Nationale Identität und der innere Feind am Beispiel von Leitartikeln der FAZ


Trabajo, 1999

27 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Gliederung:

0. Vorwort

1. Einführung: Die Zeitung für Deutschland

2. Theoretische Vorüberlegungen
2.1. Nation, Identität und Ideologie im Kontext der Arbeit
2.2. Das abgefallene Eigene: Die Nation und ihre inneren Feinde

3. Ein kleines Panorama der „deutschen Frage“: Nationenkonzepte, Einstellungen, Wiedervereinigungsdiskurse, Historie der Wende
3.1. Nationenkonzepte im deutschen Kontext
3.2. Einstellungen zur deutschen Einheit
3.3. Der westdeutsche Wiedervereinigungsdiskurs
3.4. Massenprotest, Bürgerbewegung und Staatshandeln

4. Die diskursive Konstruktion nationaler Identität
4.1. Exkus: Der Agenda Setting Aproach
4.2. Die Rhetorik der Wiedervereinigung
4.3. Elemente der Identitätskonstruktion: Definitionen, Metaphern, Symbole

5. Grundannahmen und Leitfragen

6. Analyse: Die diskursive Konstruktion nationaler Identität in Feindbildern am Beispiel von FAZ-Leitartikeln
6.1. Die Rhetorik von Verschwörung und Klarheit
6.2. Das Doppelgesicht des Feindes: Lafontaine, Brandt und die Sozialdemokraten
6.3. Die Ideologie des Feindes: Die Rhetorik von der Irrlehre
6.4. Die Psycho-Pathologie des Feindes: Die Rhetorik vom Schmerz
6.5. Volkshoffnung und Erfüllung
6.6. Das Wesen der Nation

7. Resümee

8. Literatur

9. Die verwendeten Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

0. Vorwort

Ein kennzeichnendes rhetorisches Element der BRD-Wiedervereinigungsdiskurse Anfang des Jah- res 1990 war eine sogenannte „Apodiktizität des Faktischen“ (Roth), mit der die Einheitsbefürworter die Wiederbegründung des deutschen Nationalstaates als „ausgemachte Sache“, als nicht mehr disku- tierbaren, historisch-evidenten Mechanismus darzustellen suchten. So zitiert Florian Roth den SPD- Ehrenvorsitzenden Willy Brandt mit den lapidaren Worten: „Die Sache ist gelaufen“1 und den Spiegel- Herausgeber mit dem an den Einheitsskeptiker Günther Grass gerichteten Satz: „Der Zug ist abgefah- ren. Sie sitzen nicht drin."2 Diese auf die ersten Februartage des Jahres 1990 datierten Aussprüche geben die selbstsichere, dominante Position der Einheitsbefürworter wieder, und lassen das Empfinden aufkommen, daß die Bildung einer deutschen Einheitsnation sich quasi als Selbstläufer von allein ins Werk setze.

Wenn diese argumentationsferne Betrachtungsweise im Sinne einer historischer Entropie tatsächlich den Kern des Wiedervereinigungsprozesses seit dem Beginn des Massenprotestes in der DDR im Frühherbst 1989 treffen würde, hätte das Projekt dieser Arbeit einen etwas schalen Beigeschmack: Die Analyse der Rhetorik der (Re-)Konstruktion nationaler Identität anhand von FAZ-Leitartikeln hätte dann den Charakter einer Auseinandersetzung mit „folkloristischem Beiwerk“, das eine „logische“ Entwicklung bloß garniert. Warum, könnte man fragen, sollte eine Zeitung sich überhaupt der Animation des nationalen Bewußtseins widmen, wenn doch die Transformation der politischen Struktur wie von selbst auf den Endpunkt „Einheit“ zuläuft?

Eine Rückblende auf die Novembertage 1989 gibt erste Anhaltspunkte, daß die Entwicklung kei- neswegs von vornherein prognostizierbar war: „An einer Wiedervereinigung sind viele Landsleute drüben offenbar nicht übermäßig interessiert. Nicht nur die Oppositionsgruppen äußern sich überwie- gend ablehnend; auch die Besucher vom Wochenende zeigten, auf das Thema angesprochen, wenig Interesse.“3 So kommentiert Fritz-Ullrich Fack am 15.11.1989 in den Tagen der Ernüchterung nach der Euphorie des Mauerfalls. Diese erste unbekannte Variable aus zeitgenössischer Sicht betrifft die Bevölkerung der DDR. Eine weitere, wie zu zeigen sein wird, Teile der BRD Bevölkerung und Teile ihrer politischen Klasse. Die skeptische bzw. ungeklärte Position der alliierten Mächte zu dieser Zeit ist zwar nicht Gegenstand dieser Arbeit, aber ebenfalls eine Element des Panoramas, in dem sich eine Politik der Identität bewegt.

Diese Arbeit will die Politik der Identität der Einheitsbefürworter anhand von 12 Leitartikeln der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Zeitraum vom 1.11.1989 bis 30.1.1990 untersuchen. Dabei soll das besondere Augenmerk der diskursiven Konstruktion des inneren Feindes als Folie der Selbstver- gewisserung des politischen Kollektivs „deutsche Nation“ gelten. In diesem Zusammenhang sollen die Motive und Themen, anhand derer die FAZ-Leitartikler das nationale Selbstverständis skizzieren, nicht einfach als singuläre rhetorische Phänomene der Bewußtseinsbildung aufgefaßt werden, sondern vor allem auch als Instrumente politischen Handelns. Es geht also nicht allein darum festzustellen, was die nationale Identität aus Sicht der FAZ ausmacht, sondern ebenso darum, aus welcher Position her- aus, aufgrund welcher politischen Ideologie, für welche Leser und mit welchen Zielvorstellungen. Dies geschieht unter der Annahme, daß die politische Entwicklung während des Untersuchungszeit- raumes, so konsistent sie im Rückblick erscheinen mag, aus Sicht der Zeitgenossen von einer schwer einschätzbaren Dynamik wie von divergierenden Interessen und Positionen bezüglich des zukünftigen Form von Staatlichkeit und nationalem Selbstverständnis geprägt war.

Das Erkenntnisinteresse der Arbeit läßt sich anhand dreier Thesen umreißen:

➜ Die durch den Umbruch in der DDR wieder aktuelle Option eines Nationalstaates muß dessen Befürworter (West) animieren, die (Re-)Konstruktion einer nationalen Identität im Diskurs zu for- cieren.

➜ Als Massenmedium beeinflußt die FAZ die politische Kultur (im subjekt-orientierten Sinne), also Einstellungen und Bewußtsein, um die gewünschte politische Struktur positiv zu antizipieren und den Prozess zur Einheit zu legitimieren. Die spezifische Form nationaler Identität ist also un- trennbar mit entsprechenden Ordnungsvorstellungen und politischen Interessen verbunden.

➜ Die diskursive Konstruktion des inneren Feindes dient der FAZ als Folie, um das politische Kollektiv zu definieren und diesbezüglichen eigenen Vorstellungen zu illustrieren.

Paradigmatisch für diese Arbeit kann Anne Nortons Diktum über den inneren Feind im Kontext der Selbstvergewisserung einer Nation angesehen werden: „In choosing what they will reject, nations de- termine what they signify and what they will become.“4 Dementsprechend soll es Anspruch dieser Arbeit sein, die Facetten des Konstruktes „innerer Feind“ möglichst detailliert auszuleuchten und als Ausdruck bestimmter Identitäts- und Legitimitätsvorstellungen zu deuten. Daß die Wahl des Untersu- chungsobjektes ausgerechnet auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die „Zeitung für Deutschland“ (Untertitel), fiel, mag dem informierten Beobachter der deutschen Presselandschaft als sofort einsich- tig erscheinen. Der FAZ eilt der Ruf voraus, als Organ der konservativen Eliten gerade in der nationa- len Frage einen entschiedenen Standpunkt zu vertreten. Jedoch sollte im Rahmen einer sozialwissen- schaftlichen Arbeit diese Wahl reflektiert und die Vorstellung vom Untersuchungsobjekt konkretisiert werden, um zu vermeiden, diese Studie auf dem Fundament allzu gängiger (Vor-)Urteile aufzubauen. Auftakt der Untersuchung bildet daher eine Skizze der politisch-publizistischen Position der FAZ im Medienkanon der BRD (Kapitel 1). Anschließend werden die theoretischen Implikationen der Ar- beit dargestellt (Kapitel 2): Zunächst wird eine Vorstellung von politischer Kollektivität im Kontext der Nation erarbeitet, die den Bezug zu politisch-ideologischen Intentionen herstellt. Im zweiten Ab- schnitt werden verschiedene Charakteristiken des inneren Feindes im Zuge der Bildung, Bewußtwer- dung und Stabilisierung eines politischen Kollektivs beschrieben. Das 3. Kapitel bietet ein kleines Panorama der „deutschen Frage“: Nationenkonzepte im deutschen Kontext, Einstellungen zur Einheit, Wiedervereinigungsdiskurse und politisches Handeln zur Wendezeit sollen dargestellt werden, um die Arbeit in einen gesellschaftlich-historischen Rahmen einordnen zu können. Darauf folgt in Hinleitung auf die eigentliche Analyse ein Exkurs zur Medienwirkungsforschung und die Präsentation der ähnlich gelagerten Studie „The rhetoric of (re-)unification“ von Beate C. Gilliar, der einige Anregungen ent- nommen werden können (Kapitel 4). Im folgenden Abschnitt (Kapitel 5) werden aufgrund der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse die Leitfragen formuliert, um schließlich im 6. Kapitel zur Analyse selbst überzugehen.

1. Einführung: Die Zeitung für Deutschland

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wurde unter den überregionalen Zeitungen der BRD nicht zu- fällig als Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ausgewählt: Aufgrund ihrer herausragenden Position in der deutschen Presselandschaft (oft mit Attributen wie „staatstragend“ und „bestgemachte Zeitung Deutschlands“ umschrieben) sowie ihr eindeutiger deutschlandpolitischer Standpunkt während der gesamten Nachkriegszeit lassen sie von vornherein als attraktives Objekt zur Analyse der diskursiven Konstruktion nationaler Identität erscheinen. Im folgenden sollen die Charakteristiken der FAZ durch Ansichten ihrer Kritiker ebenso wie anhand der Selbstdarstellung von Verlagsseite veranschaulicht werden.

In seinem unmittelbar vor dem Untersuchungszeitraum veröffentlichten Essay über die FAZ gibt Claus Koch die Devise aus: „Wer die BRD verstehen will, der muß die FAZ lesen.“5 Er sieht in der FAZ eine Institution, deren Wirken nicht nur eng mit der Staat BRD verknüpft ist, sondern die im Bereich der Presse eine hegemoniale Stellung einnimmt. Daher müßte sich, so Koch weiter, zu jewei- ligen Zeiten kennzeichnendes über Land und Staat an der Zeitung ablesen lassen, gerade auch über Haltungen und Intentionen der politischen Klasse: „ (...) wer Illusionen und Gelüste ihrer offiziellen Politik, sowie das Bild, das sie sich von der Welt zu machen liebt, bis ins kleinste Detail studieren will- für den wird die Frankfurter Allgemeine unentbehrlich sein und, wie zu besorgen ist, auch bleiben.“6 So zitiert Koch aus einer Schrift Hans-Magnus Enzenbergers von 1962 und kommentiert, daß dieser Recht behalten habe. Fraglos ist für Koch das zentrale Motiv - gerade des politischen Teils - die natio- nale Selbstvergewisserung und ein gesamtdeutscher Politikansatz bis hin zur Gefahr, sich in einer „nationalistisch-gesamtdeutschen Irredenta“7 zu verrennen. Die Selbstbeschreibung der FAZ formu- liert im selben Sinne etwas nüchterner: „Diese Zeitung wollte von Anfang an der Ordnung dienen, in der wir leben“8, bekennt sie und erklärt zu den Intentionen ihres Untertitels „Zeitung für Deutschland“: „Es galt zunächst eine täglich erscheinende, von den Besatzungsmächten unabhängige Zeitung zu schaffen, die - drinnen und draußen - für das ganze Deutschland wirken und sprechen sollte, nicht nur für die Bundesrepublik, sondern auch für alle Menschen jenseits der Grenzen und für diejenigen, die ihre Heimat verloren hatten. An der Absicht, das ganze Deutschland zu spiegeln, hat sich bis heute nichts geändert.“9 Durch die Wiedervereinigung habe man sich in dieser Position glänzend bestätigt gesehen.

Den Stellenwert des Leitartikels läßt schon seine exponierte Position auf Seite 1 erkennen. Das Prinzip der Meinungsführerschaft, das bereits in der Vermeidung der gängigen Vokabel „Kommentar“ durchschimmert, faßt die FAZ so: „Der Leitartikel leitet den Leser auf dem Weg, auf dem sich die Politik der Zeitung bewegt.“10 Der Leitartikel soll also nicht nur das, was Entscheidungsträger tun, kommentieren und einordnen, sondern mehr: „Im Leitartikel wird Politik gemacht.“11 Zu den Funktio- nen des Leitartikels zählt Christian Gotthart die Ordnung und Einordnung des ausufernden Nachrich- tenmaterials sowie den Ausdruck von Meinung, Meinungsführerschaft und politischer Wirkung. Der Leitartikel enthalte somit die Quintessenz der Zeitung.12 Der FAZ-Leitartikel unterstreicht diesen An- spruch außer durch seine Position auf der ersten Seite durch seine besondere typographische Aufma- chung und den Umstand, daß er täglich vom Herausgebergremium delegiert und nach Fertigstellung kontrolliert wird. Somit ist der Leitartikel ein „Garantieprodukt, an dem die Haltung der Zeitung je- derzeit zweifelsfrei abzulesen ist.“13

Wer die Leser der FAZ sind, beziehungsweise wen man sich gemeinhin darunter vorstellt, lassen schon Kochs Äußerungen erahnen, der die FAZ tituliert als „ (...) das große konservative Organ der BRD für ihre Eliten (...)“14 und weiter anmerkt, die FAZ-Redaktion kann sich bezüglich ihrer Leser- schaft „mit der stillschweigenden Annahme begnügen, ihre Klienten sind auch staatstragend.“15 Diese pointierte Darstellung wird der empirischen Realität weitgehend gerecht: In der vom Spiegel in Auf- trag gegebenen Leseranalyse Entscheidungsträger(LAE) 1985 erscheint die FAZ als mit Abstand meistgelesene Tageszeitung in der Zielgruppe „Führungskräfte der Wirtschaft“ (18,8%, das sind 119.000 Befragte). Weiter 81.000 Leser findet die ‚Zeitung für Deutschland‘ unter den leitenden An- gestellten und wird mit einem Anteil von 20,5% auch hier von keiner anderen Tageszeitung übertrof- fen. Je höher die Befragten in den Berufs-Hierarchien angesiedelt sind, desto größer wird der Anteil der FAZ-Leser. So erreicht die FAZ von 110.000 Direktoren, Geschäftsführern und Vorständen 33.000, also 30,3%. Ebenso steigt der Prozentsatz der FAZ-Leser mit der Höhe des Einkommens.16

2. Theoretische Vorüberlegungen

Der spezifische Begriff von nationaler Identität, mit der diese Arbeit operiert, speist sich aus zwei Quellen: Ein grundlegender Schwerpunkt liegt in der Auffassung der Nation als Konstrukt, und in der Beziehung kollektiven Bedeutungsmusters zu Formen des politischen Handelns.

