Das Rennen um Fitness-Apps. Wie globale Sportmarken Fitness-Applikationen für die Produktbewerbung nützen können

Eine Analyse basierend auf dem Beispiel Adidas & Runtastic


Master's Thesis, 2020

94 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemkontext
1.2 Forschungsrelevanz
1.3 Motivation und Ziel der Arbeit
1.4 Forschungsfrage
1.5 Forschungsdesign

2 Theoretische Fundierung
2.1 Die globale Sportbekleidungsbranche
2.1.1 Charakteristika und Struktur des Marktes
2.1.2 Aktuelle Anforderungen und Wettbewerb
2.2 Fitnessapplikationen
2.2.1 Charakteristika und Struktur des Marktes
2.2.2 Charakteristika und Funktionen der Apps
2.3 Einfluss auf den Kaufprozess
2.3.1 Das AIDA-Modell im Überblick
2.3.2 Theoretische Analyse - AIDA-Modell
2.3.3 Analyse - „Awareness“
2.3.4 Analyse - „Interest“
2.3.5 Analyse - „Desire“
2.3.6 Analyse - „Action“
2.4 Zwischenfazit
2.5 Adidas und Runtastic

3 Empirische Analyse
3.1 Festlegung des Forschungsdesigns
3.1.1 Erhebungsmethode
3.1.2 Vorgehensweise
3.1.3 Sampling
3.1.4 Gütekriterien
3.2 Datenerfassung
3.3 Datenauswertung
3.4 Ergebnispräsentation
3.4.1 Motive für Akquisition
3.4.2 Beantwortung - Subforschungsfrage 1
3.4.3 Beantwortung - Subforschungsfrage 2
3.4.4 Beantwortung - Subforschungsfrage 3
3.4.5 Beantwortung - Subforschungsfrage 4

4 Abschlussbetrachtung
4.1 Zusammenfassung
4.2 Kritische Reflektion
4.3 Ausblick

5 Literaturverzeichnis

Abstract

Der Markt für Gesundheits- und Fitness-Apps hat in den letzten Jahren große Wachstumszahlen verzeichnet. Fitness-Apps haben das Gesundheits- und Sportverhalten vieler Menschen verändert und beeinflussen als digitale Fitnessgemeinschaften auch das soziale Verhalten von Millionen von Nutzerinnen und Nutzern (Bhargava & Nabi, 2020). Das Potenzial dieser Apps ist auch in anderen Branchen nicht unbemerkt geblieben und einige globale Sportmarken haben Fitness-App-Unternehmen akquiriert oder Apps selbst entwickelt (Geron, 2015). Fitness-Apps eröffnen für die globalen Sportmarken neue Chancen, um mit Kundinnen und Kunden zu kommunizieren, mehr über potentielle Käufer/innen zu lernen oder auch größere Markenloyalität aufzubauen (Kharif, 2016). Die Aktivität der Nutzer/innen in Fitness-Apps ist sehr hoch, was das Interesse für diese Apps nochmals steigert (Langford, 2017).

Das Ziel dieser Masterarbeit liegt darin, kurz über die möglichen Motive der globalen Sportmarken, in Fitness-Apps zu investieren, zu reflektieren und im Anschluss zu analysieren, wie Fitness-Apps den globalen Sportmarken helfen können, mehr Produkte zu verkaufen. Dafür führt der Autor im ersten Teil dieser Arbeit eine umfangreiche Literaturstudie durch, die die technischen Möglichkeiten von Fitness-Apps aufzeigt und deren Bedeutung für globale Sportmarken skizziert. Im zweiten Teil der Arbeit werden im Rahmen einer empirischen Analyse fünf Interviews mit Experten von den Unternehmen Run- tastic GmbH und Adidas AG geführt, um einen relevanten Praxisbezug herzustellen und Beispiele dafür zu liefern, wie der globale Sportartikelhersteller Adidas die adidas Running App der Runtastic GmbH zur Steigerung von Verkaufszahlen nützt. Sowohl für die Literaturstudie, als auch für die empirische Analyse, wird das bekannte AIDA-Modell als Analyseinstrument verwendet, um die Werbewirksamkeit von Fitness-Apps zu beleuchten.

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass Fitness-Apps umfangreiche Möglichkeiten bieten, um alle vier Stufen des AIDA-Modells - Awareness, Interest, Desire, Action - zu erfüllen. Das bedeutet, dass diese Apps Potenzial haben, um die Produkte und Marken der globalen Sportunternehmen zu bewerben und schlussendlich auch Verkaufszahlen zu steigern. Dennoch liegt es in den Händen der globalen Sportmarken, bis zu welchem Grad sie diese Apps als Werbe- und Verkaufsplattform nützen und somit riskieren, vom eigentlichen Verwendungszweck dieser Apps abzuweichen.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Eigene Darstellung „Umsatz der führenden Sportartikelhersteller“

Abbildung 2: Eigene Darstellung „Stufen der Kaufentscheidung“

Abbildung 3: Eigene Darstellung „Online Marketing Varianten“

Abbildung 4: Eigene Darstellung „AIDA Modell“

Abbildung 5: Eigene Darstellung „App Store Screenshots“

Abbildung 6: Eigene Darstellung „Fitness-Apps“

Abbildung 7: Eigene Darstellung „Unternehmensziele - Branded Apps“

Abbildung 8: Eigenen Darstellung “Nutzer im Fitness Markt”

Abbildung 9: Eigene Darstellung „Push Nachricht adidas Running App“

Abbildung 10: Eigene Darstellung „In-App Nachricht adidas Running App“

Abbildung 11: Eigene Darstellung „News Feed adidas Running App“

Abbildung 12: Eigene Darstellung „App Inbox Nike Run Club“

Abbildung 13: Eigene Darstellung „User Generated Content in News Feed“...

Abbildung 14: Eigene Darstellung „Nike RunClub Schuhkauf

Abbildung 15: Eigene Darstellung „Creators Club - adidas Running App“

Abbildung 16: Eigene Darstellung „Ablauf Forschungsprozess“

Abbildung 17: Eigene Darstellung „Transkriptionskopf Interviews“

Abbildung 18: Eigene Darstellung „Ablauf induktive Kategorienbildung“

Abbildung 19: Eigene Darstellung „Zusammenfassende Inhaltsanalyse“

Abbildung 20: „Run For The Oceans“

Abbildung 21: Eigene Darstellung „Shoe Tracking Funktion“

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Eigene Darstellung „Überblick Fitness-Apps mit Fokus auf Laufsport“

Tabelle 2: Eigene Darstellung „3Cs für Produkt/Markeninteresse“

Tabelle 3: Eigene Darstellung „Schematische Darstellung des Interviewleitfadens“

1 Einleitung

Das erste Kapitel dieser Arbeit zielt darauf ab, eine Einleitung in die Thematik zu geben. Infolgedessen wird zu Beginn der Entstehungskontext von Applikationen für Mobilgeräte aufgezeigt und insbesondere die Entwicklung von Fitness-Applikationen erläutert. Darauf aufbauend wird die Motivation für und das Ziel dieser Arbeit dargelegt. Abschließend wird die Struktur der Arbeit erklärt, um den Leserinnen und Lesern ein effektives Zurechtfinden zu ermöglichen.

