Persönlichkeitstests als Instrument der beruflichen Eignungsdiagnostik

Vergleich unterschiedlicher psychometrischer Persönlichkeitstests


Hausarbeit, 2019

35 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Berufseignungsdiagnostik
2.1.1 Aufgaben und Anwendungsgebiete der Berufseignungsdiagnostik
2.1.2 Berufseignungsdiagnostische Verfahren
2.1.3 Qualitätsstandards berufsbezogener Eignungsbeurteilungen
2.2 Persönlichkeitstests
2.2.1 Definitorische Grundlagen
2.2.2 Persönlichkeitstheorien: Typen und Traits
2.2.3 Arten von Persönlichkeitstests
2.2.4 Qualitätsanforderungen an Persönlichkeitstests
2.2.5 Kritik an Persönlichkeitstests
2.3 Zusammenfassung der theoretischen Einführung

3 Psychometrische Persönlichkeitstests in der Berufseignungsdiagnostik
3.1 Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI)
3.2 NEO-Fünf-Faktoren-Inventar nach Costa und McCrae (NEO-FFI)
3.3 Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP)

4 Diskussion: Kritische Betrachtung der vorgestellten Persönlichkeitstests

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AVEM Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster

BIP Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeits- beschreibung

etc. et cetera

MBTI Myers-Briggs-Typenindikator

MMPI Minnesota Multiphasic Personality Inventory NEO-PI NEO-Persönlichkeitsinventar

NEO-FFI NEO-Fünf-Faktoren-Inventar STAI State-Trait Angstinventar

TVP Test zur Erfassung verkehrsrelevanter Persönlichkeitsmerkmale usw. und so weiter

z.B. zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Eignungsdiagnostische Verfahren zur Überprüfung unterschiedlicher beruflicher Anforderungen

Abbildung 2: Architektur der DIN 33430

Abbildung 3: Die Struktur des BIP mit Bereichen und Skalen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kombinationen der Einstellungstypen und Funktionen nach Jung

Tabelle 2: Die Big Five-Persönlichkeitsfaktoren

Tabelle 3: Testgütekriterien für Persönlichkeitstests

Tabelle 4: Die Dimensionen des MBTI

Tabelle 5: Die Dimensionen des NEO-FFI

1 Einleitung

Längst gehören die Zeiten der Vergangenheit an, in denen Unternehmen ihren Personalbedarf durch Neueinstellungen bedienen können und dabei die Auswahl zwischen einer großen Anzahl geeigneter Kandidaten haben. Die Unternehmen sehen sich heute vielmehr mit dem „war for talents“ konfrontiert. So ist ein regel- rechter Kampf um die sogenannten „High Potentials“, den zukünftigen Leistungs- trägern der Unternehmen, ausgebrochen. Da sich derzeit keine signifikante Bes- serung dieser Situation abzeichnet, gilt es nun vorhandene, jedoch bisher ver- nachlässigte Potentiale zu nutzen. Zu diesen Potentialen zählen beispielsweise Personen mit diskontinuierlichen Erwerbsbiografien, Frauen, Deutsche mit Mig- rationshintergrund oder Ausländer. Für diese Randgruppe reichen die Standard- methoden der Personalauswahl, allen voran das freie Vorstellungsgespräch, wel- ches primär stereotype Voreinstellungen bestätigt, nicht mehr aus. Da die Eig- nung dieser Personen meist nicht direkt ersichtlich ist, bieten Persönlichkeitstest bei der Personalauswahl und Potenzialbeurteilung sowie Personalentwicklung eine wertvolle Ergänzung (Kersting, 2010, S. 20-21)

Daher ist es eine erfreuliche Entwicklung, dass die Nachfrage nach Tests in Deutschland mittlerweile deutlich gestiegen ist (Wottawa, 2002, S. 2). Dennoch zeigt sich, dass seriöse, empirisch gesicherte Persönlichkeitstests in deutschen Unternehmen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern oder den USA nach wie vor selten eingesetzt werden. Die niedrige Anwendungshäufigkeit kann einerseits auf das schwer überschaubare Testangebot sowie die mangelnde Er- fahrung mit den Testinstrumenten in den Unternehmen zurückgeführt werden. Andererseits bestehen häufig Vorbehalte, die aus fragwürdigen „Psychotests“ und der unprofessionellen Anwendung resultieren. Auch lassen sich überzogene Erwartungen an Persönlichkeitstest vorfinden (Hossiep, R. & Mühlhaus, 2015, S. 1).

Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens wird zukünftig noch mehr als bisher von der Qualität der Personaldiagnostik abhängen. Persönlichkeitstests stellen in diesem Zusammenhang ein leistungsfähiges, ergänzendes Auswahlinstru- ment dar (Kersting, 2010, S. 20-21).

1.1 Zielsetzung

Diese Hausarbeit soll aufzeigen, was unter Berufseignungsdiagnostik sowie Per- sönlichkeitstests zu verstehen ist, welche psychometrischen Persönlichkeitstests für die Berufseignungsdiagnostik besonders relevant sind und welche Vorteile bzw. Nachteile die vorgestellten Testinstrumente zur Erfassung des Konstruktes Persönlichkeit im beruflichen Kontext haben.

1.2 Aufbau der Arbeit

Nach dieser Einleitung wird zunächst der theoretische Hintergrund der Berufs- eignungsdiagnostik näher betrachtet. Dies umfasst die Definition der Begrifflich- keit sowie eine Darstellung der Aufgaben und Anwendungsgebiete. Im weiteren Verlauf werden die unterschiedlichen Verfahren der Berufseignungsdiagnostik und die entsprechenden Qualitätsstandards erläutert. Darauffolgend werden die definitorischen Grundlagen des Konstruktes Persönlichkeit sowie von Persönlich- keitstests dargelegt. Anschließend folgt eine Darstellung zweier persönlichkeits- theoretischer Ansätze, nämlich Typen und Traits. Nachfolgend werden verschie- dene Verfahren zur Messung der Persönlichkeit vorgestellt. Des Weiteren wird ein Überblick über die Qualitätsanforderungen an Persönlichkeitstests gegeben und auf die Problematik der Selbstbeschreibungen im Rahmen von Persönlich- keitsfragebögen eingegangen. Der theoretische Teil dieser Arbeit schließt mit ei- ner kurzen Zusammenfassung ab.

Im methodischen Teil werden drei ausgewählte psychometrische Persönlich- keitstests vorgestellt und detailliert beschreiben. Daran schließt eine Diskussion an, in der sich kritisch mit den gewählten Tests und deren Eignung in der Berufs- eignungsdiagnostik auseinandergesetzt wird. Abschließend folgen im letzten Ka- pitel das Fazit sowie der Ausblick.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Berufseignungsdiagnostik

