Das Ertragswertverfahren in der praktischen Anwendung. Schwächen und Potentiale


Bachelorarbeit, 2020

84 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINFÜHRU
1.1 Zielsetzung
1.2 Abstract
1.3 Erläuterung Ertragswertverfahren
1.3.1 Treiberfaktoren und Bestandteile
1.3.2 Bewertungsmetho
1.4 Praktische Anwendung des Ertragswertverfahrens
1.4.1 Der Sachverständi
1.4.2 Der Bewertungsberich

2 ANALY
2.1 Darstellung anhand eines Fallbeispiels
2.2 Wertbeeinflussende Treiberfaktoren
2.2.1 Bodenwe
2.2.2 Jahresrohertra
2.2.3 Bewirtschaftungskost
2.2.4 Liegenschaftszinss
2.2.5 Restnutzungsda
2.3 Weitere wertbeeinflussende Faktoren
2.3.1 Rentenbarwertfaktor
2.3.2 Anomali
2.3.3 Weitere Faktoren
2.4 Fazit der Analyse.
2.4.1 Treiberfaktore
2.4.2 Weitere wertbeeinflussende Faktore
2.4.3 Fallbeisp

3 POTENTIA
3.1 Potentielle Veränderungen
3.1.1 Treiberfaktore
3.1.2 Weitere Faktoren
3.2 Fazit des Potentials

4 FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Typische Liegenschaftszinssätze von verschiedenen Grundstückstypen

Abbildung 2: Übersicht der aufgeführten Ertragswertverfahren

Abbildung 3: Zusammensetzung der Bruttogrundfläche

Abbildung 4: Nachhaltigkeit von Immobilien

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einstufung analytischer Ergebnisse

Tabelle 2: Anwendung von Wertermittlungsverfahren

Tabelle 3: Durchschnittliche wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer

Tabelle 4: Berechnungsbeispiel-Zweigleisiges Ertragswertverfahren

Tabelle 5: Grunddaten zur Analyse des Bodenwerts I

Tabelle 6: Grunddaten zur Analyse des Bodenwerts II

Tabelle 7: Konsequenzen der Abwandlung des Bodenwerts

Tabelle 8: Grunddaten zur Analyse des Jahresrohertrags 1

Tabelle 9: Grunddaten zur Analyse des Jahresrohertrags II

Tabelle 10: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags 1

Tabelle 11: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags II

Tabelle 12: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags III

Tabelle 13: Grunddaten zur Analyse der Bewirtschaftungskosten I

Tabelle 14: Grunddaten zur Analyse der Bewirtschaftungskosten II

Tabelle 15: Bewirtschaftungskosten - gewerbliche Nutzung

Tabelle 16: Bewirtschaftungskosten - Büronutzung

Tabelle 17: Bewirtschaftungskosten von Spezialimmobilien

Tabelle 18: Konsequenzen der Abwandlung der Bewirtschaftungskosten

Tabelle 19: Grunddaten zur Analyse des Liegenschaftszinses

Tabelle 20: Auswirkungen verschiedener Liegenschaftszinssätze

Tabelle 21: Konsequenzen der Abwandlung des Liegenschaftszinssatzes I

Tabelle 22: Konsequenzen der Abwandlung des Liegenschaftszinssatzes II

Tabelle 23: Grunddaten zur Analyse der Restnutzungsdauer 1

Tabelle 24: Grunddaten zur Analyse der Restnutzungsdauer II

Tabelle 25: Auswirkungen verschiedener Restnutzungsdauern

Tabelle 26: Konsequenzen der Abwandlung der Restnutzungsdauer 1

Tabelle 27: Konsequenzen der Abwandlung der Restnutzungsdauer II

Tabelle 28: Zusammenstellung der Auswirkungen auf den Rentenbarwertfaktor

Tabelle 29: Analyse von Veränderungen des Rentenbarwertfaktors

Tabelle 30: Marktanpassung durch Gutachter

Tabelle 31: Konsequenzen von Veränderungen allerTreiberfaktoren 1

Tabelle 32: Konsequenzen von Veränderungen allerTreiberfaktoren II

Tabelle 33: Einstufung von analytischen Ergebnissen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Zielsetzung

Darauf angesprochen, welches die wichtigsten Faktoren beim Erwerb einer Immobilie sind, ist im Volksmund sehr oft die Aussage „Lage, Lage, Lage“ zu hören. In Fachkreisen wird dieses Erfolgskriterium als veraltet angesehen, weshalb beispielsweise die Elemente „Lage, Konzept und Timing“ als bedeut­samster Immobiliendreiklang bezeichnet werden.1 Erlangtjedoch eine private Person oder ein Unternehmen das Eigentum an einem Grundstück, so steigt das Interesse an diesem. Lediglich drei oder gar ein Faktor erscheinen nicht mehr als ausreichend, um den Eigenschaften dieses Grundstücks sowie dem Interesse des Eigentümers gerecht zu werden. In Folge dessen, ist eine Wer­termittlung des Grundstücks anzustreben. Hinter dem Wert einer Immobilie verbergen sich einige Einzelheiten, Eigenschaften, Faktoren und Bestandteile.

