Einsatz von Lernaufgaben im Schriftspracherwerb. Wirksamkeit von differenzierten Lernaufgaben zur Auslautverhärtung in der Primarstufe


Bachelorarbeit, 2020

28 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Linguistische Aspekte der Aufgabenschwierigkeit

3 Methodische Aspekte der Aufgabengestaltung

4 Soziale Aspekte schulischen Lernens: Partner- vs. Einzelarbeit

5 Hypothesen und Fragestellungen

6 Empirische Untersuchung

7 Befunde

8 Interpretation der Daten mit Bezug auf die Hypothesen und Fragestellungen

9 Schlussfolgerungen

10 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Im Verhältnis zu der nahezu unüberschaubaren Zahl an Übungsmaterialien, die für den Rechtschreibunterricht auf dem Markt sind, sind Lernmaterialen zum Erforschen von schriftsprachlichen Gesetzmäßigkeiten fast noch eine Rarität. [...] Lange Zeit galt die Rechtschreibung nicht gerade als ein Gegenstand, für dessen unterrichtliche Vermittlung sich ein entdeckend-erforschendes Vorgehen als selbstverständlich nahe legte – im Gegenteil: Das methodisch ansprechend ‚verpackte‘ Einüben von Schreibweisen schien vielen fast der einzige Weg, mit dem den als vertrackt und irregulär empfundenen orthografischen Normen beizukommen war (Riegler 2012: 85).“

Ein Verständnis für Orthographie zu bilden, liegt in der Hand des Lernenden. Äußere Einflüsse, wie Lehrpersonen, können die Schüler dabei lediglich unterstützen. Dieser Unterstützung sollte wesentlich mehr Beachtung geschenkt werden. Um den Kindern den Lernprozess zu vereinfachen und sie zu entlasten, ist es wichtig, Aufgaben so zu konstruieren, dass sie geeignet für die Lernenden sind, welche ihre Reise mit den unterschiedlichsten Anfangsniveaus beginnen. Schlussendlich muss jedoch verstanden werden, dass sich die Lernenden die Welt der Rechtschreibung mit all ihren Prinzipien selbst erschließen müssen. Dennoch spielen Unterrichtsmaterialen zum Entdecken der Orthographie eine große Rolle bei dieser Reise (Riegler 2012: 86). Es ist sehr wichtig Aufgaben zu erstellen, welche den verschiedenen Niveaustufen der Kinder angepasst werden, also dementsprechend differenziert sind. Außerdem sollte der Aufbau so sein, dass sich immer wieder neue Erkenntnisse durch die durchgeführten Aufgaben bilden bis die Lernenden letztendlich das Prinzip hinter den Regelmäßigkeiten verstehen und entschlüsseln können. Problematisch ist, dass es für den Orthographiebereich lediglich sehr wenig ausgearbeitete Konzepte für Kriterien bezüglich der zu konstruierenden Aufgaben gibt. Diese Bachelorarbeit befasst sich damit, inwieweit derartig differenzierte Aufgaben zum Entdecken von Rechtschreibregeln in der Primarstufe wirksam sind. Bezogen wird sich auf das Rechtschreibungsthema Auslautverhärtung sowie die Befunde einer zu diesem Thema durchgeführten Studie.

2 Linguistische Aspekte der Aufgabenschwierigkeit

Das Wort Hund wird ausgesprochen [hʊnt], man würde also somit erst einmal denken, dass die Schreibung des Wortes <hunt> ist. Die richtige Schreibung des Wortes ist allerdings <hund>. Das wissen zwar diejenigen, welche die Orthographieregeln bereits beherrschen, Grundschulkinder wissen dies jedoch nicht.

