Klimawandel und Zukunftsverantwortung

Zur Aktualität von Hans Jonas Werk "Das Prinzip Verantwortung"


Bachelorarbeit, 2018

34 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Aktualität des Klimawandels
2.1 Definition
2.2 Ursachen
2.2.1 Der Treibhauseffekt
2.2.2 Anthropogene Ursachen
2.2.3 Natürliche Ursachen
2.3 Aktuelle und zukünftige Folgen
2.3.1 Anstieg des Meeresspiegels
2.3.2 Extremwetterereignisse
2.4 Zwischenfazit

3 Eine zukunftsethische Verantwortungstheorie
3.1 Verantwortung
3.1.1 Differenzierung des Begriffs „Verantwortung“
3.1.2 Verantwortung für zukünftige Generationen

4 Hans Jonas – Das Prinzip Verantwortung
4.1 Problemkonstrukt – Veränderung der Ethik durch die Möglichkeiten der Technik
4.2 Jonas grundlegender Imperativ
4.3 Heuristik der Furcht als Handlungsgrundlage
4.4 Pflicht zur Zukunft
4.5 Theorie der Verantwortung
4.5.1 Verantwortung für begangene Taten und für Zu-Tuendes
4.5.2 Eigenschaften der Verantwortung: Totalität, Kontinuität, Zukunft
4.6 Verantwortung für die Zukunft der Menschheit und der Natur

5 Aktualität von Hans Jonas Prinzip Verantwortung

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Die Umwelt ist ein kollektives Gut, ein Erbe der gesamten Menschheit und eine Verantwortung für alle.“

Diese Aussage stammt aus der ersten und bis jetzt einzigen Umweltenzyklika der römisch-katholischen Kirche (Papst Franziskus 2015: 87). Papst Franziskus veröffentlichte die Enzyklika mit dem Namen „Enzyklika Laudato si‘. Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ am 24. Mai 2015 und bezieht klar Stellung zu Umwelt- und Gerechtigkeitsproblemen. Die Enzyklika richtet sich bewusst an alle Menschen, die diesen Planeten bewohnen, um eine breite Menge der Gesellschaft auf die Zerstörung der Erde aufmerksam zu machen (Papst Franziskus 2015: 4). Unsere Erde, die Papst Franziskus als „unser gemeinsames Haus“ (2015: 19) betitelt, ist großen Umweltproblemen ausgesetzt. Durch die Umweltverschmutzung, die Wegwerfkultur, die Wasserknappheit, das Müllproblem und den Verlust der Artenvielfalt ist unsere Erde in Gefahr. In besonderer Weise geht Franziskus auf den fortschreitenden Klimawandel ein, der „ein globales Problem mit schwerwiegenden Umwelt-Aspekten und ernsten sozialen, wirtschaftlichen, distributiven und politischen Dimensionen“ (2015: 25) darstellt. Unter Bezug auf die allgemeine Wissenschaft sieht er uns Menschen als Hauptverursacher des Klimawandels, was uns gleichzeitig in die Verantwortung nimmt, gegen den Klimawandel und im Sinne zukünftiger Generationen zu handeln.

Die Übernahme einer Handlungsverantwortung fordern ebenfalls die Schüler_innen, die weltweit jeden Freitag auf den Demonstrationen von „Fridays for Future“ für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. Mit dem Spruch „Our House is on fire“ (Unser Haus brennt), der Bezug auf die Enzyklika von Papst Franziskus nimmt, fordern sie von der Politik „die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und die globale Erwärmung auf unter 1,5 °C zu begrenzen.“(Fridays for Future) Die Schüler_innen-Bewegung wurde von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg ins Leben gerufen. Die Schülerin streikte am 20. August 2018 erstmals vor dem schwedischen Parlament für mehr Klimaschutz. Aus ihrer Protestbewegung haben sich weltweit anhaltende Großdemonstrationen mit über 10.000 Menschen entwickelt, die in der Politik Aufmerksamkeit erregen (Nezjezchleba 2019: 27).

