Soziale Sicherung in Deutschland


Presentation / Essay (Pre-University), 2000

8 Pages

Anonymous


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Inhalt

I. Abriß zur Geschichte des deutschen Sozialstaat

II. Der Sozialstaat

- Das Sozialrecht
- Die drei Prinzipien des Sozialstaats

III. Das soziale Netz
1. Die Sozialversicherung
2. Sozialversorgung und Sozialhilfe

IV. Die Sozialgerichtsbarkeit Quellenangabe

Fragen zum Einstieg in die Diskussion

Die soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland

I. Abriß zur Geschichte des deutschen Sozialstaat

In der Paulskirchen-Verfassung wurde der Grundstein des Sozialstaat infolge der Märzrevolution von 1848 gelegt. Im Jahre 1883 trat die Sozialgesetzgebung in Form einer Krankenversicherung in Kraft, 1884 kam die Unfallversicherung hinzu, gefolgt von der Rentenversicherung der Arbeiter (1889) und Angestellten (1911)1. Bis zur Weimarer Republik änderte sich an dieser Sozialgesetzgebung nichts. Erst 1927 wurde die bestehende Erwerbslosenfürsorge in eine Arbeitslosenversicherung umgewandelt. In der Zeit des Hitler-Faschismus wurde die Sozialstaatlichkeit abgebaut und blieb - abgesehen von der ,,Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt" - weitestgehend privaten Initiativen überlassen.

Nach dem Krieg wurde in Deutschland das soziale Sicherungssystem schrittweise wieder aufgebaut. 1954 wurde auch das Kindergeld wiedereingerichtet, welches vom faschistischen Staat im Jahre 1934 eingeführt wurde. In der DDR wurde 1946 der ,,Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" (FDGB) als parteiübergreifende Einheitsorganisation gegründet und in den Jahren 1948 bis 1950 zu einer Massenorganisation unter dem Führungsanspruch der SED umgebaut. Ab 1956 lag die Organisation des Feriendienstes und der Sozialversicherung in den Händen des FDGB2.

Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten wurde 1995 die Pflegeversicherung eingeführt.

II. Der Sozialstaat

Nach Artikel 20 Abs.1 des Grundgesetzes3 bestimmt die Bundesrepublik Deutschland den sozialen Rechtsstaat als Staatsziel4. Sie verpflichtet sich somit, sozial verantwortlich zu handeln und die soziale Gerechtigkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Allerdings wird Das Sozialstaatsprinzip nicht konkretisiert; vielmehr bleibt seine inhaltliche Ausprägung eine richtungsweisende Erklärung mit einem großen Handlungsspielraum. Weiter heißt es im Artikel 28 Abs. 1 GG5: ,,Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen". Das bedeutet, daß die gesetzliche Ausgestaltung des sozialen Rechtsstaates allein dem Gesetzgeber überlassen wird. Des weiteren bedeutet es, daß letztendlich die konkrete Ausgestaltung des Sozialrechts dem jeweiligen politischen sowie gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses obliegt. Diese gesetzliche Grundlage wurde mit dem

Sozialgesetzbuch (SGB) geschaffen.

- Das Sozialrecht

Das Sozialrecht strebt 6 folgende Ziele an:

_ Sicherung eines menschenwürdigen Lebens
_ Schaffung gleicher Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit
_ Familienschutz und Familienförderung
_ Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch eine frei gewählte Tätigkeit zu erwerben
_ Schutz vor wirtschaftlichen Folgen von Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsunfällen und Arbeitslosigkeit
_ Bildungs- und Arbeitsförderung
_ Unterstützung von sozial Schwachen

Es findet seine gesetzlichen Bestimmungen im Sozialgesetzbuch (SGB) sowie im Sozialgerichtsgesetz (SGG).

