Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
1.3 Aufbau und Vorgehensweise
2 Bedeutung der internationalen Rechnungslegung
2.1 Anwendungsbereich der IFRS
2.2 Steuern in der internationalen Rechnungslegung
2.2.1 IAS 12: Ertragsteuern
2.2.2 Verknüpfung: IFRS und Steuerbilanz
3 Überblick: Konzernrechnungslegung nach IFRS
3.1 Konsolidierungskreis
3.2 Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften
3.3 Überblick: Konsolidierungsmaßnahmen
4 Darstellung der Ertragsteuern nach IFRS
4.1 Tatsächliche Ertragsteuern (Ansatz, Bewertung und Ausweis)
4.2 Latente Steuern
4.2.1 Ansatz, Bewertung und Ausweis nach dem Temporary-Konzept
4.2.2 Latenzen im Konzernabschluss
5 Steuerliche Berichtspflichten nach IAS 12
5.1 Angabepflichten
5.2 Aufbau der steuerlichen Überleitungsrechnung
5.2.1 Funktion der Überleitungsrechnung
5.2.2 Verfahrensweise der Überleitungsrechnung
5.2.3 Inhalt der Überleitungsrechnung
5.2.3.1 Abweichende ausländische Steuerbelastung
5.2.3.2 Steuerfreie Erträge
5.2.3.3 Steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen
5.2.3.4 Effekte aus der Verlustverrechnung
5.2.3.4.1 Verlustabzug
5.2.3.4.2 Organschaftliche Verlustverrechnung
5.2.3.5 Weitere Gliederungsposten
5.3 Konzernsteuerquote
5.3.1 Ermittlung der Konzernsteuerquote
5.3.2 Einflussfaktoren der Konzernsteuerquote
5.3.3 Einordnung der Konzernsteuerquote
5.3.3.1 Jahresabschluss- und Kennzahlenanalyse
5.3.3.2 Kennzahlencharakter der Konzernsteuerquote
5.3.4 Funktion
5.3.4.1 Interne Abschlussinteressen
5.3.4.2 Externe Abschlussinteressen
6 Analyse
6.1 Analyse der steuerlichen Überleitungsrechnung
6.1.1 Interessenkonflikte
6.1.1.1 Principal-Agent-Beziehung
6.1.1.2 Kosten-Nutzen-Aspekt
6.1.2 Ausgestaltung und Wirkung der steuerlichen Überleitungsrechnung
6.2 Analyse der Konzernsteuerquote
6.2.1 Abschlusspolitik
6.2.2 Aussagekraft und Einflussnahme der Konzernsteuerquote
6.2.2.1 Interne Abschlussinteressen
6.2.2.2 Externe Abschlussinteressen
6.2.3 Ansätze zur Beeinflussung der Konzernsteuerquote
6.2.4 Bestandaufnahme deutscher Standardwerte
7 Zusammenfassung der Ergebnisse
Anhangsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Rechtsquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ausweis latenter Steuern
Abbildung 2: Kennzahlensystem (Konzernsteuerquote)
Abbildung 3: Grundaufbau der Principal-Agent-Theorie
Abbildung 4: Auswirkung der Konzernsteuerquote auf den Unternehmenswert
Abbildung 5: Optimierung (Zins- und Dividendenrouten)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Konsolidierungskreis
Tabelle 2: Lenkung der Konzernsteuerquote (Teil I)
Tabelle 3: Lenkung der Konzernsteuerquote (Teil II)
Tabelle 4: Dimension von Steuerrisiken
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Konzernunternehmen, die unter den Anwendungsbereich der International Financial Reporting Standards fallen, müssen gem. IAS 12 eine steuerliche Überleitungsrechnung veröffentlichen. In der zu publizierenden Überleitungsrechnung ist der Zusammenhang zwischen der zu erwartenden Ertragsteuerbelastung und der ausgewiesenen Ertragsteuerbelastung herzustellen. An dieser Stelle kommt der kompensatorischen Wirkung latenter Steuern eine signifikante Bedeutung hinzu, da sich insbesondere bei der Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards große Diskrepanzen zwischen dem Regelwerk der IFRS und der Steuerbilanz ergeben. Zudem ist die Problematik des anzuwendenden Steuersatzes hervorzuheben, da eine Konzerngesellschaft keine eigene Person im Sinne des Rechts ist, sondern eine nach der jeweils geltenden Norm wirtschaftliche Einheit aus dem Zusammenschluss mehrerer Rechtspersonen darstellt.
Ausgehend von der Überleitungsrechnung ergibt sich als Quotient der effektiven Steuerbelastung und dem Ergebnis vor Ertragsteuern die Konzernsteuerquote. Diese misst die effektive Steuerbelastung und ist als Annex der IFRS-Veröffentlichung zu verstehen. Im Zuge der Globalisierung und einer ständig fortschreitenden Kapitalmarktorientierung der Konzernunternehmen hat das Interesse an der Konzernsteuerquote als Finanzkennzahl in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen, da sie direkten Einfluss auf den Unternehmenswert und das Ergebnis je Aktie hat.1 Das Ergebnis je Aktie, als fundamentale Kennzahlen der Unternehmensbewertung, ist schließlich eine Nachsteuergröße und fällt in der Regel umso größer aus, je kleiner die Konzernsteuerquote ist. Vor allem in einem Hochsteuerland wie Deutschland2 sollte die steuerliche Belastung stets Berücksichtigung finden, um mögliche Potentiale zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auszuschöpfen.
Darüber hinaus kann die Konzernsteuerquote auch als Key Perfomance Indikator des Steuermanagements verwendet werden. Allerdings ist diese Leistungskennzahl mit Vorsicht zu genießen. Welche Beeinflussungsmöglichkeiten und Funktionen die Konzernsteuerquote hergibt, sind Fragen, mit denen sich die vorliegende Arbeit auseinandersetzen wird. Bei dieser Gelegenheit werden sowohl steuerliche als auch wirtschaftliche Aspekte mitberücksichtigt. Zur Vereinfachung der Darstellung wird zu Analysezwecke ein praxisorientierter Ansatz verfolgt. Hierfür werden öffentlich zugängliche Informationen ausgewählter Standartwerte3 systematisch ausgewertet und einer normativen Analyse unterzogen. Des Weiteren werden Möglichkeiten zur effektiven Gestaltung der steuerlichen Überleitungsrechnung aufgezeigt und theoretische Erkenntnisse der Untersuchung mit praktischen Beispielen verknüpft. Diese Arbeit hat es sich außerdem zum Ziel genommen mögliche Bewertungskriterien für die Interpretation der steuerlichen Informationen aufzuzeigen, mit dem sich die Überleitungsrechnung und die Konzernsteuerquote unter fachmännischen Gesichtspunkten sachgerecht interpretieren lässt.
