Kulturfinanzbericht 2016: Aussagen zum Thema Kulturfinanzierung


Hausarbeit, 2018

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Deutsche Kulturpolitik im Zeichen eines weiten Kulturbegriffs

2. Historischer Hintergrund: Deutschland als „Kulturnation“
2.1 Identität, Macht und Geltung durch Kulturbegriffe
2.2 Kultur als Teil des Demokratisierungsprozesses

3. Aussagen zur Kulturfinanzierung laut Kulturfinanzbericht 2016
3.1 Wer finanziert?
3.2 Was wird finanziert?
3.3 Wo wird finanziert?

4. Auswertung der Aussagen des Kulturfinanzberichts 2016

5. Fazit und Ausblick

6. Literaturverzeichnis
6.1 Literaturquellen
6.2 Internetquellen

7. Abkürzungsverzeichnis

„Kultur beginnt im Herzen jedes einzelnen.“ Johann Nepomuk Nestroy (1801-1862)

1. Einleitung: Deutsche Kulturpolitik im Zeichen eines weiten Kulturbegriffs

Goethe, Schiller, Bach und Beethoven: Die deutsche Kulturgeschichte hat seit vielen Jahrhunderten bedeutende Namen und berühmte Persönlichkeiten hervorgebracht. Im Dezember 2016 wurde die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft sogar für die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes nominiert.1 Ihren Ursprung hat diese Vielfalt in den zahlreichen deutschen Kleinstaaten des 17. und 18. Jahrhunderts, denn in anderen Ländern konzentrierte sich das kulturelle Leben in einer zentralen Hauptstadt (vgl. Zoepfl 1930).

Dabei ist Kultur in Deutschland traditionell ein symbolisch hoch aufgeladener Begriff, der sich über die Jahrhunderte hinweg veränderte. Die "Kulturnation" ging einst der "Staatsnation" voraus und oft wurde Kultur zur Sphäre des Politischen in ein distanziertes Verhältnis gesetzt: beispielsweise gegen autokratische Fürsten oder gegen die Parlamentspolitik (Elias 1989: 165). Willy Brandts Aufruf „Mehr Demokratie wagen!“ und Hilmar Hoffmanns Postulat „Kultur für alle“ waren in den 1970er Jahren Anstoß für eine wohlfahrtsstaatliche Erweiterung des deutschen Kulturgedankens: Kunst und Kultur sollte durch die Ergänzung einer sozialen Ebene die „Herzen jedes einzelnen“ (angelehnt an Nestroys Formulierung) ergreifen und den Alltag der Bürgerinnen und Bürger mitgestalten. Mit einem erweiterten Kulturbegriff vergrößerte sich schließlich auch die Finanzierungsverantwortung der öffentlichen Hand, die historisch bedingt fest im Bewusstsein der Politik verankert ist. Überblick über die öffentlichen Kulturausgaben gibt seit über zehn Jahren der sog. Kulturfinanzbericht, der gemeinsam von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder herausgegeben wird. Die Verfasser sehen darin ein „Bekenntnis zum besonderen Stellenwert der Kultur in unserer Gesellschaft“ (Kulturfinanzbericht 2016: 4).

Ist die Kultur in Deutschland also zu einer realen, mit der Politik versöhnten Gestaltungsgröße geworden? Inwiefern finden sich die Dimensionen des weit gefassten Kulturbegriffs in der Ausgabenstruktur der öffentlichen Kulturfinanzierung wieder? Dieser Frage wird anhand der veröffentlichten Zahlen im Kulturfinanzbericht 2016 mit vorliegender Arbeit nachgegangen. Zunächst werden der historische Hintergrund der deutschen „Kulturnation“ und das aktuelle erweiterte Kulturverständnis in Deutschland erläutert. Kapitel 3 untersucht die Aussagen des Kulturfinanzberichts 2016 hinsichtlich der Kulturfinanzierung mit drei Fragen: Wer finanziert? Was wird finanziert? Wo wird finanziert? Im Anschluss werden die Aussagen im Hinblick auf die Fragestellung ausgewertet. Die Arbeit endet mit einem kurzen Fazit und gibt einen Ausblick auf mögliche weiterführende wissenschaftliche Diskussionen und Themengebiete.