Dieser doppelte Einstieg verdeutlicht die Aktualität um die Debatte des Klimawandels. Sowohl die Kirchen als auch Schüler_innen sehen unseren Planeten aktuell in Gefahr und fordern die Übernahme einer Zukunftsverantwortung. Diese Verantwortung für zukünftige Generationen postulierte Hans Jonas bereits 1979 in seinem bekannten Werk „Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, „Welchen Beitrag leistet Hans Jonas‘ Werk „Das Prinzip Verantwortung“ für die Übernahme einer Zukunftsverantwortung in Anbetracht des Klimawandels?“

Zu diesem Zwecke wird zunächst das Phänomen des Klimawandels definiert und hinsichtlich der Ursachen und Folgen untersucht. Auf der Basis der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse des Klimawandels wird nach einer Handlungsverantwortung der aktuell lebenden Menschen gefragt. Der Verantwortungsbegriff wird zunächst aus wissenschaftlicher Sicht eingegrenzt und in Bezug auf eine Zukunftsverantwortung für später lebende Menschen gedeutet. Daraufhin werden relevante Abschnitte des Werkes „Das Prinzip Verantwortung“ zur Beantwortung der Fragestellung vorgestellt. In diesem prägt Jonas ausgehend von neuen Anforderungen an die Ethik einen zukunftsorientierten Imperativ. Dieser fordert von uns eine Pflicht zur menschlichen Zukunft, die durch die Verantwortungsübernahme gewährleistet werden soll. Nach der Darlegung von Jonas‘ Thesen im Prinzip Verantwortung wird im Folgenden sein Werk auf die Aktualität unserer Zeit, die durch den Klimawandel beeinflusst wird, beurteilt. Abgeschlossen wird die Arbeit durch ein Fazit, welches die Hauptpunkte zusammenfasst und einen Ausblick auf eine weitere Betrachtung mit dem großen Themenkomplex der Verantwortungsübernahme in Anbetracht des Klimawandels ermöglicht.

2 Aktualität des Klimawandels

Der Klimawandel ist nicht erst ein Phänomen des 21. Jahrhundert. Bereits 1824 beschrieb Jean-Baptiste Fourier die klimaerwärmenden Spurengase in der Atmosphäre. Der Problematik des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid (CO2) durch den Menschen widmete sich als einer der Ersten, der schwedische Physikochemiker Svante Arrhenius 1896. Er stellte fest, dass durch eine Verdopplung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre eine Temperaturerhöhung von vier bis sechs Grad Celsius verursacht werden könnte. Diese Werte wurden in den 1960er Jahren durch die ersten Simultanrechnungen mithilfe eines Atmosphärenmodells auf zwei bis vier Grad Celsius revidiert. In den 1970er Jahren warnte erstmals eine große Wissenschaftsorganisation (National Academy of Scinces) vor der globalen Erwärmung (Rahmstorf/Schellenhuber 2006: 29f.).

Diese beispielhaften Ergebnisse aus der langen Geschichte der Klimaforschung verdeutlichen, dass der Klimawandel kein neu entdecktes Phänomen ist. Jedoch wurden Forschungsergebnissen und Warnungen lange Zeit in der Politik keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ein erster Meilenstein war 1979 die erste Weltklimakonferenz in Genf, auf der zunächst nur Wissenschaftler anwesend waren, die einen Appell an alle Länder aussprachen, den anthropogenen Klimawandel ernst zu nehmen. Die Vereinten Nationen reagierten 1988 auf diese Forderung und gründeten den Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), der die Aufgabe hat, in regelmäßigen Abständen über aktuelle Klimaforschungen zu berichten.1 Die Berichte des IPCC werden von den meisten Staaten der Welt akzeptiert und werden zudem in die jährlichen Vertragsstaatenkonferenzen (Conferences of Parties, COP) miteinbezogen. Auf den UN-Klimakonferenzen (COP), die nach dem Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro, ab dem Jahr 1995 jährlich abgehalten werden, wird global über verschiedene klimapolitische Fragen diskutiert und politische Ziele für den Klimaschutz festgelegt (Schönwiese 2019: 113f.). Beispielsweise wurde auf der Pariser Klimakonferenz 2015 beschlossen, „den Anstieg der global gemittelten bodennahen Lufttemperatur gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter (ca. 1750-1800) auf 2 °C, möglichst sogar 1,5 °C zu begrenzen.“ (Schönwiese 2019: 114)

Der durch diesen kleinen Exkurs geschaffene Überblick über die Geschichte und die gewinnende Aktualität des Klimawandels, fungiert im Weiteren als Ausgangslage für eine genauere Betrachtung der Probleme, die mit dem Klimawandel einhergehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Phänomen des Klimawandels in dieser Arbeit nicht allumfassend dargestellt werden kann und ausschließlich ein grober naturwissenschaftlicher Überblick gegeben wird.

