvorführung (früher Posttest) und neun Wochen danach (später Posttest).
Während die Pretest-Fragebögen lediglich die Meinungen der Versuchspersonen zu relevanten Themen abfragten, enthielten die Posttests auch einen Teil, der Sachwissen in Bezug auf den Film prüfte.
Bei der Auswertung stieß man nun darauf, daß einige Meinungsänderungen langfristig stärker in die von dem Film propagierte Richtung ausfielen als kurzfristig, und man nahm an "... (that) some of the effects of the film may be 'sleepers' that do not occur immediately but require a lapse of time before the full effect is evidenced."9
Um das Gefundene zu erklären, stellte man verschiedene Hypothesen auf.
- Prädisposition
(predisposition hypothesis)
Eine Person vergißt schnell Ansichten, die nicht konsonant mit ihren Prädispositionen sind, aber sie behält sich ohne Verlust oder sogar mit einer Steigerung die Ansichten, die sich konsonant zu ihren Prädispositionen verhalten.
- Vergessen einer unglaubwürdigen Quelle
(forgetting of an initially discounted source)
Eine Person vergißt die Quelle einer Information schneller als die Information selbst. Daher würden Informationen aus unglaubwürdigen Quellen mit der Zeit an Effekt gewinnen, Informationen aus glaubwürdigen Quellen an Effekt verlieren.
Fast sämtliche Folgestudien verfolgen diese Hypothese.
- Verzögerte Interpretation
(delayed interpretation in a relevant context)
Spätere Erfahrungen/Reflexionen über das Thema lassen Inhalte nachträglich an Bedeutung und Akzeptanz für die Person gewinnen.
- Umwandlung von Details in Einstellungen
(conversion of details into attitudes)
Durch das Vergessen von Detailinformationen im Laufe der Zeit werden aus Details Einstellungen, und damit verbunden gewinnen Fragen, die sich nicht auf Details sondern auf generelle Einstellungen beziehen, an Zustimmung.
Die Autoren sprachen sich damals für die Hypothese aus, die den Sleeper Effekt mit Hilfe von Prädispositionen erklärt. Als einen wichtigen prädispositionalen Faktor sahen die Autoren den Bildungsgrad einer Person. So stellten sie fest, daß bestimmte Themen (die die Autoren als "... items initially positively correlated with education..."10 bezeichneten) durchweg bei höher gebildeten Personen den Sleeper Effekt hervorriefen, während andere Themen ("... negatively correlated with education..."11 ) dies statt dessen bei weniger gebildeten Personen taten.
Sie relativierten jedoch, indem sie feststellten: "... it seems likely that this 'predisposition hypothesis' is not sufficient by itself to account for the 'sleeper' effects observed."12
Ihre Schlußfrage, wo der Zeitpunkt läge, der geeignet sei, die Wirkung von meinungsändernden Kampagnen zu bestimmen, bleibt unbeantwortet.
4.2. Hovland, Weiss: The Influence Of Source Credibility On Communication Effectiveness
Hovland setzte seine13 Forschung zum Sleeper Effekt fort und veröffentlichte 1951 eine in Zusammenarbeit mit Walter Weiss erstellte Folgestudie. Hier wollte man einige Fragen beantworten, die wegen des Forschungsdesigns der ursprünglichen Studie damals nicht hatten beantwortet werden können.
Das Design dieser Studie wurde also entworfen, um die Glaubwürdigkeit der Quelle experimentell kontrollieren zu können.
Die Versuchspersonen, Studenten, bekamen ein Heftchen mit Stellungnahmen zu vier aktuellen Themen. Je zwei dieser Stellungnahmen waren befürwortend, zwei waren ablehnend, und sie waren auf zufällige Weise je einer Quelle hoher bzw. geringer Glaubwürdigkeit zugeordnet14.
Die Meinungen der Versuchspersonen zu den Themen wurden vorher, direkt danach und vier Wochen nach dem Experiment gemessen.
Dabei wurde festgestellt, daß die glaubwürdigen Quellen zwar kurzfristig einen hohen Meinungswandel hervorriefen, langfristig jedoch an Einfluss verloren, während die wenig glaubwürdigen Quellen, die kurzfristig einen weniger hohen Meinungswandel hervorriefen, mit der Zeit an Einfluß gewannen. Daher schlossen die Autoren auf das Auftreten eines Sleeper Effektes.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb 1: Der Sleeper Effekt nach Hovland und Weiss (aus: Hovland/Weiss 1951)
Weiterhin konnten die Versuchspersonen sich, unabhängig davon, welcher Quelle die Information zugeordnet war, nahezu gleich gut und in recht hohem Maße an die Quelle erinnern, wenn sie zum Zeitpunkt des späten Posttest danach gefragt wurden.