Die Berufseignungsdiagnostik stellt einen elementaren Bestandteil der Personal- auswahl dar. Mit ihrer Hilfe wird die Passung zwischen einem Bewerber und dem zu besetzenden Arbeitsplatz überprüft. Diese Überprüfung erfolgt in Form einer Analyse der Übereinstimmung zwischen der angestrebten beruflichen Position und den individuellen Voraussetzungen des Bewerbers (Kauffeld, 2014, S. 100). Die DIN-Norm 33430 definiert berufliche Eignung als „Grad der Ausprägung in dem eine Person über die Eignungsmerkmale verfügt, die Voraussetzung für die jeweils geforderte berufliche Leistungshöhe sind und zur Zufriedenheit mit dem zu besetzenden Arbeitsplatz, dem Aufgabenfeld, der Ausbildung bzw. dem Stu- dium oder dem Beruf beitragen“ (S. 5). Diese Definition zeigt, dass der Begriff „Eignung“ notwendigerweise die Fragestellung „Eignung wofür“ beinhaltet. Zur Beantwortung des „Wofür“ müssen die Anforderungen an die Tätigkeit, den Be- ruf, die Persönlichkeit oder die Ausbildung konkret festgelegt werden. Dies erfolgt im Rahmen einer Anforderungsanalyse (Petermann & Daseking, 2015, S. 160). Die wichtigsten Arten von Anforderungen in der Eignungsdiagnostik sind Eigen- schafts- (z.B. Fähigkeiten), Verhaltens- (z.B. Fertigkeiten), Qualitäts- (z.B. Kennt- nisse) und Ergebnisanforderungen (z.B. Problemlösungen) (Schuler, 2000, S. 59). Mithilfe einer Anforderungsanalyse werden diejenigen Eignungsmerk- male identifiziert und in einem Anforderungsprofil fixiert, die zur erfolgreichen Be- wältigung der Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes notwendig sind. Folglich bildet die Anforderungsanalyse die Grundlage für die Personalplanung, -suche und -auswahl (Nerdinger, Blickle & Schaper, 2014, S. 208).

2.1.1 Aufgaben und Anwendungsgebiete der Berufseignungsdiagnostik

Die grundlegenden Aufgaben der Berufseignungsdiagnostik sind die Identifika- tion und Darstellung beruflicher Anforderungen (Was ist zu tun?), deren Trans- formation in Personenmerkmale (Was muss man hierfür können und wollen?) und der Auswahl geeigneter diagnostischer Testverfahren (Wie können die rele- vanten Eignungsmerkmale erfasst werden?). Sobald sowohl Anforderungen als auch Kompetenzen und Wünsche bekannt sind, werden Aussagen über die Pas- sung von Tätigkeit und Person ermöglicht. Eine weitere wichtige Aufgabe der Berufseignungsdiagnostik liegt in der Begleitung von Veränderungsprozessen. Die Arbeitsumwelten sind stets von einer hohen Dynamik und sich ständig ver- änderten Bedingungen gekennzeichnet. Daraus ergibt sich für Unternehmen das Erfordernis, die Mitarbeiter nicht nur bei der Einstellung, sondern über die ge- samte Dauer der Betriebszugehörigkeit im Rahmen einer aktiven Personalent- wicklung eignungsdiagnostisch zu begleiten. Die Eignungsdiagnostik hat eine Schnittstellenfunktion zwischen differenzieller Psychologie, psychologischer Di- agnostik und Arbeits- und Organisationspsychologie. In dieser Funktion über- prüft, bewertet und falls notwendig optimiert die Eignungsdiagnostik eingesetzte Verfahren im Hinblick auf die wissenschaftlichen Gütekriterien wie z.B. Objektivi- tät, Reliabilität und Validität (Palmer & Kersting, 2017, S. 36-38).

Somit ergeben sich die folgenden Anwendungsgebiete der Eignungsdiagnostik: Personalauswahl, Personalentwicklung, Coaching, Studiums- / Ausbildungs- / Karriereberatung, Wiedereingliederungsberatung, Forschung zum Zusammen- hang von Personenmerkmalen und beruflichen Erfolgskriterien sowie Entwick- lung und Bewertung eignungsdiagnostischer Verfahren (Palmer & Kersting, 2017, S. 38).