1.1 Problemkontext

Mit der Entwicklung von Mobilgeräten und insbesondere Smartphones hat sich die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, arbeiten und sozialisieren, maßgeblich verändert. Das große Wachstum des Smartphone-Marktes wird besonders angetrieben durch Applikationen für Mobilgeräte (kurz „Apps"), wodurch regelmäßig Innovationen für Konsumentinnen und Konsumenten geschaffen werden und neue Möglichkeiten entstehen (Ghose & Han, 2014).

Die Interaktion mit Kundinnen und Kunden über Smartphones und Apps ist zu einem Erfolgsfaktor für Unternehmen geworden. Im Jahr 2020 haben Unternehmen mit einem starken Fokus auf Mobilgeräte und Apps im Rahmen ihres Kerngeschäftes laut einem Trend Report von App Annie eine um 825% höhere Initial Public Offering (IPO) Bewertung als Unternehmen, die sich auf Desktop Geräte oder den Offline Markt konzentrieren. Im Schnitt haben jene Personen, die in diesem globalen Report analysiert wurden, 2019 rund 3:40 Stunden täglich mit ihrem Mobilgerät verbracht. In Summe wurden 204 Milliarden Apps im Jahr 2019 heruntergeladen. Diese beiden Werte sind ein weiteres Indiz dafür, wie groß die Bedeutung von Smartphone-Apps ist (App Annie, 2020).

Das Marktsegment für Gesundheits- und Fitness-Applikationen, kurz Fitness-Apps, hat in den letzten Jahren besonders starke Wachstumszahlen verzeichnet. Fitness-Apps haben das Gesundheitsverhalten vieler Nutzerinnen und Nutzer nachhaltig verändert. Zahlreiche Unternehmen haben diese neue Nachfrage erkannt und Gesundheits- und Fitness-Applikationen entwickelt und veröffentlicht. Die Zahl der Anbieter und die Auswahl für die Konsumentinnen und Konsumenten ist groß (Bhargava & Nabi, 2020). Gemäß einer Studie von Market Research Future soll das jährliche Marktwachstum für Gesundheits- und Fitness-Applikationen in der Periode 2019 - 2026 rund 31,25% betragen (Market Research Future, 2020).

Die Kernfunktion dieser Gesundheits- und Fitness-Applikationen liegt in der Aufzeichnung, Analyse und Interpretation von Sport- und Gesundheitsdaten der Nutzerinnen und Nutzer. Oftmals bedienen sich diese Apps dem in Smartphones eingebauten GPS-Mo- dul, um eine zurückgelegte Wegstrecke aufzuzeichnen und Statistiken zu liefern. Die Zahl der Personen, die bereit sind, Daten über sich selbst zu sammeln, um Erkenntnisse über die eigene sportliche und gesundheitliche Verfassung zu gewinnen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Der Markt für Gesundheits- und Fitness-Apps profitiert davon enorm, die Wissenschaft spricht von „Quantified Seif in Bezug auf diesen Trend, der die Verbreitung von Fitness-Apps nochmals antreibt (Stocker & Kaiser, 2016).

Eine nachhaltige und regelmäßige Nutzung dieser Apps ist jedoch besonders einer Tatsache geschuldet: Fitness-Apps ermöglichen nicht nur die Aufzeichnung und Analyse eigener Fitness- und Gesundheitswerte, auch können persönliche Fortschritte, Rekorde und anderes mit vernetzen Personen und Gleichgesinnten in einer digitalen Fitnessgemeinschaft geteilt und kommentiert werden, um sich gegenseitig zu motivieren (Stragier et al., 2016; Stragier & Mechant, 2013). Aus diesem Grund sprechen Expertinnen und Experten vermehrt von „Online-Fitness-Community-Plattformen" anstatt von Fitness- Apps, weil es sich bei diesen Produkten sehr stark um ein soziales Netzwerken und eine digitale Interaktion untereinander handelt (Stragier et al., 2016).

Das Potenzial von Fitness-Apps ist auch in anderen Branchen nicht unbemerkt geblieben. Große Sportartikelhersteller haben neue Chancen und Möglichkeiten in diesen Apps erkannt, um mit ihren Kundinnen und Kunden zu kommunizieren, mehr über potentielle Käufer/innen zu lernen und größere Markenloyalität aufzubauen (Kharif, 2016). Die Aktivität der Nutzer/innen in Fitness-Apps ist hoch, was das Interesse für diese Apps nochmals steigert. Daten von Flurry Analytics zeigen, dass über 75% der Fitness-App Nutzer/innen ihre App zwei Mal wöchentlich öffnen, 25% sogar mehr als zehn Mal pro Woche (Langford, 2017).

Under Armour zählte 2015 zu den ersten globalen Marken, die eine Aktion setzten und akquirierte mit MyFitnessPal und Endomondo zwei der führenden Gesundheits- und Fitness-Apps. Kurz darauf übernahm der deutsche Sportartikelhersteller Adidas den österreichischen Fitness-App-Produzenten Runtastic (Geron, 2015). 2016 folgte Asics und übernahm die App Runkeeper (Jonah, 2016). Nike erkannte schon früher das Potenzial von Fitness-Applikationen und entwickelte 2010 selbst in Kooperation mit Apple eine eigene Fitnessplattform namens Nike+ (Cendrowski, 2012). Sechs Jahre später entstand daraus die Nike Run Club App (Businesswire, 2016).

