Rückenprobleme und Schwimmen


Term Paper, 1997

8 Pages

Marcus Lüpke (Author)


Excerpt


Welche Schwimmtechnik sollte gewählt werden ?

Wer Wirbelsäulenbeschwerden hat, bekommt oft den Rat Schwimmen zu gehen.

Nur die Wenigsten können hier eindeutig sagen was gut ist und was nicht. Um die Wirbelsäule in möglichst geringem Maße zu belasten wird oft empfohlen das Rückenschwimmen auszuführen. Angesichts der Tatsache, daß es viele Möglichkeiten gibt das Rückenschwimmen auszuüben fällt eine Entscheidung nicht leicht. Das wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmen soll hier im Vergleich mit den anderen Schwimmtechniken eine leicht zu erlernende Alternative darstellen. Wie genau wirbelsäulenfreundlich geschwommen werden kann, wird im Weiteren aufgezeigt. Das Schwimmen soll nicht verteufelt werden, vielmehr soll der Blick auf die möglichen Risiken gerichtet werden, die u.a. durch eine falsche Technik entstehen können. Durch die wirbelsäulenentlastende Auftriebswirkung des Wassers, den erhöhten Widerstand und das vergleichbar geringe Verletzungsrisiko zählt die Ausdauersportart Schwimmen zu den empfehlenswerten Sportarten, die es bei Rückenbeschwerden zu betreiben gilt. Insbesondere für übergewichtige Menschen und Personen mit Schäden am Gelenkapparat ist Aktivität im Wasser angeraten.

Welche Schwimmart ist die „Beste"? Vorteile des Rückenschwimmens Vergleicht man die verschiedenen Schwimmarten untereinander, so läßt sich schnell feststellen, wo Vor- und Nachteile bezüglich der Belastungen des Knochen- und Bandapparates zu sehen sind.

Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule werden sehr stark beim Delphinschwimmen auftreten. Hier finden wir auch die am stärksten ausgeprägte Hohlkreuzbildung (Hyperlordose). Das Erlernen der richtigen Technik ist relativ schwer

Das Kraulschwimmen ist gerade von älteren Menschen schwer zu erlernen, ist daher nur unter Einschränkung empfehlenswert. Beim leistungssportlichen Kraulschwimmen kann es durch den intensiven Armdruck zur Bildung der typischen „Schwimmerschulter" (Überbelastung) kommen.

In der Freizeit wird beim Brustschwimmen im Allgemeinen mit ständig erhobenem Kopf, also mit falscher Technik geschwommen. Dies hat zur Folge, daß die Hüfte nach unten „fällt", entsprechend wird die natürliche Krümmung der Lendenwirbelsäule verstärkt (Hyperlordose). Desweiteren kommt es durch die ständig angespannte Kopf- und Nackenmuskulatur nicht zu einem entspannenden Schwimmen; eine hohe Belastung der Halswirbelsäule ist das Resultat. Durch die ungleiche Verteilung der Druckbelastung auf die Bandscheiben können Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule verstärkt werden. Auch der Beinschlag bringt Probleme mit sich. So wirkt die Schwung- oder Stoßgrätsche beim Brustschwimmen besonders belastend auf die Kniegelenke („Schwimmerknie") und aufgrund der Stoßbelastung auch auf die Wirbelsäule.

Auch beim klassischen Rückenkraulschwimmen lassen sich Wirbelsäulenstellungen erkennen, die im Hinblick auf degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule als problematisch zu sehen sind. Beispielsweise kann es auch hier zu einer Hyperlordose kommen, wenn die Arme in der Überwasserphase über die Schulterhöhe hinaus geführt werden. Viele Menschen können aufgrund mangelnder Schulterbeweglichkeit keinen Armzug über die Schulterachse hinaus ausführen. Auch die Rollbewegung bzw. die entsprechend auftretende Verdrehung (Torsion) der Wirbelsäule beim Rückenkraulschwimmen birgt für den anfälligen Menschen Gefahren. Zusammenfassend betrachtet weisen die beschriebenen Schwimmtechniken gewisse Risiken bezüglich der Wirbelsäulenbelastung auf. Kommt dann noch hinzu, das man als Schwimmanfänger eine schlechte oder falsche Schwimmtechnik aufweist, so werden die nachteiligen Wirkungen oftmals noch verstärkt.