2.1.2 Berufseignungsdiagnostische Verfahren

Zur Feststellung der Eignung einer Person für eine bestimmte Tätigkeit stehen drei verschiedene Verfahrensgruppen zur Verfügung, die als biografie-, simulati- ons- und eigenschaftsorientiert bezeichnet werden. Jedes dieser Verfahren weist spezifische Stärken und Schwächen auf. Aus diesem Grund sollte zur Verbesse- rung der Aussagekraft diagnostischer Urteile mehrere unterschiedliche Arten von Verfahren eingesetzt werden (z.B. Kombination Interview, Persönlichkeitsfrage- bogen und Arbeitsprobe) (Petermann & Daseking, 2015, S. 162). Dieses multi- methodale Vorgehen, welches auch nach Schuler und Höft (2007) trimodaler An- satz der Eignungsdiagnostik genannt wird bietet den Vorteil, dass eine umfas- sende Beurteilung der Eignung der Person zustande kommt. Folglich basiert die Qualität der Eignungsdiagnose nicht allein auf einem Einzelverfahren, sondern auf der systematischen Methodik des Gesamtverfahrens (Schuler, 2014, S. 157). Der trimodale Ansatz unterscheidet zwischen drei Arten von Anforderungen, die ein Stellenbewerber erfüllen sollte. Die folgende Grafik stellt die eignungsdiag- nostischen Verfahren zur Überprüfung der unterschiedlicher beruflicher Anforde- rungen grafisch dar (Schmidt-Atzert, Amelang & Fydrich, 2012, S. 457):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Eignungsdiagnostische Verfahren zur Überprüfung unterschiedli- cher beruflicher Anforderungen

(Quelle: (Schmidt-Atzert et al., 2012, S. 457)

Biografieorientierte Verfahren

Den biografieorientierten Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass vergange- nes Verhalten der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten darstellt. Dement- sprechend beziehen sich diese Verfahren auf die berufliche Vergangenheit des Bewerbers. Hierzu zählen der biographische Fragebogen, das Interview sowie die Analyse der Bewerbungsunterlagen. Letzteres Verfahren nutzen 99,2% der Unternehmen und somit stellt dies das neben dem Interview mit am häufigsten verwendete Verfahren dar (Kauffeld, 2014, S. 108-109).

Eigenschaftsorientiere Verfahren

Eigenschaftsorientierte Verfahren zielen darauf ab, dass die berufliche Leistung durch die Auswahl von bestimmten relevanten Eigenschaften einer Person prog- nostiziert werden kann. Aus diesem Grund werden Eigenschaften von Personen, die für berufliche Eignung für eine bestimmte Tätigkeit (z.B. Finanzbeamter / Ge- wissenhaftigkeit) relevant sind, erfasst (Petermann & Daseking, 2015, S. 162). Zu den eigenschaftsorientierten Verfahren zählen Intelligenztests, die als valider Prädiktor des Berufserfolgs gelten, Persönlichkeitstest, Integritätstests sowie an- dere Leistungstests (Kauffeld, 2014, S. 109).

Simulationsorientierte Verfahren

Die Überprüfung der Eignung eines Bewerbers erfolgt bei simulationsorientierten Verfahren anhand von realitätsnahen Tätigkeitssimulationen, dies bedeutet die Aufgaben werden so nachgestellt, dass diese der späteren beruflichen Tätigkeit möglichst ähnlich sind. Zu diesen Verfahren gehören Arbeitsproben, Praktika und Probezeit, Assessment Center-Übungen (Rollenspiele, Gruppendiskussionen, Präsentationen, etc.) sowie Computersimulationen (Kauffeld, 2014, S. 110-111).

2.1.3 Qualitätsstandards berufsbezogener Eignungsbeurteilungen

Die berufliche Eignung wurde in der Vergangenheit und wird auch noch aktuell in Unternehmen oftmals von Personen festgestellt, die nicht die notwendige metho- dische Fachkompetenz aufweisen. Auch werden in der Praxis mitunter Verfahren angewendet, die eine fragwürdige Validität aufweisen. Daraus resultiert eine eher geringe Bewerberakzeptanz, selbst wenn es sich erwiesenermaßen um hoch va- lide Verfahren handelt. Da die Qualität der Eignungsdiagnostik von zentraler Be- deutung für ein Unternehmen ist, hat eine Kommission aus Vertretern der Deut- schen Gesellschaft für Psychologie und dem Berufsverband der Psychologen eine DIN-Norm zur professionellen Eignungsbeurteilung erarbeitet, die zur Etab- lierung eines Standards für eine wissenschaftlich gesicherte Vorgehensweise dienen soll (Schmidt-Atzert et al., 2012, S. 453).