Es gibt verschiedene Anlässe, um eine Wertermittlung eines Grundstücks durchzuführen. So lassen sich potentielle Erwerber von Grundstücken Markt­werte von Gutachtern erstellen, um einschätzen zu können, auf welchem Ni­veau sich ein mögliches Kaufangebot befinden wird. Selbiges gilt aus Sicht eines Grundstückseigentümers, welcher wissen möchte, welcher Ertrag durch seine Liegenschaft erzielt werden kann. Zur Beleihung von Grundstücken wird ein sogenannter Beleihungswert herangezogen, während ein Einheitswert für steuerliche Zwecke zur Anwendung kommt. Auch die Performancemessung eines Grundstücks sowie eine Beratungs- und Argumentationsfunktion kön­nen als Anlass oftmals hingegen der Hauptgrund sein.2 Bei jedem dieser Vor­gänge dreht es sich um die fundamentale Fragestellung: Wie viel ist eine Lie­genschaft wert?3

Um diese Fragestellung mit einer zufriedenstellenden Antwort erwidern zu können, existieren verschiedenste Wertermittlungsverfahren. In dieserAusar- beitung werden die Schwächen, Lücken und Potentiale der Ertragswertermitt­lung aufgezeigt.

1.2 Abstract

Im einleitenden Teil dieser Ausarbeitung werden grundlegende Begrifflichkei- ten anhand verschiedenster Literaturquellen definiert und erläutert. Dabei wird insbesondere auf das Ertragswertverfahren an sich, sowie dessen Treiberfak­toren eingegangen. Des Weiteren wird bereits hier der Bezug zur Praxis her­gestellt, indem die Tätigkeit des Gutachtenden sowie die Erstellung eines Be­wertungsberichts erläutert wird.

Im analytischen Teil folgt sodann ein Fallbeispiel. Anhand dessen werden ver­schiedene Faktoren analysiert und untersucht. Ziel dabei ist es, anhand einer Sensitivitätsanalyse darzustellen, inwiefern sich veränderte Wertansätze auf den Ertragswert und weitere Kennzahlen auswirken. Einschlägige Werte wer­den dabei jeweils um 20 % gemindert, um die tatsächliche prozentuale Wer­teveränderung des Ergebnisses zu erhalten. DerVerkehrswertwird dabei zur Veranschaulichung auf 50.000 € gerundet. Sämtliche Ergebnisse werden so­dann analysiert und deren Auswirkungen eingestuft. Diese Einstufung erfolgt folgendermaßen:

Tabelle 1: Einstufung analytischer Ergebnisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der dritte Abschnitt besteht aus einer Zusammenstellung von potentiellen Ver­änderungen des Ertragswertverfahrens. Erkenntnisse aus der Analyse werden an dieser Stelle zusammengetragen und runden diese Ausarbeitung ab.

Am Ende der Analyse und der Potentialeinschätzung der wird jeweils ein Re­sümee dargestellt. Ein Fazit, welches die gesamte Ausarbeitung betrifft bildet den Abschluss dieser Bachelorarbeit.

1.3 Erläuterung Ertragswertverfahren

Der Verkehrswert, respektive Marktwert, eines Grundstücks wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tat­sächlichen Eigenschaften des Grundstücks zu erzielen wäre.4 Unter gewöhn­lichem Geschäftsverkehr ist eine objektive Preisbestimmung ohne Zeitdruck, Zwang oder Not zu verstehen. Als gesetzliche Grundlage zur Verkehrswerter­mittlung von Grundstücken dient die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Gemäß dieser sind das Vergleichswertverfahren, das Sach­wertverfahren, das Ertragswertverfahren oder mehrere dieser Verfahren her­anzuziehen.5 6

Tabelle 2: Anwendung von Wertermittlungsverfahren6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es gilt zu beachten, dass das Vergleichswertverfahren lediglich zur Anwen­dung kommt, wenn geeignete und vergleichbare Daten vorliegen. Das Sach­wertverfahren findet durch Ermittlung von Herstellungskosten der baulichen Anlagen sowie dem Bodenwert, meist bei eigengenutzten Objekten, Anwen­dung. Bei Objekten, für welche die Verzinsung des investierten Kapitals bei der Preisbildung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausschlaggebend ist, wird aufgrund bestehender Gepflogenheiten das Ertragswertverfahren heran­gezogen. Konkret bedeutet dies, dass eine Verwendung dieses Verfahrens nur bei Objekten sinnvoll und möglich ist, welche Erträge erzielen. Dazu ge­hören insbesondere Mietwohngrundstücke sowie gewerblich genutzte (Einzel-)Handelsimmobilien, Büro- und Verwaltungsgebäude, industriell ge­nutzte Grundstücke, Lagerhallen, Hotels oder Kliniken.7

Gegenstand der Ertragswertermittlung ist das Bewertungsgrundstück, wel­ches durch einen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche definiert werden kann. Je nach angewendetem Verfahren wird die Gesamtheit des Grundstücks the­oretisch in zwei wesentliche Bestandteile gegliedert. Grund dafür ist, dass die Ermittlung von Grund und Boden auf eine andere Art und Weise erfolgt, als der verbleibende bauliche Gegenstand. Sämtliche Eigenarten und unter­schiedlichste Faktoren dieser beiden Komponenten lassen keine einheitliche Wertefeststellung zu. So wird der Wert des Grund und Bodens (Bodenwert) anhand des Vergleichswertverfahrens gebildet, während als Grundlage zur Er­tragswertermittlung der baulichen Anlagen verschiedene ertrags- und kosten­bezogene Treiberfaktoren dienen.8 Diese Faktoren sind auf einen bestimmten Wertermittlungsstichtag zu ermitteln. Als Maßgebender Zeitpunkt der Werter­mittlung und des Grundstückszustands dient dieser Tag als Qualitätsstichtag.9

1.3.1 Treiberfaktoren und Bestandteile

Als die wichtigsten Bestandteile der Ertragswertermittlung werden Jahresroh­erträge, Bewirtschaftungskosten, Zinssätze, und Restnutzungsdauern ange­sehen. Anhand dieser werden in verschiedenen Berechnungsstufen aussage­kräftige Zwischenergebnisse erstellt. Nebst des Bodenwertes sind diese Kom­ponenten somit essenzielle Faktoren.

