Image und Bedeutung des Begriffs "Nachhaltigkeit"

Ausgangssituation und Rahmenbedingungen der Einführung des Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetzes in Österreich


Masterarbeit, 2020

127 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Executive Summary

Abstract

1. Einleitung und theoretischer Hintergrund
1.1 Problembeschreibung
1.2 Forschungsfragen
1.3 Ausgangsbasis
1.4 WissenschaftlicheRelevanz
1.5 Problemstellung
1.6 Nutzen
1.7 Zielgruppen
1.8 Methoden

2. Begriffsdefinitionen und Umfeldbeschreibung
2.1.1 Nachhaltigkeit
2.1.2 Corporate Social Responsibility
2.1.3 PublicRelations
2.1.4 Greenwashing
2.1.5 Image
2.2 Der Nachhaltigkeitsdiskurs in Wirtschaft, Politik und Medien
2.2.1 Der Nachhaltigkeitsdiskurs in internationalen Organisationen - Schwerpunkt Vereinte Nationen
2.3 Die Nachhaltigkeitslandschaft in Österreich
2.3.1 Facts & Figures zu Nachhaltigkeit in Österreich
2.3.2 Nachhaltigkeitsorganisationen und Expertlnnen-Netzwerke in Österreich
2.3.3 Nachhaltigkeitsausbildungen in Österreich

3. Methodik
3.1 Einleitung
3.2 Fragebogenerstellung
3.2.1 Wissenschaftliche Ableitung
3.2.2 Inhaltliche Begründungen: Fragestellungen, Struktur Fragebogen
3.3 Durchführung der Umfrage
3.3.1 Beschreibung Umfrage-Sample
3.3.2 Vorgehensweise bei der Umsetzung
3.3.3 Datenauswertung

4. Daten
4.1 ErgebnissederUmfrage
4.1.1 Daten und Ergebnisse: Gesamtpanel und Konsumentinnen
4.1.2 Daten und Ergebnisse: Teilgruppe Führungskräfte

5. Analyse
5.1 Analyse der Gesamt-Umfrageergebnisse
5.2 Analyse Teilgruppe "Konsumentinnen”
5.3 Analyse Umfrageteil fürTeilgruppe "Führungskräfte”

6. Diskussion und Schlussfolgerungen
6.1 Reflexion der Forschungsfragen, kritische Betrachtung der Ergebnisse
6.2 Erkenntnisse für künftige Umfragen zu Nachhaltigkeitsthemen
6.3 Erkenntnisse für Wirtschaft, Politik und Interessensvertretungen
6.3.1 Erkenntnisse für Unternehmen und deren Management
6.3.2 Erkenntnisse für Nachhaltigkeitsexpertinnen
6.3.3 Erkenntnisse für PR-Expertlnnen und Kommunikatorlnnen im CSR- und Nachhaltigkeitsbereich
6.3.4 Erkenntnisse für Politik, Interessensvertretungen, NGOs, Aus- u. Fortbildung
6.4 Ausblick

Literaturverzeichnis

Glossar

Anhang
Fragebogen und Tabellenband der Gesamterhebung

Vorwort

Nachhaltigkeit ist das zukunftsbestimmende Thema der Menschheit. Der Weg zu nach­haltigem Wirtschaften als unternehmerischer Standard auf unserem Planeten ist aber noch weit und anspruchsvoll. Unternehmerisch zu denken und zu handeln, sich gleich­zeitig für soziale Gerechtigkeit einzusetzen, gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, NGOs und Politik Verantwortung zu übernehmen und sich für eine demokratische Ge­sellschaft zu engagieren, das hat mich schon immer fasziniert und angetrieben.

Nach vielen Jahren in der Jugend- und Sozialarbeit, nach politischem Engagement, nach zwei Jahrzehnten als Public Relations- und Kommunikationsberater, als Geschäftsführer einer der führenden Kommunikationsagenturen Österreichs und als international tätiger Branchenvertreter, ist in den letzten Jahren aber vor allem das Bedürfnis in mir gewach­sen, selbst nachhaltiger zu leben. Gleichzeitig will ich meine persönlichen und beruflichen Erfahrungen dazu nutzen, um Unternehmen und Institutionen auf ihrem Weg in Richtung Nachhaltigkeit beratend zu unterstützen.

Auf dieser Basis sind die Ideen und Initiativen zur Gründung des "Österreichischen Zent­rums für Nachhaltigkeit” und des international tätigen "Innovation in Politics Institute” (IPI) entstanden, an denen ich als Gründer mitwirken durfte und die für das Thema dieser Masterarbeit maßgeblich waren. Die Erforschung des Images und der Bedeutung des heute sozial, wirtschaftlich und umweltpolitisch genutzten Begriffes "Nachhaltigkeit” für die Österreicherinnen und speziell für Führungskräfte in heimischen Unternehmen, das interessierte mich als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten und Projekte ganz be­sonders. Es freut mich, dass die ersten Ergebnisse der Erhebungen dieser Masterarbeit, sogar noch vor ihrer formalen Fertigstellung, auf Interesse in Fachkreisen stießen und im Zuge der Gründung und weiteren Arbeit des Vereins "Österreichisches Zentrums für Nachhaltigkeit” auch medial umfassend rezipiert wurden.

Der Weg zu persönlicher Nachhaltigkeit ist eine komplexe, anstrengende und zwangs­läufig in Zukunft für Europäer auch entbehrungsreiche Reise, ebenso wie die Transfor­mation unserer Wirtschaftssysteme in Richtung gesellschaftlicher Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit. Wenn man aber die aktuellen Entwicklungen und Heraus­forderungen betrachtet, ist es jedoch die wichtigste Reise, die man als Mensch im 21. Jahrhundert begleiten und im besten Fall aktiv mitgestalten kann.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Berichtspflichten lautNaDiVeG, aus ’’Das erste JahrNaDiVeG”, (Catastaetal., 2017: 9)

Abbildung 2: Die vierNachhaltigkeitsanforderungen an Unternehmen, aus (Schaltegger et al., 2007: 14)

Abbildung 3: Systeme, Konzepte und Instrumente zur Begegnung der vier Nachhaltigkeitsherausforderungen (Schaltegger et al., 2007: 19)

Abbildung 4: Formen der Untemehmenskommunikation im Kontext des Zusammenhangs zwischen Nach-haltigkeitsbeitrag und Geschäftstätigkeit und des Kommunikationsaufwands, aus (Brügger, 2008: 20)

Abbildung 5: Die Normenreihe ISO 14000, aus (Prösler, 2008: 9)

Abbildung 6: OTS-Presseaussendungen in Österreich mit dem Begriff'Nachhaltigkeit", Eigenerhebung für die Masterarbeit mittels Datenbankabfrage bei ots.at, April 2020

Abbildung 7: 17 Ziele fürnachhaltige Entwicklung derVereinten Nationen. Quelle: www.bundeskanzleramt.gv.at

Abbildung 8: Ausschnittaus Berichtstabellen "Agenda 2030 fürnachhaltige Entwicklung in Österreich", StatistikAustria, aus (Wegscheider-Pichler, 2020: 147)

Abbildung 9: Ergebnisse Frage 1 - Spontan / ungestützt genannte Begriffszusammenhänge zu "Nachhaltigkeit in Unternehmen”

Abbildung 10: Ergebnisse Frage 2 - Assoziationen zum Begriff”Nachhaltigkeit”, Auswahl gestützt

Abbildung 11: Ergebnisse Frage 3 - Subjektiver Informationsstand zu Nachhaltigkeit

Abbildung 12: Frage 3 - Teilergebnisse Führungskräfte

Abbildung 13: Frage 3 - Teilergebnisse Konsumentinnen

Abbildung 14: Ergebnisse Frage 4 - Ausreichende Beachtung fürNachhaltigkeit in Österreich?

Abbildung 15: Ergebnisse Frage 5 - Notwendigkeit der breiten Zusammenarbeit von Institutionen, NGOs, Wirtschaft und Politik zu Nachhaltigkeitsthemen

Abbildung 16: Frage 5 - Teilergebnisse "Konsumentinnen"

Abbildung 17: Frage 5 - Teilergebnisse "Führungskräfte"

Abbildung 18: Ergebnisse Frage 6 - In welchen Bereichen wird heute bereits Wert aufNachhaltigkeit gelegt?

Abbildung 19: Ergebnisse Frage 7 - Nachhaltigkeitsprojekte von Unternehmen und deren aktive Kommunikation dienen meiner Ansicht nach vor allem

Abbildung 20: Frage 8 - Gesamtergebnisse

Abbildung 21: Frage 8 - Teilergebnisse "Konsumentinnen"

Abbildung 22: Frage 8 - Teilergebnisse "Führungskräfte"

Abbildung 23: Frage 9 - Gesamtergebnisse: Investitionen in betriebliche Nachhaltigkeit stehen in Konflikt zu den wirtschaftlichen Zielen meines Unternehmens bzw. des Unternehmens, in dem ich arbeite

Abbildung 24: Frage 9 - Teilergebnisse "Konsumentinnen"

Abbildung 25: Frage 9 - Teilergebnisse "Führungskräfte"

Abbildung 26: Frage 10 - Gesamtergebnisse

Abbildung 27: Frage 10 - Teilergebnisse "Konsumentinnen"

Abbildung 28: Frage 10 - Teilergebnisse "Führungskräfte"

Abbildung 29: Frage 11 - Gesamtergebnisse, Wichtige Maßnahmen für langfristigen Untemehmenserfolg

Abbildung 30: Frage... 12 - Gesamtergebnisse, Macht Nachhaltigkeit Unternehmen erfolgreicher?

Abbildung 31: Frage 13 - Gesamtergebnisse

Abbildung 32: Frage 14 - Positivnennungen

Abbildung 33: Frage 14 - Negativnennungen

Abbildung 34: Frage 15 - Beurteilung derNachhaltigkeit des eigenen Unternehmens nach Geschäftsbereichen

Abbildung 35: Frage 16 - Führungskräfteumfrage - Motivation für Nachhaltigkeitsengagement in Unternehmen

Abbildung 36: Frage 17 Führungskräfteumfrage - Gibt es Nachhaltigkeitsbeauftragte im Unternehmen? Wer ist zuständig?

Abbildung 37: Frage 18 Führungskräfteumfrage - Aktivitäten im Nachhaltigkeitsbereich im eigenen Unternehmen vorhanden?

Abbildung 38: Frage 19 Führungskräfteumfrage - Wo herrscht im Unternehmen Handlungsbedarf?

Abbildung 39: Frage 20 Führungskräfteumfrage - Aktuelle Prioritäten beim Nachhaltigkeitsengagement?

