In der folgenden Arbeit soll es darum gehen, wie das kontext- und kontrastoptimierte Konzept bei einer Förderung von spracherwerbsgestörten Kindern mit grammatischen Störungen angewendet werden kann. Die Förderung soll in der Erstsprache der Kinder und in der Zweitsprache Deutsch stattfinden. Da die Verfasserin dieser Arbeit Russisch als Erstsprache spricht, bietet sich dies an, um die Förderung mit russischsprachigen Kindern durchzuführen. Des Weiteren haben im Schuljahr 2006/2007 insgesamt 23690 Schüler*innen aus der Russischen Föderation deutsche Schulen besucht, was die Relevanz einer Förderung mit der Erstsprache Russisch noch zusätzlich untermauert. Der Gegenstand der grammatischen Förderung wird der Kasus sein, da dies als eine der wichtigsten und auch komplexesten Regeln der deutschen Sprache gilt. Hiermit haben Kinder mit grammatischen Störungen und besonders mehrsprachige Kinder häufig Schwierigkeiten.
Die Förderung soll als eine Interventionsstudie durchgeführt werden und die Effektivität der Kontrastoptimierung aufzeigen. Da die Effektivität der Kontrastoptimierung bisher noch nicht durch Studien nachgewiesen werden konnte, kann diese Arbeit als ein erster Stützpunkt dienen, um die Effektivität aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Mehrsprachiges Aufwachsen in Deutschland
2.1.1 Mehrsprachigkeit- Begriffsklärung
2.1.2 Theorien des Zweitspracherwerbs
2.1.3 Mehrsprachiges Sprachverhalten
2.1.4 Ungestörter Grammatikerwerb bei Mehrsprachigkeit
2.2 Russisch als Erstsprache
2.2.1 Russisch- Überblick und Grundbegriffe
2.2.2 Morphologie des Russischen
2.2.3 Syntax des Russischen
2.3 Grammatische Störungen im Deutschen
2.3.1 Entwicklungstypischer Grammatikerwerb
2.3.2 Erwerb des Kasus
2.3.3 Störungsbild grammatischer Störungen
2.3.4 Bedingungsgefüge grammatischer Störungen
2.3.5 Grammatische Störungen bei mehrsprachigen Kindern
2.3.6 Diagnostik grammatischer Störungen
2.3.7 Therapiemethoden grammatischer Störungen
2.4 Kontextoptimierung
2.4.1 Prinzipien der Kontextoptimierung
2.4.2 Förderschwerpunkt 4: Kasusmarkierung
2.4.3 Evaluation und Effektivität der Kontextoptimierung
2.5 Kontrastoptimierung
2.5.1 Prinzipien der Kontrastoptimierung
2.5.2 Effektivität der Kontrastoptimierung
2.5.3 Kontrastoptimierung des Kasus mit Russisch als Erstsprache
3. Methodik
3.1 Methodisches Vorgehen
3.1.1 Das geplante Untersuchungsdesign und zentrale Hypothesen
3.1.2 Probanden der Experimentalgruppe
3.2 Erhebungsmethoden
3.2.1 Zeitpunkte der Erhebung und Erhebungssituation
3.2.2 ESGRAF-R
3.2.3 ESGRAF-MK
4. Ergebnisse kontext- und kontrastoptimierter Förderung
4.1 Ergebnisse der Pretests
4.1.1 Ergebnisse des ESGRAF-R
4.1.2 Ergebnisse des ESGRAF-MK
4.2 Geplanter Verlauf der Intervention
4.2.1 Darstellung des Vorgehens
4.2.2 Förderung der Artikelauslassung und der Akkusativmarkierung
4.2.3 Förderung der Dativmarkierung
4.2.4 Kontrastierung zwischen der Akkusativ- und Dativmarkierung
5. Diskussion der Ergebnisse
5.1 Wirksamkeit kontrast- und kontextoptimierter Förderung
5.2 Grenzen und Herausforderungen kontrastoptimierter Förderung
6. Zusammenfassung und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
9. Anhangsverzeichnis
1. Einleitung
„Die Akzeptanz, das Interesse und die Anerkennung einer kulturellen Gemeinschaft gegenüber einer anderen hat einen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung der Kinder.“ (Schmidt, 2018b, S. 24)
Dieses Zitat zeigt deutlich auf, wie wichtig es ist, dass die Muttersprache beziehungsweise die Erstsprache der Kinder anerkannt wird. Die Erstsprachen gehören zur Identität der Kinder dazu und tragen einen wichtigen Beitrag zu ihrer allgemeinen Entwicklung bei (Miksch & Nguyen-thi, 2004). Umso verwunderlicher erscheint es, dass es in den Schulen teilweise noch immer keinen Raum für die Erstsprachen der Schüler*innen gibt. Auch existieren noch sehr wenige ausgearbeitete und evaluierte Therapiekonzepte für mehrsprachige Schüler*innen mit Spracherwerbsstörungen. Das Therapiekonzept von Schmidt (2014) - Kontrastoptimierung- greift als einziges bekanntes Konzept die Bedeutung der Erstsprachen auf und nutzt dieses, um Spracherwerbsstörungen zu therapieren. Dieses orientiert sich an der Kontextoptimierung von Motsch (2017) und greift die kontextoptimierten Prinzipien in der Kontrastoptimierung auf.
In der folgenden Arbeit soll es darum gehen, wie dieses kontext- und kontrastoptimierte Konzept bei einer Förderung von spracherwerbsgestörten Kindern mit grammatischen Störungen angewendet werden kann. Die Förderung soll in der Erstsprache der Kinder und in der Zweitsprache Deutsch stattfinden. Da die Verfasserin dieser Arbeit Russisch als Erstsprache spricht, bietet sich dies an, um die Förderung mit russischsprachigen Kindern durchzuführen. Des Weiteren haben im Schuljahr 2006/2007 insgesamt 23690 Schüler*innen aus der Russischen Föderation deutsche Schulen besucht (Siegert, 2008), was die Relevanz einer Förderung mit der Erstsprache Russisch noch zusätzlich untermauert. Der Gegenstand der grammatischen Förderung wird der Kasus sein, da dies als eine der wichtigsten und auch komplexesten Regeln der deutschen Sprache gilt. Hiermit haben Kinder mit grammatischen Störungen und besonders mehrsprachige Kinder häufig Schwierigkeiten.
Die Förderung soll als eine Interventionsstudie durchgeführt werden und die Effektivität der Kontrastoptimierung aufzeigen. Da die Effektivität der Kontrastoptimierung bisher noch nicht durch Studien nachgewiesen werden konnte, kann diese Arbeit als ein erster Stützpunkt dienen, um die Effektivität aufzuzeigen. Zunächst einmal wird der theoretische Rahmen vorgestellt werden. Hierbei soll es um Mehrsprachigkeit gehen, wobei zentrale Begrifflichkeiten geklärt werden und auch der ungestörte Grammatikerwerb mehrsprachiger Kinder vorgestellt wird. Auch wird die russische Sprache thematisiert, wobei es unter anderem um den Kasus im Russischen gehen wird und um Interferenzen zwischen der russischen und deutschen Sprache. Das nächste Kapitel soll grammatische Störungen näher beleuchten, wobei neben der Definition und dem Bedingungsgefüge auch diagnostische sowie therapeutische Methoden aufgezeigt werden. Es soll auch der entwicklungstypische und der gestörte Grammatikverlauf aufgezeigt werden. Kontext- sowie Kontrastoptimierung werden als eigenständige Kapitel ausführlicher behandelt, wobei die Interventionsstudie von Motsch und Riehemann (2008) vorgestellt wird, die als Basis für die Hypothesen dieser Arbeit genutzt wird. Die Werke von Motsch (2017) sowie von Schmidt (2014) zur Kontextoptimierung und zur Kontrastoptimierung sind stets die Grundlage für die gesamte Arbeit sowie für die Planung der Förderung.