1.3.1.1 Bodenwert

Als Bodenwert wird der Wert eines unbebauten Grundstücks angesehen. Die­ser wird grundsätzlich durch lediglich zwei Komponenten ermittelt. Einerseits ist die Größe des zu bewertenden Grundstücks festzustellen, andererseits ist für diese Fläche ein plausibler Preis durch den sogenannten Bodenrichtwert, festzulegen. Daraus ergibt sich folgendes Berechnungsschema:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gemäß des Vergleichswertverfahrens, welches bei der Wertermittlung des Grund und Bodens vorrangig zur Anwendung kommt, ist der Bodenwert aus einer ausreichenden Anzahl von Vergleichspreisen zu ermitteln.10 Grundle­gende Parameter dafür sind die Lage sowie die Nutzung der Liegenschaft. Der Bodenrichtwert stammt aus Kaufpreissammlungen der jeweils zuständigen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte.11 So werden alle notariell beur­kundeten Kaufpreise in eine Datenbank eingepflegt, auf welche Finanzämter und Gutachterausschüsse Zugriff erlangen. Auf Basis dieser reellen Grund­stückskaufpreise werden durchschnittliche Bodenwerte für bestimmte Gebiete erstellt, welche als Vergleichswert dienen. Eine Feststellung des Bodenricht­wertes erfolgt regelmäßig in einem Zweijahreszyklus, jeweils zum 31. Dezem­ber eines Jahres. Nebst Angaben zu Lage und Wert beinhaltet eine solche Feststellung Auskünfte über beschreibende Merkmale. Einer dieser Faktoren ist der Entwicklungszustand des Grundstücks. So wird unterschieden zwi­schen Flächen der Land- und Forstwirtschaft, Bauerwartungsland, Rohbau­land und baureifem Land.12 Art und Maß der Bebauung in Form von Geschoss­flächenzahl (GFZ) und Grundflächenzahl (GRZ) der Bebauung können eben­falls eine Rolle zur Wertfindung spielen.

Des Weiteren ist insbesondere auf die Vergleichbarkeit von Nutzungsart, Lage, Rechte und Pflichten, Zeitbezug, Ausnutzung, Zuschnitt, Bodenbeschaf­fenheit und Erschließungszustand zu achten. Besteht bei Letzterem eine Bei­tragspflicht, so ist der anzusetzende Bodenrichtwert um die Höhe der noch offenen Beiträge zu mindern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Kombination mit diesen grundstücksspezifischen Eigenschaften lassen sich marktorientierte Werte bilden, welche dem Bewertungsgegenstand entspre­chen. Der Bodenwert dient sodann als wichtige Komponente in verschiedenen Stufen des Ertragswertverfahrens.

1.3.1.2 Jahresreinertrag

Als essenzielle Größe bei der Ertragswertermittlung fungiert der Jahresreiner­trag als Grundlage sämtlicher Berechnungen. Wird ein solcher Vorgang ver­anschaulicht, so lässt sich feststellen, dass gegenläufig von Erträgen grund­sätzlich Aufwände und Risiken stehen. Diese entsprechen den laufenden Be­wirtschaftungskosten des Bewertungsobjekts. Bestehend aus dem Jahresroh­ertrag sowie den entsprechenden Bewirtschaftungskosten wird durch folgen­des Berechnungsschema der marktüblichen Jahresreinertrag erzielt:

Reinertrag (RE) = Rohertrag — Bewirtschaftungskosten (BWK)

1.3.1.3 Jahresrohertrag

Berechnungsgrundlage für den Jahresreinertrag ist der Jahresrohertrag. Die­ser ist das Entgelt, das bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielt werden kann.13 Hierbei handelt es sich grundsätz­lich um Mieten, Pachten und sonstigen Zahlungen, welche im Zusammenhang mit Nutzungsrechten stehen. Es sind die marktüblich erzielbaren Jahresein­nahmen (Nettokaltmieten), aller überlassener Grundstücksteile zu erfassen. Dies beinhaltet insbesondere Wohn- und Gewerbebauten, Garagen, Stell­plätze und sonstige Flächen, welche nicht Grund und Boden sind. Für unge­nutzte, eigengenutzte oder verbilligt überlassene Grundstücke oder Grund­stücksteile sind sämtliche Einnahmen gleichermaßen auf Marktniveau zu­grunde zu legen.

1.3.1.4 Bewirtschaftungskosten

Seitens der Aufwendungen lassen sich laufende Bewirtschaftungskosten wi­derfinden. Als regelmäßige Ausgaben werden diese üblicherweise somit von Roherträgen getragen. Konkretisieren lassen sich diese Ausgaben als Verwal­tungskosten, Instandhaltungskosten, sonstigen Betriebskosten und als Miet­ausfallwagnis.14 Entstandene Kosten sind an dieser Stelle gleichermaßen nach dem Kriterium der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung zuzüglich der Marktüblichkeit, sowie der zulässigen Nutzung zu bemessen. Die Nachhaltig­keit der Entstehung ist dabei von großer Bedeutung.15 Kosten dürfen jedoch nur dann zur Minderung des Jahresreinertrags herangezogen werden, wenn diese nicht durch Umlagen oder Förderungen ausgeglichen werden.

Verwaltungskosten betreffen Aufwendungen für erforderliche gebäudeverwal­tende Arbeitskräfte und Einrichtungen. Zuzüglich beinhalten diese den Wert, der vom Eigentümer persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, Kosten der Auf­sicht und die Kosten der Geschäftsführung.16 Insbesondere sind hier Tätigkei­ten der Buchhaltung, Mieterkorrespondenzen, Rechnungs- und Zahlungsan­gelegenheiten, die Jahresabschlussrechnungen und die Organisation des Grundstücks miteinbezogen. Diese Kosten werden generell je Wohn-, Gewerbe- oder sonstiger Einheit monatlich abgerechnet und bei der Werter­mittlung angesetzt.