1.2 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
In dieser Arbeit werden die steuerlichen Informationspflichten nach dem Regelwerk der IFRS behandelt. Hierbei wird die Perspektivansicht der deutschen Kapitalgesellschaft im Falle einer Normalverteilung4 gewählt. Im Rahmen der Analyse liegt der Schwerpunkt definitionsgemäß auf den aktuellen Unternehmen des DAX 30 Börsensegments (Stichtag: 15. Juni 2020). Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf den vergangenen Konzernabschluss. Zur Vermeidung verzerrter Untersuchungsergebnisse werden von Sondereinflüssen begleitete Unternehmen zweckgemäß aus der Untersuchung ausgeschlossen.5 Zur sachgerechten Darstellung von Funktions- und Wirkungszusammenhängen steuerlicher Informationspflichten erfolgt die Beschreibungsansicht sowohl aus der Perspektive der internen Abschlussinteressen als auch aus der Perspektive der externen Abschlussinteressen. Daneben beschäftigt sich die Arbeit mit einzelnen Gestaltungsinstrumenten zur effektiven Konzernsteuerquotenlenkung. Das Streben nach einer vollständigen Aufzählung aller Funktions- und Wirkungszusammenhänge kann ebenso wenig Ziel der Untersuchung sein, wie die vollständige Erfassung aller Gestaltungsinstrumente. Deshalb beschränkt sich die vorliegende Untersuchung mit den aus Sicht des Verfassers wesentlichen Funktionen, Wirkungen und Einflussfaktoren steuerlicher Informationspflichten. Die Identifizierung von Potentialausschöpfun- gen erfolgt auf Grundlage rationaler Entscheidungen (homo oeconomicus) - moralische Aspekte werden im Grundsatz aufgrund schwer bestimmbarer Grenzen vernachlässigt.
1.3 Aufbau und Vorgehensweise
Nach den einleitenden Worten über die Problemstellung, die Zielsetzung und den Aufbau der vorliegenden Projektarbeit, befasst sich das zweite Kapitel mit der Bedeutung und dem Anwendungsbereich der internationalen Rechnungslegung. Neben der Darstellung der ertragsteuerlichen Bestandteile erfolgt hier die Klärung von Begriffsdefinitionen und die Vorstellung der grundlegenden Unterschiede zwischen IFRS und Steuerbilanz. Im nachfolgenden Kapitel wird die Konzernrechnungslegung nach den internationalen Vorschriften behandelt und der Zusammenhang zwischen handelsrechtlichem Einzelabschluss und dem internationalen Konzernabschluss hergestellt. Das vierte Kapitel hat die laufenden Steuern zum Gegenstand und setzt sich unter Berücksichtigung des Temporary-Konzepts mit den unvermeidbaren steuerlichen Latenzen auseinander. In Anknüpfung an die Darstellung der Ertragsteuern wird im weiteren Verlauf der Analyse die effektive Steuerbelastung mithilfe der Überleitungsrechnung nach IAS 12 bemessen. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf den Inhalten der steuerlichen Überleitungsrechnung und deren Aussagekraft. Aufbauend auf den vorangegangenen Erkenntnissen wird anschließend die Ermittlung und Funktion der Konzernsteuerquote behandelt. Hierbei werden mögliche Werttreiber identifiziert und erste Ansätze zur Beeinflussung der Quote aufgezeigt. Im Rahmen der Analyse wird die Relevanz steuerlicher Informationen mithilfe praxisbezogener Veröffentlichungen in verständlicher Form dargestellt und Interpretationskonflikte verdeutlicht. In diesem Zusammenhang wird außerdem die Wirkungsweise steuerlicher Informationen unter Berücksichtigung von Principal-Agent-Beziehungen und Kosten-Nutzen-Aspekten auf externe Abschlussadressaten untersucht. Im zweiten Teil der Analyse liegt der Schwerpunkt auf der abschließenden Bewertung der Konzernsteuerquote. Bei dieser Gelegenheit erfolgt die detaillierte Funktionsanalyse und sachlogische Einordnung der Konzernsteuerquote im Kontext der Abschlusspolitik. Abschließend fasst das letzte Kapitel die Erkenntnisse der Arbeit zusammen und gibt sie in komprimierter Form wieder.
2 Bedeutung der internationalen Rechnungslegung
Bevor sich die vorliegende Arbeit mit dem Kernthema der Untersuchung auseinandersetzt, ist zunächst einmal festzustellen, welche Art von Unternehmen unter den Anwendungsbereich der IFRS fallen.
2.1 Anwendungsbereich der IFRS
Unternehmen, die dem Recht eines Mietgliedstaates der Europäischen Union unterliegen, sind nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 verpflichtet ihre konsolidierten Abschlüsse (Konzernabschluss) nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, die nach dem Verfahren des Artikel 6 (2) der zuvor genannten Verordnung übernommen wurden, aufzustellen, sofern am jeweiligen Bilanzstichtag ihre Wertpapiere zum Handel in einem geregelten Markt (im Sinne des Artikel 1 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 19936 ) eines beliebigen Mitgliedstaates zugelassen sind.
In Deutschland wurde der Anwendungsbereich in § 315e HGB konkretisiert. Demnach müssen deutsche Mutterunternehmen ihren Konzernabschluss nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften aufstellen, wenn für sie bis zum jeweiligen Bilanzstichtag die Zulassung eines Wertpapiers im Sinne des § 2 (1) WpHG zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 (11) WpHG im Inland beantragt worden ist. Im Ergebnis kann also in vereinfachter Weise festgehalten werden, dass kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen verpflichtet sind ihren Konzernabschluss nach den Regelungen der IFRS aufzustellen. Zudem besteht für deutsche Mutterunternehmen, die nicht unter die zuvor erwähnten Anwendungsvorschriften fallen, nach § 315e HGB ein Wahlrecht hinsichtlich der gesamthaften Anwendung der IFRS.
2.2 Steuern in der internationalen Rechnungslegung
Es folgt die steuerliche Untersuchungsabgrenzung und die Darstellung der wesentlichen Unterschiede zwischen dem IFRS-Abschluss und der Steuerbilanz.
