Freiraumlabore. Eine gute Idee?

Das Freiraumlabor der Landeshauptstadt Magdeburg


Essai, 2020

6 Pages, Note: 2,3


Extrait


1) Einleitung

Das Freiraumlabor der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg ist ein aktuell laufendes (01.06. bis 12.07.2020) Projekt, das derzeit auf dem Nordabschnitt des Breiten Weges (zwischen Julius-Bremer-Straße und Universitätsplatz/ B1/ Walther-Rathenau-Straße) in Magdeburg realisiert wird. Es geht um die Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses aus dem Jahr 2018, der auf einen Antrag der Fraktion Bündnis90/ Grüne im Stadtrat der 240.000-Einwohner-Stadt an der Elbe zurückgeht. Ziel ist eine (nachhaltige) Belebung dieses Innenstadtraumes durch verschiedene Aktionen. Zuvor gab es zwar schon Freiraumlabore in Göttingen und Berlin, aber diese dienten Erstens nur der Neugestaltung der jeweiligen Umgebung und zweitens wurden bis jetzt keine bekannten wissenschaftlichen Analysen, wie zum Beispiel in einer Bachelor- oder Masterarbeit vorgenommen. Zudem fehlte eine Evaluation des Geschehenen.

Ich bin mit der Thematik während meines Bachelor-Praktikums im Dezernat III – Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit von Magdeburg in Berührung gekommen und habe mich damit beschäftigt.

2) Hauptteil

2.1) Grundlagen

Innenstadtentwicklung Unter dem Motto „Ein Herz für Magdeburg“ wurde am 12.06.2020 – nach einer fast zweiwöchigen „aktiven Aufbauphase“ – offiziell das Magdeburger Freiraumlabor eröffnet. Für einen Gesamtzeitraum von sechs Wochen sollen in einer Fußgängerzone im Innenstadtbereich neue Methoden der Innenstadtentwicklung erprobt werden. Durch den begrenzten Zeitraum und die überschaubare Fläche ist auch ein Zusammenhang zum Reallabor-Ansatz des Bundeswirtschaftsministeriums gegeben. Zudem ist es in erster Linie ein wirtschaftspolitisches Instrument, da die Förderung des örtlichen Einzelhandels im Fokus steht. Dieser ist schon seit längerer Zeit durch die größeren Einkaufszentren am Stadtrand (Bördepark und Flora-Park) und den zunehmenden E-Commerce (Online-Handel) in seiner Existenz bedroht. Die Leute kaufen lieber bei Amazon oder Zalando, anstatt den standortnahen Einzelhandel zu unterstützen. Die Kunden bleiben weg und damit stehen viele Geschäfte vor dem Aus. Die daraus resultierenden Umsatzeinbußen sind der Grund dafür.

Das Freiraumlabor ist Teil der Umsetzung des aktuellen „Maßnahmenplans Innenstadt und Stadtteilzentren“ (2019/ 2020/ 2021) und man versucht durch verschiedene Aktionen, der oben genannten Gefahr entgegenzuwirken.

Aktionen

Die Wichtigste davon ist die Belebung des Innenstadtraums im Bereich des Nordabschnitts des Breiten Weges (Freiraumlabor), der derzeit nicht als Fußgängerzone im eigentlichen Sinne genutzt wird, sondern eher als reine Durchgangsstraße. Daher ist es wichtig, den Aufenthalt in quantitativer (Leute vor Ort) und qualitativer (Dauer) Hinsicht zu verbessern. Eine gute Beleuchtung (Sonnenlicht und Straßenlaternen) sind im Testgebiet vorhanden. Ebenso eine gute Belüftung.

Aber eine Belebung der Innenstadt besteht nicht nur aus der bloßen Anzahl von Menschen, die in einem Gebiet unterwegs sind, sondern von der Tatsache, wie lange diese bleiben.

Um dies zu erreichen, sind folgende Sitzgelegenheiten aufgestellt worden:

- ENZI-Möbel (a + b),
- Wallspots (c), SCHUBEKAS (d),
- Grüne Wände mit Sitzelementen im Stil einer Gabione und
- ein Stadtstrand mit Bar und Liegestühlen.