Im methodischen Teil wird die Planung mit den Hypothesen und die Durchführung der Arbeit vorgestellt werden. Hierfür wurden die diagnostischen Verfahren ESGRAF-MK (2011) und ESGRAF-R (2013) von Motsch eingesetzt. Die geplante Durchführung der Förderung wird in Form von Skizzen aufgezeigt werden, die im Anhang zu finden sind. Anschließend sollen die Ergebnisse der Arbeit diskutiert werden. Hierbei soll die Effektivität kontext- und kontrastoptimierter Förderung im Vordergrund stehen. Auch soll geklärt werden, welche Herausforderungen die Verwendung einer Erstsprache, die eventuell durch die Lehrkraft gar nicht beherrscht wird, in der Förderung mit sich bringen kann. Anschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick für die Weiterentwicklung der Kontext- und Kontrastoptimierung aufgezeigt.
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Mehrsprachiges Aufwachsen in Deutschland
2.1.1 Mehrsprachigkeit- Begriffsklärung
Grundsätzlich werden nach Jung & Günther (2016) Menschen dann als mehrsprachig bezeichnet, wenn sie in ihrem Alltag zwei oder mehr Sprachen „als Mittel der sprachlichen Kommunikation“ (S. 59) verwenden. Mehrsprachigkeit gehört in vielen Staaten der Welt zur Normalität, wie beispielsweise in der Schweiz, wo grundsätzlich mehrere Amtssprachen existieren. Nach Grosjean (1996) ist dabei die kommunikative Kompetenz besonders entscheidend: ob die Person die jeweilige Sprache verwendet, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Auch passen mehrsprachige Personen die verwendeten Sprachen je nach Gesprächspartner*in an. Insofern ist Mehrsprachigkeit für die jeweiligen Lebenswelten der Kinder bedeutsam, denn sie benötigen alle diese Sprachen, um ihren Alltag meistern zu können (Wagner, 2009). Gogolin (1988) spricht an dieser Stelle auch von „lebensweltliche[r] Zweisprachigkeit“ (S. 19), da dies einen integrativen Bestandteil der Lebenswelt darstellt.
Nach Tracy (2007) ist Mehrsprachigkeit ein natürlicher Zustand, denn auch Menschen, die angeblich nur eine Sprache verwenden, nutzen verschiedene „regionale und soziale Varietäten“ (S. 49) der Erstsprache. So ist es für sie schwierig, monolinguale Personen von mehrsprachigen zu unterscheiden. Sie verweist darauf, dass der Wortschatz von Kindern zu einem bestimmten Thema in einer Sprache viel ausgeprägter sein kann als in der anderen. Schließlich werden Sprachen in unterschiedlichen Situationen und mit unterschiedlichen Gesprächspartner*innen genutzt. Es existieren verschiedene Gründe dafür, warum ein Kind mehrsprachig aufwächst. Teilweise haben diese Kinder Konflikte und Traumata erlebt und leben in zwei oder mehr Kulturen, die grundsätzlich gegensätzlich zueinander sind (Miksch & Nguyen-thi, 2004). Oft erweist es sich als Wunsch der Eltern, ihre jeweilige Sprache den Kindern näherzubringen, um kulturelle Werte zu erhalten und die Kommunikation zur Familie im Ausland aufrechtzuerhalten. Eltern entscheiden sich dafür, wie und wann sie ihre jeweilige(n) Sprache(n) verwenden, in welchen Situationen sie welche Sprache(n) mit ihren Kindern und untereinander sprechen. Teilweise sprechen die Großeltern nochmal eine andere Sprache als die Eltern miteinander und mit ihren Kindern. Es wird deutlich, dass Mehrsprachigkeit etwas Komplexes ist und sich nicht einfach in Erst- und Zweitsprache unterteilen lässt (Tracy, 2007).
Im Allgemeinen meint Erstsprache nach Khan (2018) diejenige Sprache, welche zuerst erworben wurde und zuerst eine wesentliche Rolle im Leben des Kindes spielt. Stattdessen wird oftmals das Synonym der Muttersprache verwendet, was jedoch sprachwissenschaftlich unter Kritik steht. Wird sich bei dem Begriff der Muttersprache auf die Sprache bezogen, „welche als erste erlernt wird, auf die Sprache, welche am besten beherrscht wird, diejenige, welche am häufigsten gebraucht wird oder mit welcher man sich identifiziert“ (S. 48). Da dies schwierig voneinander abzugrenzen ist, erscheint es in diesem Kontext sinnvoller, von dem Begriff der Erstsprache zu sprechen. Als Zweitsprache wird diejenige bezeichnet, die später erworben wird als die Erstsprache (Khan, 2018). Sie wird größtenteils ungesteuert und außerschulisch erworben, wozu im Gegensatz die Fremdsprache steht. Diese wird hauptsächlich im schulischen oder unterrichtlichen Kontext vermittelt, wobei der Lernende sie ansonsten nicht anwenden muss. Hinter dem Erwerb der Zweitsprache steht oftmals ein gesellschaftlicher Zwang, da das Beherrschen dieser vorausgesetzt wird, um in der jeweiligen Umwelt zu überleben (Miksch & Nguyen-thi, 2004). Bei den Begriffen der Erst- und Zweitsprache soll es vor allem um die Reihenfolge im Erwerb gehen und nicht um eine Wertung, wie gut die jeweilige Sprache durch das Kind beherrscht wird (Jeuk, 2018).
Die Erstsprache(n) der Kinder gehören zu ihrer primären Sozialisation nach Miksch & Nguyen-thi (2004) und sind für ihre Entwicklung im Allgemeinen sowie für die Entwicklung ihrer Identität als relevant zu verstehen. Es ist sehr wichtig, dass die Sprachen aus der Lebenswelt der Kinder nicht als Gegensätze vermittelt werden, sondern dass sie nebeneinander existieren können. Die „Integration der Gegensätze“ (S. 293) in die Lebenswelt sollte ein Ziel der Förderung von mehrsprachigen Kindern sein. Die Erstsprache des Kindes wird als Fundament betrachtet, welches dazu dient, weitere Sprachen zu erwerben beziehungsweise zu erlernen (Jung & Günther, 2016).
Es wird zwischen simultanem und sukzessivem Erwerb mehrerer Sprachen unterschieden. Simultaner Erwerb bedeutet, dass zwei oder mehr Sprachen ab der Geburt an, also gleichzeitig, erworben werden. Hierbei besteht ein ausbalancierter Input in allen Sprachen. Sukzessiver Erwerb bedeutet, dass der Zweitspracherwerb nach dem Erstspracherwerb beginnt. Oft ist auch vom frühen sukzessiven Erwerb die Rede, also dem Erwerb der Zweitsprache bis ca. 6 Jahren. Durch diese zwei Unterscheidungen, dem sukzessiven und dem simultanen Erwerb, kann aber keine Aussage über die jeweilige Sprachkompetenz gemacht werden (Kannengieser, 2012).