2.2.1 IAS 12: Ertragsteuern
Die Bilanzierung von Ertragssteuern wird in dem IAS 12 geregelt. Ertragsteuern umfassen nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften alle in- und ausländischen Steuern auf Grundlage des zu versteuernden Ergebnisses. Zu den Ertragsteuern gehören auch Steuern wie Quellensteuern, welche von einem Tochterunternehmen aufgrund von Ausschüttungen an das berichtende Unternehmen geschuldet werden (IAS 12.2). Gewinnunabhängige Steuern7 werden im Kontext der Ertragsteuern nicht berücksichtigt, da sie bereits zuvor das Ergebnis gemindert haben.
Der Steueraufwand entspricht der Summe des Betrags aus tatsächlichen Ertragsteuern und latenten Steuern, die in die Ermittlung des Ergebnisses der zu berichtenden Periode eingehen. Die tatsächlichen Ertragsteuern umfassen den Betrag der geschuldeten Ertragsteuern, die aus dem zu versteuernden Ergebnis der zu berichtenden oder vorangegangenen Perioden resultieren. Die latenten Steuerschulden und Steueransprüche beinhalten die Beträge an Ertragsteuern, die in zukünftigen Perioden aus temporären Differenzen zahlbar bzw. erstattungsfähig sind. Temporäre Differenzen sind Unterschiedsbeträge resultierend aus dem Buchwert eines Vermögenswerts oder einer Schuld in der Bilanz und seiner bzw. ihrer steuerlichen Basis. Zudem umfassen die latenten Steueransprüche Ertragsteueransprüche aus dem Vortrag noch nicht genutzter steuerlicher Verluste.8
2.2.2 Verknüpfung: IFRS und Steuerbilanz
Die Steuerbilanz ist „eine unter Berücksichtigung einkommensteuerlicher Vorschriften aus der Handelsbilanz abgeleitete Vermögensübersicht“9. Die wesentlichen Unterschiede des IFRS-Abschlusses und der Steuerbilanz ergeben sich aus den unterschiedlichen Hauptzielen der IFRS und dem handelsrechtlichen Abschluss aufgrund der zugrundliegenden Maßgeblichkeit. Während im Handelsrecht der Gläubigerschutz im Vordergrund steht, befassen sich die IFRS im Grundsatz mit dem Investorenschutz. Daraus ergibt sich als dominierender Rechnungslegungsgrundsatz das Vorsichtsprinzip für handelsrechtliche Abschlüsse und das „accrual principle“ bzw. „true and fair view“ für die IFRS. Schwerpunkt der IFRS ist die Vermittlung von Informationen für Investoren (decision usefulness). Der Handelsabschluss erfüllt neben der allgemeinen Informationsfunktion eine Ausschüttungsbemessungsfunktion und eine Steuerbemessungsfunktion (im Sinne der Maßgeblichkeit). Die wesentlichen Bewertungsunterschiede ergeben sich aus dem herrschenden Niederstwertprinzip des Handelsrechts und dem Fair- Value-Prinzip der IFRS. Ziel der steuerlichen Überleitungsrechnung nach IAS 12 ist es, die Rechnungslegungssysteme miteinander zu verknüpfen.
3 Überblick: Konzernrechnungslegung nach IFRS
Wie bereits festgestellt, fallen kapitalmarktorientierte Konzernunternehmen bei der Abschlusserstellung unter den Anwendungsbereich der IFRS und sind demzufolge verpflichtet den steuerlichen Berichtspflichten nach IAS 12 nachzugehen. Zur Einordnung der speziellen IFRS-Regelungen erfolgt im Folgenden ein Überblick über die Konzernrechnungslegung.
3.1 Konsolidierungskreis
In den IFRS erfolgt im Gegensatz zum Handelsrecht keine direkte Bestimmung des Konsolidierungskreises. Der Konsolidierungskreis lässt sich jedoch durch eine Negativabgrenzung der Definition des Konzernabschlusses festlegen. In den IFRS wird der Konzernabschluss mit folgenden Worten definiert:
„Der Abschluss eines Konzerns, in welchem die Vermögenswerte, die Schulden, das Eigenkapital, die Erträge, Aufwendungen und Zahlungsströme des Mutterunternehmens uns seiner Tochterunternehmen so dargestellt werden als gehören sie zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit.“10
Die Definition stellt auf das Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen ab, ohne hier Einschränkungen zu machen. Die IFRS beinhalten keine expliziten Wahlrechte zur Nichteinbeziehung von Tochterunternehmen. Demnach wird das Weltabschlussprinzip in den IFRS deutlich strenger geregelt als im Handelsrecht. Es gilt jedoch auch hier der fundamentale Grundsatz der Wesentlichkeit bzw. „materiality“. Darüber hinaus hat das Mutterunternehmen in Abhängigkeit der Beteiligungsquote die jeweiligen Tochterunternehmen nach unterschiedlichen Rechnungslegungsverfahren zu behandeln.
Die nachfolgende Übersicht verhilft zum Überblick:
Tabelle 1: Konsolidierungskreis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusatz: Nach Ersatz des IAS 31 durch IFRS 11 ist die Quotenkonsolidierung für Gemeinschaftsunternehmen entfallen und es ist die Equity-Methode heranzuziehen.
3.2 Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften
Jedes Konzernunternehmen kann oder muss in seinem Einzelabschluss unterschiedliche Bilanzierungs- und Bewertungsregeln anwenden. Grund dafür sind gesetzliche Regelungen in verschiedenen Staaten sowie die individuelle Ausübung von Wahlrechten. Der Einzelabschluss wird im deutschen Sprachgebrauch als HB I bezeichnet. Verwendet ein Konzernmitglied für gleichartige Geschäftsvorfälle und Ereignisse unter ähnlichen Umständen andere Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden als die in dem Konzernabschluss eingeführten Methoden (Bilanzierungsrichtlinien), sind diese Diskrepanzen zum Zwecke der Konzernabschlusserstellung zu berichtigen und die Vorgaben des Mutterunternehmens in der sogenannten HB II umzusetzen, um die Konformität der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden des Konzerns zu gewährleisten.11 Darüber hinaus werden in den IFRS im Gegensatz zum Handelsrecht auch für assoziierte Unternehmen einheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorgeschrieben (IAS 28.27). Im Hinblick auf den einheitlichen Ausweis finden sich in den IFRS keine expliziten Regelungen. Unter Berücksichtigung des IFRS Rahmenkonzepts (Framework) und dem maßgeblichen Ziel des „true and fair view“ kann jedoch auch hier abgeleitet werden, dass gleiche Sachverhalte unter dem gleichen Posten auszuweisen sind und ein einheitliches Gliederungsschema zu verwenden ist, um die „comparability“ der jeweiligen Abschlüsse sicherzustellen. Soweit es bei der Erstellung der HB II zu temporären Bewertungsunterschieden im Vergleich zum ertragsteuerlichen Wert kommt, ist bereits an dieser Stelle die Berücksichtigung von Latenzen erforderlich.