2. Historischer Hintergrund: Deutschland als „Kulturnation“

2.1 Identität, Macht und Geltung durch Kulturbegriffe

„Kultur“ heißt nach alter Auffassung eher Kunst, Literatur, Philosophie. Demzufolge entwickelte sich ein Bildungsbegriff, der das Kulturelle gegen das Zivilisatorisch-Technische abgrenzte. Im Deutschland des späten 19. Jahrhunderts trat das Bildungsbürgertum neben den Höfen und Kirchen als entscheidender Kulturträger und -förderer auf, dessen ästhetische Normen ein antidemokratisches Deutungsmuster von Kultur und Bildung etablierten. Historiker Wolfgang J. Mommsen beschreibt in seiner Publikation „Bürgerliche Kultur und politische Ordnung“ eine zentrale Allianz zwischen Bürgertum und Kultur, die unsere Kulturpolitik bis heute beeinflusst:

„Kultur – und zwar bürgerliche Kultur, im Gegensatz zur überkommenen höfischen Kultur – sollte nicht nur das einigende Band bilden, das der Vielzahl der deutschen Stämme über die Grenzen der bestehenden dynastischen Staatenordnung hinweg zu einer gemeinsamen politischen Identität verhelfen sollte, sondern zugleich auch die ideelle Grundlage für die Begründung eines deutschen Nationalstaates abgeben“ (Mommsen 2002: 59).

Die progressive Kraft des Bürgertums prägte später nicht unerheblich die künstlerische Moderne und damit auch die kulturelle Blüte des frühen 20. Jahrhunderts, schützte aber letztlich nicht vor der Empfänglichkeit weiter Teile für nationalsozialistisches Denken. Und so setzte die Reichskulturkammer im Dritten Reich den institutionalisierten Rahmen einer totalitären deutschen Kulturpflege, die Kunst als soziale Macht in Stellung brachte (Reichel 1993: 79f). Von der nationalen Einigung im 19. Jahrhundert bis zum kriegerischen Expansionswahn im Sinne einer faschistischen Ideologie spielte für die Deutschen die Berufung auf Kultur und ihre spezifische Förderung also stets eine wichtige imaginative wie praktische Rolle.

Die Verknüpfung von kultureller und nationaler Identität schimmert auch im Einigungsvertrag von 1990 durch. Dort heißt es, dass während der deutschen Teilung und trotz unterschiedlicher Entwicklung der beiden Staaten eine Einheit der deutschen Nation auf der Grundlage von Kunst und Kultur fortbestanden hätte. Im vereinten Deutschland wurde schließlich die „Freiheit der Kunst“ in Art. 5 (3) des Grundgesetzes in liberaler Tradition als Freiheit vor staatlicher Bevormundung gefasst. In der verfassungsrechtlichen Diskussion wurde sie jedoch zunehmend positiv als staatliche Gewährleistung der Freiheit interpretiert – bis hin zur Formulierung im Einigungsvertrag Art. 35 (1)2, wonach Deutschland ein „Kultur-Staat“ sei (Hense 2000: 377). Dieser Begriff kommt über den Einigungsvertrag erstmals verfassungsrechtlich explizit zur Geltung. Kultur in Deutschland steht politisch also in Zusammenhang mit stärker organisiertem (obrigkeits)staatlichem Handeln. Dabei wurde diese „Fürsorge von oben“ und die damit verbundene Deutungsmacht stets auch kritisch gesehen (Bollenbeck 1996: 61f).

