Instagram und die Identitätsentwicklung von Jugendlichen. Eine Darstellung der Einflussfaktoren


Projektarbeit, 2020

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1. Jugend
2.2. Identitätsbildung
2.3. Soziale Medien/Netzwerke
2.4. „Influencer“-/ViralesMarketing

3. Die Plattform „Instagram“

4. „Instagram“ und Identitätsbildung
4.1. Diealltäglicheldentitätsarbeit auf „Instagram“
4.2. Beispielefür dieldentitätsarbeit auf „Instagram“

5. Abschließende Diskussion

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Kardashian, K. (2020): Beispiel für „Influencer“-Marketing, https://www.instagram.eom/p/CEo91dZFvAx/

Abbildung 2 Heiter, Μ. (2020): Beispiel für „Influencer“-Marketing, https://www.instagram.eom/p/CBV_R4oJ4CU/

Abbildung 3 „Instagram“ - Startseite (2020), https://www.instagram.com

Abbildung 4 „Instagram“ - Enge Freunde Liste (2020), Persönliches Profil der Autorin

Abbildung 5 „Instagram“ - Quick Reactions (2020), Persönliches Profil der Autorin

Abbildung 6 „Instagram“ - Beauty Filter (2020): paigepiskin, https://www.instagram.com/paigepiskin/

Abbildung 7 „Instagram“ - Hashtag-Suche (2020): #reisen, https://www.instagram.com/explore/tags/reisen/

Abbildung 8 „Instagram“ Profilseite (2020). Bibisbeautypalace, https://www.instagram.com/bibisbeautypalace/

Abbildung 9 IKW (Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V.) (2019): Jugend ungeschminkt - Insta ungeschminkt, https://www.ikw-jugendstudie.org/wp- content/uploads/2019/04/19_0402_Storyline_lnsta_DE.pdf

1 Einleitung

Vorab möchte die Autorin dieser Ausarbeitung darauf verweisen, dass sie persönlich der Ansicht ist, dass die standardisierten gesellschaftlichen Erwartungen an Heranwachsende und Erwachsende überholt sind. Gemeint ist damit, dass ein „erfolgreiches erwachsen werden“ in dieser Gesellschaft, zum Beispiel durch eine funktionierende Beziehung (heteronormativ, mit Kindern), eine Anstellung und Besitz, definiert wird. Die Autorin stellt in Frage, dass diese zwar mehrheitlich akzeptierte Annahme, zutrifft. Deshalb werden ähnlich gelagerte Formulierungen in vergleichbaren Zusammenhängen mit Anführungszeichen von der Autorin gekennzeichnet. Ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung: Das Wort „Outing“ wird in der folgenden Ausarbeitung immer in Anführungszeichen gesetzt. Die Autorin erkennt das heteronormative Gesellschaftsbild nicht an und ist daher der Überzeugung, dass gesellschaftliche Abläufe, wie die des „Outings“ gar nicht erst notwendig werden dürfen.