3.3 Überblick: Konsolidierungsmaßnahmen
Bei der Vollkonsolidierung wird im Rahmen der Erstkonsolidierung aufbauend auf den HB II Abschlüssen die Neubewertungsmethode zur Erstellung der HB III, dem sogenannten Konzernabschluss, angewandt. Hierbei erfolgt die Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven bzw. Lasten und die einhergehende Aufrechnung des Beteiligungsbuchwertes gegen das neubewertete Eigenkapital des Tochterunternehmens auf Grundlage der zugrundeliegenden Erwerbsfiktion aller Vermögenswerte (Kapitalkonsolidierung). Aus der Folge entsteht in aller Regel eine Residualgröße, die als Goodwill oder passiver Unterschiedsbetrag bilanziert wird.12 Bei einer Beteiligungsquote von weniger als 100% ergeben sich außerdem Anteile für Minderheitsgesellschafter. Die aufgedeckten Größen sind anschließend im Kontext der Folgekonsolidierung fortzuführen. Dabei ist zu beachten, dass eine planmäßige Abschreibung des Goodwills untersagt wird (IFRS 3.55). Darüber hinaus sind Forderungen, Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten und Verbindlichkeiten zwischen den in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen zu eliminieren (Schuldenkonsolidierung). Zudem dürfen im Konzernabschluss nur Aufwendungen und Erträge mit - aus Konzernsicht - Dritten ausgewiesen werden und dementsprechend sind etwaige Zwischengewinne ebenso zu eliminieren (Aufwands- und Ertragskonsolidierung). Im Gegensatz zur Vollkonsolidierung werden bei Anwendung der Equity-Methode Anteile assoziierter Unternehmen mit den Anschaffungskosten angesetzt. Der Wertansatz der Anteile verändert sich anschließend in Folge einer Erhöhung oder Verringerung des Eigenkapitals des assoziierten Unternehmens. IAS 28.22 sieht zudem die Verpflichtung zur Zwischengewinneliminierung auch für assoziierte Unternehmen vor. Die planmäßige Abschreibung eines eventuell auftretenden Goodwills wird im Zusammenhang der Equity-Methode ebenfalls untersagt.
4 Darstellung der Ertragsteuern nach IFRS
Wie bereits dargelegt, umfassen die Ertragsteuern alle in- und ausländischen Steuern auf Grundlage des zu versteuernden Einkommens. Der ausgewiesene Ertragsteueraufwand entspricht folglich der Summe des Betrags aus tatsächlichen Ertragsteuern und latenten Steuern.
4.1 Tatsächliche Ertragsteuern (Ansatz, Bewertung und Ausweis)
Die tatsächlichen Ertragsteuern werden im Kontext des Steuercontrollings auch als „laufende Steuern“ bezeichnet und bemessen sich nach den nationalen bzw. lokalen Steuervorschriften.13 Für die Ermittlung der tatsächlichen Ertragsteuern sind bis zum Eintreffen des Steuerbescheids (Festsetzung) die Höhe der Ertragsteuern mithilfe einer Überleitungsrechnung (vgl. Kapitel 2.2.2) sachgerecht zu schätzen und erfolgswirksam in der zu zahlenden Periode als Steuerrückstellung zu erfassen. Die zu zahlenden Ertragsteuern an die Finanzbehörde werden in der Bilanz unter den Schulden ausgewiesen. Sofern die bereits bezahlten Ertragsteuern die tatsächlich geschuldeten Ertragsteuern übersteigen, ist die Differenz als Vermögenswert zu aktivieren (IAS 12.12). Gleichermaßen wird der Ertragsteueranspruch aufgrund eines steuerlichen Verlustrücktrags bzw. -vortrags behandelt (IAS 12.13 f.). Die tatsächlichen Ertragsteuerschulden sind mit dem Betrag zu bewerten, in dessen Höhe eine Zahlung an die Steuerbehörden erwartet wird, und zwar auf Grundlage von Steuersätzen (und Steuervorschriften), die am Abschlussstichtag gelten oder in Kürze gelten werden (IAS 12.46). Steuerforderungen/ -schulden und Steueraufwendungen/ -erträge unterliegen grundsätzlich einem Saldierungsverbot.14 Eine Saldierung ist unter den Vorrausetzungen des IAS 12.71 nur möglich sofern das Unternehmen ein einklagbares Recht zur Aufrechnung hat und der Ausgleich durch Aufrechnung (Nettozahlung) beabsichtigt ist. Im Konzernabschluss sind diese Vorrausetzungen für alle betroffenen Unternehmen jeweils einzeln zu erfüllen.
4.2 Latente Steuern
Der Hauptgedanke der latenten Steuern ist die Heranziehung des IFRS-Ergebnisses vor Steuern als Bemessungsgrundlage für die Ertragsteuern. Demnach lassen sich die tatsächlichen Ertragsteuern aus der Steuerbilanz und die latenten Steuern aus der Antizipation zukünftiger Steuerwirkungen, die noch nicht im tatsächlichem Ertragsteueraufwand der laufenden Periode berücksichtigt wurden, innerhalb der IFRS-Bilanz ableiten.15
4.2.1 Ansatz, Bewertung und Ausweis nach dem Temporary-Konzept
Beim Ansatz latenter Steuern ist nach Maßgabe des IAS 12 das sogenannte Temporary-Konzept heranzuziehen.16 Latenzen lassen sich demnach grundsätzlich in temporäre Differenzen, quasi-permanente Differenzen und permanente Differenzen untergliedern. An erster Stelle erfolgt der Ansatz von Latenzen aufgrund temporärer Differenzen, d.h. temporärer Unterschiede zwischen dem Buchwert eines Vermögenswerts bzw. einer Schuld und dem steuerlichen Wertansatz, welche sich im Laufe der Zeit wieder umkehren.17 Außerdem werden beim Ansatz latenter Steuern quasi-permanente Differenzen, welche sich erst bei der Veräußerung eines Vermögenswerts umkehren, berücksichtigt.18 Hinzu kommen spezielle Sachverhalte resultierend aus steuerlichen Verlustvorträgen oder Konsolidierungsmaßnahmen. Auf permanente Differenzen werden keine latenten Steuern gebildet.19 Darüber hinaus werden temporärere und quasi-permanente Differenzen zum einen in aktive latente Steuern, welche künftige Ertragsteueransprüche darstellen, und zum anderen in passive latente Steuern, welche künftige Steuerlasten aufzeigen, untergliedert. Handelt es sich um eine Differenz aufgrund eines erfolgswirksamen Sachverhalts sind die einhergehenden Latenzen ebenfalls erfolgswirksam. Spiegelbildich verhält es sich bei erfolgsneutralen Sachverhalten (IAS 12.58). Ein aktiver latenter Steueranspruch ist außerdem nur in dem Maße zu bilanzieren, wie es wahrscheinlich ist, dass ein zu versteuerndes Ergebnis verfügbar sein wird (IAS 12.24).
