Das Erbbaurecht im Wohnbau. Ist das Erbbaurecht ein geeignetes Instrument gegen steigende Kaufpreise bei der Wohnbebauung?


Hausarbeit, 2020

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Das Erbbaurecht im Allgemeinen
2.1 Die Definition des Erbbaurechts
2.2 Der historische Hintergrund des Erbbaurechts
2.3 Die Funktionsweise des Erbbaurechts

3 Vor- und Nachteile des Erbbaurechts
3.1 Vorteile des Erbbaurechts
3.2 Nachteile des Erbbaurechts

4 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Erbbaurecht feierte 2019 hundertjähriges Bestehen.1 Bei Inkrafttreten stand es vor dem Problem einer wachsenden Bevölkerung und einer daraus resultierenden Wohnungsnot.2 Auch heute ist Wohnraum knapp. Steigende Bodenpreise werden in immer mehr Städten zum Problem.3 Gerade in Ballungsgebieten wird es für junge Familien immer schwieriger, den Traum von Eigenheim zu verwirklichen. Durch die aktuell niedrigen Zinsen erhöht sich die Nachfrage nach Bauland, was wiederum die Preise in die Höhe treibt.4

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erlebt derzeit das Erbbaurecht als fast vergessenes Instrument eine Renaissance.5 Es soll den Wohnungsmarkt wieder sozial verträglicher machen, indem Bauland Preisspekulationen durch den fehlenden Verkauf entzogen wird.6 Diese Arbeit hat das Ziel, die Frage zu beantworten, ob das Erbbaurecht ein geeignetes Instrument gegen steigende Kaufpreise bei der Wohnbebauung ist.

Hierfür wird in Kapitel 2 ein allgemeiner Überblick über das Erbbaurecht gegeben. Dafür wird das Erbbaurecht zunächst definiert und im Anschluss die Entstehungsgeschichte des Erbbaurechts kurz erläutert und in den historischen Kontext eingeordnet. Um das Instrument Erbbaurecht zu verstehen, wird danach die Funktionsweise des Erbbaurechts erklärt. Hier wird beschrieben, wie das Erbbaurecht gestaltet werden kann. Darauffolgend werden in Kapitel 3 die Vor- und Nachteile des Erbbaurechts aufgezeigt. Diesbezüglich werden die Perspektiven des Erbbaurechtsgebers und des Erbbaurechtsnehmers berücksichtigt. Ein Fazit bildet den Schlussteil der Arbeit.

2 Das Erbbaurecht im Allgemeinen

Das folgende Kapitel dient dazu, einen Überblick zum Erbbaurecht zu geben. Dieses Kapitel ist in drei Unterkapitel unterteilt. Zuerst wird das Erbbaurecht definiert. Daraufhin wird der historische Hintergrund des Erbbaurechts dargestellt. Am Ende dieses Kapitels wird die Funktionsweise des Erbbaurechts erklärt.

2.1 Die Definition des Erbbaurechts

Das Erbbaurecht wird in § 1 Abs. 1 ErbbauRG7 legaldefiniert. Demnach kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Hieraus ergibt sich, dass das Erbbaurecht ein beschränktes dingliches Recht ist.8 Anders als bei einem regulären Grundstückskauf, bei dem ein fest verbundenes Bauwerk gem. §§ 93, 946 BGB9 Teil des Grundstücksbestandteil ist und somit auch Teil des Grundstückseigentums wird10, ist beim Erbbaurecht das Bauwerk kein Bestandteil des Grundstücks11.

2.2 Der historische Hintergrund des Erbbaurechts

Das Erbbaurecht geht auf das römische Zeitalter zurück.12 Dem Erbbaurechtsnehmer13, Emphyteuta genannt, standen Rechte an dem Grundstück zu.14 Demnach hatte er das Recht, das Grundstück als unbewegliche Sache zu veräußern, zu vererben und zu übertragen.15 Im Mittelalter entwickelte sich im deutschen Recht die städtische Bauleihe, welche großen Einfluss auf die Entwicklung deutscher Städte hatte.16 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war ein lehensrechtliches Ober- und Untereigentum allerdings nicht mehr gewünscht und das Erbbaurecht rückte in den Hintergrund.17 Mit der Aufnahme des Erbbaurechts in das Bürgerliche Gesetzbuch, wo es in §§ 1012 bis 1017 BGB nur unvollständig berücksichtigt wurde, verlor es endgültig an Bedeutung.18

