Reisen und Tourismus


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1999

13 Pages, Note: 2


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Anfänge des Reisens: von den Römern bis ins Mittelalter

Die Grand Tour

Der Wanderbrauch

Das Reisen des Bildungsbürgertums

Die Forschungsreisen

Der Alpinismus

Der Bergtourismus

Die Schülerreisen

Die Gesellschaftsreisen

Das Reisen ab 1900: Wandervogel, Jugendbewegung und KdF

Das Reisen nach dem Zweiten Weltkrieg: die Entwicklung des Massentourismus

Resümee

Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Mittelpunkt der Betrachtung dieser Arbeit stehen die Anfänge und die Entwicklungen des Reisens und des Tourismus bis in unsere Gegenwart. Ohne eine Erklärung der historischen Wurzeln, ist das Reisen, die Motive dafür und das Verstehen der heutigen Tourismusindustrie nur bedingt möglich. Wie zu zeigen sein wird, wurde schon immer gereist, allerdings unter einem anderen Vorzeichen, als das des heutigen Massentourismus in die weite Welt. Reise- motivationen und Ziele änderten sich im Laufe der Jahrhunderte bedingt durch sich verän- dernde Lebens- und Weltanschauungen und des stetig wachsenden Fortschritts, vor allem im Kommunikations- und Transportbereich. Waren es zu Anfang noch Privilegierte, denen die Welt offen stand, demokratisierte sich das Reisen im Laufe der Zeit. Standen dem Reisen anfangs noch natürliche Grenzen entgegen, überwindet man diese heute mühelos mit Bus und Bahn, Auto oder Düsenjets.

Die einzelnen geschichtlichen Stationen des Reisens mit seinen Formen und Aspekten werden in vorliegender Arbeit kurz und überblickhaft dargestellt. Da sich das Reisen in den einzelnen Ländern unterschiedlich entwickelt hat, beschränkt sich diese Arbeit auf Deutschland.

Die Anfänge des Reisens: von den Römern bis ins Mittelalter

Bereits im Zeitalter der Antike sind die ersten Anfänge des Reisens zu verzeichnen. Das Straßensystem der Römer diente über Kontrollzwecke hinaus auch für die ersten Anfänge eines Art Erholungstourismus: die städtische, reiche römische, athenische und alexandrinische Bevölkerung nutzten die ausgebauten Wege für ihre Fahrten zu den Seebädern, zu Heilquellen oder zu ihren Sommerressorts.1

Die Entwicklung der Scholastik2 in Frankreich und der Rechtswissenschaften in Italien im 12. Jahrhundert ebnete den Weg für die Zeit der wandernden Kleriker und fahrenden Schüler.3 Die Theologiestudenten pilgerten zu bekannten Gelehrten ins Ausland, um von ihnen die neuesten Erkenntnisse zu erfahren, die Verbindung des Studiums mit dem Wandern wurde damit zu einem allgemeinen Brauch.

Das Reisen in dieser Phase war jedoch beschwerlich und galt als gefährlich. Zudem war es ein Privileg bzw. die Aufgabe von Minderheiten, die Masse der Bevölkerung erfuhr vom Reisen nur durch Geschichtenerzähler. Neben den Pilgerern waren es vor allem Geschäftsleute, die reisten. Erste Anklänge von einem Reisevergnügen zeichneten sich mit der humanistischen Bewegung ab. Durch den Einfluß des Humanismus wurde der Wandel zum Individualismus angekündigt4: das Wandern galt ab nun nicht mehr dem Studium allein, sondern auch der Erkenntnis seiner selbst, der Entfaltung seiner Persönlichkeit und dem Gewinn an Lebenserfahrung. Fast alle deutschen Humanisten unternahmen seit Mitte des 15. Jahrhundert Studienreisen ins Ausland, vor allem nach Italien. Neben dem Erschließen von neuen Ländern und Regionen lernten sie hier auch bedeutende Persönlichkeiten kennen.

Die Grand Tour

Im 16. Jahrhundert wurde das Reisen durch Europa zur Erweiterung der Bildung populär. In dieser Zeit sind die ersten Ansätze der Grand Tour zu verzeichnen, die im 18. Jahrhundert schwerpunktmäßig in England ihre Blütezeit erlebte. Reisen der deutschen Aristokratie an fremde Höfe galt als pflichtgemäßer Bestandteil der Erziehung und als allseits beliebte Mode- erscheinung. „Es ging dabei weniger um Bildung im engeren Sinn, als um eine Art Vorberei- tung zur Lebensbewältigung, verbunden mit kulturellem und politischen Training“.5 Junge Adlige in Begleitung von Hofmeistern, Lehrern oder Mentoren sollten in die adlige Gesell- schaft eingeführt werden, an fremden Höfen die dortigen Sitten kennenlernen und sich deren Hofkunst aneignen. Es herrschte die Auffassung, daß sich der junge Adlige nur in der Fremde die Lebensform eines Weltmannes, politisches Wissen und Lebenskunst aneignen konnte.

„ Wer dieses savoir vivre auf Reisen erworben hatte, wurde als homme de qualité geachtet“.6

Neben der Bekanntschaft von gebildeten Persönlichkeiten, war es aber auch legitim, sich auf den Reisen in Ballhäusern, Fechtsälen und auf Reitbahnen zu vergnügen - der Nutzen wurde mit dem Amüsements verbunden.