Der andere Schwerpunkt betrifft die Konstruktion des inneren Feindes als universelle Grenzbestimmung des politischen Kollektivs, die spezifische historische Ausprägungen erfährt und als Folie zur Bestimmung des Eigenen dient.

2.1. Nation, Identität und Ideologie im Kontext der Arbeit

In der Dynamik des Zusammenbruchs der DDR und der daraus erwachsenen Optionen für die Ges- taltung eines deutschen Staatswesens wurden jahrzehntelang gültige staatspolitische Strukturen und kongruente Vorstellungen politischer Normalität und Identität innerhalb weniger Wochen zur Makula- tur. Durch den offenen Bruch zwischen der politischen Kultur und Struktur der DDR stellte sich (ne- ben anderen Optionen) offen die Frage nach der Wiedervereinigung und damit die Notwendigkeit der Re-Interpretation politischer Wirklichkeit. Einer Rhetorik der Wiedervereinigung mußte es gelingen, die angestrebte Form der politischen Organisation durch kongruente Bewußtseinsinhalte - medial transportiert durch Meinungen, Haltungen und Weltanschauungen - plausibel zu machen und so zu legitimieren. Die Nation mußte wieder-vorgestellt werden.

Die gängige Formel von der Nation als „vorgestellter Gemeinschaft“, die Benedict Anderson ge- prägt hat17, erweist sich einmal mehr als praktikabler Ausgangspunkt: Unter der unvermittelten Mög- lichkeit einer gemeinsamen Zukunft der beiden deutschen Staaten mußte die Nation ‚wieder vorge- stellt werden‘. Diese Notwendigkeit, so meine These, spiegelt sich in der Rhetorik der national- gesinnten Öffentlichkeit und verweist so auf den konstruierten Charakter nationaler Identität im Span- nungsfeld von politischer Struktur und politischer Kultur (und äußert sich nicht zuletzt in entsprechen- den Feindbildern). Wäre es nicht nötig gewesen, ein entsprechendes Bewußtsein zu befördern, da die Nation und die auf sie gerichteten Einstellungen quasi in der Wesenheit des Volkes verankert sind, hätte es eines entsprechenden (gerade auch die gemeinsamen Wurzeln beschwörenden) Diskurses gar nicht bedurft.18

Für eine differenzierte Analyse des medial erinnerten und verstärkten Nationalbewußtseins bietet es sich an, die damit verbundenen Einstellungen, Emotionen und Wissenbestände als ‚nationale Identi- tät‘ zu fassen. Manuel Castells versteht unter Identität die Quelle der menschlichen Bedeutung und Erfahrung. „By identity, as it refers to social actors, I understand the process of construction of mean- ing on the basis of cultural attribute, or related set of cultural attributes, that is/are given priority over other sources of meaning.“19 Er betont, daß die Auffassung, Identität sei konstruiert, aus soziologi- scher Perspektive nicht in Frage stünde, und daher v.a. die Rahmenbedingungen analysiert werden müssen: Nämlich wie, aus was, durch wen und zu welchem Ziel Identität konstruiert werde. Bezüglich kollektiver Identität, also in einem Gruppenzusammenhang geteilter Bedeutungsmuster, stellt er die These auf, daß „(...) in general terms, who constructs collective identity, and for what, largely deter- mines the symbolic content of this identity, and its meaning for those identifying with it or placing themselves outside of it.“20

Hierhinter verbirgt sich die Vermutung, daß die Konstruktion von kollektiver Identität keineswegs interessenneutral und über die Mitglieder des bezogenen Kollektivs gleichverteilt vorangetrieben wird, sondern daß es Instanzen geben kann, die diesen Prozess befördern: „(...) identities can also be origina- ted from dominant institutions, they become identities only when and if social actors internalize them, and construct their meaning around this internalization.“21 Hier deutet sich wiederum die in modernen (zumal demokratischen) Gesellschaften virulente Beziehung zwischen einem institutionellen Überbau (Staat, System) und dem Bewußtsein der Individuen an, welcher zentrale Bedeutung für die Legitimi- tät politischer Strukturen beizumessen ist. Dieser Bezug gewinnt nochmals Nachdruck im von Castells unterschiedenen Spezialfall der „Legitimizing Identity“, welche von dominanten Institutionen mit dem Ziel eingeführt wird, die Herrschaftposition gegenüber den sozialen Akteuren zu festigen. Davon un- terschieden wird (neben einer weiteren Form, der „Resistance Identity“) die „Project Identity“, die in einem Prozess der Transformation dominante Bedeutungsmuster ergänzen, verändern oder gänzlich ersetzen will.

Bereits Max Weber22 weist in seiner Arbeit über die Nation auf deren genuin politischen Charakter hin, indem er den Begriff des Machtprestiges mit ihr verbindet. Er mißt den Trägergruppen des Staa-tes, also den herrschenden Eliten, eine starke Affinität zum Ideal des Machtprestiges bei, welches je- doch unter Zutun weiterer, die Herrschaftsform unterstützender Interessengruppen (die privilegierten Schichten) eine Uminterpretation erfährt: „Das nackte Prestige der Macht wandelt sich jedoch unter dem Einfluß dieser Kreise unvermeidlich in ein andere, spezifische Formen ab, und zwar in die Idee der Nation.“23

Es wird zu zeigen sein, das die von der FAZ beförderte ‚Wieder-Vorstellung‘ nationaler Identität einen starken Staats- und Elitebezug aufweist, wobei es, im Bild des inneren Feindes, nicht zuletzt um die Frage der dominanten Ideologie geht. Die Position der FAZ in der Öffentlichkeit prädestiniert sie zur Instanz in nationalen Fragen. So kann sie als eine identitätskonstruierende Institution angesehen werden, die aufgrund ihrer Mittlerposition zwischen politischer Struktur und Kultur umfassende Deu- tungsmacht besitzt, und sowohl die (erlesene) Leserschaft als auch den gesellschaftsweiten Diskurs beeinflussen kann.

Die vielfältigen politischen, auf die Legitimität des Systems und auf Interessengruppen bezogenen Implikationen des Begriffs der Nation, legen es nahe, eine Bewegung, die einer bestimmten Vorstel- lung von Nation verpflichtet ist, als Trägerin einer Ideologie des Nationalismus zu bezeichnen. John Breuilly24 sieht im Nationalismus eine politische Strategie, der eine herausragende Bedeutung bei der Verfolgung politischer Ziele gerade unter den Bedingungen des modernen Staatensystems zukommt. Zentrales Moment ist dabei der Erwerb oder der Erhalt staatlicher Macht. Gerade im Falle des Natio- nalismus gehen Ideologie und Identität eine fruchtbare Verbindung ein, denn die Nationen kommen dem Bedürfnis nach Bedeutungsmustern entgegen, „da sie sowohl abstrakt sind als auch ein konkretes Angebot gegen den entpersonalisierten Charakter der Moderne darstellen.“25 Es sei ausdrücklich dar- auf hingewiesen, daß Breuilly dem Nationalismus als Bewegung im Wiedervereinigungsprozess keine große Rolle beimißt, und zwar mit den bekannten Argumenten, daß die Regierung der BRD zum Han- deln ‚gezwungen‘ gewesen sei und daß der Beitrittswunsch der DDR- Bevölkerung v.a. ökonomische Gründe hatte. Ich halte diese Darstellung für etwas einseitig. Zwar hat er insoweit recht, als es keine geschlossen auftretende nationalistische Bewegung gab. Gerade jedoch bei der Analyse nationalistisch intendierter Feindbilder sollte das ideologische Moment nicht außer Acht gelassen werden. In einer Phase, da die nationale Frage völlig offen war, ist es plausibel, das Erringen von Deutungsmacht und Meinungsführerschaft als publizistische Motiv der FAZ zu vermuten und als Ausdruck einer Ideolo- gie zu deuten - was in dieser Arbeit belegt werden soll.

Die Inhalte, anhand derer nationale Identität erfahren wird, sind vielfältig mit dem jeweiligen histo- rischen Kontext verknüpft. Als gängigste Bestimmungsfaktoren nationaler Gemeinschaft werden meist Ethnie, Kultur/Sprache und die Rechtsstellung (Staatsbürgerschaft) genannt. Durch Mythen und Sym- bole wird das Bewußtsein einer gemeinsamen Vergangenheit kultiviert. Diese Arbeit will nur einen (vermeintlich) kleinen Ausschnitt nationaler Bedeutungsmuster beleuchten, nämlich den inneren Feind der Nation. In diesem manifestiert sich jedoch nicht nur politischer Antagonismus, sondern er kann (wie zu zeigen ist) ebenso als Folie weiterer Motive nationaler Selbstvergewisserung dienen.

2.2. Das abgefallene Eigene: Die Nation und ihre inneren Feinde

Bedeutung entsteht durch Differenz. Die Definition eines Sachverhaltes, also seine Eingrenzung, seine eigentliche Kenntlichmachung, nimmt ihren Ausgang bei seiner Negation. Anne Norton faßt es so: „The process of seperating a name, a word, a identity, from those surrounding it begins with differ- entiation.“26 Bezogen auf die kognitive Konstruktion einer sozialen Großgruppe heißt das: Die Reve- renz auf eine In-Group, sei es als Mitgliedschaft, in Form von Identifikation oder sonstigem, positiv besetztem emotionalen Bezug gewinnt erst mit der Benennung einer differenten Out-Group an Rele- vanz.

Die Konstruktion des Anderen macht die eigene Identität erst erfahrbar. So ist es evident, daß in der Bekenntnis zu einer nationalen Identität das Bewußtsein mitschwingt, daß es Menschen gibt, die die jeweiligen ethnischen, kulturellen oder staatsbürgerlichen Merkmale nicht teilen und mithin aus dem Großgruppenzusammenhang „Nation“ exkludiert sind. Diese Grenzziehung dient zunächst der Strukturierung der Wirklichkeit, generiert aber auch daran ausgerichtete Handlungsoptionen: So haben Nationen (als Nationalstaaten oder in der Absicht, solche zu werden) zu allen Zeiten einen kompetitiven Charakter, oft auch verheerend aggressiven Charakter bewiesen.

In dieem Zusammenhang urteilt Berghoff: „Zur Geschichte der politischen Kollektiviät gehört von Anfang an die latente und manifeste Feindschaft.“27 Er erkennt in den Konflikten von politischen Kollektiven die Reproduktion archaischer Muster, durch welche die Todesdrohung auf ein Außen projeziert wird. Die kaum verklausulierte Vorstellung eines Todfeindes in Gestalt des Erbfeindes Frankreich gehörte zur Grundausstattung des deutschen nationalen Bewußtseins des 19. Jahrhunderts. „Durch den Feind Frankreich war es (...) möglich, die entzweienden, auflösenden bzw. diabolischen und todbringenden äußeren Kräfte dingfest zu machen.“28 Im Bewußtsein der Bedrohung muß das vorgeblich gefährdete politische Kollektiv seine Position definieren.

Im Konflikt tritt also die Demarkationslinie des politischen Kollektivs klar hervor, im Feindbild verbirgt sich die verstärkte Beschäftigung mit dem und die Vergewisserung des Eigenen. Durch die Bedrohung veranschaulicht sich die aus der Differenz erwachsene Bedeutung des Eigenen in dramati- scher Weise und überformt das Konstrukt des Kollektiv mit emotionaler Evidenz. Der Klassiker Georg Simmel konstatiert beispielhaft: „Es ist aber nicht etwa eine innerliche, geschlossene Volkseinheit da, welche das Recht, die Sitte, die Religion, die Sprache aus sich hervorbringen ließe, sondern äußerlich in Berührung stehende sociale Einheiten bilden sich durch Zweckmäßigkeit, Not und Gewalt bewogen diese Inhalte unter sich aus, und dieses bewirkt oder vielmehr bedeutet erst ihre Vereinheitlichung.“29

Im Gegensatz zum recht eindeutigen und kalkulierbaren Status des äußeren Feindes zeichnet sich der innere Feind eines politischen Kollektivs durch seine Ambivalenz aus. Er sollte eigentlich dazuge- hören, er tut es aber nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang, oder das politische Kollektiv kann sich dessen nicht sicher sein. Bezüglich der pathologischen Dynamik, welche die Konstruktion eines inneren Feindes entfachen kann, sei nur beispielhaft auf die Dolchstoßlegende hingewiesen. Gemein- hin reagieren Kollektive auf abweichende Individuen oder Gruppen (Renegaten oder Ketzer, Kommu- nisten oder Konterrevolutionäre) äußerst sensibel, wie Norton feststellt: „(...), political identity is shown to emerge with the greatest clarity when polity confornts individuals whose inclusion in the polity is ambiguous.“30 Denn in der Frage, ob jene, die nicht klar zugeordnet werden können, dazugehören oder nicht, wird das politische Kollektiv gezwungen, präzise und bewußt die inkludierenden Merkmale zu überdenken und zu (re-)definieren.

Der Nationalstaat als organisatorische Umsetzung des kollektiven Prinzips Nation, hat sich als Sachwalter dieser ihn beschreibenden und legitimierenden Konstruktion von Gemeinschaft seit den Zeiten des Nation-Building im 18. und 19. Jahrhundert intensiv um die Durchsetzung nationaler Be- deutungszusammenhänge bemüht. Im Falle Deutschlands übernahm der (zunächst preussisch- deutsche)autoritäre Staat die nationalen Deutungsmuster der demokratischen nationalen Bewegung und löste sie als Protagonist der nationalen Einigung ab. In der von Michael Mann als Top-Down- Nationalism31 bezeichneten Homogenisierung sprachlicher, kultureller, administrativer und hohheitli- cher National-Merkmale, die den Dreiklang Kultur/Nation/Staat popularisieren sollten, zeigte sich das Bemühen des Staates und der ihn unterstützenden Institutionen um eine erst preussisch-deutsche, ab 1871 reichsdeutsche nationale Identität, und i.d.Z. auch um die Neutralisierung innerer Feinde (Sozia- listen, Sozialdemokraten).