Nach Jeuk (2018) können Kinder ohne Probleme mehrere Sprachen erwerben, insofern dafür Bedingungen existieren. Es ist wichtig zu wissen, dass mehrsprachige Kinder bei ihrer Einschulung oftmals mehr Kompetenzen aufweisen als ihre gleichaltrigen Mitschüler*innen, die nur einsprachig aufgewachsen sind. Das Problem besteht darin, dass der Unterricht meistens nur „für einsprachige Kinder konzipiert“ (S. 13) ist, sodass mehrsprachige Kinder dadurch Schwierigkeiten haben, am Unterrichtsgeschehen teilzuhaben. Dieser auf monolinguale Kinder ausgelegte Unterricht entspricht längst nicht mehr der sprachlichen Situation, wie wir sie in Deutschland vorfinden.
Allgemein muss die Erstsprache lebenslang weiterentwickelt werden, damit Mehrsprachigkeit bestehen bleiben kann und sich die Erstsprache(n) gewinnbringend auf den Erwerb weiterer Sprachen auswirken können (Kannengieser, 2012). In einem nächsten Schritt sollen Theorien vorgestellt werden, welche versuchen, den Erwerb mehrerer Sprachen zu erklären.
2.1.2 Theorien des Zweitspracherwerbs
Grundsätzlich kann keine der im Folgenden genannten Theorien den Zweitspracherwerb umfassend und mit all seinen Facetten erklären. Die Hypothesen, auf denen die Zweitspracherwerbstheorien beruhen, unterscheiden sich deutlich voneinander. Den Zweitspracherwerbstheorien liegen allgemeine Spracherwerbstheorien zugrunde. So basiert die Kontrastivhypothese, als älteste Theorie, auf der Lerntheorie. Die Identitätshypothese basiert wiederum auf der Reifungstheorie. An die kognitive Theorie angelehnt, entstanden die Interlanguage- Hypothese sowie die Interdependenzhypothese. Des Weiteren gibt es noch die Annahme, dass Erst- und Zweitspracherwerb sich voneinander getrennt entwickeln, dem die interaktionistische Theorie zugrunde liegt. (Jeuk, 2018).
Die Kontrastivhypothese von Fries (1945) und Lado (1957) besagt, dass der Zweitspracherwerb auf der Basis des Erstspracherwerbs erworben wird. Insofern fällt der Erwerb der Zweitsprache leichter, wenn sich die sprachlichen Strukturen der beiden Sprachen ähneln. Wenn dies nicht der Fall ist, müsste der Erwerb Schwierigkeiten bereiten (Kannengieser, 2012). In der Tat lassen sich nach Jeuk (2018) „immer wieder Fehlbildungen beobachten, die auf Strukturen der Erstsprache zurückzuführen sind“ (S. 31). Allerdings zeigen Forschungsergebnisse, dass auch Sprachen mit großen Unterschieden ohne Probleme gelernt werden können, was die Kontrastivhypothese als Zweitspracherwerbstheorie somit wiederlegt (Jeuk, 2018). Jedoch kann sich nach Wode (1992) der kontrastiven Analyse als linguistische Methode bedient werden, um zu prüfen, ob sprachliches Verhalten aufgrund eines Transfers aus der Erstsprache entstanden ist. Dies kann hilfreich sein, um das Sprachverhalten und die sprachlichen Fehler von mehrsprachigen Kindern besser zu verstehen und eine passgenaue Förderung für sie planen zu können.
Die Identitätshypothese, von Dulay und Burt (1974), geht von der Annahme aus, dass alle Sprachen auf der Basis der angeborenen Fähigkeiten des Menschen gelernt werden. Somit ist es für den Zweitspracherwerb unerheblich, wie gut die Erstsprache beherrscht wird, denn der Erwerb erfolgt unabhängig davon. Sprachliche Fehler im Zweitspracherwerb werden als notwendige und produktive Zwischenschritte angesehen, die den Erwerb unterstützen und zwangsläufig durchlaufen werden. Diese Fehler sind nach der Theorie also kein Ergebnis des Transfers aus der Erstsprache (Jeuk, 2018).
Nach den Annahmen der Interlanguage-Hypothese, von Selinker (1972), werden beim Erwerb der Zweitsprache eigene Übergangssprachen entwickelt, die auf Merkmalen von beiden Sprachen basieren, aber auch auf Merkmalen, welche aus keinen der beiden Sprachen stammen (Kannengieser, 2012). Das Sprachsystem wird dabei in verschiedenen Stufen entwickelt: Übertragung aus der Erstsprache, Übungstransfer, Strategien des Sprachenlernens, Kommunikationsstrategien sowie Übergeneralisierung. Die Entwicklung erfolgt in Zwischenschritten, die als Interlanguages (Lernersprachen) bezeichnet werden. Wenn der Lernende auf einer Entwicklungsstufe verharrt, spricht man von Fossilierung der Sprache. Auch diese Theorie geht davon aus, dass Fehler ein notwendiger Teil des Erwerbs sind (Jeuk, 2018).
Die Interdependenzhypothese von Cummins (1984) stellt die Kompetenzen, über welche der Lernende in der Erstsprache verfügt, in den Vordergrund. Somit zeichnet sich ein erfolgreicher Zweitspracherwerb dadurch aus, dass der Lernende über genügend Kenntnisse und Kompetenzen in seiner Erstsprache verfügt. Wenn Lerner*innen jedoch über eine weniger gut entwickelte Erstsprache verfügen, werden sie demnach auch Schwierigkeiten beim Zweitspracherwerb haben (Jeuk, 2018). Somit postulieren sowohl die Kontrastiv- als auch die Interdependenzhypothese, dass eine Förderung des Erstspracherwerbs notwendig ist, damit die Zweitsprache darauf aufbauen kann. Nach Kannengieser (2012) sollen die Erstsprachen der Kinder aber nicht deshalb gefördert werden, sondern um diesen eine notwendige Wertschätzung entgegenzubringen. Neue Forschungen zeigen nämlich, dass alle Kinder, unabhängig von ihren Sprachen, „über die neurologische Kapazität für einen Mehrsprachenerwerb“ (S. 413) verfügen. Dennoch ist es wichtig, sich diese vorgestellten Theorien vor Augen zu führen, wenn mit mehrsprachigen Kindern gearbeitet wird. All diese Theorien gehen nämlich davon aus, dass entweder die Kompetenzen aus der Erstsprache oder die allgemeinen sprachlichen Kompetenzen relevant sind, um die Zweitsprache erfolgreich erwerben zu können. Somit ist es als Lehrkraft unabdingbar, den Erstsprachen der Kinder eine notwendige Wertschätzung entgegenzubringen. In einem nächsten Schritt soll mehrsprachiges Sprachverhalten näher beleuchtet werden.
