FinTech. Disruptive Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie

Chancen und Gefahren für Schweizer Banken


Research Paper (undergraduate), 2020

27 Pages, Grade: 2


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.1. Disruption
2.2 Geschäftsmodell

3. DAS SCHWEIZERISCHE BANKENSYSTEM
3.1 Einflussschaffende Grundtrends
3.2 Geschäftsmodelle der Schweizer Banken
3.3 Retail Banking

4. BANKING IM ZEITALTER DER DIGITALISIERUNG
4.1 Online Banking
4.2 Fintech-Unternehmen
4.2.1 Smartphone Banking
4.2.2 Payment Services
4.2.3 Social Trading
4.2.4 Currency Exchange
4.2.5 Crowdfunding

5. MÖGLICHE FOLGEN FÜR DAS SCHWEIZERISCHE BANKWESEN

6. SCHLUSSWORT

7. LITERATURVERZEICHNIS

Abstract

Das schweizerische Bankensystem erlebt eine Zeit des Wandels. Neue Geschäftsmodelle von Fintech-Unternehmen setzen die kostenintensiven «alles aus einer Hand» Modelle der traditionellen Banken unter Druck. In der vorliegenden Arbeit wird die Gefahr der Fintech- Unternehmen auf etablierte Banken untersucht und mögliche Folgen auf das Bankwesen evaluiert. Als Gefahr erweisen sich die technologisch getriebenen Geschäftsmodelle erst, wenn Banken keine Kooperationen eingehen oder die Geschäftsmodelle nicht an die Zeit der Digitalisierung angepasst werden. Die hohen Kosten und Angebotspreise der Banken können oft durch schlanke Kostenstrukturen der Fintech-Unternehmen übertroffen werden. Komfort, Effizienz und schnelle Prozesse unterstreichen das Geschäftsmodell der Fintechs. Nichtsdestotrotz sind persönliche Beratungsdienstleistungen, die Reputation und das Vertrauen noch grosse Faktoren, welche traditionelle Banken unterstützen. Die grösste Gefahr bilden Fintech-Unternehmen für Retailbanken, welche sich nicht gross durch ihre Dienstleistungen differenzieren können. Das Zeitalter der Digitalisierung treibt nun auch Grossbanken an, am Beispiel der Fintech-Unternehmen in Innovationen und Technologien zu investieren und diese bestmöglich anzuwenden. Das Anpassen an neue Anforderungen und Bedürfnisse scheint nun essentiell.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Suchanfragen nach Mobile Banking auf Google

Abbildung 2: Crowdfunding

Abbildung 3: Einfluss der Digitalisierung

1. Einleitung

«Banking is essential, banks are not», das sind die Worte von Microsoft-CEO Bill Gates (King, 2010, S. 50, zitiert nach Jobs, 1994).

Die Welt ist im Wandel. Auch der traditionelle und bisher standfeste Wirtschaftssektor der Banken kriegt dies zu spüren. Eingehend mit dem Zeitalter der Digitalisierung dringen nun auch vermehrt finanztechnologische Lösungsansätze in das schweizerische Bankwesen ein. Sogenannte Fintech-Unternehmen setzen neue kundenspezifische Erwartungshorizonte und zwingen traditionelle Banken sich dem Strom anzuschliessen.

Digitale Vermögensverwalter und Smartphone Banking ist längst keine Zukunftsmusik mehr und dringt in die Geschäftsmodelle etablierter Banken ein. Disruptive Unternehmen wie Revolut scheinen durch ihre Agilität und der schnellen Anpassungsfähigkeit an Kundenbedürfnisse einen Vorteil zu haben. Diese Arbeit untersucht und veranschaulicht Geschäftsmodelle von traditionellen Schweizer Banken und einiger neu etablierten Fintech- Unternehmen. Revolut, eToro, TransferWise, Kickstarter und PayPal dienen hierbei als Fallbeispiele. Diese Fintechs haben schon eine grosse Kundschaft akquiriert und dienen durch ihre Spezialisierung als geeignete Beispiele für verschiedene Branchenbereiche. Es stellt sich die Frage, inwiefern solche Fintech-Unternehmen eine Gefahr für das Schweizer Bankwesen darstellen. Dabei wird ein leichter Fokus auf das Retail Banking gelegt, da hier der grösste Ertragsrückgang vermutet wird (Lister, 2018, S. 11-12). Chancen, welche mit dem Aufkommen neuer Geschäftsideen einhergehen, werden angesprochen, jedoch sollen sie kein Schwerpunkt dieser Arbeit sein.