Das Reisen wirkte sich jedoch auch nachteilig aus. „Der Anblick ausländischer Fürstenhöfe wie der Pomp weltlicher Grandezza in Spanien, der Glanz unumschränkter Machtvollkommenheit in Frankreich oder die Einflüsse machiavellistischer Maximen in Italien konnte nicht ohne Wirkung bei den jungen Fürsten bleiben“.7 Durch die fremdartigen Einflüsse begannen die jungen Deutschen die Moral und Sitten ihres eigenen Landes und auch ihre eigene privilegierte Stellung in Frage zu stellen.

Der Wanderbrauch

Seit dem 14. Jahrhundert ist der in Deutschland geltende Wanderbrauch unter den Hand- werkern bekannt und neben den Reisenden der Grand Tour stellten die Gesellen jahrhunderte- lang den dynamischsten Teil der Bevölkerung dar. Der Wanderbrauch galt als Auslesever- fahren, bei dem nur die fachlich und persönlich qualifizierten bestanden. Sie waren die Lehr- jahre des Handwerks und „ [...] galten als das beste Heilmittel für Spießbürger und soziale Philister“.8 In der Unabhängigkeit und Ungebundenheit mußten sich die Gesellen behaupten und viele Arbeitstechniken konnten darüber hinaus nur in der Fremde erlernt werden, so daß die Wanderschaft auch eine erforderliche Voraussetzung für den Meistertitel verkörperte. Eine internationalen Bewegung entstand, wobei die beliebtesten Ziele Skandinavien, Süd- europa, Holland, Ungarn und Polen waren. Durch die Bekanntschaft von Berufskollegen auf den Reisen entstand ein großes Solidaritätsbewußtsein, jedoch gab es auch negative Einflüsse. Die Lebensweise der Wanderschaft entfremdete die jungen Handwerker von ihrer Arbeit, „die Wanderschaft wurde oft als die ersehnte Gelegenheit wahrgenommen, dem kleinstädtischen Milieu den Rücken kehren zu können und in der Fremde weniger das Handwerk als das ‚wahre Leben‘ kennenzulernen.“9

Das Reisen des Bildungsbürgertums

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstand der allgemeine Brauch, die sogenannten Bildungs- reisen, die zu einer traditionellen Reise der Deutschen wurde.10 Die Zeit der Aufklärung mit ihren herausragenden Persönlichkeiten wie Rousseau und Pestalozzi veränderte auch das Reisen. Die Änderung gesellschaftlicher Werte, die Humanisierung des sozialen und kultu- rellen Lebens und der Abbau der Barrieren zwischen Adel und Bürgertum bildeten eine städtisch-bürgerliche Kultur mit bürgerlich-praktischen Tugenden wie dem Streben nach Selbständigkeit, Aufstiegswillen und Fortschrittssoptimismus11. Besitz und Bildung charak- terisierten das neu entstandene Zeitalter, an dessen Spitze eine Gesellschaft stand, die Herrschaft durch Macht und Bildung gewann. Durch die Bildung konnte sich der Einzelne aus der Masse des Volkes hervorheben und sich einer geistigen Elite zugehörig fühlen, [...] die sich ihre geistigen und moralischen Leitbilder selbst schuf.“12 Die neue Schicht stellte zunächst eine Verbindung zum Adel dar, entwickelte sich aber bis zum 19. Jahrhundert als kulturelle, wirtschaftliche und politische Führende Deutschlands. Bildung wurde als Fertigkeit angesehen, die man sich auf Bildungsreisen aneignete und bei denen man sich seinen individuellen, lokalen und nationalen Eigenschaften bewußt werden konnte. Das Reisen galt als ein Mittel der Erziehung und Charakterbildung, verbunden mit einer Mischung aus Neugier, Interesse und Wissensdrang und beeinflußte die persönliche und berufliche Entfaltung. Die Reisen Rousseaus, Goethes und Montesquieus galten als vorbildlich und es war modern, ihren Spuren nach Südeuropa zu folgen. Alle lebenswichtigen Ideen wurden durch den Vergleich in und mit der Ferne in Frage gestellt und nach der Rückkehr im Kreise des gebildeten Bürgertums mit Interesse diskutiert.13

In dieser Zeit entstand auch Rousseaus berühmtes Werk 'Emile', mit einem Kapitel der Anleitung für das Reisen junger Menschen. Er betont in diesem Buch die Wichtigkeit des Sehens und des Beobachtens sowie die menschlichen Beziehungen beim Reisen. „ Nur dann kann jeder einzelne aus seinen Reisen für sich selbst Belehrung schöpfen“.14 Auch Dichter wurden vom Reisen beeinflußt, wie z. B. bei Wolfgang Goethe erkennbar wird. Sie sahen im Reisen und in dem Umgang mit fremden Menschen die große Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und ein klares Urteil zu erwerben.15

Die soziale Dynamik der Reisenden war hingegen gering. Es verreisten ausschließlich Männer der gebildeten Gesellschaft, die nur mit Männern ihres Standes und ihres Altes Kontakt aufnahmen und für das Leben der fremden Völker meist nur geringes Interesse aufbrachten, wodurch sich jedoch ein großes Gefühl der Zusammengehörigkeit ergab.

Die Forschungsreisen

Den Ursprung von Forschungs- und Entdeckungsreisen läßt sich im 15. bis 17. Jahrhundert finden. Macht- und handelspolitische Ziele standen bei diesen Reisen im Vordergrund, Gewinnsucht, Abenteuerlust und religiöser Eifer waren die entscheidenden Motive bei der Entdeckung neuer Kontinente, nicht wissenschaftlicher Entdeckungsdrang.16 Jedoch versuchten die Menschen in Europa sich auch mit eigenen Beobachtungen und Erfahrungen über Autoritäten und traditionelle Anschauungen hinwegzusetzen.