2.1.3 Mehrsprachiges Sprachverhalten
Mehrsprachigkeit bietet mehrere Möglichkeiten, einen Sachverhalt auszudrücken. In der Regel können die Sprecher*innen ihre Sprachwahl kontrollieren. Sie können folglich unterscheiden, ob ihr Gegenüber ebenfalls dieselben Sprachen beherrscht oder nur eine dieser. Wie auch alle Sprachen dieser Welt sich mit der Zeit verändern, beeinflusst auch Mehrsprachigkeit die jeweiligen Sprachen. Nach einem langen Kontakt werden sowohl die Erstsprachen als auch die Zweitsprachen beeinflusst (Tracy, 2007). Dies führt dazu, dass sogenannte Interlanguageeffekte, sprachliche Kontaktphänomene, in den jeweiligen Sprachen entstehen. An sich ist das nicht als negativ, sondern als ein normaler sprachlicher Prozess anzusehen. Allerdings können diese Kontaktphänomene in Bildungseinrichtungen negative Bewertungen zur Folge haben, weshalb sie nicht unbeachtet bleiben dürfen (Schmidt, 2014).
Zu solchen Kontaktphänomenen zählen einerseits Interferenzen. Diese können nur dann bestehen, wenn auch mindestens zwei verschiedene Sprachsysteme bestehen (Wode, 1993). Eine gängige Definition ist die von Weinreich (1953):
„Those instances of deviation from the norms of either langauge which occur in the speech of bilinguals as a result of their familiarity with more than one langauge, i.e. as a result of language contact“ (S. 1).
Interferenzen sind somit Überlagerungen der Elemente von einer Sprache in die andere, welche meistens dann auftreten, wenn die sprachlichen Muster für die Sprechenden sehr komplex sind. Je stärker das jeweilige Sprachsystem ist, desto eher werden Elemente aus diesem in das andere übertragen. Diese können auf phonologischer, lexikalischer oder morphologisch-syntaktischer Ebene bestehen. Manche Interferenzen bleiben für immer bestehen, andere verschwinden von selbst. Für die Fragestellung dieser Arbeit sind besonders morphologische sowie syntaktische Interferenzen von Bedeutung. Hierbei entstehen meistens dann Interferenzen, wenn jene Strukturen, die als einfacher erscheinen, aus dem starken Sprachsystem ins schwache übertragen werden. Dadurch wird der Gebrauch sowie die Auslassung von Funktionswörtern wie beispielsweise Artikeln beeinflusst und auch die Stellung der Wörter im Satz. Auf Interferenzen kann mithilfe (korrektiven) Feedbacks eingegangen werden (Triarchi- Herrmann, 2011).
Ein weiteres Phänomen ist das sogenannte Code- Switching. Dies meint das Wechseln, jedoch nicht die Mischung, von einer Sprache in die andere. CodeSwitching kann sich auf ein Wort, eine Phrase oder auch auf mehrere Sätze beziehen. Die Prosodie und Redegeschwindigkeit werden dann meistens ebenfalls an die momentan verwendete Sprache angepasst. In der Regel wird diese Kommunikationsstrategie unbewusst eingesetzt, was nach Triarchi- Herrmann (2011) eine „hohe kommunikative Leistung“ darstellt (S. 43). Oftmals sind Wortschatzlücken der Grund, warum in die andere Sprache gewechselt wird. Manche Sachverhalte können in einer bestimmten Sprache einfach besser ausgedrückt werden, weshalb gewechselt wird (Triarchi- Herrmann, 2011). Das Borrowing wird als eine Form des Code- Switching angesehen, wobei einzelne Lexeme aus der einen Sprache in die andere übertragen werden. Häufig handelt es sich um Dinge, die es in der Erstsprache so nicht gibt oder die in dieser nicht näher bezeichnet werden können. Auch im Alltag werden wir mit Borrowing aus dem Englischen oder Französischen konfrontiert. Dies fällt jedoch nicht mehr auf, da es zur sprachlichen Gewohnheit geworden ist (Chilla et al., 2013).
Das Code- Mixing wiederum meint die Sprachmischung, bei welcher ganze Elemente aus der einen Sprache in die momentan verwendete Sprache einfließen. Dies können Wörter oder auch Satzteile sein. Ob eine Sprachmischung entsteht, hängt zumeist vom Thema, Situation und Gesprächspartner*in ab. Zu Beginn des Zweitspracherwerbs wird dies als entwicklungsnormal angesehen (Triarchi- Herrmann, 2011). Nach Chilla et al. (2013) entstehen Sprachmischungen nicht nur durch linguistische Faktoren, sondern auch durch soziale und psychologische Faktoren, wie Gruppenzugehörigkeit Klasse, soziale Schicht.
Für eine gesunde Entwicklung des Kindes wäre nach Wagner (2009) eine Balance zwischen dem Interesse an der Zweitsprache sowie der Kommunikation mit der darin lebenden Sprachgemeinschaft und der Wertschätzung der Erstsprache wünschenswert. Wenn mehrsprachige Kinder ihre Sprache als nicht wertgeschätzt empfinden und merken, dass „die Anwendung im sozialen Kontext nicht erfolgen kann“ (S. 156), kann dies negative Folgen auf ihre Identitätsbildung haben. Die sprachlichen Kontaktphänomene stellen von den Kindern bewusst und unbewusst eingesetzte Strategien dar, um sprachliche Kommunikationssituationen bewältigen zu können (Kracht, 2000). Somit sind Interferenzen, Code- Switching und Code- Mixing wichtige Strategien im Alltag des mehrsprachigen Kindes, die eine wertschätzende Einstellung seitens der Umgebung benötigen. Im Folgenden wird es um den Grammatikerwerb eines mehrsprachigen Kindes gehen.
2.1.4 Ungestörter Grammatikerwerb bei Mehrsprachigkeit
Die Forschung des Zweitspracherwerbs wurde bei Kindern lange Zeit vernachlässigt. Mittlerweile besagt der Forschungsstand, dass sich der Zweitspracherwerb im Allgemeinen bei Kindern sowohl von jenem bei Erwachsenen als auch vom Erstspracherwerb in gewisser Weise unterscheidet. Allerdings verhalten sich mehrsprachige Kinder eher wie einsprachige Kinder als wie zweisprachige Erwachsene. Die interindividuellen Unterschiede bei mehrsprachigen Kindern sind hinsichtlich der Geschwindigkeit des Grammatikerwerbs sehr groß. Die Variation kann bis zu einem Jahr betragen, wie auch beim monolingualen Grammatikerwerb (Chilla et al., 2013).
Insgesamt verläuft die Abfolge der morphologisch-syntaktischen Entwicklung nach Jeuk (2018) ähnlich zu derjenigen von monolingualen Kindern. Der Grammatikerwerb variiert abhängig von „Intensität, Dauer und Qualität des Sprachkontaktes“ (S. 63). Auch Schmidt (2014) macht deutlich, dass der morphologisch-syntaktische Erwerb von dem Zeitpunkt des Erstkontaktes mit der Zweitsprache, dem sprachlichen Input, der Notwendigkeit, die Sprache zu verwenden und der zugrundeliegenden Motivation abhängt. Insgesamt sollten Kinder bei einem ungestörten Erwerb nach etwa 10 Monaten des Kontakts mit der Zweitsprache Deutsch Fähigkeiten entwickeln, die es ihnen ermöglichen, erfolgreich zu kommunizieren. Die Subjekt- Verb- Kongruenz sowie die Verbzweitstellung im Hauptsatz sollten nach 18 Monaten bis max. 2 Jahren des Kontakts erworben sein (Schmidt, 2014). Jeuk (2018) führt auf, dass solche Phasenmodelle des ungestörten Grammatikerwerbs vorsichtig interpretiert werden müssen, da es besonders bei mehrsprachigen Kindern sehr individuelle Verläufe gibt, jedoch „können solche Modelle eine wichtige Orientierung bieten“ (S. 63).