Zygmunt Bauman identifiziert als Grundprinzip des modernen Nationalstaates, als dessen genuin modernes Merkmal, dessen Bestreben, das Prinzip der Ordnung durchzusetzen. „Das typisch moderne Verfahren des Staates, die Substanz moderner Politik lag in dem Bemühen, Ambivalenz zu vernichten (...)“32 Seine Beobachtung, daß Nationalstaaten Uniformität fördern, daß Nationalismus eine Religion der Freundschaft ist und somit staatlich erzwungene Homogenität die Praxis nationalistischer Ideolo- gie, rückt die Frage nach der Loyalität ins Blickfeld. Bauman: „In allen Analysen moderner Staaten wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß sie versuchen, alle Loyalitäten und Teilungen innerhalb des Landes, die einer nationalen Einheit entgegenstehen, zu reduzieren und zu eliminieren.“33

Zweifelhafte Loyalität kommt in den Ruch der inneren Feindschaft - im Falle einer staatlich ge-stützten nationalistischen Ideologie jedoch unter der besonderen Maßgabe, daß jene Haltung potentiell das umfassende Prinzip der Ordnung gefährdet, also chaotisches Potential in sich trägt. Berghoff kons- tatiert, daß sich hinter der Konstruktion des inneren Feindes oftmals ein „Phantasma des politischen Körpers“ verbirgt, in welchem das politische Kollektiv als „Vitalzusammenhang“ begriffen wird, den es vor „Übel“ und „Krankheiten“ zu schützen gelte.34 Den sogenannten Vaterlandsverrätern wird dabei die Rolle des Fremden als abgefallenem Eigenem zugesprochen (im Gegensatz zum Fremden, der immer schon substantiell anders war), gegen das mit allen Mitteln vorgegangen werden muß. Die Hef- tigkeit der Bekämpfung des inneren Feindes begründet die Ahnung, daß „die Stabilität des politischen Kollektivs in wechselnden Graden immer auch von Innen bedroht bleibt.“35 Natürlich findet Berghoff die schlagensten Belege für seiner Thesen in den nationalistischen Exzessen des 19. und 20. Jahrhun- derts. Auf die aktuelle Anwendbarkeit seines Deutungsmusters gerade im Falle des deutschen Natio- nalismus weist jedoch eine Bemerkung hin, welche sich auf die Situation vor der Wiedervereinigung übertragen läßt: „Das ‚kollektive Leben‘ wurde hier [in deutschen Nationalbewegungen] meist als ein werdendes, noch schwaches, seiner Vollendung entgegenstrebendes betrachtet, das deshalb noch be- sonders schutzbedürftig erschien.“36

Anne Norton, die in ihrer Untersuchung zum Grenzgänger die Strukturen der kollektiven Wahr-nehmung untersucht, sieht im Erkennen des inneren Feindes den Beginn des Gruppenbewußtseins und somit die Quelle der Legitimität für die dominante Ideologie. Ausgangspunkt ihrer Argumentation ist die triadische Wahrnehmung, die der Grenzgänger ermöglicht: Dem Subjekt steht gegenüber ein Ob- jekt der Ähnlichkeit und ein Objekt der Differenz, die jeweils einen Ideenkanon repräsentieren. Die Wahrnehmung des Grenzgängers markiert die bewußte Differenzierung, die das Kollektiv von allen anderen unterscheidbar macht. „Liminars serve as mirrors for nations.“37 So erkennt der Bürger die qualitativen Prinzipien der Nation, kann daran ableiten, ob das Regime ihnen gerecht wird - der Be- ginn von Legitimität. Der Grenzgänger stellt Struktur und Ordnung in Frage. Als bedrohliches Ele-ment legt er die Signifikanz der (nationalstaatlichen) Ordnung offen, in ihm personifiziert sich das herrschaft-konstituierende Moment der Widerspruchs. So wird er zur Folie der Selbstdefinition des politischen Kollektivs: „In choosing what they will reject, nations determine what they signify and what they will become.“38

Die hier vorgestellten Ansätze sollen es im Fortgang der Arbeit ermöglichen, die im politischen Diskurs der Wendezeit aufgebauten Feindbilder zu erkennen und zu beschreiben. Selbstverständlich bilden sich die hier beschriebenen Wahrnehmungs- und Ordnungsmuster in einer pluralistischen Öffentlichkeit kaum mit derselben akklamatorischen Klarheit heraus wie in einer autoritären Gesellschaft. Zu Zeiten der Wende bedient sich die FAZ jedoch - wie zu zeigen ist - einer Rhetorik, deren semantisches Profil unter Zuhilfenahme der hier gewonnen Begriffe erstellt werden kann. Zunächst muß jedoch die Spezifik des historischen Kontextes näher betrachtet werden.

3. Ein kleines Panorama der „deutsche Frage“: Nationenkonzepte, Einstellungen, Wiedervereinigungs-Diskurse, Historie der Wende

Einen annähernd befriedigender Umriß der Themenkomplexe zur „deutschen Frage“ zu bieten, ü- bersteigt den Rahmen (nicht nur dieser Arbeit) bei weitem. Um aber die Analyse der FAZ-Leitartikel wenigstens ansatzweise in einem ideen- wie zeitgeschichtlichen Kontinuum einzubetten, werden im folgenden vier relevante Dimensionen der Beschreibung und Interpretation des Komplexes „Deutschland und Nation“ angerissen: Konzepte der Nation, Einstellungen der Bevölkerung (BRD), Wiedervereinigungsdiskurse und eine kleine Anatomie politischen Handelns zur Wendezeit.

3.1. Nationenkonzepte im deutschen Kontext

Anstatt eines historischen Abrisses des deutschen Nationalismus sollen an dieser Stelle verschiede- ne Konzepte der Nation vorgestellt werden, die für das Verständnis von Nation in Deutschland Bedeu- tung erlangten: Die Volksnation, die Kulturnation, die Staatsbürgernation und die Klassennation.39

Die auf rassische und ethnische Merkmale gegründete Konzept der Volksnation, im Nationalsozialismus zur Staatsdoktrin erhoben, begreift das Volk als vorpolitische Wesenheit. Die Zugehörigkeit ergibt sich automatisch aus der Abstammung. Dazu gesellt sich die Vorstellung einer „historischen Schicksalsgemeinschaft“, die aufgrund der (Bluts-)Verwandtschaft eine gleichsam natürliche Loyalität aller Mitglieder einfordern kann. Der Begriff der Volksnation ist verfassungsindifferent und zeigt daher immense Anziehungskraft auf autoritäre und faschistische Staatswesen. Die von Berghoff eingeführte Begriff des Vitalzusammenhangs findet in der Volksnation seine kongeniale Konzeptualisierung. Es verwundert daher nicht, daß gerade unter dem Primat der Volksnation die inneren Feinde deutscher Staatswesen nachhaltiger Verfolgung ausgesetzt waren.

Demgegenüber konstituiert sich die Kulturnation über gemeinsame kulturelle Praxis und gemeinsam erbrachte Kulturleistungen, also über Sprache, Liedgut und Sitten/Gebräuche ebenso wie über das gemeinsame Andenken an „Nationaldichter“ o.ä.. Die Kulturnation diente sowohl als Substitut wie auch als Komplementär zur Staatsnation. Während der deutschen Teilung war es Politik der Bundesregierung, mit Hinweis auf eine deutsche Kulturnation der DDR-Bevölkerung die Staatsbürgerschaft der BRD zuzuerkennen und somit das Staatsvolk der BRD irredentistisch nach Osten zu erweitern. Als (dominante) nationalstaatliche Ordnungsidee konnte sich die Kulturnation jedoch nie durchsetzen, da das kulturelle Erbe insgesamt zu diversifiziert ist.

Grundlage der Staatsbürgernation sind die individuellen Bürgerrechte, vor allem die verfassungsmäßige Absicherung von Freiheit und Gleichheit. Dementsprechend ist sie nicht verfassungsneutral; weitere zentrale Aspekte sind die demokratisch legitimierte Abgabe von Herrschaft sowie die Rechtsstaatlichkeit. Der verwandt erscheinende Begriff der Staatsnation beinhaltet demgegenüber keine spezifischen Kriterien der Zugehörigkeit, sondern postuliert nur die Existenz einer staatlichen Verbandsordnung für eine nationale Ordnungsvorstellung.

Die Klassennation zieht ihre Identitätsbildung aus der Gleichheit der Klassenlage. Dieses von der DDR Führung seit den 70er Jahren propagierte Konzept - das ähnlich der Volksnation notwendig gleiche Interessen der Gesamtbevölkerung propagierte - sollte zu einer von der BRD abgrenzenden Bewußtseinsbildung führen.

3.2. Einstellungen zur deutschen Einheit

Eine Grundannahme dieser Arbeit ist, daß Zeitungen als Organe der medialen Öffentlichkeit nicht nur politische Entwicklungen begleitend reflektieren, sondern - je unterschiedlich aufgrund der Leserstruktur und ihrer Position im öffentlichen Diskurs - meinungsbildend auf Haltungen und Bewußtsein in der öffentlichen Meinung, bei Lesern, und hier speziell auch der Eliten einwirken können. Hier kommt die Beziehung von politischer Struktur und politischer Kultur zum tragen, und zwar speziell eine als wünschenswert betrachtete Transformation der Struktur und deren bewußtseinsmäßige Antizipation in der politischen Kultur. Für die Enquete Kommission des Deutschen Bundestages zur „Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ haben Werner Weidenfeld und Manuela Glaab umfangreiches empirisches Material zu den Einstellungen der Bundesbürger zusammengetragen, wovon hier Auszüge vorgestellt werden sollen.40

Der zentrale Begriff der Nation wurde 1986 von 37% der Bundesbürger ausschließlich mit der BRD in Verbindung gebracht, weitere 35% sahen darin BRD und DDR, weitere 23% faßten in diesen Begriff auch weitere deutschsprachige Gebiete. Auch bei der Frage, was in Zukunft unter „deutscher Nation“ zu verstehen sein wird, rangierte an erster Stelle die BRD. Wobei Weidenfeld/Glaab konsta- tieren, daß die Verengung der nationalen Perspektive von 1981 bis 1986 sogar leicht zugenommen habe.41

Die Vorstellung „einem Volk“ anzugehören - wie bereits in Kapitel 3.1. dargestellt wurde ein nicht unwesentliches Motiv im deutschen Staats- und Nationenverständnis der Vergangenheit - wurde von einem weitaus größeren Anteil der BRD-Bevölkerung geteilt. So geht aus Daten der Jahre 1984 und 1987 hervor, daß 80% der BRD-Bevölkerung die Menschen beider deutscher Staaten als „ein Volk“ angesehen haben. Jedoch mit signifikanten Generationsunterschieden: So teilten diese Anschauung nur 67% der 14 bis 29 Jahre alten Befragungspersonen.42

Der Einschätzung, daß die DDR Ausland ist, schlossen sich seit 1971 immer mehr westdeutsche Befragte an. Auf die Frage „Ist die DDR für Sie Ausland?“ antwortete 1971 noch die klare Minderheit von 19% mit „ja“, 1987 war deren Anteil bereits auf 32% gestiegen. Auch hier belegt die Altersaufschlüsselung erhebliche Generationsunterschiede: So meinte 1987 die Mehrheit der 14 bis 29-jährigen, nämlich 51%, das die DDR Ausland ist.43

Die deutsche Wiedervereinigung als allgemeines, ideeles Ziel, bewertete die BRD-Bevölkerung während der 80er Jahre zwar mehrheitlich positiv: So stimmten noch im Januar 1989 61% der Aussa- ge zu „Für die deutsche Einheit muß man eintreten, auch wenn sie nicht sofort erreichbar ist. Bei gro- ßen Zielen muß man in Kauf nehmen, daß man ihre Erfüllung nicht mehr erlebt.“ Jedoch stellen Wei- denfeld/Glaab auch ausdrücklich fest, daß 20% der Befragten ausdrücklich nicht zustimmten.44

Im Verlauf der 80er Jahre gewann die europäische Vereinigung gegenüber der Vereinigung der deutschen Teilstaaten eindeutig an Priorität. Erstmals 1978 setzte eine Mehrheit bei der Frage „Was halten sie für vordringlicher: Die Wiedervereinigung Deutschlands oder eine europäische Vereinigung?“ mit der Europa-Option. 1988 setzten dann knapp 60% auf Europa, während die deutsche Vereinigung von weniger als 40% als vordringlich eingestuft wurde.45

Weidenfeld/Glaab resümieren, daß die deutsche Einheit zwar als ideeles Motiv in der BRD weitge- hend akzeptiert war, aber das Nationalbewußtsein sich den herrschenden Verhältnissen mehr und mehr anglich: So sei der Begriff Deutschland für den westlichen Teil vereinnahmt worden, das Gefühl, die Teile Deutschlands lebten sich auseinander, habe zugenommen, und die Westdeutschen hätten sich mit einem auf ihren Teilstaat bezogenen Nationalbewußtsein zufrieden gegeben.46 Noch während der Wendezeit im Herbst 1989 stagnierte der Anteil der Einheitsbefürworter (West) bei rund zwei Drittel, von der erstmals nach dem Mauerfall befragten Ost-Bevölkerung wünschte gar nur jeder Zweite die Einheit. Erst im Frühjahr 1990 stieg die Zustimmung spürbar auf 80% in West wie in Ost an.47 Dieses Datenmaterial bringt eine Bewußtseinslage zum Ausdruck, die gerade in der deutschen Fra-ge engagierte Presseorgane zur forcierten Thematisierung ermutigen muß: Denn zum einen existierten auf ideeler Ebene zweifellos positiv besetzte Dispositionen zur Wiedervereinigung bei einer Mehrheit, doch durch die divergente politische Wirklichkeit hatten Begrifflichkeiten eine Umwidmung erfahren (Nation), desweiteren drohte die vormalige Bedeutung (Volk) gerade in der jungen Generation in Ver-gessenheit zu geraten. Auch war nicht unbedingt gewährleistet, daß eine Mehrheit die Einheit als vor-dringliches politisches Projekt definiert(Europafrage).

3.3. Der westdeutsche Wiedervereinigungsdiskurs

Zu den politischen Diskursen über nationale Identität in der alten BRD hat Florian Roth eine umfassende Aufarbeitung vorgelegt.48 Anhand seiner Arbeit sollen Schwerpunkte und Wandlungen der öffentlichen Debatte dargestellt werden, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, in welchem Diskurs-Umfeld die FAZ argumentiert.

