Die Installationsroutine des Programms "Deskswap" gleicht der herkömmlicher Anwendungen: Es wird nach dem Zielordner gefragt, Standardbuttons erlauben das Navigieren in der Verzeichnisstruktur, die Farbgebung des Fensters ist klassisch dunkelgrau-blau vor einem Hintergrund mit Blauverlauf. In einem Punkt unterscheidet sich jedoch die Installationsroutine von der vieler kommerzieller Programme: Es fehlt jeder Hinweis auf die Funktion der Software. Während der Installation sind nicht die sonst üblichen schematischen oder animierten Darstellungen der Programminhalte zu sehen. Ebenso fehlt im angelegten Programmordner eine Hilfedatei oder sonstige Funktionsbeschreibung.
Wenn der Nutzer also das Programm ohne genaues Vorwissen zum ersten Mal startet, erlebt er einen - wohl intendierten - Bilderschock. Zunächst bleibt der Bildschirm für wenige Sekunden schwarz, ein wachsender, blauer Balken in der Statuszeile rechts unten zeigt jedoch an, dass etwas geschieht. In dieser Zeit fertigt das Programm einen Screenshot des Desktops an und schickt diesen über die Internetverbindung an einen Server (Mirapaul). Von diesem lädt es zugleich Bilder anderer Desktops, die zuvor auf dieselbe Art hochgeladen wurden. Der Nutzer bemerkt diesen Datentausch nicht, sondern sieht nach wenigen Sekunden schwarzer Bildschirmfläche schlagartig einen anderen Desktop...
Inhalt
II. Werkangaben
1. DeskSwap
2. Minitasking
3. Vopos
III. Beschreibung und Interpretation
1. DeskSwap - der fremd bestimmte Ort
a. Beschreibung
b. Interpretation
2. Minitasking - Raum als emergenter Prozess
a. Beschreibung
b. Interpretation und Vergleich
3. Vopos - Anreicherung und Transformation physischer Realität
a. Beschreibung
b. Interpretation und Vergleich
IV. Fazit
V. Quellen
1. Monographien
2. Aufsätze
3. Presseartikel
4. Interviews
II. Werkangaben
II.1. Deskswap
Mark Daggett (Konzept und Prototyp), Vincent Toms (Programmierung der Version 2.0): Deskswap, 2001 (Prototyp und Version 1.0.), unter Windows ME/2000/XP lauffähiges Programm, geschrieben in COM Visual Basic. Hier beschriebene Version: 2.0., 2002 (http://www.deskswap.com). Benutzt unter Windows 2000 Professional bei 1024 x 768 Pixeln, High Color (16 Bit) und einer Internetverbindung mit 768 Kbit/s Down- und 128 Kbit/s Upstream am 22.6.2002.
II.2. Minitasking
Schoenerwissen (Anne Pascual, Marcus Hauer): Minitasking, 2002, unter Windows NT/98/ME/2000/XP lauffähiges Programm, geschrieben in Java, Flash. Hier beschriebene Version: 0.99a (http://www.minitasking.com). Benutzt unter Windows 2000 Professional bei 1024 x 768 Pixeln, High Color (16 Bit) und einer Internetverbindung mit 768 Kbit/s Down- und 128 Kbit/s Upstream am 23.6.2002.
II.3. Vopos
0100101110101101.org: Vopos, 2002, Internetseite
http://www.0100101110101101.org/home/vopos. Benutzt mit Opera 6.0 unter Windows 2000 Professional bei 1024 x 768 Pixeln, High Color (16 Bit) und einer Internetverbindung mit 768 Kbit/s Down- und 128 Kbit/s Upstream am 19. Juli 2002.
III. Beschreibung und Interpretation
III.1. Deskswap - der fremd bestimmte Ort
a) Beschreibung
Die Installationsroutine des Programms „Deskswap“ gleicht der herkömmlicher Anwendungen: Es wird nach dem Zielordner gefragt, Standardbuttons erlauben das Navigieren in der Verzeichnisstruktur, die Farbgebung des Fensters ist klassisch dunkelgrau-blau vor einem Hintergrund mit Blauverlauf. In einem Punkt unterscheidet sich jedoch die Installationsroutine von der vieler kommerzieller Programme: Es fehlt jeder Hinweis auf die Funktion der Software. Während der Installation sind nicht die sonst üblichen schematischen oder animierten Darstellungen der Programminhalte zu sehen. Ebenso fehlt im angelegten Programmordner eine Hilfedatei oder sonstige Funktionsbeschreibung.
Wenn der Nutzer also das Programm ohne genaues Vorwissen zum ersten Mal startet, erlebt er einen - wohl intendierten - Bilderschock. Zunächst bleibt der Bildschirm für wenige Sekunden schwarz, ein wachsender, blauer Balken in der Statuszeile rechts unten zeigt jedoch an, dass etwas geschieht. In dieser Zeit fertigt das Programm einen Screenshot des Desktops an und schickt diesen über die Internetverbindung an einen Server (Mirapaul). Von diesem lädt es zugleich Bilder anderer Desktops, die zuvor auf dieselbe Art hochgeladen wurden. Der Nutzer bemerkt diesen Datentausch nicht, sondern sieht nach wenigen Sekunden schwarzer Bildschirmfläche schlagartig einen anderen Desktop.