FAZIT

Für ein „wirbelsäulengesundes" Schwimmen ist es daher ratsam auf bestimmte Schwimmtechniken zu verzichten (vor allem bei Nichtbeherrschen) und z.B. bei einen Sportverein ein korrektes Techniktraining unter Anleitung zu absolvieren. Weiterhin sollte man sich (besonders bei Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule) die im folgenden beschriebene Rückenschwimmtechnik aneignen. Das wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmen. Das wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmen findet sich auch in der sportwissenschaftlichen Literatur. 1988 wurde sie im Rahmen einer Diplomarbeit an der Deutschen Sporthochschule in Köln zum ersten Mal untersucht und definiert, 1990 für den postoperativen Einsatz nach Bandscheibenoperationen in der Bewegungstherapie als Empfehlung für Sporttherapeuten, Sportlehrer, Ärzte veröffentlicht und letztlich seit 1994 am Institut für Schwimm-, Wasser-, Winter-, und Kampfsport der Deutschen Sporthochschule in Köln näher unter sportwissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Die wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmtechnik läßt sich auch von Anfängern in einer relativ kurzen Zeit erlernen. Folgende, grob dargestellte, Merkmale kennzeichnen die wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmtechnik.

Technikmerkmale der wirbelsäulenfreundlichen Rückenschwimmtechnik Im folgenden Teil wird die Technik der in wirbelsäulenfreundlichen Rückenschwimmtechnik mit Armbewegung, Atmung und Wechselbeinschlag beschrieben. Die Schwimmtechnik ist charakterisiert durch einen symetrischen Doppelarmzug mit Abduktion der Arme unter Wasser bis auf Höhe der Schulterachse (90°) sowie dem Wechselbeinschlag und gliedert sich in fünf Teilbewegungen:

- Körperlage
- Armbewegung
- Beinbewegung (Wechselbeinschlag)
- Atmung
- Gesamtbewegung

Körperlage: Der Körper liegt komplett eingetaucht und möglichst gestreckt mit Armen in Verlängerung der Körperlängsachse in Fußrichtung im Wasser. Die Wasserlage sollte möglichst widerstandsarm sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ausgangslage und erste Phase des Armzuges.

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Abbildung 2: Das Hochführen der Arme beginnt (Arme unter Wasser nach oben führen).

Armzug: In der Ausgangsposition liegen beide Arme gestreckt in Fußrichtung neben dem Körper (siehe oben).

Die Vorwärtsbewegung beginnend werden die Arme gleichzeitig körpernah (in entspannter Haltung) unter Wasser bis auf Schulterhöhe gebracht und seitlich ausgestreckt (Abduktion).

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Abbildung 3: Armführung bis an die Achselhöhle (soweit möglich)

Ziel ist jeweils das Erreichen eines rechten Winkels zwischen Arm und Oberkörper. Die so gestreckten Arme werden unter möglichst geringem Spannungsverlust kräftig zum Oberkörper herangezogen (Adduktion). Als Abdruckflächen dienen die Handflächen und Arminnenseiten.

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Abbildung 4 : In dieser Phase drücken die Arme hinunter zu den Oberschenkeln, ein neuer Armzyklus beginnt.

Am Ende dieser Bewegungsausführung liegen die Arme wieder in der Ausgangsstellung. Ein neuer Bewegungszyklus der Arme beginnt (vgl. Abb.4).

Beinschlag: Der Wechselbeinschlag in Rückenlage entspricht dem Beinschlag des klassische Rückenkraulschwimmens. Es erfolgt ein alternierendes Auf- und Abwärtsschlagen der Beine. Je ein Bein führt von der Hüfte ausgehend einen Ristschlag (nach oben) bzw. einen Sohlenschlag (nach unten) aus.