Kannengieser (2012) betont, dass auch beim ungestörten Grammatikerwerb sowohl das Genussystem als auch spezifisch der Dativ den mehrsprachigen Kindern eventuell Schwierigkeiten bereitet, wodurch der Erwerb des Kasussystems allgemein länger dauern kann. Beim Erwerb der Flexion in der Nominalphrase beschreiben Ehlich et al. (2008) folgende Reihenfolge: zunächst werden Artikel durch das mehrsprachige Kind ausgelassen und somit die Nomina nicht markiert. Dies ist insbesondere bei den Kindern der Fall, die aus ihrer Erstsprache, wie Russisch, keine Artikel kennen. Anschließend erfolgt eine Artikelverwendung, aber oft nur in Form eines spezifischen Artikels oder der beliebigen Verwendung von Artikeln. Eine Differenzierung zwischen dem maskulinen und femininen Artikel sollte aber im ersten Jahr erworben sein. Anschließend werden Nominativ und Akkusativ verwendet, jedoch erkennt man es oftmals nicht, dass der Akkusativ bereits verwendet wird, da die Genuszuweisung noch falsch sein kann. Nach dieser Phase treten im Nominativ und Akkusativ gehäuft korrekte Kasus- und Genusmarkierungen auf. So entsteht auch nach und nach ein dreigliedriges Genussystem, wobei der Kasus aber zweigliedrig bleibt. Es erfolgt eine Übergeneralisierung von Akkusativkontexten auf Dativkontexte. Nach und nach treten erste Dativmarkierungen auf. Aber nach Ehlich et al. (2008) können Genus- und Kasusmarkierungen in erweiterten Nominalphrasen noch sehr lange fehlerhaft bleiben.
Beim Erwerb der Satzgrammatik sind ebenso wie bei monolingualen Kindern die Verbzweitstellung im Hauptsatz, die Distanzstellung verbaler Elemente sowie die Verbfinalstellung im Nebensatz von großer Bedeutung (Kannengieser, 2012). Die Erwerbsfolge von Grießhaber (2007), Klein (2007), Rothweiler (2006), Rothweiler et al. (2007), Tracy/ Thoma (2007) sowie Wenzel et al. (2009), welche zur Orientierung dienen soll, führt Folgendes an (zitiert nach Kannengieser, 2012):
1. Im ersten halben Jahr nach dem Erwerbsbeginn: Die Kinder produzieren erste Wörter und gehen schnell zu Mehrwortäußerungen über, was schneller als beim Erstspracherwerb erfolgt.
2. Ein halbes bis ein Jahr nach dem Erwerbsbeginn: Infinite Verben werden in der Finalstellung verwendet, während finite Verben oft als Ganzheiten übernommen werden.
3. Ein bis eineinhalb Jahre nach dem Erwerbsbeginn: Flexionen am Vollverb werden vorgenommen und erste Kopulaverben verwendet.
4. Zwei Jahre nach dem Erwerbsbeginn: Die Subjekt-Verb-Kongruenz, die Subjekt-Verb-Inversion sowie die Verbzweistellung sind erworben. Die meisten Kinder erwerben dies aber bereits nach 10 Kontaktmonaten. Finite und infinite Verbteile werden getrennt.
5. Spätestens drei Jahre nach dem Erwerbsbeginn: Das Kind produziert Nebensätze mit korrekter Verbfinalstellung.
Nach Jeuk (2018) verläuft der Grammatikerwerb nicht linear. Zunächst werden unregelmäßige Formen als nicht analysierte Ganzheiten verwendet, worauf die Phase folgt, in welcher das Kind die unregelmäßige Form als aktiv verwendete Regel produziert. Dabei werden diese neu erworbenen Regeln aber auf die regelmäßigen Formen übergeneralisiert. Erst im nächsten Schritt werden Ausnahmen von regelhaften Bildungen unterschieden. Dies ist wichtig zu wissen, um Übergeneralisierungen nicht als Rückschritt in der Entwicklung, sondern als notwendigen Schritt im Grammatikerwerb verstehen zu können. Der Grammatikerwerb ist vor allem bei mehrsprachigen Kindern eng mit dem lexikalischen Erwerb verbunden. Deshalb tauchen häufig lexikalisch motivierte Fehler im Grammatikerwerb auf (Chilla et al., 2013, S. 40).
Beispiel : da esst die katze von dem baum blätter da (Yusuf 4;9)
Das oben erwähnte Beispiel macht deutlich, dass das Kind die Regel der SubjektVerb- Kongruenz bereits erworben hat, jedoch noch für die 3. Ps. Singular das Flexiv -t verwendet. Die Stammvariante wird noch nicht mit den irregulären Verben ersetzt.
Da aber der lexikalische Erwerb länger dauert, sind solche Äußerungen auch kein Anlass zur Sorge.
Wichtig zu wissen ist, dass die grammatischen Systeme der jeweiligen Sprachen nicht durch das Phänomen der Mehrsprachigkeit beeinträchtigt werden (Chilla et al., 2013). Mehrsprachige Kinder erwerben Grammatik bei einem ungestörten Erwerb genauso schnell wie monolinguale Kinder. Das Kind muss jedoch lernen, die beiden Sprachsysteme voneinander unterscheiden zu können (Triarchi- Herrmann, 2011). Je nachdem über welche Erstsprache das Kind verfügt, kann es eventuell gewisse Schwierigkeiten beim Erwerb des Kasus, des Genus sowie der Verbzweitstellung haben (Schmidt, 2014). Im Folgenden wird es um eine der Erstsprachen von mehrsprachigen Kindern gehen.
2.2 Russisch als Erstsprache
2.2.1 Russisch- Überblick und Grundbegriffe
Russisch gehört zur Sprachtypologie der flektierenden Sprachen und gemeinsam mit Ukrainisch sowie Weißrussisch zur Sprachfamilie der ostslawischen Sprachen. Dabei ist Russisch diejenige slawische Sprache, welche die meisten Sprecher vorzuweisen hat. Die Sprache zählt in Russland, mitunter in Weißrussland sowie in Kasachstan zur Amtssprache. Auch in den baltischen Ländern sowie in der Ukraine wird Russisch gesprochen (Gagarina, 2014).
Das russische Alphabet besteht aus 33 kyrillischen Buchstaben, wovon 10 Vokale, 21 Konsonanten und zwei orthographische Zeichen darstellen. Dabei scheinen einige Grapheme visuell die gleichen Eigenschaften zu haben, wie die Grapheme des deutschen Alphabets, jedoch repräsentieren sie im Russischen andere Laute (Kocianova, 2005).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auch im Russischen werden Konsonanten durch Sonoranz, also Stimmhaftigkeit beziehungsweise Stimmlosigkeit, Artikulationsort und Artikulationsmodus charakterisiert. Als Besonderheit des Russischen gibt es noch die Palatalisierung, Entweichung, wodurch Konsonanten ebenfalls beschrieben werden (Kocianova, 2005). Die Palatalisierung wird durch die Vokale a(ja), e (e), ë(ë), i-o(ju) und u (i) aufgezeigt oder auch durch das orthographische Zeichen b. Sprecherinnen des Deutschen zerlegen palatalisierte Konsonanten oft in zwei Sprechlaute, sodass ein Konsonant und ein Gleitlaut entstehen. So wird beispielsweise der Name Kama (Katja) von Deutschsprechern als [katj.je] mit einer Silbengrenze zwischen t und j ausgesprochen, und nicht als [ka.tje]“ (Gagarina, 2014, S. 227).