Abbildung 40: Frage 21 Führungskräfteumfrage - Relevanz impact-orientiertes Finanzmanagement

Abbildung 41: Frage 22 Führungskräfteumfrage - Rolle von impact-orientierten Finanzveranlagungen und Ausleihungen

Abbildung 42: Frage 23 Führungskräfteumfrage - Investments in nachhaltige Personalentwicklung

Abbildung 43: Frage 24 Führungskräfteumfrage - Kommunikationszielgruppen und Stakeholder

Abbildung 44: Frage 25 Führungskräfteumfrage - PR-Maßnahmen, die bei CSR-/Nachhaltigkeits- Kommunikation lt. Führungskräften vorwiegend zum Einsatz kommen

Abbildung 45: Frage 26 Führungskräfteumfrage - Bekannte Beratungsuntemehmen und Nachhaltigkeitsorganisationen

Abbildung 46: Frage 27 Führungskräfteumfrage - Bekannte gesetzliche Regelungen, Richtlinien, Ueitfäden

Abbildung 47: Ergebnisse Frage 4 - DerVergleich "Konsumentinnen" und "Führungskräfte" zeigtkeine signifikanten Abweichungen bei den Antworten der Teilnehmerinnen beider Gruppen

Abbildung 48: Ergebnisse Frage 6 - In welchen Bereichen wird heute bereits Wert aufNachhaltigkeit gelegt?

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Geschlechterverteilung Gesamtsample

Tabelle 2: Altersverteilung Gesamtsample

Tabelle 3: Höchste Schulbildung Gesamtsample

Tabelle 4: Bundesländerverteilung Gesamtsample

Tabelle 5: Branchenverteilung Gesamtsample

Tabelle 6: Mitarbeiteranzahl Umfragesample

Tabelle 7: Stellung im Unternehmen Gesamtsample

Abkürzungsverzeichnis

APA Austria Presse Agentur

BGBl Bundesgesesetzblatt

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Deutschland

CAWI Computer Assisted Web Interviewing

COP Communication on Progress, Fortschrittsbericht

COVID Corona Virus Desease

CSR Corporate Social Responsibility, gesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens

DUK Donau-Universität Krems

EPU Ein-Personen-Unternehmen

ESS Europäisches Statistisches System

EU Europäische Union

FFF Fridays for Future - internationale Jugend-Klimaschutzbewegung

GRI Global Reporting Initiative

GWÖ Verein Gemeinwohl-Ökonomie Österreich

HR Human Resources, Personalplanung und -management

IPI Innovation in Politics Institute

ISO International Standardization Organization

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

Mag.a Magistra

MBA Master of Business Administration

MSc Master of Science

N Größe der statistischen Grundgesamtheit

NaDiVeG Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz

NFI Nicht-finanzielle Informationen

NGOs Non-Governmental Organisations

NPO Non-Profit-Organisationen

ONR ÖNORM-Regel

OTS Original-Text-Service der Austria Presse Agentur

PR Public Relations

PRVA Public Relations Verband Austria

SDGs Sustainable Development Goals (der Vereinten Nationen)

UN United Nations, Vereinte Nationen

WIFI Wirtschaftsforschungsinstitut

WKO Wirtschaftskammer Österreich

WU Wirtschaftsuniversität

ZFN Zentrum für Nachhaltigkeit

Executive Summary

Im Zuge dieser zwischen 2016 und 2020 erstellten Masterarbeit wurde eine Online-Be­fragung von Konsumentinnen und Führungskräften österreichischer Unternehmen durch­geführt, mit der folgende Forschungsfragen und Themen behandelt bzw. beantwortet wurden:

- Wie bedeutend ist "Nachhaltigkeit" für Führungskräfte in österreichischen Unter­nehmen und für Konsumentinnen in Österreich?

Nachhaltigkeit stößt bei den befragten Österreicherinnen auf großes Interesse und hat für beinahe die Hälfte (49 %) sehr große (16 %) oder große Bedeutung (33 %).

- Wie definieren Konsumentinnen und Führungskräfte aus österreichischen Unter­nehmen den Begriff”Nachhaltigkeit” in Unternehmen inhaltlich?

Sowohl Konsumentinnen als auch Führungskräfte definieren den Begriff "Nach­haltigkeit” vor allem über ökologische Themen und "Umweltschutz”. In der Fach­welt gleichwertig etablierte, nicht-ökologische Nachhaltigkeitsfaktoren, etwa öko­nomische und soziale Faktoren, sind in der öffentlichen Wahrnehmung weit abge­schlagen.

- Gibt es aus den Forschungsfragen 1 und 2 ableitbare, signifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen der beiden Befragungsgruppen ’’Konsumentinnen” und "Führungskräfte”?

Signifikante Unterschiede zwischen Konsumentinnen und Führungskräften sind vor allem bei wirtschaftlichen Fragestellungen feststellbar, während es bei kon­sumorientierten Fragestellungen keine signifikanten Unterschiede in den Ergeb­nissen der beiden Befragungsgruppen gibt.

- Wie wird das Nachhaltigkeitsengagement in Unternehmen vom befragten Sample der österreichischen Bevölkerung beurteilt und von welchen Branchen und Unter­nehmen wird es besonders positiv oder negativ wahrgenommen?

Die Befragten sehen bei Unternehmen großen Aufholbedarf in Sachen Nachhal­tigkeit und konstatieren deutlich, dass Unternehmen in vielen verschiedenen Geschäftsbereichen zu wenig Wert auf Nachhaltigkeit legen. Führungskräfte be­werten das Nachhaltigkeitsengagement von österreichischen Unternehmen über­raschenderweise gleich kritisch, wie dies Konsumentinnen tun. In Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaktivitäten sind vor allem Unternehmen des Lebensmittelein­zelhandels positiv wie negativ aufgefallen.

- Wie beurteilen Führungskräfte die wirtschaftliche Bedeutung von "Nachhaltigkeit” in ihrem Unternehmen?

55 Prozent der Führungskräfte geben an, dass unternehmerische Nachhaltigkeits­aktivitäten ihrer Meinung nach vorwiegend der "Imagepflege” dienen. 36 Prozent sind jedoch davon überzeugt, dass Nachhaltigkeitsprojekte im Unternehmen dazu dienen, "den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg zu sichern”. 28 Prozent der Füh­rungskräfte geben an, dass Nachhaltigkeit ihrer Meinung nach in Konflikt mit den wirtschaftlichen Zielen ihres Unternehmens steht, 41 Prozent stimmen dieser Aus- sagejedoch ”nicht”oder”überhaupt nicht” zu.

- Beeinflussen Nachhaltigkeitskommunikation und Corporate Social Responsibility- Aktivitäten (CSR) das Image von Unternehmen und subjektiv die Kaufentschei­dungen von Konsumentinnen in Österreich?

Im Rahmen der Erhebung gaben 49 Prozent des Gesamtsamples und sogar 60 Prozent der kaufkraftstärkeren Führungskräfte an, dass Nachhaltigkeit ihre per­sönlichen Kaufentscheidungen und Sympathien fürUnternehmen beeinflusst.

- Welche nationalen und internationalen Standards, Richtlinien und Gesetze zu Nachhaltigkeit sind Führungskräften in österreichischen Unternehmen vor Einfüh­rung des NaDiVeG im Jahr 2017 zumindest dem Namen nach bekannt?

Die EU-NFI-Richtlinie (5 %) warden befragten Führungskräften im Erhebungszeit­raum weitgehend unbekannt, ebenso wie die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (7 %). Auch österreichische Nachhaltigkeitsleitfä­den (4 %) waren nur Expertinnen bekannt. Zumindest dem Namen nach bekannt waren: ISO 26000/ONR 192500 (34 %), Pariser Klimaabkommen (32 %), Bestbie­terprinzip (21 %), UN Global Compact (15 %). Überein Viertel (26 %) der befragten Führungskräfte kannte keine der im Rahmen der Erhebung genannten Nachhal­tigkeitsstandards, Gesetze und Richtlinien.

Die öffentliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeitsdiskussion hat im Erstellungszeitraum dieser Masterarbeit von 2016 bis 2020 enorm an Fahrt aufgenommen. Aktuelle Erkennt­nisse, Veränderungen und Ereignisse, wie die Gründung und das weltweite Wachstum der von Greta Thunberg initiierten "Fridays for Future”-Bewegung, wurden bis zuletzt bestmöglich in diese Arbeit integriert.

Die medial veröffentlichten Erst-Ergebnisse dieser Masterarbeit und die oben beschrie­benen Erkenntnisse führten zu einer lebendigen Branchendiskussion, neuen Kooperati­onen auf Verbandsebene und zu mehreren disziplin-übergreifenden Initiativen und Fach­veranstaltungen in Österreich.

Obwohl die weltweite Pandemie, die durch COVID-19 im Frühjahr 2020 ausgelöst wurde, die mediale und politische Nachhaltigkeitsdiskussion vorübergehend in den Hintergrund gerückt hat, wird das weltweite Erreichen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsziele aus Sicht des Autors langfristig das bestimmende Thema unserer und der Zukunft unseres Planeten sein. Es bleibt dabei zu hoffen, dass die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele durch die aus der Corona-Krise gewonnenen Erfahrun­gen beschleunigt und nicht weiter verzögert wird.

Abstract

Diese Masterarbeit befasst sich mit Image und Bedeutung des Begriffes "Nachhaltigkeit” -für Führungskräfte aus Unternehmen und Konsumentinnen in Österreich im Jahr 2016, unmittelbar vor Einführung des Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetzes (NaDiVeG) im Jahr 2017. Das NaDiVeG brachte für Großunternehmen neue Transpa­renzbestimmungen und Berichtspflichten, die auch nicht-finanzielle Informationen aus den Bereichen Umwelt, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte sowie Be­kämpfung von Korruption und Bestechung betreffen.

Ziel war die Durchführung einer Status-quo-Erhebung und -Analyse vor Umsetzung des NaDiVeG, um Veränderungen in der Zeit nach Einführung des Gesetzes für zukünftige Erhebungen und wissenschaftliche Arbeiten mess- und vergleichbar zu machen. Gleich­zeitig wurden Erkenntnisse zur Beurteilung von unternehmerischen Nachhaltigkeitsakti­vitäten und zur Definition und Interpretation des Nachhaltigkeitsbegriffes im wirtschaftli­chen Gesamtumfeld - bei Konsumentinnen und Führungskräften - erhoben. Diese Er­gebnisse können als Diskussionsgrundlage für Wirtschaft, Politik, Nachhaltigkeits- und Kommunikationsexpertinnen sowie in der Aus- und Fortbildung zu PR-, CSR- und Nach­haltigkeitsthemen herangezogen werden.

Im Mai 2016 wurde dazu eine österreichweite Online-Befragung durchgeführt (N = 1.008), an der auch 352 Führungskräfte aus österreichischen Unternehmen teilnahmen. Die Er­hebung zeigte u. a. auf, dass sich der Nachhaltigkeitsbegriff, der in Unternehmen und bei Konsumentinnen im Alltag zur Anwendung kommt, wesentlich vom akademischen, inte­grierten Nachhaltigkeitsbegriff unterscheidet. Er wird vorwiegend mit Umweltschutz in Verbindung gebracht wird, während soziale oder ökonomische Faktoren wenig Beach­tung finden.