Ohne gute Sitzmöglichkeiten ist ein Gebiet gerade für ältere Menschen wegen ihrer körperlichen Eingeschränktheit eher unattraktiv. Daher werden sie diesen Bereich voraussichtlich meiden.

Des Weiteren ist eine Open-Stage geplant, die freien Künstlern für Auftritte zur Verfügung steht.

Durch Streetart, Lampenschirm-Ketten in den Bäumen und neue Wegebeziehungen (auf den Boden gemalte Streifen, die wie Straßenschilder den Weg zu Geschäften und Sehenswürdigkeiten weisen), soll ebenfalls eine Steigerung der Aufenthaltsqualität erreicht werden. Zudem wird es Lesungen, Workshops, viele Mitmachaktionen, Kunstausstellungen und Diskussionsrunden geben.

Die zunehmende Verödung der Innenstädte ist ein europäisches Problem, weshalb sich auch das Büro der Kulturhauptstadt-Bewerbung Magdeburgs für 2025 mit einer Fotobox (e) beteiligt. Man erhofft sich durch die teilweise Integration des Freiraumlabors ins Bewerbungskonzept einen Vorteil beim Jury-Besuch im September und bei der Entscheidung im Oktober.

2.2) Wissenschaft

Wissenschaftliche Analyse Da mich das Thema „Freiraumlabor Magdeburg“ schnell fasziniert hat, habe ich mich dazu entschlossen, meine Bachelor-Arbeit darüber zu schreiben. Von Anfang an war durch das städtische Amt für Statistik geplant, eine Evaluation des Projekts Freiraumlabor durchzuführen. Dort soll mithilfe einer Bürgerbefragung herausgefunden werden, ob die Ziele – die Belebung des Innenstadtraums und Förderung der lokalen Wirtschaft – erreicht werden konnten. Zusätzlich dazu wird es eine Frequenzmessung (Wie viele Menschen bewegen sich in einem bestimmten Zeitraum durch das Gebiet?) durch einige Studierende des Master-Studienganges Wirtschaftsinformatik geben. Daher zeigt sich, dass das Interesse der Verantwortlichen der Stadt am Projekt Freiraumlabor sehr groß ist.

Auch eine Beteiligung meinerseits an der Evaluation ist vorhanden. Erstens habe ich während des Praktikums einen Entwurf des Fragebogens erstellt. Und zweitens werde ich selbst den Wirtschafts-Teil dieser Befragung durchführen: Ich habe einen speziellen Fragebogen für den örtlichen Einzelhandel und die Gastronomie erstellt und werde diese Umfrage dann auch durchführen und auswerten. Auf das Datenmaterial der allgemeinen (Bürger-) Befragung werde ich für die Erarbeitung meiner Bachelor-Arbeit Zugriff bekommen. Beide Fragebögen sind im Anhang unter (f) und (g) zu finden.

Projektbüro

Mit der Durchführung und der Planung des Freiraumlabors hat das federführende Wirtschaftsdezernat das in Magdeburg ansässige Projektbüro Meta-Architektur beauftragt.

Es untersteht damit dem Beigeordnetem, in dessen Vertretung auch der zuständige Abteilungsleiter, der Teamleiter, die Marketingbeauftragte und die zuständige Sachbearbeiterin handeln. Dem Projektbüro gleichgestellt und/ oder nachgeordnet ist die technische Leitung, in deren Zuständigkeit unter anderem die Beschaffung von Stromanschlüssen und Licht- und Tonausstattung für die Bühne fällt.

Für das Freiraumlabor ist ein Gesamt-Budget in Höhe von 150.000 Euro im Haushalt der Stadt Magdeburg und damit im Plan des Wirtschaftsdezernates festgelegt. Die Summe setzt sich wie folgt zusammen: Projektbüro (25.000 €), technische Leitung (10.000 €), Rahmenmaßnahmen (65.000 €), Freie Szene (40.000 €) und Marketing (10.000 €). Daher ist auch eine finanzielle Relevanz ersichtlich.