1.2 Forschungsrelevanz

Der Markt für Fitness-Apps und digitale Fitnessplattformen hat in den letzten Jahren sehr großes Wachstum erfahren. Damit zusammenhängend haben diese digitalen Produkte auch vermehrtes akademisches Interesse gewonnen und sind Teil vieler wissenschaftlicher Studien und Arbeiten geworden. Der Fokus von akademischen Arbeiten über Fitness-Apps ist relativ breit gestreut und reicht von deskriptiven Analysen bis hin zu Experimenten. Meist geht es in diesen Arbeiten darum, bestimmte Mechaniken und Ziele von Fitness-Apps zu beschreiben, wie zum Beispiel eine Verhaltensveränderung durch die Nutzung von Fitness-Apps zu forcieren. Psychologisches Wohlbefinden und Körperwahrnehmung (Busch et al., 2020), Ess- und Bewegungsgewohnheiten bei jungen Erwachsenen (Flonary et al., 2019), oder auch die Änderung von Laufgewohnheiten von Freizeitläuferinnen und -läufern durch die Verwendung von Fitness-Apps sind Beispiele dafür, mit welchen Themen sich vorhandene Literatur beschäftigt (Stragier et al., 2018). Ein weiterer Bereich, der in vielen Arbeiten beleuchtet wird, ist die Motivation von Nutzerinnen und Nutzern, Fitness-Apps in Anspruch zu nehmen und die Frage, welche Elemente in Fitness-Apps verwendet werden, um diese Motivation aufrecht zu erhalten. Gamification, also spielerische Elemente oder Funktionen, die eine soziale Interaktion in diesen Apps ermöglichen, werden vielfach thematisiert (C. C. Chen et al., 2020; Li et al., 2019; Tu et al., 2019).

Viele Zeitungen und Magazine haben über mögliche Motive der globalen Sportmarken, Fitness-Apps zu kaufen, geschrieben. Das Handelsblatt beispielsweise spricht von einem „direkten Zugang zu den Athleten, um so sehr zielgerichtet Shirts, Shorts und Schuhe zu verkaufen“ (Hofer, 2019). Die Gründerszene schreibt: „Die Daten und damit die Vorlieben der Nutzer sind bei den Sportriesen gefragt: Bis 2020 werde die Zahl der Nutzer von kostenpflichtigen Fitness-Apps allein in Deutschland auf schätzungsweise zehn Millionen steigen, heißt es in einem Marktausblick“ (Weimer, 2016).

Obwohl die ursprünglichen Motive für die Akquisitionen klar zu sein scheinen, gibt es jedoch kaum wissenschaftliche Literatur darüber, wie globale Sportmarken Fitness-Apps tatsächlich für ihr Kerngeschäft nützen, um schlussendlich mehr Produkte zu verkaufen.

Tatsache ist, dass die akquirierten Fitness-Apps über eine sehr große Zahl an Nutzer/in- nen verfügen, zu denen diese Sportmarken durch den Kauf der jeweiligen Applikation Zugang erhalten. Under Armour hat mit Endomondo und MyFitnessPal eine Nutzerbasis von 100 Millionen akquiriert, adidas mit Runtastic40 Millionen oder Asics mit Runkeeper 45 Millionen. Diese Zahlen beziehen sich auf den Zeitpunkt des Kaufes (Sawh, 2016).

Durch diese Akquisitionen haben die globalen Sportunternehmen also sehr große „Fit- ness-Communities“ für sich gewonnen. Die Bedeutung von „Communities“ und insbesondere der Grad an Aktivität („Engagement“) von Personen innerhalb von „Brand-Com- munities“ für Markenloyalität und den Erfolg eines Unternehmens ist Teil vieler wissenschaftlicher Studien und findet auch in dieser Arbeit noch Erwähnung (Coelho et al., 2018; de Almeida et al., 2018; Nadeem et al., 2020; Tseng & Lee, 2018).

Die Digitalisierung bietet viele Chancen, fordert viele Unternehmen aber auch darin, neue Wege zu finden, um mit ihren Kundinnen und Kunden zu interagieren. Erfolgreiche Unternehmen fokussieren sich besonders auf drei Bereiche: Informationen über die Kundinnen und Kunden zu sammeln, Technologien zu verwenden, die miteinander vernetzen und das Verständnis des eigenen Geschäfts zu optimieren. Organisationen, die es schaffen, einen zusätzlichen Wert für Konsumentinnen und Konsumenten zu generieren, der über das Kerngeschäft hinausgeht und diesen zu kommunizieren, haben zudem einen großen Vorteil gegenüber Wettbewerbern. Nike hat unter anderem mit der Nike+ Fitness-App schon sehr früh auf diese Herausforderungen reagiert und damit genau diese wichtigen Bereiche angesprochen (Boric et al., 2016). Insbesondere gebrandete Apps als neuer Kommunikations- und Interaktionskanal werden in bestehender Literatur häufig thematisiert. Apps schaffen neue Verknüpfungen mit den Käuferinnen und Käufern, vertiefen die Beziehungen zu diesen und entwickeln Loyalität (van Noort & van Reijmersdal, 2019; Wang, 2020). Auch hier finden sich wieder Parallelen zu den Fitness- Apps und lassen sich Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verwendung von Fitness- Apps durch globale Sportmarken ableiten.

1.3 Motivation und Ziel der Arbeit

Der Verfasser dieser Arbeit ist beruflich seit 2013 für das Unternehmen Runtastic tätig, welches seit 2015 zur Adidas AG gehört (Adidas, 2015) und auf die Entwicklung von Fitness-Apps spezialisiert ist. In dieser Position hat er aus erster Hand erfahren, welche Veränderungen die Akquise durch Adidas bewirkt hat und welche Möglichkeiten für Adidas bestehen, um die Apps von Runtastic für das Kerngeschäft - das Entwickeln und der Verkauf von Sportartikeln - zu nützen. Da auch viele weitere Sportartikelhersteller Apps akquiriert, beziehungsweise selbst entwickelt haben, ergibt sich eine interessante Fragestellung darüber, wie diese Unternehmen diese Apps nützen können und wollen, um schlussendlich mehr Produkte zu verkaufen (Cendrowski, 2012; Geron, 2015; Jonah, 2016).

Blickt man auf bestehende wissenschaftliche Literatur, dann zeigt sich, dass es zu dieser Thematik wenige wissenschaftliche Studien und Arbeiten gibt und vorhandene Erkenntnisse und Analysen meist auf Technologie-Blogs geteilt oder von Wirtschaftsmagazinen veröffentlicht wurden. Die Meinungen dazu sind vielfältig und nicht konsistent. Manche Expertinnen und Experten sprechen von einer Fehlkalkulation dieser globalen Marken, der Kauf von Fitness-Apps würde sich nicht bezahlt machen (Bower, 2019). Andere Expertinnen und Experten wiederum behaupten, dass solche Apps den Sportartikelherstellern helfen, sich zu differenzieren und eine größere Markenloyalität zu schaffen (Forte, 2018).

