Pränataler Kinderschutz. Möglichkeiten zum Schutz eines ungeborenen Kindes durch das Jugendamt in Bezug auf den § 8a SGB VIII


Hausarbeit, 2020

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der staatliche Schutzauftrag bei einer Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII
2.1 Gewichtige Anhaltspunkte nach § 8a Abs.1 SGB VIII
2.2 Gefährdungseinschätzung mit mehreren Fachkräften nach § 8a Abs.1 SGB VIII
2.3 Möglichkeiten Vermittlung von Hilfen nach § 8a Abs.1 SGB VIII
2.4 Anrufung des Familiengerichts nach § 8a SGB Abs.2 VIII in Bezug auf den § 1666 BGB
2.5 Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII

3. Prüfung des § 8a SGB VIII bei einer pränatalen Gefährdung
3.1 Rechtsbestimmungen in der Sozialgesetzgebung und im Zivilrecht
3.2 Gefährdungen für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder
3.3 Vermittlung von Hilfen an Schwangere nach dem achten Sozialgesetzbuch
3.4 Berücksichtigung eines ungeborenen Kindes in § 8a SGB VIII und bei familiengerichtlichen Verfahren
3.5 Frühe Hilfen

4. Fazit mit eigener Stellungnahme

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Pränataler Kinderschutz“ ist wiederkehrend und seit mehreren Jahren ein Thema, welches in der Politik und in der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert wird. Dennoch finden Schwangere und ungeborene Kinder nur begrenzt im achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) Erwähnung. Auch sind nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Abwendung einer Gefährdung eines ungeborenen Kindes vorhanden.

Demnach soll in meiner Hausarbeit „Pränataler Kinderschutz – Möglichkeiten des Jugendamtes zum Schutz eines ungeborenen Kindes in Bezug auf den § 8a SGB VIII“ die Fragestellung bearbeitet werden, inwiefern auf den pränatalen Kinderschutz geachtet wird und welche Möglichkeiten dem Jugendamt bei einer pränatalen Gefährdung zur Verfügung stehen.

Um dieses Thema zu erarbeiten, werde ich deduktiv vorgehen. Ich werde anhand von Literaturrecherche den Verlauf des standardisierten Verfahrens nach § 8a SGB VIII auf den Einzelfall der Gefährdung bei einem ungeborenen Kind anwenden.

Zunächst werde ich hierfür das standardisierte Verfahren einer Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII erläutern. Hierbei werde ich zuerst auf die gewichtigen Anhaltspunkte bei einer Kindeswohlgefährdung eingehen, um mich dann der Beratung mit mehreren Fachkräften zu widmen. Im Anschluss gehe ich auf mögliche Hilfsmöglichkeiten seitens des Jugendamtes ein, um mich am Ende auf das Gerichtsverfahren und eine mögliche Inobhutnahme zu konzentrieren.

Bei der Anwendung des Gefährdungsprozesses auf den Einzelfall des ungeborenen Kindes werde ich zunächst auf die Rechtsbestimmungen in der Sozialgesetzgebung sowie im Zivilrecht eingehen. Hiernach werde ich Möglichkeiten der Leistungen für Schwangere nach dem achten Sozialgesetzbuch erläutern und in diesem Zuge auf die „Frühen Hilfen“ eingehen. Zum Ende werde ich mich mit den gerichtlichen Gegebenheiten auseinandersetzen und werde hierbei insbesondere auf den § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eingehen. Abschließend folgt das Fazit mit eigener Stellungnahme und einem Ausblick zu dem Thema.

2. Der staatliche Schutzauftrag bei einer Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII

Zuerst muss darauf hingewiesen werden, dass sich der Schutzauftrag gem. § 8a SGB VIII aus Artikel 6 Grundgesetz (GG) ergibt. Danach sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die Ihnen zuvörderst obliegende Pflicht. Hierüber wacht der Staat, woraus sich der staatliche Schutzauftrag ergibt. Das hier Beschriebene wird ebenfalls in § 1 des SGB VIII aufgegriffen.

Sollte der Schutz der Kinder nicht gegeben sein, handelt es sich um eine Kindeswohlgefährdung. Um den Begriff der Kindeswohlgefährdung greifbar zu machen, ist eine Definition des Kinderschutzes notwendig. Der Kinderschutz beschreibt die Gesamtheit pädagogischer Präventions- und Interventionsmaßnahmen zur Abwendung potenzieller / bestehender Gefährdungen. Es geht darum, dass Kindern eine altersgemäße Entwicklungsförderung ermöglicht wird. Sollte dieses nicht gegeben sein, ist die Rede von einer Kindeswohlgefährdung (Wazlawik & Wolff, 2018, S. 293 f.).