Als Teil einer Generation, die auch unter Namen wie „Digital Natives“ oder „Generation Internet“ bekannt ist, sieht sich die Autorin dieser Arbeit täglich mit daraus entstehenden Einflüssen auf das Leben Heranwachsender konfrontiert. Die Entwicklungsphase der Jugend wird auch als der Abschnitt des Lebens gewertet, in dem ein Individuum „erwachsen wird“ beziehungsweise „erwachsen werden soll“. Wie die zweite Formulierung bereits anklingen lässt, ist mit dem erfolgreichen Abschluss dieser gesellschaftlich normierten Lebensaufgabe ein gewisser Zwang und/oder Druck verbunden. Die Individuen einer Gesellschaft streben mit der erfolgreichen Entwicklung an „normal zu sein“ und ein Teil der Gemeinschaft zu werden (Vgl. FAZ, 2007). Dahinter verbirgt sich der Wunsch dazuzugehören. Dies lässt sich auch daraus ableiten, dass in den zahlreichen bereits existierenden Identitätstheorien immer wieder erkennbar ist, dass für Jugendliche das direkte Umfeld eine signifikante Rolle in der eigenen Identitätsbildung darstellt. Egal ob sozial, politisch oder ideologisch. Die Heranwachsenden konstruieren ihre Persönlichkeiten aus den Einflüssen ihren Umfelds (Vgl. Abel 2010, S.341f). Lange Zeit galten lediglich die Familie, Schule, Freunde und Freizeitvereine zu dem Lebensumfeld Jugendlicher. Doch nun ist eine andere Komponente auf einem rasanten Vormarsch: das Internet, die Sozialen Medien und Netzwerke. Und diese unglaublich diversen Plattformen nutzen die Jugendlichen nun eben so zur Suche nach dem „erwachsenen Selbst“ (Vgl. Boyd, 2007, S.8). Es ist nicht abwegig von der Annahme auszugehen, dass jeder Mensch eine Phase in seinem Dasein erlebt, in der er sich auf die Suche nach dem Menschen begibt, der er sein möchte, wenn er erwachsen ist. Dies zeigen auch verschiedene, anerkannte Identitätstheorien, wie beispielsweise „die Jugendphase“ in Eriksons Erläuterungen (Vgl. Erikson 1984 zitiert nach Kieper & Mieschke 2008). Natürlich gestaltet sich Nutzung des Internets, im Sinne dieses Zweckes, als eine Herausforderung. Es bieten sich eine Vielzahl an Ressourcen, die unter gegebenen Umständen sogar zu „erfolgreicheren“ Entwicklungsprozessen führen können. Doch auf der anderen Seite verstecken sich in den unendlichen Irrgängen des Internets ebenso viele Gefahren. Und diese Risiken sind im Besonderen für Jugendliche, die einen barrierefreien Zugang zum Internet haben, nicht immer eindeutig zu erkennen und zu differenzieren. Einer dieser Gefahren ist zum Beispiel das komplizierte oder sogar gestörte Verhältnis zum einen Körper, welches aus dem häufig vorkommenden Konkurrenzverhalten/-denken der Jugendlichen im Bezug auf Soziale Medien, entsteht. Die Heranwachsenden wollen das schönste Bild hochladen, die meisten „Likes“ bekommen und die höchste Kommentarzahl unter ihren Beiträgen sehen. Um dieses Ziel zu erreichen, bearbeiten viele Jugendlichen ihre Fotos. Das gefährliche an diesen „Verschönerungen“ ist, dass die Bildbearbeitung zur Selbstzensur werden kann. Die Nutzenden bearbeiten die Bilder bis zur Unkenntlichkeit. Oft ist es dann so, dass der reale Körper äußerlich so gar nicht mit dem erschaffenen digitalen Körper übereinstimmen. Sichtbar wurde dies für die Gesellschaft besonders in dem Fall der vermissten Berlinerin Rebecca Reusch. Die Polizei suchte lange Zeit mit einem bearbeiteten Foto der Jugendlichen, doch dieses Bild ließ nicht erkennen, wie das Mädchen eigentlich aussieht (Vgl. BZ, 2019). Die amerikanische Sozialforscherin Danah Boyd schrieb 2007 in ihrer Veröffentlichung „Why Youth Heart Social Network Sites - The Role of Networked Publics in Teenage Social Life“ über das Konzept der „digitalen Körper“. Sie erklärt dort, dass Jugendliche zwei Persönlichkeiten, beziehungsweise Körper, konstruieren. Den Realen und den Digitalen (Vgl. Boyd, 2007). Das Konzept „Digital Bodies“ wird im Punkt 2.2 ausführlicher erläutert. Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Sozialen Medien auch Ressourcen für Jugendliche, auf der Suche nach der eigenen Identität, bieten. Besonders für Jugendliche der LGBTQ+-Gemeinschaft kann das Internet eine große Hilfe bei der Suche und Akzeptanz der einen Persönlichkeit sein (Vgl. Tagesspiegel, 2019). Dieser Inhalt wird im Punkt 4.2 umfassender behandelt. Aus all diesen Aspekten resultiert die Frage, welche potentiellen Konsequenzen dies für das Aufwachsen von Jugendlichen, aber auch für die Pädagogik, hat. Es ist wohl unbestreitbar, dass die Sozialen Medien mittlerweile eine Sozialisationsinstanz für die Heranwachsenden ist. Jedoch ist noch sehr unklar, ob sich dieser Einfluss auf die virtuellen Identitäten beschränkt oder ob die Wirkung eventuell noch viel weiter greift. So stellt sich die Verfasserin der Ausarbeitung im Verlauf dieses Praxisprojekts die Fragen, welchen Stellenwert die Sozialen Netzwerke für Heranwachsende darstellen und wie die Jugendlich die Sozialen Medien für ihre Identitätsbildung und -arbeit nutzen? Das Ziel der Ausarbeitung ist es diese Fragen so erfolgreich wie möglich zu beantworten und damit feststellen zu können, wie die Identitätsbildung Heranwachsender, im Besonderen durch das soziale Medium „Instagram“, beeinflusst wird.

