Die Arbeit beschäftigt sich mit der praktischen Anwendung des Ertragswertverfahrens und gibt Einblick in daraus resultierende Potentiale. Es stellt sich dabei die Frage, wie viel eine Liegenschaft wert ist. Um diese Fragestellung mit einer zufriedenstellenden Antwort erwidern zu können, existieren verschiedenste Wertermittlungsverfahren.
In dieser Ausarbeitung werden die Schwächen, Lücken und Potentiale der Ertragswertermittlung aufgezeigt. Im einleitenden Teil werden grundlegende Begrifflichkeiten anhand verschiedenster Literaturquellen definiert und erläutert. Dabei wird insbesondere auf das Ertragswertverfahren an sich, sowie dessen Treiberfaktoren eingegangen. Des Weiteren wird bereits hier der Bezug zur Praxis hergestellt, indem die Tätigkeit des Gutachtenden sowie die Erstellung eines Bewertungsberichts erläutert wird.
Im analytischen Teil folgt sodann ein Fallbeispiel, anhand dessen verschiedene Faktoren analysiert und untersucht werden. Ziel dabei ist es, anhand einer Sensitivitätsanalyse darzustellen, inwiefern sich veränderte Wertansätze auf den Ertragswert und weitere Kennzahlen auswirken. Einschlägige Werte werden dabei jeweils um 20 % gemindert, um die tatsächliche prozentuale Werteveränderung des Ergebnisses zu erhalten. Der Verkehrswert wird dabei zur Veranschaulichung auf 50.000 € gerundet.
Der dritte Abschnitt besteht aus einer Zusammenstellung von potentiellen Veränderungen des Ertragswertverfahrens. Erkenntnisse aus der Analyse werden an dieser Stelle zusammengetragen und runden diese Ausarbeitung ab. Am Ende der Analyse und der Potentialeinschätzung wird ein Resümee dargestellt. Ein Fazit, welches die gesamte Ausarbeitung betrifft, bildet den Abschluss dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINFÜHRU
1.1 Zielsetzung
1.2 Abstract
1.3 Erläuterung Ertragswertverfahren
1.3.1 Treiberfaktoren und Bestandteile
1.3.2 Bewertungsmetho
1.4 Praktische Anwendung des Ertragswertverfahrens
1.4.1 Der Sachverständi
1.4.2 Der Bewertungsberich
2 ANALY
2.1 Darstellung anhand eines Fallbeispiels
2.2 Wertbeeinflussende Treiberfaktoren
2.2.1 Bodenwe
2.2.2 Jahresrohertra
2.2.3 Bewirtschaftungskost
2.2.4 Liegenschaftszinss
2.2.5 Restnutzungsda
2.3 Weitere wertbeeinflussende Faktoren
2.3.1 Rentenbarwertfaktor
2.3.2 Anomali
2.3.3 Weitere Faktoren
2.4 Fazit der Analyse.
2.4.1 Treiberfaktore
2.4.2 Weitere wertbeeinflussende Faktore
2.4.3 Fallbeisp
3 POTENTIA
3.1 Potentielle Veränderungen
3.1.1 Treiberfaktore
3.1.2 Weitere Faktoren
3.2 Fazit des Potentials
4 FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typische Liegenschaftszinssätze von verschiedenen Grundstückstypen
Abbildung 2: Übersicht der aufgeführten Ertragswertverfahren
Abbildung 3: Zusammensetzung der Bruttogrundfläche
Abbildung 4: Nachhaltigkeit von Immobilien
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einstufung analytischer Ergebnisse
Tabelle 2: Anwendung von Wertermittlungsverfahren
Tabelle 3: Durchschnittliche wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer
Tabelle 4: Berechnungsbeispiel-Zweigleisiges Ertragswertverfahren
Tabelle 5: Grunddaten zur Analyse des Bodenwerts I
Tabelle 6: Grunddaten zur Analyse des Bodenwerts II
Tabelle 7: Konsequenzen der Abwandlung des Bodenwerts
Tabelle 8: Grunddaten zur Analyse des Jahresrohertrags 1
Tabelle 9: Grunddaten zur Analyse des Jahresrohertrags II
Tabelle 10: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags 1
Tabelle 11: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags II
Tabelle 12: Konsequenzen der Abwandlung des Rohertrags III
Tabelle 13: Grunddaten zur Analyse der Bewirtschaftungskosten I
Tabelle 14: Grunddaten zur Analyse der Bewirtschaftungskosten II
Tabelle 15: Bewirtschaftungskosten - gewerbliche Nutzung
Tabelle 16: Bewirtschaftungskosten - Büronutzung
Tabelle 17: Bewirtschaftungskosten von Spezialimmobilien
Tabelle 18: Konsequenzen der Abwandlung der Bewirtschaftungskosten
Tabelle 19: Grunddaten zur Analyse des Liegenschaftszinses
Tabelle 20: Auswirkungen verschiedener Liegenschaftszinssätze
Tabelle 21: Konsequenzen der Abwandlung des Liegenschaftszinssatzes I
Tabelle 22: Konsequenzen der Abwandlung des Liegenschaftszinssatzes II
Tabelle 23: Grunddaten zur Analyse der Restnutzungsdauer 1
Tabelle 24: Grunddaten zur Analyse der Restnutzungsdauer II
Tabelle 25: Auswirkungen verschiedener Restnutzungsdauern
Tabelle 26: Konsequenzen der Abwandlung der Restnutzungsdauer 1
Tabelle 27: Konsequenzen der Abwandlung der Restnutzungsdauer II
Tabelle 28: Zusammenstellung der Auswirkungen auf den Rentenbarwertfaktor
Tabelle 29: Analyse von Veränderungen des Rentenbarwertfaktors
Tabelle 30: Marktanpassung durch Gutachter
Tabelle 31: Konsequenzen von Veränderungen allerTreiberfaktoren 1
Tabelle 32: Konsequenzen von Veränderungen allerTreiberfaktoren II
Tabelle 33: Einstufung von analytischen Ergebnissen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
1.1 Zielsetzung
Darauf angesprochen, welches die wichtigsten Faktoren beim Erwerb einer Immobilie sind, ist im Volksmund sehr oft die Aussage „Lage, Lage, Lage“ zu hören. In Fachkreisen wird dieses Erfolgskriterium als veraltet angesehen, weshalb beispielsweise die Elemente „Lage, Konzept und Timing“ als bedeutsamster Immobiliendreiklang bezeichnet werden.1 Erlangtjedoch eine private Person oder ein Unternehmen das Eigentum an einem Grundstück, so steigt das Interesse an diesem. Lediglich drei oder gar ein Faktor erscheinen nicht mehr als ausreichend, um den Eigenschaften dieses Grundstücks sowie dem Interesse des Eigentümers gerecht zu werden. In Folge dessen, ist eine Wertermittlung des Grundstücks anzustreben. Hinter dem Wert einer Immobilie verbergen sich einige Einzelheiten, Eigenschaften, Faktoren und Bestandteile.