Die DIN-Norm 33430 „Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufs- bezogenen Eignungsbeurteilungen“ (2014) wurde im Jahr 2002 veröffentlicht. Die Norm definiert zunächst die grundlegenden Begriffe der Diagnostik wie bei- spielsweise Gütekriterien und beschreibt anschließend generelle Standards ei- nes professionellen Vorgehens im diagnostischen Prozess. Des Weiteren stellt die Norm Anforderungen an die Qualifikation der beteiligten Personen dar (Kan- ning & Staufenbiel, 2012, S. 96). Die folgende Grafik gibt einen Überblick über den Inhalt und Aufbau der DIN 33430 (Kersting & Püttner, 2018, S. 7):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Architektur der DIN 33430 (stark vergrößerte Abbildung auf S.35)

(Quelle: (Kersting & Püttner, 2018, S. 7)

2.2 Persönlichkeitstests

Bereits in der Antike beschäftigten Sie griechische Ärzte wie Hippokrates (ca. 460-370 v. Chr.) und Galenos (ca. 129-199 n. Chr.) mit der Einteilung der menschlichen Persönlichkeit, die ursprünglich als „Temperament“ bzw. „Charak- ter“ bezeichnet wurde. Sie entwickelten die sogenannte Temperamtslehre, wel- che auch als Viersäftelehre bekannt ist und das erste Persönlichkeitsmodell dar- stellt. Diese uralte Temperamentslehre wurde unter anderem von Persönlich- keitsforschern wie Pawlow, Kretschmer, Kant und Wundt übernommen (Peter- mann & Daseking, 2015, S. 60-61).

2.2.1 Definitorische Grundlagen

Aufgrund der Tatsache das zahlreiche theoretische Konzepte zu dem Konstrukt Persönlichkeit existieren, findet sich bis dato in der gängigen Literatur keine ein- heitliche Definition des Begriffs „Persönlichkeit“ (Petermann & Daseking, 2015, S. 63). Jedoch kann festgestellt werden, dass eine Vielzahl von Definitionen die Konzepte der Einzigartigkeit sowie des charakteristischen Verhaltens als Ge- meinsamkeit aufweisen. Persönlichkeit bezieht sich somit „auf die einzigartigen psychologischen Merkmale eines Individuums, die eine Vielzahl von (offenen und verdeckten) charakteristischen konsistenten Verhaltensmustern zu verschiede- nen Situationen und zu verschiedenen Zeitpunkten beeinflussen.“ (Zimbardo & Gerrig, 1999, S. 520). Lienert (1998) definiert die Begrifflichkeit Test als „ein wis- senschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empi- risch abgrenzbarer Persönlichkeitsmerkmale mit dem Ziel einer möglichst quan- titativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprä- gung“ (S. 1). Persönlichkeitstests dienen somit im Allgemeinen der Messung von Persönlichkeitseigenschaften. Dabei geht es um die Prognose emotionaler und motivationaler Aspekte des Verhaltens in alltäglichen und beruflichen Situatio- nen, also um Verhaltensweisen, Einstellungen, Überzeugungen, Wertvorstellun- gen, Vorlieben, Stärken und Schwächen sowie Charaktereigenschaften (Simon, 2010, S. 36).

2.2.2 Persönlichkeitstheorien: Typen und Traits

Zur modellhaften Erklärung der menschlichen Verhaltensweisen und den Aufbau der Persönlichkeit kann auf zahlreiche Persönlichkeitstheorien zurückgegriffen werden. Viele heute in der Praxis eingesetzte Persönlichkeitstests liegen diese theoretischen Modelle zugrunde (Simon, 2010, S. 18). Zu den ältesten Ansätzen zur Beschreibung der Persönlichkeit zählen einerseits Typologien und anderer- seits Eigenschaftstheorien. Diese beiden Ansätze werden im Folgenden näher erläutert (Zimbardo, Gerrig & Graf, 2008, S. 504).