Eine Orthographieregel im Deutschen sagt aus, dass Obstruenten, demnach Plosive und Frikative, am Silbenende immer stimmlos ausgesprochen werden. Dieses Phänomen nennt sich Auslautverhärtung. Ein Wort wird anders geschrieben als es gesprochen wird. Die Schreibweise solcher Wörter sei auf das morphologische Orthographieprinzip zurückzuführen (Fuhrhop 2006: 28). Meist wird geprüft, ob sich das entsprechende Wort erweitern lässt, es verwandte Wörter gibt oder der Plural gebildet werden kann, wie beispielsweise die Pluralbildung von Hund zu Hunde ['hʊndə]. Hier wird klar hörbar, dass das Wort mit <d> geschrieben wird, somit wird auch die Einzahl mit <d> geschrieben (Heller 2008: 29). Betroffen sind demzufolge Wörter, welche am Silbenende mit <b>, <d> und <g> geschrieben, jedoch /p/, /t/ und /k/ ausgesprochen werden. Ebenso betroffen sind, wie bereits erwähnt, auch Frikative. Auf diese wird in dieser Arbeit jedoch nicht eingegangen.

Das eben genannte Beispielwort Hund ist bezüglich des Schwierigkeitsniveaus als leicht zu betrachten, da es ein Substantiv ist, welches aus nur einem Morphem besteht und die Auslautverhärtung somit am Ende des Wortes stattfindet. Folglich muss lediglich, wie bereits erläutert, der Plural gebildet werden (Mannhaupt 2019).

Die Methode der Verlängerung soll bei Adjektiven und Substantiven so gut wie immer durchführbar sein (Spiegel 2005: 109). Adjektive sind allerdings schon als schwieriger einzustufen. Durch eine Steigerung kann hörbar gemacht werden, mit welchem Buchstaben das Wort geschrieben werden muss. Beispiele hierfür wären rund – runder und gelb – gelber (Mannhaupt 2019) . Problematischer ist die Auslautverhärtung bei Verben, da diese in Büchern und weiteren Quellen noch seltener aufgegriffen wird als die Auslautverhärtung bei Substantiven und Adjektiven (Spiegel 2005: 108f). An Verben wie lobt ['lo:pt] – loben ['lo:bn̩] oder klebt ['kle:pt] – kleben [ˈkleːbn̩] erkennt man, dass die Auslautverhärtung am Ende des Basismorphems liegt (Mannhaupt 2019). Das /t/ bei der Flexion löst eine Verhärtung der Konsonanten aus, weshalb diese auch kombinatorische Verhärtung genannt wird. Die Probe erfolgt durch die Bildung des Infinitivs. Eine weitere Form der Auslautverhärtung findet bei der Bildung des Präteritums in der Flexion starker Verben, wie beispielsweise bei gab statt . Eine Probe kann hier durch die wir-Form erfolgen: wir gaben (Spiegel 2005: 108f).

Als sehr erschwerend sind Komposita einzuordnen, welche aus zwei Morphemen anstatt nur einem bestehen sowie Wörter aus zwei oder mehr Morphemen. Hier muss das Morphem mit der Verhärtung herausgenommen werden, damit ein abgeleitetes Wort gefunden werden kann, wie beispielsweise bei dem Kompositum Schubkarre. Man löst das Schub- heraus und prüft mit dem dazugehörigen Verb schieben die Stimmhaftigkeit. Ein Wortbeispiel wäre unglaublich. Hier muss das –glaub– herausgelöst werden, um auf die Ableitung glauben zu kommen und die Stimmhaftigkeit hörbar zu machen (Mannhaupt 2019).

Eine weitere Herausforderung stellen Wörter mit Auslautverhärtung dar, bei welchen keine der erwähnten Proben erfolgen kann. Häufige Beispiele sind und, ob sowie ab. Derartige Wörter müssen sich die Schüler einprägen, es sind sogenannte Merkwörter (Spiegel 2005: 109).

Sobald die Schüler die Orthographieregeln sowie die unterschiedlichen Methoden und Hilfestellungen gelernt haben, kommt es laut Spiegel verstärkt zu weiteren Problemen. Manche Kinder generalisieren das Verfahren der Auslautverhärtung über. Sie denken sich, dass sie immer, wenn sie beispielsweise ein /k/ am Ende des Wortes hören, ein <g> schreiben müssen. Hier könnten Gegenbeispiele, wie krank, Bank oder Park, genannt werden. Des Weiteren gibt es Kinder, welche generell Schwierigkeiten haben Plosive zu unterscheiden. Hier hilft dem Schüler eine Wortverlängerung nicht. Der Lernende muss vorerst die Grundlagen und Unterscheidung der Laute und der Aussprache erlernen, was jedoch nicht weiter Thema dieser Bachelorarbeit sein soll (Spiegel 2005: 116f).