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Nutzung von Fitness-Apps durch globale Sportmarken aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu betrachten und zu beschreiben. Anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen soll beurteilt werden, ob Fitness-Apps helfen können, mehr Produkte zu verkaufen und wie sie dafür von globalen Sportmarken eingesetzt werden müssen, beziehungsweise bereits eingesetzt werden. In Ergänzung zum theoretischen Teil der Arbeit, basierend auf vorhandener wissenschaftlicher Literatur, sollen die gefunden Ergebnisse durch einen empirischen Teil ergänzt werden. Im Rahmen der empirischen Ausarbeitung werden Interviews mit Mitarbeiter/innen von Runtastic, Adidas und einem neutralen Experten geführt, welche verschiedene Einsichten in den Erfolg der Zusammenarbeit von Runtastic und Adidas zeigen und Praxisbeispiele dafür liefern, wie Adidas die Fitness App von Runtastic für sich nützt.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit versprechen interessante Einblicke darüber zu geben, wie Apps und insbesondere Fitness-Apps von globalen oder auch lokalen Unternehmen genützt werden können, um den Unternehmenserfolg positiv zu beeinflussen und sich von Wettbewerbsunternehmen zu differenzieren. Insbesondere Führungspersonen, die in ihrer Rolle vor ähnlichen Herausforderungen stehen und den Wert von Apps für ihr Unternehmen definieren und diese richtig nützen lernen müssen, sollen durch diese Masterarbeit wichtige Erkenntnisse gewinnen können.

1.4 Forschungsfrage

Der Fokus der Masterarbeit liegt darauf, den Wert von Fitness-Applikationen für globale Sportartikelunternehmen aufzuzeigen und wissenschaftlich zu analysieren, ob diese Apps tatsächlich das Potenzial haben, dem Kerngeschäft der Sportartikelunternehmen zu helfen. Dementsprechend orientiert sich der Autor an folgender Forschungsfrage: „Wie können globale Sportmarken Fitness-Applikationen nützen, um mehr Produkte zu verkaufen?“

Da das Angebot an Fitness-Applikationen enorm groß ist und viele verschiedene Arten von Fitness-Applikationen existieren, fokussiert sich diese Arbeit auf Fitness-Apps, die für den Laufsport gedacht sind, um eine einheitliche und zusammenhängende Argumentation in dieser Arbeit sicherzustellen (Reshma et al., 2020).

1.5 Forschungsdesign

Die Masterarbeit versucht, die Forschungsfrage in zwei Teilen zu beantworten. Den ersten Teil der Arbeit bildet eine Literaturstudie. Erkenntnisse aus vorhandener Literatur werden herangezogen, um die wichtigsten Motivationsfaktoren für die Akquise / Entwicklung von Fitness-Apps durch globale Sportartikelunternehmen zu beleuchten und genauer zu analysieren. Dabei liegt das Hauptaugenmerk darauf, wie Fitness-Apps diesen Sportmarken helfen können, mehr Produkte zu verkaufen. Um diese Analyse strukturiert und allgemeingültig durchzuführen, wird dafür das AIDA Model verwendet, welches die Wirksamkeit von Werbemaßnahmen anhand von vier Dimension analysiert. Diese sind Attention, Interest, Desire und Action (Walsh et al., 2020).

Im zweiten, empirischen Teil der Arbeit, werden Informationen aus 5 Interviews mit Mit- arbeiter/innen von Runtastic und Adidas als auch einem neutralen Experten eingearbeitet und Parallelen zu vorhandener Literatur dargestellt. Die empirische Ausarbeitung zielt darauf ab, konkrete Beispiele zu liefern, wie Adidas die Fitness-Apps von Runtastic für sich nützt und welchen Mehrwert diese für den global agierenden Sportartikelkonzern haben. Dabei wird ebenfalls wieder ein Bezug zum AIDA Model hergestellt, um einen Abgleich zwischen Literatur und Praxis durchführen zu können (Walsh et al., 2020).

2 Theoretische Fundierung

Die vorliegende Arbeit basiert auf drei Bereichen, die zur Beantwortung des Forschungsinteresses in diesem Kapitel aufgearbeitet werden. Zu Beginn werden strukturelle Besonderheiten sowie wettbewerbsrelevante Faktoren der Sportbekleidungsbranche vorgestellt, wobei der Fokus auf den global umsatzstärksten Unternehmen liegt. Dies soll Einblicke darin geben, weshalb Fitness-Apps einen strategischen Wettbewerbsvorteil in dieser Branche liefern können und die größten Unternehmen dieser Branche Fitness- Apps akquiriert haben. In einem zweiten Schritt werden Grundlagen zu Fitness-Applikationen und deren Entwicklung dargestellt, um basierend darauf das Interesse der Sportartikelhersteller für diese digitalen Produkte zu erläutern. Aufbauend auf diesen beiden Teilen erfolgt die Analyse und Diskussion des aktuellen Forschungsstandes anhand einer umfassenden Literaturrecherche. Das Kapitel endet mit einer Zusammenführung der Erkenntnisse, um so das Fundament für die empirische Untersuchung zu bilden.

2.1 Die globale Sportbekleidungsbranche

2.1.1 Charakteristika und Struktur des Marktes

Die Sportbekleidungsbranche wird üblicherweise als Teil der Sportartikelindustrie gesehen, wobei die Sportartikelindustrie aus drei Segmenten besteht. Sportausrüstung, Sportbekleidung und Sportschuhe. Die Segmente Kleidung und Schuhe können der Einfachheit halber als „Sportbekleidungsbranche" zusammengefasst werden. Jene Unternehmen, die für diese Arbeit relevant sind, sind Teil der Sportbekleidungsbranche (S. Kumar & Deshmukh, 2020).

Mit einem Marktvolumen von $167.7 Milliarden im Jahr 2018 und einem erwarteten Wachstum auf $248.1 Milliarden bis 2026 zählt die globale Sportbekleidungsbranche zu den größten und vielversprechendsten Branchen weltweit. Unternehmen dieser Branche haben ihr Kerngeschäft in der Herstellung und im Verkauf von Kleidung, die während sportlicher Aktivitäten getragen wird und optimale Beweglichkeit, Komfort und vor allem Atmungsaktivität während des Sports garantiert (Allied Market Research, 2019). In den letzten Jahren hat sich vermehrt ein Trend dahingehend entwickelt, dass Sportkleidung und Sportschuhe auch im Alltag und in der Freizeit getragen werden. Die Grenzen zwischen Produkten, die tatsächlich nur für den Sport gedacht sind und Produkten, die auch als Freizeitmode getragen werden können, sind fließend (Schmid et al., 2011). Dieser Trend wird in der Branche als „Athleisure“ bezeichnet. Es handelt sich dabei also um eine Kombination der Englischen Wörter „Athletic“ und „Leisure“, die mit Athletik und Freizeit übersetzt werden können. Diese Entwicklung hat der Sportbekleidungsbranche einen weiteren starken Wachstumsschub versetzt (Lipson et al., 2020).