2.3) Aktuelle Politik und Ereignisse

Corona Die aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie machen auch vor dem Freiraumlabor nicht Halt. Schon zu Beginn war den Verantwortlichen der Stadt Magdeburg, allen voran dem Oberbürgermeister Herrn Dr. Lutz Trümper und dem Wirtschaftsbeigeordneten Herrn Rainer Nitsche, klar, dass das Freiraumlabor auf jeden Fall stattfinden soll und auch wird. Zumindest wurde zu Beginn der Pandemie festgelegt, die Planungen fortzusetzten. Aus den Schutzverordnungen der Landesregierung ging dann hervor, dass Großveranstaltungen bis auf weiteres nicht stattfinden können. Grund dafür sind die Abstands- und Hygieneregeln.

Daher wurde entschieden, das Freiraumlabor in anderer, weil „abgespeckter“, Form durchzuführen. Es sollte an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. So mussten zum Beispiel einige Aktionen, wie ein traditioneller Nachtmarkt der örtlichen Deutsch-Chinesischen Gesellschaft, bei denen die Einhaltung der Regeln eher nicht gewährleistet werden kann, aus dem Programm gestrichen werden. Dennoch kann das Freiraumlabor trotz aller Umstände stattfinden.

Pilotprojekt Trotz sinkender Infektionszahlen und langsamer Rücknahme der Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen blieben Großveranstaltungen zunächst verboten. Daher wurde innerhalb der Stadtverwaltung beschlossen, den Oberbürgermeister damit zu beauftragen, sich bei der sachsen-anhaltischen Landesregierung dafür einzusetzen, dass das Freiraumlabor auch tatsächlich – trotz aller Umstände – als eine Art Pilotprojekt für allen folgenden Großveranstaltungen stattfinden kann. Die Gründe hierfür sind folgende: Einerseits wurde, wie oben beschrieben, das Programm entsprechend der Regularien angepasst. Zweitens ist das Freiraumlabor keine (einzelne) Großveranstaltung im eigentlichen Sinne. Genau genommen handelt es sich hierbei um eine Ansammlung vieler kleinerer Aktionen und Projekte - wie die Konzerte, Lesungen und Workshops – die unter dem gemeinsamen Rahmen/ Titel „Freiraumlabor“ stattfinden. Zudem geht man davon aus, dass bei keiner dieser Aktivitäten die Grenze von maximal 1.000 Besucherinnen und Besuchern erreicht wird, obwohl der Breite Weg eine Fußgängerzone in Form einer Einkaufsstraße ist und daher an sich schon viele Menschen an den Ständen vorbeikommen werden.

3) Zusammenfassung

Es zeigt sich, dass doch ein allgemeines Interesse am Thema Freiraumlabor Magdeburg zu bestehen scheint, auch aus wissenschaftlicher Sicht, wie die Planungen einer Bürgerbefragung zur Evaluation und die Frequenzmessung zeigen. Hinzu kommt die Tatsache, dass das Freiraumlabor – wie der Name schon vermuten lässt – eine gute Möglichkeit bietet, neue Ansätze und Ideen der Stadtgestaltung, (Innen-) Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung im öffentlich sichtbaren Raum auszuprobieren.

Durch den mehrheitlich gefassten Beschluss des Stadtrates, das Freiraumlabor durchzuführen, die externe Betreuung durch ein Projektbüro und die Ausstattung mit einem hohen Budget (150.000 Euro), erkennt man die Wichtigkeit und zugleich die Identifikation der städtischen Verantwortlichen mit der Thematik „Freiraumlabor“. Es soll wegweisend für die zukünftige Entwicklung Magdeburgs als Wohn-, Lebens- und Wirtschaftsstandort sein.

Die zunehmende Verödung der Innenstädte, unter anderem durch den Online-Handel und große Einkaufszentren am Stadtrand, ist ein allgemeines Problem und nicht Magdeburg-spezifisch. Wie auch bezüglich der Anforderungen der Corona-Krise an größere Events könnte das Freiraumlabor Pionier-Arbeit leisten, um mögliche Lösungsansätze zu liefern, an denen sich andere Städte orientieren könnten.

Bestärkt wird die Wichtigkeit des Freiraumlabors und das Interesse der Stadtverwaltung daran durch den Plan, eine professionelle Bürgerbefragung und eine Frequenzmessung durch Master-Studierende der Wirtschaftsinformatik zur Evaluation durchzuführen. Diese beiden Untersuchungen sollen zeigen, ob die Ziele des Freiraumlabors erreicht wurden oder ob sie zumindest erreicht werden können.

Auch die Corona-Krise findet Berücksichtigung bei der Planung und Durchführung des Freiraumlabors. Die Anpassung des Programmplans hinsichtlich der Menge der Angebote und deren Reihenfolge und Standorte ist hierfür ein gutes Beispiel. Auch könnten die so gemachten Erfahrungen einen Hinweis darauf geben, unter welchen Voraussetzungen größere Veranstaltungen trotz der aktuell noch immer geltenden Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln stattfinden könnten.

Es wird ersichtlich, dass eine Begutachtung der Thematik „Freiraumlabor“ durchaus aus verschiedenen, oben genannten Gründen sinnvoll sein könnte. In meiner Bachelor-Arbeit will ich versuchen - durch Analyse der theoretischen Grundlagen und der Daten aus der Evaluation – eine Art Maßnahmenkatalog oder Hinweisblatt zu erstellen.

Unter Berücksichtigung dieser Leitsätze, an denen sich interessierte Kommunen orientieren können, sollten weitere Aktionen dieser Art durchführbar sein – auch unter extremen Bedingungen, wie etwa einer landesweiten Infektionswelle. Da auch die Stadt Magdeburg anschließend mit diesen Daten und/ oder Ergebnissen arbeiten möchte, ist auch eine gewisse, wissenschaftliche Sorgfalt geboten.

4) Quellenverzeichnis und Anhang

4.1) Literatur

- BRAKE, K./ HERFERT, G. (Hrsg.): Reurbanisierung; Springer Fachmedien; Wiesbaden; 2012
- BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU UND STADTENTWICKLUNG: Neue Freiräume für den urbanen Alltag – Modellprojekte im ExWoSt-Forschungsfeld „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere“; Nationale Stadt-Entwicklungs-Politik; 06/ 2009
- GEHL, J.: Leben zwischen Häusern: Konzepte für den öffentlichen Raum; jovis; 2012
- GEHL, J.: Städte für Menschen; jovis; 2015
- HILBER, M. L.; ERGEZ, A.: Stadtidentität – Der richtige Weg zum Stadtmarketing; Orell Füssli Verlag AG; Zürich; 2004
- KONKEN, M.: Stadtmarketing – Kommunikation mit Zukunft; Gmeiner Verlag; Meßkirch; 1. Auflage; 2004
- TESSIN, W.: Freiraum und Verhalten; 2., überarbeitete Auflage; VS Verlag für Verwaltungswissenschaft; Wiesbaden; 2011

4.2) Bilder und deren Quellen

(a) https://www.dasbiber.at/blog/wusstet-ihr-dass-die-mq-enzis-laengst-nicht-mehr-enzis-heissen-ein-liebesbrief (18.06.2020)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Fin de l'extrait de 6 pages

Résumé des informations

Titre
Freiraumlabore. Eine gute Idee?
Sous-titre
Das Freiraumlabor der Landeshauptstadt Magdeburg
Université
University of Applied Sciences Wernigerode  (Fachbereich Verwaltunsgwissenschaften)
Cours
10057 - Bachelor-Seminar
Note
2,3
Auteur
Année
2020
Pages
6
N° de catalogue
V961116
ISBN (ebook)
9783346309976
Langue
allemand
Annotations
Positionspapier für das Fallbeispiel Landeshauptstadt Magdeburg
Mots clés
freiraumlabore, eine, idee, freiraumlabor, landeshauptstadt, magdeburg
Citation du texte
Oliver Sieweck (Auteur), 2020, Freiraumlabore. Eine gute Idee?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/961116

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