Weitere gewonnene Daten und Erkenntnisse zeigen im Zusammenhang mit Nachhaltig­keit umfassenden Handlungsbedarf in Unternehmen, Interessensvertretungen und Politik auf und beschreiben die Anforderungen und Erwartungen von Führungskräften und Kon­sumentinnen an nachhaltig agierende Unternehmen und an deren Public Relations und CSR- bzw. Nachhaltigkeitskommunikation.

1. Einleitung und theoretischer Hintergrund

1.1 Problembeschreibung

Seit über drei Jahrzehnten sind der Begriff "Nachhaltigkeit” und das Prinzip der "nachhal­tigen Entwicklung” (’’Our Common Future”, UN, World Commission on Environment and Development-auch ’’Brundtland Report”, 1987) weltweit ein bestimmender Teil der wirt­schaftlichen, ökologischen, sozialen und politischen Zukunftsdiskussion.

Trotz dieser zumindest drei Jahrzehnte an umfassender wissenschaftlicher, politischer und medialer Diskussion wird "Nachhaltigkeit” als Terminus immer noch sehr unter­schiedlich definiert und in der öffentlichen Diskussion - im Vergleich zu wissenschaftli­chen Definitionen - oft falsch oder unvollständig verwendet.

Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde in seiner Bedeutung über die Jahrzehnte hinweg inhaltlich kontinuierlich ausgedehnt, da ökonomische, ökologische und soziale Aspekte miteinander verknüpft werden (vgl. Pufé, 2017: 37, 40ff). Problematisch ist dabei jedoch, dass im öffentlichen Diskurs überwiegend ökologische Nachhaltigkeitsthemen Beach­tung finden, während wirtschaftliche oder soziale Nachhaltigkeitsaspekte häufig in den Hintergrund rücken. Dies ist auch heute noch der Fall, obwohl die Bedeutung der wirt­schaftlichen und sozialen Aspekte und die eines gesamtheitlich anzuwendenden Nach­haltigkeitsbegriffes bereits im Jahre 1972, zum Beispiel im bekannten Bericht des ’’Club of Rome” (COR) als wesentlich bzw. gleichrangig beschrieben wurden (Meadows, 2000).

Im Rahmen dieser Masterarbeit wurde im Sommer 2016 eine groß angelegte Status-quo- Messung zu Image und Bedeutung von "Nachhaltigkeit” bei Konsumentinnen und Füh­rungskräften österreichischer Unternehmen durchgeführt. Das insgesamt aus 1.008 Teil­nehmerinnen und Teilnehmern bestehende Sample setzte sich aus österreichischen In­ternet-Nutzerinnen im Alter von 15 bis 65 Jahren zusammen. Darunterwaren 352 Füh­rungskräfte aus heimischen Unternehmen, deren Aussagen und Ergebnisse im Rahmen dieser Masterarbeit besondere Beachtung finden und als Vergleichsgruppe zu den Er­gebnissen der Konsumentinnen bzw. der Respondentlnnen ohne Führungsaufgaben in Unternehmen dienen.

Die Status-quo-Messung der Wahrnehmung und Relevanz von Nachhaltigkeit für die Be­völkerung und die Erhebung der eigentlichen inhaltlichen Definition des Nachhaltigkeits­begriffes in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen im Jahr 2016 war aus der Sicht des Verfassers der Masterarbeit speziell wissenschaftlich relevant, da sich ab Jänner 2017, durch das neue "Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz” (NaDiVeG), die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Berichtspflichten im Zusammenhang mit Nach­haltigkeitsaktivitäten für österreichische Großunternehmen umfassend verändert haben und dadurch wesentliche Veränderungen in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung unternehmerischer Nachhaltigkeitsaktivitäten erwartet werden konnten.

Rückblickend ist die im Jahr 2016 durchgeführte wissenschaftliche Erhebung mit ihren Umfrage-Ergebnissen auch deswegen wertvoll und als Vergleichsgrundlage interessant, da die Daten vor dem Beginn der internationalen "Fridays for Future”-Bewegung (FFF) rund um die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg im Jahr 2018 erhoben wurden.

Die mediale Berichterstattung sowie die öffentlich-politische Diskussion über Greta Thun­berg und die internationale „Fridays for Future“-Jugendbewegung (Fridays For Future Austria, 2020) haben wesentlich dazu beigetragen, dass die öffentliche Wahrnehmung und die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Medien, Wirtschaft und Politik - und damit auch in der Gesamtbevölkerung - maßgeblich gesteigert wurden.

Mit dem "Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz” (NaDiVeG, 2017) wurde die EU-Richtlinie 2014/95/EU (NFI-Richtlinie, 2014) in Österreich umgesetzt. Das Na­DiVeG (BGBl. I Nr. 20/2017 vom 17.1.2017) verpflichtet große Unternehmen (börsenno­tiert, öffentliches Interesse, mehr als 500 Mitarbeiterinnen), ab dem Berichtsjahr 2017 auch sogenannte nichtfinanzielle sowie die Nachhaltigkeit und Diversität betreffende Ge­schäftsinformationen der Öffentlichkeit in klar strukturierten Geschäfts- und Nachhaltig­keitsberichten einfach und strukturiert zugänglich zu machen. Mit den Ergebnissen der im Rahmen dieser Masterarbeit durchgeführten Datenerhebung und Analyse stehen für zukünftige Studien Vergleichsdaten und eine Bestandsaufnahme aus derzeit unmittelbar vor der rechtlichen Umsetzung des NaDiVeG zur Verfügung. Damit können in Zukunft allgemeine Veränderungen und die Wirksamkeit des neuen Nachhaltigkeits- und Diver­sitätsverbesserungsgesetzes auf die Wahrnehmung von Nachhaltigkeit bei Führungs­kräften von Unternehmen und in der Gesamtbevölkerung gemessen, verglichen und be­wertet werden. Großunternehmen müssen seit dem Berichtsjahr 2017 - also spätestens seit den im Jahr 2018 veröffentlichten Geschäftsberichten für das Jahr 2017 - die Aus­wirkungen ihrerwirtschaftlichen Tätigkeit auf - Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, -die Achtung der Menschenrechte und -die Bekämpfung von Korruption und Bestechung öffentlich darstellen und in eigenen Nachhaltigkeitsberichten oder in Nachhaltigkeitskapi­teln in ihren standardisierten Geschäftsberichten publizieren. Das Beratungsunterneh­men PwC und die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) stellen das in der gemeinsam erstell­ten Studie "Das erste Jahr NaDiVeg” (Catasta et al., 2017: 9) übersichtlich in derfolgen- den Abbildung dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Berichtspflichten laut NaDiVeG, aus "Das erste Jahr NaDiVeG”, (Catasta et al., 2017: 9)

Nachhaltigkeitsaspekte und die Prinzipien einer nachhaltigen Unternehmensführung - von der Beschaffung über die Produktion bis hin zum Vertrieb - sollen durch die ver­stärkte Transparenz bei der Berichtslegung, in der Wirtschaft, in den Medien und auch in der Wahrnehmung der Gesamtbevölkerung weiter an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewinnen. Die im NaDiVeG festgelegten Standards und Berichtsinhalte sind zum Zeit­punkt der Erstellung dieser Masterarbeit zwar nur für die erwähnten Großunternehmen gesetzlich verpflichtend, sie können jedoch auch von kleineren Unternehmen freiwillig übernommen werden.

Daran mitzuwirken, auch bei kleineren und mittelständischen Unternehmen, ohne gesetz­liche Verpflichtungen im Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz, nachhal­tiges Wirtschaften und ein transparentes Berichtswesen zu fördern, ist ein Ziel, das von vielen NGOs, Institutionen und einer großen Anzahl von Nachhaltigkeitsexpertinnen in Österreich verfolgt wird. Im Juli 2016 haben sich in diesem Zusammenhang zum Beispiel verschiedene österreichische Unternehmen, Institutionen, NGOs und Nachhaltigkeitsex­pertinnen in einem neuen Verein, dem "Österreichischen Zentrum für Nachhaltigkeit”, zusammengeschlossen. Ziel dieser Non-Profit-Organisation (NPO) ist es, die öffentliche Wahrnehmung bzw. das Image von "Nachhaltigkeit” zu verbessern und gemeinsam an einer möglichst flächendeckenden und erfolgreichen Umsetzung der NFI-Richtlinie, durch Beratung und Serviceleistungen für österreichische Unternehmen sowie für Institutionen und füröffentliche Einrichtungen, mitzuwirken (ZFN, APA OTS, 2016).

Der Autor dieser Masterarbeit war Mitbegründer und bis August 2019 Vorstandsmitglied des Österreichischen Zentrums für Nachhaltigkeit. Er stellt bzw. stellte die Ergebnisse dieser Arbeit dem Zentrum für Nachhaltigkeit (ZFN) und allen seinen Mitgliedern und Partnerinnen zur Veröffentlichung sowie für deren Aus- und Fortbildungsveranstaltungen entgeltfrei zurVerfügung.

1.2 Forschungsfragen

Folgende Haupt- und Sub-Forschungsfragen wurden im Rahmen dieser Masterarbeit entwickelt und behandelt:

- Forschungsfrage 1: Wie bedeutend ist "Nachhaltigkeit" für Führungskräfte in österreichischen Unternehmen und für Konsumentinnen in Österreich?

Ziel der Behandlung dieser Forschungsfrage ist die Messung der Relevanz von Nachhaltigkeit im Konsum- und Arbeitsalltag der Österreicherinnen und welche Rolle sie somit im persönlichen Lebens- und Konsum-Umfeld dieser Bevölke­rungsgruppen bzw. Respondentlnnen spielt.

- Forschungsfrage 2: Wie definieren Konsumentinnen und Führungskräfte aus österreichischen Unternehmen den Begriff "Nachhaltigkeit” in Unter­nehmen inhaltlich?

Ziel der Behandlung dieser Forschungsfrage ist die Erhebung und Festlegung in­haltlicher Definitionen zur Kategorisierung, Differenzierung und Auswertung der Ergebnisse der verschiedenen Respondentlnnen-Gruppen, die unteranderem zur Beantwortung und Analyse derfolgenden Forschungsfragen benötigt werden.

- Subfrage 1: Gibt es aus den Forschungsfragen 1 und 2 ableitbare, sig­nifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen der beiden Befra­gungsgruppen "Konsumentinnen” und "Führungskräfte”?

Ziel der Behandlung dieser Subfrage ist die Feststellung, ob es Unter­schiede bei den verschiedenen Befragungsgruppen gibt und, wenn ja, in welchen Bereichen diese signifikant und eventuell relevant für Unterneh­mensaktivitäten im Bereich Public Relations und Nachhaltigkeitskommuni­kation (intern / extern) sind.