Die USA haben die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Sportbekleidung. Im Durchschnitt werden in den USA $300 pro Jahr je Konsument/in ausgegeben. Wachstumsmärkte wie China und Indien zeigen großes Potenzial: Dort ist die Penetration mit Sportbekleidung noch relativ gering und die Pro-Kopf-Ausgaben liegen bei rund $25 pro Jahr in China, in Indien bei nur $5. China stellt daher kurz- und mittelfristig einen enormen Wachstumstreiber für globale Sportbekleidungshersteller dar, Indien ist langfristig gesehen ein vielversprechender Markt (Mistry & Trussell, 2019).

2.1.2 Aktuelle Anforderungen und Wettbewerb

Der Wettbewerb in dieser Branche ist sehr stark ausgeprägt, insbesondere unter den größten Unternehmen. Um an der Spitze zu bleiben, ist für die führenden Marken die Qualität deren Marketings entscheidend. Dazu zählt, die richtigen Athletinnen und Athleten unter Vertrag zu nehmen, eine ausgeprägte Social-Media-Präsenz aufzubauen und zu forcieren und insbesondere auf effektives „Storytelling“ zu setzen. Tatsächlich gibt es in dieser Branche einige Marken, die mehr Geld für Marketing ausgeben, als ihr operativer Gewinn beträgt. Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt in der Produktinnovation, also der Entwicklung von neuartigen Produkten, die einen zusätzlichen oder höheren Wert stiften, als es bisherige Produkte in dieser Kategorie können (Deutsche Bank, 2019).

Zu den größten Änderungen der Branche in den letzten Jahren zählt der direkte Verkauf über eigene Kanäle. Zwar wird auch weiterhin auf Zwischenhändler gesetzt, jedoch haben Sportmarken Vorteile darin erkannt, auch über eigene Kanäle wie zum Beispiel einen Webshop zu verkaufen und versuchen, Kompetenzen in diesem Bereich aufzubauen. Besondere Bedeutung kommt dabei unter anderem digitalen Kompetenzen zu (Deutsche Bank, 2019). Kasper Rorsted, der CEO von Adidas, spricht beispielsweise davon, dass online der wichtigste „Store“ von allen ist. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, welchen Stellenwert digitales Know-how hat (Seb, 2018).

Viele Führungskräfte aus dieser Branche sehen die meisten Sportartikelhersteller noch in den Anfängen der Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie. Jene, die bereits erste größere Schritte gewagt haben, weisen jedoch sehr niedrige Erfolgsquoten mit ihren Bestrebungen auf. Es ist nicht leicht, das Potenzial der Digitalisierung und all ihrer Möglichkeiten für die Sportartikelindustrie erfolgreich zu nützen, aber notwendig, um langfristig bestehen zu können (Barrie, 2017).

Nike und Adidas sind die beiden führenden Unternehmen der Branche. Nike hat seinen Firmensitz in den USA und vermarktet seine Produkte unter verschiedenen Markenname. Beispiele sind Nike, Jordan, Hurley und weitere. Nike verkauft weltweit über eigene Offline-Geschäfte, Online-Handelsportale, unabhängige Händler und Lizenznehmer (Marketline, 2020).

Adidas hat seinen Firmensitz In Herzogenaurach, Deutschland, und ist der größte europäische Sportartikelhersteller. Adidas setzt für den Verkauf auf eine ähnliche Struktur wie Nike und bietet seine Produkte über eigene Geschäfte, Klein- und Großhändler, Kaufhäuser, aber auch so wie Nike über einen eigenen Onlineshop und eine App an (Marketline, 2020).

Abbildung 1 zeigt eine Aufstellung der umsatzstärksten globalen Sportartikelhersteller. Umsätze der führenden Sportartikelhersteller (in Mrd €)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Eigene Darstellung „Umsatz der führenden Sportartikelhersteller“

(Quelle: Adidas, 2020; Asics, 2020; Nike, 2020; Puma, 2020; Schnitzspahn, 2020; Skechers, 2020; VF Corporation, 2020)

2.2 Fitnessapplikationen

2.2.1 Charakteristika und Struktur des Marktes

Mit der Einführung des ersten iPhones entwickelte Apple zugleich eine neue Plattform, die es Entwicklerinnen und Entwicklern ermöglichte, eigene Applikationen zu programmieren und im App-Store von Apple zu veröffentlichen. Applikationen sind Softwareprogramme, die speziell dafür programmiert wurden, um auf Mobilgeräten genützt zu werden. Dieser Umstand führte zu einer beachtlichen Vergrößerung des Funktionsumfanges von Mobilgeräten und ebnete zugleich den Weg dafür, dass Mobilgeräte für Gesund- heits - und Fitnesstracking verwendet werden konnten (West et al., 2012).

Eine Fitness-App ist ein Softwareprogramm, das entweder auf einem Smartphone oder Tablet geladen werden kann und speziell dafür entwickelt wurde, um Nutzer/innen mit Fitness- und Gesundheitsinhalten zu unterstützen. Vielfach bieten diese Apps Fitnessübungen, Ernährungstipps oder auch GPS-Aufzeichnung von Sportaktivitäten an (Businesswire, 2016; Cendrowski, 2012).

Sieht man im Jahr 2020 in den Apple-App Store oder auch den Playstore von Android, dann findet man tausende von Fitness-Apps. Das Angebot ist enorm und die Qualität der Apps sehr unterschiedlich.

Adidas, Nike und auch Under Armour zählen mit ihren Fitness-Apps zu den führenden Anbietern. Adidas akquirierte den österreichischen Fitness-App-Hersteller Runtastic 2015, Under Armour kaufte kurz zuvor die Apps MyFitnessPal und Endomondo (Geron, 2015). Nike entwickelte als einziger Sportartikelhersteller seine Apps selbst, anstatt sie zu kaufen und veröffentlicht bereits 2006 mit Nike+ einen Vorgänger der heutigen Nike Running und Training Club Apps (Businesswire, 2016; Cendrowski, 2012).

Der Markt wächst weiter und soll laut einem Report von Market Research Future eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 31,25% in den Jahren 2019 - 2026 aufweisen.

2.2.2 Charakteristika und Funktionen der Apps

Eine Aufstellung der Apps, auf die sich diese Arbeit bezieht, findet sich in Tabelle 1 unten. Tabelle 1 zeigt jene Fitness-Apps, die speziell für den Laufsport entwickelt wurden und von globalen Sportmarken gekauft wurden.