3 Methodische Aspekte der Aufgabengestaltung

Laut Riegler sind Medien und Hilfsmittel zum Entdecken schriftsprachlicher Regeln in Relation zu der hohen Anzahl an Materialien, welche es für das Unterrichten von Rechtschreiben gibt, eine Seltenheit (Riegler 2012: 85).

Sie schreibt ebenfalls, dass Lehrer im Deutschunterricht dafür sorgen sollten, dass Schüler die Orthographieregeln und Strukturen der deutschen Schriftsprache lernen, verstehen und verinnerlichen, da man Orthographie selbst als schlüssiges, systematisches Prinzip auffassen kann (Riegler 2012: 86).

Klauer und Leutner entwarfen 2007 einen Algorithmus, welcher als Leitfaden für kognitive Lehrziele dienen soll. Dieser sogenannte Lehralgorithmus beinhaltet fünf miteinander verbundene Lehrfunktionen, die einerseits den Lehr-Lern-Prozessen der Schüler dienen und andererseits Lehrkräften beim Erstellen von Aufgaben und der systematischen Gestaltung des Unterrichts helfen sollen. Diese Lehrfunktionen sind in fünf Schritten angeordnet. Zuerst soll die Lehrkraft dafür sorgen, dass der Schüler motiviert ist. Der zweite Schritt ist die Informierung, der Schüler benötigt also die erforderlichen Informationen. Darauf folgt die Informationsverarbeitung. Ziel ist es, dass der Lernende alle Informationen versteht. Das nun erlangte Wissen sollte im nächsten Schritt, Speichern und Abrufen, also jederzeit in den Köpfen der Kinder verfügbar sein. Im letzten Schritt erfolgt dann der Transfer, der Schüler sollte hier das Wissen in ähnlichen Kontexten und Aufgaben anwenden können. Der Algorithmus stellt einen Entscheidungsbaum, dementsprechend ein Prozessmodell, dar. Nach jedem der Schritte wird entschieden, ob das entsprechende Ziel erreicht wurde oder nicht. Falls nicht, folgen Hinweise und Hilfestellungen, wie das Ziel erreicht werden kann. Somit erfolgt eine Anpassung an den Schüler, der Prozess ist folglich adaptiv. Hinzuzufügen ist, dass der Lehralgorithmus kreisprozessartig ist, da das vorher Erfasste immer die Grundlage für das darauffolgend Gelernte ist. Grundsätzlich reduziert sich laut Klauer und Leutner die Lernzeit, insofern der Algorithmus richtig angewendet wird und dem Lernenden wird nicht langweilig. (Klauer & Leutner 2007: 67-71).

Die im Folgenden beschriebenen, im leichten Niveau erstellten Lernaufgaben beziehen sich auf die ersten vier der fünf Schritte des Lehralgorithmus.