Zur Erarbeitung der Thematik wird die Autorin zunächst einige Begriffserklärungen vornehmen, die für das Verständnis des Sachverhaltes zentral sind. Um diese Termini einordnen zu können, werden sie, wenn passend, durch Statistiken und andere Visualisierungen unterstützt. Darauf folgt die Definition und Nutzungsbeschreibung der Plattform „Instagram“. Auch hierzu wird die Autorin, für ein besseres Verständnis, passende Visualisierungen einfügen. Anschließend erfolgt die Ausarbeitung des Punktes Instagram und Identitätsarbeit. Hier wird die Autorin versuchen die Zusammenhänge aufzuzeigen und zu erklären. Grundlegend soll die Identitätsentwicklung Jugendlicher in der heutigen Zeit, durch alltägliche Identitätsarbeit auf „Instagram“ und konkrete Beispiele, dargestellt werden. Zum Schluss fasst die Verfasserin der Ausarbeitung, in der abschließenden Diskussion, alle erarbeiteten Erkenntnisse zusammen und beantwortet nach Möglichkeit die anfänglich gestellten Fragen.

2 Begriffsbestimmungen

Im Folgenden werden die, für die Arbeit zentralen Begrifflichkeiten Jugend, Identitätsbildung, Soziale Medien, und „Influencer-Marketing“, erläutert. Da diese Termini bedeutend für das Verständnis der Ausarbeitung sind, werden die Bezeichnungen nicht nur definiert, sondern außerdem durch Statistiken, Bilder oder Zitate visualisiert und eingeordnet.