Daher kam man von der ursprünglichen "forgetting"-Hypothese ab und nahm an, die Testpersonen würden aufhören, Inhalt und Quelle einer Botschaft spontan zu assoziieren. Dies nannte man "dissociation".
Die Autoren stellten jedoch auch fest, daß ihre Ergebnisse nur relativ zu verstehen seien, also vergleichend zwischen zwei Gruppen. Die Frage, ob eine absolute Steigerung von Einfluss vorläge, könne mit dieser Studie nicht beantwortet werden.
4.3. Kelman, Hovland: "Reinstatement" of the Communicator in Delayed Measurement of Opinion Change
Bei dieser 1953 veröffentlichten Studie15 stand im Mittelpunkt, die Auswirkungen der Botschaft und die, die durch den Kommunikator selbst verursacht wurden, getrennt zu erfassen um herauszufinden, ob tatsächlich eine Dissoziation stattfand.
Also wurde bei einigen Versuchspersonen beim späten Posttest die Quelle wieder in Erinnerung gerufen ("Reinstatement"), um mögliche Dissoziationen aufzuheben, so daß die Differenz zwischen "reinstated" und "non-reinstated"-Gruppen beim späteren Posttest das Ausmaß der Dissoziation ergab.
Das Design umfaßte sechs Gruppen:
"Reinstated"
Nicht "Reinstated"
Positiver Kommunikator
Gruppe A (C+P - C'+P)
Gruppe B (C+P - C'+P')
Negativer Kommunikator
Gruppe C (C-P - C'-P)
Gruppe D (C-P - C'-P')
Neutraler Kommunikator
Gruppe E (C - C')
Gruppe F (C - C')
Die Ergebnisse waren folgende:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: (aus: Kelman/Hovland 1953)
Abbildung 2 zeigt, daß sowohl die positive Quelle mit der Zeit an Einfluß verlor und die negative Quelle mit der Zeit an Einfluß gewann (= Sleeper Effekt), als auch, daß durch das "Reinstatement" die Verhältnisse kurz nach dem Kontakt mit der Aussage annähernd wiederhergestellt wurden.
Aus diesen Ergebnissen folgerten Kelnam und Hovland, daß eine Dissoziation stattfände und für den Sleeper Effekt ursächlich sei, da bei einer Aufhebung der Dissoziation durch "Reinstatement" kein Sleeper Effekt mehr auftrat.
4.4. Greenwald, Gillig: A Cognitive Response Analysis Of The "Sleeper Effect"
Ziel dieser Studie war es, den16 Unterschied zwischen einer ablehnenden Reaktion ("discounting response") und einer Gegenargumentation ("counter-argument") als Mittel des Widerstandes gegen persuasive Kommunikationen zu erforschen. Sie erwarteten, daß Gegenargumentationen längerfristig stärker wirksam bleiben würden. Die geringe Beständigkeit von ablehnenden Reaktionen sollte sich den Vorstellungen der Autoren nach in einem späteren Anwachsen der Zustimmung in die von der persuasiven Kommunikation suggerierten Richtung, also in einem Sleeper Effekt äußern.
Sie interpretierten den Sleeper Effekt also als einen Prozess mit folgenden Komponenten:
(1) Die Zuhörer stehen dem Inhalt der Botschaft ursprünglich wohlwollend gegenüber
(2) Irgendein Aspekt der Botschaft veranlaßt die Zuhörer, spontan ablehnend zu reagieren
(3) Mit der Zeit dissoziieren die Zuhörer ihre ursprünglich wohlwollende Einstellung mit ihrer ablehnenden Reaktion gegenüber der Quelle (d.h. sie hören auf, diese beiden Dinge spontan miteinander zu verbinden) - mit dem Resultat, daß mehr Akzeptanz meßbar ist, nachdem etwas Zeit vergangen ist falls nichts passiert, was die Zuhörer wieder an den Grund ihrer spontanen Ablehnung erinnert.
In ihren Experimenten benutzten Greenwald und Gillig Videoaufnahmen mit unglaubwürdigen medizinischen Themen (z.B.: "'The dangers of penicillin,'"17 ), die sie wiederum vertrauenswürdigen (z.B.: "a leading medical researcher,"18 ) und wenig vertrauenswürdigen (z.B.: "... a member of a group called 'Practicing Nature Therapists,'"19 ) Quellen zuschrieben.