Für die Bewertung von latenten Steuern ist die Liability-Methode heranzuziehen.20 D.h. bei der Bewertung von Latenzen sind die Steuersätze zu Grunde zu legen, die zu erwarten sind, wenn sich die jeweilige Differenz umkehrt (IAS 12.47).21 Dabei werden die Steuersätze verwendet, die zum Abschlussstichtag gültig oder angekündigt sind. Die Abzinsung von latenten Steuern ist nicht gestattet (IAS 12.53).
Der Ausweis von latenten Steuern erfolgt unter den langfristigen Vermögenswerten bzw. Schulden. Die Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Es gelten in diesem Zusammenhang dieselben Vorschriften wie für die tatsächlichen Ertragsteuern (vgl. Kapitel 4.1).
4.2.2 Latenzen im Konzernabschluss
Nachdem sich die vorliegende Arbeit mit den Grundzügen der Konzernrechnungslegung auseinandergesetzt hat, ist festzuhalten, dass die im Konzernabschluss ausgewiesenen latenten Steuern sich auf drei grundlegende Sachverhalte zurückzuführen lassen:
1. Differenzen auf Ebene der HB I
2. Korrekturen etwaiger Differenzen auf Ebene der HB II in Folge der Anpassung der HB I (vgl. Kapitel 3.2)
3. Entstehung von latenten Steuern auf Grund von Konsolidierungsmaßnahmen im Rahmen der HB III Erstellung (vgl. Kapitel 3.3)
An dieser Stelle muss bereits hervorgehoben werden, dass es möglich ist, auf den zuvor genannten Ebenen die Ertragsteueraufwendungen durch die Bilanzierung von latenten Steuern an verschiedenen Stellen zu beeinflussen. In der Praxis der Konzernbesteuerung kann die Aussage getroffen werden, dass der Anteil latenter Steuern in aller Regel den Anteil und Einfluss der tatsächlichen Ertragsteuern klar überwiegt.22 23
5 Steuerliche Berichtspflichten nach IAS 12
Durch die in Kapitel 2.1 dargestellte Relevanz der internationalen Rechnungslegungsvorschriften für kapitalmarktorientierte Konzernunternehmen und der daraus resultierenden Verpflichtung zur Anwendung des IAS 12 wird eine ausführliche Berichterstattung über das Tax-Accounting abverlangt. Eine wichtige Kennziffer zur Messung der Konzernsteuerpolitik stellt dabei die Konzernsteuerquote dar.24 Durch die steuerliche Überleitungsrechnung als Informationsquelle dieser Kennziffer ergibt sich die Konzernsteuerquote direkt oder indirekt als Zielgröße. In Kombination betrachtet stellen beide Bestandteile das Kernelement der steuerlichen Finanzberichterstattung dar.25
5.1 Angabepflichten
Die steuerlichen Berichtspflichten werden in IAS 12.79 ff. geregelt. Die Angabe der steuerlichen Überleitungsrechnung, die den ausgewiesenen Ertragsteueraufwand in ein erklärbares Verhältnis zum Vorsteuerergebnis bringen soll, zählt zu den bedeutendsten steuerlichen Berichtspflichten (IAS 12.81c).26
Der im Konzernabschluss ausgewiesene Ertragsteueraufwand weicht aufgrund diverser Faktoren vom erwarteten Ertragsteueraufwand ab. Mithilfe der Überleitungsrechnung soll diese Diskrepanz in ein erklärbares Verhältnis gebracht werden. Nach dem in den vorherigen Kapiteln die Zusammensetzung des ausgewiesenen Ertragsteueraufwands behandelt wurde (vgl. 2.2.1), ist zunächst einmal die Größe des erwarteten Ertragsteueraufwands zu analysieren. Der erwartete Ertragsteueraufwand ergibt sich aus der Multiplikation des Ergebnisses vor Ertragsteuern mit dem anzuwendenden Steuersatz.
Durch die Verwendung des anzuwendenden Steuersatzes bei der Berechnung des erwarteten Ertragsteueraufwands kommt dieser Größe eine entscheidende Bedeutung hinzu, da dieser Einfluss auf den weiteren Erläuterungsbedarf und die Tiefe der Überleitungsrechnung hat.27
Nach IAS 12.85 soll für den anzuwendenden Steuersatz, der für die Informationsinteressen des Abschlussadressaten geeignetste Steuersatz, verwendet werden. Hierbei kann sowohl der inländische Steuersatz des Mutterunternehmens (Home- based-Approach) - was der Regelfall ist28 - oder ein durchschnittlicher Konzernsteuersatz (Mischsteuersatz) zur Anwendung kommen. Für Unternehmen, die in verschiedenen steuerlichen Kreisen tätig sind, kann es nach den IFRS sinnvoller sein den Mischsteuersatz anzuwenden. Die Auswahl des anzuwendenden Steuersatzes und deren Auswirkung auf die Darstellung der Überleitungsrechnungen werden im IAS 12 anhand eines Beispiels zur Veranschaulichung des Paragraphen 85 illustriert. Hierbei muss festgestellt werden, dass der Informationsgehalt bei der Verwendung des inländischen Steuersatzes durch die zusätzliche Darlegung der Auswirkung niedrigerer Steuersätze höher ist. Bei international stark ausgerichteten Unternehmen kann durch die Verwendung eines Mischsteuersatzes der erwartete Ertragsteueraufwand näher am ausgewiesenen Ertragsteueraufwand liegen und damit der Informationsgehalt der steuerlichen Überleitungsrechnung sinken. Es muss jedoch beachtet werden, dass diese Vorgehensweise gegebenenfalls einen höheren Verwaltungsaufwand und höheres Fehlerrisiko mit sich bringt, da der anzuwendende Steuersatz aufgrund unterschiedlicher Gewinnverteilungen im Konzern jährlich angepasst werden muss. Die Entscheidung welcher Steuersatz für die Informationsinteressen des Abschlussadressaten am geeignetsten ist, sollte deshalb letztendlich in Abhängigkeit der Berichterstattungsziele getroffen werden. Änderungen des anzuwendenden Steuersatzes im Vergleich zu vorherigen Berichtsperioden müssen gem. IAS 12.81d erläutert werden.