- Die drei Prinzipien des Sozialstaats7

Der Sozialstaat verfolgt bei der Verwirklichung des Sozialrechts drei Grundprinzipien:

a) Grundsatz der sozialen Vorsorge durch Versicherungspflicht: Diese Pflicht, auch als ,,Sozialversicherung" bezeichnet, beinhaltet die staatliche Zwangsversicherung zum Schutz der Arbeitnehmer vor den Folgen von Krankheit, Erwerbs- und Berufsunfähigkeit, Betriebsunfällen, Alter und Tod. Die Sozialversicherung umfaßt Krankenversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Pflegeversicherung und Knappschaftsversicherung. Versicherungsbehörden (für die Aufsicht über die Versicherungsträger) sind die Arbeitsministerien der Länder und des Bundes sowie die Versicherungsämter und das Bundesversicherungsamt. Vorschriften für die Sozialversicherung sind im Vierten Buch des Sozialgesetzbuch festgeschrieben.
b) Prinzip der Sozialversorgung auf der Grundlage von Steuermitteln: Hierbei soll eine soziale Entschädigung für die Allgemeinheit (z.B. Kriegsopferversorgung) sowie die ,,soziale Förderung zur Erreichung der Chancengleichheit"8 (z.B. Ausbildungsförderung) gewährleistet werden. Im Gegensatz zur Pflichtversicherung werden hier keine eigenen Beiträge gezahlt.
c) Prinzip der Sozialhilfe aufgrund von Steuermitteln: Sozialhilfe wird dann gewährt, wenn eine Notlage besteht, die nicht durch andere Unterstützungsmöglichkeiten (weder privat, noch durch die Sozialversicherung oder durch eine Entschädigung gemäß dem Versorgungsprinzip) abgedeckt werden kann. Anspruch auf die Gewährleistung von Sozialhilfe hat jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann. Zuvor müssen allerdings alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sein.

III. Das soziale Netz

Als ,,soziales Netz" wird die Gesamtheit aller sozialen Leistungen bezeichnet9.

Im jährlichen Sozialbericht gibt die Bundesregierung Auskunft über die sozialpolitische Entwicklung, über die gesamten sozialen Leistungen und ihre verschieden Bereiche sowie deren Finanzierung (Sozialbudget)10.

1. Die Sozialversicherung

Die Sozialversicherung umfaßt folgende Zweige:

- Krankenversicherung: Sie gewährleistet grundsätzlich die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit aufgrund von Kostenschutz und der Absicherung gegen einen Einkommensausfall. Dabei müssen die Versicherungspflichtigen einen monatlichen Beitrag zahlen, der jeweils zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer zu entrichten ist. Der Beitrag ergibt sich aus dem von der gewählten Krankenkasse festgelegten Beitragssatz (in der Regel 12 bis 15 Prozent).

- Unfallversicherung: Zu ihren Aufgaben zählt sowohl die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, als auch die Entschädigung nach Eintritt eines Arbeitsunfalls. Versichert sind alle Beschäftigten sowie Kinder während ihres Aufenthalts im Kindergarten, Schüler und Studenten während des Besuchs der Schulen und Hochschulen. Die Finanzierung erfolgt über die Beiträge der Unternehmen, die sie als Mitglieder in den Berufsgenossenschaften an diese zu entrichten haben.

- Rentenversicherung: Diese soll den Versicherten gegen die Risiken des Alters und der Erwerbsunfähigkeit absichern. Ihre Maßnahmen umfassen einerseits die Verbesserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit durch Gesundheitsmaßnahmen und berufliche Rehabilitation, andererseits werden mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben (Erreichen des Rentenalters, Invalidität) Rentenleistungen erbracht. Die Rentenversicherung wird von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, den Landesversicherungsanstalten (für Arbeiter) und Sonderkassen (für Bundesbahn, Schiffahrt, Landwirtschaft, Bergbau) getragen. Die Beiträge sind, wie bei der Krankenversicherung, je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zahlen.

Die Finanzierung der Renten erfolgt nach dem Umlageprinzip gemäß dem Generationsvertrag. Die von der jetzt arbeitenden Generation eingezahlten Beiträge werden an die nicht mehr arbeitende Generation als Renten ausgezahlt. Zudem werden zusätzlich öffentliche Mittel und sonstige Einnahmen zur Finanzierung verwandt.

- Pflegeversicherung: Sie dient zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit und leistet Pflegebedürftigen Hilfe, die praktische (z.B. Stellung einer Haushaltshilfe), sachliche (z.B. Bereitstellung eines Rollstuhls) und finanzielle Unterstützung (z.B. Zuzahlung zu den Unterbringungskosten im Pflegeheim) angewiesen sind. Die Pflegeversicherung wird von den Pflegekasse der gewählten Krankenkasse getragen, ihre Aufgaben von den Krankenkassen wahrgenommen11. Der Beitragssatz beträgt seit dem 1. Juli 1996 1,7 Prozent12. Die Beiträge werden vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber jeweils zur Hälfte gezahlt.