Das erste Aufgabenblatt zeigt zu Beginn eine Eule mit dem Namen „Weißnochnichtalles“. Diese benötigt die Hilfe der Kinder und möchte sie auf eine Entdeckungsreise durch fünf verschiedene Aufgaben mitnehmen. Das Eulenmaskottchen dient als zentrales Motivationselement. Es schildert ein interessantes Problem und fordert die Hilfe der Kinder. Des Weiteren fordert es die Schüler auf, die folgenden Aufgaben zu lösen, was in dem Fall eine motivierende Zielangabe ist. Insgesamt bietet dies eine anregende Atmosphäre, womit alle im Lehralgorithmus erwähnten Motivationsanforderungen vorhanden sind. Darauf folgt Aufgabe eins, bei der den Kindern Wörter in der Singularform sowie die dazugehörige Pluralform, welche mit <d> oder <t> enden, gezeigt werden. Diese sollen sie lesen, sprechen, untersuchen, markieren, sortieren sowie eine passende Strategie entwickeln. Die Schüler beginnen Regelmäßigkeiten zu entdecken, es erfolgen die Schritte Motivation, Informierung und Informationsverarbeitung. Aufgabe zwei zeigt ebenfalls Wörter im Singular sowie die dazugehörige Pluralform, welche diesmal mit <g>, <k>, <b> oder <p> enden. Es folgen die gleichen Aufgaben wie in Aufgabe eins. Die neuen Wörter werden analysiert und die entdeckte Regelmäßigkeit wird auf sie übertragen. Hier findet der Schritt der Informationsverarbeitung statt. In Aufgabe drei liegen den Kindern Sätze vor, in denen ein Wort nicht vollständig ist, da der Konsonant am Ende der jeweils ersten Silbe fehlt. Die Schüler haben daher die Aufgabe, die Wörter zu vervollständigen. Eine Automatisierung mit Buchstabenlücken erfolgt, somit bezieht sich Aufgabe drei auf den Schritt Speichern und Abrufen. Auch in Aufgabe vier erfolgt Speicherung und Abrufung, indem die Kinder Wortlücken füllen müssen. Zur Motivation dient ein Kreuzworträtsel mit vielen kleinen bunten Bildern. In der letzten Aufgabe müssen die Lernenden einen Text lesen, in welchem Fehler versteckt sind. Entsprechend müssen die Kinder Korrekturlesen, es erfolgt erneut der Schritt des Speicherns und Abrufens (Mannhaupt 2019).

Die erstellten Aufgaben folgen nicht ausschließlich dem Lehralgorithmus, sondern auch dem Prinzip des entdeckenden Lernens. Laut Eisenberg & Fuhrhop folgen 90 bis 95 Prozent aller Schreibungen von Wörtern einem bestimmten Prinzip, auf welches Orthographieregeln angewendet werden können. Das entdeckende Lernen bezieht sich lediglich auf diese Wörter, nicht auf Ausnahmen und unregelmäßige Schreibungen (Eisenberg & Fuhrhop 2007, zit.n. Mannhaupt 2019). Laut Kunter und Trautwein ist das entdeckende Lernen auf eine, von dem Psychologen Jerome Bruner, im Jahr 1961 entwickelte Theorie zum Thema Lernen bei Kindern zurückzuführen. Er beschreibt, dass Schüler auch mit umfassenden Aufgaben und Konzepten umgehen können, insofern das ihnen vorliegende Material systematisch, klar und strukturiert ist. In dem bereits vorgestellten Fall folgen die Aufgaben beispielsweise der Struktur des Lehralgorithmus. Des Weiteren wird entdeckendes Lernen als ein dreistufiger Prozess beschrieben. Im ersten Schritt soll den Lernenden das Problem beziehungsweise die Fragestellung, beispielsweise im Unterrichtsgespräch oder wiederum durch ein Arbeitsblatt vermittelt werden. Das Entdecken folgt im zweiten Schritt. Hier sollen die Schüler die Aufgaben in einer vom Lehrer ausgewählten Sozialform lösen. Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit zwei verschiedenen Sozialformen, welche im Laufe der folgenden Kapitel noch näher erläutert werden. Zur Bearbeitung sollten die Lernenden Arbeitsmaterialien erhalten, mit dem Ziel diese zu entdecken und zu untersuchen. In den zuvor beschriebenen Lernaufgaben wäre dieser Schritt beispielsweise mit den Wortkästchen, Buchstaben- und Wortlücken, dem Text oder dem Kreuzworträtsel gleichzusetzen, welche analysiert und bearbeitet werden müssen. Der letzte Schritt ist das Präsentieren. Hier sollten die Schüler Diskussionen über ihre Ergebnisse führen sowie sich diese gegenseitig präsentieren und erklären (Kunter & Trautwein 2013: 130f). Die Studie der vorliegenden Arbeit hat diese dritte Phase anders ausgeführt, genauer erläutert wird die Durchführung in Kapitel sechs, Empirische Untersuchungen.