2.2 Kultur als Teil des Demokratisierungsprozesses

Seit den siebziger Jahren hatte sich in Deutschland das Verständnis von Kulturpolitik maßgeblich erweitert. Begriffe wie „kulturelle Demokratie“, „Soziokultur“ und insbesondere Hilmar Hoffmanns Postulat „Kultur für alle“3 gingen als „Neue Kulturpolitik“ (vgl. Sievers 1991) in die Fachgeschichte ein. Im Zuge dieser Bewegung bildete sich schließlich eine Kulisse neuer Akteure heraus: Freie Theater, soziokulturelle Zentren, Geschichtswerkstätten und das gesamte Feld einer „Neuen Kulturpädagogik“ (Zacharias 2001: 69f) führten zur Verlebendigung der UNESCO-Debatte über einen erweiterten Kulturbegriff. Neben der klassisch-bürgerlichen Hochkultur etablierte sich eine „freie Kulturszene“4. Daraufhin wurden in den 1980er und 1990er Jahren kulturpolitische Diskussionen auf der Grundlage eines weiten Kulturverständnisses geführt, das eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Kulturbegriffe zu integrieren suchte (Fuchs 1998). Das Credo lautete: Kultur findet nicht nur in großen Häusern statt (Theatern, Opern und Museen), sondern im Alltag. So wurde schließlich auch die Soziokultur Bestandteil der öffentlichen Kulturförderung. Der weite Kulturbegriff öffnete den Blick für vielfältige kulturelle Erscheinungsformen und Anbieter. Er ist inzwischen nicht nur die Basis für die Arbeit der Kultureinrichtungen, sondern auch für die Reflexion der ästhetischen Dimension kulturpolitischer Entscheidungsfindung (Heinrich 1997: 22f.).

Die Kulturpolitik reagierte auf diese Impulse, indem sie zunehmend Fördermittel zur Verfügung stellte. Gleichzeitig entstand eine neue Landschaft freier gemeinnütziger Kulturträger, erweiterter öffentlicher Kulturförderansätze und neuer Förderinstanzen (vgl. Fonds Soziokultur e.V.: 2014). Diese Ausdehnung des Kulturbereichs und seine breite institutionelle sowie projektbezogene Förderung bis in die Zivilgesellschaft hinein wird auch als „Einbeziehung der Kultur in die wohlfahrtsstaatliche Konzeption“ (Wagner/ Zimmer 1997: 11) beschrieben.

Die jüngste große Herausforderung und Aufgabenerweiterung brachte schließlich die deutsche Einheit. Die anfängliche Übergangsfinanzierung von Kultur durch den Bund5 wurde von einem neu gedachten Aufgabenportfolio des Bundes abgelöst, das seit 1998 eine(n) Beauftragte(n) für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt vorsieht, einen Bundestagsausschuss für Kultur und Medien sowie seit 2002 eine Kulturstiftung des Bundes. Verstärkt widmete sich die staatliche Kulturförderung nun auch dem Feld der Geschichtsaufarbeitung und Erinnerungskultur: von Gedenkstätten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur über die Etablierung eines Deutschen Historischen Museums bis hin zur Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses als Humboldt-Forum. So entstand ein fast ausschließlich durch Landeszuschüsse und Kommunen geförderter Kulturbetrieb ohne nennenswerter privatwirtschaftlicher Verantwortung.

3. Aussagen zur Kulturfinanzierung laut Kulturfinanzbericht 2016

3.1 Wer finanziert?

Die öffentliche Kulturverantwortung ist also historisch bedingt fest im Bewusstsein der Politik und der Bevölkerung verankert. In Deutschland sind Kulturpolitik und -förderung Gestaltungsaufgaben des Staates, die von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam und jeweils eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Das heute vorherrschende Grundmuster entspricht dem Prinzip des kooperativen Föderalismus, der einerseits eine grundsätzliche Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern vorsieht, andererseits von vielfältigen Kooperations- und Verzahnungsmechanismen zwischen den Ebenen gekennzeichnet ist (von Beyme 1998: 18)6. Der Kulturfinanzbericht, den die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder alle zwei Jahre herausgeben, gibt Aufschluss über alle öffentlichen Ausgaben für Kultur.

Die Daten und Zahlen in dieser Arbeit stammen aus dem Kulturfinanzbericht 2016. Aufgrund des hohen zeitlichen Aufwands (bis zur Gemeindeebene müssen alle Daten vorliegen) bezieht sich der Kulturfinanzbericht 2016 auf das Jahr 20137. Die öffentlichen Ausgaben für Kultur erreichten 2013 mit 9,892 Milliarden (Mrd.) Euro 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dies entspricht 1,68 % des Gesamtetats aller öffentlichen Haushalte und im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg von 4,2 % (2012: 9,5 Mrd. Euro). Bund, Länder und Gemeinden stellten demnach pro Einwohner*in 122 Euro der Kultur zur Verfügung. Dabei wies der Bund der Kultur rund 0,8 % seiner Gesamtausgaben zu, die Länder 1,8 % und die Gemeinden 2,4 % (Kulturfinanzbericht 2016: 28).