Es gibt verschiedene Anlässe, um eine Wertermittlung eines Grundstücks durchzuführen. So lassen sich potentielle Erwerber von Grundstücken Marktwerte von Gutachtern erstellen, um einschätzen zu können, auf welchem Niveau sich ein mögliches Kaufangebot befinden wird. Selbiges gilt aus Sicht eines Grundstückseigentümers, welcher wissen möchte, welcher Ertrag durch seine Liegenschaft erzielt werden kann. Zur Beleihung von Grundstücken wird ein sogenannter Beleihungswert herangezogen, während ein Einheitswert für steuerliche Zwecke zur Anwendung kommt. Auch die Performancemessung eines Grundstücks sowie eine Beratungs- und Argumentationsfunktion können als Anlass oftmals hingegen der Hauptgrund sein.2 Bei jedem dieser Vorgänge dreht es sich um die fundamentale Fragestellung: Wie viel ist eine Liegenschaft wert?3
Um diese Fragestellung mit einer zufriedenstellenden Antwort erwidern zu können, existieren verschiedenste Wertermittlungsverfahren. In dieserAusar- beitung werden die Schwächen, Lücken und Potentiale der Ertragswertermittlung aufgezeigt.
1.2 Abstract
Im einleitenden Teil dieser Ausarbeitung werden grundlegende Begrifflichkei- ten anhand verschiedenster Literaturquellen definiert und erläutert. Dabei wird insbesondere auf das Ertragswertverfahren an sich, sowie dessen Treiberfaktoren eingegangen. Des Weiteren wird bereits hier der Bezug zur Praxis hergestellt, indem die Tätigkeit des Gutachtenden sowie die Erstellung eines Bewertungsberichts erläutert wird.
Im analytischen Teil folgt sodann ein Fallbeispiel. Anhand dessen werden verschiedene Faktoren analysiert und untersucht. Ziel dabei ist es, anhand einer Sensitivitätsanalyse darzustellen, inwiefern sich veränderte Wertansätze auf den Ertragswert und weitere Kennzahlen auswirken. Einschlägige Werte werden dabei jeweils um 20 % gemindert, um die tatsächliche prozentuale Werteveränderung des Ergebnisses zu erhalten. DerVerkehrswertwird dabei zur Veranschaulichung auf 50.000 € gerundet. Sämtliche Ergebnisse werden sodann analysiert und deren Auswirkungen eingestuft. Diese Einstufung erfolgt folgendermaßen:
Tabelle 1: Einstufung analytischer Ergebnisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der dritte Abschnitt besteht aus einer Zusammenstellung von potentiellen Veränderungen des Ertragswertverfahrens. Erkenntnisse aus der Analyse werden an dieser Stelle zusammengetragen und runden diese Ausarbeitung ab.
Am Ende der Analyse und der Potentialeinschätzung der wird jeweils ein Resümee dargestellt. Ein Fazit, welches die gesamte Ausarbeitung betrifft bildet den Abschluss dieser Bachelorarbeit.
1.3 Erläuterung Ertragswertverfahren
Der Verkehrswert, respektive Marktwert, eines Grundstücks wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften des Grundstücks zu erzielen wäre.4 Unter gewöhnlichem Geschäftsverkehr ist eine objektive Preisbestimmung ohne Zeitdruck, Zwang oder Not zu verstehen. Als gesetzliche Grundlage zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken dient die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Gemäß dieser sind das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren, das Ertragswertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen.5 6
Tabelle 2: Anwendung von Wertermittlungsverfahren6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es gilt zu beachten, dass das Vergleichswertverfahren lediglich zur Anwendung kommt, wenn geeignete und vergleichbare Daten vorliegen. Das Sachwertverfahren findet durch Ermittlung von Herstellungskosten der baulichen Anlagen sowie dem Bodenwert, meist bei eigengenutzten Objekten, Anwendung. Bei Objekten, für welche die Verzinsung des investierten Kapitals bei der Preisbildung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausschlaggebend ist, wird aufgrund bestehender Gepflogenheiten das Ertragswertverfahren herangezogen. Konkret bedeutet dies, dass eine Verwendung dieses Verfahrens nur bei Objekten sinnvoll und möglich ist, welche Erträge erzielen. Dazu gehören insbesondere Mietwohngrundstücke sowie gewerblich genutzte (Einzel-)Handelsimmobilien, Büro- und Verwaltungsgebäude, industriell genutzte Grundstücke, Lagerhallen, Hotels oder Kliniken.7
Gegenstand der Ertragswertermittlung ist das Bewertungsgrundstück, welches durch einen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche definiert werden kann. Je nach angewendetem Verfahren wird die Gesamtheit des Grundstücks theoretisch in zwei wesentliche Bestandteile gegliedert. Grund dafür ist, dass die Ermittlung von Grund und Boden auf eine andere Art und Weise erfolgt, als der verbleibende bauliche Gegenstand. Sämtliche Eigenarten und unterschiedlichste Faktoren dieser beiden Komponenten lassen keine einheitliche Wertefeststellung zu. So wird der Wert des Grund und Bodens (Bodenwert) anhand des Vergleichswertverfahrens gebildet, während als Grundlage zur Ertragswertermittlung der baulichen Anlagen verschiedene ertrags- und kostenbezogene Treiberfaktoren dienen.8 Diese Faktoren sind auf einen bestimmten Wertermittlungsstichtag zu ermitteln. Als Maßgebender Zeitpunkt der Wertermittlung und des Grundstückszustands dient dieser Tag als Qualitätsstichtag.9
1.3.1 Treiberfaktoren und Bestandteile
Als die wichtigsten Bestandteile der Ertragswertermittlung werden Jahresroherträge, Bewirtschaftungskosten, Zinssätze, und Restnutzungsdauern angesehen. Anhand dieser werden in verschiedenen Berechnungsstufen aussagekräftige Zwischenergebnisse erstellt. Nebst des Bodenwertes sind diese Komponenten somit essenzielle Faktoren.