Während man davon ausging, die Versuchspersonen (Psychologiestudenten im ersten Semester) hätten nicht genug medizinisches Wissen, um ihre Meinungen zu diesen Themen durch Gegenargumentation zu verteidigen wurde die eine Hälfte der Versuchspersonen zusätzlich zu der Botschaft mit Informationen ausgestattet, die ihr die Gegenargumentation ermöglichen sollten. Auf diese Weise sollte gewährleistet werden, daß die eine Gruppe mit einer ablehnende Reaktion (discounting response), die andere aber mit Gegenargumentation auf die (allgemein bekannten medizinischen Kenntnissen widersprechenden) Botschaften reagieren würde.
Die Autoren gingen also davon aus
"... that the sleeper effect should occur under conditions that favor initial occurence of a discounting response, but should not occur under conditions that favor initial occurence of counterarguing ..."20.
Es gelang ihnen jedoch in fünf Experimenten nicht, den Sleeper Effekt verläßlich hervorzurufen.21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3 und 4 (aus: Greenwald/Gillig 1971, dort Abbildungen #3 und #10) Abb.3 zeigt den gefundenen Sleeper Effekt aus dem ersten Experiment Abb.4 zeigt zusammenfassend alle fünf Experimente
Deshalb schlossen sie, daß der Sleeper Effekt bestenfalls ein unzuverlässiges Phänomen ist. Sie weisen weiterhin darauf hin, daß die bisher als Sleeper Effekt deklarierten Phänomene teilweise zweifelhafter Natur sind.22
4.5. Capon and Hulbert: The Sleeper Effect - An Awakening
Capon und Hulbert unternahmen, ähnlich wie Cook23, eine kritische Analyse der vorangegangenen Studien zum Sleeper Effekt.
So stellten sie fest, daß viele der bisher durchgeführten Studien methodische Mängel aufweisen, so daß möglich ist, daß es sich bei den als Sleeper Effekten bezeichneten Ergebnissen um Produkte äußerer Einflüsse handelt, denn deren Einfluß auf das Meßergebnis kann wegen des Fehlens von Kontrollgruppen nicht ausgeschlossen werden.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, daß Versuchspersonen dadurch, daß sie an mehreren Befragungen teilnehmen, den Sinn der Befragungen erahnen können und dann nicht mehr natürlich antworten. Diese Beeinflussung des Meßergebnisses durch die Sensibilisierung von Versuchspersonen bezeichnen die Autoren als "measurement contamination".
Exemplarisch für diese Designprobleme sind die von Hovland und Weiss und die von Kelman und Hovland durchgeführte Studien24, bei denen sowohl auf das Einsetzen von Kontrollgruppen verzichtet wurde (obwohl die gewählten Themen bei Hovland und Weiss "of current interest and of controversial type"25 waren) als auch die Versuchspersonen jeweils allen drei Befragungen unterzogen wurden (Pretest, früher Posttest, späterer Posttest).
Weiterhin bemerkten sie, daß die Definitionen zum Teil erheblich voneinander abwichen (s.o.).
Aus dieser Ansammlung von Fehlern und Unschärfen schlossen sie, daß kein echter Beweis für den Sleeper Effekt aus den untersuchten Studien26 hervorgeht, und bezweifelten insgesamt dessen Existenz. Aus den Studien geht ihrer Meinung nach höchstens ein schwacher Hinweis auf einen Sleeper Effekt hervor, der in bestimmten Untergruppen der Bevölkerung vorkommen mag.
4.6. Gruder et al.: Empirical Tests of the Absolute Sleeper Effect Predicted From the Discounting Cue Hypothesis
In der 1978 veröffentlichten Studie27 benutzen die Autoren sehr aufwendige Forschungsdesigns, um den Sleeper Effekt nachzuweisen. Die Studie ist in zwei Experimente gegliedert, in denen die Art der benutzten Botschaften und "discounting cues" variieren.
Gruder et al. unterzogen die Versuchspersonen beiden Messungen (früher und später Posttest), unternahmen aber erhebliche Anstrengungen, um eine Sensibilisierung zu verhindern.
Hier wird zum ersten Mal bewußt versucht, den relativen Sleeper Effekt vom absoluten Sleeper Effekt zu trennen.