- Subfrage 2: Wie wird das Nachhaltigkeitsengagement in Unternehmen vom befragten Sample der österreichischen Bevölkerung beurteilt und von welchen Branchen und Unternehmen wird es besonders po­sitiv oder negativ wahrgenommen?

Ziel der Behandlung dieser Subfrage ist die Feststellung, in welcher Form das bisherige Nachhaltigkeitsengagement von österreichischen Unterneh­men von der Bevölkerung bzw. den Respondentlnnen der Erhebung im Rahmen dieser Masterarbeit wahrgenommen wurde.

- Subfrage 3: Wie beurteilen Führungskräfte die wirtschaftliche Bedeu­tung von Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen?

Ziel dieser Subfrage ist die Erhebung der persönlichen Einschätzung von Führungskräften zur wirtschaftlichen Bedeutung von Nachhaltigkeitsaktivi­täten in ihrem Unternehmen im Jahr 2016, maßgeblich, um Basis-Daten­material für zukünftige vergleichende wissenschaftliche Arbeiten zu erhe­ben.

- Subfrage 4: Beeinflussen Nachhaltigkeitskommunikation und Corpo­rate Social Responsibility-Aktivitäten (CSR) das Image von Unterneh­men und subjektiv die Kaufentscheidungen von Konsumentinnen in Österreich?

Im Rahmen der Behandlung dieser Subfrage wird versucht, zu erheben, ob und wie Konsumentinnen in Österreich von sich selbst angeben, das Nach­haltigkeitsimage von Unternehmen beziehungsweise Nachhaltigkeit bei der Herstellung von Produkten in ihre Kaufentscheidung und Sympathien für Unternehmen miteinzubeziehen. Die Ergebnisse der Behandlung dieser Forschungsfrage sollen einen Indikator der Bedeutung von Nachhaltigkeits­strategien, Nachhaltigkeits- und CSR-Engagement sowie Aussagen zu be­gleitenden Public Relations- und Kommunikationsaktivitäten österreichi­scher Unternehmen liefern.

- Subfrage 5: Welche nationalen und internationalen Standards, Richt­linien und Gesetze zum Themenkomplex Nachhaltigkeit sind Füh­rungskräften in österreichischen Unternehmen vor Einführung des NaDiVeG im Jahr2017 zumindestdem Namen nach bekannt?

Mit der Beantwortung dieser Subfrage soll erhoben werden, welche der na­tionalen und internationalen Standards, Richtlinien und Gesetze zum Thema Nachhaltigkeit Führungskräften in Österreich bekannt sind, mit dem Ziel, daraus den Bedarf und die Effizienz von Informationskampagnen, Aus- und Fortbildungsaktivitäten für öffentliche Einrichtungen, Bildungsinstitutio­nen, Interessensvertretungen, NGOs und Beratungsunternehmen ableiten zu können und Basis-Vergleichsdaten für zukünftige, vergleichende wissen­schaftliche Arbeiten zu erheben.

1.3 Ausgangsbasis

Zum Thema Nachhaltigkeit ist national und international umfangreiche wissenschaftliche Literatur verfügbar, auf die im Rahmen der Recherchen für die Masterarbeit zurückge­griffen werden konnte. Vor allem im Bereich der Politik-, Wirtschafts- und Kommunikati­onswissenschaften sowie der Ökologie gibt es eine große Anzahl von Publikationen und wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Definition, Bedeutung, Zielen von Nachhaltig­keitsstrategien und derAuswertung von Nachhaltigkeitsprojekten befassen.

Wissenschaftliche Publikationen und andere Veröffentlichungen zu Nachhaltigkeitsthe­men, Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltigkeitskommunikation im All­gemeinen fokussieren häufig auf einzelne Branchen der Wirtschaft bzw. analysieren und vergleichen die Aktivitäten und Strategien von einigen Unternehmen innerhalb einer Branche. Nur vergleichsweise wenige Publikationen behandeln die Wahrnehmung und Bedeutung von Nachhaltigkeit für größere Bevölkerungsgruppen bzw. in der Gesamtbe­völkerung, einer Region oder eines Staates.

Publikationen, die sich wie diese Masterarbeit vergleichend mit (potenziellen) Unterschie­den in der Wahrnehmung und Bedeutung von Nachhaltigkeit zwischen Führungskräften in Unternehmen und Konsumentinnen in Österreich befassen, sind dem Verfasser, auch unter Einbeziehung der Literatur-Recherchen, in dieser Form nicht bekannt. Wissen­schaftliche Arbeiten, die den in dieser Masterarbeit beschriebenen Forschungsfragen all­gemein und im speziellen im Zeitraum 2016-2017 in Österreich nachgehen, ebenfalls nicht.

1.4 Wissenschaftliche Relevanz

Die Planungen und ersten Erhebungen für diese Masterarbeit begannen im ersten Halb­jahr 2016. Die Ergebnisse der quantitativen Befragung sind damit eine zeitliche und in­haltliche Bestandsaufnahme des Images und der allgemeinen Definition bzw. Bedeutung von Nachhaltigkeit bei Führungskräften österreichischer Unternehmen und Konsumen­tinnen unmittelbarvorder Einführung bzw. praktischen Anwendung des neuen Nachhal­tigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetzes (NaDiVeG, BGBl. Nr. 20/2017 vom 17.1.2017) in Österreich.

Wie in der Einleitung und im Kapitel Problembeschreibung im Detail beschrieben, ist die Erhebung gerade zu diesem Zeitpunkt aus Sicht des Verfassers wissenschaftlich rele­vant, da dadurch in Zukunft auf Vergleichsdaten aus einem Erhebungszeitraum vor Ein­führung des NaDiVeG - und mittlerweile auch zusätzlich vor Beginn derweltweiten Akti­vitäten der von Greta Thunberg initiierten "Fridays for Future”-Jugendbewegung - zu­rückgegriffen werden kann.

Die Veränderungen der öffentlichen Wahrnehmung des Nachhaltigkeitsbegriffes seit der Inkraftsetzung der neuen Berichtspflichten und Transparenz-Bestimmungen durch das NaDiVeG können in Zukunft mit Erhebungen, Daten und Erkenntnissen dieser Masterar­beit verglichen, wissenschaftlich aufgearbeitet und dokumentiert werden. Dies könnte auch für Investitionen, Planung, Durchführung und die Evaluierung von Nachhaltigkeits­aktivitäten in Großunternehmen, Institutionen und öffentlichen Einrichtungen sowie den damit einhergehenden Public Relations-, Informations-und Kommunikationsmaßnahmen relevant sein.

1.5 Problemstellung

Der Begriff "Nachhaltigkeit” wird in den Medien sowie in der öffentlichen bzw. politischen Diskussion häufig eindimensional - nur in ökologischen Zusammenhängen - und damit inhaltlich anders bzw. eingeschränkter als im wissenschaftlichen Diskurs von Nachhaltig­keitsexpertinnen verwendet. Während ökologische Nachhaltigkeitsthemen in Medien, Politik, bei NGOs und damit auch in der Gesamtbevölkerung immer größere Beachtung finden, kann konstatiert werden, dass wirtschaftliche oder soziale Aspekte in der Entwick­lung von Nachhaltigkeitsstrategien häufig im Hintergrund stehen.

Diese, auch von Iris Pufé im Standardwerk "Nachhaltigkeit” (2017) beschriebene Prob­lemstellung der Grunddefinition von Nachhaltigkeit und der tatsächlichen Umsetzung in der Praxis, kann in Unternehmen, die "nachhaltig” agieren wollen, zu strategischen Fehl­entscheidungen und damit einhergehend zu Kommunikations- und Reputationsproble­men und auch zu Vorwürfen von sogenanntem "Greenwashing” führen (Details siehe Ka­pitel Greenwashing).

Bei Konsumentinnen wiederum können die allgemein verbreiteten Anwendungs- und De­finitionsunterschiede und inhaltliche Schwächen in der medialen und politischen Nach­haltigkeitsdiskussion zu falschen bzw. eindimensionalen Erwartungen und Enttäuschun­gen über vermeintliche Täuschungen und Falschinformationen durch Unternehmen füh­ren. Diese Konsumentinnenwahrnehmungen können sich zum Beispiel durch negative Mundpropaganda, schlechte Bewertungen in Online-Foren oder durch negative Postings und Kommentare in sozialen Medien langfristig negativ auf die Reputation und Wahrneh­mung von Unternehmen, Marken und auch nachteilig auf die Erwartungen an die Be­schaffenheit von Produkten und Serviceleistungen auswirken.

Im Zuge der Erstellung dieser Masterarbeit wurde daher erhoben, ob und welche Unter­schiede es in der Wahrnehmung und Definition von "Nachhaltigkeit” zwischen einem Sample von Führungskräften aus österreichischen Unternehmen und einer Stichprobe von österreichischen Konsumentinnen - ergo ohne Führungsverantwortung in Unterneh­men - gibt.

Eine weitere Problemstellung war, im Rahmen der technischen und finanziellen Möglich­keiten, die dem Autor dieser Masterarbeit zur Verfügung standen, eine möglichst große Aussagekraft und Repräsentativität bei den erhobenen Daten zu erreichen. Dazu wurde ein für die österreichische Gesamtbevölkerung (18 bis 65 Jahre), sowie ein für die Ziel­gruppe der Führungskräfte in Unternehmen aussagekräftiges Teilnehmerlnnen-Sample von insgesamt über 1.000 Teilnehmerinnen für die Status-quo-Erhebung angestrebt. Dies konnte schlussendlich auch erreicht werden und war sowohl für die wissenschaftli­che Aussagekraft als auch für die erfolgreiche mediale Verwertung der Umfrageergeb­nisse relevant und ermöglicht so auch eine fachliche Diskussion in österreichischen Nachhaltigkeitsorganisationen.

Der Fragebogen wurde vom Autor dieser Masterarbeit, nach Konsultation verschiedener österreichischer Nachhaltigkeitsexpertinnen (Vorstandsmitglieder und Expertinnen des Zentrums für Nachhaltigkeit, selbstständige Nachhaltigkeitsberaterinnen) eigenständig konzipiert und erstellt.

Die technische und datenschutzkonforme Programmierung und Umsetzung der öster­reichweiten Online-Umfrage erfolgte mit der Software-Plattform "opinionsonline” des Wie­ner Markt- und Meinungsforschungsinstitut "meinungsraum.at Online-Marktforschungs­gesellschaft m.b.H.”.

Um die Problemstellung und das Spannungsfeld zwischen nachhaltigem Wirtschaften und image- und verkaufsorientierter Nachhaltigkeitskommunikation im Zuge dieser Mas­terarbeit besonders zu beleuchten, wurde - vor allem im Hinblick auf Maßnahmen in Wer­bung, Marketing und der internen und externen PR-Arbeit von Unternehmen - systema­tisch erhoben, ob es ein unterschiedliches Verständnis bzw. eine unterschiedliche Rele­vanz von Nachhaltigkeit bei Führungskräften von Unternehmen und bei Konsumentinnen gibt und wie diese inhaltlich, technisch und wirtschaftlich ausgeprägt sind.