Zwei Programmeigenschaften steigern die Verwirrung beim ersten Programmstart: Fremde Mauszeiger werden vom Programm aus Screenshots entfernt, der Benutzer kann aber seinen eigenen Mauszeiger über die Abbildungen der fremden Desktops führen. Außerdem überlagert anfangs die reale Startleiste das gerade von „Deskswap“ angezeigte Bild eines fremden Desktops. So verschränken sich unvermittelt der Ort des eigenen, privaten Rechners mit dem fremden eines anderen. Beim ersten Start von „Deskswap“ muss der Betrachter diese Bezüge zunächst selbst rekonstruieren, was keineswegs leicht fällt. Vor allem, weil das Programm in der Voreinstellung alle fünf Sekunden ein anderes Abbild zeigt.
Bei der vierten Darstellung verschwindet dann die eigene Windows-Startleiste, die Abbilder fremder Desktops nehmen dann den Bildschirm vollkommen ein. Der Mauszeiger verbleibt als letztes Element des eigenen Desktops im Bild. Außerdem werden nun drei Menüknöpfe des Programms und eine Anzeige, in wie vielen Sekunden das Bild wechseln wird, sichtbar. Sie deuten an, dass es sich um eine steuerbare Inszenierung handelt. Die drei Buttons „Settings“, „Change Mode“ und „Exit“ ermöglichen es, die Geschwindigkeit des Bildwechsels zu ändern, die Desktops bestimmter Nutzer anzuzeigen oder das Programm ganz zu verlassen.
b) Interpretation
Hat man das Programm „Deskswap“ nicht selbst erfahren und liest allein eine Beschreibung des Konzepts, erinnert es leicht an die naiven Schlagworte der späten neunziger Jahre vom „globalen Dorf“, welches - durch „Datenautobahnen“ verbunden - zusammenwächst. Anhand des Hörensagens ist „Deskswap“ leicht erklärt: Die Menschen auf der ganzen Welt sehen in den Bildern der fremden Desktops die vielen verbindenden Gemeinsamkeiten im „globalen Dorf“. Doch beim ersten Start von „Deskswap“ ist man angesichts der Bilder nicht beseelt, sondern eingeschüchtert und verwirrt. Denn „Deskswap“ stellt unser Verständnis des Datenraums in Frage. Die Vorstellung vom Desktop lässt sich gut mit Michel de Certeaus Begriff des Ortes charakterisieren:
„Ein Ort ist die Ordnung (egal, welcher Art), nach der Elemente in Koexistenzbeziehungen aufgeteilt werden. Damit wird also die Möglichkeit ausgeschlossen, daß sich zwei Dinge an derselben Stelle befinden. Hier gilt das Gesetz des ‚Eigenen’: die einen Elemente werden neben den anderen gesehen, jedes befindet sich in einem ‚eigenen’ und abgetrennten Bereich, den es definiert.“ (de Certeau, S. 217 f.)
Die Gestaltung des Desktops vermittelt Eindeutigkeit, Ordnung und vor allem Macht. Denn der Nutzer glaubt, selbst Schöpfer dieser Ordnung, Autor dieses Gesetzes des Eigenen zu sein. Daher rührt die Angst beim ersten Start von „Deskswap“: Man fürchtet den Zugriff anderer in die eigene Ordnung. Das Potential des Eindringens ist ja in den Bildern zum Teil sehr privater Orte deutlich zu erkennen.
Genährt wird die Wahrnehmung des Desktops als ein der eigenen Gestaltungskraft unterworfener Ort von den Möglichkeiten, Dateien zu verschieben, Ordner zu schaffen, zu zerstören, Anordnung und Beschaffenheit graphischer Symbole oder schriftlicher Bezeichnungen zu variieren. Doch man muss diese Möglichkeiten lediglich mit Vannevar Bushs fast 60 Jahre alter Idee einer assoziativen Indexierung von Information, angepasst an den sinnvollsten individuellen Gebrauch, vergleichen, um den wahren - geringen - Grad an Offenheit heutiger Desktop-Metaphern zu erkennen. Daher rührt die Verwirrung beim ersten Betrachten der von „Deskswap“ gebotenen Bilder: Ihre Grammatik (Fenster, Pull-Down-Menüs, Scrollbars) ist bekannt, ihre Gegenstände (Papierkorb, typische Programme wie Nero, Morpheus, Norton Anti-Virus) sind es auch. Irritiert ist man allein deswegen, weil der eigene Mauszeiger in dieser Umgebung nichts ausrichten kann - und weil man diese Abbilder dennoch einen kurzen Moment lang vielleicht für einen Ort hält.
„Deskswap“ führt dem Nutzer so vor Augen, dass die Eindeutigkeit und Geordnetheit seines Desktops mit seiner Macht als Nutzer bezahlt werden. Der Nutzer ist nicht Schöpfer dieser Ordnung, der breite Zugang zur Informationstechnik wird mit dem Verzicht auf echte Demokratisierung erkauft. Deshalb sind die Bilder der Desktops aus Brasilien oder Schweden so leicht lesbar.
Das System „Deskswap“ ermöglicht durch seine Geschlossenheit dem Betrachter das Erkennen eines viel größeren geschlossenen Systems. Wie Marc Daggett sagt: „The desktop is both a personal space and a space that forces you to operate within a certain metaphor.“ (Mirapaul)
III.2. Minitasking - Raum als emergenter Prozess
a) Beschreibung
„Minitasking“ verfügt über keine Installationsroutine. Vom Nutzer wird zumindest das Wissen erwartet, eine Zip-Datei zu entpacken und ein Programm ohne automatische Verknüpfung in der Startleiste zu starten.
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