Die Kindeswohlgefährdung ist eine zentrale Rechtsnorm, welche sowohl in § 8a SGB VIII als auch in § 1666 BGB aufgegriffen wird. Sie stellt zugleich einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, somit wird das Kindeswohl in allen Fällen individuell am Einzelfall bestimmt. In § 1666 BGB wird das Kindeswohl zunächst differenziert und in § 8a SGB VIII wird ein standardisiertes Vorgehen bei einer Kindeswohlgefährdung beschrieben (Alle, 2017, S. 13).

Schone (2009) führt aus, dass der Begriff zwei wichtige Aufgaben erfüllt. Zum einem ist er eine „Legitimationsgrundlage staatlichen Eingreifens, wie zuvor erwähnt und zum anderen ein sachlicher Maßstab in gerichtlichen Verfahren“ (Kinderschutz- Zentrum Berlin e.V., 2009, S. 20).

Im Folgenden wird das standardisierte Vorgehen nach § 8a SGB VIII erläutert.

2.1 Gewichtige Anhaltspunkte nach § 8a Abs.1 SGB VIII

Werden gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung im Jugendamt bekannt, wird das standardisierte Verfahren nach § 8a SGB VIII eingeleitet. Im Folgenden werden die in § 8a Abs. 1 SGB VIII gewichtigen Anhaltspunkte differenziert dargestellt.

Gewichtige Anhaltspunkte stellen Hinweise für eine Gefährdung des leiblichen, geistigen und seelischen Wohls dar. Diese Anhaltspunkte können in verschiedene Kategorien aufgeteilt werden (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 11). Die verschiedenen Kategorien umfassen die äußere Erscheinung des Kindes bzw. der/des Jugendlichen, das Verhalten des Kindes bzw. der/des Jugendlichen, das Verhalten der im Haushalt lebenden Erziehungsberechtigten, die familiäre Situation, die persönliche Situation der im Haushalt lebenden Erziehungsberechtigten und die Wohnsituation der Familie (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 12).

Bei der äußeren Erscheinung des Kindes bzw. der/des Jugendlichen ist auf Zeichen von Verletzungen, Unterernährung, fehlender Körperhygiene und auf verschmutzte/ witterungsunangemessene Kleidung zu achten (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 12).

Eine weitere Kategorie ist das Verhalten des Kindes bzw. der/des Jugendlichen. Hierbei ist zu prüfen, ob das Kind oder die/ der Jugendliche apathisch oder verängstigt wirkt, gewalttätig oder sexuell auffällig ist oder ob es Äußerungen zu sexuellem Missbrauch macht. Es ist zu prüfen, ob es sich zu altersunangemessen Zeiten allein draußen aufhält, berauscht oder benommen wirkt oder der Schule fernbleibt (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 12).

Auch das Verhalten der im Haushalt lebenden Erziehungsberechtigten ist zu beobachten. Hierbei ist es wichtig, darauf zu achten, ob Gewalt zwischen den Erziehungsberechtigten herrscht, eine unzuverlässige Bereitstellung von Nahrung erfolgt, es massive, häufige Gewaltübergriffe dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen gegenüber gibt oder Beschimpfungen, Ängstigungen, Erniedrigungen dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen gegenüber erfolgen (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 13).

Bei der familiären Situation ist darauf zu achten, ob das Kind oder die/ der Jugendliche wohlmöglich auf der Straße lebt oder oftmals unbeaufsichtigt gelassen wird (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 13).

Auch die persönliche Situation der Erziehungspersonen können gewichtige Anhaltspunkte darstellen. Hierbei muss festgestellt werden, ob diese zum Beispiel unter Drogen-/ Alkoholeinfluss stehen (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 13).

Der letzte Punkt betrifft die Wohnsituation. Bei einem Hausbesuch ist diese in Augenschein zu nehmen und darauf zu achten, ob die Wohnung vermüllt oder verdreckt ist und ob die Kinder / Jugendlichen Schlafplätze haben (Landkreis Berchtesgadener Land, Amt für Kinder, Jugend und Familien, 2017, S. 13).

2.2 Gefährdungseinschätzung mit mehreren Fachkräften nach § 8a Abs.1 SGB VIII

Die Gefährdungseinschätzung mit mehreren Fachkräften dient zur Beurteilung von Gefährdungspunkten bei Kindern. Zudem werden innerhalb dieser Gefährdungseinschätzung zunächst die oben benannten gewichtigen Anhaltspunkte und der weitergehende Verlauf besprochen (Alle, 2017, S. 51).

Die Gefährdungseinschätzung kann als kollegiale Beratung angesehen werden. Die kollegiale Beratung ist eine Methode der Teamberatung. Es geht um ein Fallverstehen über eine Gruppenleistung, da eine Gefährdungseinschätzung ein hohes Maß an Professionalität erfordert (Tenhaken, 2015, S. 133).