1.6 Nutzen

Der wissenschaftliche Nutzen der Ergebnisse dieser Masterarbeit kann, neben den di­rekten Ergebnissen der durchgeführten Erhebung, vor allem darin liegen, dass erhoben und festgehalten wurde, wie der Begriff und das Prinzip "Nachhaltigkeit” im Jahr 2016 - und damit vor Einführung des NaDiVeG und vor der neuen, internationalen Klimaschutz­bewegung "Fridays for Future” - von der österreichischen Bevölkerung und speziell von Führungskräften heimischer Unternehmen wahrgenommen und inhaltlich definiert wur­den und welche Wahrnehmungs-, Schwerpunkt- und Auffassungsunterschiede es dabei gab.

Das Wissen über Erwartungen, Schwerpunkte und Wahrnehmungen sowie über die in­haltlichen Unterschiede im Bewusstsein der Materie in verschiedenen Bevölkerungsgrup­pen kann eine inhaltliche Grundlage für die Entwicklung zukünftiger Kommunikations­und Ausbildungsmaßnahmen in Unternehmen, aber auch in Bildungseinrichtungen bie­ten. Das erhobene Datenmaterial kann daher sowohl für die Wissensvermittlung als auch fürdas Management und Kommunikationsabteilungen von Unternehmen relevant sein.

Durch die Erhebung von Basisdaten kann sich ein langfristiger Nutzen für die Wissen­schaft und auch für den Gesetzgeber ergeben, da mit den Erhebungen im Rahmen dieser Masterarbeit nunmehr historische Vergleichsdaten zur Verfügung stehen, die aufgrund der inzwischen, seit Jänner 2017, veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen für ak­tuelle Erhebungen und Gegenüberstellungen als Referenzdaten interessant sind. Im De­tail werden folgende Ableitungen und Erkenntnisse aus den Daten und Analysen der Masterarbeit gewonnen:

- Inhaltliche Schwerpunkte für die Entwicklung, Umsetzung und Kommunikation von Nachhaltigkeitskonzepten in Unternehmen
- Erkenntnisse bzw. Daten für Management, Marketing-, Nachhaltigkeits- und Kommunikationsexpertinnen in österreichischen Unternehmen und Institutionen
- Hinweise zur Fehlervermeidung in der internen und externen Kommunikation von Nachhaltigkeitsprojekten und -zielen in Unternehmen und Institutionen
- Erkenntnisse bzw. Empfehlungen für Wirtschaft und Politik bezüglich Erwartungen und Forderungen der Bevölkerung im Zusammenhang mit Nachhaltigkeits­förderung in Österreich
- Datenmaterial für NGOs und Beraterinnen, die im Bereich Nachhaltigkeit und Public Relations tätig sind
- Daten und Informationen zu unternehmerischer Nachhaltigkeit für Medien und den Bildungsbereich.

1.7 Zielgruppen

Die Inhalte und Ergebnisse dieser Masterarbeit wenden sich in ihrer Aufbereitung vor allem an folgende Zielgruppen:

- Führungskräfte heimischer Unternehmen (Management, Marketing, Public Relati­ons, CSR, Produktentwicklung, Beschaffung, Personalmanagement)
- Nachhaltigkeitsbeauftragte in Unternehmen und Institutionen
- Politische Entscheidungsträgerinnen und Interessensvertretungen
- NGOs (Nachhaltigkeitsorganisationen, Umweltorganisationen, Human Re­sources- (HR), Corporate Social Responsibility- (CSR), Public Relations- (PR) und Lobbying-Branchenverbände)
- Medien, vor allem an die Ressorts Wirtschaft, Politik, Umwelt, Soziales
- Nachhaltigkeitsexpertinnen, Wissenschaftlerinnen, Beraterinnen, Publizistinnen
- Universitäten und andere Bildungseinrichtungen.

1.8 Methoden

Im Rahmen der Masterarbeit wurde vom Autor auf Basis der Ergebnisse von Expertin­nengesprächen (u. a. bei österreichischen Nachhaltigkeits-Fachveranstaltungen und in den Gremien des Österreichischen Zentrums für Nachhaltigkeit - ZFN) und unter Einbin­dung von Literaturrecherchen (Atteslander et al., 2010), (Karmasin/Ribing, 2014) und (Bogner, 2005) ein standardisierter Fragebogen speziell für den Einsatz als Online-Um­frage entwickelt.

Eine österreichweit beworbene Online-Umfrage wurde unter Nutzung der Online-Platt­form des Wiener Markt- und Meinungsforschungsinstitutes ’’meinungsraum.at” im Rah­men einer Forschungskooperation mit dem Unternehmen durchgeführt. Als Befragungs­methode wurde eine quantitative Erhebung in Form von Online-Interviews gewählt (Com­puter Assisted Web Interviewing - CAWI).

Die Einladung zur Umfrageteilnahme bzw. die Vorab-Ansprache der Respondentlnnen erfolgte in einem ersten Schritt via E-Mail unter Verwendung von Adress-Material, das aus dem umfassenden Daten- und Kontaktpool der Partner und Mitglieder des Österrei­chischen Zentrums für Nachhaltigkeit (ZFN) sowie mittels eines gewichteten Gesamtbe­völkerungs-Samples (Konsumentinnen, 15 bis 65 Jahre, und Führungskräfte) zusam­mengestellt wurde. Die Nutzung des großen Sample-Adressmaterials und Respondent- Innen-Pools wurde dem Verfasser vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut "mei­nungsraum.at” im Rahmen einer Forschungskooperation, die auch in der Medienarbeit des Zentrums für Nachhaltigkeit verwertet wurde, unentgeltlich ermöglicht.

Um eine möglichst große Aussagekraft bei den Umfrageergebnissen zu erreichen und diese auch für Medien und Politik zielgruppengerecht aufbereiten zu können, wurde von Beginn an ein großes Gesamtsample (N > 1.000) angestrebt. Da dies gelungen ist, kann den erhobenen Umfrageergebnissen sowohl für die österreichische Gesamtbevölkerung (Österreicherinnen, 15 bis 65 Jahre, Internet-Nutzerinnen) als auch für die Teilgruppe der "Führungskräfte in heimischen Unternehmen” (Selbstständige, Geschäftsführung, Inha­berinnen, 1. und 2. Managementebene von österreichischen Unternehmen, N = 352) hohe Aussagekraft beigemessen werden.

Der Fragebogen selbst wurde den Umfrage-Teilnehmerinnen online in einem seit meh­reren Jahren bei Meinungsumfragen erprobten Web-Interface aufbereitet und zur Verfü­gung gestellt. Die Backend-Software des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes er­möglichte die Abbildung und wissenschaftliche Auswertung von komplexen offenen und auch von geschlossenen Fragestellungen (Original-Fragestellungen, siehe Kapitel 4). Durchgeführte Vorarbeiten, angewandte Methoden und Schritte zur Umsetzung der Er­hebung waren in chronologischer Reihenfolge folgende:

- Inhaltliche Vorbereitungen und Literaturrecherche

- Vorgespräche mit Nachhaltigkeitsexpertinnen (Österreichisches Zentrum für Nachhaltigkeit-ZFN, Beratungsunternehmen, NGOs, Industriellenvereinigung)
- Verhandlung und Vereinbarung einer Kooperation mit dem Meinungsforschungs­institut bezüglich Technik und Zugang zu Kontaktdaten/repräsentativen Samples für die Befragung
- Entwicklung des Fragebogens für die quantitative Umfrage unter Einbindung und Beschreibung sozialwissenschaftlicher Methoden (vgl. Atteslander et al., 2010), aktueller Probleme und Fragestellungen aus der Praxis
- Weiterführende Literaturrecherche und Analyse
- Durchführung der Online-Umfrage über die Online-Umfrage-Plattform des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes meinungsraum.at
- Daten-Auswertungen, Analyse und Aufbereitung der Umfrage-Ergebnisse (Inhalt, Text, Grafik) für diese Masterarbeit und für die Medienarbeit des ZFN
- Vergleich der Umfrageergebnisse mit Erkenntnissen aus bestehender Literatur
- Erarbeitung von aus den Umfrageergebnissen abzuleitenden Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen
- Abklärung und Diskussion mit österreichischen Nachhaltigkeits- und Kommunika­tionsexpertinnen (Vorstandsmitglieder und Mitgliedsunternehmen des Österreichi­schen Zentrums für Nachhaltigkeit - ZFN, Vorstandsmitglieder des Public Relati­ons Verbandes Austria - PRVA, Expertinnen des Beratungsunternehmens Weit­sicht - Büro für zukunftsfähige Wirtschaft, Partner und Beraterinnen der Wiener Kommunikationsagentur The Skills Group).

2. Begriffsdefinitionen und Umfeldbeschreibung

In diesem Kapitel werden die Begriffe "Nachhaltigkeit”, "Corporate Social Responsibility”, "Greenwashing, "nachhaltiges Wirtschaften”, "wirtschaftliche Nachhaltigkeit” sowie "Nachhaltigkeitskommunikation” und "nachhaltige Kommunikation” erläutert und für de­ren Verwendungen innerhalb dieser Masterarbeit definiert und eingegrenzt. Dies ist inso­fern relevant, da es für die oben genannten Begrifflichkeiten unterschiedlichste Anwen­dungsfelder und Definitionen gibt und ein allgemein anerkannter, präziser Nachhaltig­keitsbegriff bis heute nicht vorhanden ist (vgl. Zuberbühler / Weiss, 2017).

Darüber hinaus wird in dieser Masterarbeit beispielhaft aufgezeigt, wie maßgeblich sich die Nachhaltigkeitsdiskussion in Wirtschaft, Politik und Medien in den letzten Jahren ver­ändert hat und welche Themenbereiche den öffentlichen Diskurs und damit die Wahrneh­mung der Gesamtbevölkerung abseits von Wissenschaft und Expertlnnen-Gruppen be­sonders prägten. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass im mehrjährigen Zeitraum der Erstellung dieser Masterarbeit (von 2016 bis 2020) der Klimaschutz inter­national und auch in Österreich verstärkt in den Fokus der politischen und medialen Dis­kussion gerückt ist.

Umweltschutzorganisationen und Jugendbewegungen wie "Fridays for Future” haben - parallel zu veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen - wesentlich dazu beigetra­gen, dass vor allem ein umweit- und klimaschutzfokussierter Nachhaltigkeitsbegriffheute fest im politischen und öffentlichen Diskurs verankert ist.