Jährlich und je Quadratmeter Mietfläche werden hingegen die Instandhal­tungskosten erfasst. Diese werden per Definition als Kosten angesehen, wel­che infolge von Abnutzung, Alterung und Witterung zur Erhaltung des bestim­mungsgemäßen Gebrauchs der baulichen Anlagen während deren Nutzungs­dauer aufgewendet werden müssen. So sind vorbeugende Maßnahmen, die den bestehenden und ordnungsgemäßen Zustand aufrechterhalten, als In­standhaltung anzusehen. Bestehende Gebäudeteile werden somit erhalten. Die Begrifflichkeit beinhaltetjedoch nicht nur Aufwendungen, welche derVer- mieter für die Instandhaltung trägt, sondern auch für solche der Instandset­zung. Durch die Wiederherstellung des Bestandes wird etwas Vorhandenes durch ein neues Bauteil ersetzt, jedoch nicht aufgewertet. Sollte dies der Fall sein, gilt die Veränderung als Modernisierung, welche den Rohertrag nicht mindern darf.17

Der Begriff Mietausfallwagnis umfasst das Risiko von Ertragsminderungen, die durch uneinbringliche Rückstände von Mieten, Pachten und sonstigen Einnah­men entstehen. In diesem Zusammenhang beinhaltet das Wagnis auch solche Risiken von uneinbringlichen Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung, Auf­hebung eines Mietverhältnisses oder Räumung. Selbiges gilt bei vorüberge­hend leerstehenden Räumlichkeiten, welche zur Vermietung oder Verpach­tung bestimmt sind.18 Hierbei handelt es sich überwiegend um Übergangsleer­stände bei einem Mieterwechsel oder um sehr schlecht vermietbare bzw. ver­pachtbare Liegenschaften. Mietausfälle oder Leerstände sind somit sehr ab­hängig von der Einstufung der Lage des Grundstücks und der Bonität des Mie­ters. Regelmäßig besteht bei Büro- und Gewerbebauten ein höheres Ausfall­risiko sowie eine größere Abhängigkeit von Konjunktur- und Immobilien­marktzyklen.19 Aus diesen Faktoren lässt sich eine Eintrittswahrscheinlichkeit in Form eines gewissen Prozentsatzes bilden. Dieser Risikoabschlag mindert den Jahresrohertrag durch jährliche Erfassung.

Verbleibende Betriebskosten, sind Kosten, welche durch das Eigentum am Bewertungsgrundstück laufend anfallen und entstehen. Dazu gehört die Leis­tung, welche der Eigentümer selbst erbringt mit dem Betrag, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten anzusetzen wäre. Hierbei handelt es sich um Kosten der Grundsteuer, der Gartenpflege, der Hausreinigung, für Versi­cherungen oder Kosten für einen Hauswart berücksichtigt. Aufwendungen, die durch Mietumlagen oder anderweitige Ausgleichszahlungen gedeckt sind, dür­fen hier nicht zum Ansatz kommen. Gleiches gilt für Instandhaltungs- und Ver­waltungskosten. Berücksichtigungsfähige Betriebskosten müssen einer ord­nungsgemäßen Bewirtschaftung entsprechen und der Höhe nach angemes­sen sein.20

Der Reinertrag lässt sich somit als marktüblich bereinigten Begriff darstellen. Hierbei wird durch verschiedene Annahmen und durch die Berücksichtigung von Kosten ein rationales Marktverhalten beigemessen.

1.3.1.5 Liegenschaftszinssatz

Mit dem Erwerb und dem Eigentum von Liegenschaften wird potentiell ander­weitig verwendbares Kapital gebunden. Der Verkehrswert, welcher dem Grundstück zuzuschreiben ist, ist somit zu verzinsen. Dies geschieht durch die Anwendung eines Kapitalisierungszinssatzes für Grundstücke, dem sog. Lie­genschaftszinssatz (LSZ).

Die Zuständigkeit zur Erstellung solcher Liegenschaftszinssätze liegt, analog zur Führung von Kaufpreissammlungen, beim jeweils örtlichen Gutachteraus­schuss für Grundstückswerte.21 Durch die Einbeziehung und den Vergleich von verschiedenen Grundstückstransaktionen lassen sich so Zinssatzspan­nen erstellen. Für den konkreten Bewertungsfall dienen die Treiberfaktoren Grundstücksart, konjunkturelle Bedingungen auf dem Markt, Lage des Grund­stücks, Beschaffenheit des Grundstücks und Mietsituation zur Festlegung ei­nes konkreten Liegenschaftszinssatz, welcher dem Bewertungsobjekt ent­spricht. Somit handelt es sich hierbei um einen Marktanpassungsfaktor.

Durch seine empirische Ableitung beinhaltet der Kapitalisierungszinssatz wei­tere angleichende Eigenschaften. So werden zu erwartende Änderungen der Erträge, zu erwartende Wertschwankungen auf dem Grundstücksmarkt, die Entwicklung der Bewirtschaftungskosten sowie Veränderungen der steuerli­chen Begebenheiten, widergespiegelt und auf das Bewertungsgrundstück an­gepasst.22

Er bildet eine durchschnittliche und marktübliche Verzinsung je nach Grund­stücksart; insbesondere für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke. Diese Nutzungsarten lassen sich durch ihre Charakteristiken in Kategorien einordnen, für welche eine spezifische Zins­satzspanne zu erkennen ist. So lässt sich feststellen, dass die Höhe des Zins­satzes vom gewerblich-industriellen Anteil der Liegenschaft abhängig ist. Ver­fügt ein Bewertungsobjekt über einen hohen Anteil an Produktions- und In­dustrieflächen, so ist der entsprechende Zinssatz höher als bei Grundstücken, welche über einen großen Anteil an Wohnnutzung verfügen. Grund dafür ist, dass Gewerbegrundstücke im Allgemeinen einer stärkeren Belastung und so­mit einem größeren Risiko ausgesetzt sind.