Die geistige Lage zur deutschen Frage ist im Jahre 1988 und in der ersten Hälfte 1989 gekenn- zeichnet von der lagerübergreifenden Auffassung, das es sich um ein randständiges Thema handle. Häufig geäußerte Ansicht war, daß sich die deutsche Frage nicht stelle. Einzig der nationalkonservati- ve Flügel der CDU und die CSU (Carstens, Dregger) thematisierten den Topos, v.a. unter der strategi- schen Maßgabe, nicht den rechtsradikalen Parteien dieses Politikfeld zu überlassen. Als Feindbilder fungierten hier vor allem die Konzepte liberaler Unionspolitiker wie Geisler und Späth, die den Multi- kulturalismus sowie das Motiv der Stärkung der Regionen in einem vereinten Europa im konservati- ven Lager diskussionsfähig gemacht hatten. Am 17. Juni 1989 hielt Erhard Eppler eine als Ausdruck eines breiten Konsens‘ aufgefaßte Rede, in der er das Recht auf Selbstbestimmung der DDR- Bevölkerung betont und Einheit als Prozess des Aufeinanderzugehens beschreibt. Diese allgemeinge- haltene Reflexion des Einheitsgedankens trägt die Merkmale einer von keinerlei Zwängen gekenn- zeichneten Schönwetterpolitik. Ebenfalls im Sommer 1989 plädiert Theo Sommer in der Zeit, wie schon Späth, für eine „Entstaatlichung der deutschen Frage“ und gibt zu bedenken, ob die deutsche Wiedervereinigung nicht zugunsten der europäischen Friedensverantwortung aufgegeben werden sol- le. Aus den Reihen der (linksliberalen) Intellektuellen, die die „Wiedervereinigungs-Phraseologie“ endlich dem Orkus der Geschichte überantwortet sehen wollen, scheren im Oktober 1989 Martin Wal- ser und Fritz J. Raddatz aus und fordern „eine Aufkündigung der Bescheidenheit“. Zu einer Zeit, als der Massenexodus die Frage nach der Lebensfähigkeit der DDR stellte, aber politisch anfangs kaum instrumentalisiert wurde, entbrennt nun der öffentliche Streit um die Zukunft Deutschlands, und damit auch darum, wie sich die deutsche Nation in Zukunft definieren soll. Gerade Walser verlegt sich dabei auf emotionale Motive, bezeichnet das Konzept der Kulturnation als ‚Abfindungsform‘ und ‚Verfas- sungspatriotismus‘ als Abfindungslabor. Er wolle „aufeinanderzugehen, wiedererkennen und wieder- verbinden“ und teilt diese Auffassung mit dem Spiegel Herausgeber Augstein, der bekennt, er sei Na- tionalist und Patriot, und der - im Gegensatz zu seinem damaligen Chefredakteur Erich Böhme, expli- zit wiedervereinigt werden will. Nach Florian Roths Auffassung beinhalteten diese emotionalen Be- kenntnisse jedoch noch keine schlüssige Konzeptualisierung der Einheitsfrage.49 Die Sozialdemokratie nimmt Ende 1989 zur Wiedervereinigung eine Haltung ein, die einem da- mals zu beobachtenden Generationsgefälle bei der Bewertung der deutschen Frage entspricht.50 So stehen ältere Genossen, allen voran der Willy Brandt, ohne Wenn und Aber und auch hier mit einer emotionalen Note für den Wiedervereinigungsgedanken ein. Einer (gerade unter der 68er Generation) weitverbreiteten entnationalisierten Haltung entspricht die Position des designierten Kanzlerkandida- ten Lafontaine, der der sozialen Frage Priorität einräumt (gleiche Lebensverhälnisse) und die deutsche Einigung als Schritt auf dem Weg nach Europa darzustellen versucht. Er nimmt so ganz bewußt eine anti-emotionale Stellung ein.

Jenes Lager, das sich im Oktober 1989 erstmals mit emotionalen nationalen Bekenntnissen geoutet hatte, verlegt sich in der nächsten politischen Phase Anfang 1990 darauf, den historischen Prozess zur Wiedervereinigung als evidente und unumkehrbare Tatsache darzustellen. Diese „Apodiktizität des Faktischen“ (Roth) äußerte sich im Falle Augsteins beispielsweise darin, den Kontrahenten und Wie- dervereinigungsgegner Günther Grass mit Sätzen zu disqualifizieren wie: „Der Zug ist abgefahren und Sie sitzen nicht drin!“51

3.4. Massenprotest, Bürgerbewegung und Staatshandeln im Herbst 1989

Um die Analyse der FAZ-Leitartikel im historischen Kontext vollziehen zu können, bietet es sich an, einige Kernpunkte der Wendeentwicklung, die oft auch Paradigmenwechsel darstellten, zu beleuchten. Als Basis dienen die einschlägigen Kapitel aus Otto Danns Buch „Nation und Nationalismus in Deutschland 1770-1990“52

Neben dem Massenexodus über Ungarn und den Botschaftsbesetzungen in Prag und Warschau werden die öffentlichen Proteste ab Frühherbst 1989, speziell die Montagsdemonstrationen in Leipzig als Initialzündung und Gradmesser für die Destabilisierung des SED-Regimes angesehen. In unserem Zusammenhang interessieren vor allem die Motive und Parolen, die Auskunft über die Intentionen der Demonstranten geben. Vor der Leipziger Nikolaikirche artikulieren sich im September zunächst die Ausreisewilligen mit dem Ruf „Wir wollen raus“. Anfang Oktober werden diese von einer Mehrheit abgelöst, die nach wie vor persönliche Perspektiven in der DDR sieht und skandiert: „Wir bleiben hier!“. Nach der staatsseitig tolerierten Leipziger Demonstration vom 9.10.89, allgemein als Präze- denzfall für den Gewaltverzicht des Regimes interpretiert, werden in allen großen ostdeutschen Städ- ten Straßendemonstrationen initiiert. Zur einprägsamen Parole der Protestveranstaltungen wird der Ruf „Wir sind das Volk“, der der Massenbewegung erstmals politischen Ausdruck dahingehend gibt, daß - wie Dann es ausdrückt - „(...) sich hier eine Bevölkerung formierte, die den Anspruch anmeldete, der Souverän des Staates zu sein.“53 Als Höhepunkt dieser Bewegung ist die Demonstration am 4.11.89 in Berlin anzusehen. Die deutschen Einheit ist für die im Protest konstituierten Gegenöffentlichkeit der späten DDR bis zum Mauerfall am 9.11.89 kein Thema. So vermerkt Dann zur Demonstration am 4.11.: „Es war die protestbereite Bevölkerung der DDR, die sich als DDR-Nation hier konstituierte.“54 Gegen Ende November gewinnen dann zwei Parolen an Durchschlagkraft, die je nach Interpretation einen Paradigmenwechsel der friedlichen Revolutionäre oder die Artikulation bisher ungehörter Stimmen bedeuten. „Deutschland einig Vaterland“ und „Wir sind ein Volk“. Die DDR-Bürgerbewegung, seit September 1989 maßgeblicher Träger der Opposition (u.a. Neues Forum, Demokratischer Aufbruch, Demokratie jetzt), verbindet ihre Forderungen nach Reformen maßgeblich mit einer Weiterexistenz der DDR. Das Schlagwort des dritten Weges machte die Runde. Als nach dem Mauerfall die Option der Wiedervereinigung Gewicht bekommt, appellieren die Bürger- rechtler in öffentlichen Proklamationen, etwa dem Aufruf „Für unser Land“ (26.11.89), an die DDR- Bevölkerung, die Chance zu selbstbestimmten politischen Reformen nicht einem ökonomisch moti- vierten Beitrittswunsch zu opfern. Anfang Dezember hat die befürchtete Zersplitterung der Reform- Kräfte jedoch die eigenen Organisationen erreicht: Am 2.12.89 muß der Sprecherrat des Neuen Fo- rums erklären, in der Wiedervereinigungs-Frage nicht aussagefähig zu sein. Die Politik der Bundesregierung ist bis zur Vorlage des 10-Punkte Plans von Kanzler Kohl von Zu- rückhaltung geprägt. Nach den ersten geheimen Wahlen in der Volkskammer (18.11.89) und schließ- lich dem Rücktritt des SED-Politbüros und des Zentralkomitees forciert die BRD-Regierung ihre auf eine rasche Annäherung der beiden Staaten gerichteten Anstrengungen. Dabei wird zwar weiterhin bilateral mit der neuen Regierung Modrow verhandelt; gleichzeitig aber verstärkt die Bundesregierung (wie auch die Oppositionsparteien) die direkte Ansprache der Bevölkerung und die Unterstützung der oppositionellen DDR-Parteien, was schließlich zur faktischen Übernahme der Wahlkampfplanung für die Volkskammerwahlen am 18.03.90 durch die westdeutschen Schwesterparteien führt.

4. Die diskursive Konstruktion nationaler Identität und die Wiedervereini- gung

Dieses Kapitel soll auf die Formulierung der Leitfragen der Untersuchung hinführen, und zwar anhand der Rezeption einer ähnlich gelagerten Studie zur rhetorischen Konstruktion nationaler Identität während der Wendezeit. Vorher soll jedoch in einem kurzen Exkurs die Medienwirkungsforschung zu Wort kommen, um die Mechanismen publizistischen Wirkens darzustellen.

4.1. Exkurs: Der Agenda Setting Approach

Um im Vorfeld der Analyse die strukturellen Dispositionen medialer Identitätskonstruktion noch- mals zu veranschaulichen, bietet es sich an, das Printmedium FAZ als Element eines Kommunikati- onszusammenhanges vorzustellen. Die Wirkungsweise eines Mediums im Spannungsfeld von politi- scher Kultur und (antizipierter) politischer Struktur läßt sich anhand des Thematisierungsansatz55 (A- genda-Setting-Aproach) verdeutlichen. Dessen zentrale Hypothese lautet, daß die Themen in den Me- dien den Themen in den Köpfen vorausgehen. Die Schwerpunktbildung der Medien findet sich kon- gruent, aber zeitlich versetzt im Bewußtsein der Individuen wieder. Der Rezipient übernimmt also das von den Medien einem Thema beigemessene Bedeutungsquantum, daß sich maßgeblich in Umfang und Dauer der Berichterstattung äußert.

Übertragen auf den zu untersuchenden Fall hieße das, daß die Wiedervorstellung gesamtdeutscher Zusammengehörigkeit, forciert in einer entsprechenden Leitartikel-Rhetorik (und illustriert anhand von Feindsemantiken) bei gewogenen Lesern mit zeitlicher Verzögerung ebenfalls ins Zentrum des politischen Bewußtseins rückt. Nun ist der Nachweis dieser Themenübertragung vom Medium auf den Rezipienten hier nicht Gegenstand der Analyse; vielmehr soll der Rückgriff auf den Thematisierungs- ansatz helfen, die Kommunikationssituation zu veranschaulichen: Denn erst durch die plausible An- nahme eines Thementransfers gewinnt die ideologische Komponente nationaler Identitätskonstruktion an Gewicht. Nämlich wenn angenommen werden kann, daß eine Reanimation nationaler Bedeutungs- zusammenhänge und damit zusammenhängende Forderungen von den Lesern adaptiert werden, wenn also Einfluß auf einen Teil der politischen Kultur genommen werden kann.

Anzumerken ist, daß es auch konträre Ansätze im Bereich der Medienforschung gibt, etwa die Reflexionshypothese, welche postuliert, daß die Medien thematisieren, was die Menschen bewegt. Diese Umkehrung der zeitlichen Abfolge könnte der richtige Ansatz zur Analyse der Darstellung der DDRRevolution als solcher sein. Jedoch muß differenziert werden zwischen der aktiven DDR- Bevölkerung, die von der FAZ als Berichterstatter beobachtet wird, und der passiven, ebenfalls beobachtenden Bevölkerung der BRD, für welche die FAZ die Ereignisse ausdeutet und mit dem Surplus ihrer eigenen politischen Intention anreichert. Der politische Wille des Mediums (im Leitartikel) überformt also die Nachricht mit dem Ziel, durch die legitmierende Wirkung nationaler Semantiken eine Veränderung der politischen Struktur positiv zu antizipieren.

4.2. Die Rhetorik der Wiedervereinigung

Als beispielhafte Untersuchung im Kontext dieser Arbeit kann Beate C. Gilliars Studie „The retho- ric of (re-)unification“ angesehen werden, welche die diskursive Konstruktion nationaler Identität(en) während der Wendezeit anhand der Wochenzeitung „Die Zeit“ und der Tageszeitung „Neues Deutsch- land“ analysiert. Die Darstellungen ihrer zentralen Annahmen und Fragestellungen soll die vorliegen- de Arbeit in einen Forschungskontext einordnen, sie weiter fundieren und Elemente für Leitfragen bereitstellen.

Gilliar zufolge ist der Fall Deutschland ein ergiebiges Terrain zur Analyse kollektiver Iden-titätskonstruktion: „The historical dynamics of German identity present a powerful example of how public identities are constructed and reconstituted with changes in political conditions.“56 Hilfreich zum Verständnis dieser Prozesse sei dabei die Rhetorik der Presse, die durch ihre Strategien wie Representation und Beeinflussung zur Ausformung der öffentlichen Meinung beiträgt. Zum Verständnis der Zeitungstexte, so merkt Gilliar ausdrücklich an, „it is imperative to recognize that the process of interpreting is the process of interpreting their contexts and our own as well“.57

Ihr spezifisches Verständnis von politischem Handeln im öffentlichen Diskurs geht aus den folgenden drei Grundannahmen hervor:

- Wandelnde politische Konstellationen befördern die Rekonstruktion von geteiltem Wissen und gemeinsamen Werten und werden von diesen ebenso rekonstruiert.
- Das gemeinsame Wissen erfährt seine rhetorische Umsetzung im öffentlichen Diskurs, und entwi-ckelt sich durch den Zugang zu diesem Diskurs weiter.
- Das dominante politische Interesse bestimmt den Diskurs, in dem aber auch „der Andere“ thematisiert wird, also exkludierte Meinungsströmungen und deren Repräsentanten.

Die Analyse dieser Politik der Identität nimmt Gilliar anhand folgender zentraler Fragestellungen vor:

- Welchen Einfluß hat die Vorstellung einer kollektiven Identität auf den Diskurs?
- Wessen Stimme kann in den Blättern gehört werden?
- Wie werden bestimmte Ereignisse interpretiert?
- Mit welchen Frageformen operieren die Texte?
- Welche Bildsprache wird verwendet?
- Wie werden Wertediskussionen ideologisch beeinflußt?

Gilliars Ansatz bestätigt zum einen nochmals die Herangehensweise dieser Arbeit und gibt wichti- ge Anregungen, insbesondere über den Einsatz rhetorischer Mittel, mit denen sich der folgende Ab- schnitt befaßt.