Zu Beginn werden theoretische Grundlagen bezüglich der Disruption und den Geschäftsmodellen erläutert, um den Grundstein der Arbeit zu legen. Es folgt eine Erläuterung des schweizerischen Bankwesens mit einem Fokus auf das Retail Banking. Dazu werden grundlegenden Einflusstrends vorgestellt, welche Finanzunternehmen prägen, um ein Gesamtbild des Bankensektors erschliessen zu können. Anschliessend erfolgt die Auseinandersetzung mit verschiedenen Fintech-Unternehmen und deren innovativen Geschäftsmodellen. Hiernach werden mögliche Folgen für das schweizerische Bankwesen festgehalten und zuletzt eine Schlussfolgerung gezogen.

In der Zeit der Digitalisierung treten innovative und technologisch angetriebene Geschäftsmodelle in den Fokus. Durch die aktuelle Pandemiekrise erscheint die digitale Welt und ihre Funktion wichtiger als jemals zuvor. Eine Auseinandersetzung mit neuen Geschäftsideen scheint für die Gesellschaft und Unternehmen unausweichlich.

2. Theoretische Grundlagen

Viele Branchen erfahren durch die Digitalisierung einen Wandel. Die Branchenstruktur der Banken wirkt stabil, jedoch zeigen sich in den letzten Jahren auch hier Veränderungen. Innovative Geschäftsmodelle betreten den Markt, welche das Potential zeigen den Bankensektor wesentlich zu verändern. (Braune & Landau, 2017, S. 496)

In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen disruptiver Technologien und Geschäftsmodellen erläutert, welche ihr Wesen in der Finanzbranche an den neuartigen Fintech-Unternehmen zeigen.

2.1. Disruption

Eine der häufig einkehrenden Ursachen für das Scheitern eines marktführenden Unternehmens ist der Umgang mit innovativen Technologien und sich aufgrund dessen im Wandel befindenden Märkten. Viele Unternehmen versagten aufgrund ihrer Ignoranz oder schlechten Anpassungsfähigkeit. (Bower & Christensen, 1995, S. 43) Diese Technologien und darauf basierenden Geschäftsmodelle verlassen den bisherigen technologischen Entwicklungspfad und führen zu strukturellen Veränderungen in einer Branche (Braune & Landau, 2017, S. 497). Oft erscheinen diese Innovationen bei Konsumenten zunächst als inferior. Die Leistungsfähigkeit ist im Vergleich zu den aktuellen und klassischen Leistungsmerkmalen geringer. Für den Kernmarkt einer Branche sind sie in den Anfängen entsprechend keine Gefahr. Oft schaffen sie jedoch Nischenmärkte, in welchen sie Kundschaft anwerben, Leistungsmerkmale verbessern und die Möglichkeit erlangen in etablierte Märkte einzudringen. (Braune & Landau, 2017, S. 497; Bower & Christensen, 1995, S. 44)

Klassische Unternehmen haben zunächst wenig Anreize in innovative Technologien zu investieren, welche in ihren Kernmarkt nicht speziell gefragt sind. Es besteht noch keine hohe Zahlungsbereitschaft und die aktuellen Umsätze der Unternehmen würden stark darunter leiden. (Braune & Landau, 2017, S. 497-498) Christensen beschreibt die Disruption als «[...] process whereby a smaller company with fewer resources is able to successfully challenge established incumbent businesses» (Christensen, Raynor & McDonald, 2015, Abschn. 6). Weniger Ressourcen schaffen dem Unternehmen einen besseren Überblick und erlauben es klare Prioritäten zu setzen. Geschäftsmodelle, auf welche im nächsten Kapitel genauer eingegangen wird, erscheinen dann mit neuen Ertragsmechaniken und innovativen Geschäftskernen.