Die Vokallänge gilt im Russischen, im Gegensatz zum Deutschen, als nicht bedeutungsunterscheidend. Es wird also nicht zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden, womit die Vokallänge nicht als distinktives Merkmal gilt (Meyer, 2000). Als eine Besonderheit der russischen Sprache gilt die Akanje, wobei der unbetonte Vokal [o] als [a] ausgesprochen wird (Kocianova, 2005). Auch gibt es die Reduktion der Vokale in unbetonten Silben. So werden „die Phoneme /a/ und /o/ in unbetonten Silben und je nach Position einheitlich als [e] oder als [e] realisiert“ (Schmidt, 2014, S. 42). Des Weiteren können die Wörter auf unterschiedlichen Silben betont werden, wodurch die Bedeutung des Wortes verändert wird (Gagarina, 2014).
Zu den orthographischen Zeichen zählen das Graphem <b>, welches als weiches Zeichen und das Graphem < b>, welches als hartes Zeichen gilt. Das weiche Zeichen kann nur nach Konsonanten auftreten und kennzeichnet die Erweichung dieser. Das harte Zeichen taucht nur vor jotierten Vokalen auf und zeigt an, dass der vorhergehende Konsonant nicht palatalisiert ist. Beide Grapheme repräsentieren keine selbstständigen Phoneme (Böttger, 2008).
Einige Laute des Deutschen sind im russischen Phoneminventaer nicht vorhanden. Dazu zählen das uvulare [r], das glottale [h], das vor Vokalen auftretende Glottal 2, das Affrikat [pf], das velare Nasal [q] sowie die Umlaute [oe] und [ue] (Kocianova, 2005). Im Deutschen existieren wiederum bestimmte Laute nicht, die es im Russischen gibt. Dazu zählen das [t] (bl), welches mit gespreizten Lippen als „ü“ ausgesprochen wird, das [+] (n), welches mit dem englisch „l“ in all verglichen werden kann sowie das 3 (w), welches in Garage vorkommt (Schmidt, 2014).
Die Affrikaten im Russischen, wie beispielsweise das <sc>, werden durch ein einziges Graphem <^> dargestellt (Gagarina, 2014). Zuletzt existieren im Russischen keine Komposita, also zusammengesetzte Wörter, denn Wörter werden durch Verbindungen aus Adjektiv und Nomen oder Nomen und Nomen zusammengesetzt (Kocianova, 2005). Komposita können demnach Kindern mit Russisch als Erstsprache einige Schwierigkeiten bereiten. In einem nächsten Schritt werden die morphologischen Aspekte des Russischen näher beleuchtet.
2.2.2 Morphologie des Russischen
Das Russische ist, ebenso wie das Deutsche, eine stark flektierende Sprache (Gagarina, 2014). Nach Schmidt (2014) werden Nomina, Adjektive und Promina „nach Genus, Numerus und Kasus, und Verben, nach Person, Numerus und Tempus“ (S. 44) flektiert.
Im Russischen existieren keine bestimmten und auch keine unbestimmten Artikel, jedoch gibt es ebenfalls drei Genera: Femininum, Maskulinum sowie Neutrum (Schmidt, 2014). Die Definitheit eines Nomens, also ein bestimmtes Objekt, welches im Deutschen durch den bestimmten Artikel markiert wird, kann im Russischen durch Zahlwörter ausgedrückt werden. Das grammatische Geschlecht erkennt man meistens bereits an den Endungen der Nomina. Maskulina enden auf einen Konsonanten, Feminina auf -a und Neutra auf -o oder -e. Wörter mit dem orthographischen Zeichen <b> am Ende können sowohl Maskulina als auch Feminina darstellen. Allerdings gibt es auch hierbei zahlreiche Ausnahmen (Gagarina, 2014).
Der Numerus unterteilt sich in Singular und Plural, wie auch im Deutschen. Die russischen Pluralendungen sind besonders regelmäßig. Nomina enden auf - u oder auf -bi. Manchmal gibt es auch Formen, bei denen es für Singular und Plural zwei verschiedene Wörter gibt. Bestimmte Nomina gibt es im Russischen nur als Einheit, also im Singularia tantum oder als Vielheit, also im Pluralia tantum. Stoffnamen wie beispielsweise Sahne (cnuBKu) existieren nur im Pluralia tantum. Stoffnamen wie beispielsweise Möhre(n) (MopKOBb) existieren nur im Singularia tantum (Böttger, 2008).
Bei den Verben wird im Russischen ebenfalls zwischen Modus, Tempus, Person, Numerus und Aktiv beziehungsweise Passiv unterschieden (Gagarina, 2014).
Anhand der Verbmarkierung lässt es sich eindeutig auf Person und Numerus schließen, was im Deutschen nicht der Fall ist. Auch existieren im Russischen keine trennbaren Verben, sodass die Verbklammer auch gänzlich unbekannt ist (Schmidt, 2014). Es existieren keine Kopulaverben im Präsens und auch keine Hilfsverben, wie haben oder sein im Perfekt. Das Hilfsverb sein wird im Präsens als sogenanntes Nullverb gebraucht, was bedeutet, dass es einfach weggelassen wird (Gagarina, 2014).
Deutsch: „ Ich bin schön.“
Russisch: „H Kpacuean. ' (Ja krasivaja) zu dt.: „Ich schön."
Des Weiteren gilt der Aspekt des Verbs als eine morphologische Besonderheit des Russischen. Durch den Aspekt wird ausgedrückt, ob eine Handlung bereits abgeschlossen, also perfektiv, oder noch andauert, also imperfektiv ist. Anhand des Aspekts können auch Definitheitsunterschiede aufgezeigt werden (Gagarina, 2014).
Der Kasus beinhaltet im Russischen sechs verschiedene Fälle: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Instrumental und Lokativ. Umgangssprachlich wird teilweise noch der bereits veraltete Vokativ gebraucht. Der Instrumental stellt die Frage nach dem „womit“ oder „vom wem“, während der Präpositiv die Frage nach dem „wo“ stellt. Bei der Deklination wird zwischen belebten und unbelebten Nomina unterschieden (Gagarina, 2014). Nach Schmidt (2014) wird der Kasus im Russischen ebenfalls durch Flexionsmorpheme gebildet, jedoch nicht am Artikel markiert, wie dies im Deutschen der Fall ist. Die Kasusmarkierungen erfolgen teilweise zusätzlich durch eine Präposition. Im Folgenden soll eine tabellarische Übersicht das Kasussystem des Russischen im Singular beispielshaft verdeutlichen. Es wurden bewusst maskuline Nomina zur Verdeutlichung gewählt, da in den kontext- und kontrastoptimierten Fördereinheiten zum Kasus zunächst auch mit dem maskulinen Akkusativ gearbeitet wird. Im Kapitel der morphologisch-syntaktischen Interferenzen werden die Unterschiede des Kasus im Russischen und Deutschen nochmals verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Kasusmarkierung im Russischen, im Singular. (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Gagarina, 2014, S. 233)
2.2.3 Syntax des Russischen
Die größten Unterschiede zum Deutschen im Bereich der Syntax bestehen bei der Stellung der Satzglieder (Böttger, 2008). Während im Deutschen die Verbzweitstellung im Hauptsatz sowie die Verbfinalstellung im Nebensatz die wichtigsten syntaktischen Regeln darstellen, ist das Verb im Russischen frei beweglich. In der Regel folgt die Grundstruktur des Satzes zwar auch hierbei der Reihenfolge Subjekt-Verb-Objekt, jedoch muss diese durch die starke Flexion nicht zwingend und streng eingehalten werden (Schmidt, 2014). Die „Wortstellung wird dabei aber durch die Ziele des Sprechens in der Kommunikation bestimmt“, so Gagarina (2014, S. 237). So wird in der russischen Sprache nach der Intonation der Sachinformation unterschieden. Je nachdem, welcher Aspekt des Satzes betont werden will, verändert sich auch die Wortstellung. Der Nebensatz kann demnach manchmal der Reihenfolge Subjekt-VerbObjekt folgen, wie dies aus den deutschen Hauptsätzen bekannt ist, teilweise aber auch eine Verbfinalstellung aufweisen, wie dies bei deutschen Nebensätzen der Fall ist (Schmidt, 2014).