Folgendes Schaubild zeigt verschiedene Liegenschaftszinssätze, eingeordnet nach Art der Grundstücksnutzung, auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Typische Liegenschaftszinssätze von verschiedenen Grundstückstypen23

1.3.1.6 Nutzungsdauer

Ais essenzieller Faktor bei der Verkehrswertermittlung wird zudem die Nut­zungsdauer des Bewertungsgegenstands herangezogen. Jedes Gebäude kann nicht unendlich lange in der Art und Weise genutzt werden, für dessen Zweck es ursprünglich vorgesehen war. Durch Benutzung, Witterung und an­dere Einflüsse wird die Substanz angegriffen, dass sich der Zustand der Be­bauung kontinuierlich verschlechtert. Aus diesem Grund werden dem Gebäu­deteil der Ertragswertermittlung zwei verschiedene Nutzungsdauern zuteil. Es existiert eine Gesamtnutzungsdauer sowie eine Restnutzungsdauer des Ge­bäudes.

Als Gesamtnutzungsdauer wird der Zeitraum angesehen, in dem das Ge­bäude bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und Bewirtschaftung insgesamt genutzt werden kann. Es wird zwischen der technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterschieden, wobei die technische Nutzungsdauer nicht län­ger als die oberste Grenze der wirtschaftlichen Nutzungsdauer sein kann.24 In folgender Tabelle, welche aus der Sachwertrichtlinie 2012 stammt, werden die durchschnittlichen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauern je Nutzungsart festgehalten:

Tabelle 3: Durchschnittliche wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer25

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Restnutzungsdauer hingegen, ist die Anzahl der Jahre, in denen die bau­liche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirt­schaftlich genutzt werden kann. Dabei ist die Restnutzungsdauer zu wählen, welche die wirtschaftlich sinnvollste Nutzung sicherstellt. Es ergibt sich folgen­des Berechnungsschema:

Restnutzungsdauer (RND) = wirt. Gesamtnutzungsdauer — Gebäudealter

Diese kann jedoch durch Modernisierungsmaßnahmen, Instandsetzungsar­beiten oder andere bauliche Einwirkungen wie folgt verändert werden:25 26

Fiktives Alter = wirt. Gesamtnutzungsdauer — Restnutzungsdauer

Die Restnutzungsdauer ist individuell für jedes Bewertungsobjekt zu ermitteln. Bei der Wertfindung fließen die Bestandteile Alter, Ausstattungsqualität und Instandhaltung bzw. Modernisierung mit ein. Zudem gilt es zu beachten, dass die baulichen Anlagen dem Alter entsprechend den allgemeinen Anforderun­gen für die Sicherheit des Menschen und gesunde Wohn- und Arbeitsverhält­nisse entsprechen.27 Bei dieser Betrachtung sind das Bewertungsobjekt sowie umliegende Grundstücke miteinzubeziehen.

1.3.1.7 Weitere Faktoren

Weitere Marktwertanpassungsfaktoren, respektive Anomalien, sind Abwei­chungen zwischen der Vertragsmiete und der angesetzten Marktmiete. Diese werden in Fachkreisen Over- bzw. Underrent genannt. Investitionsausgaben aufgrund zwingend durchzuführenden Instandsetzungs- und Instandhaltungs­arbeiten (CAPEX) können zudem den Ertragswert durch Ansetzung als Ano­malie beeinflussen. Ein weiteres Korrekturinstrument ist die Marktanpassung der Jahresreinerträge durch den Gutachter. Diese Anpassung wird in beson­deren Fällen durchgeführt und hat eine unmittelbare und direkt Auswirkung auf den Ertragswert.

Als weitere Faktoren werden die Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen des jeweiligen Gutachters angesehen. Aufgrund dessen individuellen Ent­scheidungen und Festlegungen wird der endgültige Marktwert beeinflusst.

1.3.2 Bewertungsmethoden

Die Ertragswertermittlung ist in verschiedenen Varianten durchführbar. Es wird zwischen dem Eingleisigen und dem Zweigleisigen Ertragswertverfahren un­terschieden. Als weitere Berechnungsmethode gilt das Discounted Cashflow Verfahren (DCF), welches zudem Prognoseverfahren genannt wird, als Teil des Ertragswertverfahren. Dieses zielt jedoch nicht auf den Markt- bzw. Ver­kehrswert ab, sondern ermittelt den Investmentwert des Bewertungsobjekts.

1.3.2.1 Zweigleisiges Ertragswertverfahren

Bei derAnwendung dieser Vorgehensweise wird im ersten Schritt der Boden­wert ermittelt. Dieser ist gegebenenfalls in eine selbständig nutzbare Teilfläche und der Bebauung zurechenbare Teilfläche aufzuteilen, falls es sich um ein übergroßes Bewertungsgrundstück handelt, bei welchem Grundstücksteile für eine angemessene Nutzung der Bebauung nicht benötigt werden, vielmehr nicht zur Ertragserzielung dienen.

Im zweiten Schritt wird der Reinertrag in einen Bodenwertanteil und in einen Gebäudewertanteil gesplittet. Von dem ermittelten Jahresreinertrag des Grundstücks wird ein sogenannter Bodenwertverzinsungsbetrag abgezogen, welcher den Bodenwertanteil darstellt. Er berechnet sich aus dem Bodenwert des Baulands (der Bebauung zurechenbare Teilfläche) und dem Liegen­schaftszinssatz. An dieser Stelle wird unabhängig des tatsächlichen Zustands mit Erschließungsbeitragsfreiheit (ebf) gerechnet.