2.1 Jugend

Wenn die Autorin in dieser Ausarbeitung von Jugendlichen oder Heranwachsenden schreibt, ist damit die Altersgruppe von zwölf bis 16 Jahren gemeint. Außerdem ist im gesamten Kontext zu beachten, dass es deutliche Unterschiede in der Internetnutzung, je nach Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, der Herkunft oder Lebensumstände, gibt. Zum Beispiel kann der eine zwölfjährige Jugendliche möglicherweise uneingeschränkt, durch einen eigenen Computer/Laptop, auf das Internet zugreifen, während eine 14 Jährige vielleicht Zeitsperren auf ihrem Gerät eingestellt bekommen hat und deshalb nur eine gewisse Zeitspanne am Tag in Sozialen Medien verbringen kann und ein weiter 15 jähriger Heranwachsender eventuell in einer Familie ganz ohne Internetanschluss aufwächst und somit gar keinen oder zumindest einen sehr eingeschränkten Zugang zu Sozialen Netzwerken verfügbar hat. Um jedoch das Konzept Jugend zu erklären werden im Folgenden die vier zentralen Entwicklungsaufgaben nach Hurrelmann und Bauer und die Jugendphase nach Erikson erläutert. Hurrelmann und Bauer fassen diverse Theorien in „vier zentrale Entwicklungsaufgaben“ zusammen. Eben diese können sich vielfältige n Erscheinungsformen und unterschiedlicher Prägnanz in allen Lebensphasen finden, jedoch findet häufig die intensivste Bearbeitung in der Phase der Jugend statt. (Vgl. Hurrelmann/Bauer, 2015 in Hurrelmann/Quenzel 2016, S. 26f). Die erste dieser Aufgaben wird als „Qualifizieren“ bezeichnet. Hierbei geht es um die Registrierung der sozialen und intellektuellen Ressourcen. Außerdem sollte das Individuum eine bewusste Beschäftigung für sich selbst finden, die nicht nur subjektiv als erfüllend empfunden werden, sondern darüber hinaus auch Wert für die Gemeinschaft haben. Es ist vorgesehen, dass das Individuum einen sozialen und eigenverantwortlichen Umgang mit dem sozialen Umfeld entwickelt (Vgl. Hurrelmann/Quenzel 2016, S.25f). In der Entwicklungsaufgabe „Binden“ wird von dem Menschen erwartet, dass ein subjektives Selbstbild des eigenen Körpers und der eigenen Psyche erstellt wird. Damit wird der Weg für die Entwicklung einer individuellen Identität geebnet. Hierfür ist es von zentraler Bedeutung, dass die Individuen befriedigende Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und pflegen. Sowohl oberflächlich als auch in engeren Verhältnissen. Das Annehmen von physischen Veränderungen, psychischen Umschwüngen und sexuellen Interessen, im Sinne einer Geschlechteridentität, ist das Ziel (Vgl. ebd.). Die Dritte der vier Aufgaben trägt den Namen „Konsumieren“ und beschreibt die Phase in der eine Person psychische und soziale Verhaltensweisen entwickelt, die zur Beruhigung und Erholung dienen sollen. Daraus resultiert ebenfalls eine konstruktive Begegnung mit Angeboten aus Freizeit, Wirtschaft und/oder Medien. Bei erfolgreicher Bewältigung dieser Aufgabe kann der Mensch befriedigende emotionale Bindungen eingehen und Entlastungsstrategien gegen individuelle Belastungen entwickeln (Vgl. ebd.). Die letzte Entwicklungsaufgabe nennen Hurrelmann und Bauer das „Partizipieren“. Hierbei steht die Ausbildung eines subjektiv individuellen Normen- und Wertesystems im Mittelpunkt. Außerdem wird das Individuum bei erfolgreicher Bewältigung der Aufgabe die Kompetenz erlangt haben bewusst an dem sozialen Lebensumfeld teilzunehmen. Ziel ist es, die persönlichen Ressourcen in Vorgehensweise und Haltung erkennen und anwenden zu können (Vgl. ebd.). Bei der Auseinandersetzung mit all diesen vier Herausforderungen ist demnach das zentrale Ziel der Aufbau einer subjektiven Individuation. Die Person lernt mit der erfolgreichen Lösung der Aufgaben seinen/ihren persönlichen Charakter zu konstruieren, welcher aus spezifischen soziologischen, physischen und psychischen Aspekten besteht, die das Individuum bedingt. Somit ist es ihm/ihr möglich eine individuelle Persönlichkeit auszubilden, welche darüber hinaus in der Lage ist, ihre subjektive Persönlichkeitsentwicklung zu reflektieren (Vgl. ebd.). „Wer bin ich, wer bin ich nicht?