1.3.1.1 Bodenwert
Als Bodenwert wird der Wert eines unbebauten Grundstücks angesehen. Dieser wird grundsätzlich durch lediglich zwei Komponenten ermittelt. Einerseits ist die Größe des zu bewertenden Grundstücks festzustellen, andererseits ist für diese Fläche ein plausibler Preis durch den sogenannten Bodenrichtwert, festzulegen. Daraus ergibt sich folgendes Berechnungsschema:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gemäß des Vergleichswertverfahrens, welches bei der Wertermittlung des Grund und Bodens vorrangig zur Anwendung kommt, ist der Bodenwert aus einer ausreichenden Anzahl von Vergleichspreisen zu ermitteln.10 Grundlegende Parameter dafür sind die Lage sowie die Nutzung der Liegenschaft. Der Bodenrichtwert stammt aus Kaufpreissammlungen der jeweils zuständigen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte.11 So werden alle notariell beurkundeten Kaufpreise in eine Datenbank eingepflegt, auf welche Finanzämter und Gutachterausschüsse Zugriff erlangen. Auf Basis dieser reellen Grundstückskaufpreise werden durchschnittliche Bodenwerte für bestimmte Gebiete erstellt, welche als Vergleichswert dienen. Eine Feststellung des Bodenrichtwertes erfolgt regelmäßig in einem Zweijahreszyklus, jeweils zum 31. Dezember eines Jahres. Nebst Angaben zu Lage und Wert beinhaltet eine solche Feststellung Auskünfte über beschreibende Merkmale. Einer dieser Faktoren ist der Entwicklungszustand des Grundstücks. So wird unterschieden zwischen Flächen der Land- und Forstwirtschaft, Bauerwartungsland, Rohbauland und baureifem Land.12 Art und Maß der Bebauung in Form von Geschossflächenzahl (GFZ) und Grundflächenzahl (GRZ) der Bebauung können ebenfalls eine Rolle zur Wertfindung spielen.
Des Weiteren ist insbesondere auf die Vergleichbarkeit von Nutzungsart, Lage, Rechte und Pflichten, Zeitbezug, Ausnutzung, Zuschnitt, Bodenbeschaffenheit und Erschließungszustand zu achten. Besteht bei Letzterem eine Beitragspflicht, so ist der anzusetzende Bodenrichtwert um die Höhe der noch offenen Beiträge zu mindern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Kombination mit diesen grundstücksspezifischen Eigenschaften lassen sich marktorientierte Werte bilden, welche dem Bewertungsgegenstand entsprechen. Der Bodenwert dient sodann als wichtige Komponente in verschiedenen Stufen des Ertragswertverfahrens.
1.3.1.2 Jahresreinertrag
Als essenzielle Größe bei der Ertragswertermittlung fungiert der Jahresreinertrag als Grundlage sämtlicher Berechnungen. Wird ein solcher Vorgang veranschaulicht, so lässt sich feststellen, dass gegenläufig von Erträgen grundsätzlich Aufwände und Risiken stehen. Diese entsprechen den laufenden Bewirtschaftungskosten des Bewertungsobjekts. Bestehend aus dem Jahresrohertrag sowie den entsprechenden Bewirtschaftungskosten wird durch folgendes Berechnungsschema der marktüblichen Jahresreinertrag erzielt:
Reinertrag (RE) = Rohertrag — Bewirtschaftungskosten (BWK)
1.3.1.3 Jahresrohertrag
Berechnungsgrundlage für den Jahresreinertrag ist der Jahresrohertrag. Dieser ist das Entgelt, das bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielt werden kann.13 Hierbei handelt es sich grundsätzlich um Mieten, Pachten und sonstigen Zahlungen, welche im Zusammenhang mit Nutzungsrechten stehen. Es sind die marktüblich erzielbaren Jahreseinnahmen (Nettokaltmieten), aller überlassener Grundstücksteile zu erfassen. Dies beinhaltet insbesondere Wohn- und Gewerbebauten, Garagen, Stellplätze und sonstige Flächen, welche nicht Grund und Boden sind. Für ungenutzte, eigengenutzte oder verbilligt überlassene Grundstücke oder Grundstücksteile sind sämtliche Einnahmen gleichermaßen auf Marktniveau zugrunde zu legen.