2.1 Definition

Der Klimawandel ist ein Phänomen, das durch die Klimaforschung betrachtet wird. Klima wird nach Christian Schönwiese kurz als „Langzeitstatistik des Wetters“, also der „statistischen Beschreibung der relevanten Klimaelemente […] für einen relativ langen Zeitraum“ (2019: 14) definiert. Als Grundlage für die Charakterisierung des Klimas gelten „somit die Erfassung, Dokumentation und vor allem die statistische Analyse der Beobachtungsdaten“ (Schönwiese 2019:14). Besonders gut lassen sich die Wetter- bzw. Klimaelemente Temperatur und Niederschlag analysieren und bewerten (siehe Kap. 2.3.2). Der Klimawandel lässt sich aus dem Vergleich verschiedener Klimazustände feststellen. Ein Klimazustand muss mindestens 30 Jahre umfassen und eine gewisse klimatische Stabilität aufweisen. Beispielhaft verweist Schönwiese auf die Zeitspanne des Industriezeitalters (ca. 1750-1800) gegenüber der vorindustriellen Zeit. Der Klimawandel wird dann als der Übergang zwischen zwei Klimazuständen verstanden. Anhand dieser Definition wird auch von Klimaänderungen2 gesprochen (Schönwiese 2019: 18).

Zusammenfassend wird unter dem Klimawandel die „zeitliche Veränderung eines oder mehrere Klimaelemente an einem bestimmten Ort, einer Region oder auch global über eine relativ lange Zeit“ (Schönwiese 2019: 18) verstanden.

2.2 Ursachen

„Klima und Klimawandel werden durch die internen Wechselwirkungen im Klimasystem und die externen Einflüsse darauf gesteuert.“ (Schönwiese 2019: 24) So würde nach Schönwiese ein Wissenschaftler in aller Kürze auf die Frage, was das Phänomen und die Ursachen des Klimas und Klimawandels sind, antworten. Diese knappe Antwort bedarf näherer Betrachtung, indem der Treibhauseffekt, sowie anthropogene und natürliche Faktoren auf das Klima differenziert werden.

2.2.1 Der Treibhauseffekt

Die Sonne stellt den Energielieferanten der Erde dar. 70 % der Sonnenstrahlung werden im Klimasystem der Erde verteilt und vor allem in Wärme umgewandelt. Gleichzeitig strahlen die Erdoberfläche und Atmosphäre Energie in das Weltall ab (Bentz-Hölzl 2014: 35). Nach dem Erhaltungssatz der Energie muss die „auf der Erde ankommende Sonnenstrahlung abzüglich der des reflektierten Anteils […] gleich der von der Erde abgestrahlten Wärmestrahlung“ (Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 13) sein. Jedoch lassen sich Abweichungen in der Energiebilanz feststellen, wodurch die mittlere Jahrestemperatur der Erde erhöht wird.

Die in der Atmosphäre vorkommenden Treibhausgase (o. a. klimawirksamen Gase), lassen die kurzwelligen Sonnenstrahlen passieren, doch nicht die von der Erde abgestrahlten langwelligen Infrarotstrahlen. Die durch die klimawirksamen Gase absorbierte Wärmestrahlung, wird gleichmäßig in alle Richtungen abgestrahlt, wodurch ein Teil der Energie wieder die Erdoberfläche erreicht (Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 30f.). Die vier wichtigsten Treibhausgase, die natürlich in der Atmosphäre vorkommen, sind Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Wasserdampf (H2O) und Stickstoffoxid (N2O). Durch ihr natürliches Vorkommen ist auch der Treibhauseffekt ein natürlicher Vorgang und lebensnotwendig für die Erde. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt wäre die Erde gefroren und die mittlere Temperatur würde bei -18 °C liegen. Tatsächlich liegt die mittlere Temperatur der Erdoberfläche 33 °C über der physikalischen Berechnung bei etwa +15 °C (Bentz-Hölzl 2014: 36). Diese mittlere und lebensfreundliche Temperatur steigt jedoch an. Als Hauptverursacher wird der Mensch, der den Treibhauseffekt verstärkt, verantwortlich gemacht.