Entsprechend der oben beschriebenen Grundstruktur der deutschen Kulturpolitik liegen die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen in erster Linie bei den Ländern, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt (Art. 30 GG). Dieses föderale Struktur- und Verantwortungsprinzip wirkt insbesondere bei der Kulturpolitik, weil dem Bund in diesem Bereich nur eingeschränkte Zuständigkeiten eingeräumt sind und kulturelle Angelegenheiten der „Kulturhoheit der Länder“ obliegen (vgl. Stettner 2002). Daher beteiligte sich der Bund im Jahr 2013 mit einer auf den ersten Blick geringen Summe von 1,3 Mrd. Euro (13,6 % des Gesamtetats) an den öffentlichen Kulturausgaben (Kulturfinanzbericht 2016: 33).8 Die finanzielle Hauptlast verteilt sich – wie auch in den Jahren zuvor – auf die Länder (41,0 %), die 4,1 Mrd. Euro dem Kulturbereich zur Verfügung stellten, und die Gemeinden (45,4 %), die mit 4,5 Mrd. Euro die höchste Fördermittelsumme bereitstellten (Kulturfinanzbericht 2016: 28).

Die meisten kulturellen Einrichtungen werden in der Bundesrepublik also nach dem Subsidiaritätsprinzip von den Städten, Gemeinden und Landkreisen unterhalten, während die Länder in erster Linie für die Förderung von Projekten und Kulturinstitutionen mit landesweiter Bedeutung zuständig sind (z.B. Staatstheater oder -bibliotheken). Abbildung 19 veranschaulicht die prozentuale Verteilung der öffentlichen Kulturausgaben auf Bund, Länder und Gemeinden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

Die Zahlen belegen, dass die öffentliche Hand im Vergleich zum Referenzjahr 2005 ihr Budget für Zuwendungen im Kulturbereich deutlich erhöht hat: der Bund um 34,3 %, die Länder zusammen mit den Gemeinden um 21,5 %. Dabei macht Sachsen weiterhin das größte Zugeständnis an Kunst und Kultur mit der bundesweit höchsten Pro-Kopf-Ausgabe (191,73 Euro/ Einwohner*in) unter den Flächenländern (Kulturfinanzbericht 2016: 35).10

Darüber hinaus kommen zu den knapp 9,9 Mrd. Euro für den Kulturbereich noch 1,9 Mrd. Euro für die sog. kulturnahen Bereiche hinzu, auf die hier nur kurz eingegangen wird. „Kulturnah“ sind laut Kulturfinanzbericht Rundfunkanstalten, Fernsehen, kirchliche Angelegenheiten, Volkshochschulen und sonstige Weiterbildung. Das Verhältnis der anteiligen Förderung für diesen Bereich korreliert jedoch nicht mit dem des Kulturbereichs: So finanzierten die Länder 51,3 %, der Bund 28,5 % und die Gemeinden nur 20,2 % der Ausgaben (Kulturfinanzbericht 2016: 13). Addiert man die Zuwendungen in beiden Bereichen, belaufen sich die öffentlichen Kulturausgaben im Jahr 2013 auf rund 11,8 Mrd. Euro – womit Deutschland in absoluten Zahlen weltweit einer der höchsten öffentlichen Fördermittelsummen für Kultur bereitstellt.

3.2 Was wird finanziert?

Was die deutsche Kulturpolitik unter den „kulturnahen Bereichen“ versteht, wurde bereits knapp erläutert (S. 6). Doch was wird im Kulturbereich mit den öffentlichen Mitteln finanziert?