Tabelle 1: Eigene Darstellung „Überblick Fitness-Apps mit Fokus auf Laufsport"

(Quelle: Nike Inc, 2020; RunKeeper LLC, 2020; Runtastic GmbH, 2020; Under Armour Inc, 2020)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Einfluss auf den Kaufprozess

Nachdem nun grundlegende Charakteristika und Informationen zur Sportartikelbranche und zu jenen Fitness-Apps erläutert wurden, die für diese Arbeit relevant sind, soll in diesem Kapitel der Kern der theoretischen Fundierung erarbeitet werden und gezielt auf die Forschungsfrage eingegangen werden: „Wie können globale Sportmarken Fitness- Applikationen nützen, um mehr Produkte zu verkaufen?“

Grundlage für ein besseres Verständnis der folgenden Kapitel ist eine Erklärung des Konsumentenverhaltens. Homburg (2017) liefert dafür folgende Definition:

„Der Begriff Konsumentenverhalten umfasst alle beobachtbaren Handlungen von Individuen im Zusammenhang mit dem Kauf oder Konsum wirtschaftlicher Güter.“ (Homburg, 2017, S27)

Die Konsumentenverhaltensforschung untersucht dieses Gebiet sehr intensiv und beleuchtet dabei psychologische, soziologische, biologische und Marketingfaktoren, die allesamt einen Einfluss auf das Konsumentenverhalten ausüben. Das übergeordnete Ziel liegt darin, Empfehlungen für den effektiven Einsatz von Marketinginstrumenten abzuleiten, um so einen positiven Einfluss auf das Konsumentenverhalten und schlussendlich auf die Entscheidung übereinen Produktkauf auszuüben (Homburg, 2017).

Ein großer Fokus liegt insbesondere auf dem Prozess der Kaufentscheidung selbst. Es gibt verschiedene Modelle, die diese Entscheidung, die meist über mehrere Stufen abläuft, zu erklären versuchen. Ein vereinfachtes Model findet sich in Abbildung 2 unterhalb.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Eigene Darstellung „Stufen der Kaufentscheidung“ (Quelle: In Anlehnung an Homburg, 2017)

Nach der Grundsatzentscheidung über einen Kauf oder Nichtkauf und der Auswahl einer Produktkategorie stehen Konsumentinnen und Konsumenten vor der Auswahl eines konkreten Produktes einer bestimmten Marke. Üblicherweise hat man eine gewisse Anzahl an bestimmten Marken im Gedächtnis gespeichert, die für diese Entscheidung in Erwägung gezogen werden. Man spricht dabei vom „Evoked Set“. Das „Evoked Set“ inkludiert Produkte, mit denen man beispielsweise schon gute Erfahrungen gemacht hat oder auch jene, die aus einer Werbung oder einem anderen Kontakt mit der Marke bekannt sind. Für das Marketing ist also die dritte Stufe sehr bedeutend, weil genau dort die Konsumentinnen und Konsumenten durch Marketingmaßnahmen beeinflusst werden können (Homburg, 2017).

Um eine strukturierte Aufarbeitung der Forschungsfrage dieser Arbeit sicherzustellen und den Leserinnen und Lesern eine verständliche und nachvollziehbare Argumentation zu ermöglichen, wird die Beantwortung der Forschungsfrage anhand des AIDA Modells durchgeführt. Das AIDA Modell soll die Werbewirksamkeit von Marketingmaßnahmen analysieren und erklären. Es soll also zeigen, inwiefern Konsumentinnen und Konsumenten in der dritten Stufe der Kaufentscheidung beeinflusst werden können (Homburg, 2017).

2.3.1 Das AIDA-Modell im Überblick

Um zu verstehen, wie Sportartikelunternehmen wie Adidas oder Nike Fitness-Apps dafür nützen können, um mehr Produkte zu verkaufen, liegt eine Möglichkeit darin, die Werbewirksamkeit dieser Apps in Bezug auf das Kaufverhalten von Konsumentinnen und Konsumenten genauer zu betrachten. Es gibt verschiedene Modelle, die den Einfluss von Werbemaßnahmen und den Zusammenhang mit der Kaufentscheidung erklären (Walsh et al., 2020). Das AIDA Modell ist eines der bekanntesten davon und wurde von St. Elmo Lewis im Jahr 1898 entwickelt und zwei Jahre später nochmals erweitert. Es handelt sich hierbei um ein sehr altes Modell, das jedoch nach wie vor in seiner Originalform allgemeine Gültigkeit besitzt und von vielen Experten verwendet wird (Barry, 1987; Rehman et al., 2014). AIDA setzt sich aus den vier Englischen Begriffen „Attention“, „Interest“, „Desire“ und „Action“ zusammen. Obwohl es mittlerweile viele weitere Modelle gibt und auch einige Abänderungen, die auf dem AIDA Modell basieren, sind sich viele Wissenschaftler und Marketingexperten einig, dass Kundinnen und Kunden oft durch diese vier Schritte gehen, bevor sie ein neues Produkt kaufen und das AIDA Modell, wie es St. Elmo Lewis vor vielen Jahren entworfen hat, das Konsumentenverhalten in Bezug auf Werbemaßnahmen noch immer gut erklärt (Belch & Belch, 2009).

Dennoch gilt zu sagen, dass dieses Model nicht geeignet ist, um Analysen in Bezug auf Impulskäufe oder habitualisierte Käufe durchzuführen. Impulskäufe sind sehr stark emotional getrieben und zeigen nur geringes kognitives Involvement von Konsumentinnen und Konsumenten, es wird also nicht lange über den Kauf nachgedacht. Der Kauf von Süßigkeiten an der Supermarktkasse wäre ein klassischer Impulskauf. Habitualisierte Käufe zeigen geringes emotionales Involvement wie auch geringes kognitives Involvement. Dies sind Käufe für den alltäglichen Bedarf, wie beispielsweise Milch und Brot als einfache Lebensmittel. Auch hier passiert die Kaufentscheidung großteils automatisiert und ohne genauere Überlegungen. Da das AIDA-Modell kognitives sowie emotionales Involvement berücksichtigt, wäre es bei den besprochenen zwei Kaufentscheidungstypen hinfällig und nicht wirksam (Homburg, 2017).