Der Aufwärtsschlag: Die Einleitung des Aufwärtsschlags erfolgt durch eine Aufwärtsbewegung der Hüfte und des Oberschenkels. Unterschenkel und Fuß sinken in dieser Phase noch weiter nach unten. Vor dem Erreichen eines Beugewinkels im Kniegelenk von ca.

140° wird der lockere Fuß gestreckt. Mit leicht einwärts gedrehten Füßen beginnt nun das betont kräftige Aufwärtsschlagen des Beins. Dabei wird das Bein im Kniegelenk allmählich gestreckt. Der Aufwärtsschlag ist nach einer "flossenartigen" Bewegung des locker nach oben geschlagenen Fußes (unterstützt durch die beginnende Abwärtsbewegung des Oberschenkels) beendet.

Der Abwärtsschlag: Der Abwärtsschlag wird durch eine Abwärtsbewegung der Hüfte und des Oberschenkels eingeleitet. In dieser Phase verändern Fuß und Unterschenkel ihre Stellung noch nach oben. Mit Beenden des Aufwärtsschlags des Fußes beginnt das gestreckte Abwärtsschlagen des Ober- und Unterschenkels, wobei das Fußgelenk entspannt und leicht dorsal gebeugt ist. Das Bein wird während der ersten zwei Drittel des Abwärtsschlags gestreckt abwärts geführt. Im letzten Drittel der Abwärtsbewegung erfolgt durch die beginnende Aufwärtsbewegung des Oberschenkels eine Beugung im Kniegelenk. Die Streckung des Beins während des Abwärtsschlages bewirkt eine geringere Geschwindigkeit gegenüber dem Aufwärtsschlag. Der Körper erfährt eine Bremswirkung. Im Widerspruch dazu wird der Aufwärtsschlag in der Literatur nicht als aktiver Aufwärtsschlag beschrieben, sondern vielmehr als passiver Vorgang. Demnach trägt der Unterschenkel-Kick (Aufwärtsbewegung) eigentlich zum Antrieb bei. Die Hauptantriebsflächen sind die Unterschenkelvorderseiten und der Fußrist.

Der Beinschlag hat verschiedene Funktionen:

(1) Er bewirkt indirekt das Erreichen einer strömungsgünstigen Körperlage im Wasser.
(2) Er dient vor allem in der langsamen Armantriebsphase der Erzeugung von Vortrieb.
(3) Er stabilisiert die Wasserlage des Körpers während des Schwimmens.

Neben den viele Vorteilen, die das Medium Wasser bietet, weist das wirbelsäulenfreundliche Rückenschwimmen im Vergleich der Schwimmtechniken die geringsten Wirbelsäulenbelastungen auf. Durch den symmetrischen Doppelarmzug bis auf Schulterhöhe wird das Risiko der Hyperlordose deutlich gesenkt. Der Kopf liegt in Verlängerung der Wirbelsäule, die Kopf- und Nackenmuskulatur wird entlastet. Die Torsion durch den beim klassischen Rückenkraulschwimmen typischen alternierenden (wechselseitigen) Armzug entfällt durch den auszuführenden Doppelarmzug bis auf Schulterhöhe. Auch Stoßbelastungen der Wirbelsäule entfallen, da der Beinschlag alternierend ausgeführt wird und nicht in Form einer Stoß- oder Schwunggrätsche. Anzumerken ist noch, daß es aufgrund der derzeitigen Situation in öffentlichen Schwimmbädern (meist besteht keine Möglichkeit auf abgetrennten Bahnen zu schwimmen) und durch die fehlende Sicht nach hinten zu Zusammenstößen kommen kann. Abhilfe kann hier geschaffen werden, wenn man ortsansässige Schwimmvereine dazu bewegen könnte, spezielle Rückenschwimmkurse anzubieten.

Abschließend sollte man sich bewußtmachen, daß mit Hilfe der wirbelsäulenfreundlichen Rückenschwimmtechnik 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden können.