Über das Fallverstehen hinaus, sollen im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte Lösungsschritte erarbeitet werden. Da es sich bei einer Gefährdungseinschätzung im Jugendamt um ein standardisiertes Verfahren handelt, wird nicht mit den einzelnen Rollen gearbeitet, wie bei einer klassischen kollegialen Beratung (Tenhaken, 2015, S. 134).

Allerdings kann man die Phasen der kollegialen Beratung im Gefährdungseinschätzungsbogen wiederfinden. Es erfolgt eine Situations- und Problembeschreibung, dabei wird die familiäre Situation erläutert. Im Schritt der Situations- und Problemanalyse werden die oben benannten gewichtigen Anhaltspunkte benannt und besprochen, um im weiteren Verlauf die zu erledigenden Interventionen zu besprechen (Tenhaken, 2015, S. 139 ff.).

2.3 Möglichkeiten Vermittlung von Hilfen nach § 8a Abs.1 SGB VIII

Gemäß § 8a Abs.1 SGB VIII werden die Kinder, Jugendlichen und Eltern mit in den Prozess einbezogen und es werden, wenn nötig Hilfen der Jugendhilfe vermittelt. Mit der Vermittlung von Hilfen soll die mögliche Gefährdungssituation abgewendet werden.

Mit den oben genannten Hilfen sind Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII gemeint. Es gibt unterschiedliche Hilfsangebote, welche von den Jugendämtern vermittelt werden können. Man unterscheidet zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen (Wabnitz, 2020, S. 89).

Die Voraussetzung für einen Anspruch auf Hilfen zur Erziehung, ist das Vorliegen eines Erziehungsdefizites. Das bedeutet, dass eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Dieses ist der Fall, wenn zentrale Bedürfnisse des Kindes nicht erfüllt sind bzw. werden können, zum Beispiel, wenn ein Mangel an Zuwendung, Schutz und Fürsorge oder Körper und Gesundheitspflege aufgetreten ist (Wabnitz, 2020, S. 89).

Die ambulanten Hilfen zur Erziehung der §§ 28 – 31 SGB VIII finden innerhalb der eigenen Familie statt. Es handelt sich hierbei um die Erziehungsberatung, die soziale Gruppenarbeit, die Erziehungsbeistandschaft, die sozialpädagogische Familienhilfe und die Tagesgruppe, wobei die Tagesgruppe als eine teilstationäre Hilfeform aufgefasst wird (Wabnitz, 2020, S. 94 ff.).

Die sogenannten stationären Leistungen gemäß §§ 33- 35 SGB VIII sind im Einzelnen die Vollzeitpflege, die Heimerziehung oder sonstige betreute Wohnformen und die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (Wabnitz, 2020, S. 102 ff.).

Die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII stellt daneben eine eigenständige Leistung dar (Wabnitz, 2020, S. 109) sowie die Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII. Sie wurden für Jugendliche, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, geschaffen und werden im Prinzip wie die Hilfen zur Erziehung ausgeführt (Wabnitz, 2020, S. 112).).

2.4 Anrufung des Familiengerichts nach § 8a SGB Abs.2 VIII in Bezug auf den § 1666 BGB

Wenn die Personensorgeberechtigten nicht bereit oder nicht in der Lage sind, die vorliegende Gefährdung mittels der angebotenen Hilfen des Jugendamtes abzuwenden, besteht die Möglichkeit nach § 8a Abs.2 Satz 1 SGB VIII das Familiengericht anzurufen (Feldhoff, 2015, S. 89).

Das Familiengericht hat gemäß § 1666, 1666a BGB zu prüfen, ob Eingriffe in die elterliche Sorge geboten sind. Der § 1666 BGB beschreibt nicht allein den vollständigen Entzug der elterlichen Sorge. Dieser Paragraph soll zur Abwendung der Gefahr eines Kindes dienen.

Hierzu werden in § 1666 BGB Gebote und Verbote ausgesprochen. Zudem kann es zur Entziehung von Teilbereichen der elterlichen Sorge, aber auch zum vollständigen Entzug der elterlichen Sorge kommen. Diese Maßnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (Feldhoff, 2015, S. 90).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Pränataler Kinderschutz. Möglichkeiten zum Schutz eines ungeborenen Kindes durch das Jugendamt in Bezug auf den § 8a SGB VIII
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Veranstaltung
Recht und Beratung
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
18
Katalognummer
V950406
ISBN (eBook)
9783346288226
ISBN (Buch)
9783346288233
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kindeswohlgefährdung, Pränataler Kinderschutz, Jugendamt, §8a SGB VIII
Arbeit zitieren
Janina Babst (Autor:in), 2020, Pränataler Kinderschutz. Möglichkeiten zum Schutz eines ungeborenen Kindes durch das Jugendamt in Bezug auf den § 8a SGB VIII, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950406

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