5.2 Aufbau der steuerlichen Überleitungsrechnung
Wie bereits erwähnt, soll die steuerliche Überleitungsrechnung in erster Linie dem Abschlussadressaten ermöglichen zu verstehen, ob die Beziehung zwischen dem ausgewiesenen Ertragsteueraufwand und dem bilanziellen Ergebnis vor Ertragsteuern ungewöhnlich ist, und die maßgeblichen Faktoren aufzeigen, die diese Beziehung in Zukunft beeinflussen können (IAS 12.84).
5.2.1 Funktion der Überleitungsrechnung
Für den externen Abschlussadressaten ist die Herleitung des ausgewiesenen Ertragssteueraufwands aus dem erwarteten Ertragssteueraufwand ohne weitere Erläuterungen nicht möglich. Ziel der Überleitungsrechnung ist es deshalb, dem Abschlussadressaten die Einflussfaktoren auf die Konzernsteuerquote zu erläutern und damit Anhaltspunkte über die Bilanz- und Steuerpolitik des Unternehmens zu geben.29 Die Überleitungsrechnung hat sowohl eine Informationsfunktion, um beispielsweise Steuereffekte nach einmaligen oder kontinuierlichen Ergebnisauswirkungen einzuordnen, sowie eine nachgelagerte Entscheidungsfunktion, die primär Zusammenhänge des ausgewiesenen Steueraufwands durch eine Kontroll- und Soll-Ist-Analyse erläutert.30 Des Weiteren erfüllt die Überleitungsrechnung eine Vergleichbarkeitsfunktion, um einen überbetrieblichen Vergleich steuerlicher Belastungen verschiedener Unternehmen zu einem Zeitpunkt herzustellen sowie die Vergleichbarkeit der Steuerbelastungen des Unternehmens über einen Zeitraum zu gewährleisten.31 Zudem bewirkt die steuerliche Überleitungsrechnung eine maßgebliche Interpretationsfunktion, da sie das umfassendste Instrument zur Interpretation der Konzernsteuerpolitik darstellt. Notwendig wurde die Überleitungsrechnung durch das Defizit des funktionalen Zusammenhangs zwischen dem Ergebnis vor Ertragsteuern und dem ausgewiesenen Ertragsteueraufwand.32 Letztendlich lässt sich nur mithilfe der steuerlichen Überleitungsrechnung die Konzernsteuerquote sachgerecht analysieren.
5.2.2 Verfahrensweise der Überleitungsrechnung
Die Darstellung der Überleitungsrechnung kann entweder nach dem Top-down oder dem Bottum-up Approach erfolgen.33 Die beiden Ansätze bestimmen durch den gewählten Ausgangspunkt den Verlauf der Überleitung und damit einhergehend die Art des Ausweises der jeweiligen Differenz. Es kann somit vom erwarteten Steueraufwand auf den ausgewiesenen Steueraufwand übergeleitet werden oder auch umgekehrt. Darüber hinaus kann gem. IAS 12.81c in absoluten oder auch prozentualen Werten übergeleitet werden. Ein verpflichtender Aufbau der steuerlichen Überleitungsrechnung wird nicht vorgeschrieben. Es gibt weder eine standardisierte Gliederung noch wird eine Aussage über den Detaillierungsgrad der Überleitungsrechnung getroffen. Vielmehr gelten hier die allgemeinen Grundsätze der IFRS wie beispielsweise Wesentlichkeit, Verständlichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit. Gemäß dem IFRS Framework sind Informationen wesentlich, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung, die auf der Basis des Abschlusses getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beein- flussen können. Hierbei wird die Wesentlichkeit als Schwellen- bzw. Grenzwert ohne nähere Angaben definiert. Hilfsweise bedienen sich die IFRS durch die beabsichtigte Annäherung an die amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften an der Regulation S-X 210.4-08(h) Abs. 2 der SEC, die eine Wesentlichkeitsgrenze je Überleitungsposten von 5 Prozentpunkten vom erwarteten Ertragsteueraufwand oder dem ausgewiesenen Ertragsteueraufwand als offenlegungspflichtig ansieht.34 Die Bindungswirkung erstreckt sich jedoch nur auf Unternehmen, die unter die Aufsicht der SEC fallen.
Bei deutschen Standardwerten wird die Überleitungsrechnung in aller Regel in absoluten Werten nach dem Top-down Approach ermittelt. In diesem Zusammenhang wird außerdem zur Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes der Home- based-Approach verfolgt.35
5.2.3 Inhalt der Überleitungsrechnung
Der Inhalt der steuerlichen Überleitung vom erwarteten zum ausgewiesenen Ertragsteueraufwand wird aufgrund der fehlenden standardisierten Gliederung mithilfe einer Analyse der Überleitungsrechnung deutscher Standardwerte erörtert. Der Detaillierungsgrad der Überleitungsrechnungen belief sich im Jahr 2019 durchschnittlich auf acht Gliederungsposten.36
Bei der Analyse der Hauptbestandteile über die im Konzernabschluss angegeben Abweichungen deutscher Standardwerte haben sich die in den nachfolgenden Unterpunkten erläuterten Kernelemente bzw. wesentlichen Posten herauskristallisiert.37 Bei der Erläuterung der Posten orientiert sich die vorliegende Arbeit an den deutschen Steuergesetzen. Für ausländische Tochtergesellschaften sind lokale Steuergesetze heranzuziehen, die mitunter ähnliche Vorschriften aufweisen.