Sportartikel, wie sie von den globalen Sportmarken, die für diese Arbeit relevant sind, verkauft werden, können zwar auch nur bedingt zum Typ „Extensive Kaufentscheidung“ gezählt werden, bei dem sowohl hohes kognitives Involvement als auch emotionales Involvement gegeben ist. Es zeigt sich aber, dass sich Konsumentinnen und Konsumenten bei der Auswahl ihrer Sportprodukte doch stark durch verschiedene Faktoren beeinflussen lassen und oft ein kognitives sowie emotionales Involvement gegeben ist (Homburg, 2017; Pillai et al., 2015). Demnach kann argumentiert werden, dass sich das AIDA-Modell für die weitere Analyse in dieser Arbeit eignet.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich Online-Marketing stimmen zu, dass das AIDA-Modell auch helfen kann, um die Effektivität von Online-Marketing-Akti- onen zu messen und zu analysieren (Linda & Clive, 2001). Online-Marketing ist für Konsumentinnen und Konsumenten in vielen Facetten erkennbar. Eine Unternehmenswebs- ite stellt oft den virtuellen Eintritt in ein Unternehmen dar und bildet die Grundlage für viele weitere Online-Marketing Aktivitäten. E-Commerce, digitale Kundebindungsprogramme oder auch Online-Öffentlichkeitsarbeit sind weitere Beispiele für Online-Marketing Instrumente bzw. Online-Marketing-Plattformen. Eine Aufstellung der vielen Erscheinungsformen des Online-Marketings zeigt Abbildung 3 (Kreutzer, 2019).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Eigene Darstellung „Online Marketing Varianten“

(Quelle: In Anlehnung an Kreutzer, 2019)

Eine Plattform für Online-Marketing-Aktivitäten sind Apps, denen im Rahmen von Mobile-Marketing besondere Bedeutung zu kommt.

Fitness-Apps, die für diese Arbeit im Fokus stehen, sind somit unter anderem auch als Online-Marketing-Kanal der jeweiligen Unternehmen zu verstehen. Jene Sportmarken, die Fitness-Apps betreiben, haben diese Apps mit ihrem Logo und Markennamen versehen und sie somit zu einem Kommunikationskanal des Unternehmens gemacht (Kreutzer, 2019; Nike Inc, 2020; Run Keeper LLC, 2020; Runtastic GmbH, 2020a; Under Armour Inc, 2020).

Da diese Fitness-Apps als Online-Marketing-Kanal der Sportmarken verstanden werden können, die für diese Arbeit untersucht werden, lässt sich begründen, dass das AIDA- Modell eine geeignete Grundlage darstellt, um die Forschungsfrage dieser Arbeit zu beantworten und Schlussfolgerungen zu ziehen.

Bevor die Bearbeitung der theoretischen Analyse durchgeführt wird, werden die vier Schritte des AIDA-Modells erklärt und eine zusätzliche Ergänzung vorgenommen, um für die Leserinnen und Lesereine Nachvollziehbarkeit der Argumentation zu gewährleisten.

Wie bereits angeführt, setzt sich das AIDA-Modell aus vier Stufen zusammen. Die erste Stufe, „Attention“, impliziert, dass bei potentiellen Kundinnen oder Kunden zuerst Aufmerksamkeit für eine Marke / ein Produkt bewirkt werden muss. Diese bildet den Beginn einer Kaufentscheidung. Einige Studien haben das AIDA-Modell leicht abgeändert und „Attention“ durch „Awareness“ ersetzt, da im heutigen Marketingumfeld öfter von Bewusstsein beziehungsweise .Awareness“ gesprochen wird, und das Modell so zeitgemäßer ist. Auch für diese Arbeit gehen wir davon aus, dass die erste Stufe des AIDA- Modells „Awareness“ ist (Ghirvu, 2013; Katja et al., 2013).

In einem zweiten Schritt muss „Interest“, also Interesse für eine Marke / ein Produkt, geweckt werden. Indem Besonderheiten einer Marke oder eines bestimmten Produktes gezeigt werden, welche die Vorteile und den Nutzen hervorheben, gelingt es, das Interesse einer Konsumentin oder eines Konsumenten zu gewinnen.

War die zweite Stufe erfolgreich und ist ausreichend Interesse geweckt worden, entsteht „Desire“, also Verlangen nach dem Produkt / der Marke. Die Konsumentin / der Konsument hat das Produkt oder eine Marke für sich beurteilt und es entsteht ein Verlangen, etwas zu kaufen (Turban et al., 2015).

In einem letzten Schritt kommt es zur Entscheidung und zur Erfüllung des markterfolgs- bezogenen Zieles des Unternehmens, der „Action“. Das Verlangen löst ein bestimmtes Verhalten aus, das meist zum Kauf des Produktes der Marke führt.

Homburg (2017) spricht bei den ersten drei Stufen des AIDA-Modells von potenzialbezogenen Zielen. Potenzialbezogene Ziele sollen das Erreichen von markterfolgsbezoge- nen und wirtschaftlichen Marketingzielen unterstützen. Laut Homburg (2017) stellt die letzte Stufe des AIDA-Modells, „Action“, das markterfolgsbezogene Ziel dar, welches von den drei vorgelagerten Stufen vorbereitet wird (siehe Abbildung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Eigene Darstellung „AIDA Modell“

(Quelle: In Anlehnung an Homburg, 2017)

2.3.2 Theoretische Analyse - AIDA-Modell

Der Hauptteil der theoretischen Fundierung dieser Arbeit beginnt in diesem Kapitel. Im Folgenden wird analysiert, welches Potenzial Fitness-Apps für Sportmarken haben, um mehr Produkte zu verkaufen. Diese Analyse wird, wie bereits angeführt, anhand des AIDA-Modells durchgeführt, wobei die vier Stufen nacheinander diskutiert werden.

2.3.3 Analyse - „Awareness“

Dem AIDA-Modell zufolge ist die Grundlage für eine spätere Kaufabsicht einer Konsumentin oder eines Konsumenten Bekanntheit für eine Marke oder ein bestimmtes Produkt zu generieren. Im Englischen sprechen wir von dem bekannten Begriff „Brand A- wareness“. In diesem Zusammenhang stellt sich also die Frage, inwiefern Fitness-Apps dazu in der Lage sind, Bewusstsein für eine Marke zu schaffen (Homburg, 2017).

Für Business-to-Consumer-Untemehmen, wie es die globalen Sportmarken, die im Fokus dieser Arbeit stehen, unter anderem auch sind, ist es enorm wichtig, eine starke und präsente Marke zu schaffen. Keller & Lehmann (2006) sehen diese Kompetenz als den Schlüssel einer erfolgreichen Marketingstrategie.

Müsste man „Brand-Awareness“ definieren, so kann es als die Fähigkeit einer Konsumentin oder eines Konsumenten beschrieben werden, eine bestimmte Marke zu erkennen, beziehungsweise sich an eine Marke zu erinnern, wobei es einen direkten Zusammenhang zur Präsenz einer Marke im Gedächtnis von Konsumentinnen und Konsumenten gibt. Eine starke Brand Awareness würde demzufolge bedeuten, dass viele Kundinnen und Kunden die Marke erkennen, beziehungsweise eine Marke unter einer bestimmten Kategorie im Gedächtnis abgespeichert haben (Keller, 1993).