Gruder et al. definieren folgendermaßen:
Ein absoluter Sleeper Effekt "...occurs when attitude change increases reliably over a time in a discounting cue group compared to the corresponding temporal change in a no-message control group".
Ein relativer Sleeper Effekt "...is inferred when attitude change increases more, or decays less, over time in a discounting cue group than in some other group that reads the same persuasive message".
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5 & 6: Absoluter und relativer Sleeper Effekt nach Gruder et al. (nach: Gruder et al. 1979) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Die Definition des relativen Sleeper Effekts (Abb. 6) ist identisch mit Weiss' Definition28 )
Es handelt sich wohl hierbei um das erste Mal, daß zuverlässig, unzweideutig und wiederholbar ein Sleeper Effekt hervorgerufen wurde.
Folgende Punkte wurden als notwendig zum Auftreten eines Sleeper Effektes angesehen:
a) die persuasive Botschaft hat beträchtlichen Einfluß auf Meinungen
b) dieser Einfluß wird durch die 'discounting cue' vollständig aufgehoben
c) die 'cue' und die Botschaft werden mit der Zeit dissoziiert
d) 'cue' und Botschaft werden so schnell dissoziiert, daß
die Botschaft selbst noch Einfluß hat, wenn die
Dissoziation eingetreten ist
Gruder et al. schließen aus ihren Ergebnissen, daß die Forderung der frühen 70er Jahre, den Sleeper Effekt als Artefakt abzutun, überstürzt war. Allerdings schränken sie insofern ein, als sie gewisse Zweifel an der Anwendbarkeit ihrer Ergebnisse unter normalen Bedingungen äußern, da der Sleeper Effekt sehr spezielle Umstände benötigt, die normalerweise so nicht auftreten.
4.7. Pratkanis et al.: The Sleeper Effect Is Dead. Long Live the Sleeper Effect.
Pratkanis et al. führten29 eine Reihe von 17 größtenteils computergesteuerten Experimenten zum Sleeper Effekt, basierend auf den Erkenntnissen der Studien von Gruder et al. durch.
Die Computertechnik ermöglichte es ihnen, zufallsgesteuert den Posttest an einem von 10 Zeitpunkten nach der eigentlichen Kommunikation abzunehmen, so daß sie eine wesentlich dichtere Datenmatrix erhielten als die Studien der Vergangenheit.
Durch Variation versuchten sie, die Bedingungen für das Auftreten eines Sleeper Effektes genauer zu bestimmen.
Als wichtigsten Punkt variierten sie den Zeitpunkt, an dem die Versuchsperson mit der "discounting cue" konfrontiert wurde, wobei sich herausstellte, daß die Platzierung nach der eigentlichen Kommunikation das Auftreten eines Sleeper Effekts wesentlich begünstigte, oftmals sogar bedingte. So replizierten sie exakt das Experiment von Gruder et al., variierten aber den Zeitpunkt der "discounting cue". Bei der Präsenation der "discounting cue" vor der Botschaft trat kein Sleeper Effekt auf, sehr wohl jedoch, wenn die "discounting cue" nach der Botschaft präsentiert wurde. Die untenstehende Abbildung zeigt eine dieser variierten Kommunikationen.
Abb. 7: Beispiel für eine Reihe von Variationen innerhalb eines Experiments (aus: Pratkanis et al. 1988)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch diese Entdeckung kamen die Autoren zu dem Schluß, daß die bisher als zutreffend geltende Dissoziationshypothese diese Ergebnisse nicht ausreichend erklären könne.
Abb. 8 illustriert die "differential decay"-Hypothese (aus: Pratkanis et al. 1988)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Um ihren Ergebnissen gerecht zu werden, entwarfen sie eine neue Hypothese, in der sie davon ausgingen, daß nicht eine Dissoziation, sondern zwei Vergessensprozesse unterschiedlicher Geschwindigkeit für die Entstehung des Sleeper Effekts ursächlich seien.30 Sie definierten folgendermaßen:
“A sleeper effect results when message and cue have near equal initial impact, but the impact of the cue decays more rapidly and independently than that of the message.”
Abbildung 9 illustriert diese Definition.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten43
Abb.9: Der Sleeper Effekt auf Abwegen (aus: Schenk, Medienwirkungsforschung 1986, S.72, Original-Bildunterschrift: "Der Sleeper Effekt nach Hovland, C.I. et al.: 1953, S.255.")