5.2.3.1 Abweichende ausländische Steuerbelastung
Die abweichende ausländische Steuerbelastung hat vor allem bei international ausgerichteten Konzernen große Bedeutung und resultiert aus der Anwendung des Homebased-Approachs beim anzuwendenden Steuersatz (vgl. Kapitel 5.1). Der Posten erfasst Abweichungen zwischen dem inländischen Steuersatz des Mutterunternehmens und den lokalen Steuersätzen der ausländischen Gesellschaften. Mit dem Homebased-Approach wird vereinfacht angenommen, dass die steuerliche Bemessungsgrundlage (Ergebnis vor Ertragsteuern) der Konzerngesellschaften im ersten Schritt mit einem identischen Steuersatz besteuert werden. Diesen Effekt gilt es mit dem Posten zu kompensieren.
Beispiel:
Ein Unternehmen erzielt in seinem eigenen Steuerrechtskreis (Land A) ein Ergebnis vor Ertragsteuern von 1.500 GE und in Land B von 1.500 GE. Der Steuersatz beträgt 30 % in Land A und 20 % in Land B.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.2.3.2 Steuerfreie Erträge
Bei steuerfreien Erträgen handelt es sich um einen Bestandteil des Ergebnisses vor Ertragsteuern, die mit dem anzuwendenden Steuersatz belegt wurden, obwohl diese nicht zu Ertragsteuerzahlungen führen.38 Sie werden deshalb im Rahmen der Überleitungsrechnung außerbilanziell gekürzt und führen zu einer Minderung der steuerlichen Belastung.
Bei den steuerfreien Erträgen sind die nachfolgenden Sachverhalte besonders hervorzuheben:
1. Laufende Beteiligungserträge
2. Veräußerungsgewinne
3. Investitionszulagen
Bei laufenden Beteiligungserträgen handelt es sich gemäß § 8b Abs. 1 KStG grundsätzlich um steuerfreie Erträge, sofern die Vorrausetzungen gemäß § 8b Abs. 4 KStG im Hinblick auf die Beteiligungshöhe i.H.v. 10 % erfüllt sind. In diesem Kontext ist außerdem die Hinzurechnung gemäß § 8b Abs. 5 KStG i.H.v. 5 % der laufenden Beteiligungserträge als nicht abzugsfähige Aufwendungen zu berücksichtigen. Für Veräußerungsgewinne greift die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG und die Berücksichtigung der Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 KStG, wonach auch hier 5 % des Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Aufwendungen hinzuzurechnen sind. Somit gilt grundsätzlich eine einheitliche Freistellung i.H.v. 95 % für laufende Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne, die infolge der Vermischung von steuerfreien Erträgen und nicht abzugsfähigen Aufwendungen oftmals in einem Überleitungsposten zusammengefasst werden.
Beispiel:
Ein Unternehmen erzielt ein Ergebnis vor Ertragsteuern von 1.500 GE. Der Steuersatz beträgt 30 %. In dem Ergebnis vor Ertragsteuern ist eine Gewinnausschüttung der Firma A von 500 GE und ein Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Firma B von 500 GE enthalten. Die Beteiligungshöhe an der Firma A betrug zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar 10 % des Grundkapitals.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unter der Investitionszulage versteht man eine staatliche Subvention, die im Regelfall von der Besteuerung ausgenommen wird,39 durch die Investitionen in bestimmten Gebieten gefördert werden sollen.
5.2.3.3 Steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen
Steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen mindern das Ergebnis vor Ertragsteuern, erhöhen aber die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Gemäß § 8 Abs. 1 KStG sind bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage neben den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes auch die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen. Demnach sind § 3c Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 5 EStG anzuwenden, welche das Abzugsverbot von Betriebsausgaben regeln. Hierbei ist zu beachten, dass das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG im § 8b KStG von der Anwendung her ausgeschlossen wird.
Darüber hinaus sind die nachfolgenden Paragraphen für die nicht abzugsfähigen Aufwendungen hervorzuheben:
- § 9 KStG (bspw. Spenden)
- § 10 KStG (bspw. Aufsichtsratsvergütung)
- § 8b Abs. 3 und 5 KStG
- § 8a KStG i.V.m. 4h EStG (Zinsschranke)
Bei der Berücksichtigung der steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen gilt es, die Wirkung von latenten Steuern zu beachten. Vor allem im Falle der Verschiebung von Aufwendungen in die nächste Periode, wie bspw. bei der Zinsschranke (§ 8a KStG i.V.m. 4h EStG) oder Spendengeldern (§ 9 KStG), kann in bestimmten Fällen die steuerliche Belastung durch gegenläufige latente Steuererträge vermieden werden.
5.2.3.4 Effekte aus der Verlustverrechnung
5.2.3.4.1 Verlustabzug
Der Verlustabzug erfolgt nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 EStG durch einen Verlustrücktrag oder -vortrag. Der Verlustrücktrag ist auf ein Jahr und 1 Mio. € beschränkt. Der Verlustvortrag ist zeitlich unbeschränkt. Es gilt jedoch hier die betragsmäßige Beschränkung gem. § 8 Abs. 2 KStG zu beachten. Der Verlustrücktrag wird als Forderung gegenüber dem Finanzamt angesetzt und verursacht keine latenten Steuern. Im Gegensatz zur Körperschaftsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) besteht im Gewerbesteuerbereich nach § 7 GewStG i.V.m. § 10a GewStG nur die Möglichkeit den Verlust vorzutragen. Der Verlustvortrag ermöglicht lediglich die Verlustverrechnung mit positiven Einkünften in den nachfolgenden Perioden und begründet keinen Erstattungsanspruch. Sofern die Nutzung des Verlustvortrages wahrscheinlich ist, sind aktive latente Steuern zu bilden. Die Bildung von aktiven latenten Steuern auf den Verlustvortrag kompensiert die tatsächliche Steuerlast in bilanzieller Hinsicht und neutralisiert das Ergebnis vor Ertragsteuern.40 Ein Verlustuntergang, wie es beispielsweise beim schädlichen Beteiligungserwerb der Fall ist, führt durch Wertberichtigung und Ausbuchung der bereits gebildeten latenten Steuern (IAS 12.56) zu einer Erhöhung des ausgewiesenen Ertragsteueraufwand, da die steuerliche Verlustverrechnung entfällt. Beim Ansatz latenter Steuern auf noch nicht genutzte Verluste ist nach Maßgabe der IFRS stets der Grundsatz der Nutzungswahrscheinlichkeit (i.d.R. >50)41 zu beachten (IAS 12.36).