2.2 Geschäftsmodell

Die Disruption einer Branche findet meist nicht durch eine technologische Innovation statt, sondern durch innovative, auf diesen Technologien basierende Geschäftsmodelle (Christensen & Raynor, 2003, S. 32-38). Ein solches Modell kann als fundamentales Gerüst eines Unternehmens erklärt werden. Nach dem St. Galler Management-Modell ist das Geschäftsmodell eine vereinfachte Erklärung, wie bei der organisationalen Wertschöpfung ein Mehrwert für alle Stakeholder erbracht wird und auf welche « [...] Art und Weise Kunden für diesen Mehrwert bezahlen» (Rüegg-Stürm & Grand, 2019, S. 68). Entsprechend wird in einem Geschäftsmodell die Ertragsmechanik, das Nutzenversprechen an den Kunden und die Konfiguration einer Wertschöpfungskette definiert. (Rüegg-Stürm & Grand, 2019, S. 68) Disruptive Geschäftsmodellinnovationen sind neue Methoden die Geschäftstätigkeit zu gestalten. Sie ermöglichen es die Wertschöpfung kostengünstiger zu kreieren oder mehr Wert mit den gleichen Ressourcen abzuschöpfen. Eine Geschäftsmodellinnovation sieht Bieger als vorhanden, wenn sich die Marktbearbeitung wie auch die Unternehmensprozesse und Produkte eines Unternehmens verändern (2015, S. 175).

Bei digitalen Geschäftsmodellinnovationen erfolgen einschlägige Veränderungen in der Struktur und dem Aufbau eines Geschäftsmodelles. Meist wird eine neue Art des Kundennutzens definiert oder erheblich gesteigert, sodass der Kunde einen höheren Nutzen erfährt als bei herkömmlichen Angeboten. Eine radikale Veränderung ergibt sich vor allem in der Wertschöpfungskette. Die Art, wie Wert generiert wird, kann im Zeitalter der Digitalisierung klar vereinfacht und kostengünstiger vollzogen werden. Digital disruptive Geschäftsmodelle profitieren von geringen Kosten angewandter Technologien. (Braune & Landau, 2017, S. 499-500) Zu diesen innovativen und neuartigen Geschäftsmodellen gehören die in Kapitel 5 behandelten Fintech- Unternehmen.

3. Das schweizerische Bankensystem

In diesem Kapitel wird das traditionelle Bankensystem der Schweiz erläutert, wobei ein leichter Fokus auf das Retail Banking gesetzt wird. Es wird auf die Grundtrends eingegangen, welche Einfluss auf die Finanzbranche haben, um ein Gesamtbild des Bankensektors erschliessen zu können.

3.1 Einflussschaffende Grundtrends

Verschiedene Trends beeinflussen das Verhalten und die Denkrichtung der Gesellschaft. Sie prägen das Konsumverhalten und haben einen entsprechend grossen Einfluss auf die Unternehmen. Diese werden ausgelegt, um die Umweltbedingungen der Schweizer Banken in der heutigen Zeit besser zu verstehen und somit Gefahren- wie auch Chancenpotentiale der Fintech-Unternehmen zu beurteilen.