4.3. Elemente der Identitätskonstruktion: Definitionen, Metaphern, Symbole

Die rhetorischen Kategorien Definition, Metapher und Symbol ermöglichen es, anhand der verwendeten Mittel das Textmaterial gezielt auszuwerten und in der Transformation ihrer Inhalte beispielsweise Paradigmenwechsel im fortschreitenden politischen Prozess zu identifizieren.

Die Grundfunktion von Definitionen ist die Überwindung von Ambiguität, also die Bekämpfung des Chaos zugunsten einer begrifflich gefaßten Ordnung. Die Bedeutung von Definitionen im Prozess der Umdeutung politischer Wirklichkeit läßt sich im zeitlichen Kontext des Mauerfalls exemplarisch illustrieren: Danach nämlich wurde zunehmend die rhetorische Strategie (seitens der BRD-Presse) angewendet, die semantische Trennung der beiden deutschen Staatsvölker in „jene“ und „uns“ zugunsten des verbindenden „wir“ aufzuheben.58 Ihr Gebrauch ist bestimmt von den Faktoren Kontext, rhetorische Zielrichtung und Art und Weise der Konstruktion. Bezüglich der definitorischen Umwidmung der Wirklichkeit sind folgende Elemente des Vereinigungsprozesses von Bedeutung: Die Vergangenheit und Gegenwart des Einheitsbegriffs; die Rhetorik von „sein“ und „haben“; die Transformation ideologischer Definitionen in neue, gültige Wirklichkeitsdeutungen.

Die rhetorische Figur der Metapher, die durch sinnfällige Übertragung die Bedeutung eines Sach- verhaltes plastisch und bildhaft unterstreicht und erweitert, eignet sich hervorragend zum Nachweis rhetorischer Intention und seiner ideologischen Zuordnung. Denn in der Überformung eines gegebe- nen Sachverhalts durch unmittelbar verstehbare Bildhaftigkeit geschieht eine interpretatorische Erwei- terung des bloß Faktischen. Als typisch für den Wiedervereinigungsprozess sieht Gilliar die Verwen- dung von dramatisierenden Metaphern, die bewußt mit Begriffen aus der Theaterwelt operieren und politisches Handeln als Tragödie, Komödie oder Farce darstellen. Typisch sind ebenfalls Metaphern der Katharsis, die die Erleichterung über das Abschütteln des Alten illustrieren sollen. Metaphern der Konstruktion schließlich generieren Legitimität für das gewünschte gemeinsame Projekt (Wiederver- einigung), indem wünschenswerte Ordnungsvorstellungen mit positiven Bildern von Ordnung ver- knüpft werden.

Symbole schließlich verschmelzen als intuitive Zeichen ganze Bedeutungskomplexe in einem Beg- riff. Ihre Verwendung kann tief im kollektiven Gedächtnis verankerte, auch emotionale Assoziationen aktivieren. Die Reaktivierung gängiger Symbole oder die Neubelegung von Begriffen mit Symbolhaf- tigkeit ist zweifellos eine besonders effektive Form des politischen Handelns. Die dominierenden Symbole der Wendezeit ordnet Gilliar dem öffentlichen Raum einerseits, der Sphäre der Ökonomie andererseits zu. Zur ersten Kategorie zählen die Berliner Mauer, das Brandenburger Tor sowie die Stadt Berlin als solche. Beachtet werden muß, daß diese Symbole in der Nachkriegszeit mit einschlä- gigen Bedeutungen aufgeladen wurden und die Rhetorik der Wiedervereinigung eine den Ereignissen entsprechende Umdeutung in Angriff nehmen mußte. Bei den ökonomischen Symbolen nennt Gilliar an erster Stelle die D-Mark, sowie Statussymbole des westlichen Wohlstandes, an erster Stelle die Automarken Mercedes und BMW und desweiteren das sehr ironische Symbol der Banane, dessen sich jedoch eher die Einheitsskeptiker bedienten.

Durch die drei rhetorischen Elemente Definition, Metapher und Symbol wird die Rekonstruktion einer gesamtdeutschen Identität maßgeblich strukturiert. Zweifelsfrei sind hiermit rhetorische Werk- zeuge des politischen Handelns benannt. Jedoch wird die eigentliche politische Frage, nämlich wel- chen Nationalstaat sich die Befürworter denn vorstellen, nach Gilliars Erkenntnissen in den Zeitungen Die Zeit und Neues Deutschland kaum thematisiert: „It strikes that the newspapers operated out of the conviction that eastern and western Germany should constitute one national unit, never really explo-ring the more complex questions about the nature of such a union.“59 Diese Beobachtung kann man mit Verweis auf die von Florian Roth dokumentierten Hauptaussagen des Wendediskurses (Kap. 3.3.) bestätigen. Wie jedoch bereits in Kapitel 3.1. gezeigt wurde, können dem Begriff der Staatsnation unterschiedliche Vorstellungen vom „Gemeinsamen“ unterlegt werden. Für unsere Untersuchung stellt sich somit die Frage, ob die Rhetorik der FAZ, gerade in der Thematisierung des „Feindes der Nation“ ihre Auffassung über die wiederzuvereinigende Staatsnation durchblicken läßt, oder ob sie ebenfalls nur auf einer „Apodiktizität des Faktischen“ beharrt.

5. Grundannahmen und Leitfragen

In den bisherigen Kapiteln wurden Zielrichtungen, Fragestellungen und Leitmotive der Leitartikel- Analyse herausgearbeitet, die in diesem Abschnitt nochmals gebündelt und systematisiert werden sol- len. Als Grundannahme kann dabei die von Anne Norton formulierte These gelten, daß Nationen in dem was sie ablehnen, ihre Vorstellungen von sich selbst am deutlichsten offenbaren, und das gerade anhand der Konfrontation mit dem inneren Feind politische Identität mit großer Klarheit ablesbar wird. Welcher Art diese nationale Identität ist, hängt dabei maßgeblich davon ab, wer sie konstruiert und welche Ordnungsvorstellungen er damit verbindet. Es wird daher weiter davon ausgegangen, daß die FAZ, als politisch-publizistisch handelnde Instanz der BRD-Öffentlichkeit, die für ihre National- staats-Vorstellung spezifischen Identitätsmuster reproduziert, und so einer bestimmten Auffassung von „deutscher Einheit“ zur Dominanz verhelfen will. Somit zeichnen sich drei Komponenten der Analyse ab: die Konstruktion der nationalen Identität, die national-politische Ordnungsvorstellung und die Folie des inneren Feindes. Die Funktionen dieser Komponenten können folgendermaßen beschrieben werden: In den Ordnungsvorstellungen, die die Sphäre der politischen Struktur betreffen, werden als wünschenswert angesehene Formen der Herrschaftsausübung und Verfahrenskontrolle (des Einheits- prozesses) propagiert. Die Konstruktion einer damit kompatiblen nationalen Identität - hier wird die politischen Kultur angesprochen - soll ein positives Bewußtsein der Leserschaft und der politischen Öffentlichkeit herstellen. Die Folie des inneren Feindes schließlich dient dazu, Störfaktoren der positi- ven Relation Struktur - Kultur zu benennen und an ihnen exemplarisch zu illustrieren, wie wün- schenswert das eigene Projekt ist. Im Rahmen dieser drei Hauptkomponenten sind folgende weitere Annahmen von Bedeutung:

- Die politischen Strukturen (der DDR) sind nicht stabil sondern befinden sich in einem raschen und schwer prognostizierbaren Umbau.
- Die im Diskurs vertretenen Vorstellungen von Legitimität und Identität stehen in Konkurrenz zu anderen Modellen und haben daher Projektcharakter mit Blick auf eine ‚bessere‘ Zukunft
- Die Bevölkerung der BRD nimmt auf den Prozess des politischen Wandels (anders als Teile der DDR-Bevölkerung) nicht aktiv Einfluß, ist aber bezüglich der Wiedervereinigung bewußtseinsmäßig tangiert.
- Die FAZ hat sich in 40 Jahren BRD als wichtige publizistische Instanz in Fragen des nationalen Selbstverständnisses etabliert
- Adressaten der FAZ-Leitartikel sind die gehoben gesellschaftlichen Schichten der BRD, mithin auch Entscheidungsträger und Meinungsführer

Den drei Hauptkomplexen, Legitimität, Ideologie und der Folie des inneren Feindes lassen sich spezifische Fragestellungen zuordnen. Diese sollen ein (flexibles) Analyse-Raster bieten, daß als Orientierungshilfe für die Untersuchung der Leitartikel anzusehen ist.

A. Legitimität: Die Rekonstruktion nationaler Identität

- Anhand welcher Motive wird die Zusammengehörigkeit der beiden Staatsvölker inhaltlich fun-diert?
- Werden die Leser zum Handeln aufgerufen?
- Wie wird die nationale Vergangenheit im Rahmen der gegebenen Situation wieder-vorgestellt, gedeutet und integriert?
- Welche Rolle spielen emotionale Motive?

B. Ideologie: Vorstellungen von Wiedervereinigung und Nationalstaat

- In welcher Weise wird mit dem Gegensatz Ordnung vs. Chaos operiert?

- Gibt es Anzeichen dafür, daß Verfahrensweisen des Top-Down Nationalismus favorisiert werden, also der Prozess der Wiedervereinigung eher von Herrschaftsinstanzen als durch Willensbildung von unten gelenkt werden soll?- Können Argumente und Motive in den Leitartikeln bestimmten Nationenkonzepten zugeordnet werden?

- Wie Verknüpfen sich solche Vorstellungen mit Aufforderungen zum politischen Handeln?

C. Abgrenzung: Die Konstruktion des inneren Feindes

- Welche gesellschaftlichen Gruppierungen, Institutionen oder Personen werden als Feinde des na-tionalen Projekts dargestellt?
- Welche politischen Konzeptionen werden als fragwürdig dargestellt, welche Nationenvorstellun-gen werden delegitimiert und mit welchen Mitteln?
- Inwieweit werden die inneren Feinde als Grenzgänger, also als „unsichere Kantonisten“ beschrie- ben, die sich durch Ambivalenz verdächtig machen?
- Wird mit Darstellungsformen gearbeitet, die die Vorstellung von der Nation als Vitalzusammen- hang kolportieren, also etwa mit Körpermetaphorik, Krankheitsmetaphorik etc. arbeiten?

D. Weitere Fragestellungen

- Mit welchen Personifizierungen wird gearbeitet? Welche Personen werden als Zeugen für die Argumentation aufgerufen?
- Auf welche Ereignisse wird Bezug genommen?
- Wird mit dem Motiv der „Fragilität der deutschen Nation“ argumentiert?
- Wie werden rhetorische Mittel wie Definitionen, Metaphern und Symbole verwendet und welche Botschaften sollen sie transportieren?

Diese Fragestellungen sind als flexibles Bearbeitungsmuster anzusehen. Sie werden also nicht der Reihe nach penibel „abgehakt“, sondern bieten eine unscharfe Schablone im Sinne von Leitideen.

6. Analyse: Die diskursive Konstruktion nationaler Identität in Feindbildern am Beispiel von FAZ-Leitartikeln

Insgesamt wurden 12 Leitartikel aus der Zeit vom 1.11.1989 bis zum 30.1.1990 zur Analyse heran- gezogen. In der Frage der Herangehensweise wurde von einer chronologischen Aufarbeitung abgese- hen und stattdessen die Aufbereitung des Materials anhand zentraler Motive gewählt, um zu verhin- dern, daß sich die Intention der Arbeit in dokumentarischer Fleißarbeit verliert. Überall dort, wo der argumentative Zusammenhang oder der Bezug zu aktuellen Ereignissen verständnisfördernd ist, wird darauf hingewiesen werden. Eine Anmerkung zur Zitierweise: Zitate aus den Leitartikeln werden in normalen „Anführungsstrichen“ wiedergegeben, pointierte Aussagen, Interpretation etc. meinerseits in einfacher ‚Anführung‘.

6.1. Die Rhetorik von Verschwörung und Klarsicht

Die Frontstellung in der Auseinandersetzung um die nationale Zukunft Deutschlands konstruiert die FAZ mehrfach anhand des Antagonismus von listigen Verschwörern und klardenkenden Verant- wortungsträgern. Bereits im frühesten vorliegenden Leitartikel wird der Rahmen für dieses Grundmo-tiv abgesteckt: Es ist „die vielfarbige sozialistische Glaubensgemeinschaft hierzulande (...)“, die in ihrer „(...) namenlosen Enttäuschung über den realsozialistischen Bankrott“60 dem Volk Protest und Ausreise aus der DDR mißgönnt. Die westdeutschen Gruppierungen, namentlich die DKP, die Öko- Alternativen und Teile der SPD, verbinde dieses Festhalten am „gelobten System“ (des Sozialismus) und die Skepsis gegenüber einem gesamtdeutschen Staat mit dem DDR-Regime: „Wie eh und je be- harren sie im Gleichklang mit Ost-Berlin auf der These, daß die Zweistaatlichkeit Deutschlands eine verdiente Kriegsfolge und damit unabänderlich sei.“61 Dieses Bündnis, so der Tenor des Artikels, rich- te sich in zweifacher Hinsicht gegen das Volk: Zum einen gegen den demonstrierenden Teil der DDR- Bevölkerung, der, so die FAZ, „(...) um einen republikanischen, demokratischen und sozialen Rechts- staat“62 kämpft, zum anderen gegen die Übersiedler in die BRD. Dabei hege die Linke ein doppeltes Ressentiment: Zum einen ein materielles, gegründet im „(...) neuen Wohlstandschauvinismus vieler Bürger“, und ein ideologisches, „(...) gegen Deutsche, die dem Sozialismus den Rücken kehren.“63

Hier treten zum erstenmal einige Grundmuster der Konstruktion des inneren Feindes auf, die sich von nun an immer wieder finden: Das sektiererhafte, das der West-Linken anhand der religiös- konnotierten Metaphorik („Glaubensgemeinschaft“) zugesprochen wird und i.d.Z. die religiöse Ver- brämung der ihnen zugeordneten Ideologie des Sozialismus. Weiterhin die Vermutung einer heimli- chen Koalition ‚im Geiste‘ mit dem DDR-Regime und zwar zum Schaden des deutschen Volkes (Ost), das als potentielles Opfer der Machenschaften der Verschwörer dargestellt wird. Und schließlich die Vorstellung der SPD als ‚unsicherer Kantonist‘, als Grenzgänger, deren Mitglieder teilweise mit den Verschwörern sympathisieren. Zweifellos reproduzieren sich hier auch Schemata des kalten Krieges und seines Systemwettstreits, und der FAZ-Leitartikler wählt dementsprechend zur Illustration der Lage einen Vergleich aus der Kriegsgeschichte: „Es war dies ein Cannae nicht nur für die Orthodoxen der DKP, sondern auch für die hiesigen Öko-Sozialisten von der grünen Front und für zahlreiche Lin- ke in der SPD.“64 Hier wird der gebildete Leser vorausgesetzt, der weiß, daß bei Cannae der karthagi- sche Feldheer Hannibal dem römischen Heer eine vernichtende Niederlage zufügte. Jedoch setzte er nicht konsequent genug nach und verlor schließlich die punischen Kriege.