Ein Wandel ereignete sich um die Jahrhundertwende durch das Bevölkerungswachstum.19 Die Nachfrage nach Wohnraum erhöhte sich bei gleichzeitig knappem Angebot in den Städten, wodurch die Preise stiegen.20 Um den steigenden Preisen und Bodenspekulationen entgegenzuwirken, entwickelten sich Bodenreformbewegungen, bei denen mitunter Rudolf Damaschke eine treibende Kraft hatte.21 Ziel war es, einem Großteil der Bevölkerung die Möglichkeit zu bieten, Eigentum zu erwerben.22 Hierbei sollte, während der Wohnungsneubau gefördert wurde, die Bodenwertsteigerung der Grundstücke in Gemeindeeigentum bleiben.23 Das BGB bot hierfür aber keine geeignete rechtliche Regelung, sodass das Erbbaurecht neu festgelegt werden musste.24 Dank der Bemühungen wurde am 15. Januar 1919 die Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) erlassen, welche am 22. Januar 1919 in Kraft trat.25 Durch das Wohnungseigentumsgesetz ist seit dem 15.03.1951 gem. § 30 WEG26 das Wohnungs- und Teilerbbaurecht sowie gem. § 42 WEG das Dauerwohnrecht möglich.27 2007 wurde die Erbbaurechtsverordnung in Erbbaurechtsgesetz umbenannt.28 Seit dem Inkrafttreten 1919 gab es kaum inhaltliche Änderungen.29

2.3 Die Funktionsweise des Erbbaurechts

Anders als in §§ 93, 946 BGB geregelt, wird das Bauwerk beim Erbbaurecht kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.30 Es wird stattdessen gem. § 12 Abs. 1 S. 1, 2 ErbbauRG wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts.31 Damit wird der Erbbaurechtsnehmer auch Eigentümer des Bauwerks.32 Er erhält zudem an dem Grundstück ein grundstücksgleiches Recht.33 Somit kann der Erbbaurechtsnehmer das Grundstück belasten, veräußern oder erwerben.34

Für die Dauer des Erbbaurechts gibt es keine feste Regelung.35 Es kann daher auch unbefristet sein.36 Meistens ist die Laufzeit jedoch auf 99 Jahre begrenzt.37 Das Erbbaurecht erlischt auf zwei Wegen: rechtsgeschäftliche Vereinbarung gem. § 26 ErbbauRG oder durch Zeitablauf gem. § 27 ErbbauRG.38 Bei der Beendigung durch Zeitablauf hat gem. § 27 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk zu leisten.