Demographische Trends, wie das Aufkommen der Generation Y als produktivste Kundengruppe und die aktuelle Überalterung der Bevölkerung, wirken sich auf das Kundenverhalten und die Kundenbedürfnisse aus. Die Digitalisierung als Antreiber neuer Technologien ist im Stande traditionelle Geschäftsmodelle weitgehend zu verändern. (Kobler et al., 2016, S. 7) Neue Wettbewerber treten in den Markt ein, welche durch den technologischen Fortschritt von schlanken Kostenstrukturen profitieren (Braune & Landau, 2017, S. 504). Durch den Trend der Globalisierung erfolgt die Herausforderung trotz internationaler Ausbreitung eines Unternehmens, als Einheit zu fungieren. Es entstehen Hürden in der Koordination und Kooperationsprobleme, welche auch aufgrund verschiedener Unternehmenskulturen ihren Ursprung finden können. Teure und arbeitsintensive Regulierungen im Bankwesen, welche seit 2008 verstärkt wurden, erhöhen die Komplexität des Compliance-Managements. Der stetig steigende Druck des Nachhaltigkeitstrends zeigt sich auch an den Anforderungen der Stakeholder. Durch Faktoren wie das Auslaufen des Bankgeheimnisses, die negativen Zinssätze und die Stärke des Schweizer Frankens ist die Wettbewerbsposition der Banken betroffen. (Kobler et al., 2016, S. 7)1

3.2 Geschäftsmodelle der Schweizer Banken

Banken stehen zurzeit unter der Einhaltung starker Regulierungen und Herausforderungen bezüglich ihrer Geschäftsmodelle. Die Regulationen bremsen Geschäftsprozesse, während Kunden schnellere und einfachere Verfahren verlangen. Banken arbeiten zentral, wobei dezentral organisierte Strukturen effizienter und agiler handeln könnten. (Hille, 2018, S. 51)

Das Geschäft der Banken zeichnet sich vor allem durch die hohe Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit aus. Auch die lange Erfahrung traditioneller Banken erscheint als klarer Wettbewerbsvorteil. Das Interesse der Bevölkerung an den schweizerischen Banken ist 2019 klar positiv. Sie gelten in der Gesellschaft als solide, verlässlich und als wichtige Arbeitsgeber. (SwissBanking, 2019)

Traditionell funktionierende Banken verfügen über ein integriertes Wertschöpfungssystem (Kobler et al., 2016, S. 34). Sie konzentrieren sich entsprechend darauf alle Wertschöpfungsstufen zu beherrschen und generieren hierbei «Economies of Scope»1. Jedoch fehlt oft eine tiefgreifende Spezialisierung der verschiedenen Bereiche, was durch andere Unternehmen als Lücke genutzt werden kann. (Bieger, 2015, S. 49) Die Wertschöpfung und die entsprechende Ertragsmechanik von Banken setzt sich grösstenteils aus dem Kommissionsgeschäft, dem Zinsdifferenzgeschäft und dem Dienstleistungsgeschäft zusammen. Das Kommissionsgeschäft umfasst den Zahlungsverkehr, die Vermögens­verwaltung und das Investment Banking, wobei das Zinsdifferenzgeschäfts Wertschöpfung aus der Kreditvergabe und Einlagen generiert. (BAK, 2019, S. 30)

Wobei der persönliche Kontakt im Retail Banking nicht ausschlaggebend ist, wird er bei beratungsintensiven Dienstleistungen, wie der Altersvorsorge und dem Vermögens­management, immer noch stark genutzt. In einer alternden und gut situierten Gesellschaft entsprechen diese wichtigen Marktfeldern, auf welche Banken erhöhten Fokus legen. In der Schweiz gelten das Wealth Management und Investmentbanking als Sektoren mit hohen Gewinnen. (Hille, 2018, S. 57)

Das Geschäftsmodell einer etablierten Bank gestaltet sich sehr breit und variiert je nach Unternehmung. Was sich jedoch über Banken als integratives Unternehmen sagen lässt erklärt Brunner in einem Interview mit dem SRF. Die IT-Infrastruktur der klassischen Banken leide nach Brunner unter starker Komplexität, da alle Dienstleistungen und Produkte abgedeckt werden müssten. (Zeroual & Daester, 2019, Abschn. 5)

Besonders Retailbanken bekommen die neue Konkurrenz nun zu spüren, da sich preisgünstigere Angebote auf dem Markt etablieren. Im folgenden Kapitel wird das Retail Banking genauer erläutert.