Der weite Kulturbegriff hat eine entsprechende weitreichende Finanzierungsverantwortung der öffentlichen Hand mit sich gebracht, aus der sich der deutsche Staat heute nur schwer zurückziehen kann. Da der heutige Kulturbegriff so offen ist und ihm keine objektiven Kriterien zu Grunde liegen, lässt sich der Bereich der staatlichen Kulturförderung nur schwer eingrenzen. Eine weitere Besonderheit in Deutschland ist die dezentrale Organisation des Fördersystems: Jedes der 16 Bundesländer ist für die Kulturförderung in eigenverantwortlichem Rahmen zuständig, sodass sich in den vergangenen Jahrzehnten eine polymorphe Kulturlandschaft mit starken regionalen bzw. landesspezifischen Ausprägungen entwickelt hat. Da Kunst, Kultur und Kreativität per se sehr abstrakte Begriffe sind, ist die Vergabe von öffentlichen Mitteln eben stets zu einem gewissen Grad an das Kulturverständnis und die individuellen Präferenzen der Entscheidungsträger gebunden. Diese Diskrepanzen in der Reichweite des Kulturbegriffs beschäftigte auch die Bundesregierung schon bevor der erste Kulturfinanzbericht veröffentlicht wurde: „Eine allgemeinverbindliche und durch allgemeinen Konsens getragene Definition von ‚Kultur’ gibt es – zumindest, soweit der Begriff im politischen Raum verwendet wird – nicht“ (Bundesregierung 2000: 2).

In der Literatur unterscheidet Werner Heinrich folgende vier Bereiche, aus denen sich der deutsche Kulturbetrieb zusammensetzt:

„1) Kultur als menschliches Vermögen und dessen Dokumentation […]
2) Kultur als Verhalten [...]
3) Kultur als Kunst […]
4) Kultur als Bildung […]“ (Heinrich 1997: 48)

Der erste Bereich umfasst die verschiedenen Arten von Museen, im zweiten Bereich findet sich die sogenannte Soziokultur mit beispielsweise ihren Stadtteilkulturläden und gemeinnützigen Vereinen wieder. Unter „Kultur als Kunst“ ist die klassische Hochkultur in Form von Theatern, Orchestern, Kunstgalerien und -museen zu verstehen, darüber hinaus auch die Unterhaltungskultur. Zum Kulturbetrieb im Bildungsbereich zählen schließlich Musik- und Kunstschulen sowie Bibliotheken. 2004 verständigten sich Bund, Länder und der Deutsche Städtetag auf eine ähnliche Kulturdefinition, die sich an den Abgrenzungen der Europäischen Union orientierte und gleichzeitig auch internationale Ausgabenvergleiche ermöglichen sollte. Seitdem umfasst in Deutschland der Kulturbereich folgende Einrichtungen: „Theater, Musik, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Bibliotheken und Museen, Denkmalschutz und -pflege, Auswärtige Kulturpolitik und Sonstige Kulturpflege, Kunsthochschulen sowie die Verwaltung für kulturelle Angelegenheiten“ (Kulturfinanzbericht 2016: 12).

Dabei fließen in die unterschiedlichen Gebiete unterschiedlich viele Gelder. So kamen 2013 mit 35,0 % über ein Drittel der gesamten Kulturausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden den Bereichen Theater und Musik zugute (knapp 3,5 Mrd. Euro). Mit relativ großem Abstand folgt der Fördermittelanteil für Museen, Sammlungen und Ausstellungen (19,4 %) sowie für die Bibliotheken (14,4 %).

Weitere 14,1 % des Gesamtetats (1,4 Mrd. Euro) flossen in die Finanzierung der „Sonstigen Kulturpflege“ (Kulturfinanzbericht 2016: 46). Was genau diesem Bereich zuzuordnen ist, wurde von den Körperschaften nicht weiter definiert und lässt sich nur schwer einzugrenzen: Die Mittelvergabe reicht von der Filmförderung über die Förderung der Kultur der Vertriebenen bis hin zur Volks- und Heimatkunde sowie Heimatpflege. Darüber hinaus fallen in diesen Aufgabenbereich aber auch Haushaltsposten der allgemeinen Kulturförderung, mit deren Gelder die verschiedensten kulturellen Einrichtungen gefördert werden. Daher wundert es nicht, dass die Länder im Jahr 2013 diesem nur vage umrissenen Förderbereich Ausgaben in höchst unterschiedlichem Umfang zuwiesen.11

Vergleichsweise geringe Anteile an den öffentlichen Kulturausgaben entfallen auf die Bereiche Kunsthochschulen (5,6 %), Denkmalschutz und -pflege (5,0 %), Kulturelle Angelegenheiten im Ausland (4,0 %) und Kulturverwaltung (2,5 %) (vgl. Kulturfinanzbericht 2016: 46).