Der gesundheitsbewußte Mensch hat in seiner Freizeit die Möglichkeit wirbelsäulengerecht aktiv zu werden, die wichtigsten Muskelgruppen zu kräftigen und den Skelettapparat (Wirbelsäule) zu entlasten.

Die richtige Dosierung und Regelmäßigkeit vorausgesetzt, hat man die Gelegenheit durch schwimmerisches Ausdauertraining mittels der wirbelsäulenfreundlichen Rückenschwimmtechnik sein Herz-Kreislaufsystem kräftigen und „20 Jahre lang 40 Jahre alt bleiben".

So lautet die Aussage von Prof. Dr. Wildor Hollmann, einem der bekanntesten deutschen Sportmediziner, zu den positiven Effekten eines sinnvoll betriebenen Ausdauertrainings.

Vor Beginn eines Schwimmtrainings ist es ratsam, sich einer sportärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Hier wird möglichen Risiken vorgebeugt.

Definitionen:

Schwimmerknie: Auch Brustschwimmerknie; tritt besonders bei Leistungsschwimmern auf, die mittels Schwunggrätsche den Brustbeinschlag ausführen. Durch die Knierotationsbewegungen kommt es zu chronischen Innenhautreizungen, Lockerungen des Innenbandes oder zu Meniskuszerreibungen. Es folgt eine Überbelastung der Kapsel-Band- Strukturen im Kniegelenk durch die vermehrte Rotation des Unterschenkels. An der Knieinnenseite kommt es zu dauernden Reizungen des mit der Kapsel verwachsenen Innenmeniskus.

Schwimmerschulter: Durch die speziellen Bewegungsabläufe beim Kraul-, Delphin-, und Rückenkraulschwimmen kann es zum Auftreten von Mikrotraumen im Schulterbereich kommen. Weiterführend finden sich hier wiederholt auftretende Entzündungserscheinungen. Durch Veränderung der natürlichen Kraftverhältnisse (Schwimmen mit Paddles, Delphinschwimmen) zeigt sich das „Impingement". Die Ausbildung von degenerativen Erscheinungen wird begünstigt.

Verwendete und empfehlenswerte Literatur:

WILKE, K./ DANIEL, K.: Schwimmen, Lernen-Üben-Trainieren. Wiesbaden: Limpert, 1996.

BINKOWSKI, H./ HUBER, G.: Die Wirbelsäule -ausgewählte sporttherapeutische Aspekte. Kleine Schriftenreihe des Deutschen Verbandes für Gesundheitssport und Sporttherapie (Band 2). Echo Verlags GmbH 1990.

BÄCKER, H./ BINKOWSKI, H.: Überlegungen zum Rückenschwimmen mit Patienten nach Bandscheibenoperationen. In: BINKOWSKI, H./ HUBER, G. (siehe oben).

HÖLTKE, V./ VERDONCK, A./ EULER, H.: Degenerative Sportschäden durch Hochleistungstraining im Schwimmen. In: Leistungssport 4 (1996), Seite 19-24.

LÜPKE, M.: Ein Kurskonzept für das Vermitteln einer "Wirbelsäulengerechten Rückenschwimmtechnik"; In: Gesundheitssport und Sporttherapie 13, Nr.4 (1997), Seite 109- 111.

LÜPKE, M.: Auswirkungen eines Ausdauertrainingsprogramms auf die kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit erwachsener Teilnehmer an einem Programm für Rückengesundheit im Wasser. Unveröffentlichte Diplomarbeit der DSHS Köln, 1995.

LÜPKE, M.: Wirbelsäulengerechtes Rückenschwimmen. In: Orthopress 3 (1997). FIWAVerlag Köln, Seite 32-34.

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Details

Title
Rückenprobleme und Schwimmen
Author
Year
1997
Pages
8
Catalog Number
V95009
ISBN (eBook)
9783638076890
ISBN (Book)
9783640134021
File size
472 KB
Language
German
Keywords
Rückenprobleme, Schwimmen, wirbelsäulentraining, rückentraining, schwimmsport
Quote paper
Marcus Lüpke (Author), 1997, Rückenprobleme und Schwimmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95009

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