3.3 Retail Banking

2018 generierten die Schweizer Banken 32.8 Milliarden Franken nominale Bruttowertschöpfung, welches 4.9 Prozent der Gesamtwirtschaft ausmacht. (BAK, 2019, S. 4) Der heutige Finanzsektor generiert eine höhere Wertschöpfung als die Pharmaindustrie und der Detailhandel zusammen. Entsprechend kommen den Banken und Versicherungen eine grosse Verantwortung für das wirtschaftliche Wachstum der Schweiz zu. (BAK, 2019, S. 9) Nun sind vor allem Geschäftsbereiche im Retail Banking durch den Eintritt neuer Wettbewerber, welche kostengünstiger anbieten, gefährdet. Die Schweizerische Bankiersvereinigung definiert den Begriff des Retail Bankings wie folgt:

«Unter Retail Banking wird in der Regel das Bankgeschäft mit der breiten Bevölkerung verstanden, das vor allem Basisleistungen umfasst. Es zeichnet sich durch eine standardisierte und leicht verständliche Produktpalette aus und zielt auf Personen mit einem Nettovermögen, deren Obergrenze je nach Bank bei etwa 250'000 bis 1 Mio. Franken liegt. Zum Dienstleistungsangebot gehören Kontoführung, Zahlungsverkehr, Kreditkartenvertrieb, einfache Anlageprodukte sowie das Hypothekar- und Kreditgeschäft» (SwissBanking, 2010, S. 47).

Das Retail Banking gehört zur Geschäftstätigkeit aller Schweizer Banken. Das Hypothekargeschäft, auch Zinsdifferenzgeschäft genannt, stellt eine der Haupteinnahme­quellen von Schweizer Retailbanken dar. Kantonalbanken erwirtschaften damit mehr als die Hälfte ihrer Wertschöpfung. Bei den Raiffeisenbanken sowie Regionalbanken liegt dieser Betrag noch weit darüber. (Berchtold et al., 2012, S. 9)

Der Schweizer Retail Banking-Markt gilt als gesättigt und zwingt Neueinsteiger Kundschaft abzuwerben. Dies gelingt oftmals durch ein kostengünstigeres und unkompliziertes Angebot, mit welchem Fintech-Unternehmen nun werben. (Berchtold et al., 2012, S. 13)

Eine Gefahr durch Fintech-Unternehmen zeigt sich vor allem im Retail Banking, da Basisleistungen wie Kontoführung, Transaktionen und Kredit- wie auch Debitkarten nun preisgünstiger oder kostenlos angeboten werden (EY, 2019, S. 45).

Die Zustimmung von Schweizer Banken, dass Fintech-Unternehmen eine Gefahr für die Marktposition der Schweizer Banken darstellen, hat sich im Jahr 2019 von 14 Prozent auf 25 Prozent erhöht. Von den 79 Prozent der Schweizer Banken stimmen dieser Aussage noch weitere 54 Prozent teilweise zu. (EY, 2020, S. 43)

4. Banking im Zeitalter der Digitalisierung

Banking nimmt in Zeiten der Digitalisierung eine ganz neue Form an. Der Wechsel zu Finance 2.0 nimmt ihren Lauf und Banken müssen auf die Schiene der technologischen Innovation umsteigen. In diesem Kapitel werden die Anfänge des digitalen Bankings durch die Innovation des Mobile Bankings vorgestellt. Anhand einzelner Fintech-Unternehmen, welche sich auf verschiedene Branchenbereiche spezialisiert haben, soll ein Überblick zu digitalen Geschäftsmodellen des Bankings verleiht werden, welche zum Wandel beitragen.