Die Autoren kommen weiter zu dem Schluß, daß mit der "differential decay"-Hypothese und der erkannten Notwendigkeit, die "discounting cue" nach der Botschaft zu platzieren, der Sleeper Effekt nicht eine Auswirkung der Glaubwürdigkeit des Kommunikators ist, wie seit 1951 angenommen, sondern von der Reihenfolge der Argumente abhängt. 31 32
5. Kritik
Der Sleeper Effekt hat im Laufe seiner Geschichte einen weiten Weg zurückgelegt. Nur das Grundkonzept der verzögerten Wirkung einer Botschaft ist erhalten geblieben. Dieser Weg wird anschaulich dokumentiert durch die unterschiedlichen Stadien, die seine Definition und die Hypothese(n) zu seiner Erklärung durchlaufen haben.
Hovland et al. (1949) glaubten, ein recht häufig vorkommendes Phänomen mit spürbarer Wirkung entdeckt zu haben. Ihr Interesse galt zunächst auch der Frage, ob denn die Wirkung einer persuasiven Botschaft (in ihrem Falle einer politischen Kampagne) korrekt erfaßt sei, wenn die Meinungen des Publikums kurz nach der Botschaft gemessen würden, wo sie sich doch offenbar später noch maßgeblich änden könne.
Dieser Fragestellung folgend ist ihre Definition recht offen, ihre Hypothesen vielseitig. Auch deuten sie bereits an, daß u.U. mehrere Faktoren zusammenkommen müßten, um ein solches Phänomen hervorzurufen.
Diese Ansätze gerieten jedoch in Vergessenheit, als mit Hovland und Weiss' Studie (1951) die Praktikabilität der "forgetting"-Hypothese zu demonstriert wurde und Kelman und Hovland's Studie (1953) diesen Eindruck fundiert zu belegen schien.
Im Folgenden wandelte sich die Suche nach dem möglichen Vorhandensein einem bis dahin nicht entdeckten, verspäteten Wirkungseintritt zu dem krampfhaften Versuch, den Sleeper Effekt mit Hilfe der Dissoziationshypothese zu erfassen. Besonders die direkten Folgestudien von Hovland und Weiss33, Weiss34 und Kelman und Hovland35 erwecken den Eindruck der Voreingenommenheit.36
Auch dürften m.E. erfahrenen Wissenschaftlern keine derartige Fehler im Forschungsdesign unterlaufen 37, insbesonders wenn man die Abhandlung über dieses Thema von Hovland, Lumsdaine und Sheffield betrachtet, wo die Notwendigkeit von Kontrollgruppen und die Gefahr einer Sensibilisierung expliziert werden.38
In Studien, deren Forschungsdesign frei von solchen Schwächen ist und in denen dementsprechend kein Sleeper Effekt auftrat, wurde offenbar die Definition so gedehnt, daß die Ergebnisse der Studie noch als Sleeper Effekt deklarierbar wurden39. Diese Praxis ist m.E. nicht wissenschaftlich, da sie der popperschen Forderung nach dem Versuch der Falsifikation diametral entgegengesetzt ist40.
Auch als, nach einer Phase der Kritik in den frühen 70er Jahren, die Experimente mit guten Designs durchgeführt wurden und verläßliche, replikable Ergebnisse brachten, konnte man die von Hovland gestellte Frage noch nicht klar beantworten.
Im Gegenteil sank mit der Komplexität der Forschungsdesigns und der Definitionen der praktische Wert immer weiter ab.
Zwar ist es nun möglich, zu beweisen, daß
a) ein absoluter Sleeper Effekt existiert, der sich mit der "differential decay"-Hypothese erklären läßt und
b) diesen zuverlässig und eindeutig zu produzieren mit entsprechendem Aufwand möglich ist aber
c) aufgrund der sehr speziellen Bedingungen, die er benötigt davon auszugehen ist, daß er in natura nicht oder in nicht nennenswertem Maße vorkommt und
d) selbst im Laborversuch mit sehr starken persuasiven Botschaften und sehr starken "discounting cues" nur ein geringfügiger Effekt gemessen werden konnte, der zumal nur temporär zu sein scheint.
Die Solidität des Sleeper Effekt ist weiterhin fraglich, weil nur mit zwei bestimmten Arten von "discounting cues" experimentiert wurde. Weder Gruder et al. noch Pratkanis et al. haben eine echte Gegenargumentation gegen die persuasive Botschaft gesetzt. Ob mit dem Sleeper Effekt generell als Primacy/Recency-Effekt gerechnet werden kann, ist deshalb noch nicht geklärt und erscheint bei seiner Fragilität eher fraglich.