Als charakteristisches Moment der Verschwörung ist der ‚Verdacht der Listigkeit‘ zu nennen. Die Warnung, daß die Verschwörer gegen das Volk aus der scheinbaren Niederlage noch einen Sieg ma- chen könnten, ist der zentrale Gedanke des Leitartikels mit dem Titel „Koalition der Stehaufmän- ner“65. Mit ins Boot der „Hüben-drüben-Koalition“ werden u.a. der damalige IG-Metall-Vorsitzende Steinkühler und der SED Generalsekretär Krenz gesetzt. Die Gefährlichkeit der DDR Wendesozialis- ten (und somit der ihnen assozierten West-Linken)wird durch kriegshistorische Anleihen belegt: Der Frieden von Brest-Litowsk habe Lenin nur scheinbar geschwächt. Sogar Stalin und seine (scheinbar) aussichtslose Situation im Winter 1941 wird bemüht. In diesen Beispielen klingt gar das alte Motiv einer bolschewistischen Weltverschwörung an.

Ziel der „Hüben-drüben-Koalition“ sei es, einen Sozialismus des „dritten Weges“ aufzulegen, der von der BRD alimentiert werden müsse ohne dabei Einfluß auf die wirtschaftlichen Reformen nehmen zu können. Dieser vom Motiv der Aufdeckung inspirierten Rhetorik werden die eigenen Bundesgenossen zur Seite gestellt: „Dieses Konzept haben die drei westdeutschen Parteivorsitzenden Kohl, Waigel und Lambsdorff durchschaut.“66 Auf diese Art wird dem Gespinst der Verschwörung eine Rhetorik der Klarheit entgegengesetzt und mit Personen verknüpft, nämlich den westdeutschen Regierungspolitikern. Die „klarsichtigen Politiker des westdeutschen Staates“ werden zum Handeln, zum „Arbeiten“ aufgerufen und ausdrücklich wird Willy Brandts „klarere Sicht“ gelobt, die ihn in Gegensatz zu seiner Partei stellt: „Unklar ist dagegen die Politik der SPD.“67

6.2. Das Doppelgesicht des Feindes: Lafontaine, Brandt und die Sozialdemokraten

Die hervorstechende Eigenschaft des inneren Feindes, seine Ambiguität, also die Unmöglichkeit, ihn diesseits oder jenseits des kollektiven Projekts einzuordnen, wird von den FAZ-Leitartiklern bei- spielhaft anhand der westdeutschen Sozialdemokraten konstruiert. Die SPD, so wird kommentiert, sei unfähig bezüglich der ‚Hüben-drüben-Koalition‘ der sozialistischen Verschwörer - welche aus dem nationalen Projekt quasi exkludiert sind - sich klar zu positionieren und die Frage zu beantworten, „(...) ob sie die staatliche Einheit der Deutschen will oder ob sie die Zweistaatlichkeit als notwendige Konsequenz aus den Katastrophen des ersten deutschen Nationalstaates betrachtet“68. Die Ambivalenz der SPD wird durch eine Personifizierung der Debatte anhand der SPD-Politiker Willy Brandt und Oskar Lafontaine exemplifiziert. Der „klarsichtige“ Brandt, der auf dem SPD Programmparteitag Mit-te Dezember die „(...) Möglichkeit eines Nationalgefühls für die Deutschen aufscheinen“ läßt, wird mit dem verschleiernden Lafontaine konterkariert: „Lafontaine sucht die Sozialdemokraten daran zu hin- dern, auf das zu blicken, was jenseits des löchrig gewordenen Zaunes durch Europa an Vereinigung und Nationalgefühl vor sich geht.“69 Auch hier zeigt also wieder der Gegensatz von Klarsicht einer- seits und Verschleierung, Verschlagenheit und Verschwörung andererseits. Als Brandts Plus in punkto ‚Klarsicht‘ wird im übrigen nicht nur an dieser Stelle einzig seine emotionale Hinwendung zum natio- nalen Projekt aufgeführt. So heißt es auch im Leitartikel vom 30.1.1990: „Die Wiedersprüchlichkeit läßt sich an den Hauptpersonen Brandt und Lafontaine erkennen: Willy Brandt für das Nationale, für das Herz; Oscar Lafontaine für den bundesrepublikanischen Bauch.“70 Die Mitglieder der SPD stehen im Verdacht, eher mit Lafontaine sympathisieren: „Seine Rede war Salbe auf die Wunden des sozial- demokratischen Gemüts“71 - so heißt es anläßlich des Programmparteitages.

Die FAZ analysiert die Politik Lafontaines als demagogische und verschleiernde Position, und läßt so ex negativo ihre eigenen Vorstellungen durchblicken. So bezieht die Zeitung elegant indirekt Stel- lung, indem sie den ‚Mißstand Lafontaine‘ angreift. Ihm werden drei Handlungsmotive zugesprochen. Erstens seine Affinität zum Sozialismus: Die westdeutsche Linke wolle einem zweiten Probelauf des Sozialismus auf DDR-Boden. „Deshalb plädieren Politiker wie Lafontaine so vehement für die Zwei- staatlichkeit.“72 Zweitens erscheint das Motiv der Bequemlichkeit, (anti-)programmatisch angedeutet in der Artikelüberschrift „Zum westeuropäischen Biedermeier“73, das auf Lafontaines Focus „Region und Europa“ abhebt. Anhand dieser Lafontaineschen Haltung rehabilitiert die FAZ den Nationalstaat: „Bequem und selbstgerecht ist es, die Nation einfach in die historische Ablage zu tun mit der Behaup- tung, in Deutschland hätte dieses Prinzip nur Unheil gestiftet.“74 Als drittes Handlungsmotiv wird Lafontaines Machtkalkül angeführt. Da heißt es „(...) Lafontaine kämpft um die Macht“ oder, i.Z.m. der Feststellung, daß er das Zuwanderungsproblem populistisch ausgenutzt habe: „Er nutzte dieses Gemenge eiskalt.“75

Die Betonung des Motivs ‚Macht‘ und der Verdacht der berechnenden Demagogie verdeutlicht das Zusammenspiel von diskursiver Identitätsbildung und auf Machtpositionen gerichtetem politischem Handeln: Lafontaine, der Feind des nationalen Projekts (dessen Sympathisanten-Grenze quer durch die SPD verläuft) ist (als designierter Kanzlerkandidat) gleichzeitig Konkurrent des anderen Lagers um die Führungsposition. In der FAZ-Darstellung disqualifizieren sich sein Machtdrang und seine Einstel- lung der nationalen Idee gegenüber wechselseitig. Das nationale Projekt, das die FAZ propagiert, ge- rinnt auf der Folie Lafontaine: die Priorität des Nationalstaatsprinzips (statt Europa und Regionen), strikter Anti-Sozialismus und emotionale Hinwendung zur Idee der Einheit. Eine dementsprechende „un-bequeme“, nicht selbstgerechte Haltung wird nicht exakt benannt - doch die dem Leser suggerier- te korrekte Einstellung dürfte im semantischen Feld von Pflicht, Verpflichtung und Pflichterfüllung liegen.

Im Verdacht, daß die SPD-Basis mit dem Demagogen Lafontaine sympathisiert, scheint das Merkmal der mangelnden Loyalität (einer größeren Teilgruppe der Nation) auf, welches das Stigma des Grenzgängertums begründet und von Bauman als entscheidendes Moment nationalen Denkens benannt wird. In diesem Sinne illustriert das Begriffspaar ‚klar‘ vs. ‚unklar‘ beispielhaft die Ambivalenz der SPD im Geiste der Dichotomie von Ordnung und Chaos, diesem Grundprinzip der Wirklichkeitskonstruktion im Kontext des Nationalstaates.

6.3. Die Ideologie des Feindes: Die Rhetorik von der Irrlehre

Wie bereits angedeutet, entwickeln die FAZ-Leitartikler die Disqualifizierung des Sozialismus durch einen Religion/Sekten - Bezug zu einem Leitmotiv ihrer Rhetorik. Gekoppelt an die Person Lafontaines ließt sich das so: „Wer anders als Oskar Lafontaine könnte den Sozialdemokraten noch die Glaubensgewissheit verschaffen, daß der Sozialismus nicht am Ende sei?“76 Die Irrlehre des Sozia- lismus findet also in Lafontaine ihren demagogischen Prediger und Sektenführer, dessen Argumentati- on „(...) schlichten Gemütern wie eine komplette Welterklärung erscheinen muß."77 In dieser Funktion repräsentiert Lafontaine, wie gezeigt wurde, das verschlagene Gesicht der nur zweifelhaft ins nationale Projekt inkludierten SPD, und zwar als deren Verführer. Unter der Überschrift „Sozialismus als Denkmuster“ nimmt die FAZ Anfang Januar einen historisch weitausgreifenden Vergleich des Sozia- lismus mit Erlösungssekten verschiedenster Epochen vor. Das Grundmuster der Argumentation zeich- net der Auftakt des religionshistorischen Exkurses: „Schon die Sumerer kannten den Sozialismus.“78 Ziel der Kenntnisreichtum vermittelnden Darstellung, die die Priesterreiche der Inkas, die schiitischen Bewegungen, die Lehren der Gnosis und des Manichäismus ebenso wie christliche Häretiker (Hussi- ten) umfaßt, ist der Nachweis eines utopischen Rigorismus: „Das Paradies auf Erden“ wolle der Sozia- lismus schaffen, ihm gehe es um „absolute Gewissheiten“. Ob die Argumentation in sich stichhaltig ist, könnte nur mit fundierten religionshistorischen Kenntnissen überprüft werden. Leise Zweifel sind jedoch angebracht, da sowohl autoritäre als auch anti-autoritäre Weltanschauungen herangezogen werden, auf Transzendenz orientierte ebenso wie materialistische. Gemeinsam haben die Beispiele (außer den ganz und gar legendenhaft anmutenden Sumer- und Inka-Vergleichen), daß es sich bei allen Gruppen um radikale Außenseiter handelt, um Sekten also, die sich von der jeweiligen kulturel- len Hauptströmung abwenden. Der Verdacht des elitären Renegatentums durchzieht die Argumentati- on: Dabei lesen sich die Beispiele - außer den Gnostikern werden auch die Spiritualen und Illumina- ten, die Katharer und Albingenser genannt wie ein „Who is Who“ der Geheimbünde des Mittelalters. Das bereits in den Leitartikeln entwickelte Motiv der Verschwörung wird den Tiefen des kollektiven Gedächtnisses beigeordnet. Dieses Schema wird in gelehrter Versenkung vielfach illustriert und paral- lel werden die Handlungen der früheren Bewahrer der herrschenden Lehre als Reaktionsmuster in die Gegenwart transferiert: „Die großen scholastischen Theologen mußten ähnlichen Häresien begegnen wie ihre Vorfahren, die Väter der Patristik im Frühchristentum.“79 - und, so könnte der geneigte Leser ergänzen, ihre Nachfahren. Hier offenbart die FAZ die Sicht ihrer selbst im Kontext des nationalen Diskurses, nämlich die des aufrichtigen Schützers der ‚wahren Lehre‘.

Das Phänomen des Sozialismus wird einer primordialistischen Sichtweise einverleibt, indem es aus dem direkten Kontext des eigenen nationalen Projekts in die Sphäre religiöser Konflikte verschoben wird. Die Vorgeschichte des inneren Feindes präsentiert sich so nicht in einer Geschichte der politi- schen Konflikte oder gar der Klassenkämpfe (was ja die Sichtweise des Gegners ist) sondern als eine Geschichte der Irrlehren und verschrobenen Mystiker. Die primordialistischen Wurzeln des eigenen, nationalen Projekts werden demgegenüber, wie in Abschnitt 6.5. zu zeigen sein wird, in die Sphäre des Politischen integriert. Im Zuge der Historisierung erfährt der Sozialismus durch den FAZ-Leitartikler eine fast schon diskurs-schamanistisch zu nennende Fesselung: Denn im letzten Abschnitt wird der Begriff nur noch in Anführungsstrichen verwendet, aus Sozialismus wird „Sozialismus“. Substantielle Existenz wurde per Mythologisierung in eine nunmehr virtuelle überführt.

6.4. Die Psycho-Pathologie des inneren Feindes: Die Rhetorik vom Schmerz

Die von Berghoff beschriebene Vorstellung des politischen Kollektivs als Vitalzusammenhang und des inneren Feindes als Krankheit findet in den Leitartikeln der FAZ in Form von körperbezogenen Metaphern, speziell im Motiv des Masochismus wieder. In Formulierungen wie „masochistische Be- jahung der Teilungen“80 wird dem politischen Gegner eine pathologische Tendenz zur Selbstgeißelung angehängt. Auch in dieses Muster wird die Person Lafontaines eingepaßt, etwa anläßlich des SPD- Programmparteitag im Dezember 1989, wo er am Tag nach der (national-emotionalen) Rede Willy Brandts zu den Delegierten sprach: „Seine Rede war Salbe auf die Wunden des sozialdemokratischen Gemüts. Sie war eine dankbar hingenommene Bestrafung für die Grenzüberschreitung des Vortages. Sie war ein rhetorisch brillantes Spiel mit linken Neurosen.“81 Der hier angesprochenen Psycho- Pathologie der linken Einheitsskeptiker, mit Lafontaine als ‚Domina‘, widmet die FAZ am 19.12.1989 unter der Überschrift „Als wahr gilt, was weh tut“ einen kompletten Leitartikel. Ausgehend von dem Keynes-Zitat, Kommunismus sei „ der Eifer, eine schmerzhafte Lösung zu suchen - weil sie schmerz- haft ist“82, wird die Logik der (Selbst-)Geißelung der Linken erklärt. Geschickt wird der (eher linke) Ökonom Keynes, der zu Zeiten auch mit dem Kommunismus sympathisiert hat, als Kronzeuge aufge- rufen, wodurch im selben Atemzug das Verdachtsschema des Grenzgängertums durchexerziert werden kann: „(...)-83 dieses Doppelspiel blieb charakteristisch für das Verhältnis der Intellektuellen zum Pro- jekt des Kommunismus.“84 Neben dem puritanischen Ansatz, der „große, unerreichbare Ziele durch Schmerz und Askese zu erzwingen versucht“85 wird als Motiv für die linke Schmerzlust der politische Körper als solcher ausgemacht: „Auch im westlichen Deutschland sind viele von Straf- und Vergel- tungsphantasien erfüllt. Daß die Wiedervereinigung nicht einmal gedacht werden darf, daß die Wunde der deutschen Frage offenzuhalten sei, hört man (nach einem kurzen Moment der Einigkeit) immer wieder.86 Hier liegt die Nation gewissermaßen auf dem Operations-Tisch. Als Kontrapunkt zum Bild der „Wunde“ fungiert die Katharsis (oder ‚Genesung‘)des ‚einfachen Mannes‘ aus dem Volk: „Einer der ersten Besucher aus Ost-Berlin sprach von den ‚unendlichen Demütigungen‘ der vergangenen Jahre. ‚Alles vorbei. Wir haben unsere Würde wiedergefunden.‘ Aber der Weg der Bedrückung war damit noch nicht zu Ende.“87 Denn zwar könne das SED-Regime keine „schmerzhaften Kuren“88 mehr verabreichen, doch in seine Fußstapfen träten nun andere, die weiterhin das Projekt des Sozialismus verfolgten. Also etwa Lafontaine.