Basierend auf dem Interesse und dem Bedürfnis nach neuen Entdeckungen und Forschungen, gründete sich das Zeitalter der Weltumsegelungen und Forschungsreisen im 18. Jahrhundert, womit endgültig von der Neuzeit Besitz ergriffen wurde. Durch das systematische Erforschen der Erde sollte Gewißheit an die Stelle von Zufall treten. Im Geiste der Aufklärung und mit der Vorstellung des edlen Wilden17 wurde ein neues Verständnis für das Leben und die Sitten der Urvölker geweckt: „in ihren Sitten sah man nun den Urzustand des menschlichen Lebens am reinsten verkörpert“18 und die Erforschung dieser Lebensweisen wurde oberste wissen- schaftliche Priorität. Noch immer unter dem Einfluß der Rousseauschen Philosophie prägten die Naturforscher neue Begriffe wie ‚Naturvölker‘ oder ‚Les naturels‘19. Wurden diese Urvölker von den vormaligen Entdeckern noch geringgeschätzt und verachtet, als Wilde und Barbaren bezeichnet, bewunderten und idealisierten die Naturforscher diese Völker. Die Forschungs- und Entdeckungsreisen waren ausschließlich auf die Erweiterung des geistigen Horizonts gerichtet, eine politische Bewegung verband man mit ihnen nicht. Anstelle des Patrioten standen nun die Begriffe des Weltbürgers und des Kosmopoliten. Forschungsreisen wurden in großem Stil unternommen, basierend auf den Motiven der Abenteuerlust und Neu- gier. Durch die Forschungsreisen wurden neue Länder und ganze Erdteile als neue Reiseziele für nachfolgende Generationen entdeckt. Sie trugen durchaus zum modernen Tourismus bei, indem Abenteuerlust, das Entdecken von Unberührtem und Elementarem auch heute noch Antriebe für den modernen Reisenden darstellen.

Der Alpinismus

Mit der Erstbesteigung des Mont Ventoux des Italieners Francesco Petraca im Jahre 1336, begann die Geburtsstunde des modernen Bergsports. Seine Besteigung kann als Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung gewertet werden, da er der erste, dokumentierte Aufstieg aus reinem alpinen Interesse war und Petraca bewußt den Naturgenuß gesucht und empfunden hat.20 Gleichwohl vergingen noch zwei Jahrhunderte, „ [...] bis die literarisch-wissenschaft- liche Eroberung der Alpen einsetzte, die zum eigentlichen Schrittmacher des modernen Alpinismus wurde [...]“.21 Eingeleitet wurde die wissenschaftliche Erforschung der Berge durch Aegidius Tschudi, der die Schweizer Alpenwelt ergründete und das Matterhorn und den Gotthard bestieg. Ein Zeitgenosse Petracas, der Schweizer Humanist Konrad Gessner, bereiste ebenfalls als Jugendlicher die Schweiz und widmete sich dabei insbesondere der Natur- forschung. In seiner Begeisterung für diese Region und seinem persönlichen Verhältnis zu der Natur war er seiner Zeit weit voraus. Dennoch blieb auch er nur ein Pionier, da seine Erfahrungsberichte nur in Gelehrtenkreisen bekannt waren. Die größte Wirkung auf das Naturverständnis der Bergwelt ging von dem Arzt und Dichter Albrecht von Haller aus. Mit seinen Erzählungen und Gedichten stellt er den Ausgangspunkt dar, damalige Reisen neben den beliebten Städten Rom und Paris auch in die Schweiz zu tätigen. Haller unternahm als junger Mann eine längere Gebirgsreise durch die Schweiz, mit vorwiegend botanischen Exkursionen. Er war der erste Deutsche, der die Schönheit der Alpen in seinen Gedichten „ästhetisch und moralisch“22 würdigte und in einem Lehrgedicht über seine Erlebnisse und Erfahrungen die Unmoral und den Luxus der Stadtmenschen kritisierte und zum „voraus- setzungslosen Naturerlebnis“23 aufrief. Ein noch größeres Echo geht aber auf Jean Jaques Rousseau und seinem Roman ‚La Nouvelle Héloîse‘ zurück. Auch er betonte die freie Natur im Kontrast zum lärmenden und beengenden Stadtleben und mit seinen Beschreibungen der „wilden, ungebändigten Kraft des Alpenzaubers“24 begeisterte er die Welt. Rousseau weckte in den Menschen die Sehnsucht nach der Natur, die Bewunderung und Begeisterung für ihre Schönheit und Einfachheit. „Das Zeitalter der Schweizreisen, der Wallfahrten nach den Stätten Rousseaus, begann“25, es entstand eine Massenbewegung zurück in die Natur.