In Bezug auf Hovlands Frage nach einem geeigneten Meßpunkt bedeutet das, daß der hier behandelte Sleeper Effekt
a) theoretisch das sofort nach der Kommunikation gewonnene Meßergebnis verfälschen könnte
b) dies aber aufgrund der Tatsache, daß er die Präsentation einer starken "discounting cue" nach der Botschaft erfordert, was normalerweise bei den Medien (und bei Hovlands Experiment 1943) nicht gegeben ist, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht tut
c) keinesfalls aber langfristig der wenig glaubwürdigen Quelle einen Vorteil vor der glaubwürdigen Quelle verschaffen wird, wie die oft abgedruckte Grafik vom Sleeper Effekt suggeriert.41
Die Frage jedoch, ob es Mechanismen gibt, die eine persuasive Botschaft mit der Zeit an Einfluß gewinnen lassen, ist hierdurch nicht ausreichend geklärt worden.
Studien von Catton, Lang & Lang und Stotland et al. lassen vermuten, daß solche Mechanismen existieren, auch, daß sie stark genug sind um tatsächlich spürbare Auswirkungen zu verursachen und robust genug sind um in der Alltagswelt vorzukommen42. Mehr als Spekulationen hierüber läßt das gesichtete Material allerdings leider nicht zu.
6. Zusammenfassung
Der Begriff des Sleeper Effekts, der zeitverzögerten Wirkungssteigerung einer persuasiven Botschaft, wurde 1943 von Carl I. Hovland geprägt, der eine solche Steigerung bei einem Experiment, in dem die Wirkungen eines Propagandafilms gemessen wurden, bemerkte. Obwohl er eine Reihe von möglichen Erklärungen anbot, verengte sich die Forschung sehr bald auf eine Erklärung: die Dissoziationshypothese, die beinhaltet, daß Botschaft und "discounting cue" anfangs miteinander verknüpft sind, diese Verbindung jedoch nicht von Dauer ist und die Botschaft an Wirkung gewinnt, wenn die Verknüpfung endet.
Obwohl viele Studien, die diese Hypothese zu bestätigen versuchen, mangelhaft sind, ist es später gelungen, den Sleeper Effekt nachzuweisen.
Dennoch ist m.E. die Konzentration der Forschung auf eine Hypothese und deren Nachfolger, und damit die Konzentration auf eine, monokausale, Erklärung unglücklich, da der hiermit verfolgte Effekt offensichtlich marginal ist und in natura wohl von anderen Effekten überlagert wird.
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Fußnoten
[...]
1. Hovland, Carl I., A.A. Lumsdaine, F.D. Sheffield: "Experiments on Mass Communication" Princeton 1949.
2. ibid., S.182.
3. z.B.: Capon, Noel, James Hulbert: "The Sleeper Effect - An Awakening" In: Public Opinion Quarterly 37 (1973), S.333-350.
4. z.B.: Greenwald, Anthony G., P.M. Gillig: "A Cognitive Response Analysis of the 'Sleeper Effect'" presented at American Psychological Association (Div 8) Symposium: "Resistance to Persuasive Communication: Couterarguing Processes" Washington, D.C., September 4, 1971, (mimeo).
5. Gruder, Charles L., T.D.Cook , K.M.Hennigan, B.R.Flay, C.Alessis, J.Halamaj: "Empirical Tests of the Absolute Sleeper Effect Predicted From the Discounting Cue Hypothesis" In: Journal of Personality and Social Psychology 36 (1978), S.1061-1074.
6. Kelman, Herbert C., Hovland, C.I.: "'Reinstatement' Of The Communicator in Delayed Measurement Of Opinion Change" In: Journal Of Abnormal And Social Psychology 48 (1953) S.327-335.
7. Weiss, Walter: "A Sleeper Effect In Opinion Change" In: Journal Of Abnormal And Social Psychology 48 (1953), S.173-180.
8. Vgl. Hovland, Lumsdaine, Sheffield, op.cit., S.182-200.
9. ibid., S.182
10. ibid., S.194
11. ibid., S.194
12. ibid., S.196
13. Vgl. Hovland, Carl I., Walther Weiss: "The Influence of Source Credibility on Communication Effectiveness" In: Public Opinion Quarterly 15 (1951) S.635-650.