2.1.1 Nachhaltigkeit

Historisch ist der Begriff "Nachhaltigkeit” auf Regelungen aus der frühgeschichtlichen Jagd beziehungsweise auf Bestimmungen der mittelalterlichen Forstwirtschaft zurückzu­führen. Mit diesen Regelungen wurde festgelegt, dass aus einem natürlichen Kreislauf von nachwachsenden Gütern in einem bestimmten Zeitraum nur so viel durch wirtschaft­liche Nutzung, wie zum Beispiel Bejagung oder Schlägerungen, entnommen werden darf, dass trotz dieser Bewirtschaftung bzw. trotz dieser Entnahmen stets sichergestellt ist, dass der Wald bzw. die Population an Tieren ausreichend nachwachsen kann. Damit soll die wirtschaftliche Nutzung - Nahrungs- und Einkommensquellen - über Generationen langfristig sichergestellt werden. Obwohl sich bereits im frühen europäischen Jagdwesen Nachhaltigkeitsprinzipien erkennen lassen, wird die erste wissenschaftliche Nachhaltig­keitsbeschreibung im deutschsprachigen Raum zumeist Hannß Carl von Carlowitz (oder in der Literatur auch als "Hans” zitiert), einem aus Sachsen stammenden Berghauptmann und Forstwissenschaftler, zugeschrieben (vgl. Birnbacher/Schicha, 1996: 149).

"’Sustainable development’ - das weltweit diskutierte Umweltkon­zept hat eine überraschende Geschichte. Sie führt zurück ins baro­cke Sachsen: zu Hans Carl von Carlowitz in der Silberstadt Frei­berg.’’ (Grober, 2010)

Hannß Carl von Carlowitz verwendete laut Albert Traxler (2016), Rolf Hennig (2002) und anderen Fachautoren den Begriff der Nachhaltigkeit bereits 1713 in seinem Werk ’’Sylvicvltvra oeconomica, oder Haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht”. Im Zuge der Einführung dieses Begriffs unternahm von Carlo- witz zugleich eine umfassende Erörterung dieses Terminus“, die auch heute noch vieler­orts als Grundlage für Nachhaltigkeitsdefinitionen bzw. -diskussionen verwendet wird (Traxler, 2016). Ab 1812 wurde der forstwirtschaftliche Nachhaltigkeitsbegriff dann stän­dig auch in Regulative des Jagdwesens übernommen (vgl. Hennig, 2002).

Die Beschreibungen von Carlowitz“ sind laut Traxler (2016) jedoch aufgrund ihrer ur­sprünglichen Zielsetzung im Wesentlichen klar auf einen forstwirtschaftlichen Kontext be­zogen und decken somit klarerweise nur einen Teil des heute neusprachlich verwende­ten, modernen Nachhaltigkeitsbegriffes in Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Politik und Medien ab.

Der moderne Nachhaltigkeitsbegriff entwickelt sich jedoch immer noch kontinuierlich und dynamisch weiter. So wird Nachhaltigkeit in Forschung und Managementlehre inzwi­schen als ganzheitlicher Unternehmens- und Managementansatz verstanden, der nicht nur ökonomische Gesichtspunkte und Begründungen berücksichtigt, sondern gleichbe­rechtigt auch soziale und ökologische Belange in nachhaltige Entscheidungsgrundlagen miteinbezieht. Dieses Dreieck der Nachhaltigkeit, bestehend aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem, ist eine Beschreibung von Nachhaltigkeit, die im öffentlichen Diskurs spä­testens mit dem UN-Gipfel von Rio de Janeiro 1992 gebräuchlich wurde (vgl. Grober, 2010: 21).

Laut Ulrich Grober in seinem Buch "Die Entdeckung der Nachhaltigkeit - Kulturge­schichte eines Begriffes” (2010: 20) gibt es allerdings keine verbindliche und alle Anwen­dungsbereiche umfassende Definition von Nachhaltigkeit, dies vor allem, da die Anwen­dungsgebiete des Begriffes Nachhaltigkeit inzwischen zu vielfältig sind. Er hebt daher vier sogenannte Formeln hervor, die in den letzten Jahren breit in Umlauf gekommen sind und, je nach Anwendungsgebiet, näherungsweise Bestimmungen und aussagekräftige Nachhaltigkeits-Definitionen zulassen, die in ihrer Gesamtheit auch die für diese Master­arbeit zurAnwendung kommenden Definitionen bilden.

Die erste Formel ist laut Grober (2010: 20) und anderen (vgl. Pufé, 2017:42-43) die heute am häufigsten zitierte Formulierung der Grundidee von Nachhaltigkeit. Sie zitiert wörtlich den sogenannten Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen von 1987, der Nachhaltig­keit und nachhaltige Entwicklung wie folgt beschreibt:

"Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, welche die Bedürf­nisse der gegenwärtigen Generationen befriedigt, ohne die Fähig­keit zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürf­nisse zu befriedigen." (World Commission on Environment and Development, 1987)-auch (’’Brundtland Report”, 1987).

Das erwähnte Dreieck der Nachhaltigkeit, das Ökologie, Ökonomie und Soziales gleich­ermaßen in der Nachhaltigkeitsdiskussion berücksichtigt, bezeichnet Grober (2010) als zweite wesentliche Formel zur Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes. Als dritte Formel beschreibt er - auf von Carlowitz (1713) zurückgreifend - den bewusst schlicht und ein­fach gehaltenen Satz "Nicht mehr Holz fällen als nachwächst.” und weist darauf hin, dass damit auch heute noch das inzwischen erweiterte und erneu­erte Nachhaltigkeitskonzept allgemein anschaulich und einfach verständlich zu machen ist. In der vierten und abschließenden Teilformel zur Definition von Nachhaltigkeit, greift Grober auf die biblische Schöpfungsgeschichte zurück, in der er "Die Schöpfung bewahren.” als weiteren Leitsatz zur Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes bezeichnet. Grober be­tont hierbei ausdrücklich, wohl aus Gründen einer angestrebten religiösen Äquidistanz, dass sich das Prinzip der Schöpfungsbewahrung nicht nur in biblischen Texten wieder- findet, sondern auch Teil der Schöpfungsmythen zahlreicher anderer Kulturen ist. Unter der Prämisse einer grundsätzlich religiös neutralen Sichtweise stimmt auch der Verfasser dieser Arbeit der Einbeziehung des vorwiegend religiös konnotierten Begriffes "Schöp­fung” in einer wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdefinition zu.

In ihrem Buch "Nachhaltigkeit # Gerechtigkeit - Plädoyer für einen präzisen Nachhaltig­keitsbegriff” beschreiben Christa Zuberbühler und Christine Weiß (2017: 110) die Ent­wicklung des heutigen "Leitbegriffes Nachhaltigkeit” hin zum "Lieblingswort von Politikern und Managern” und weisen dabei darauf hin, dass der Begriff deshalb in seiner aktuellen Verwendung so unscharf und vielfältig definiert ist, weil er überhaupt erst in den 1970er- Jahren in den deutschen Sprachgebrauch eingeführt wurde.

Als Beleg dafür wird angeführt, dass selbst in der ersten deutschsprachigen Übersetzung des erwähnten Standardwerkes ’’The Limits of Growth” aus dem Jahre 1972 (Meadows, 1972, 2000), das englische Wort "sustainable” vom Übersetzer Hans-Dieter Heck noch mit "aufrechterhaltbar” und nicht mit dem Wort "nachhaltig” übersetzt wurde (vgl. Zuber- bühler/Weiss, 2017: 110).

Ziel der im Zuge dieser Masterarbeit bei unterschiedlichen Alters-, Berufs- und Bevölke­rungsgruppen durchgeführten Erhebung zum Thema und Begriff "Nachhaltigkeit” ist es daher auch, aktuelle Erkenntnisse zur inhaltlichen Verwendung des Nachhaltigkeitsbe­griffes - in der Praxis von Führungskräften und im Alltag von Konsumentinnen - zu er­heben und zu vergleichen.

"Integration” als vierte Säule der Nachhaltigkeit? Das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) publizierte im Jahr 2007 unter der Lei­tung von Prof. Dr. Stefan Schaltegger einen umfassenden Studien-Band zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen (vgl. Schaltegger et al., 2007).

In diesem werden die erwähnten drei Säulen bzw. das beschriebene Dreieck der Nach­haltigkeit - Ökologie, Ökonomie und Soziales - bei der Beschreibung von unternehmeri­schen Nachhaltigkeitsanforderungen um den vierten Bereich "Integration” erweitert. Es geht in diesem um die mit der organisatorischen Zusammenführung der drei erstgenann­ten Bereiche in einem Unternehmen verbundenen Herausforderungen, die ganz beson­derer Aufmerksamkeit bedürfen und daher als eigenständige, vierte Nachhaltigkeitssäule dargestellt werden.

"Den drei vorher diskutierten Herausforderungen des nachhaltigen Wirtschaftens kann mit konsequentem Streben nach öko- und so­zio-effektivem sowie öko- und sozio-effizientem Handeln begegnet werden. Die größte Herausforderung des unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements ist aberdie Integrationsherausforde­rung. Sie leitet sich aus zwei Ansprüchen ab:

1. Inhaltliche Integrationsherausforderung: die Zusammenfassung und gleichzeitige Erfüllung derdrei zuvor dargelegten Ansprüche.

Weiters beschreiben Schalteggger et. al. (2007: 18-20) zahlreiche Systeme, Konzepte und praxisnahe Managementansätze, die den Nachhaltigkeitsbegriff und die damit ver­bundenen Arbeitsbereiche für und in Unternehmen leichter definierbar und allgemein fassbar machen. Diese werden in der folgenden Tabelle aufgelistet und den vier genann­ten "Nachhaltigkeitsherausforderungen” übersichtlich zugewiesen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Systeme, Konzepte und Instrumente zur Begegnung der Mer bachhaltigkettshcrausfordcningen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Systeme, Konzepte und Instrumente zur Begegnung dervier Nachhaltigkeitsherausforderungen (Schaltegger et al., 2007: 19)

2.1.2 CorporateSocial Responsibility

Der Terminus "Corporate Social Responsibility” (CSR) wird meist als "gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen” übersetzt und beschreibt Grundlagen, Prozesse und Maßnahmen, wie Unternehmen mit gesellschaftlicher Verantwortung im wirtschaftlichen Alltag und in der Unternehmenskommunikation umgehen (vgl. Köppl/Engert, 2013: 7).

Ähnlich wie beim Begriff "Nachhaltigkeit” stellen allerdings zahlreiche Autoren aus Wis­senschaft und Praxis auch bei der Verwendung des CSR-Begriffes heute Abweichungen in der Definition und Abgrenzungsunschärfen in der Praxis fest (vgl. Schneider, 2015).

Eine heute in Europa weit verbreitete und anerkannte CSR-Definition ist jene der Euro­päischen Kommission aus dem Jahr 2011 (Köppl/Engert, 2013: 7). Diese kommt auch in der vorliegenden Masterarbeit als maßgebliche Begriffsdefinition zur Anwendung. Die Europäische Kommission definiert Corporate Social Responsibility (CSR) in ihrer Richtli­nie ”A renewed EU strategy 2011-14 for Corporate Social Responsibility" als Integration von gesellschaftlichen, ökologischen und ethischen Themen, sowie Fragen der Men­schenrechte in die Strategie und in die gesamte Geschäftstätigkeit von Unternehmen (vgl. European Commission, 2011).