Der Bergtourismus

Die Blütezeit der Alpenreisen wurde mit der Beschreibung der Besteigung des Mont Blanc durch Horace Benedicte de Saussure im Jahre 1788 erreicht, die ihm 1787 gelang. Der Mont Blanc wurde mit einem Mal weltbekannt und der Alpinismus erlebte eine weitere Geburts- stunde. „Damit hatte die mit Mut, Entdeckerfreude und Erkenntnisdrang begründete wissen- schaftliche Gebirgsforschung ihren Abschluß gefunden“.26 Wissenschaftliches Interesse wurde in den Hintergrund gedrängt, Erholung und Abenteuerlust waren die vordringlichsten Ziele der modernen europäischen Welt beim Reisen. Einer vor allem akademisch und finanz- kräftigen Oberschicht angehörigen Jugendliche erklomm einen Gipfel nach dem anderen, Bergsport und Reisen begannen, Ideale ihrer Zeit zu werden und begeisterten damit auch andere Bevölkerungsschichten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begannen auch Sozial- schwache, die Schweiz zu entdecken „Sonntagstouristen, Naturvergnüglinge und Lebensgenußreisende bevölkerten fortan die Schweiz“.27

Die Schülerreisen

Im Jahre 1857 wurde der Touristenclub ‚Alpine Club‘ in London gegründet und zum Vorbild für zahlreiche nationale Alpenvereine über die Grenzen Großbritanniens hinaus. Alpinistische Betreuung und Ausbildung der Jugend waren ihre Ziele. Im Jahre 1873 gründete sich der Deutsch-Österreichische Alpenverein mit dem Leitgedanken der gemeinsamen Förderung des Bergsteigens und der Pflege des Jugendwanderns: der touristischen Erschließung der Berg- welt stand folglich nichts mehr im Wege. Die Mitgliederzahl stieg mit der Verbesserung und dem Ausbau der Wanderpfade und Unterkünfte, so daß der Verein schon bald zum größten Bergsteigerverein der Welt avancierte. Darüber hinaus wurde das Jugendwandern auch durch die im 18. und 19. Jahrhundert bekannten Schweizreisen unterstützt. Ziel des mehrtägigen Reisen war es, die Jugendlichen beim Bewandern der Berge, eine Art staatsbürgerliche Erziehung nahe zu bringen und Kenntnisse der Heimat zu vermitteln. „Damit stellte man sich bewußt gegen alle Konvention und Tradition, wonach Bildung vor allem in der fernen Welt zu erwerben sei.“28 Auch die Philanthropisten wandten sich dem Reisen mit Jugendlichen zu. Es wurde in Zelten übernachtet und anschaulicher Geographie- und Naturkundeunterricht erteilt. Um die Jahrhundertwende erschienen zahlreiche pädagogische Schriften über das Schülerreisen, in denen „[...]die Ferien der Schüler als ‚wichtigstes Stück der Erziehungs- praxis‘ und als ‚ausgezeichnetes Erziehungsmittel‘ beschrieben“29 wurde. Für die Zielgruppe der Touristen erschienen ferner eine Fülle von Reisezeitschriften und Reisführer mit praktischen Tips und Ratschlägen, welches mit der Gründung des ersten Reisehand- bücherverlages von Karl Baedeker im Jahre 1827 seinen Höhepunkt fand. Die Reiseführer über die Schweiz kamen mit ihrer sachlichen und nüchternen Beschreibungen dem Informations- und Wissensbedarf der damaligen Touristen entgegen und fanden einen großen Absatz. „Sie wurden bis zur 2 Hälfte des 19. Jahrhunderts notwendige und unumgängliche Reiseführer jedes Touristen, der die Schweiz selbständig durchreisen wollte.“30

Die Gesellschaftsreisen

Die Anfangsphase des neuzeitlichen Tourismus beginnt im 19. Jahrhundert mit der Industria- lisierung. Sie ist geprägt von der modernen Technik, dem Ausbau des Kommunikationswesen und der Erfindung der Massentransportmittel wie Eisenbahn und Dampfschiff. Der Tourismus wurde zu einem Massenphänomen. Um z.B. dem Massenandrang der Reisenden in die Schweiz gewachsen zu sein, richtete man seit 1820 Dampferlinien auf Seen und Flüssen ein. So konnte man auch von Köln aus, die Schweiz schnell, problemlos und einigermaßen komfortabel erreichen. Mit dem wachsenden Ausbau des Liniennetzes, verloren die natürlichen Grenzen an ihrer Bedeutung, der ehemalige Reiseluxus entwickelte sich zu einer Volksbewegung. Infolge der Industrialisierung und der dadurch verschärften Arbeitssitua- tionen, verstärkte sich das Erholungsbedürfnis der Menschen. Der Ruf nach arbeitsfreien Tagen, nach kürzeren Arbeitszeiten und größeren Erholungsmöglichkeiten wurde laut. 1873 im Reichsbeamtengesetz und ein Jahr später in der kaiserlichen Verordnung wurden darauf folgernd die ersten gesetzlichen Urlaubsregelungen getroffen. „Der Ferienanspruch, zunächst als Akt der sozialen Fürsorge des Arbeitgebers verstanden, entwickelte sich in den nächsten Jahrzehnten zum Gewohnheitsrecht“.31 Aus der nun kostbaren Freizeit folgernd, verreisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr wohlhabende Menschen. Badereisen, auch in die Mittelmeerregionen, wurden zu einer Modeerscheinung, da sie scheinbar die Gesundheit förderten und auch gesellschaftlich nicht unbedeutend waren. Vor allem die 'Sommerfrische' bildete sich in Deutschland als typische Form des Reisens. Diese Erholungsorte lagen meist nicht weit von der Stadtwohnung entfernt, oftmals in den Deutschen Mittelgebirgen. Man reiste meistens mit der Bahn an, um stets den gleichen Ort und die gleiche Unterkunft aufzusuchen. „Die Form der Unterkunft war kleinbürgerlichprovinziell, bescheiden, rustikal, mit Familienanschluß“.32 Unter diesen Umständen genossen wohlhabende Familien durchaus mehrere Monate ihrer freien Zeit.