“ (Erikson 1959 zit. In Abels 2010, S. 282). In dieser Ausarbeitung bezieht sich die Autorin ausschließlich auf den fünften Punkt des Stufenmodells nach Erikson, da die anderen Aspekte für diese Arbeit unbedeutend sind. Konträr zu Freud ist Erikson der Ansicht, dass die fünfte Phase signifikant für die Konstruktion einer Persönlichkeit ist. Während Freud von der Annahme ausgeht, dass das grundlegende Konzept der Identität sich bereits in der frühen Kindheit entwickelt, ist Erikson der Auffassung, dass die subjektive Individuation zwar das gesamte Leben lang stattfindet, geht aber dennoch davon aus, dass die Bedingungen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung in der Adoleszenz geschaffen werden. Ausgelöst durch die diversen Veränderungen, welche die Pubertät in Körper und Verstand mit sich bringt, suchen sich Heranwachsende oft auch neue Bezugspersonen. Daraus resultiert nicht selten eine Evaluation der eigenen Einstellungen und Ansichten, welche zu einer Umorientierung des/der Jugendlichen führen kann. In der psychischen Dimension ist diese Phase für junge Erwachsene eine Zeit der Ungewissheit und Zweifel, des Konstruierens und der Korrektur (Vgl. Abels 2010, S. 282). Der für diese Phase charakteristische Konflikt besteht zwischen der Identität und der Identitätsdiffusion. Die Adoleszenz ist der Zeitraum, in dem entschieden wird, ob es gelingt eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln, oder ob sie instabil bleiben wird (Vgl. ebd., S.283f). Alles, was der/die Jugendliche gelernt hat in sich selbst zu sehen und zu sein, hat den Drang mit den Ansprüchen und Erwartungen von Anderen zu kongruieren. So wird in dieser Phase die Wahrnehmung des Selbst mit den peripheren Identifizierungen verglichen, evaluiert und möglicherweise auch korrigiert (Vgl. ebd.). Darüber hinaus werden die Jugendlichen in dieser Phase ihres Lebens von Anderen als Personen wahrgenommen, welche die engen Strukturen ihrer Familie verlassen und ein Teil der sozialen Gesellschaft zu sein. Dies geschieht beispielsweise durch die Aufnahme von Handlungen und Rollen in dieser Gemeinschaft, durch die sich die Heranwachsenden gesehen und wertgeschätzt fühlen (Vgl. ebd.). Das Ziel der Adoleszenz­Phase benennt Erikson mit der Entwicklung des Gefühls für die innere Identität. Für dieses Resultat müssen die Individuen eine progressive Kontinuität in dem eigenen Verständnis für das Verhältnis zwischen den verschieden Versionen ihrer Selbst (das Selbst der Kindheit und das Selbst der Adoleszenz) entwickeln. Außerdem ist ebenso von Bedeutung, dass dieser Zustand auch hinsichtlich der Identifikation durch sich selbst, gegenüber der von Anderen über einen selbst, erreicht wird. Besonders in den Aspekten, die das Individuum glaub zu sein und von denen es feststellt, dass die Anderen dies in ihm erkennen können und voraussetzen (Vgl. ebd.). Erikson vertritt die Auffassung, dass die Identitätsarbeit in der Phase der Adoleszenz stattfindet. Heranwachsende haben sozusagen während einer Bewährungsfrist die Möglichkeit sich auszuprobieren, in dem sie verschiedene Rollenbilder für sich entdecken und versuchen, um ihre Position zwischen der subjektiven inneren und äußeren Sicht zu finden. Jedoch wird dies häufig kritisiert, da Erikson einen utopisch erfolgreichen Verlauf darstellt und dabei das Leid, die Einordnung und Unterwerfung, die mit diesem Prozess der Anpassung einhergehen, nicht darstellt (Vgl. Keupp 2009, S. 55). Dennoch wird in diesen beiden Konzepten deutlich, dass sich die Lebensphase der Jugend zentral um die Frage der eigenen Persönlichkeit/der Ausbildung dieser bewegt. Die Heranwachsenden entdecken neue Aktivitäten, Gleichaltrige, Vorbilderund Interessen. Sie probieren sich aus und testen Persönlichkeitstypen, um das eigene individuelle Selbst zu finden.