In Zusammenhang mit CSR ist darauf hinzuweisen, dass in den vergangenen Jahren in Europa und auch in Österreich immer öfter die sogenannte Gemeinwohl-Ökonomie als übergeordnet anzustrebende Wirtschaftsstruktur diskutiert wird. Hierzulande wird auch eine stetig steigende Zahl sogenannter Gemeinwohl-Unternehmen gegründet, die in Ex­pertinnenkreisen als Prototypfürtatsächlich vom Beginn an in allen Geschäftsbereichen nachhaltig agierende Unternehmen angesehen werden. Im April 2020 fanden sich in der Online-Datenbank des österreichischen Vereins zur Förderung der Gemeinwohl-Ökono­mie (GWÖ) bereits 458 österreichische Unternehmen, die eine sogenannte Gemeinwohl­Bilanz erstellen und 27, die ihre Gemeinwohlaktivitäten auch von einem externen Audit überprüfen lassen. Diese werden vom GWÖ als Pionier-Unternehmen bezeichnet (vgl. Verein zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie, 2020).

Aufgabe, Geschäftszweck und Mission dieser Gemeinwohl-Unternehmen ist es laut der in Deutschland ansässigen Dachorganisation International Federation for the Economy of the Common Good e. V. (2020), den gesamten Geschäftsablauf entweder von der Unternehmensgründung an - oder bei etablierten Unternehmen im Rahmen eines um­fassenden wirtschaftlichen und organisatorischen Transformationsprozesses in Richtung hundertprozentiger Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit - auf die Bedürf­nisse der Allgemeinheit, der Mitarbeiterinnen, aller Stakeholder und selbstverständlich auch aufjene der Umwelt auszurichten (vgl. Knapper et al., 2018).

Corporate Social Responsibility, die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, geht auch laut der heute gültigen Definition der EU-Kommission deutlich über die Einhal­tung von Gesetzen oder kollektivvertraglichen Mindeststandards hinaus. Sie kann laut EU-Kommission aus diesem Grund in ihrer Gesamtheit nicht mit Gesetzen verordnet wer­den, sondern sollte von verantwortungsvollen Unternehmen eigenständig - und wohl auch im eigenen langfristigen Interesse - als Gesamtstrategie entwickelt und umgesetzt werden.

Wesentlich in der aktuellen CSR-Definition und dem damit verbundenen öffentlichen Dis­kurs ist, dass das in der Vergangenheit - zum Beispiel in der inzwischen ersetzten EU- Definition aus den Jahren 2001/2002 - besonders stark betonte Prinzip der ’’Freiwilligkeit” bei der Einbindung von gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der Unternehmenstätig­keit in Managemententscheidungen, in aktuellen Publikationen und auch in der Definition der EU-Kommission von 2011 reduziert und relativiert wurde (vgl. Schneider / Schmidpeter, 2015: 30).

’’To fully meet their corporate social responsibility, enterprises should have in place a process to integrate social, environmental, ethical, human rights and consumer concerns into their business operations and core strategy in close collaboration with their stake­holders, with the aim of:

- maximising the creation of shared value for their owners/share- holders and for their other stakeholders and society at large;
- identifying, preventing and mitigating their possible adverse im­pacts.” (”A renewed EU strategy 2011-14 for Corporate Social Re­sponsibility,” European Commission, 2011)

Die Einbindung der Interessen von Konsumentinnen, eine Mitverantwortung für die ge­samte Lieferkette und die Veröffentlichung von sogenannten nicht-finanziellen Unterneh­mensinformationen werden von der EU-Kommission ebenso als unternehmerische Ver­antwortung gesehen, wie die Bekämpfung von Korruption, die Integration von Behinder­ten sowie das Schaffen von gesellschaftlichem Mehrwert unter Einbindung von Betroffe­nen und Organisationen derZivilgesellschaft:

”A strategic approach to CSR is increasingly important to the com­petitiveness of enterprises. It can bring benefits in terms of risk man­agement, cost savings, access to capital, customer Because CSR requires engagement with internal and external stakeholders, it en­ables enterprises to better anticipate and take advantage of fast changing societal expectations and operating conditions. It can therefore drive the development of new markets and create opportunities for growth. By addressing their social responsibility enterprises can build long-term employee, consumer and citizen trust as a basis for sustainable business models. Higher levels of trust in turn help to create an environment in which enterprises can innovate andgrow.” (European Commission, 2011)

Seit dem Jahr 2017 ist die Veröffentlichung solcher nicht-finanziellen Informationen (NFI) - und damit die inhaltliche Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeits-, Diversitäts- und all­gemeinen CSR-Themen in Unternehmen - für börsennotierte Großunternehmen und jene, die im öffentlichen Interesse stehen, gesetzlich (NaDiVeG, BGBl. I Nr. 20/2017 vom 17.1.2017) verpflichtend vorgeschrieben.

Besonders relevant für die Beschreibungen und Untersuchungen in dieser Masterarbeit ist die Abgrenzung bzw. Klarheit der inhaltlichen Definitionen von "Nachhaltigkeit” und "unternehmerischer Verantwortung“ bzw. "Corporate Social Responsibility” (CSR). Als verwandte Begriffe werden diese häufig sinngleich verwendet oder in der unternehmeri­schen Diskussion auch unter dem Mischbegriff "Corporate Sustainability” zusammenge­fasst. Genau diese Fusionierung der für sich bereits einzeln nicht klar definierten und nicht klar abgegrenzten Begriffe "Nachhaltigkeit” und ”CSR”, die etwa auch Andrew Crane et. al. (2014) und Daniel Zirnig (2009) propagieren, ist aus Sicht des Verfassers dieser Masterarbeit jedoch mit ein Grund für die sprachliche Verwirrung in der öffentlichen Nachhaltigkeitsdiskussion. Diese Problematik wird in dieser Arbeit noch ausführlich auf­gezeigt und behandelt. Weitgehend unbestritten ist, dass sich die Begriffe ”CSR” und "Nachhaltigkeit” in ihrer geschichtlichen Entwicklung und in der aktuellen Verwendung in Lehre und Wirtschaft immer weiter annähern (vgl. Schneider/Schmidpeter, 2015: 2-7).

In der wissenschaftlichen Literatur und unter Expertinnen sind die Begriffe "Nachhaltig­keit” und "Corporate Social Responsibility” inzwischen untrennbar miteinander verbun­den, obwohl beide Konzepte unterschiedliche historische Wurzeln und Begründungen haben. In der Praxis vieler Unternehmen, in den Medien, in der Politik und in der Wahr­nehmung der breiten Öffentlichkeit unterscheiden sich die Anwendung und Inhalte der Begriffe "Nachhaltigkeit” und "Corporate Social Responsibility” (CSR) jedoch weiterhin häufig insofern, als Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Sustainable Development auch politische bzw. gesetzliche Regulierungsmaßnahmen beschreiben und beinhalten kann, die in der unternehmerischen Nachhaltigkeitsdiskussion weniger Raum finden (vgl. Schneider/Schmidpeter, 2015: 30).

2.1.3 PublicRelations

Unter dem Begriff Public Relations (PR) werden alle bewussten, strategisch geplanten Kommunikationsmaßnahmen von Unternehmen, Organisationen, Institutionen und in der Öffentlichkeit stehenden Einzelpersonen zusammengefasst. Strategische PR-Maßnah- men dienen zumeist dem Zweck einer langfristigen Beziehungspflege, der Positionierung bzw. Vertrauens- und Reputationsförderung bei unterschiedlichen Zielgruppen und Sta­keholder^ zum Beispiel bei Kundinnen, Lieferanten, Behörden, Mitarbeiterinnen, Me­dien, politischen Entscheidungsträgerinnen und anderen Multiplikatorlnnen (vgl. Bogner, 2005: 26-30).

Public-Relations-Aktivitäten von Unternehmen, um die es im Zusammenhang mit dieser Masterarbeit zumeist geht, dienen der langfristigen Beziehungs- und Dialogförderung, dem Vertrauensaufbau in Management, Marken und Dienstleistungen und sind somit ein Mittel der direkten und indirekten Verkaufsförderung. Sie stehen häufig in Zusammen­hang mit wirtschaftlich nachhaltiger Betriebsführung und der Kommunikation von Nach­haltigkeitsthemen mit Schwerpunkt Ökologie und sozialer Verantwortung von Unterneh­men (CSR).

Die Kommunikationsdisziplin "Public Relations” wird abseits der Fachöffentlichkeit häufig mit den Begriffen "Öffentlichkeitsarbeit” bzw. "Medienarbeit” gleichgestellt bzw. übersetzt. Diese Übersetzungen schränken den Begriff und die PR-Branche allerdings im Vergleich zu den tatsächlich erbrachten Kommunikations- und Beratungsdienstleistungen zu sehr ein. In der Praxis gehen die Verantwortungsbereiche von Public-Relations-Verantwortli- chen in Unternehmen zumeist weit über "Medienarbeit” hinaus und beinhalten etwa, je nach Unternehmensgröße, -Struktur bzw. -kultur, oft auch - in Gesamt- oder Teilverant­wortung -Arbeitsbereiche wie die interne Kommunikation, Publikationen und Berichtser­stellung sowie Markt- und Meinungsforschung. Auch die allgemeine Strategieberatung des Managements, die Mitwirkung an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistun­gen, die Vermeidung von Image-Krisen sowie aktive Krisenkommunikation im Ernstfall gehören zu den Arbeitsbereichen von Public-Relations-Verantwortlichen bzw. von Kom­munikations-Abteilungen in Unternehmen, Institutionen und NGOs. Externe PR-Berater und PR-Agenturen unterstützen das Management und die PR-Verantwortlichen in Unter­nehmen und Institutionen beratend bzw. setzen für diese Networking-, PR-, Medienarbeits-, CSR- und andere interne und externe Kommunikations-Maßnahmen operativ um, wie zum Beispiel die Konzeption und Erstellung von Publikationen und Wert­schöpfungs-, Nachhaltigkeits- und Geschäftsberichten. Auch die Bereiche Krisenpräven­tion und Krisenkommunikation sind Tätigkeitsbereiche von Public-Relations-Verantwort- lichen in Unternehmen und externen Beraterinnen (vgl. Bogner, 2005: 63-65, 259).

Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit werden, wie bereits bei den jeweiligen Definitionen im Rahmen dieser Masterarbeit erwähnt, in der modernen Managementlehre zumeist als unternehmerische Querschnittsmaterien für alle Unternehmensbereiche de­finiert. Auch Konsumentinnen bewerten Unternehmen, ebenso wie politische Entschei­dungsträgerinnen und andere Teile der Gesellschaft, nicht nur nach dem wirtschaftlichen Erfolg oder nach der Beschaffenheit ihrer Produkte und Dienstleistungen, sondern auch auf Basis nicht-ökonomischer Faktoren, wie soziale Verantwortung, Umwelteinflüsse, Ar­beitsbedingungen. Die diesbezüglichen Strategie-, Koordinations- und öffentlichen Be­richts-Verantwortungen fallen in der Praxis häufig unter das Mandat der Public-Relations- Verantwortlichen bzw. der PR-Abteilungen in Unternehmen und Institutionen. Vor allem in Großunternehmen gibt es jedoch bereits häufig eigene Corporate Social Responsibi­lity- bzw. Nachhaltigkeitsverantwortliche oder -Abteilungen, die dann mit der PR- bzw. Kommunikationsabteilung zumeist eng Zusammenarbeiten. Strukturell sind sie häufig als von der Unternehmenskommunikation unabhängige, eigenständige Stabsstellen der Un­ternehmensleitung definiert. Public Relations umfassen somit alle konzeptionellen und langfristigen Maßnahmen eines PR-Trägers zur Wahrnehmung seiner Verpflichtungen und Rechte gegenüber der Gesellschaft beziehungsweise Öffentlichkeit mit dem Ziel, ge­genseitiges Vertrauen aufzubauen und zu fördern (vgl. Leitbild, Public Relations Verband Austria - PRVA , 2020).

Die Vermengung von verkaufsorientierten Werbe-, Marketing- und Public-Relations-Zie- len mit Strategien und Projekten in den Bereichen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility leitet sich zwar bereits aus dem heute historisch-antiquierten PR-Leitsatz von Georg Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim, ”Tu Gutes und rede darüber” (1981) ab, wird aber inzwischen sowohl in der Fachwelt, in den Medien, als auch von Konsumentinnen immer öfter kritisch hinterfragt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Corporate Social Responsibility- und Nachhaltigkeits-Aktivitäten über ihre eigentliche Relevanz bzw. Be­deutung für das Unternehmen hinaus "überkommuniziert” werden oder sogar damit ver­bundene Kommunikationsaktivitäten im Verdacht stehen, von ethisch, ökologisch oder sozial problematischen Geschäftsaktivitäten abzulenken. Details dazu werden im folgen­den Kapitel 2.1.4. "Greenwashing” ausführlich beschrieben.

2.1.4 Greenwashing

Als Greenwashing bezeichnet man Projekte und Kommunikationsmaßnahmen von Un­ternehmen, die der Öffentlichkeit besondere Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit ei­nes Gesamtunternehmens oder eines Produktes vermitteln sollen, obwohl dies nicht oder nur teilweise der Wahrheit entspricht. Greenwashing bedeutet sinngemäß "sich ein grü­nes Mäntelchen umzuhängen”. Die Bezeichnung wird meist abwertend oder kritisierend verwendet, weil es darauf abzielt, einem Unternehmen oder einem Produkt ein verant­wortungsvolleres Image zu verleihen als dies tatsächlich verdient oder der Fall ist (vgl. Köppl/Neureiter, 2004: 20).

Eine häufig angewandte Form von Greenwashing sind Sponsoring und Projekt-Koopera­tionen von Unternehmen mit Umweltschutzorganisationen oder Charity-Aktivitäten im Umweltschutzbereich, die ausgerechnet von solchen Unternehmen finanziert oder ange­strebt werden, die in anderen Geschäftsbereichen eher für umweltschädigende oder so­zial fragwürdige Geschäftsaktivitäten bekannt sind. Allgemein anerkannte Kriterien zur Unterscheidung zwischen positiv zu bewertendem, echtem Umwelt- und Nachhaltigkeits­engagement und einzelnen Projekten, die oft zur Verschleierung eventuell negativer Um­welt- und Sozialauswirkungen von Unternehmen in der Öffentlichkeit dienen, fehlen heute noch weitgehend. Viele der etablierten NGOs haben aber inzwischen für ihren eigenen, internen Gebrauch umfassende Richtlinien zum Umgang mit Sponsoring und Unterneh­menskooperationen entwickelt, mit denen Greenwashing vermieden bzw. diesbezüglich potenzielle negative Auswirkungen von Wirtschaftskooperationen entgegengetreten wer­den soll (vgl. Pufé, 2017: 211-212).

Die auf Nachhaltigkeit spezialisierte Internet-Plattform "nachhaltig-sein.info” beschreibt etwa in ihrer Fachartikel-Sammlung "Handbuch Nachhaltigkeit” (nachhaltig-sein.info, 2015) folgende zehn bekannten Formen des Greenwashings, die sich auf Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen sowie auf die allgemeine Beschreibung der Ge­schäftstätigkeit von Unternehmen, aber auch auf Institutionen, Lobbyorganisationen, Branchen- und Interessensvertretungen beziehen können:

1) Verschleierung

Herausstellung von Merkmalen, die zwar gut sind, jedoch angesichts anderer schmutziger Eigenschaften wenig Bedeutung haben. Wenn etwa ein Unternehmen mit der Beteiligung an einem Projekt zur C02- Einsparung wirbt, während gleichzeitig umweltschädlicher Ölsand gefördert wird.

2) FehlenderBeweis

Vorgabe eines nachhaltigen Attributs ohne Nachweis. Wenn bspw. ein Glühlampenhersteller auf besondere Energieeffizienz hinweist, sich aber keine Beweise oder Verifikationen von Drittparteien für diese Behauptungen finden lassen.

3) Unklare Begriffe

Schwammige Formulierungen, wie z.B. "umweltfreundlich”, "schad­stoff-frei”, "natürlich” oder "grün” sollten mit Bedacht gewählt werden. Es ist wichtig klar zu machen, was sie konkret bedeuten und warum sie in dem bestimmten Fall zutreffen.

4) Fehlende Bedeutung

Betonung einer richtigen, aber völlig irrelevanten Eigenschaft. Dies ist der Fall, wenn bspw. auf einer Spraydose mit dem Aufdruck "FCKW-frei” geworben wird, obwohl das Treibmittel in Deutschland seit Jahrzehnten gesetzlich verboten ist.

5) Beschönigung

Grün angehauchten Maßnahmen oder Produkten, die dennoch um­weit- oder gesundheitsschädlich sind. So macht bspw. ein Bio-Tabak das Rauchen selbst nicht gesünder.

6) Beeinflussende Bilder & Labels

Fotos oder Grafiken, z. B. Pseudo-Labels, die eine positive Wirkung auf die Umwelt suggerieren, wo dies aber nicht der Wahrheit ent­spricht. Beispiele sind selbsterfundene Labels, ein Atomkraftwerk in idyllischer Natur oder ein Auto mit Blumen-Abgasen.

7) Falschaussagen

Angabe von Charakteristika, die schlichtweg falsch sind. Ein Beispiel hierfür ist die Produktbehauptung "Biologisch zertifiziert” ohne eine tatsächlich existierende, glaubwürdige Zertifizierung.

8) Fehlende Taten

Die Relevanz von Nachhaltigkeit betonen, aber kaum Aktivitäten auf­zeigen können, die dies untermauern. Oder so tun als hätte man viele Aktivitäten, obwohl man kaum welche hat. Formulierungen wie "Nachhaltigkeit war uns immer schon wichtig, so z.B. machen wir...”.

9) Fremde Federn

Normalen technischen Fortschritt oder zugekaufte Technologien als eigenen Erfolg verkaufen. Wenn letzteres der Fall ist sollte dies auch klar sein, z.B. indem betont wird, dass die Fahrzeug-Flotte auf neue Motorentypen umgestellt wurde.

10) Zweigleisige Absichten

Sich einerseits gegenüber den Kunden als nachhaltiges Unterneh­men mit den besten Absichten schmücken, aber andererseits auf po­litischer Ebene gegen die Umsetzung klimarelevanter Maßnahmen arbeiten, wie z.B. C02-Zertifikate Handel, Erneuerbare Energie-Ge­setz (EEG)-Befreiungen oderEinsatz von Gentechnik. (nachhaltig-sein.info, 2015)

Als konkrete und allgemein bekannte Beispiele für Greenwashing erwähnt Iris Pufé in der dritten Auflage von "Nachhaltigkeit” (2017) etwa die technische und kommunikative Vor­geschichte, die 2015 zum Volkswagen-Abgasskandal mit nur vermeintlich umweltfreund­lichen Dieselmotoren geführt hat, oder die Werbung des Energiekonzerns Vattenfall im Jahr 2014, die Windkraftwerke massiv in den Vordergrund stellte, obwohl das Unterneh­men gleichzeitig in Hamburg das größte Kohlekraftwerk Europas gebaut hat (vgl. Pufé, 2017: 212-213).

Weitere aus der Sicht des Autors dieser Masterarbeit relevante - und durchaus unter­schiedlich kritisch und streng angelegte - Greenwashing-Definitionen, die im Rahmen der Fachmedien- und Literaturrecherche für diese Masterarbeit erhoben wurden, seien hier erwähnt:

- "Der Begriff Greenwash, auf deutsch Grünwaschen oder Grünfärben, be­zeichnet eine Strategie, mit der sich Akteure durch die gezielte Verbrei­tung von Desinformation ein Image ökologischer Verantwortung zu ver­schaffen suchen." (Müller, 2007)
- "Greenwashing is the act of misleading customers and potential custom­ers into believing that a product or service is environmentally friendly." (Merriam-Webster, 2020)
- "Greenwashing has been identified as a common strategy whereby firms ’mislead consumers about their (actual) environmental performance’, giv­ing a false impression of transparency and accountability. Greenwashing occurs when firms disclose relatively benign environmental indicators ra­ther than more harmful indicators, which can result in their (undeservingly) appearing to be comprehensively transparent and accountable." (Toffel / Marquis, 2012: 10)

[...]

Ende der Leseprobe aus 127 Seiten

Details

Titel
Image und Bedeutung des Begriffs "Nachhaltigkeit"
Untertitel
Ausgangssituation und Rahmenbedingungen der Einführung des Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetzes in Österreich
Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung  (Department für Wirtschafts- und Managementwissenschaften)
Veranstaltung
Universitätslehrgang MBA in General Management Competences
Note
1
Autor
Jahr
2020
Seiten
127
Katalognummer
V952020
ISBN (eBook)
9783346296702
ISBN (Buch)
9783346296719
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltigkeit, Public Relations, Österreich, Gangoly, NaDiVeG, Kommunikation, Sustainability, Zentrum für Nachhaltigkeit, PRVA, Wien, Image, Unternehmen, Analyse, Studie, MBA, General Management
Arbeit zitieren
Jürgen Gangoly (Autor:in), 2020, Image und Bedeutung des Begriffs "Nachhaltigkeit", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/952020

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Image und Bedeutung des Begriffs "Nachhaltigkeit"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden