Kommunikationstheorie: Marxistische Theorie


Skript, 2000

3 Seiten


Leseprobe


Marxistische Kommunikationstheorien

1. Materialistische Grundlagen

Prämissen: Soziale Handeln ist nicht Orientierungshandeln, sondern es ist praktisch und materiell und seine Basis sind nicht Normen, Werte und Sinngebungen, sondern die materiellen Ge- sellschafts- und Produktionsbedingungen. Das Sein bestimmt das Bewußtsein. Dialektischer und historischer Materialismus als untrennbare Einheit der marxistischen Philosophie.

Kommunikationsverständnis allgem.: Sprache ist Resultat eines materialistischen Zusammenhanges der Menschen untereinander, sie hat die Qualität eines gesellschaftlichen Produktes. Sprache ist gleichzeitig Resultat und Voraussetzung für Gesellschaft. Form und Struktur des Sozialwesens werden auch durch die Modi der gesellschaftlichen Komm. und ihre Vermittlung konditioniert. Keine Komm. ohne Produktion, keine Produktion ohne Komm.

1.1 Kommunikation bei Marx

Wahrheit kann nur dialektisch aus geltenden Meinungen gewonnen werden, was eine öffentliche Diskussion und uneingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten erfordert. Marx sieht zwei Typen von Kommunikation: in der asymmetrischen K. fließt Kommunikation von oben nach unten, von der Elite weniger Kommunikatoren zur gläubigen/ passiven Masse, in der symmetrischen K. findet ein gesamtgesellschaftlicher geistiger Austausch zwischen gleichbe- rechtigten Kommunikanten statt, aus dem sich ein "Volksgeist" konstituiert. Korrekt vermittelte Kommunikation ("die Verständigung des Volkes mit sich selbst") ist erste Bedingung für Gesellschaft/ Volk/Gemeinschaft. Vollkommene Pressefreiheit soll ermöglichen, daß sich aus widersprüchlichen Meinungen ein allgem. Konsens über die Wahrheit bilden kann (-> Delibe- ration).

1.2 Interpretation durch Lenin

Aufgabe der Partei ist die Herausbildung, wiss. Fundierung und Verbreitung des sozialistischen Bewußtseins und die Erziehung und Einbeziehung der Arbeiterklasse. Die Massen sind unwissend und träge, sie müssen mittels Agitation zu revolutionärer Aktivität erzogen werden. Die Massenmedien sind ein mächtiges, unersetzliches Mittel im Prozeß der Bewußtseinsbildung: kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator. V.a. die Zeitung fungiert als Kettenglied zwischen Partei und Massen als Mittel zur Sicherung des Klassenbewußtsein. Um ihre Funktion erfüllen zu können, müssen alle Massenmedien der Partei unterstehen.

Kritik: Publikum als Verfügungsmasse, monokausale Wirkungsvorstellungen (Distribution von Ideologie), Wahrheitsanspruch und normative Ausrichtung, rechtfertigt Zensur.

2. Sozialistische Kommunikationstheorien

2.1 Kommunikationsbegriff

Kommunikation allgemein steht in enger Beziehung zum gesellschaftlichen Produktionsprozeß:

Kooperation der Arbeit als Voraussetzung der gesellschaftlichen Existenz von Individuen. Es wird ein einfaches polares Modell Sender-> Kanal -> Empfänger angenommen, die Richtung kann sich durch Rollentausch von Sender und Empfänger umkehren.

2.2 Massenkommunikation

Massenkommunikation ist ein gesellschaftlich determinierter Prozeß, der aus der gesellschaftlichen Praxis - aus der Produktion und Reproduktion materiellen Lebens - notwendig hervorgeht und seinerseits auf die gesellschaftliche Praxis zurückwirkt. (Bisky in den 70ern) -> die Rückwirkung muß im Sinne des Sozialismus gesteuert werden, um den Bestand des Systems nicht zu gefährden.

Massenkommunikation erfolgt im Unterschied zu interpersonaler Komm. einseitig (-> kein Rollentausch), über technische KommMittel, ohne direkten Kontakt zwischen Sender und Empfänger und öffentlich.

Neue Kommuikationsformen entwickeln sich mit neuen Produktionsformen (Evolution der Massenkommunikation), z.B. erfordert der Industriekapitalismus neue KommMittel für einen schnellen Transport und Absatz von Waren und Informationen.