- Arbeitslosenversicherung: Sie ermöglicht eine finanzielle Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit. ,,Als arbeitslos gilt, wer trotz Arbeitsfähigkeit und -willigkeit keine Arbeit findet und beim Arbeitsamt gemeldet ist"13. Träger der Arbeitslosenversicherung ist die Bundesanstalt für Arbeit, die diese durch die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (je zur Hälfte) finanziert.

2. Sozialversorgung und Sozialhilfe

Alle weiteren Leistungen außerhalb der Versicherungen werden durch die finanziellen Mittel des Bundes, der Länder bzw. der Gemeinden erbracht. Bei Ansprüchen auf diese Leistungen, muß entweder eine Schädigung oder eine Bedürftigkeit nachgewiesen werden. Die Leistungen selbst können in Form von persönlicher Hilfe, Sach- und Geldleistungen erbracht werden.

IV. Die Sozialgerichtsbarkeit

Grundsätzlich gelten für Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland die Sozialgesetzbücher I bis IV und das Bundessozialhilfegesetzbuch.

Für alle Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Kriegsopferversorgung ist eine besondere Sozialgerichtsbarkeit mit drei Instanzen14 zuständig. Im den Angelegenheiten der Sozialhilfe entscheiden die Verwaltungsgerichte.

Vor einem Gerichtsverfahren findet ein Vorverfahren nach folgenden Schritten statt:

Verwaltungsakt (Bescheid) _ schriftlicher Widerspruch _ Entscheidung der beim Versicherungsträger eingerichteten Widerspruchsstelle (Widerspruchsbescheid) _ Klage vor dem Sozialgericht15.

Quellen:

_ Nolden/ Bizer/ Blass/ Windisch in: Industriebetriebslehre, Stam-Verlag, 6. Auflage, Köln, 1990.
_ Grill/ Reip in: Einführung in das Arbeits- und Sozialrecht, Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Hofburg, 1998.
_ .Bundeszentrale für politische Bildung: DDR-Geschichte in Dokumenten, Schriftenreihe Band 350, Bonn, 1998.
_ http://www.sharelook.gesetzestexte.grundgesetz

Fragen zum Einstieg in die Diskussion:

_ Das soziale Netz - eine ,,soziale Hängematte"?
_ Ist der deutsche Sozialstaat bezahlbar?
_ ,,Der unsoziale Sozialstaat - Logik des kalten Buffets", Artikel im Spiegel 30/98

[...]


1 Vgl. Groh/Schröer in: Sicher zur Industriekauffrau (-) zum Industriekaufmann, Merkur Verlag, 33. Auflage, Rinteln 1998, S. 32.

2 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung: DDR-Geschichte in Dokumenten, Schriftenreihe Band 350, Bonn, 1998, S. 39.

3 Vgl. http://www.sharelook.gesetzestexte.grundgesetz

4 Art.20 Abs.1 GG: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat.", ebenda

5 Ebenda.

6 Vgl. Grill/ Reip in: Einführung in das Arbeits- und Sozialrecht, Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Hofburg, 1998, S.88f

7 Ebenda.

8 Ebenda.

9 Vgl. Grill/ Reip in: Einführung in das Arbeits- und Sozialrecht, Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Hofburg, 1998, S.90.

10 Ebenda.

11 Vgl. Grill/ Reip in: Einführung in das Arbeits- und Sozialrecht, Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Hofburg, 1998, S.99.

12 Ebenda.

13 Vgl. Nolden/ Bizer/ Blass/ Windisch in: Industriebetriebslehre, Stam-Verlag, 6. Auflage, Köln, 1990, S. 573.

14 Die drei Instanzen: Sozialgericht, besetzt mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern, Landessozialgericht, entscheidet über die Berufung und Bundessozialgericht, entscheidet über die Revision

15 Vgl. Grill/ Reip in: Einführung in das Arbeits- und Sozialrecht, Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Hofburg, 1998, S.114.

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Details

Title
Soziale Sicherung in Deutschland
Year
2000
Pages
8
Catalog Number
V96838
ISBN (eBook)
9783638095136
File size
379 KB
Language
German
Keywords
Soziale, Sicherung, Deutschland
Quote paper
Anonymous, 2000, Soziale Sicherung in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96838

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