4.1 Online Banking

Mehr als die Hälfte aller Schweizerinnen und Schweizer nutzen E-Banking. Es ist klar, dass die Generationen Y und Z in den Vordergrund rücken werden und die Banken ihre Dienstleistungen anpassen müssen, um den Anforderungen und Erwartungen der Kunden zu entsprechen. (Kobler et al., 2016, S. 2) Digitale Disruptoren treten mit neuen IT-Technologien in den Markt von Bankdienstleistungen ein und scheinen erfolgreich Fuss zu fassen (Kobler et al., 2016, S. 2). Es bieten sich neue Innovationsmöglichkeiten durch Roboter, Blockchain-Technologie und Low-Code Plattformen, welche Dienstleistungskosten massiv senken und traditionelle Geschäftsmodelle unter Druck setzen (Kobler et al., 2016, S. 2-3).

Besonders im Retail Banking greifen Kunden immer mehr zu elektronisch verfügbaren Angeboten, obwohl hierbei der persönliche Kontakt ganz entfallen kann (Laukkanen T., Sinkkonen, Kivijärvi & Laukkanen P., 2007, S. 420). In der unteren Grafik ist der Anstieg an Google Suchanfragen nach «Mobile Banking» ersichtlich und zeigt das steigende Interesse der weltweiten Bevölkerung. Das Jahr 2016 galt als revolutionär für das Mobile Banking, da auch vermehrt Banken ihre Online Angebote auf den Markt setzten. (Bright, 2016)

Mit der Verbreitung der Smartphones und der disruptiven Erfindung des iPhones im Jahr 2007 konnten vermehrt Applikationen, welche die Entwicklung von Low-Code-Plattformen vorantrieben, auf mobilen Geräten heruntergeladen werden (Bevans, 2019; Dietrich, 2018, Abschn. 2). Das Mobile Banking, welches die Abwicklung von Bankgeschäften über Mobiltelefone erlaubt, wird zu einer gefragten Funktion (Lerner, 2013, S. 6).

Als neuer Distributionskanal hat das Mobile Banking einen grossen Einfluss auf das Retail Banking. Es öffnete Türen für Unternehmen wie Revolut oder TransferWise, welche nun in einen gesättigten Markt dringen und versuchen, Kunden abzuwerben. Die Kundenstruktur wird sich in Zukunft stark verändern. Laut Hille werden Kundenprofile immer vielschichtiger und der vollständige Selbstentscheider, der sogenannte «digital native», für welchen die Bank eine App ist, wird in den Vordergrund treten. (2018, S. 56)

4.2 Fintech-Unternehmen

Der Begriff Fintech setzt sich aus «Financial (Services)» und «Technology» zusammen. In diesen neuartigen Unternehmen wird das Angebot von Finanzdienstleistungen mit Hilfe von technologischen Mitteln aufgegriffen, neugestaltet, abgewandelt oder ergänzt. (Rasche & Tiberius, 2017, S. 2) Fintech-Unternehmen profitieren durch den intensiven Gebrauch digitaler Technologien von schlanken Kostenstrukturen, da sich im operativen Bereich im Gegensatz zum traditionellen Bankwesen keine grossen Kostenblöcke bilden. Auch die ausschliessliche Online und Mobile Distribution der Dienstleistungen ermöglicht einen kostengünstigeren Vertrieb. (Braune & Landau, 2017, S. 504) Durch den technologischen Fortschritt wurde der Einstieg in die Finanzbranche vereinfacht. Geringere Transaktionskosten wie auch eine deutliche Abnahme von Informationsasymmetrien zwischen Banken und ihren Kunden sind Folgen der Digitalisierung. Der grösste Erfolgsfaktor für Fintech-Unternehmen ist ihre starke Kundenorientierung. Bestehende Kundenbedürfnisse werden serviceorientiert gestaltet und vermarktet. Dies bedeutet: schnellere und komfortablere Lösungsprozesse. Die Dienstleistung soll so einfach wie möglich genutzt werden können. Manuelle Aufwände werden für den Konsumenten auf das Nötigste minimiert, da ein Grossteil der Prozesse automatisiert abläuft. Ein Online-Abschluss wird zur Selbstverständlichkeit. Die Standardisierung und Automatisierung der Dienstleistungsangebote sollen dazu verhelfen, Komplexität abzuschaffen und Einfachheit einzubringen. (Wannhoff, 2018, S. 40-43)