Die Übersetzung der politischen Konstellation der Wendezeit in eine Rhetorik von Körper und Krankheit zeichnet somit ein Panorama der Bedrohung des nationalen Projekts. Suggeriert wird, daß der ‚Infektionsherd Sozialismus‘ sowohl das eben befreite Volk wieder erfassen kann, als auch die „Wunde“ der Teilung weiter offenhält. Als Motiv der Linken, dem abgefallenen Eigenen, wird zuförderst der Drang zur Selbstgeißelung unterstellt. Diese psycho-pathogene Intention entlarvt den Krankheitsherd als solchen: quod erat demonstrandum. Die eigene politische Position wird aus diesem argumentativen Zirkel geschickt herausgehalten, indem die FAZ einen Linken, nämlich Keynes, die Diagnose stellen läßt. Jedoch ist die Botschaft klar: Eine ‚gesunde‘ Vollendung des nationalen Projekts läßt den Sozialismus und seine Vertreter außen vor.

6.5. Volkshoffnung und Erfüllung

Durch die Verknüpfung der Probleme und Forderungen der protestierenden DDR-Bevölkerung mit dem Lösungs-Konzept des gesamtdeutschen Nationalstaates konstruiert die FAZ die Vorstellung von einer gleichsam natürlichen Allianz. Dabei wird dem Volk eine Gefühlslage von „Hoffnung“ und „Sorge“ zugeschrieben, etwa in Formulierungen wie: „Sie leben in der Hoffnung, von nun an müsse es auch für sie bergauf gehen, die politischen Voraussetzungen seien geschaffen, und wenn der Prozess in Stocken gerate, werde man neuerlichen Druck machen. Dies, so steht zu befürchten, ist eine Illusi-on.“89 Das Volk macht sich also berechtigte, aber falsche Hoffnungen, denn es ist nach wie vor dem (noch amtierenden) Regime der SED und seiner Mißwirtschaft ausgesetzt. Den Ausweg beschreibt die FAZ so: „Wenn die Deutschen in der DDR ihr Schicksal wenden wollen, dann brauchen sie das Patronat eines gesamtdeutschen Staates, der für sie eintritt, und eine Wirtschaftsordnung, die dem Land Zukunft gibt.“90 Einen Monat später, die Parole ‚Wir sind ein Volk‘ ist mittlerweile populär geworden, heißt es: „Nicht die Lust am Protest ist es, was die Menschen auf die Straße treibt, sondern die Sorge, die Wiedervereinigung könne unter dem Druck nationaler und internationaler Gegenkräfte auf Sankt Nimmerlein vertagt werden.“91 Der Kommentator der FAZ interpretiert diese Entwicklung als Exempel der ‚Klar-Werdung‘: „Die Menschen auf den Straßen Leipzigs haben erkannt, daß nur ein gesamtdeutscher Staat sich ihrer Bedürfnisse wirksam annehmen könnte, (...)“92

Aufrichtige Emotion beim Volk, Fürsorge durch den Staat: Die Gefühlslagen ‚Hoffnung‘ und ‚Sor- ge‘ sind nicht Ausdruck entschlossener Handlungsfähigkeit, sondern werden oft (und hier auch expli- zit) mit der Sphäre des Schicksalhaften in Verbindung gebracht, verweisen auf eine ungewisse Zu- kunft. Demgegenüber wird mit den Begriffen „Patronat“ und „sich annehmen“ die Rolle des Staates als (patrimonialer) Fürsorger aufgebaut, der dem emotional aufgewühlten Volk Schutz und Halt ge- währen kann. Die Wendung vom Staat, der für sie (das Volk) „eintritt“, impliziert weiterhin einen Transfer des politischen Handelns. Wenn sich der Nationalstaat dem Volk angenommen hat, so die Botschaft, ist es in guten Händen und braucht nicht mehr zu demonstrieren. Hier deutet sich zumindest ansatzweise ein gewisses Mißtrauen gegenüber Massenhandeln an, das möglichst schnell in Hand- lungsformen ‚von oben‘ (also Top-Down) umgeleitet werden sollte. Einstweilen stellen sich Gegen- kräfte massiv der Liaison Volk - Nationalstaat in den Weg, weswegen im Moment noch „(...) tatsäch- lich die Menschen in Leipzig, Dresden und Ost-Berlin das künftige Schicksal der Nation in ihren Hän- den“93 halten. Eine recht pathetische Formulierung, die das Bild der Nation als Schicksalsgemeinschaft heraufbeschwört.

Der Konstruktion der natürlichen Allianz von Volk und Nationalstaat ordnet die FAZ eine Rhetorik des politischen Handelns bei, die sicher auch als Aufruf an die Leser zu verstehen ist, ihre Kräfte für das nationale Projekt zu mobilisieren. Die Rede ist vom „Ärmel aufkrempeln“, davon, nach dem Freudentaumel des Mauerfalls „wieder an die Arbeit zu gehen“94 und vom Werben für die Einheit: „Die Westdeutschen, vor allem ihre politischen Repräsentanten, müssen alle jene draußen, die auch heute noch von deutscher Einheit nichts wissen wollen, davon zu überzeugen suchen.“95 Eine Form von Wirtschaftswunderrhetorik einerseits sowie die Aufforderung an die politischen Eliten (und damit auch an die Leserschaft) andererseits klingen in diesen Zitaten an.

6.6. Das Wesen der Nation

Einige Merkmale dessen, was die deutsche Nation und die mit ihr verknüpfte nationale Identität aus Sicht der FAZ ausmacht, wurden bereits herausgearbeitet: So etwa die „emotionale Hinwendung“ zum Nationalen, strikter Anti-Sozialismus und Skepsis gegenüber der Sozialdemokratie, Anklänge patrimonialer Staatsvorstellung, sowie tendenziell uneigennützige, auf Pflicht und Verantwortung gerichtete Einstellung dem nationalen Projekt gegenüber. Unter dem Titel „Das deutsche Volk in sei- nen Stämmen“96 räumt die FAZ dem Charakterbild der deutschen Nation einen kompletten Leitartikel ein. In der Verbindung primordialistischer Szenarien (Stamm, Abstammung) mit dem modernen poli- tischen Prinzip des Förderalismus wird hier das „typisch Deutsche“ der DDR-Revolution und des künftigen Staates lokalisiert.

Zwei Hauptkennzeichen des Umbruchs werden vorgestellt: „(...) nicht nur die Sprachkraft ist das ‚typisch Deutsche‘ dieser Revolution. Ein anderes ‚Erfolgsgeheimnis‘ ist der Förderalismus.“97 An-schließend werden die historischen Wurzeln dieses „Erfolgsgeheimnisses“ dargestellt, indem die vor- modernen Affinitäten der deutschen Stämme zueinander benannt werden. So heißt es etwa: „Die Er- furter erleben, daß das Mainzer Rad in ihrem Stadtwappen nicht nur Zierrat ist. ‚Erfurt und Mainz sind eins‘ hatte für Jahrhunderte gegolten, das wurde nun wiederentdeckt.“98 Interessant ist, daß das bei Lafontaine als bequem und modisch kritisierte Schlagwort der „Regionen“ (in Europa) nun im pri- mordialen Kontext der Stämme der deutschen Nation schlagartig positive Bedeutung im FAZ-Sinne gewinnt. Im historischen Blick, so die Botschaft, erhält eine Idee erst das Gütesiegel, denn: „In der Geschichte geht nichts verloren.“99 In diesem Sinne wird auch vermerkt, das die Demonstranten im Osten die schwarz-rot-goldene Fahne schwenken, eine Reminiszenz an die „einzige gesamtdeutsche Revolution“ von 1848.

Daß die Solidarität zwischen den Stämmen auf einer Vielfalt der Wesenverwandschaften beruht, wird anhand der Sachsen und der Schwaben illustriert, der beiden „pfiffigsten deutschen Stämme“. So sei es kein Zufall gewesen, daß der schwäbische ‚Stammeshäuptling‘ Späth (pikanterweise auch ein Verfechter des Europas der Regionen) als einer der ersten in Dresden seine Solidarität bekundet habe: „Die beiden pfiffigsten deutschen Stämme, die Schwaben und die Sachsen, wissen, was sie aneinander haben.“100 Wessen Geistes Kind diese märchenhaft spielerisch anmutende Narration der nationalen Gemeinschaft ist, wird im folgenden Absatz deutlich. Zitat: „Dann wird sich auch zeigen, daß (...) die Deutschen ein Volk nicht des ‚Entweder-Oder‘ sind, sondern des ‚Sowohl-Als-Auch‘.“101 - Ernst Jün- ger ist der Urheber dieses Satzes, der die solidarische Vielfalt der nationalen Gemeinschaft bekräftigen soll.

Auch anhand des Bildes vom deutschen Stammesverbund identifiziert die FAZ den inneren Feind. Es ist jener ‚Stamm‘, der vorgeblich die in den Tiefen der Geschichte begründete Bande ignoriert. Der Leitartikler diagnostiziert: „Eine Ausnahme macht der bundesrepublikanischen Wohlstandschauvi- nismus der saarländischen Landesregierung.“102 Auch hier reproduziert sich wieder das Schema der Ausgrenzung des inneren Feindes. Hinter der saarländischen Landesregierung verbirgt sich Lafontaine wie der Leser weiß, und dieser steht stellvertretend für die des Sozialismus verdächtigen Teile der SPD und der Nation insgesamt. Neben Lafontaine wird so auch das Saarland und Saarbrücken zur Chiffre des Renegatentums ausgebaut: Der Leitartikel vom 30.01.1990 etwa greift das Motiv wieder auf. Unter der Überschrift „In Saarbrücken und in Gotha“ wird nochmals die Ambivalenz der SPD anhand der Politiker Brandt (der in Gotha eine Rede gehalten hatte) und Lafontaine illustriert. Zusammenfassend können also folgende Elemente nationaler Identität identifiziert werden: Die Be-tonung der deutschen Qualität der Sprachmächtigkeit setzt die DDR-Revolution in die Tradition der Geistes- und Kulturnation (‚Land der Dichter und Denker‘). Dazu gesellt sich die ebenfalls historisch begründete Symbolik von Wappen und Fahne. Die Verknüpfung von Stammesgemeinschaft und För-deralismus konstruiert ein Bild von Verwurzeltsein und Kontinuität: das nationale Projekt der Wieder-vereinigung wird in die historische Linie primordialer Gemeinsamkeit eingerückt. Die hier vorliegen-de rhetorische Strategie kann dahingehend interpretiert werden, daß Motive, die eindeutig dem Kon-zept der Volksnation zugeordnet werden können, unter dem Begriff des ‚Förderalismus‘ eine zeitge-mäße Ausdeutung erfahren. In der Kompatibilität der Begriffsfelder erweist sich die Verfassungsin-differenz der Volksnation. Anhand des inneren Feindes wird schließlich die vordringliche Haltung der Solidarität zwischen den Volksteilen illustriert.

7. Resümee

Die Folie des inneren Feindes wird von den FAZ-Leitartiklern als flexibles Instrument zur Be-schreibung und zur Legitimation des eigenen nationalen Projekts gehandhabt. Dabei wird mit der Dar- stellung der Sozialdemokratie als gesellschaftlicher Gruppe zweifelhafter Loyalität auf eine Blaupause zurückgegriffen, die konservativ-nationalstaatliche Politik in unterschiedlichen Epochen effektiv zu Anwendung gebracht hat: Die Brandmarkung als ‚Vaterlandsverräter‘ im Vorfeld des ersten Welt- kriegs gehört ebenso in diese Tradition wie die Rhetorik der 50er Jahre („Alle Wege des Sozialismus führen nach Moskau“). Als eigentlicher Kontrapunkt der Rhetorik fungiert auch hier der ‚Sozialis- mus‘, wobei die politische Konstellation es erlaubt, diesen gemeinsam mit dem ins historische Abseits geratenen SED-Regime aus dem nationalen Kontext zu isolieren. Der Bezug auf die diskreditierte Weltanschauung schwingt immer mit, wenn auf verschiedenen Ebenen das Schema des Verdachts gegen den inneren Feind durchgespielt wird. Dabei prägen drei Hauptmotive das Bild des inneren Feindes: Zum ersten erfährt die Zweifelhaftigkeit der SPD anhand der Personifizierung Brandt/Lafontaine ihren prägnanten Ausdruck. Zum zweiten wird der Sozialismus in den Kontext religiöser Irrlehren gestellt, mit Lafontaine als oberstem Demagogen. Und zum dritten attestiert die FAZ den Anhängern dieser Irrlehre eine pathologische Deformation, eine Lust am Schmerz, die in der Bezeichnung „Masochismus“ Krankheitsauslöser und Symptom in sich vereint. Die Ressourcen der Bedeutungshaftigkeit die diese Rhetorik für das eigene nationale Projekt er-schließt, werden tief in der Geschichte verwurzelt und sind von fundamentaler Natur: Es geht um Ei-genschaften wie Klarheit (gegenüber verworrenen Positionen), Wahrhaftigkeit (gegenüber Irrlehren) und Gesundheit (gegenüber pathologischer Deformation), die auf den zutiefst richtigen Kern des neu-en Nationalstaats verweisen sollen, als deren Propagandist die FAZ auftritt. Historische Betrachtungen weisen diesen Antagonismen Kontinuität zu und dienen als Quelle zur Illustration nationaler Gemein-samkeit: Im Begriff der „deutschen Stämme“, die im Förderalismus wieder zueinanderfinden, wird der primordialistischen Sichtweise der „Schicksalsgemeinschaft“ und dem Konzept der Volksnation der Weg in die politische Gegenwart gewiesen.