Persönlichkeitstypen

Da schon immer das Bedürfnis bestand, die individuelle Vielfalt schnell und ein- fach zu ordnen, erfreuten sich Typologien, zu der auch die bereits genannte Tem- peramentslehre zu zählen ist, bereits in der Antike großer Beliebtheit. Typologien gehen davon aus, dass eine maßgebliche Disposition den einzelnen Menschen vom anderen unterscheidet und dementsprechend eine Klassifizierung erfolgen kann (Simon, 2010, S. 19). „Persönlichkeitstypen sind Alles-oder-Nichts-Phäno- mene, keine Frage der Abstufung: Wenn eine Person einem Typ zugordnet wird, kann sie keinem anderen Typ aus demselben Klassifikationssystem angehören. Viele Leute verwenden im Alltag gerne Persönlichkeitstypen, weil sie dazu bei- tragen, den komplizierten Prozess des Verstehens anderer Menschen zu verein- fachen.“ (Zimbardo et al., 2008, S. 505). Besonders relevant sind in diesem Zu- sammenhang die Arbeiten von Carl Gustav Jung (1875-1961) und Hans Jürgen Eyseneck (1916-1997). Exemplarisch für diese Hausarbeit wird nachfolgenden die Typenlehre Jungs näher erläutert.

Bei Jungs Typenlehre steht das Grundverhältnis des Menschen zu sich selbst und seiner Umwelt im Zentrum. Dieses Grundverhältnis besteht aus den beiden gegenpoligen Einstellungstypen Introversion und Extraversion, die jeweils ein Ende eines Kontinuums bilden. Nach Jung orientieren sich extravertierte Persön- lichkeiten primär nach ihrer Außenwelt aus wohingegen introvertierte sich ten- denziell an ihrer Innenwelt orientieren. Daneben unterscheidet Jung noch vier Grundfunktionen der Psyche (Denken, Fühlen, Empfinden, Intuition). Diese tre- ten unabhängig von den beiden Idealtypen auf. Die möglichen Kombinationen der beiden Einstellungstypen mit den vier Funktionstypen ergeben acht Variati- onsmöglichkeiten der Persönlichkeit (Simon, 2010, S. 22). Diese sind in folgen- der Tabelle dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Kombinationen der Einstellungstypen und Funktionen nach Jung

(Quelle: Eigene Darstellung nach Maltby, Day & Macaskill, 2011, S. 130-131)

Jungs Modell bildet die Grundlage für eine Reihe von Persönlichkeitstests wie beispielsweise der weit verbreitete Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) (Simon, 2010, S. 25).

Persönlichkeitseigenschaften (Traits)

Diese Theorien gehen davon aus, dass die menschliche Persönlichkeit durch eine spezifische Anzahl von individuell ausgeprägten Grundmerkmalen beschrie- ben werden kann (Simon, 2010, S. 26). Typologien vertreten die Annahme, dass sich Personen in separate, diskontinuierliche Kategorien einordnen lassen. Der Trait-Ansatz hingegen geht von kontinuierlichen Dimensionen wie beispielsweise Freundlichkeit aus, anhand derer eine Person nach dem individuellen Grad der Ausprägung des jeweiligen Merkmals kategorisiert werden kann (Rammsayer & Weber, 2010, S. 200). „Traits sind überdauernde Merkmale und Eigenschaften, die eine Person dazu prädisponieren, sich über verschiedene Situationen hinweg konsistent zu verhalten.“ (Zimbardo et al., 2008, S. 505). Trait-Theorien basieren hauptsächlich auf den Forschungsarbeiten von Gordon W. Allport (1897-1967), der Eigenschaften als Bausteine der Persönlichkeit sah. Er gilt als Begründer des lexikalischen Ansatzes, in dem er Adjektive, die zur Beschreibung von Menschen geeignet waren aus einem Wörterbuch herausgesucht hat und anschließend die enorme Anzahl an Worten mit unterschiedlichen Methoden reduziert hat. Ray- mond B. Cattell (1905-1998) entwickelte den Ansatz von Allport weiter und redu- zierte den vorhandenen Eigenschaftspool mithilfe faktoranalytischer Berechnun- gen auf 16 Faktoren (Zimbardo et al., 2008, S. 507-508).