14. Die Komponente einer Kommunikation, die zur Abwertung der Botschaft führt (also z.B. deren Zuordnung zu einer gering glaubwürdigen Quelle), wird "discounting cue" genannt.
15. Vgl. Kelman, Hovland, op.cit.
16. Vgl. Greenwald, Gillig, op.cit.
17. ibid., S.4
18. ibid.
19. ibid.
20. ibid., S.3
21. Obwohl sie einmal ein positives Ergebnis vorweisen konnten, ließ sich dieses nicht wiederholen, s.u..
22. ibid., S.7, die Quelle ihres Zweifels ist höchstwahrscheinlich: Cook, T.D. "The discounting cue hypothesis ans the sleeper effect.", unveröffentlichtes Manuskript, 1971, Northwestern University, Evanston, IL. siehe auch: P.M.Gillig, Greenwald, A.G. : "Is it Time to put the Sleeper Effect to Rest?" In: Journal of Personality and Social Psychology 29 (1974), S.132, Fußnote 3.
23. Vgl. Cook, op.cit.
24. Hovland, Weiss, op.cit. und Kelman, Hovland, op.cit.
25. Hovland, Weiss, op.cit., S.637
26. Hovland, Lumsdaine, Sheffield, op.cit.; Hovland, Weiss, op.cit.; Weiss, op.cit.; Kelman, Hovland, op.cit.; Greenwald, Gillig, (1971) op.cit.; Whittaker, J.O., R.D.Meade: "Retention of Opinion Change as a Function of Differential Source Credibility" In: International Journal of Psychology, 3 (1968), S.108; Stotland et al. "The Reduction Of Prejudice Through the Arousal of Self-Insight" In: Journal of Personality 27 (1959) S.507-531; Stotland et al. "Identification and Changes in Prejudice and in Authoritarianism" In: Journal of Abnormal and Social Psychology 62 (1961) S.265-274; G.I.Schulman, Ch. Worrall "Salience Patterns, Source Credibility and the Sleeper Effect" In: Public Opinion Quarterly 34 (1970) S.371; C.A.Insko et al. "Effects of High and Low Fear-Arousing Communications upon Opinion Toward Smoking" In: Journal of Experimental Social Psychology 1 (1965) S.256-266.
27. Gruder, Cook, Hennigan, Flay, Alessis, Halamaj, op.cit.
28. Weiss, op.cit.
29. Pratkanis, Anthony R., A.G.Greenwald, M.R.Leippe, M.H.Baumgardner: "In Search of Reliable Persuasion Effects: III. The Sleeper Effect is Dead. Long Live the Sleeper Effect." In: Journal of Personality and Social Psychology 54 (1988) S.203-218.
30. Vergessen bedeutet in diesem Fall nur das Verschwinden aus dem aktiven Gedächtnis, anders als bei Hovlands "forgetting"-Hypothese.
31. Vgl. Miller, N., D.T.Campbell: "Recency and Primacy in persuasion as a function of timing of speeches and measurements" In: Journal of Personality and Social Psychology 59 (1959) S.1-9. Es handelt sich also um eine spezielle Art von Primacy- oder Recency-Effekt, eigentlich ein Delayed Primacy- oder Immediate Recency-Effekt
32. Dies impliziert, daß die geringe Glaubwürdigkeit der Quelle nur als "discounting cue" fungiert und so auch von einer anderen Art von "discounting cue" ersetzt werden könnte.
33. Hovland, Weiss, op.cit.
34. Weiss, op.cit.
35. Kelman, Hovland, op.cit.
36. Vgl. Greenwald, Anthony G, A.R. Pratkanis, M.R. Leippe, M.H. Baumgardner: "Under What Conditions Does Theory Obstruct Research Progress?" In: Psychological Review 93 (1986), S.216-229.
37. Hovland, Weiss, op.cit und Kelman, Hovland, op.cit.
38. Vgl. Hovland, Lumsdaine, Sheffield, op.cit, S.285-340.
39. Dieser Eindruck entstand bei Weiss, op.cit.
40. Vgl. Popper, Karl R., "Logik der Forschung", Tübingen 1994.
41. In diesem Aufsatz als Abbildung 1 auf Seite 6. Ein besonders irreführendes Exemplar ist in Abbildung 9 wiedergegeben.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Sleeper Effekt?
Der Sleeper Effekt beschreibt das Phänomen, dass die Wirkung einer persuasiven Botschaft mit der Zeit zunimmt, anstatt abzunehmen. Ursprünglich wurde er in Studien zur Wirkung von Propagandafilmen während des Zweiten Weltkriegs beobachtet.