1.3.1.4 Bewirtschaftungskosten
Seitens der Aufwendungen lassen sich laufende Bewirtschaftungskosten widerfinden. Als regelmäßige Ausgaben werden diese üblicherweise somit von Roherträgen getragen. Konkretisieren lassen sich diese Ausgaben als Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten, sonstigen Betriebskosten und als Mietausfallwagnis.14 Entstandene Kosten sind an dieser Stelle gleichermaßen nach dem Kriterium der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung zuzüglich der Marktüblichkeit, sowie der zulässigen Nutzung zu bemessen. Die Nachhaltigkeit der Entstehung ist dabei von großer Bedeutung.15 Kosten dürfen jedoch nur dann zur Minderung des Jahresreinertrags herangezogen werden, wenn diese nicht durch Umlagen oder Förderungen ausgeglichen werden.
Verwaltungskosten betreffen Aufwendungen für erforderliche gebäudeverwaltende Arbeitskräfte und Einrichtungen. Zuzüglich beinhalten diese den Wert, der vom Eigentümer persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, Kosten der Aufsicht und die Kosten der Geschäftsführung.16 Insbesondere sind hier Tätigkeiten der Buchhaltung, Mieterkorrespondenzen, Rechnungs- und Zahlungsangelegenheiten, die Jahresabschlussrechnungen und die Organisation des Grundstücks miteinbezogen. Diese Kosten werden generell je Wohn-, Gewerbe- oder sonstiger Einheit monatlich abgerechnet und bei der Wertermittlung angesetzt.
Jährlich und je Quadratmeter Mietfläche werden hingegen die Instandhaltungskosten erfasst. Diese werden per Definition als Kosten angesehen, welche infolge von Abnutzung, Alterung und Witterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der baulichen Anlagen während deren Nutzungsdauer aufgewendet werden müssen. So sind vorbeugende Maßnahmen, die den bestehenden und ordnungsgemäßen Zustand aufrechterhalten, als Instandhaltung anzusehen. Bestehende Gebäudeteile werden somit erhalten. Die Begrifflichkeit beinhaltetjedoch nicht nur Aufwendungen, welche derVer- mieter für die Instandhaltung trägt, sondern auch für solche der Instandsetzung. Durch die Wiederherstellung des Bestandes wird etwas Vorhandenes durch ein neues Bauteil ersetzt, jedoch nicht aufgewertet. Sollte dies der Fall sein, gilt die Veränderung als Modernisierung, welche den Rohertrag nicht mindern darf.17
Der Begriff Mietausfallwagnis umfasst das Risiko von Ertragsminderungen, die durch uneinbringliche Rückstände von Mieten, Pachten und sonstigen Einnahmen entstehen. In diesem Zusammenhang beinhaltet das Wagnis auch solche Risiken von uneinbringlichen Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung, Aufhebung eines Mietverhältnisses oder Räumung. Selbiges gilt bei vorübergehend leerstehenden Räumlichkeiten, welche zur Vermietung oder Verpachtung bestimmt sind.18 Hierbei handelt es sich überwiegend um Übergangsleerstände bei einem Mieterwechsel oder um sehr schlecht vermietbare bzw. verpachtbare Liegenschaften. Mietausfälle oder Leerstände sind somit sehr abhängig von der Einstufung der Lage des Grundstücks und der Bonität des Mieters. Regelmäßig besteht bei Büro- und Gewerbebauten ein höheres Ausfallrisiko sowie eine größere Abhängigkeit von Konjunktur- und Immobilienmarktzyklen.19 Aus diesen Faktoren lässt sich eine Eintrittswahrscheinlichkeit in Form eines gewissen Prozentsatzes bilden. Dieser Risikoabschlag mindert den Jahresrohertrag durch jährliche Erfassung.
Verbleibende Betriebskosten, sind Kosten, welche durch das Eigentum am Bewertungsgrundstück laufend anfallen und entstehen. Dazu gehört die Leistung, welche der Eigentümer selbst erbringt mit dem Betrag, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten anzusetzen wäre. Hierbei handelt es sich um Kosten der Grundsteuer, der Gartenpflege, der Hausreinigung, für Versicherungen oder Kosten für einen Hauswart berücksichtigt. Aufwendungen, die durch Mietumlagen oder anderweitige Ausgleichszahlungen gedeckt sind, dürfen hier nicht zum Ansatz kommen. Gleiches gilt für Instandhaltungs- und Verwaltungskosten. Berücksichtigungsfähige Betriebskosten müssen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entsprechen und der Höhe nach angemessen sein.20
Der Reinertrag lässt sich somit als marktüblich bereinigten Begriff darstellen. Hierbei wird durch verschiedene Annahmen und durch die Berücksichtigung von Kosten ein rationales Marktverhalten beigemessen.
1.3.1.5 Liegenschaftszinssatz
Mit dem Erwerb und dem Eigentum von Liegenschaften wird potentiell anderweitig verwendbares Kapital gebunden. Der Verkehrswert, welcher dem Grundstück zuzuschreiben ist, ist somit zu verzinsen. Dies geschieht durch die Anwendung eines Kapitalisierungszinssatzes für Grundstücke, dem sog. Liegenschaftszinssatz (LSZ).
Die Zuständigkeit zur Erstellung solcher Liegenschaftszinssätze liegt, analog zur Führung von Kaufpreissammlungen, beim jeweils örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte.21 Durch die Einbeziehung und den Vergleich von verschiedenen Grundstückstransaktionen lassen sich so Zinssatzspannen erstellen. Für den konkreten Bewertungsfall dienen die Treiberfaktoren Grundstücksart, konjunkturelle Bedingungen auf dem Markt, Lage des Grundstücks, Beschaffenheit des Grundstücks und Mietsituation zur Festlegung eines konkreten Liegenschaftszinssatz, welcher dem Bewertungsobjekt entspricht. Somit handelt es sich hierbei um einen Marktanpassungsfaktor.