[...]


1 Siehe: https://www.unesco.de/node/297

2 Einigungsvertrag vom 31.08.1990, Art. 35, zit. nach http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/einigvtr/gesamt.pdf.

3 Weiterführende Literatur hierzu: Schwencke/ Revermann/ Spielhoff (Hrsg.): Plädoyers für eine neue Kulturpolitik (1974); Glaser/ Stahl: Die Wiedergewinnung des Ästhetischen (1974); Hilmar Hoffmann: Kultur für alle (1981).

4 Anm.: Die freie Kulturszene ist nicht „frei“ im Sinne von professionellen Organisationsstrukturen. Sie verfügt über teils große Häuser, so z.B. die Hamburger Kulturfabrik Kampnagel, eine von der freien Theaterszene einst eroberte alte Maschinenfabrik.

5 Der Einigungsvertrag erlaubte für begrenzte Zeit eine millionenschwere Bundesförderung ostdeutscher Kulturaufgaben.

6 Visuell dargestellt in Abb. 1 auf S. 6; vgl. auch dazu den Tätigkeitsbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ (2007), einzusehen unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000.pdf.

7 Im Kulturfinanzbericht sind im Wesentlichen die Kulturausgaben der öffentlichen Hand enthalten, auf die wir uns in dieser Arbeit konzentrieren möchten. Private Mittel, z.B. aus Stiftungen, finden sich nur als Schätzung. Demnach flossen 2013 aus dem privaten Bereich 1,17 Milliarden Euro an öffentlich geförderte Einrichtungen. Ohne öffentliche Zuschüsse arbeitende Kultureinrichtungen wie Musical-Theater sind im Kulturfinanzbericht nicht aufgeführt.

8 Die kulturpolitische Rolle des Bundes ist in den letzten Jahrzehnten jedoch deutlich gewachsen. Im Vgl. zu 2005 hat der Bund seine Mittel um 34,3% erhöht und zusätzliche Aufgabengebiete übernommen (Kulturfinanzbericht 2016: 33).

9 Die beiden Visualisierungen in dieser Arbeit inkludieren nicht die kulturnahen Bereiche, sondern beziehen sich ausschließlich auf die öffentlichen Fördermittel für den Kulturbereich.

10 In Deutschland sind die Kulturausgaben der Länder haushaltspolitisch ein freiwilliger Posten. Es gibt jedoch Spezialgesetze für eine höhere staatliche Verbindlichkeit. Das SächsKRG ist das bundesweit weitgehendste, mit dem das Land jährlich fast 100 Millionen Euro Kulturfördermittel vergibt (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Sächsisches_Kulturraumgesetz).

11 Brandenburg ordnete 2013 fast die Hälfte aller Zuwendungen (42,0 %) dem Bereich Sonstige Kulturpflege zu. Auch im Saarland und in Sachsen wurde mit 22,4 % bzw. 22,3 % ein relativ hoher Anteil der Kulturausgaben dort verbucht. In Berlin hingegen fielen nur 4,9 % aller verfügbaren Fördermittel in diesen Bereich (Kulturfinanzbericht 2016: 60).

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Kulturfinanzbericht 2016: Aussagen zum Thema Kulturfinanzierung
Hochschule
Hochschule für Musik und Theater Hamburg  (Kultur- und Medienmanagement)
Veranstaltung
Finanzmanagement
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
16
Katalognummer
V950383
ISBN (eBook)
9783346289407
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kulturfinanzierung, öffentliche Finanzierung, Kulturfinanzbericht, Kultur für alle, Kulturpolitik, Finanzmanagement, öffentliche Förderung, öffentliche Gelder
Arbeit zitieren
Johanna Peternek (Autor:in), 2018, Kulturfinanzbericht 2016: Aussagen zum Thema Kulturfinanzierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950383

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