Katja et al. (2013) zufolge wird “Brand Awareness” durch jeglichen Kontakt der Kundinnen und Kunden mit einer Marke generiert. Dies kann über Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Social-Media oder auch Apps sein. All diese Kontakte fördern das Bewusstsein für eine bestimmte Marke und legen den Grundstein dafür, das Konsumentinnen und Konsumenten in die „Interest“ Phase im AIDA-Modell gelangen können. Unter diesen Rahmenbedingungen stellt sich also die Frage, an welchen Stellen der App Nutzerinnen und Nutzer mit der Sportmarke in einer Fitness-App in Kontakt kommen.

Der Einstieg bzw. der erste Kontakt mit einer Fitness-App findet üblicherweise in einem Online-Store statt, in dem Apps heruntergeladen werden können. Für Smartphones, die das Betriebssystem iOS haben, wäre das der App-Store und für Mobilgeräte mit Android Betriebssystem spricht man vom Playstore. Dort kommen Konsumentinnen und Konsumenten das erste Mal mit der Marke in Berührung. Im Fall der globalen Sportuntemeh- men, die ihre Fitness-Apps mit ihrer eigenen Marke versehen haben, bedeutet dies, dass potentielle Kundinnen und Kunden diese Marken sehr präsent im App Store oder Playstore sehen (siehe Abbildung 5) (Lee & Raghu, 2014; Nike Inc, 2020; Runtastic GmbH, 2020a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Eigene Darstellung „App Store Screenshots"

(Quelle: In Anlehnung an Nike Inc, 2020; Runtastic GmbH, 2020a)

Nachdem Nutzerinnen und Nutzer die App heruntergeladen haben, kommen sie gleich nach dem Öffnen wieder mit der Marke in Kontakt und sehen diese am Startbildschirm der jeweiligen Applikation (siehe Abbildung 6). Um abschätzen zu können, wie viele Personen den Startbildschirm einer App und somit die Markenlogos der Sportmarken sehen, müsste man wissen, wie groß die Zahl der „Active User“ der jeweiligen App ist. „Active User“, also „aktive Nutzer“, ist eine weitverbreitete Metrik in der App-Industrie, die angibt, wie viele Personen eine App in einem bestimmten Zeitraum öffnen. „Aktive Nutzer“ sind für diese Fitness-Apps sehr wichtig, da sie die Produkte regelmäßig verwenden und somit Umsatz generieren, beziehungsweise für andere Zwecke, zum Beispiel für Werbung in der App, adressierbar sind. Die Betrachtungszeiträume, die meistens verwendet werden, sind tägliche, wöchentliche oder monatliche „aktive Nutzer“ (Adjust, 2020).

Es lassen sich online kaum veröffentlichte Zahlen zu registrierten Nutzerinnen und Nutzern oder „aktiven Nutzern“ der Fitness-Apps finden. Runtastic (2020b) gibt im Media- Center auf der Unternehmenswebseite an, über 163 Millionen Kundinnen und Kunden zu verfügen. Zu berücksichtigen ist, dass Runtastic zwei Fitness-Apps hat, die adidas Running und die adidas Training App. Dementsprechend werden nicht alle Personen die Lauf App adidas Running verwenden und es lässt sich auch kein Rückschluss auf die zum Beispiel monatlichen „Aktiven Nutzer“ treffen. Daten von Statista (2020a) zufolge hatte die adidas Running App im Februar 2020 rund 28.000 „Daily Active User“ in Deutschland, also täglich „aktive Nutzer“. Würde man dies auf einen Monat hochrechnen, ergäbe sich eine monatliche aktive Nutzerzahl von 840.000 für Deutschland. Da die adidas Running App in 14 verschieden Sprachen verfügbar ist, kann man also davon ausgehen, dass mehrere Millionen Nutzerinnen und Nutzer monatlich das adidas Logo wie in Abbildung 6 dargestellt sehen, was großen Einfluss auf die „Brand Awareness“ für adidas haben kann (Runtastic GmbH, 2020b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Eigene Darstellung „Fitness-Apps"

(Quelle: In Anlehnung an Nike Inc, 2020; RunKeeper LLC, 2020; Runtastic GmbH, 2020; Under Armour Inc, 2020)

Bereits 2011 haben Bellmann et al. (2011) über „Branded Apps“ geschrieben und diese als Software definiert, die auf Mobilgeräte heruntergeladen werden und sehr prominent eine Marke und die Markenidentität eines Unternehmens zeigen. Eine Besonderheit von „Branded Apps" sei das große „User Engagement", also die Aktivitäten der Personen in diesen Apps und die positiven Auswirkungen dieser hohen Nutzungsraten auf die Einstellungen der Nutzerinnen und Nutzer zur Marke, die in den Apps sichtbar ist.

Zhao & Balagué (2015) definierten 5 Ziele, welche für viele Unternehmen, die „Branded Apps" betreiben, im Fokus stehen (siehe Abbildung 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Eigene Darstellung „Untemehmensziele - Branded Apps“

(Quelle: In Anlehnung an Zhao & Balagué, 2015)

Eines dieser fünf Ziele ist Kommunikation. Mit diesem Ziel versucht man insbesondere Markenbekanntheit zu optimieren, meist indem das Design der App mit der Markenidentität und dem Logo des Unternehmens versehen wird. Legt man ein Augenmerk auf die Fitness-Apps, die für diese Arbeit betrachtet werden, dann deckt sich diese Erkenntnis und es wird bestätigt, dass Fitness-Apps geeignet sind, um mehr Markenbekanntheit aufzubauen und somit die erste Stufe des AIDA Modells zu erfüllen (Zhao & Balagué, 2015).

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Excerpt out of 94 pages

Details

Title
Das Rennen um Fitness-Apps. Wie globale Sportmarken Fitness-Applikationen für die Produktbewerbung nützen können
Subtitle
Eine Analyse basierend auf dem Beispiel Adidas & Runtastic
College
Management Center Innsbruck
Grade
1,0
Author
Year
2020
Pages
94
Catalog Number
V955769
ISBN (eBook)
9783346349859
Language
German
Keywords
rennen, fitness-apps, sportmarken, fitness-applikationen, produktbewerbung, eine, analyse, beispiel, adidas, runtastic
Quote paper
Michael Mandlbauer (Author), 2020, Das Rennen um Fitness-Apps. Wie globale Sportmarken Fitness-Applikationen für die Produktbewerbung nützen können, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/955769

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