Für die Bestellung des Erbbaurechts erfolgt der Erbbauzins als wiederkehrende Leistung, welche in § 9 Abs. 1 ErbbauRG legaldefiniert wird.39 Zur Höhe des Erbbauzins trifft das Erbbaurechtsgesetz keine Regelung.40 Gemeinden dürfen ein Erbbaurecht jedoch nur bei einer angemessenen Gegenleistung bestellen.41 Meistens richtet sich der Erbbauzins nach dem Verkehrswert des belasteten Grundstücks.42 Von diesem Wert wird ein Prozentsatz vereinbart.43 Der Prozentsatz liegt bei Wohnzwecken bei 3 bis 4 %.44 Hat das Erbbaurecht einen sozialen Zweck, sollten Gemeinden einen geringeren Erbbauzins gegen Auflagen erheben.45 Der Erbbauzins muss gem. § 9 Abs. 2 S. 1 ErbbauRG bereits im Voraus nach Zeit und Höhe für die komplette Laufzeit des Erbbaurechts bestimmt sein.46 Dies bezieht sich jedoch nur auf den dinglichen Erbbauzins.47 Im Normalfall existiert neben dem dinglichen Erbbauzins die schuldrechtliche Verpflichtung, den Erbbauzins anzupassen.48 Die schuldrechtliche Verpflichtung ist vom dinglichen Erbbauzins rechtlich sauber zu trennen.49 Diese Wertsteigerungsklausel knüpft häufig an den Verbraucherpreisindex (VIP) an.50 Eine derartige Gleitklausel ist gem. § 4 PrKG51 erst bei einer Laufzeit von mindestens 30 Jahren zulässig. Die Erhöhung des Erbbauzinses bei einem errichteten Bauwerk zu Wohnzwecken wird in § 9a Abs. 1 ErbbauRG geregelt. Demnach darf der Erbbauzins nur erhöht werden, soweit diese unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht unbillig ist und der Anpassungszeitraum nicht unter drei Jahren liegt. Das Gesetz bietet dem Erbbaurecht bei Wohnzwecken somit einen besonderen Schutz, wodurch der soziale Charakter gewahrt wird.52 Eine andere Möglichkeit zur Zinszahlung ist der kapitalisierte Erbbauzins.53 Hierbei zahlt der Erbbaurechtsnehmer statt einer monatlichen Rate eine Einmalzahlung.54 In dieser Zeit profitiert der Erbbaurechtsgeber nicht von der Bodenwertsteigerung.55 Für den Erbbaurechtsnehmer bedeutet die Einmalzahlung eine finanzielle Planungssicherheit, da es keine Zinsanpassung gibt.56 Dafür muss er eine höhe Einmalzahlung in Kauf nehmen.57

[...]


1 Senner, vhw FWS 2019, 201.

2 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 3.

3 Frey, vhw FWS 2019, 213, 214.

4 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 1.

5 Senner, vhw FWS 2019, 201.

6 Barthauer/Swjagina/Simo, Das Erbbaurecht in deutschen Metropolen, S. 2.

7 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) in der im Bundesgetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-6, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 7 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBI. I S. 3719) geändert worden ist.

8 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 27.

9 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 541) geändert worden ist.

10 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 28.

11 Ebd., § 1 Rn. 28.

12 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 3.

13 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

14 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 3.

15 Ebd.

16 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 1.

17 Ebd., § 1 Rn. 2.

18 Ebd.

19 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 3.

20 Ebd.

21 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 4.

22 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 4.

23 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 4.

24 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 3.

25 Ebd.

26 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1962) geändert worden ist

27 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 1 Rn. 3.

28 Ebd.

29 Ebd.

30 Ebd., § 2 Rn. 38.

31 Ebd.

32 Ebd.

33 Barthauer/Swjagina/Simo, Das Erbbaurecht in deutschen Metropolen, S. 3.

34 Ebd.

35 Winkler, NJW 1992, 2514, 2516.

36 Schmenger, BWNotZ 2006, 73, 80.

37 Winkler, NJW 1992, 2514, 2516.

38 Ebd., 2514, 2517.

39 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 13.

40 Czasch, Erbbaurecht: Wohnen auf Zeit, 2020.

41 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 6 Rn. 65.

42 Ebd.

43 Ebd.

44 Frey, vhw FWS 2019, 213, 214.

45 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 6 Rn. 66.

46 Winkler, NJW 1992, 2514, 2517.

47 Ebd.

48 Ebd.

49 Winkler, NJW 1992, 2514, 2517.

50 Siemon, Zukunftsfähigkeit des Erbbaurechts, S. 15.

51 Preisklauselgesetz (PrKG) vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246, 2247), das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 8 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) geändert worden ist.

52 Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, § 6 Rn. 165.

53 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V., 2019, S. 35.

54 Ebd., S. 11.

55 Ebd., S. 38

56 Ebd.

57 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Erbbaurecht im Wohnbau. Ist das Erbbaurecht ein geeignetes Instrument gegen steigende Kaufpreise bei der Wohnbebauung?
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V953617
ISBN (eBook)
9783346294814
ISBN (Buch)
9783346294821
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erbbaurecht, wohnbau, instrument, kaufpreise, wohnbebauung
Arbeit zitieren
Nancy Brand (Autor:in), 2020, Das Erbbaurecht im Wohnbau. Ist das Erbbaurecht ein geeignetes Instrument gegen steigende Kaufpreise bei der Wohnbebauung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/953617

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