Mit der Industrialisierung setzte auch der Serientourismus33 ein. Die neu entstandenen Reise- büros kamen auch den weniger Kaufkräftigen mit ihren organisierten Reisen entgegen und er- möglichten ihnen so eine bisher unbekannte soziale Dimension- die bürgerliche Reisewelle begann.

Die erste Gesellschaftsreise veranstaltete im Jahre 1841 der Engländer Thomas Cook und auch die erste Reiseagentur im Jahre 1845 geht auf seinen Namen zurück. Er organisierte eine Bahnreise in einem Sonderzug von Leicester nach Loughborough, „Hin- und Rückfahrt mit Tee, Rosinenbrötchen und Blasmusik für 1 Schilling“.34 Zunächst beabsichtigte er mit seinen Reiseangeboten keinen kommerziellen Zweck. Cook war der Vorsitzende einer Abstinenzler- vereinigung und wollte die Menschen mit seiner Reise vom Laster des Alkohols ablenken und auch neue Mitglieder für seine Vereinigung gewinnen. Dennoch erkannte er, daß das Kleinbürgertum durch die Industrialisierung zu einem gewissen Wohlstand gekommen war und „[...] als Zeichen seiner neuerworbenen Unabhängigkeit an den Gesellschaftsreisen teilnahm [...].35 Bauern und Arbeiterschaft mußten hingegen auch weiterhin auf diesen Luxus verzichten.

Darüber hinaus organisierte Cook auch Bildungsreisen für Jugendliche. Mit seiner Idee vom Bildungsgedanken für die jungen Menschen, wurden diese auf den Reisen in kulturelle und historische Sehenswürdigkeiten eingewiesen. Die erste dieser Reisen fand 1856 mit ca. 2000 Jugendlichen von Newcastle nach Edinburgh statt und stellt somit den Ursprung des organisierten Jugendtourismus dar.36 „Cook hat den Reisemarschall der Grand Tour abgelöst und die aristokratische Reiseepoche durch eine demokratische - den Tourismus - ersetzt.“37

In England wuchs dieses Geschäft schnell an und es entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit ein neuer Geschäftszweig, „[...]die mit Handzetteln, Plakaten und ab 1862 mit richtigen Reisekatalogen warb“.38 Vor allem der Badetourismus entwickelte sich zügig und auch Reisen nach Kontinentaleuropa und Übersee wurden alsbald angeboten.

In Deutschland bildete sich der Tourismus verzögert und in anderen Formen heran. Um 1800 herum eröffneten die ersten deutschen Seebadeanstalten ihre Pforten: Heiligendamm, Norder- ney und Travemünde. Ein Jahr später wurde das erste Großhotel in Baden-Baden ein-geweiht. Im Jahre 1854 gründete Karl Riesel das erste deutsche Reisebüro. Als Lehrer organisierte er vormals Schulreisen und hatte selbst an Auslandreisen und Weltreisen teilgenommen. Er machte sich seine Reiseerfahrung zunutze und stieß mit seinen Gesellschaftsreisen auf reges Interesse. Inspiriert von Riesels Erfolg eröffneten die Gebrüder Stangen das erste deutsche Reisebüro in Breslau. Sie führten „[...] Seperat-Kurierzüge, die Vorläufer unserer heutigen Reisesonderzüge [...]“39 ein und veranstalteten 1869 eine Gesellschaftsreise zur Eröffnung des Suez-Kanals in Ägypten. Im Jahre 1878 folgte die erste Weltreise.

Da die Auswanderwelle nicht in dem Maße wie erhofft um die Jahrhundertwende einsetzte, wurden die Schiffe der Schiffahrtsgesellschaften um 1900 herum als Vergnügungsschiffe ein- gesetzt40. So fand man auch hier den Weg, Überkapazitäten für touristische Zwecke zu nutzen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Reise- und Fremdenverkehr seinen ersten Höhepunkt erreicht: der Reiseverkehr wurde aus der Sphäre des Luxusbedürfnis endgültig herausgehoben und die Ferienreisen wurden zu einem Massenbedürfnis.41

Das Reisen ab 1900: Wandervogel, Jugendbewegung und KdF

Im Jahre 1901 wurde die Organisation des Wandervogels, der Ausschuß der Schülerfahrten, gegründet. Den Jugendlichen wurde damit die Möglichkeit eröffnet, vergleichsweise mit den heutigen Trampern, Interrailern oder Last-Minute-Reisenden, preiswert zu verreisen. Doch nicht nur der Punkt der Erschwinglichkeit war für die Beliebtheit des Wandervogels entscheidend, auch die Erfahrungen und Erlebnisse auf diesen Reisen waren begehrt. „Der Wandervogel verstand sich als eine Art Fluchtbewegung gegen die Lebens- und Reiseformen der Erwachsenen - mit romantischen, abenteuerlichen und ungewöhnlichen Akzenten.“42

Bei den Reisen des Wandervogels und der Bündischen Jugend wurde das Gemeinschaftserlebnis und das Gefühl, des unter-sich-seins stark gefördert, die jungen Menschen konnten sich außerhalb ihrer Herkunft und ihres gewohnten sozialen Milieus bewegen, womit das Jugendreisen demokratisiert wurde. Auch das Reisen von Mädchen wurde durch diese Bewegung, trotz großer Widerstände, populärer. Folgernd aus der gesamten Jugendbewegung wurde das Deutsche Jugendherbergswerk um das Jahr 1919 herum gegründet.