Bodenwertverzinsungsbetrag = Bodenwert des Baulands x LSZ

Der Gebäudewertanteil entspricht dem marktüblichen Jahresreinertrag der baulichen Anlagen, welcher durch Subtraktion des Bodenwertverzinsungsbe­trags vom Reinertrag ermittelt wird.

Folgend wird der Ertragswert der baulichen Anlagen errechnet. Unter Anwen­dung eines Vervielfältigers (V), auch Rentenbarwertfaktor (RBWF) genannt, erfolgt eine Kapitalisierung bzw. Abzinsung des Reinertrags der baulichen An­lagen.28 Maßgebend sind dabei die Restnutzungsdauer sowie der Liegen­schaftszinssatz. Es wird im Regelfall eine nachschüssige Barwertmethodikan­gewandt, welche wie folgt dargestellt ist:29

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Multiplikation dieses Vervielfältigers mit dem Reinertrag der baulichen Anlagen lässt sich der Ertragswert der baulichen Anlagen, auch Gebäudewert, errechnen.

ErtragSWertbauliche Anlagen REbauliche Anlagen RBWF Wird folglich der Bodenwert des gesamten Grundstücks (inklusive selbständig nutzbarer Teilfläche) hinzugerechnet, entsteht der vorläufige Ertragswert. Ein endgültiger Marktwert lässt sich an dieser Stelle jedoch noch nicht feststellen, da weitere objektspezifische Eigenschaften bisher bewusst ignoriert wurden. So fließen wertbeeinflussende Faktoren, welche nicht zwingend als Treiber­faktoren bezeichnet werden, nachträglich in die Wertermittlung als sogenannte Anomalien ein.

So sind Wertminderungen in Form von Rückbaukosten gemäß der jeweiligen Restlaufzeit zu diskontieren und an dieser Stelle anzusetzen. Gleichartig ist bei Abweichungen der tatsächlichen Jahresnettokaltmiete im Vergleich zum marktüblichen Jahresrohertrag vorzugehen. Durch Ermittlung eines Vervielfäl­tigers, welcher für die Dauer des sogenannten Over- bzw. Underrents festzu­legen ist, wird im darauffolgenden Schritt der Mehr- bzw. Minderwert der be­treffenden Flächenüberlassung in Form eines Barwerts festgestellt. Andersar­tig ist bei einer möglichen Alterswertminderung vorzugehen. Instandhaltungs­rückstau bzw. Reparaturrückstau werden in Form eines prozentualen Abschla­ges entsprechend der Baumängel vorgenommen. Weitere Marktanpassungen sind durch Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt vorzuneh­men. Die Höhe der entsprechenden Wertminderung ist von dem zuständigen Gutachter festzustellen. Abschließend erfolgt eine fachmännische Rundung des Ertragswerts auf einen Verkehrswert.30

1.3.2.2 Eingleisiges Ertragswertverfahren

Eine Verkehrswertermittlung durch eine Methodik, welche scheinbar weniger aufwändige Berechnungsschritte erfordert, bietet das eingleisige Ertragswert­verfahren. Dieses wird in Fachkreisen deshalb auch als vereinfachtes Ertrags­wertverfahren genannt, da eine Aufteilung in einen Boden- und Gebäudewer­tanteil ausbleibt.

Vielmehr wird der Bodenwert, wie bei der Methodik des zweigleisigen Ertrags­wertverfahrens, in eine selbständige Teilfläche (falls vorhanden) und in eine der Bebauung zurechenbare Teilfläche gesplittet. Wird für Letzteres eine kurze Restnutzungsdauer von < 20 Jahren ermittelt, so folgt eine Minderung des Bodenwerts um die dafür anfallenden Freilegungskosten. Der verblei­bende, verminderte Bodenwert ist sodann mit einem Abzinsungsfaktor zu mul­tiplizieren. Der sich daraus ergebende komplementäre Restwert entspricht dem Bodenwertanteil der Umgriffsfläche, welche Erträge erwirtschaftet.31

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Seitens der Jahresreinerträge bildet sich ein ähnliches Berechnungsschema wie bei der Anwendung des zweigleisigen Ertragswertverfahren ab. Diese werden ohne vorherige um den Bodenwertverzinsungsbetrag mithilfe des Rentenbarwertfaktors kapitalisiert.

Wird der Bodenwert (selbständig nutzbare Teilfläche und Bodenwertanteil der Umgriffsfläche) mit dem Barwert der Jahresreinerträge addiert, so erhält man den vorläufigen Ertragswert. Folgende Schritte, welche die Wertanpassung durch Anomalien sowie ein fachmännisches Runden zum Erhalt des Verkehrswerts beinhalten, sind analog zum zweigleisigen Verfahren. Folge­richtig ist ein kongruentes Ergebnis zu erwarten.32

1.3.2.3 Discounted Cash Flow (DCF-Verfahren)

Das DCF-Verfahren ist eine gewisse Form des Ertragswertverfahrens, wel­ches der dynamischen Investitionsrechnung zuzuordnen ist. Das Ergebnis stellt nicht etwa lediglich den Verkehrswert, wie bei den beiden beschriebenen eingleisigen und zweigleisigen Ertragswertverfahren dar, sondern bildet auch den Kapitalwert. Für Analyse- und Bewertungszecke verhilft dieses Ergebnis bei großen gewerblichen Investitionsentscheidungen.33 Aus diesem Grund fungiert das DCF-Verfahren oftmals als ergänzende Methode, um Ergebnisse zu verifizieren. Zudem ist dieses Verfahren international sehr verbreitet, da es global bekannt ist, anerkannt wird und anwendbar ist. Jedoch gilt es kein all­gemein anerkanntes DCF-Verfahren für die Marktwertermittlung von Grund­stücken.34