4 Soziale Aspekte schulischen Lernens: Partner- vs. Einzelarbeit

Der Begriff Sozialform lässt sich unter anderem durch Interaktionen zwischen Lernenden und Lehrenden im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung des Unterrichts beschreiben (Söll 2010: 174). Laut Jank und Meyer gibt es nicht mehr als vier Sozialformen, für welche es verschiedene Begriffe gibt. Zu diesen vier Sozialformen zählen Frontalunterricht, Gruppen-, Partner- sowie Einzelarbeit (Jank & Meyer 1991: 78f). Welche Vor- und Nachteile die Letzteren mit sich bringen, wird in diesem Kapitel genauer betrachtet. Die Definitionen der Sozialformen variieren. Diese Unterschiede und uneinheitlichen Bezeichnungen hängen wahrscheinlich davon ab, dass die Gestaltung unterschiedlich sein kann, da es eine Vielfalt an Unterrichtsmethoden gibt (Söll 2010: 176).

Partnerarbeit wird in Studien oftmals heterogen und in Form von Peer-Tutoring oder kooperativem Lernen durchgeführt. Fuchs, Fuchs, Mathes und Simmons zufolge zeigen mehrere Metaanalysen der seit den 1960er Jahren durchgeführten Forschungen, dass Peer-Tutoring zur Schulleistung der Schüler beitragen kann und damit akademische Gewinne bringen soll. In ihrer Studie untersuchten sie unter anderem, welche Fortschritte Kinder mit Lernbehinderung sowie leistungsschwächere und durchschnittliche Schüler mit und ohne Peer-Tutoring machten. Bei allen drei Gruppierungen stellte sich heraus, dass deutlich größere Fortschritte in den Peer-Tutoring Klassen stattfanden als in denen, in welchen die Kinder Einzelarbeit durchführten. Ebenso kristallisierten sich Vorteile für Kinder mit Behinderungen heraus (Fuchs et al. 1997: 179-194). Auch Topping erklärt, dass sowohl Peer-Tutoring als auch kooperatives Lernen laut Forschungsergebnissen zu erheblichen Gewinnen akademischer Leistungen im angestrebten Lehrplanbereich führen können. Von Peer-Tutoring sollen sowohl die Tutoren, als auch die Unterrichteten ihre Vorteile ziehen, insofern die Organisation angemessen ist (Topping 2005: 635). Auch Lehrkräften soll die Arbeit in psychologischer sowie physiologischer Hinsicht erleichtert werden, vorausgesetzt, dass der Unterricht unproblematisch und organisiert abläuft (Kroner & Schauer 1997: 71). Problematisch sei jedoch, dass viele Lehrkräfte denken, dass sie Peer-Tutoring oder kooperatives Lernen implementieren, wenn alles, was sie tatsächlich tun, darin besteht, Kinder zusammenzubringen und auf das Beste zu hoffen (Topping 2005: 632). An dieser Stelle wäre es von Vorteil, wenn Lehrerausbildungsprogramme entsprechende Schulungen anbieten würden und mehr Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird, wie Partnerarbeitsstrategien im Klassenraum umgesetzt werden können (Rohrbeck et al. 2003: 252).

Hattie erwähnt, dass Schüler eher gemeinsam Fehler entdecken. Das Diskutieren über eine Lösung kann dabei helfen Fehler besser und schneller wahrzunehmen, sie im Kopf zu behalten und aus ihnen zu lernen (Hattie, Beywl & Zierer 2013: 253). Wenn man Partnerarbeit also kognitiv betrachtet, bietet diese unzählige Möglichkeiten, Inhalte zu vertiefen. Während Lernende Gespräche führen und diskutieren, entwickeln sich verschiedene Meinungen, wodurch gemeinsame neue Gedanken entstehen und schon vorhandene ausgebaut werden können (Kunter & Trautwein 2013: 121). Bei Unklarheiten besteht dauerhaft die Möglichkeit, den Partner zu fragen und unmittelbar Antworten zu erhalten, wodurch der zu lernende Inhalt noch einmal verständlicher wird und sich auch bei dem Erklärenden noch mehr vertieft. Des Weiteren erfolgt kontinuierlich ein wechselseitiges Feedback (Haag 2004, zit. n. Haag 2010: 132).