Wer hat den Sleeper Effekt entdeckt?
Carl I. Hovland und sein Forscherteam entdeckten den Sleeper Effekt im Jahr 1943 bei der Untersuchung der Auswirkungen eines Propagandafilms auf Rekruten der US-Armee.
Welche Hypothesen gibt es zur Erklärung des Sleeper Effekts?
Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Hypothesen zur Erklärung des Sleeper Effekts aufgestellt, darunter:
- Prädisposition
- Vergessen einer unglaubwürdigen Quelle (forgetting of an initially discounted source)
- Verzögerte Interpretation (delayed interpretation in a relevant context)
- Umwandlung von Details in Einstellungen (conversion of details into attitudes)
- Dissoziation
- Differential Decay
Was ist die Dissoziationshypothese?
Die Dissoziationshypothese besagt, dass die Wirkung einer Botschaft und die Bewertung ihrer Quelle zunächst miteinander verbunden sind. Mit der Zeit kann diese Verbindung jedoch schwächer werden (Dissoziation), wodurch die Botschaft, insbesondere wenn sie von einer unglaubwürdigen Quelle stammte, an Einfluss gewinnt.
Was ist die "differential decay"-Hypothese?
Die "differential decay"-Hypothese, vorgeschlagen von Pratkanis et al., geht davon aus, dass nicht eine Dissoziation, sondern zwei Vergessensprozesse unterschiedlicher Geschwindigkeit für die Entstehung des Sleeper Effekts ursächlich sind: Der Einfluss der Botschaft und der "discounting cue" (z.B. Information über eine unglaubwürdige Quelle) haben anfangs einen ähnlichen Einfluss, aber der Einfluss des "discounting cue" nimmt schneller ab als der der Botschaft.
Was ist ein relativer und ein absoluter Sleeper Effekt?
Gruder et al. trennten zwischen relativem und absolutem Sleeper Effekt:
- Ein absoluter Sleeper Effekt tritt auf, wenn die Einstellungsänderung im Laufe der Zeit in einer Gruppe mit "discounting cue" im Vergleich zur zeitlichen Änderung in einer Kontrollgruppe ohne Botschaft zuverlässig zunimmt.
- Ein relativer Sleeper Effekt wird abgeleitet, wenn die Einstellungsänderung im Laufe der Zeit in einer Gruppe mit "discounting cue" stärker zunimmt oder weniger abnimmt als in einer anderen Gruppe, die dieselbe persuasive Botschaft liest.
Welche Kritik gibt es am Sleeper Effekt?
Kritiker bemängeln, dass viele Studien zum Sleeper Effekt methodische Mängel aufweisen (z.B. fehlende Kontrollgruppen, Sensibilisierung der Versuchspersonen) und dass die Definition des Effekts unscharf ist. Einige Forscher bezweifeln, dass es sich beim Sleeper Effekt um ein reales Phänomen handelt.
Unter welchen Bedingungen tritt ein Sleeper Effekt auf?
Laut Gruder et al. sind folgende Bedingungen für das Auftreten eines Sleeper Effektes notwendig:
- Die persuasive Botschaft hat beträchtlichen Einfluss auf Meinungen
- Dieser Einfluss wird durch die "discounting cue" vollständig aufgehoben
- Die "cue" und die Botschaft werden mit der Zeit dissoziiert
- "cue" und Botschaft werden so schnell dissoziiert, dass die Botschaft selbst noch Einfluss hat, wenn die Dissoziation eingetreten ist.
Hat die Glaubwürdigkeit der Quelle einen Einfluss auf den Sleeper Effekt?
Pratkanis et al. argumentieren, dass der Sleeper Effekt nicht zwangsläufig von der Glaubwürdigkeit des Kommunikators abhängt, sondern von der Reihenfolge der Argumente (Primacy/Recency-Effekt), sowie dass die "discounting cue" nach der Botschaft präsentiert werden muss.
Ist der Sleeper Effekt ein verlässliches Phänomen?
Die Verlässlichkeit des Sleeper Effekts ist umstritten. Einige Forscher konnten den Effekt unter bestimmten Bedingungen wiederholt nachweisen, während andere ihn als unzuverlässig oder sogar als Artefakt betrachten.
- Arbeit zitieren
- Daniel Hug (Autor:in), 1996, Der Sleeper-Effekt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94922