Durch seine empirische Ableitung beinhaltet der Kapitalisierungszinssatz weitere angleichende Eigenschaften. So werden zu erwartende Änderungen der Erträge, zu erwartende Wertschwankungen auf dem Grundstücksmarkt, die Entwicklung der Bewirtschaftungskosten sowie Veränderungen der steuerlichen Begebenheiten, widergespiegelt und auf das Bewertungsgrundstück angepasst.22
Er bildet eine durchschnittliche und marktübliche Verzinsung je nach Grundstücksart; insbesondere für Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke. Diese Nutzungsarten lassen sich durch ihre Charakteristiken in Kategorien einordnen, für welche eine spezifische Zinssatzspanne zu erkennen ist. So lässt sich feststellen, dass die Höhe des Zinssatzes vom gewerblich-industriellen Anteil der Liegenschaft abhängig ist. Verfügt ein Bewertungsobjekt über einen hohen Anteil an Produktions- und Industrieflächen, so ist der entsprechende Zinssatz höher als bei Grundstücken, welche über einen großen Anteil an Wohnnutzung verfügen. Grund dafür ist, dass Gewerbegrundstücke im Allgemeinen einer stärkeren Belastung und somit einem größeren Risiko ausgesetzt sind.
Folgendes Schaubild zeigt verschiedene Liegenschaftszinssätze, eingeordnet nach Art der Grundstücksnutzung, auf:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Typische Liegenschaftszinssätze von verschiedenen Grundstückstypen23
1.3.1.6 Nutzungsdauer
Ais essenzieller Faktor bei der Verkehrswertermittlung wird zudem die Nutzungsdauer des Bewertungsgegenstands herangezogen. Jedes Gebäude kann nicht unendlich lange in der Art und Weise genutzt werden, für dessen Zweck es ursprünglich vorgesehen war. Durch Benutzung, Witterung und andere Einflüsse wird die Substanz angegriffen, dass sich der Zustand der Bebauung kontinuierlich verschlechtert. Aus diesem Grund werden dem Gebäudeteil der Ertragswertermittlung zwei verschiedene Nutzungsdauern zuteil. Es existiert eine Gesamtnutzungsdauer sowie eine Restnutzungsdauer des Gebäudes.
Als Gesamtnutzungsdauer wird der Zeitraum angesehen, in dem das Gebäude bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und Bewirtschaftung insgesamt genutzt werden kann. Es wird zwischen der technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterschieden, wobei die technische Nutzungsdauer nicht länger als die oberste Grenze der wirtschaftlichen Nutzungsdauer sein kann.24 In folgender Tabelle, welche aus der Sachwertrichtlinie 2012 stammt, werden die durchschnittlichen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauern je Nutzungsart festgehalten:
Tabelle 3: Durchschnittliche wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer25
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Restnutzungsdauer hingegen, ist die Anzahl der Jahre, in denen die bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Dabei ist die Restnutzungsdauer zu wählen, welche die wirtschaftlich sinnvollste Nutzung sicherstellt. Es ergibt sich folgendes Berechnungsschema:
Restnutzungsdauer (RND) = wirt. Gesamtnutzungsdauer — Gebäudealter
Diese kann jedoch durch Modernisierungsmaßnahmen, Instandsetzungsarbeiten oder andere bauliche Einwirkungen wie folgt verändert werden:25 26
Fiktives Alter = wirt. Gesamtnutzungsdauer — Restnutzungsdauer
Die Restnutzungsdauer ist individuell für jedes Bewertungsobjekt zu ermitteln. Bei der Wertfindung fließen die Bestandteile Alter, Ausstattungsqualität und Instandhaltung bzw. Modernisierung mit ein. Zudem gilt es zu beachten, dass die baulichen Anlagen dem Alter entsprechend den allgemeinen Anforderungen für die Sicherheit des Menschen und gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entsprechen.27 Bei dieser Betrachtung sind das Bewertungsobjekt sowie umliegende Grundstücke miteinzubeziehen.
1.3.1.7 Weitere Faktoren
Weitere Marktwertanpassungsfaktoren, respektive Anomalien, sind Abweichungen zwischen der Vertragsmiete und der angesetzten Marktmiete. Diese werden in Fachkreisen Over- bzw. Underrent genannt. Investitionsausgaben aufgrund zwingend durchzuführenden Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten (CAPEX) können zudem den Ertragswert durch Ansetzung als Anomalie beeinflussen. Ein weiteres Korrekturinstrument ist die Marktanpassung der Jahresreinerträge durch den Gutachter. Diese Anpassung wird in besonderen Fällen durchgeführt und hat eine unmittelbare und direkt Auswirkung auf den Ertragswert.
Als weitere Faktoren werden die Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen des jeweiligen Gutachters angesehen. Aufgrund dessen individuellen Entscheidungen und Festlegungen wird der endgültige Marktwert beeinflusst.
1.3.2 Bewertungsmethoden
Die Ertragswertermittlung ist in verschiedenen Varianten durchführbar. Es wird zwischen dem Eingleisigen und dem Zweigleisigen Ertragswertverfahren unterschieden. Als weitere Berechnungsmethode gilt das Discounted Cashflow Verfahren (DCF), welches zudem Prognoseverfahren genannt wird, als Teil des Ertragswertverfahren. Dieses zielt jedoch nicht auf den Markt- bzw. Verkehrswert ab, sondern ermittelt den Investmentwert des Bewertungsobjekts.