Neben diesen Erlebnissen beeinflußte auch die Literatur die Jugendlichen in dieser Zeit. Friedrich Nietzsche, Hermann Hesse, Thomas Mann u.a. versuchten in ihren Bücher, Inhalte auf der Suche des Lebens zu vermitteln und schrieben gegen eine „[...]verlogene Atmosphäre von Wohlstand und Prüderie der Erwachsenen“43. Noch heute wird diese Literatur immer wieder in der Zeit des Erwachsenenwerdens gelesen.

Bedingt durch den ersten Weltkrieg und der Depression stagnierte die Tourismusflut und die Fremdenverkehrseinrichtungen kämpften mit entsprechend finanziellen Problemen. Aller- dings wandelte sich auch die Nachfragestruktur, „[...]die bisher vorherrschend vermögenden Bevölkerungsschichten verkleinerten sich und eine neue Schicht nahm nach dem Weltkrieg am Tourismus teil“.44 Langsam entwickelte sich wieder die Sommerfrische, bescheiden und angepaßt an der allgemeinen sozialen Lage. Im Laufe der Zeit vereisten immer mehr Angestellte in mittleren und gehobenen Positionen, gefolgt von kleinen Angestellten und Arbeitern in den späten Zwanziger Jahren.

Der Wandervogel wurde nach dem ersten Weltkrieg zunehmend politisiert. Die Reiseerleb- nisse wurden als politische Arbeit gewertet und auf denn Auslandsreisen sollte die politische Urteilsfähigkeit geschärft und ausgebildet werden.45 Im Zuge des Nationalsozialismus profitierte die Politik von den Auslandserfahrungen der Jugendlichen und das politische Ideengut des Wandervogels und der Bündischen Jugend fand in machtpolitischen Zwecken seine Verwendung. „Aus der ehemals romantischen Großfahrt des Wandervogels wurde die völkische Herfahrt für das Reich.“46 Die Bünde wurden aufgelöst bzw. in die Hitlerjugend eingegliedert, an ihrer Stelle sollte fortan ‚große Aufgabe für das kommende Großdeutsch- land‘47 treten.

Mit dem Nationalsozialismus traten neue Formen des Tourismus auf, es entstand ein politisch organisierter Volks- und Sozialtourismus48. Im Jahre 1933 wurde der Reichsausschuß für Fremdenverkehr ins Leben gerufen, der dem Reichsminister für Aufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, unterstand. Robert Ley wurde von Hitler beauftragt, eine deutsche Freizeitorganisation zu errichten, „[...] die nach dem Vorbild von Mussolinis faschistischer Freizeitorganisation ‚Dopolavoro‘ aufgebaut wurde“49: die NS-Organisation KdF, Kraft durch Freude, mit deren Hilfe die Bevölkerung organisierte Urlaubs- und Freizeitveranstaltungen, wie z.B. Wanderungen, Kreuzfahrten und Zugreisen zu niedrigen Preisen, wahrnehmen konnte. Die Leiter der KdF hatten gleichzeitig die Funktionen von Partei-Unterführer, womit deutlich wird, welcher Ideologie die gesamte Organisation unterlag. Ferner unterhielt die Bewegung ein eigenes Amt für Reisen, Wandern und Urlaub und entwickelte sich zum Reisen-Massenveranstalter. Die Angebote waren fast für jeden erschwinglich. Eine eigene KdF-Flotte stand zur Verfügung, auf denen die Reisenden durch Animation unterhalten wurden. Zwischenmenschliche Beziehungen mit den Einheimischen der fremden Länder wurden nur selten aufgebaut, „direkte Kontakte der KdF-Reisenden mit der einheimischen Bevölkerung waren meist nur ‚in geschlossenen Gruppen‘ möglich.“50

Das Angebot staatlich organisierter Reisen wurde in einem hohen Maße angenommen, es begann sich zum ersten deutschen Reiseboom51 zu entwickeln, was seinen jähen Einbruch mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges fand.

Das Reisen nach dem Zweiten Weltkrieg: die Entwicklung des Massentourismus

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in den westlichen Industrienationen nach dem Zweiten Weltkrieg, begann eine explosionsartige Entwicklung des Reisens, die den Ursprung für unseren heutigen Tourismus darstellt. Höhere Einkommen, mehr Freizeit und die sich schnell entwickelnden Kommunikations- und Transportmittel bildeten die Grundlage dafür.

Im Jahre 1947 wurde die DER-Deutsches Reisebüro GmbH und 1955 die erste Charterflug- gesellschaft gegründet. 1956 erschien das erste TOUROPA-Reiseprospekt mit den Urlaubs- zielen Mallorca, Teneriffa, Ägypten und Israel und ab dem Jahre 1962 begann der Kaufhaus- tourismus, mit Reiseangeboten von Quelle, Neckermann und TUI.. Der Tourismus ent- wickelte sich zu einer Tourismusindustrie mit einer eigenen Dynamik. Sowohl in den Reise- ländern wie in den Reiseausgangsländern haben die Dienstleister im Tourismusbereich eine bedeutende Stellung in der Gesamtwirtschaft erreicht. Auf beiden Seiten sind viele Arbeits- plätze vom Tourismus abhängig und „[...] in vielen Empfängerländern und -regionen ist die Tourismusindustrie zur Haupt(devisen)einnahmequelle geworden“.52 Mit dem Einsatz von modernen Marketingmethoden versuchen die Reiseveranstalter, Reisebüros, Transport- betriebe etc. ihren Marktanteil zu halten und auszubauen.