Aus heutiger Sicht herrscht inzwischen ein weitestgehender Konsens darüber, dass fünf Grunddimensionen zur korrekten Beschreibung von Persönlichkeitsun- terschieden als ausreichend gelten. Aus diesem Grund hat sich das Fünf-Fakto- ren-Modell (= Big Five) von McCrae und Costa (1990) durchgesetzt. Die fünf Persönlichkeitsfaktoren der Big Five stellen eine Weiterentwicklung der Arbeiten von Allport und Cattell dar und konnten auch in Nachfolgeuntersuchungen (auch länderübergreifend) immer wieder bestätigt werden. Die Big Five bilden die Grundlage für die Entwicklung vieler Persönlichkeitstests wie beispielsweise dem NEO-Persönlichkeitsinventar (NEO-PI) oder dem NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI) (Petermann & Daseking, 2015, S. 68-69).

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Big Five-Persönlichkeitsfaktoren sowie deren zugeordnete Bedeutungsinhalte:

Tabelle 2: Die Big Five-Persönlichkeitsfaktoren

(Quelle: Hossiep & Mühlhaus, 2015, S. 32)

2.2.3 Arten von Persönlichkeitstests

Analog zu den zahlreichen theoretischen Persönlichkeitsmodellen existieren zur Messung der Persönlichkeit unterschiedliche Ansätze. Die bekanntesten Test- verfahren werden im Folgenden näher erläutert:

1. Projektive Testverfahren

Den Testpersonen werden uneindeutige Materialien (z.B. Bilder, Wörter, Zeich- nungen etc.) vorgelegt, die unterschiedlichste Interpretationsmöglichkeiten zu- lassen. Die jeweiligen Reaktionen und Assoziationen werden analysiert und in- terpretiert und daraus auf Persönlichkeitsmerkmale der Testperson geschlossen (Petermann & Daseking, 2015, S. 72-73). Projektive Verfahren beruhen auf tie- fenpsychologischen Mechanismen und zeigen Schwächen hinsichtlich der Ob- jektivität, Reliabilität sowie Validität. Aus diesem Grund sollten diese Verfahren nur als Hilfsmittel zur Bildung von Hypothesen eingesetzt werden. Ein valides Ergebnis ist nur unter Einbeziehung anderer diagnostischer Verfahren möglich (Simon, 2010, S. 41). Zu den projektiven Testverfahren zählen Formdeuteverfah- ren (z.B. Rorschachs Bildtafeln), Thematische Verfahren (z.B. Murrays Themati- sche Apperzeptionstest), Zeichnerische und Gestaltungsverfahren (z.B. Baum- test, Scenotest) (Petermann & Daseking, 2015, S. 73-75).

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Persönlichkeitstests als Instrument der beruflichen Eignungsdiagnostik
Untertitel
Vergleich unterschiedlicher psychometrischer Persönlichkeitstests
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
35
Katalognummer
V958257
ISBN (eBook)
9783346303066
ISBN (Buch)
9783346303073
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vergleich verschiedener Verfahren zur Diagnostik von Persönlichkeitsmerkmalen
Schlagworte
Diagnostik, Begutachtung, Persönlichkeitstest, Eignungsdiagnostik, MBTI, NEO, Persönlichkeitsmerkmale
Arbeit zitieren
Sandra Waldeyer (Autor:in), 2019, Persönlichkeitstests als Instrument der beruflichen Eignungsdiagnostik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/958257

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