1.3.2.1 Zweigleisiges Ertragswertverfahren
Bei derAnwendung dieser Vorgehensweise wird im ersten Schritt der Bodenwert ermittelt. Dieser ist gegebenenfalls in eine selbständig nutzbare Teilfläche und der Bebauung zurechenbare Teilfläche aufzuteilen, falls es sich um ein übergroßes Bewertungsgrundstück handelt, bei welchem Grundstücksteile für eine angemessene Nutzung der Bebauung nicht benötigt werden, vielmehr nicht zur Ertragserzielung dienen.
Im zweiten Schritt wird der Reinertrag in einen Bodenwertanteil und in einen Gebäudewertanteil gesplittet. Von dem ermittelten Jahresreinertrag des Grundstücks wird ein sogenannter Bodenwertverzinsungsbetrag abgezogen, welcher den Bodenwertanteil darstellt. Er berechnet sich aus dem Bodenwert des Baulands (der Bebauung zurechenbare Teilfläche) und dem Liegenschaftszinssatz. An dieser Stelle wird unabhängig des tatsächlichen Zustands mit Erschließungsbeitragsfreiheit (ebf) gerechnet.
Bodenwertverzinsungsbetrag = Bodenwert des Baulands x LSZ
Der Gebäudewertanteil entspricht dem marktüblichen Jahresreinertrag der baulichen Anlagen, welcher durch Subtraktion des Bodenwertverzinsungsbetrags vom Reinertrag ermittelt wird.
Folgend wird der Ertragswert der baulichen Anlagen errechnet. Unter Anwendung eines Vervielfältigers (V), auch Rentenbarwertfaktor (RBWF) genannt, erfolgt eine Kapitalisierung bzw. Abzinsung des Reinertrags der baulichen Anlagen.28 Maßgebend sind dabei die Restnutzungsdauer sowie der Liegenschaftszinssatz. Es wird im Regelfall eine nachschüssige Barwertmethodikangewandt, welche wie folgt dargestellt ist:29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch Multiplikation dieses Vervielfältigers mit dem Reinertrag der baulichen Anlagen lässt sich der Ertragswert der baulichen Anlagen, auch Gebäudewert, errechnen.
ErtragSWertbauliche Anlagen REbauliche Anlagen RBWF Wird folglich der Bodenwert des gesamten Grundstücks (inklusive selbständig nutzbarer Teilfläche) hinzugerechnet, entsteht der vorläufige Ertragswert. Ein endgültiger Marktwert lässt sich an dieser Stelle jedoch noch nicht feststellen, da weitere objektspezifische Eigenschaften bisher bewusst ignoriert wurden. So fließen wertbeeinflussende Faktoren, welche nicht zwingend als Treiberfaktoren bezeichnet werden, nachträglich in die Wertermittlung als sogenannte Anomalien ein.
So sind Wertminderungen in Form von Rückbaukosten gemäß der jeweiligen Restlaufzeit zu diskontieren und an dieser Stelle anzusetzen. Gleichartig ist bei Abweichungen der tatsächlichen Jahresnettokaltmiete im Vergleich zum marktüblichen Jahresrohertrag vorzugehen. Durch Ermittlung eines Vervielfältigers, welcher für die Dauer des sogenannten Over- bzw. Underrents festzulegen ist, wird im darauffolgenden Schritt der Mehr- bzw. Minderwert der betreffenden Flächenüberlassung in Form eines Barwerts festgestellt. Andersartig ist bei einer möglichen Alterswertminderung vorzugehen. Instandhaltungsrückstau bzw. Reparaturrückstau werden in Form eines prozentualen Abschlages entsprechend der Baumängel vorgenommen. Weitere Marktanpassungen sind durch Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt vorzunehmen. Die Höhe der entsprechenden Wertminderung ist von dem zuständigen Gutachter festzustellen. Abschließend erfolgt eine fachmännische Rundung des Ertragswerts auf einen Verkehrswert.30
1.3.2.2 Eingleisiges Ertragswertverfahren
Eine Verkehrswertermittlung durch eine Methodik, welche scheinbar weniger aufwändige Berechnungsschritte erfordert, bietet das eingleisige Ertragswertverfahren. Dieses wird in Fachkreisen deshalb auch als vereinfachtes Ertragswertverfahren genannt, da eine Aufteilung in einen Boden- und Gebäudewertanteil ausbleibt.
Vielmehr wird der Bodenwert, wie bei der Methodik des zweigleisigen Ertragswertverfahrens, in eine selbständige Teilfläche (falls vorhanden) und in eine der Bebauung zurechenbare Teilfläche gesplittet. Wird für Letzteres eine kurze Restnutzungsdauer von < 20 Jahren ermittelt, so folgt eine Minderung des Bodenwerts um die dafür anfallenden Freilegungskosten. Der verbleibende, verminderte Bodenwert ist sodann mit einem Abzinsungsfaktor zu multiplizieren. Der sich daraus ergebende komplementäre Restwert entspricht dem Bodenwertanteil der Umgriffsfläche, welche Erträge erwirtschaftet.31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Seitens der Jahresreinerträge bildet sich ein ähnliches Berechnungsschema wie bei der Anwendung des zweigleisigen Ertragswertverfahren ab. Diese werden ohne vorherige um den Bodenwertverzinsungsbetrag mithilfe des Rentenbarwertfaktors kapitalisiert.