Die Berechnungsmethodik unterscheidet sich grundsätzlich zu den bisher er­läuterten Ertragswertverfahren durch die Dynamik, welche durch die Anwen­dung einer Cashflow-Rechnung zum Ansatz kommt. Es werden Zahlungs­ströme auf den Bewertungsstichtag diskontiert, so dass Barwerte entstehen, welche aufaddiert werden und den Kapitalwert ergeben.35

Identisch des eingleisigen Ertragswertverfahrens sind Grund und Boden sowie Gebäude fiktiv nicht zu trennen, sondern als eine Einheit anzusehen. Ver­schiedene Ansätze können hierbei zur Anwendung kommen. Zukünftige Ein­nahmen sowie Ausgaben werden jahresgenau ermittelt und als Grundlage zur Erstellung eines Zahlungsstroms verwendet. Seitens der Einnahmen wird ein Jahresreinertrag zugrunde gelegt, welcher durch Subtraktion von Leerstand­kosten, nicht umlegbaren Bewirtschaftungskosten und sonstigen Kosten fest­gestellt wird. Weitere Ausgaben können beispielsweise nicht umlegbare Re­novierungskosten oder Maklergebühren sein. Der daraus entstehende Cash­flow für jedes Folgejahr wird sodann auf den Bewertungsstichtag mit einem Einführung speziellen Kapitalisierungszinssatz, welcher sich aus Basiszinssatz, Risikozu­schlag, Inflationsabschlag und Abschreibungszuschlag bildet, abgezinst.36 Es handelt sich dabei nicht um den Liegenschaftszinssatz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Üblicherweise wird ein Betrachtungszeitraum von 11 Jahren zugrunde gelegt, wobei die Diskontierung der einzelnen Perioden für 10 Jahre erfolgt. Für das Jahr 11 ist ein Reinertrag zu ermitteln, welcher auf Basis der Vollvermietung sowie durch Minderung der laufenden Kosten zu erzielen ist. Folgend wird die­ser Reinertrag durch Multiplikation mit dem Rentenbarwertfaktor (RBWF) zu einem Barwert, welcher wiederum auf den Bewertungsstichtag abgezinst wird und als Restwert bezeicxhnet werden kann. Anstehende Modernisierungskos­ten sind hierbei ebenfalls ab dem 11. Jahr abzuzinsen.

Durch Addition der Barwerte der Jahre 1 bis 10, des Restwertes und eventu­eller Modernisierungsmaßnahmen entsteht der vorläufige Ertragswert (Brutto­investmentwert). Insbesondere für Investitionsentscheidungen und zur Aufde­ckung von Arbitrageeffekten ist dieser von großer Bedeutung. Wird der Wert um Grundstückstransaktionskosten gemindert, so bildet sich der Ertragswert (Nettoinvestmentwert), welcher zur Verifizierung des marktüblichen Verkehrs­werts herangezogen werden kann.

1.3.2.4 Grafische Darstellung deraufgeführten Bewertungsmethoden

Im Folgenden werden die drei Varianten zur Ertragswertermittlung grafisch dargestellt. Hierbei wird das zweigleisige Ertragswertverfahren als allgemei­nes Ertragswertverfahren bezeichnet. Ferner wird das unter Discounted Cash Flow Verfahren als periodisches Ertragswertverfahren aufgeführt.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.4 Praktische Anwendung des Ertragswertverfahrens

1.4.1 DerSachverständige

Gibt ein Investor, ein Verkäufer, ein Fond oder sonstige Interessierte an einer Grundstückswertermittlung eine Grundstücksbewertung in Auftrag, so richtet sich dieser an einen Sachverständigen. Es gibt grundsätzlich drei verschie­dene Formen eines Solchen. Ein Sachverständiger hat in jedem Fall unab­dinglich unparteilich, unabhängig und weisungsfrei zu handeln. Im privaten Sachverständigensektor wird zwischen einem freien und einem zertifizierten Gutachter unterschieden.

Der freie Sachverständige darf sich diesen Titel eigens zuschreiben, eine ge­setzliche Regelung gibt es dafür nicht. Lediglich die Anforderungen an über­durchschnittliche Kenntnisse, Sachkunde und Erfahrungen sind hier zu nen­nen. Analog gilt der Begriff eines zertifizierten Sachverständigen als nicht ge­setzlich geschützt. Dieser hat sich jedoch durch Qualifizierungsnachweise ge­mäß bestimmten Qualitätsnormen (DIN EN ISO 9000 bis 9004) zu beweisen. Diese Qualitätsstandards gewähren internationale Anerkennung im privat­rechtlichen Sektor. Dem entgegen steht bei einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ein gesetzlich geschützter Begriff. Durch diesen Schutz soll eine besondere Glaubwürdigkeit hergestellt werden, um beispiels­weise Aussagen dieser Sachverständigen vor Gerichten oder Behörden als zuverlässig einstufen zu können.38

1.4.2 DerBewertungsbericht

Kenntnisse, Erkenntnisse, Ausarbeitungen, Berechnungen und Ergebnisse des Gutachters werden dem Auftraggeber in Form eines Bewertungsberichts dargestellt und übermittelt. Dieser kann sich bei aufwändigen Bewertungsob­jekten über eine Vielzahl an DIN A4 Seiten erstrecken, jedoch sind auch kurz zusammengefasste Berichte keine Seltenheit.