Elemente des Grundmodells der Massenkomm. sind: Kommunikator (Sender), Kommuniqué (Nachricht), MassenkommMittel, Kommunikant (Empfänger). Der Prozeß der Massenkomm. wird in drei zeitliche Phasen unterteilt: präkommunikative, kommunikative und post-kommuni- kative Phase. Problem dabei ist die zeitliche Fixierung und Abgrenzug der Phasen, außerdem führt eine derartige Einteilung auch nicht weiter.

2.3 Die Kommunikationssituation

Massenkomm. ist ein sozialer Prozeß in einer konkreten Situation und wird von dieser Situation beeinflußt (Gesellschaftsform, Produktionsverhältnisse...). Die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmen Zugang zur MassKomm und ihre Form. Die soz. KommForschung wirft den bürgerlichen Theorien vor, sie ignorierten diese KommSituation und abstrahierten unzulässig, indem sie soziale Einflußfaktoren (v.a. das soziale Verhältnis der Kommunikationspartner, z.B. Hierarchien) auf Komm. unberücksichtigt ließen. Sie spiegeln gleichberech-tigten Dialog durch abstrakte Modelle nur vor. Die Berücksichtigung stellt den eigentlich eigenständigen Ansatz der soz. KommTheo. dar.

2.4 Funktion der Massenkommunikation

Im Sozialismus dient M. als wesentliches Element des ideologischen Klassenkampfes, sie dient der Entwicklung des soz. Bewußtseins und der soz. Persönlichkeitsbildung und damit der Konstituierung von Klassenbewußtsein, ist kollektiver Propagandist/Agitator der Partei und dient der Information über die ständig wechselnde Umweltsituation. M. sind ein ideologisches Führungsinstrument der Partei.

Im Kapitalismus dienen die M. aus sozialistischer Sicht zur ideologischen Manipulation der Bevölkerung durch die herrschende Klasse und zur psychologischen Kriegführung gegen den Sozialismus. Als Waren sind die M. auch ökonom. Gesetzen unterworfen.(-> kapital-ökonom., warenzirkulierende, regenerative, absatzökonomische, herrschaftliche Funktion). Folge ist eine "kommunikative Unterdrückung".

3. Anwendung der Theorien

3.1 Journalismus in der DDR

Bestimmung der Massenmedien als kollektiver Propagandist, Agitator, Organisator gemäß Lenin, sie sollen Bewußtsein und Handeln im sozialistischen Sinne beeinflussen. Entsprechend gehören sie in Staatsbesitz. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist verfassungsmäßig garantiert; praktisch aber staatliche Kontrolle durch Lizenzvergabe, Papierzuteilung, Konzentration der Druckkapazitäten, Vertriebsmonopol, Argumentationshilfe, Journalistenauswahl und -ausbildung. Die Journalistikwissenschaft folgt der Grundannahme, der gesamte Erkenntnisprozeß des Menschen beziehe sich auf den Klassenstandpunkt. Wissenschaftliche Objektivität ist gleichzusetzen mit Parteilichkeit gemäß dem wahren Sozialismus. Wiss. erfüllt keinen Selbst- zweck, sondern besitzt eine gesellschaftliche Produktivkraftfunktion. Die Wirkungstheorie beruft sich auf Lenins Pressetheorie

3.2 Medienkonzentration aus sozialistischer Sicht

Im Kapitalismus sind Massenmedien erwerbswirtschaftliche Unternehmen und damit ökonomischen Gesetzen unterworfen: Profitmaximierung als oberstes Ziel, daher Zwang zur Kosten- senkung durch Massenproduktion. Konzentration ist zwangsläufige Folge des Konkurrenzdrucks und verstärkt sich in einem Kreislauf selbst. Gewinnmaximierung läßt sich am ehesten über Kostensenkung erreichen, am besten über Ausnutzung der Arbeitskräfte oder über Kon- zentration. Konzentration erhält oder bestärkt Machtstrukturen.

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Kommunikationstheorie: Marxistische Theorie
Hochschule
Universität Münster
Autor
Jahr
2000
Seiten
3
Katalognummer
V96597
ISBN (eBook)
9783638092739
Dateigröße
326 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marxismus, Lenin, Marx
Arbeit zitieren
Svenja Kunze (Autor:in), 2000, Kommunikationstheorie: Marxistische Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96597

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