Wird der Bodenwert (selbständig nutzbare Teilfläche und Bodenwertanteil der Umgriffsfläche) mit dem Barwert der Jahresreinerträge addiert, so erhält man den vorläufigen Ertragswert. Folgende Schritte, welche die Wertanpassung durch Anomalien sowie ein fachmännisches Runden zum Erhalt des Verkehrswerts beinhalten, sind analog zum zweigleisigen Verfahren. Folgerichtig ist ein kongruentes Ergebnis zu erwarten.32
1.3.2.3 Discounted Cash Flow (DCF-Verfahren)
Das DCF-Verfahren ist eine gewisse Form des Ertragswertverfahrens, welches der dynamischen Investitionsrechnung zuzuordnen ist. Das Ergebnis stellt nicht etwa lediglich den Verkehrswert, wie bei den beiden beschriebenen eingleisigen und zweigleisigen Ertragswertverfahren dar, sondern bildet auch den Kapitalwert. Für Analyse- und Bewertungszecke verhilft dieses Ergebnis bei großen gewerblichen Investitionsentscheidungen.33 Aus diesem Grund fungiert das DCF-Verfahren oftmals als ergänzende Methode, um Ergebnisse zu verifizieren. Zudem ist dieses Verfahren international sehr verbreitet, da es global bekannt ist, anerkannt wird und anwendbar ist. Jedoch gilt es kein allgemein anerkanntes DCF-Verfahren für die Marktwertermittlung von Grundstücken.34
Die Berechnungsmethodik unterscheidet sich grundsätzlich zu den bisher erläuterten Ertragswertverfahren durch die Dynamik, welche durch die Anwendung einer Cashflow-Rechnung zum Ansatz kommt. Es werden Zahlungsströme auf den Bewertungsstichtag diskontiert, so dass Barwerte entstehen, welche aufaddiert werden und den Kapitalwert ergeben.35
Identisch des eingleisigen Ertragswertverfahrens sind Grund und Boden sowie Gebäude fiktiv nicht zu trennen, sondern als eine Einheit anzusehen. Verschiedene Ansätze können hierbei zur Anwendung kommen. Zukünftige Einnahmen sowie Ausgaben werden jahresgenau ermittelt und als Grundlage zur Erstellung eines Zahlungsstroms verwendet. Seitens der Einnahmen wird ein Jahresreinertrag zugrunde gelegt, welcher durch Subtraktion von Leerstandkosten, nicht umlegbaren Bewirtschaftungskosten und sonstigen Kosten festgestellt wird. Weitere Ausgaben können beispielsweise nicht umlegbare Renovierungskosten oder Maklergebühren sein. Der daraus entstehende Cashflow für jedes Folgejahr wird sodann auf den Bewertungsstichtag mit einem Einführung speziellen Kapitalisierungszinssatz, welcher sich aus Basiszinssatz, Risikozuschlag, Inflationsabschlag und Abschreibungszuschlag bildet, abgezinst.36 Es handelt sich dabei nicht um den Liegenschaftszinssatz.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Üblicherweise wird ein Betrachtungszeitraum von 11 Jahren zugrunde gelegt, wobei die Diskontierung der einzelnen Perioden für 10 Jahre erfolgt. Für das Jahr 11 ist ein Reinertrag zu ermitteln, welcher auf Basis der Vollvermietung sowie durch Minderung der laufenden Kosten zu erzielen ist. Folgend wird dieser Reinertrag durch Multiplikation mit dem Rentenbarwertfaktor (RBWF) zu einem Barwert, welcher wiederum auf den Bewertungsstichtag abgezinst wird und als Restwert bezeicxhnet werden kann. Anstehende Modernisierungskosten sind hierbei ebenfalls ab dem 11. Jahr abzuzinsen.
Durch Addition der Barwerte der Jahre 1 bis 10, des Restwertes und eventueller Modernisierungsmaßnahmen entsteht der vorläufige Ertragswert (Bruttoinvestmentwert). Insbesondere für Investitionsentscheidungen und zur Aufdeckung von Arbitrageeffekten ist dieser von großer Bedeutung. Wird der Wert um Grundstückstransaktionskosten gemindert, so bildet sich der Ertragswert (Nettoinvestmentwert), welcher zur Verifizierung des marktüblichen Verkehrswerts herangezogen werden kann.
1.3.2.4 Grafische Darstellung deraufgeführten Bewertungsmethoden
Im Folgenden werden die drei Varianten zur Ertragswertermittlung grafisch dargestellt. Hierbei wird das zweigleisige Ertragswertverfahren als allgemeines Ertragswertverfahren bezeichnet. Ferner wird das unter Discounted Cash Flow Verfahren als periodisches Ertragswertverfahren aufgeführt.37
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.4 Praktische Anwendung des Ertragswertverfahrens
1.4.1 DerSachverständige
Gibt ein Investor, ein Verkäufer, ein Fond oder sonstige Interessierte an einer Grundstückswertermittlung eine Grundstücksbewertung in Auftrag, so richtet sich dieser an einen Sachverständigen. Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Formen eines Solchen. Ein Sachverständiger hat in jedem Fall unabdinglich unparteilich, unabhängig und weisungsfrei zu handeln. Im privaten Sachverständigensektor wird zwischen einem freien und einem zertifizierten Gutachter unterschieden.
Der freie Sachverständige darf sich diesen Titel eigens zuschreiben, eine gesetzliche Regelung gibt es dafür nicht. Lediglich die Anforderungen an überdurchschnittliche Kenntnisse, Sachkunde und Erfahrungen sind hier zu nennen. Analog gilt der Begriff eines zertifizierten Sachverständigen als nicht gesetzlich geschützt. Dieser hat sich jedoch durch Qualifizierungsnachweise gemäß bestimmten Qualitätsnormen (DIN EN ISO 9000 bis 9004) zu beweisen. Diese Qualitätsstandards gewähren internationale Anerkennung im privatrechtlichen Sektor. Dem entgegen steht bei einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ein gesetzlich geschützter Begriff. Durch diesen Schutz soll eine besondere Glaubwürdigkeit hergestellt werden, um beispielsweise Aussagen dieser Sachverständigen vor Gerichten oder Behörden als zuverlässig einstufen zu können.38
1.4.2 DerBewertungsbericht
Kenntnisse, Erkenntnisse, Ausarbeitungen, Berechnungen und Ergebnisse des Gutachters werden dem Auftraggeber in Form eines Bewertungsberichts dargestellt und übermittelt. Dieser kann sich bei aufwändigen Bewertungsobjekten über eine Vielzahl an DIN A4 Seiten erstrecken, jedoch sind auch kurz zusammengefasste Berichte keine Seltenheit.