Mit steigendem Einkommen und Wohlstand haben sich auch die Reiseziele geändert. Weit entfernte Urlaubsländer und -regionen sind in finanzielle Nähe gerückt. Die nun auch finan- ziell mögliche Ausweitung der privaten Motorisierung sowie der Ausbau der Transportnetze steuerten dazu bei. Die Reisenden der 50er Jahre waren in erster Linie auf Bus und Bahn angewiesen, in den 60er Jahren hingegen löste die Massenmotorisierung auch einen Massen- tourismus aus. Die öffentlichen Verkehrsmittel verloren an Bedeutung, „fortan wurde massenhaft mit dem eigenen Auto verreist“53, gefolgt von den einsetzenden Charterflügen. Freizeitfahrzeuge wie Wohnmobile und Caravans wurden speziell für Urlaubsbedürfnisse konzipiert, aber „auch das Motorrad hat in den letzten Jahren wiederum als Freizeit- und Urlaubsfahrzeug an Bedeutung gewonnen.“54

Auch die Reisehäufigkeit veränderte sich, Zweit- und Drittreisen in fremde Regionen und Länder wurden üblich. Wachsende Einkommen, verkürzte Arbeitszeiten und die daraus folgenden längeren Freizeiten schufen ein Bedürfnis nach sinnvoller Freizeitgestaltung, „[...] bei dem auch der Urlaub als Form der Regeneration und Erholung einen immer größeren Stellenwert annimmt.“55 Durch einen gesetzlich geregelten Urlaub, durchgängigem Lohn und oftmals zusätzlichem Urlaubsgeld vom Arbeitgeber, steht dem Reisen nichts mehr im Wege.

Darüber hinaus wurden Urlaubswünsche in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Berichterstattungen in den unterschiedlichen Medienbereichen geweckt. Das Fernsehen und Radio, die schreibende Journaille und nicht zuletzt auch das Internet „ [...] informieren über Reiseformen und Reisegebiete, die über Jahrhunderte hinweg unbekannt waren“.56 Spezielle Reisesendungen gehören mittlerweile zum TV-Alltag und auch die Werbeindustrie greift Themen der Urlaubs- und Freizeitgestaltung immer wieder in ihrer Vermarktung auf.

Durch die Entwicklung von Großraumflugzeugen und die des Fluglinienverkehrs sind Flüge schneller und komfortabler geworden. Kurtrips ins Ausland, bisweilen nur für ein Wochenende, sind heutzutage nicht mehr ungewöhnlich.

Nicht unbedeutend sind auch die individuellen sozialen Motive für das Reisen. Die heutigen Wohnbedingungen in den Großstädten, verbunden mit Streß und Hektik, Anonymität und Sterilität rufen den Wunsch nach Natur, Erholung und zwischenmenschlichen Kontakten her- vor.57 „Die Reiseintensität der Stadtbevölkerung liegt deutlich über der der Landbevöl- kerung.“58 Folglich werden hohe Erwartungen an den Urlaub gestellt, die aber durch eine Anonymität in Hotelsilos und einem Massentourismus an den Stränden oftmals nicht erfüllt werden können.

Seit dem Zweiten Weltkrieg und dem folgenden Wirtschaftsaufschwung finden regelrechte Völkerwanderungen in die Urlaubsgebiete statt: „[...] Autolawinen, Düsen-Jets und überfüllte Urlaubsregionen prägen das Bild der heutigen Reise- und Urlaubsgesellschaften.“59 Die Formen der Ferien- und Reiseprodukte haben sich gewandelt. „Die individuelle Reise der Anfangsjahre ist vermehrt der ‚Reise von der Stange‘ gewichen: die ‚standardisierte‘ Reise ist entstanden.“60

Dennoch sind die Chancen, das kommerzielle Urlaubsangebot wahrzunehmen heute ungleich verteilt, „Beruf und Einkommen entscheiden auch heute noch über die Reiseintensität.“61

Resümee

Betrachtet man die heutige Tourismusindustrie, fällt es nicht leicht, die Grenzen zwischen einem 'guten' und einem 'schlechten' Tourismus zu ziehen. Der Tourismus hat sich über die Jahre hinweg zu einem Devisenbringer für ärmere Länder und Regionen entwickelt, zu einer scheinbar endlos sprudelnden Finanzquelle. Er ist zu einer Branche angewachsen, in der viele Menschen von den dort vorhandenen Arbeitsplätzen abhängig sind, und das nicht nur in den Ländern der Reiseziele. Und natürlich ist es ausschließlich positiv zu vermerken, daß die Möglichkeit, in ferne Länder zu reisen und deren Kulturen kennenzulernen, demokratisiert wurde. Nur stellt sich dem Betrachter dieser Entwicklung die Frage, ob diese Möglichkeit, des Kulturaustauschs und des gegenseitigen Lernens voneinander auch tatsächlich in Anspruch genommen wird. Wird fremden Völkern ein wahrer Respekt und eine reale Neugierde entgegengebracht oder ist es doch nur ein reines Konsumieren fremder Exotik?