2.2 Identitätsbildung

Um die Vorgänge der Indentitätsbildung, welche in Unterpunkt 2.1 Jugend erwähnt werden, besser zu verstehen, erläutert die Autorin im Folgenden einige Konzepte bezüglich der Thematik der Persönlichkeitsentwicklung. Zu Beginn erfolgt die Erläuterung der „Patchwork-Identität“ nach Heiner Keupp. Diese Theorie knüpft an das Stufenmodell von Erik Erikson an. Konträr zu Erikson, welcher für die fehlende Beachtung gesellschaftlicher Konflikte kritisiert wurde, bezieht Keupp soziale Modifikationen. Eine solche gesellschaftliche Veränderung wird beispielsweise durch die fortschreitende Digitalisierung dargestellt. Das Konzept der „Fluiden Gesellschaft“ nach Keupp befasst sich mit diesen Vorgängen der Modernisierung und wird daher anschließend näher erläutert. Keupp beschreibt den Prozess der Identitätsarbeit als lebenslang und unvollendet. Außerdem betont er die beiden Begrifflichkeiten Sozialität und innere Kohärenz, von denen er feststellt, dass eine kontinuierliche Souveränität dieser beiden Vorgehensweisen nicht gewährleistet werden kann und die Individuen sich dessen bewusst sein müssen. Des Weiteren unterstreicht er die Bedeutung von sozialen Medien und Ressourcen für die Identitätsentwicklung (Vgl. Keupp et al. 2008: in Kraus 2010). Keupp geht davon aus, dass die Vorgänge der Identitätsbildung sich im Verlauf des Lebens immer wieder ändern und sich verschieden wieder zusammen setzen und dass deshalb das Modell nach Erikson nicht ausreicht, um diesen umfassenden Prozess zu beschreiben (Vgl. ebd.). Bei dem Sinnbild „Patchwork“ geht es Keupp vor allem um die gestalterische Dynamik im Grundriss und die Position des Individuums als Protagonisten. Um seine Theorie von Eriksons Identitätsbezeichnung zu separieren, unterscheidet er zwischen „klassischen“ Patchwork-Mustern, welche er als gut strukturiert bezeichnet, und den „Crazy Quilts“, welche sich, im Gegensatz zu den klassischen, durch ihren wirren und chaotischen Aufbau kennzeichnen (Vgl. ebd.). Wie bereits festgestellt spielt in der Bildung von Identitäten neben der inneren Seite auch immer die Äußere eine Rolle. Um diese äußere Dimension einzubeziehen, beschreibt Keupp das Konzept der „Fluiden Gesellschaft“ (Baumann 2000 in Keupp 2003, S. 4f). Er beschreibt eine äußere Welt, die keine Stabilität mehr für die Menschen bietet, sondern vielmehr durch stetige, große Veränderungen geprägt ist, welchen sich die Individuen notgedrungen anpassen müssen (Vgl. ebd.). Für eine solche Anpassung ist die Flexibilität besonders bedeutsam. Nicht nur im Bezug auf das geographische, sondern viel mehr hinsichtlich psychischer, sozialer, biographischer und beruflicher Themen (Vgl. ebd.). Denn auch durch die sich minimierende Standardisierung von dem Konstrukt „Familie“ und dessen Diversifikation wird von den Menschen ein großes Maß an Relationsarbeit gefordert. Ebenso trägt das exponentiell steigende Ungleichgewicht, im Bezug auf Besitz/Kapital, dazu bei, dass neue Lebensentwürfe entstehen und das Individuum eigenständig fundierte Wertesysteme entwickeln muss (Vgl. ebd.). Dies wirft die Frage auf, welche Möglichkeiten den Menschen nun bleiben, um erfolgreich eine Identität zu entwickeln und welche Ressourcen ihnen dabei zur Verfügung stehen. „Die Konstruktion von Identität, das Streben nach Lebenskohärenz, ist zur lebenslangen Aufgabe geworden, an der das Subjekt alltäglich arbeitet.“ (Keupp u.a. zit. In Würfel/Keilhauer, 2009, S. 101). Wie gerade festgestellt, wird der Mensch mit einer breiten Auswahl an Lebenskonzepten konfrontiert und hat die Freiheit sich für ein subjektiv passendes Konstrukt zu entscheiden. Diese Selbstverwaltung birgt jedoch besonders dann Risiken, wenn das betreffende Individuum nicht die benötigten Ressourcen hat, um eine begründete Wahl treffen zu können (Vgl. Beck 1986 in Würfel/Keilhauer, 2009, S. 101). Nach der Auffassung von Keupp ist eine erfolgreiche Identitätsarbeit dann erreicht, wenn die Person das Vermögen dazu entwickelt, sich selbst zu organisieren, die Wünsche und Anforderungen für ein erfülltes Leben mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen zu verbinden, als auch die eigenständige Erschaffung eines subjektiven Sinn des Lebens (Vgl. Keupp, 2009, S. 65).