Die Tätigkeit des Gutachters liegt unter anderem insbesondere darin, sich fachgerecht mit dem Bewertungsobjekt auseinanderzusetzen und es „kennenzulernen“. Zu Beginn ist eine Bestandsaufnahme der von dem Auf­traggeberoderden Auftraggebern überlassenen Unterlagen mit Informationen und Daten zum Bewertungsgrundstück durchzuführen. Unabdinglich ist eine sodann folgende Grundstücksbesichtigung, bei welcher das Objekt fachkundig begutachtet wird. Es soll ein allgemeiner Eindruck über den Zustand gewon­nen werden. Auf wertbeeinflussende Faktoren wie beispielsweise Baumängel und ein Vergleich zwischen Realität und übermittelten Informationen sollte an dieser Stelle nicht verzichtet werden. Eine Fotodokumentation, welche sich im Gutachten widerfindet, ist in diesem Zuge zusätzlich zu erstellen.

Als nächster Schritt gilt es, die Region und das Umfeld anhand einer Stand­ortanalyse kennenzulernen, bevor eine umfassende Grundstücksanalyse er­folgt. Grundstücksgrenzen und rechtliche Belange wie die Kenntnisnahme der Stadtplanung durch Beschaffung eines Auszugs aus dem Liegenschaftskata­ster, die Bestandsaufnahme von Alt- und Baulasten sowie möglichem Denk­malschutz und Erschließungszustände sind zu berücksichtigen. Der Eigen­tumsstatus ist anhand einer Einsicht in das Grundbuch zu erfahren.

Um eine umfassende Gebäudeanalyse durchzuführen, ist die Beschaffung von objektspezifischen Informationen unabdingbar. So werden Flächenauf­maße, Grundrisse, Gebäudepläne und Bauanträge detailreich geprüft und kontrolliert. Geschossflächenzahlen, Grundflächenzahlen und Baumassen­zahlen fließen dabei mit ein. Mieterlisten, darin enthaltene eventuelle struktu­relle Leerstände und Mietverträge sind abzugleichen und Ausstattungsstan­dards zu erkennen und einzustufen.

Grundstücksmarktdaten, welche sich bundesweit, städtespezifisch und auf Teilmärkte erstrecken sind genauestens zu ermitteln. Sämtliche Marktannah­men und Anpassungsfaktoren basieren auf dieser Recherche. Insbesondere Vergleichsmieten, vergleichbare Transaktionen und deren Volumen sowie ge­tätigte Investments bieten bedeutende Erkenntnisse. Kontaktaufnahme zu ortsansässigen Maklern, Verbänden, öffentlichen Stellen oder kooperierenden Unternehmen gehören dadurch zum Tagesgeschäft.

Schlussendlich dienen all diese Recherche-, Analyse- und Einstufungstätig­keiten zur Bewertung der Liegenschaft. Dem Grundstück an sich, sowie der Gebäudequalität werden anhand von Tatsachen, Annahmen und 20 Festlegungen Werte zugeschrieben. Es gilt sämtliche Daten, stammend aus der Grundstücksbesichtigung und der erhaltenden Informationen zusammen­zuführen. Diese Werte werden durch die Grundstückswertermittlung im Be­wertungsbericht zuzüglich eines Bewertungsergebnisses festgehalten. Als Zu­satz erhält der Auftraggeber eine Risikoeinschätzung, welche einen Ausblick in die Zukunft enthält. Aussagekräftige Endergebnisse stehen zum Wertermitt­lungsstichtag als Nettoanfangsrendite, Vervielfältiger und Marktwert zur Ver­fügung.

[...]


1 vgl. Abel, Ein Mal Lage reicht, 2020

2 vgl. Bobka, Handbuch Immobilienbewertung in internationalen Märkten, 2013, S. 91

3 vgl. Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 1

4 vgl. §194 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 2017,

5 vgl. §8 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

6 in Anlehnung an: Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 45

7 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1713

8 vgl. §16 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

9 vgl. §3 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

10 §15, §16 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

11 §193 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 15.6.2020a

12 §5 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

13 vgl. §18 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

14 vgl. Hegemann, Bewertung bei Schenkungen und Erbschaften, 2013, S. 111

15 vgl. Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 199

16 vgl. §19 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

17 in Anlehnung an: Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 204 und 205

18 vgl. §19 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020

19 vgl. Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 47

20 in Anlehnung an: Fröhlich, Betriebskostenverordnung (BetrKV), 2003

21 vgl. §193 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 2017,

22 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1813, Rn. 251

23 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1815

24 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, Nr. 3.5.6

25 vgl. Bomba, Sachwertrichtlinie, 2012, S. 44, Anlage 3

26 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1820

27 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, 3.5.6.2

28 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, 3.5.7

29 vgl. Anlage 2 (zu §20): Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020

30 in Anlehnung an: §§ 17-20, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020

31 vgl. Anlage 2 (zu §20): Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020

32 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1726, Rn. 34

33 vgl. Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 35

34 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1737, Rn. 51

35 in Anlehnung an: Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 35

36 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1740, Rn., 56

37 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1740, Rn., 56

38 in Anlehnung an: Petersen, Verkehrswertermittlung von Immobilien, 2013, S. 75 - 82

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Das Ertragswertverfahren in der praktischen Anwendung. Schwächen und Potentiale
Hochschule
HBC Hochschule Biberach. University of Applied Sciences
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
84
Katalognummer
V953472
ISBN (eBook)
9783346295026
ISBN (Buch)
9783346306005
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Das Ertragswertverfahren in der praktischen Anwendung, Luis Müller, Schwächen und Potentiale, Ertragswertverfahren, Grundstücksbewertung, Immobilienbewertung, Marktwertermittlung, Bewertungsbericht, Ertragswert, Real Estate Valuation, Immobilien, Bewertung
Arbeit zitieren
Luis Müller (Autor:in), 2020, Das Ertragswertverfahren in der praktischen Anwendung. Schwächen und Potentiale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/953472

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