Ich ziele mit dieser Frage nicht nur auf die Länder fremder Kontinente, sondern spreche hier auch die Europas an. Schaut man sich in diesem Zusammenhang die Inselgruppe der Balearen in Spanien an, kann man diese Frage wohl mit einem klaren 'Nein' beantworten. Zu viele Deutsche Restaurants, Kneipen und Lokale mit einer deutschen Speisekarte erteilen ihr eine Absage. Nicht umsonst stehen überall Schilder, mit der Aussage: „Man spricht Deutsch“ (ein gleichnamiger deutscher Film zeigt eine Ironie und einen Sarkasmus auf, daß ich diese Urlaubsgebiete am liebsten für immer und ewig meiden möchte, gerade weil ich in den Genuß einer fremden Kultur kommen möchte).

Doch, wie sieht es aus, wenn man Europa verläßt? Besteht in dem Staunen über fremdartige Kulturen und Traditionen ein wirkliches Interesse? Oder reduziert sich die Wißbegierde zu einer Aufenthaltsstation auf einer Safari durch 'die Fremde'?

Und wie verhält es sich mit den alpinen Wintersportgebieten? Gleicht es nicht einer Perver- sion, der Natur 'nachzuhelfen' und künstlichen Schnee auf die Skipisten zu verteilen? Und: warnen Umweltschützer nicht schon seit langem vor den Risiken dieser Methode, Touristen, an den Ort ihres Begehrens auf diese Art und Weise anzulocken? Mit jeder abgehenden Lawine erhellt sich diese Diskussion von neuem, doch leider mit dem Resultat, daß sich so gut wie gar nichts ändert.

Ich kann an dieser Stelle nicht alle individuellen Motive für das Reisen analysieren. Dennoch hat sich meiner Meinung nach, eine Tendenz zum reinen Konsumieren entwickelt, die in unserer Welt des Konsums aber nicht überraschen kann. Darüber hinaus bin ich davon über- zeugt, daß Rousseau u.a. mit ihrer Forderung 'zurück zur Natur' eine Sensibilität und Achtung vor gleichnamiger erreichen wollten, mit Bestimmtheit keinen rücksichtslosen, vergnügungs- süchtigen Massentourismus.

Literaturverzeichnis

Freyer, Walter:

Tourismus. Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie. München; Wien 5., vollständig überarbeitet und erweiterte Auflage 1995

Opaschowski, Horst W.:

Tourismus. Systematische Einführung - Analysen und Prognosen. Opladen 2., völlig neu bearbeitete Auflage 1996

Platz, Roland:

Tourismus als Faktor des Kulturwandels bei den Lisu in Nordthailand. Bonn 1995.

[...]


1 vgl. Platz, Roland: Tourismus als Faktor des Kulturwandels bei den Lisu in Nordthailand. Bonn 1995. S. 6

2 Scholastik ist die auf die antike Philosophie gestützte, christliche Dogmen verarbeitende Philosophie und Wissenschaft des Mittelalters.

3 vgl. Opaschowski, Horst W.: Tourismus. Systematische Einführung - Analysen und Prognosen. Opladen 2., völlig neu bearbeitete Auflage 1996. S. 63

4 vgl. ebd. S. 65

5 Platz 1995. S. 6ff.

6 Opaschowski 1996. S. 66

7 Opaschowski 1996. S. 67ff.

8 ebd. S. 68

9 ebd. S. 69

10 vgl. ebd. S. 42

11 vgl. ebd. S. 70

12 ebd. S. 70

13 vgl. Opaschowski 1996. S. 70

14 ebd. S. 71

15 vgl. ebd. S. 72

16 vgl. ebd. S. 72

17 vgl. Platz 1995. S. 7

18 Opaschowski 1996. S. 73

19 vgl. ebd. S. 74

20 vgl. Opaschowski 1996. S. 75

21 ebd. S. 76

22 ebd. S. 77

23 ebd. S. 77

24 ebd. S. 77

25 ebd. S. 77

26 ebd. S. 79

27 ebd. S. 79

28 Opaschowski 1996. S. 80

29 ebd. S. 81

30 ebd. S. 81

31 ebd. S. 82

32 Freyer, Walter: Tourismus. Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie. München; Wien 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 1995. S 9

33 vgl. Opaschowski 1996. S. 83

34 Freyer 1995. S. 8

35 Opaschowski 1996. S. 83

36 vgl. ebd. S. 83

37 ebd. S. 83

38 Freyer 1995. S. 8

39 Opaschowski 1996. S. 84

40 vgl. Freyer 1995. S. 8

41 vgl. Opaschowski 1996. S. 84

42 ebd. S. 84

43 ebd. S. 85

44 Freyer 1995. S. 9

45 vgl. Opaschowski 1996. S. 85

46 ebd. S. 86

47 vgl. Opaschowski 1996. S. 86

48 vgl. ebd. S. 86

49 ebd. S. 86

50 ebd. S. 87

51 vgl. Freyer 1995. S. 10

52 ebd. S. 25

53 Opaschowski 1996. S. 88

54 Freyer 1995. S. 19

55 ebd. S. 17

56 ebd. S. 23

57 vgl. ebd. S. 24

58 ebd. S. 24

59 ebd. S. 10

60 ebd. S. 25

61 Opaschowski 1996. S. 87

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Reisen und Tourismus
Université
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"
Note
2
Auteur
Année
1999
Pages
13
N° de catalogue
V96369
ISBN (ebook)
9783638090452
Taille d'un fichier
361 KB
Langue
allemand
Mots clés
Reisen, Tourismus
Citation du texte
Andrea Rosicki (Auteur), 1999, Reisen und Tourismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96369

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