Nicht nur der akademische Erfolg, sondern auch Ausdauer, Hartnäckigkeit sowie Einstellungen und Verhaltensweisen sollen durch das gemeinsame Lernen gefördert werden (Robinson, Schofield & Steers-Wentzell 2005: 357). Es wurden also ebenso sozioemotionale Einstellungen untersucht. Laut Jordan und Le Métais trägt der Mangel an sozialen Fähigkeiten einiger Schüler zum schlechten Benehmen dieser bei. Die Untersuchungen ihrer Studien legen nahe, dass gemeinsames Lernen zur Förderung sozialer Kompetenzen von Schülern jeden Alters beitragen. Die Studie beweist, dass die soziale Interaktion merklich vielfältiger wird, soziales Wachstum stattfindet und sich zwischenmenschliche Beziehungen sowohl zu Gleichaltrigen als auch zu Lehrern bei zuvor isolierten Schülern verbesserten. Die mit dem Partner verbundenen Verantwortlichkeiten führten dazu, dass sich Schüler konsequenter auf ihre Aufgaben konzentrierten und das gemeinsame Arbeiten hatte einen positiven Einfluss auf das Verhalten schwieriger Schüler (Jordan & Le Métais 2006: 3). Laut Kroner und Schauer besteht zusätzlich die Möglichkeit, generell hilfreiche Informationen über jedes Kind individuell zu sammeln. Welche Kinder sind eher Außenseiter? Welche Kinder brauchen viel Hilfe und Aufmerksamkeit vom Lehrer? Ist die Rollenverteilung immer die Gleiche? Dies sind lediglich drei von zahlreichen Aspekten (Kroner & Schauer 1997: 71f).

Zusammenfassend kann zu den Vorteilen der Partnerarbeit festgehalten werden, dass Sozialisationserfahrungen mit dem Partner einen sehr wichtigen Kontext für die kognitive Entwicklung darstellen sowie dafür, akademische Aufgaben erfolgreich zu lösen (Rohrbeck et al. 2003: 243). Doch hat die Partnerarbeit nicht ausschließlich Vorteile. Schüler können Probleme mit der Koordination haben und es kann passieren, dass die Arbeit an einem allein hängen bleibt (Kunter & Trautwein 2013: 122) Zusätzlich besteht die Gefahr, dass aus einer Partnerarbeit zwei Einzelarbeiten werden, was nicht Sinn und Zweck der angewendeten Sozialform ist (Mattes 2002, zit. n. Drumm 2007: 30). Lehrkräfte berichten, dass sie Partnerarbeit eher vermeiden, da die Lernenden ihre Pflichten nicht übernehmen würden und dadurch letztendlich kein Lerneffekt entstehen würde (Söll 2010: 182). Der Lehrkraft ist es nicht möglich, alle Partner gleichzeitig zu beobachten, es würde den Schülern also leicht fallen, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen oder Gespräche über fachfremde Themen zu führen. Die Ablenkungsgefahr sei also zu hoch. Auch die bereits bei den Vorteilen erwähnte Entlastung der Lehrkräfte sei hinfällig, da die Partnerarbeit einen sehr hohen Organisationsaufwand voraussetzt. Nicht nur die Beschaffung des Materials, sondern auch die generelle Planung beansprucht viel Zeit (Hage et al. 1985, zit. n. Kroner & Schauer 1997: 72). Weiterhin wird es von Lehrern als unangenehm empfunden, bei Partnerarbeit oftmals auftretende Konflikte lösen zu müssen, es koste viel Kraft und Zeit von Schülern ausgehende Oppositionen zu bewältigen (Nuhn 1995, zit. n. Söll 2010: 182).