2.3 Soziale Medien/Netzwerke

„1. Begriff: Soziale Medien dienen der - häufig profilbasierten - Vernetzung von Benutzern und deren Kommunikation und Kooperation über das Internet. Das Attribut kann im Sinne der menschlichen Gemeinschaft oder eines selbstlosen und gerechten Umgangs verstanden werden. Für manche Betreiber ist das Soziale nur Mittel zum Zweck (der Datennutzung), und Cybermobbing und -stalking sind gerade in sozialen Netzwerken verbreitet („Antisocial Media“). Unter Betonung des Technischen spricht man auch von Social Software. Das Web 2.0, das Mitmachweb, ist wesentlich durch soziale Medien geprägt“ (Prof. Dr. O. Bendel zit. In Gabler Wissenschaftslexikon 2020)

„3. Plattformen: Social Networks, Webblogs, Microblogs, Wikis und Foto-und Videoplattformen werden als typische Vertreter der sozialen Medien angesehen. Aber auch Chats und Diskussionsforen, virtuelle Kontakt- und Tauschbörsen und bestimmte Apps zur Kommunikation und Bewertung kann man bei einem weiteren Begriff dazuzählen. Ferner können Medien wie Mashups und Podcasts in diesem Sinne genutzt werden. Soziale Medien haben eine große Bedeutung für E-Learning, Blended Learning und Wissensmanagement. So werden zur E­Collaboration, zum Brainstorming oder im Sinne von Lerntagebüchern genutzt und dienen allgemein dem informellen Lernen. Häufig sind sie in Lernplattformen und Knowledge- Management-Lösungen integriert. Auf Sharing-Economy-Plattformen spielen Funktionen sozialer Medien eine Rolle“ (Prof. Dr. O. Bendel zit. In Gabler Wirtschaftslexikon 2020)

Wie diese Auszüge der ausführlichen Definition nach Professor Doktor Oliver Bendel bereits erkennen lassen, sind die Aspekte der Sozialen Medien und Netzwerke äußerst vielfältig. Ihre Nutzung rangiert vom Wirtschaftlichen bis zum äußerst Persönlichen. In dieser Ausarbeitung wird sich das Hauptaugenmerk auf die private, individuelle Nutzung von Heranwachsenden beziehen. In diesem Zusammenhang ist auch die Erläuterung des Begriffes „Digital Natives“ notwendig. Unter dieser Bezeichnung werden Personen verstanden, welche in einem Umfeld aufgewachsen sind, welches durch digitale Medien geprägt ist. Fälschlicherweise wird dieser Terminus häufig als ein Synonym für „Millennials“ verwendet. Jedoch zählen neben den „Millennials“ auch Mitglieder der neusten Generation - Generation Z - zu den „Digital Natives“ (Vgl. Meyer 2016). Die Bezeichnung hat ihren Ursprung bei dem Bildungsberater Marc Prensky, welcher 2001 darlegte, dass Angehörige dieser Gruppe signifikante Lernvoraussetzungen haben und außerdem entscheidend verändert nachdenken und Inhalte verarbeiten (Vgl. ebd.). Des Weiteres begrenzt sich die Autorin im Verlauf der Ausarbeitung bezüglich der Nutzung von Sozialen Netzwerken durch Jugendliche auf die Plattform „Instagram“, welche daher in einem späteren Gliederungspunkt ausführlicher betrachtet wird. Außerdem ist es wichtig zu erwähnen, dass Partizipation Heranwachsender im Internet sowohl extreme Gefahren birgt, als auch vielfältige Ressourcen für verschiedene Lebensbereiche der Nutzenden. Auf diese diversen Risiken und Kapitale wird im weiteren Ablauf der Arbeit immer wieder Bezug genommen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Instagram und die Identitätsentwicklung von Jugendlichen. Eine Darstellung der Einflussfaktoren
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
21
Katalognummer
V961777
ISBN (eBook)
9783346313874
ISBN (Buch)
9783346313881
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jugend, Soziale Medien, Identität, Identitätsentwicklung, Instagram
Arbeit zitieren
Tabea Seefeldt (Autor:in), 2020, Instagram und die Identitätsentwicklung von Jugendlichen. Eine Darstellung der Einflussfaktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/961777

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