Eine weitere Besonderheit ist die Eingliedrigkeit der russischen Sätze. Die Sätze in der gesprochenen Sprache besitzen oftmals kein Subjekt, sondern nur das Prädikat, an welchem Person und Numerus bereits erkennbar sind, wie bereits erwähnt (vgl. 2.2.2). Lediglich bei der 3. Person Singular lässt sich anhand des Verbs nicht eindeutig erkennen, um welche Person es sich handelt, da es sich um er/sie/es handeln könnte (Böttger, 2008). Insofern ist hier nach Böttger (2008) „die Nennung eines grammatischen Subjekts in Form eines Substantivs oder Pronomens nötig, während darauf in allen übrigen Personen und Numerus häufig verzichtet wird“ (S. 188).
Es wird deutlich, dass die Intonation von Sachinhalten eine bedeutende Rolle in der russischen Syntax spielt. Dieser wesentliche Unterschied und auch andere morphologisch-syntaktische Besonderheiten führen dazu, dass bei russischsprachigen Deutschlerner*innen teilweise Interferenzen entstehen, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen.
2.2.4 Morphologisch- syntaktische Interferenzen
Für russischsprachige Kinder stellt besonders der Erwerb des Genus eine große Herausforderung dar, da im Russischen nur das grammatische Geschlecht existiert, welches sich an der Endung erkennen lässt. Aus diesem Grund sind morphologische Interferenzen in dem Bereich häufig, sodass das Genus im Deutschen dem grammatischen Geschlecht des Russischen angepasst wird (Schmidt, 2014). Dies führt dazu, dass die Kinder die Artikel weglassen oder sie falsch benutzen, wie beispielsweise die Fisch oder die Hund, da diese Nomen im Russischen feminin sind (Kocianova, 2005).
Nach Kocianova (2005) sind morphologische Interferenzen des Weiteren im Bereich der Pluralmarkierungen zu erwarten. Da das Deutsche acht verschiedene Pluralformen kennt, welche nicht immer regelhaft gebildet werden, wird dies auch zu einer möglichen Herausforderung. Der Plural im Russischen wiederum wird in den meisten Fällen durch zwei regelhafte Markierungen gebildet. Böttger (2008) postuliert ebenfalls zu erwartende Interferenzen, welche durch die bereits erwähnten Singularia tantum sowie Pluralia tantum (vgl. 2.2.2) entstehen können. Indem russischsprachige Kinder diese Phänomene auf die Zweitsprache Deutsch übertragen, kann ein negativer Transfer entstehen. Folgende Sätze sind dabei möglich:
a) Meine Uhren gehen nicht mehr. (Pluralia tantum, obwohl nur ein Gegenstand gemeint ist)
b) Kuchen aus frische Himbeere. (Singularia tantum)
Trennbare Verben können ebenfalls zu Interferenzen führen und eine längere Zeit für den Erwerb benötigen, da Kinder mit Russisch als Erstsprache diese noch nicht kennen (Kocianova, 2005). Sätze wie „Ich aufesse die Birne“ können durch diese Interferenz erklärt werden. Das Kopulaverb sein, welches im Russischen als Nullverb gebraucht wird, kann ebenso morphologische Interferenzen begünstigen. Dies kann dazu führen, dass die Kinder zunächst einmal Sätze bilden, die kein Verb beinhalten, wie beispielsweise „Sie heute Zuhause“ (Schmidt, 2014).
Das Kasussystem kann für russischsprachige Kinder nach Kocianova (2005) eine große Schwierigkeit darstellen, da im Russischen der Kasus am Nomen markiert wird, während dies im Deutschen vor allem durch den Artikel geschieht. Dafür ist die Kenntnis des Genus unabdingbar, um den Kasus zu erwerben. Auch müssen die Präpositionen und Verben und ihre Rektion bekannt sein. Nach Schmidt (2014) erfordern nämlich die gleichen Kontexte teilweise einen anderen Kasus im Deutschen, was für die Kinder problematisch werden kann. Dies muss in der kontrastoptimierten Förderung berücksichtigt werden.
Nach Böttger (2008) muss im Nominativ das Fehlen des Kopulaverbs sein im Russischen beachtet werden, da dies negative Interferenzen begünstigen kann. Häufig regieren andere russische Verben den Genitiv, als dies im Deutschen der Fall ist. So erfordert das Verb wünschen im Russischen den Genitiv, während dies im Deutschen den Akkusativ verlangt („Ich wünsche dir Glück“). Auch den Dativ regieren andere Verben, als dies in der deutschen Sprache der Fall ist. So verlangt das Verb anrufen im Deutschen den Akkusativ, während es im Russischen den Dativ benötigt:
„Ich rufe dich an.“ (Deutsch)
„Ich rufe dir an.“ - „H (no)3BOHV meße.“ (Russisch)
Akkusativkontexte können ebenso zu Interfenzen führen, da auch hier andere Verben den Akkusativ regieren. Die Verben danken, begegnen und verzeihen regieren im Russischen den Akkusativ, während diese im Deutschen den Dativ regieren:
„Ich danke dir.“ (Deutsch)
„Ich danke dich.“ - „H ßnaaodap^ meßn“ (Russisch)
Der Instrumental drückt im Russischen „eine Objektbeziehung des Instruments oder des Mittels aus, mit dessen Hilfe eine Handlung ausgeführt wird“ (Böttger, 2008, S. 78). Im Deutschen ist dieser als eigener Fall nicht vorhanden und wird häufig als Nominativ verwendet. So erfordert der Satz „Sie wird Lehrerin“ im Deutschen den Nominativ, im Russischen jedoch den Instrumental. Da dies im Deutschen so nicht möglich ist, kann eine Interferenz entstehen, indem russischsprachige Kinder den Instrumental versuchen, mit dem Dativ im Deutschen auszudrücken. Der Präpositiv erfordert im Russischen fünf bestimmte Präpositionen, weshalb er nach Böttger (2008) nicht als eine „selbstständige Kasusfunktion“ (S. 78) gesehen wird. Es wird deutlich, dass sich das Kasussystem des Deutschen und Russischen teilweise deutlich voneinander unterscheiden. Nach Schmidt (2014) eignet sich der Bereich des Kasus deshalb nicht für eine kontrastoptimierte Therapie, jedoch können die Flexionsmorpheme in den Vordergrund gestellt werden und bei der Therapie Anwendung finden. Durch Kenntnisse der Autorin in beiden Sprachen wird dennoch versucht, auch für den Bereich des Kasus eine kontrastoptimierte Förderung zu planen. Die beiden Kasussysteme können im direkten Vergleich nützlich werden, indem sie vor allem die Unterschiede aufzeigen und dadurch eine besondere Fokussierung auf die Kasusmarkierungen der deutschen Sprache ermöglichen.