Folglich wird zur Einzelarbeit gegriffen, welche durchaus auch Vorteile bringt. Diese kann man an das entsprechende Leistungsniveau der einzelnen Schüler anpassen und den Kindern wird bezüglich des selbstständigen Lernens mehr Verantwortung zugeschrieben (Hillenbrand 2011: 68). Es wird angenommen, dass gerade dann, wenn das Lernen von den Schülern selbst geleitet und herbeigeführt wird, ein hochwertigeres Ergebnis herauskommt (Kunter & Trautwein 2013: 129). Zusätzlich wurde beobachtet, dass unruhige, problematische Schulklassen während der Stillarbeit aufmerksamer und beherrschter sind und sich die Konzentration auf das Lernmaterial verstärkt (Granström 2007, zit.n. Söll 2010: 182). Generell sind Konzentration sowie kognitive Fähigkeiten der Lernenden gefragt (Drumm 2007: 20). Die Einzelarbeit sollte dennoch nicht dominieren, denn dadurch wird die soziale Entwicklung der Schüler begrenzt beziehungsweise die Möglichkeit, verschiedene Ansichten und Lösungswege zu einem Thema zu betrachten und voneinander zu lernen zunichtegemacht (Granström 2007, zit.n. Söll 2010: 183).

Insgesamt besagen Metaanalysen, dass Zusammenarbeit bezüglich der Förderung von Leistung und Produktivität nicht nur der individuellen Arbeit, sondern auch wettbewerbsorientierten Unterrichtsformen überlegen ist (Johnson et al. 1981: 58). Nichtsdestotrotz ist es wohl die beste Form verschiedene Sozialformen zu kombinieren, da manch ein Kind möglicherweise besser in einer Gruppe arbeitet, ein anderes Kind besser mit einem einzelnen Partner klarkommt, wobei andere Lernende eventuell in der Einzelarbeit aufgehen und einen höheren Lerneffekt erzielen (Hillenbrand 2011: 69).

5 Hypothesen und Fragestellungen

Die vorangehend vorgestellten Aussagen, Vermutungen und Befunde verschiedener Autoren geben bereits einige Einblicke in die für diese Arbeit relevanten Themen. Im Rahmen der vorliegenden Bachelorarbeit werden folgende Hypothesen und Fragestellungen untersucht:

1. Profitieren die Kinder von den Lernaufgaben? Es ist anzunehmen, dass sich die Auslautverhärtung bearbeitenden Schüler, in den Lupenstellen des Posttests im Vergleich zu den Lupenstellen des Prätests, aufgrund der differenzierten Lernaufgaben, verbessert haben.
2. Welchen Einfluss hat die Art der Sozialform auf den Lernfortschritt? Untersucht werden die Sozialformen Partnerarbeit und Einzelarbeit. Die Studie befasst sich mit der homogenen Partnerarbeit, da diese in der Literatur kaum erforscht wird. Aufgrund des Zuspruchs zum Peer-Tutoring in der im vierten Kapitel erwähnten Literatur ist anzunehmen, dass der Lernfortschritt der Kinder, die mit Partnern gearbeitet haben höher ist als der der Kinder, die die Aufgaben in Einzelarbeit lösten.
3. Untersucht werden ebenso die Verhältnisse zwischen dem im Folgenden erläuterten zugeordneten Leistungsniveau und dem Lernfortschritt. Hierbei wird überprüft, ob Kinder mit unterschiedlichem Ausgangsniveau spezifisch von den Lernaufgaben profitieren. Es besteht die Möglichkeit, dass Kinder, welche mit einem hohen Niveau begonnen haben auch den höchsten Lernfortschritt erzielten, da sie bereits viel zu dem Thema wissen. Es ist ebenso möglich, dass gerade diese Kinder den geringsten Lernfortschritt haben, da sie ihr Leistungsniveau kaum noch steigern können. Oder die Kinder profitieren unabhängig der Leistungsniveaus von den Lernaufgaben. Dies gilt es herauszufinden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Einsatz von Lernaufgaben im Schriftspracherwerb. Wirksamkeit von differenzierten Lernaufgaben zur Auslautverhärtung in der Primarstufe
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Der angemessene Einsatz von Lernaufgaben im Schriftspracherwerb
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
28
Katalognummer
V956979
ISBN (eBook)
9783346301376
ISBN (Buch)
9783346301383
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundschulpädagogik, Deutsch, Schriftspracherwerb, differenzierte Lernaufgaben, Auslautverhärtung
Arbeit zitieren
Amy Lee Buttau (Autor:in), 2020, Einsatz von Lernaufgaben im Schriftspracherwerb. Wirksamkeit von differenzierten Lernaufgaben zur Auslautverhärtung in der Primarstufe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/956979

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