Die Tätigkeit des Gutachters liegt unter anderem insbesondere darin, sich fachgerecht mit dem Bewertungsobjekt auseinanderzusetzen und es „kennenzulernen“. Zu Beginn ist eine Bestandsaufnahme der von dem Auftraggeberoderden Auftraggebern überlassenen Unterlagen mit Informationen und Daten zum Bewertungsgrundstück durchzuführen. Unabdinglich ist eine sodann folgende Grundstücksbesichtigung, bei welcher das Objekt fachkundig begutachtet wird. Es soll ein allgemeiner Eindruck über den Zustand gewonnen werden. Auf wertbeeinflussende Faktoren wie beispielsweise Baumängel und ein Vergleich zwischen Realität und übermittelten Informationen sollte an dieser Stelle nicht verzichtet werden. Eine Fotodokumentation, welche sich im Gutachten widerfindet, ist in diesem Zuge zusätzlich zu erstellen.
Als nächster Schritt gilt es, die Region und das Umfeld anhand einer Standortanalyse kennenzulernen, bevor eine umfassende Grundstücksanalyse erfolgt. Grundstücksgrenzen und rechtliche Belange wie die Kenntnisnahme der Stadtplanung durch Beschaffung eines Auszugs aus dem Liegenschaftskataster, die Bestandsaufnahme von Alt- und Baulasten sowie möglichem Denkmalschutz und Erschließungszustände sind zu berücksichtigen. Der Eigentumsstatus ist anhand einer Einsicht in das Grundbuch zu erfahren.
Um eine umfassende Gebäudeanalyse durchzuführen, ist die Beschaffung von objektspezifischen Informationen unabdingbar. So werden Flächenaufmaße, Grundrisse, Gebäudepläne und Bauanträge detailreich geprüft und kontrolliert. Geschossflächenzahlen, Grundflächenzahlen und Baumassenzahlen fließen dabei mit ein. Mieterlisten, darin enthaltene eventuelle strukturelle Leerstände und Mietverträge sind abzugleichen und Ausstattungsstandards zu erkennen und einzustufen.
Grundstücksmarktdaten, welche sich bundesweit, städtespezifisch und auf Teilmärkte erstrecken sind genauestens zu ermitteln. Sämtliche Marktannahmen und Anpassungsfaktoren basieren auf dieser Recherche. Insbesondere Vergleichsmieten, vergleichbare Transaktionen und deren Volumen sowie getätigte Investments bieten bedeutende Erkenntnisse. Kontaktaufnahme zu ortsansässigen Maklern, Verbänden, öffentlichen Stellen oder kooperierenden Unternehmen gehören dadurch zum Tagesgeschäft.
Schlussendlich dienen all diese Recherche-, Analyse- und Einstufungstätigkeiten zur Bewertung der Liegenschaft. Dem Grundstück an sich, sowie der Gebäudequalität werden anhand von Tatsachen, Annahmen und 20 Festlegungen Werte zugeschrieben. Es gilt sämtliche Daten, stammend aus der Grundstücksbesichtigung und der erhaltenden Informationen zusammenzuführen. Diese Werte werden durch die Grundstückswertermittlung im Bewertungsbericht zuzüglich eines Bewertungsergebnisses festgehalten. Als Zusatz erhält der Auftraggeber eine Risikoeinschätzung, welche einen Ausblick in die Zukunft enthält. Aussagekräftige Endergebnisse stehen zum Wertermittlungsstichtag als Nettoanfangsrendite, Vervielfältiger und Marktwert zur Verfügung.
[...]
1 vgl. Abel, Ein Mal Lage reicht, 2020
2 vgl. Bobka, Handbuch Immobilienbewertung in internationalen Märkten, 2013, S. 91
3 vgl. Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 1
4 vgl. §194 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 2017,
5 vgl. §8 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
6 in Anlehnung an: Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 45
7 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1713
8 vgl. §16 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
9 vgl. §3 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
10 §15, §16 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
11 §193 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 15.6.2020a
12 §5 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
13 vgl. §18 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
14 vgl. Hegemann, Bewertung bei Schenkungen und Erbschaften, 2013, S. 111
15 vgl. Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 199
16 vgl. §19 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
17 in Anlehnung an: Sommer, Lehrbuch zur Immobilienbewertung, 2010, S. 204 und 205
18 vgl. §19 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ImmoWertV, Stand: 8.6.2020
19 vgl. Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 47
20 in Anlehnung an: Fröhlich, Betriebskostenverordnung (BetrKV), 2003
21 vgl. §193 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BauGB, Stand: 2017,
22 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1813, Rn. 251
23 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1815
24 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, Nr. 3.5.6
25 vgl. Bomba, Sachwertrichtlinie, 2012, S. 44, Anlage 3
26 in Anlehnung an: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1820
27 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, 3.5.6.2
28 vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wertermittlungsrichtlinien (WertR), 2006, 3.5.7
29 vgl. Anlage 2 (zu §20): Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020
30 in Anlehnung an: §§ 17-20, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020
31 vgl. Anlage 2 (zu §20): Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, lm- moWertV, Stand: 8.6.2020
32 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1726, Rn. 34
33 vgl. Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 35
34 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1737, Rn. 51
35 in Anlehnung an: Hersberger, Wertermittlung mit dem DCF-Verfahren, 2008, S. 35
36 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1740, Rn., 56
37 vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2017, S. 1740, Rn., 56
38 in Anlehnung an: Petersen, Verkehrswertermittlung von Immobilien, 2013, S. 75 - 82
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