Die Rhetorik der FAZ agiert aus einer souveränen Position heraus, es gelingt ihr, den inneren Feind und seine Ideologie anhand immanenter Merkmale zu isolieren, ohne selber in allzu große Rechtfertigungszwänge zu kommen. So profiliert sich die FAZ rhetorisch geschickt als richtende Instanz, was durch die günstige historische Konstellation natürlich begünstigt wird: Denn es besteht die Chance, mit dem SED-Regime und seinem Staat gleich das Bewußtseinsfundament des traditionellen inneren Feindes, der Linken, mit zu entsorgen.

Die Strategie der FAZ hat drei Hauptkomponenten: Definition der Vorstellung von Nation, Disqua- lifikation zweifelhafter Gruppen und Motivation des eigenen Lagers. Diese Strategie erweist sich als genuin politisches Handeln, denn alle drei Komponenten verweisen gleichermaßen auf die Ausfor- mung eines nationalen Bewußtseins wie auf Sphäre der staatlichen Organisation. Ob eine auf System- legitimität ausgerichteten Identität praktikabel ist, zeigt sich in ihrem Vermögen, eine Zusammengehö- rigkeit von politischer Kultur und politischer Struktur plausibel im zu machen. Diese Verknüpfung wird in der hierarchischen Dimension anhand der Paarbildung „Volkshoffnung“ und patrimonialem Staatshandeln vorgenommen, in historischer Sicht durch die Übersetzung des Stammes-Mythos in die politische Gegenwart. Gerade im Rekurs auf eine Gesellschaftsform, in der Gemeinschaft und politi- sche Ordnung eins waren, zementiert sich die Bande zwischen Bewußtsein und Staat: nämlich durch die implizite Verschmelzung dieser getrennten gesellschaftlichen Sphären.

Die von der FAZ vorgestellte nationalen Identität manifestiert sich an folgenden Merkmalen: Dem Nationalstaat als genuine Verwirklichung der Nation, striktem Anti-Sozialismus, Anleihen bei Moti- ven der Kultur- (Sprachmächtigkeit) und der Volksnation (Stämme), sowie dem Moment der schick- salhaften Zusammengehörigkeit. Gleichsam als Gütesiegel der Dazugehörigkeit und als Ausdruck der Klarsicht wird die emotionale Hinwendung zur Nation propagiert. Welche Signifikanz diese Konstruk- tion im gesamt-gesellschaftlichen Vergleich hat, könnte nur durch ähnlich gelagerte Analysen anderer Zeitungen, letztlich aller relevanten Diskursteilnehmer herausgefunden werden. Sicher steht die FAZ mit dieser Rhetorik nicht alleine da, die Massenblätter des Springer-Verlages dürften ähnliche Seiten des Nationalen anschlagen. Als typisch für die FAZ kann jedoch sicherlich die Demonstration der Souveränität und des überlegenen historischen Kenntnisreichtums angesehen werden: Im Stile des Chefarztes wird die Leiche ‚Sozialismus‘ obduziert und die Pathologie seiner Anhänger diagnostiziert - ein Verfahrensschema, das Überblick, Autorität und Distinktion vermittelt und dem Selbstverständnis der gehobenen Leserschaft entspricht.

Man könnte fragen, ob das politisch-publizistische Handeln der FAZ selber demagogisch ist, doch entziehen sich solche Kriterien der von dieser Arbeit angestrebten strukturalistischen Betrachtungs- weise. Jedoch: Es muß angenommen werden, daß die Stammleserschaft der FAZ ihrerseits dem Medi- um bestimmte Erwartungen entgegenbringt, und gerade vom Leitartikel den geschliffenen Ausdruck der eigenen Weltsicht erwartet. Unter der Maßgabe der Leser-Blatt-Bindung kann die FAZ den herr- schenden Klassen der bundesrepublikanischen Gesellschaft zugeordnet werden. Als Sprachrohr und Leitmedium der bürokratischen und wirtschaftlichen Eliten des Landes fungiert sie natürlich nicht nur als Folie der Selbstvergewisserung, sondern auch als Vertreterin der Interessen dieser Gruppen. In dieser Funktion erscheint die Betonung horizontaler Gemeinsamkeit (Stämme), patrimonialer Staatsauffassung, und die zum Teil aggressive Verdachtsrhetorik gegen den Sozialismus und deren (vermeintliche) Vertreter als tendenziell systemlegitimierend und herrschaftsverschleiernd im Sinne der Klientel. Obwohl die Protestbewegung der DDR vorübergehend für die eigenen Zwecke instru- mentalisiert wird, werden solche Aktionsformen als die emotional bedingte Ausnahme dargestellt. Letztlich reproduziert sich hier die konservative Überzeugung, daß Recht, Sicherheit und Ordnung nur durch einen starken Staat mit qualifizierten, „klarsichtigen“ Führern hergestellt werden kann.

8. Literatur

Bauman, Zygmunt: Moderne und Ambivalenz; in: Bielefeld, Uli (hrsg.): Das Eigene und das Fremde; Hamburg, 1992, S. 23 - 49

Berghoff, Peter: Der Tod des politischen Kollektivs: politische Religion und das Sterben und Töten für Volk, Nation und Rasse; Berlin, 1997

Breuilly, John: Nationalismus und moderner Staat; Köln, 1999 Castells, Manuel: The power of identity; Malden/Oxford, 1997

Dann, Otto: Nation und Nationalismus in Deutschland: 1770 - 1990; München, 1996

Gilliar, Beate C.: The rhetoric of (re-)unification - constructing identity through east and west German newspapers; New York/Frankfurt am Main., 1995

Glaab, Manuela: Einstellungen zur deutschen Einheit; in: Weidenfeld,

Werner; Korte, Karl-Rudolf (hrsg.): Handbuch zur deutschen Einheit 1949 - 1989 - 1999; New York/Frankfurt am Main, 1999; S. 306 - 316

Gotthardt, Christian: Was Leitartikler nicht dürfen - die Fälle Sethe und Tern; in: Pfeiffer, Hermannus (hrsg.): Die FAZ - Nachforschungen über ein Zentralorgan; Köln, 1988; S. 69 - 95

Koch, Claus: Meinungsführer - die Intelligenzblätter der Deutschen; Berlin, 1989

Lepsius, Rainer M.: Nation und Nationalismus in Deutschland; in: Jeismann, Michael (hrsg.): Grenzfälle: Über neuen und alten Nationalismus; Leipzig, 1993; S. 193 - 214

Mann, Michael: A political theory of nationalism and its excesses; in: S. Periwal (hrsg.): Notions of Nationalism; Budapest, 1995, S. 44- 64

Norton, Anne: Reflexions on political identity; London/Baltimore, 1988

Pürer, Heinz: Einführung in die Publizistikwissenschaft; 5. Aufl., München, 1993

Rögener, Wiebke; Schwarz, Helmuth W.: Darstellung und Selbstdarstellung - Die LeserInnen der FAZ; in: Pfeiffer, Hermannus (hrsg.): Die FAZ - Nachforschungen über ein Zentralorgan; Köln, 1988; S. 183 - 196

Roth, Florian: Die Idee der Nation im politischen Diskurs: Die Bundesrepublik zwischen neuer Ostpolitik und Wiedervereinigung (1969-1990); Baden-Baden, 1995

Simmel, Georg: Über sociale Differenzierung; Frankfurt am Main, 1989

Verlag Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH (hrsg.): Alles über die Zeitung; 22. Auflage, Frankfurt/Main 1992

Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft; 5. Aufl., Tübingen, 1980

Weidenfeld, Werner; Glaab, Manuela: Die deutsche Frage im Bewußtsein der Bevölkerung in beiden Teilen Deutschlands. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen - Konstanten und Wandlungen 1945/49 - 1990; in: Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode(hrsg.): Materialien der EnqueteKommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“; Band V, Baden-Baden, 1995; S. 2798 - 2958

9. Die verwendeten Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Fack, Fritz Ullrich (1): Enttäuschung und Ressentiment; in: FAZ vom 01.11.1989

Fromme, Friedrich Karl: Die Mauer - Ein Denkmal?; in: FAZ vom 11.11.1989 Maetzke, Ernst-Otto: Koalition der Stehaufmänner; in: FAZ vom 13.11.1989 Fack, Fritz Ullrich (2): Absage an die deutsche Einheit?; in: FAZ vom 15.11.1989 Reißmüller, Johann Georg: Abschied von Vorwänden; in: FAZ vom 16.11.1989 Fuhr, Eckhard (1): Flucht in biegsame Formeln; in: FAZ vom 23.11.1989 Fack, Fritz Ullrich (3): Für die Einheit auf die Straße; in: FAZ vom 14.12.1989 Ritter, Henning: Als wahr gilt, was weh tut; in: FAZ vom 19.12.1989 Fuhr, Eckhard(2): Zum westeuropäischen Biedermeier; in: FAZ vom 20.12.1989 Herles, Helmut (1): Das deutsche Volk in seinen Stämmen; in: FAZ vom 03.01.1990 Lerch, Wolfgang Günter: Sozialismus als Denkmuster; in: FAZ vom 04.01.1990 Herles, Helmut (2): In Saarbrücken und in Gotha; in: FAZ vom 30.01.1990

[...]


1 Roth (1995), S. 357

2 ebd., S. 358

3 Fack (1989)

4 Norton (1988), S. 53

5 Koch (1989), S. 12

6 Enzenzberger, Hans-Magnus: Einzelheiten, Frankfurt/Main, 1962; zit. nach Koch (1989), S. 35f

7 Koch (1989), S. 37

8 FAZ (hrsg.): Alles über die Zeitung (1992), S. 10

9 ebd.

10 ebd., S.24

11 ebd.

12 Gotthart (1988), S. 70

13 ebd., S. 71

14 Koch (1989), S. 17

15 ebd. , S. 37

16 Quelle: LAE 85‘, Spiegel-Verlag, Marketing-Ressort, Hamburg; zit. nach Rögener/Schwarz (1988), S. 183ff

17 Anderson, Benedict: Imagined Communities. Reflexions on the Origin and spread of Nationalism; London, 1983

18 Beachtenswert ist i.d.Z. die doppelte Bedeutung von „vorstellen“: im Sinne von „ein geistiges Konstrukt in der Phantasie“ entwerfen einerseits, im Sinne von „etwas präsentieren“, andererseits.

19 Castells (1997), S. 6

20 ebd., S. 7

21 ebd.., S.7

22 Weber (1980), S.527f

23 ebd., S. 528

24 Breuilly (1999), S.15ff

25 ebd., S. 288

26 Norton (1988), S.1

27 Berghoff (1997), S. 173

28 ebd.

29 Simmel (1989), S.131

30 Norton (1988), S. 2

31 Mann (1995), S. 51ff

32 Bauman (1992), S. 46

33 ebd., S. 34

34 Berghoff (1997), S. 180

35 ebd. , S. 181

36 ebd. , S. 184

37 Norton (1988), S.52

38 ebd. S. 53

39 aus: Lepsius (1993), S. 197 - 211

40 Weidenfeld/Glaab (1995)

41 Datenquelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 4002, 4075; zit. nach: Weidenfeld/Glaab (1995), S. 2815f

42 Datenquelle: Infratest/Die Welt; zit. nach: Weidenfeld/Glaab, (1995), S. 2829f

43 Datenquelle: Infas, Resonanz der innerdeutschen Beziehungen. Bonn, 1973; Infratest/Die Welt: Die Deutschen und ihr Vaterland; München/Bonn 1988; zit. nach: Weidenfeld/Glaab (1995), S. 2831

44 Datenquelle: Noelle/Neuman/Köcher (hrsg.): Jahrbuch, Bd. IX; München u.a.; zit. nach: Weidenfeld/Glaab (1995) S. 2858

45 Datenquelle: Emnid: Informationen, Nr. 5-6/1973, (erstmals); Infas: Politogramm Aktuell, Januar 1990; zit. nach: Weidenfeld/Glaab (1995), S. 2872f

46 Weidenfeld/Glaab (1995), S. 2852f

47 Datenquelle: Politbarometer; Förster/Roski: DDR zwischen Wende und Wahl,; Berlin, 1990; zit. nach: Glaab (1999), S.313f

48 Roth (1995)

49 Roth (1995), S. 350

50 ebd., S. 351ff

51 ebd., S. 357

52 Dann (1996), S. 351-380

53 ebd., S. 369

54 ebd.

55 Vgl. Pürer (1993), S. 109f

56 Gilliar (1995), S.7

57 ebd., S. 8

58 Gilliar (1995), S.24

59 Gilliar (1995), S. 90

60 Fack (1): FAZ vom 01.11.1989

61 ebd.

62 Fack (1): FAZ vom 01.11.1989

63 ebd.

64 ebd.

65 Maetzke: FAZ vom 13.11.1989

66 ebd.

67 ebd.

68 Fuhr (1): FAZ vom 23.11.1989

69 Fuhr (2): FAZ vom 20.12.1989

70 Herles (2): FAZ vom 30.01.1990

71 Fuhr (2): FAZ vom 20.12.1989

72 Fack (3): FAZ vom 14.12.1989

73 Fuhr (2): FAZ vom 20.12.1989

74 ebd.

75 Herles (2): FAZ vom 30.01.1989

76 Fuhr (2): FAZ vom 20.12.1989

77 ebd.

78 Lerch: FAZ vom 04.01.1990

79 Lerch: FAZ vom 04.01.1990

80 Fromme: FAZ vom 11.11.1989

81 Fuhr (2): FAZ vom 20.12.1989

82 Ritter: FAZ vom 19.12.1989

83 ebd.

84 ebd.

85 ebd.

86 ebd.

87 Ritter: FAZ vom 19.12.1989

88 ebd.

89 Fack (2): FAZ vom 15.11.1989

90 ebd.

91 Fack (3): FAZ vom 14.12.1989

92 ebd.

93 Fack (3): FAZ vom 14.12.1989

94 Maetzke: FAZ vom 13.11.1989

95 Reißmüller: FAZ vom 16.11.1989

96 Herles (1): FAZ vom 03.01.1990

97 Herles (1): FAZ vom 03.01.1990

98 ebd.

99 ebd.

100 Herles (1): FAZ vom 03.01.1990

101 ebd.

102 ebd.

Final del extracto de 27 páginas

Detalles

Título
Nationale Identität und der innere Feind am Beispiel von Leitartikeln der FAZ
Universidad
Humboldt-University of Berlin
Calificación
1,3
Autor
Año
1999
Páginas
27
No. de catálogo
V96726
ISBN (Ebook)
9783638094016
Tamaño de fichero
445 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Nationale, Identität, Feind, Beispiel, Leitartikeln
Citar trabajo
Klemens Vogel (Autor), 1999, Nationale Identität und der innere Feind am Beispiel von Leitartikeln der FAZ, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96726

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