Dabei sind besonders traditionelle Bankfunktionen wie Einlagen und Kredite, der Zahlungsverkehr, die Vermögensverwaltung und Kapitalbeschaffungen betroffen (Kobler et al., 2016, S. 18). Fintech-Unternehmen zeichnen sich durch ihre Agilität und somit durch ihre schnelle Anpassungsfähigkeit an Kundenbedürfnisse aus (Wannhoff, 2018, S. 43). Durch die vom Bundesrat eingeführte Fintech-Lizenz können Unternehmen seit dem 1. Januar 2019, auch ohne Banklizenz, Publikumseinlagen von bis zu 100 Millionen Franken verwalten. Ein Einlegerschutz wie bei traditionellen Banken besteht jedoch nicht. (Hugenschmidt, 2018, Abschn. 1) Diese Lizenz soll die Innovationsfähigkeit des Bankings und somit die Wettbewerbschancen für Fintechs fördern. (Finma, o.D.; Swissinfo.ch, 2016)

Im Folgenden werden die am meisten betroffenen Bereiche des Bankensektors anhand verschiedener Fintech-Unternehmen erläutert.

4.2.1 Smartphone Banking

Die Schweiz schliesst sich dem Trend an, Kartenzahlungen überall zu ermöglichen. Dies begünstigt den Markteinstieg für Fintech-Unternehmen wie Revolut. Als britisches Unternehmen mit finnischer Banklizenz bietet das 5.5 Milliarden schwere Unternehmen Dienstleistungen im Zahlungsverkehr an. Als Kerndienstleistung für viele Schweizer Konsumenten gilt die gebührenfreie Visa-Karte. (Plickert, 2020; Zeroual & Daester, 2019) Der Unterschied zur klassischen Bank ist das direkte Abbuchen des eigenen Kontos. Revolut als Smartphone-Bank hat keine Filialen oder Geldautomaten. Das ganze Geschäft erfolgt digital. Durch ihre Spezialisierung kann eine schlanke und moderne Infrastruktur angeboten werden, wobei dem Kunden so wenig Gebühren wie möglich anfallen. (Zeroual & Daester, 2019, Abschn. 5) Das Angebot von Revolut erscheint zunächst sehr banal. Es werden Konten, Überweisungen und Kreditkarten angeboten. Das radikale jedoch: Es geschieht alles in Echtzeit. Das Konto kann mit einem Klick gesperrt oder entsperrt werden. Wechselkurse kennt der Nutzer im Voraus und ermöglicht dem Geschäft Transparenz und Kundenfreundlichkeit. (Heim, 2019, Abschn. 3)

[...]


1 Economies of Scope sind Verbundeffekte, welche das produzieren von Gütern in steigender Anzahl Einheiten vergünstigen.

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
FinTech. Disruptive Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie
Subtitle
Chancen und Gefahren für Schweizer Banken
College
University of St. Gallen
Grade
2
Author
Year
2020
Pages
27
Catalog Number
V956173
ISBN (eBook)
9783346298225
ISBN (Book)
9783346298232
Language
German
Keywords
fintech, disruptive, geschäftsmodelle, finanzindustrie, chancen, gefahren, schweizer, banken
Quote paper
Gabriela Hulaj (Author), 2020, FinTech. Disruptive Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/956173

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Title: FinTech. Disruptive Geschäftsmodelle in der Finanzindustrie



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