Im Bereich der Syntax kann vor allem die freie Stellung der Satzglieder im Russischen zu Interferenzen führen. Insbesondere die Verbzweitstellung im Hauptsatz sowie die Verbendstellung im Nebensatz, welche als wichtigste syntaktische Regeln des Deutschen gelten, können so zu einer Herausforderung werden (Schmidt, 2014). Auch kann die teilweise Subjektlosigkeit der Sätze im Russischen zu einem Problem beim Erwerb der obligatorischen Satzglieder im Deutschen führen. Da deutsche Sätze immer bestimmte Satzglieder erfordern, die im Russischen weggelassen werden können, kann dies eine negative Interferenz begünstigen (Böttger, 2008).
Nun wurden einige Besonderheiten der russischen Sprache näher beleuchtet. Auch wurden mögliche Interferenzen in diesem sprachlichen Bereich dargestellt. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Interferenzen nicht bei allen Kindern mit Russisch als Erstsprache auftreten müssen und nicht immer im Zusammenhang mit der Erstsprache zu sehen sind. Zu einer besseren Orientierung und Planung der Förderung sollten jedoch sowohl die Grundlagen als auch die möglichen Interferenzen der Erstsprache den Lehrer*innen bekannt sein. In einem nächsten Schritt wird es um grammatische Störungen gehen, welche als Ausgangspunkt für diese Arbeit genommen wurden.
2.3 Grammatische Störungen im Deutschen
2.3.1 Entwicklungstypischer Grammatikerwerb
Nach Szagun (2013) verläuft der Grammatikerwerb in der Regel nebenbei, ohne dass das Kind seinen Fokus darauf richten muss. So wird Grammatik auch nach Dannenbauer (1999) als implizites Wissen erworben. Das Kind wendet dieses an, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was es im Moment gerade tut. Insbesondere die Bezugspersonen des Kindes spielen bei der Grammatikentwicklung eine sehr wichtige Rolle. Die „Motherese“- Forschung besagt, dass es eine Passung zwischen dem sprachlichen Entwicklungsniveau des Kindes und den Interaktionsmustern seiner Bezugspersonen gibt - sie verwenden also spezielle Strategien in der Kommunikation, welche das „sprachliche Lernen anspornen“ (Dannenbauer, 1999, S. 115). Eine dieser Strategien ist die Expansion, bei welcher die Äußerung des Kindes aufgegriffen, ohne eine Änderung des Inhaltes vorzunehmen, und anschließend korrigiert wird. Dies wird meistens spontan durch die Kinder imitiert, was das grammatische Lernen voranbringt. Auch werden sprachliche Informationen von Bezugspersonen wiederholt und durch Feedback in prägnanter Form geboten, was vor allem zur Sicherung der Kommunikation beiträgt, aber nebenbei sich ebenfalls als erheblich für grammatisches Lernen erweist. Dieses Wechselspiel zwischen den Äußerungen des Kindes und dem korrektiven Feedback seiner Bezugspersonen ist äußerst wichtig, damit das Kind grammatische Strukturen entdecken kann (Dannenbauer, 1999). Seitens der Bezugspersonen gibt es zumeist keine wirkliche Absicht, wenn sie grammatische Strukturen anwenden. Die Korrekturen beziehen sich eher auf die Aussprache oder Angemessenheit der kindlichen sprachlichen Äußerungen, statt explizit auf grammatische Formen. Allgemein erhalten Kinder nur wenige Informationen aus der Umgebung darüber, welche Teile des von außen kommenden Inputs generalisiert werden können, sodass sie zu einer richtigen Satzstruktur führen, und welche nicht. Die Kinder meistern diese Aufgabe weitestgehend selbstständig (Dannenbauer, 1999). Allerdings kann das Kind den Input nur insoweit nutzen, insofern dieses mit seinen intellektuellen Fertigkeiten, seiner Motivation, seiner Aufmerksamkeitsfähigkeit und seinem Weltwissen übereinstimmt. Das Kind filtert sich aus dem Input die Informationen heraus, welche es für die Entwicklung seiner sprachlichen Kompetenzen auch verwenden kann. Dieses Phänomen nennt sich „Intake“ (Dannenbauer, 1999, S. 116). So erweist sich die Interaktion mit den Bezugspersonen, welche eine Passung mit den kindlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten einschließt, als erheblich für das Erlernen der Grammatik.
Allgemein werden Zweiwortäußerungen des Kindes als Beginn der Grammatikentwicklung gesehen (Szagun, 2013). Man geht davon aus, dass etwa ab der Mitte des zweiten Lebensjahres bis etwa vier oder fünf Jahren grundlegende syntaktische und morphologische Fähigkeiten erworben werden, welche es ihnen ermöglichen, sich „in einer Weise mitzuteilen, die von den Mitgliedern ihrer Sprachgemeinschaft nicht mehr als fehlerhaft empfunden wird“ (Dannenbauer, 1999, S. 105). Die Zweiwortäußerungen sind jedoch eher semantisch oder pragmatisch motiviert und haben wenig mit Grammatik zu tun, da die Wortstellung noch keinen grammatischen Regeln folgt. Semantische Relationen wie Lokalisierung, Attribution oder Aufforderung werden damit ausgedrückt. Auch die Wortstellung entspricht der semantischen Struktur. Später richtet sich die Wortstellung nach den Teilen der Äußerung, welche durch das Kind besonders wahrgenommen werden. So wird das Kurzzeitgedächtnis der Kinder nicht beansprucht. Erst später versuchen die Kinder, ihre Äußerungen so zu formulieren, dass es eine Übereinstimmung mit dem Input gibt (Motsch, 2017). Allerdings gilt die grammatische Entwicklung bis ins Jugendalter hinein als nicht abgeschlossen. Die Grammatikentwicklung wird sowohl in Syntax als auch in Morphologie unterteilt. Syntax umfasst dabei die Fähigkeit, Satzelemente in die richtige Reihenfolge bringen zu können, sodass ein sinnvoller Satz entsteht. Im Bereich der Morphologie erwirbt man die Fähigkeit, Wörter gemäß ihrer Funktion zu verwenden und auch richtig markieren zu können (Motsch & Riehemann, 2017). Der Erwerb der Morphologie und Syntax erfolgt in Wechselwirkung mit anderen Ebenen des Spracherwerbs: Phonologie, Lexikon, Semantik und Pragmatik. Beispielsweise setzt der Erwerb morphologischer Markierungen wie z.B. der Unterschied zwischen <dem> und <den> voraus, dass das Kind eine phonologische Differenzierung zwischen den beiden Phonemen /n/ und /m/ vornehmen kann (Dannenbauer, 1999). Daneben hängen Morphologie und Syntax sowohl mit der Sprachproduktion als auch mit der Sprachrezeption zusammen. So können sich morphologische und syntaktische Schwierigkeiten auch auf die Rezeption der Satz- sowie Textebene auswirken (Dannenbauer, 2009).
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