5.2.3.4.2 Organschaftliche Verlustverrechnung
Verpflichtet sich eine Gesellschaft durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S.d. § 291 AktG zur Ergebnisabführung, so ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt, dem Organträger zuzurechnen, wenn die Vorrausetzungen nach § 14 Abs. 1 KStG erfüllt sind. Hierbei ist jedoch gemäß § 15 KStG zu berücksichtigen, dass dies nicht für vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft gilt. Die Verlustvorträge können somit erst nach Beendigung der Organschaft genutzt werden. Das ist insofern relevant, da auf steuerliche Verlustvorträge, bei denen die Nutzung wahrscheinlich ist, aktive latente Steuern zu bilden sind und es gemäß IAS 12.56 zu prüfen gilt, dass die Nutzungswahrscheinlichkeit in Anbetracht der Bindungsfrist von fünf Jahren gegeben ist. Ist dies nicht der Fall, so sind die latenten Steuern ergebniswirksam aufzulösen. Als zusätzliche Problemfelder der organschaftlichen Verlustverrechnung ergeben sich grenzüberschreitende Verlustverrechnungsmöglichkeiten und fehlgeschlagene Organschaften.42
5.2.3.5 Weitere Gliederungsposten
Periodenfremde Steuern Aperiodische Effekte (sog. True Ups)43 werden bei der Ermittlung des Steueraufwands in der Berichtsperiode berücksichtigt, obwohl sie im eigentlichen Sinne die Vorperiode betreffen (bspw. Korrekturen aufgrund von Betriebsprüfungen).
Effekte aus Steuergesetzänderungen
Die Effekte aus Steuergesetzänderungen können aufgrund der individuellen Ertragsteuer-Hoheit eines Landes vielfältig sein. Als Beispiel kann an dieser Stelle die zuletzt durchgeführte US-Steuerreform aus dem Jahr 2017 genannt werden, welche im Wesentlichen zu Effekten aus der Bewertung latenter Steuern (vgl. Kapitel 4.2.1) aufgrund von Steuersatzänderungen geführt hat.44
Effekte aus der Wertberichtigung latenter Steuern
Die Effekte aus der Wertberichtigung latenter Steuern resultieren aus der Anwendung der Bewertungsmethoden. Hierbei gilt es vor allem aktive latente Ertragsteueransprüche auf deren Werthaltigkeit hin zu überprüfen und etwaige Korrekturen hier abzubilden. Dem Posten kann eine „Zwitter-Position“ zugesprochen werden, da die Effekte aus der Wertberichtigung latenter Steuern ebenso in anderen Posten, wie bspw. den Effekten aus der Verlustverrechnung oder den Effekten aus Steuergesetzänderungen, abgebildet werden können. Durch die liberale Kodifizierung der Überleitungsrechnung und fehlender Standardisierungen können Konzernunternehmen die Ausgestaltung, Verwendung und Bezeichnung der Gliederungsposten letztendlich „frei“ bestimmen (vgl. Kapitel 5.2.2).
Effekte aus der At-Equity-Bilanzierung
Die Effekte aus der At-Equity-Bilanzierung resultieren im Wesentlichen aus der Bewertung von Vermögenswerten und der Zwischengewinneliminierung im Rahmen der Fortschreibung (vgl. Kapitel 3.3).45
Nicht anrechenbare Quellensteuer
Nicht anrechenbare Quellensteuer sind im Regelfall durch fehlende Doppelbesteuerungsabkommen oder Qualifikationskonflikte zu begründen, weil die Besteuerung mehreren Staaten zugesprochen wurde. Durch die zweistufige Systematik (§ 8b KStG) von Freistellung und Hinzurechnung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen bei den laufenden Beteiligungserträgen und Veräußerungsgewinnen ist beispielsweise die Anrechnung ausländischer Quellensteuern bei fehlendem Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen.46
[...]
1 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 272.
2 Vgl. Greive (2017), S. 1.
3 Unternehmen des DAX 30 Börsensegments.
4 Positives Ergebnis vor Ertragsteuern und einhergehende positive Ertragsteueraufwendungen.
5 Bspw. Wirecard AG.
6 Im WpHG entspricht dies der Definition des organisierten Markts.
7 Bspw. Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer.
8 Vgl. zu diesem Absatz IAS 12.5.
9 Siehe Dennerlein (2018), o.S.
10 Siehe IFRS 10 Anhang A.
11 Vgl. IFRS 10 Anhang B87.
12 In Abhängigkeit der gewählten Kapitalkonsolidierungsmethode (Full-Goodwill-Methode oder Partial-Goodwill-Methode).
13 Vgl. Risse (2015), S. 42.
14 Vgl. Kröner/Benzel (2018), Rn. 60.
15 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 273.
16 Vgl. Dahlke (2008), S. 18.
17 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 273.
18 Vgl. Prangenberg/Müller (2006), S. 171.
19 Vgl. Buchholz (2019), S. 248.
20 Vgl. Dahlke (2008), S. 20.
21 Vgl. Klein (2001), S. 1453.
22 In enger Anlehnung an Hoffmann/zu Putlitz/Schubert (2011), S. 28.
23 Vgl. Kröner/Benzel (2018), Rn. 9.
24 Vgl. Mammen (2011), S. 41.
25 Siehe Kröner/Beckenhaub (2008), S. 213.
26 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 274.
27 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 275.
28 Siehe Anhang 1: Analyse steuerlicher Überleitungsrechnungen deutscher Standardwerte.
29 Vgl. Herzig (2003), S. 80.
30 Vgl. Frodeno (2013), S. 17.
31 Vgl. Risse (2015), S. 75.
32 Vgl. Rostock/Poller (2017), S. 139.
33 Vgl. Kröner/Beckenhaub (2008), S. 207.
34 Vgl. Frodeno (2013), S. 19.
35 Siehe zu diesem Absatz Anhang 1: Analyse steuerlicher Überleitungsrechnungen deutscher Standardwerte.
36 Siehe Anhang 1: Analyse steuerlicher Überleitungsrechnungen deutscher Standardwerte.
37 Siehe Anhang 2: Auswertung steuerlicher Überleitungsrechnungen deutscher Standardwerte.
38 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 275.
39 Vgl. § 8 InvZulG 2005, § 12 InvZulG 2007, § 13 InvZulG 2010.
40 Vgl. Dempfle (2006), S. 237.
41 Vgl. Zülch, Hendler (2009), S. 118.
42 Vgl. Frodeno (2013), S. 28.
43 Vgl. Kromer/Peter/Szyszlo (2014), S. 276.
44 Vgl. Heintges (2017), o.S.
45 Siehe Anhang 1: Beispielhafte Exempel zur Konzernrechnungslegung nach IFRS.
46 Vgl. Eberhardt (2016), S. 151. .