2.2.2 Anthropogene Ursachen

Der durch den Menschen ausgelöste Klimawandel wird als „anthropologischer Klimawandel“ bezeichnet. Anthropogene Einflüsse auf das Klima können seit der Neolithischen Revolution (seit ungefähr 7.000 Jahren), als die Erdoberfläche in Weide- und Ackerland umgewandelt wurde, nachgewiesen werden. Auch die Waldrodung, die vor 4.000 Jahren im Mittelmeerraum und vor 1.000 Jahren in Europa begann, beeinflusste bereits Energieflüsse zwischen Atmosphäre und Erdoberfläche (Schönwiese 2019: 77). Im Vergleich dazu hat jedoch seit der Industrialisierung (ab 1750) der Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre erheblich zugenommen. Der IPCC gibt in seinem fünften Synthesebericht (2014) bekannt, dass zwischen den Jahren 2000 bis 2010 die höchsten Emissionen der Geschichte gemessen wurden. Grundsätzliche Ursache des Emissionsanstieges seit der vorindustriellen Zeit ist ein Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum (IPCC 2014: 44). Aufgrund der Nutzung fossiler Energieträger (bspw. Öl, Gas, Kohle), landwirtschaftlicher und industrieller Tätigkeiten und Waldrodungen werden klimawirksame Spurengase durch menschliches Handeln emittiert und die Temperatur auf der Erde steigt an (Bentz-Hölzl 2014: 78).

Eine besondere Auswirkung auf die gesamte Emission hat mit 76 % das Gas Kohlenstoffdioxid (CO2). Im Jahr 2010 bleibt CO2 das bedeutendste anthropogene Treibhausgas, welches sich ebenfalls an dem geringen Emissionsanteil von 25 % in Form von Nicht-CO2-Gasen (seit 1970) verdeutlichen lässt (IPCC 2014: 46). Aber nicht nur in der Atmosphäre hat der Anteil von Kohlenstoffdioxid erheblich zugenommen, sondern auch in den Weltmeeren. Die Weltmeere und die Biosphäre nehmen die andere Hälfte des vom Menschen emittierten Kohlenstoffdioxid auf. Die erhöhten CO2-Emissionen führen zu Versauerung der Meere, was enorme Folgen hat (siehe Kap. 2.3). Auch die Emission anderer Gase wie Methan und Stickstoffoxid sind durch anthropologische Aktivitäten angestiegen und tragen zum Treibhauseffekt bei. Wasserdampf wird in der Diskussion um die anthropologischen Ursachen des Klimawandels nicht weiter beachtet, weil der Mensch die Konzentration dieses Gases nicht direkt beeinflussen kann und es großen Schwankungen unterliegt (Bentz-Hölzl 2014: 34f.).

Der stark steigende Emissionsgehalt in der Atmosphäre seit der Industrialisierung, aber vor allem in den letzten 40 Jahren, wird insbesondere durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen vorangetrieben. Hauptsächlich wird der Mensch für den Klimawandel, durch den vermehrten Ausstoß von Treibhausgasen, verantwortlich gemacht. Jedoch beziehen sich beispielsweise Klimawandelleugner auf natürliche Ursachen, um den Klimawandel zu erklären.

2.2.3 Natürliche Ursachen

Neben der steigenden Treibhausgaskonzentration, welche erwiesenermaßen anthropogenen Ursachen unterliegt, werden ebenfalls „Veränderungen der Sonnenaktivität, […] Aerosolkonzentration (Luftverschmutzung mit Partikeln, die aus Vulkanausbrüchen oder Abgasen stammen) und interne Schwankungen im System Ozean – Atmosphäre“ (Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 39) als natürliche Ursachen angegeben.

Der IPCC geht ebenfalls auf natürliche Strahlungsantriebe ein und präzisiert, dass die Veränderung der Sonneneinstrahlung und vulkanische Aerosole einen natürlichen Strahlenantrieb verursachen. Dieser Anteil hat jedoch bei vulkanischer Aktivität ausschließlich eine temporäre Abkühlung des Klimasystems als Auswirkung. Die Veränderung der Sonneneinstrahlung wird ausschließlich auf 2 % des gesamten Strahlungsantriebes (zwischen 1750-2011) berechnet und stellt somit einen kleinen Teil der Gesamtmenge dar (IPCC 2014: 45).

Schlussfolgernd arbeiten Rahmstorf und Schellenhuber heraus, dass natürliche Ursachen nicht für die Erderwärmung in den letzten 30 Jahren verantwortlich sein können (2006: 39). Die stark zugenommenen und vom Menschen verursachten Treibhausgase werden als Hauptursache für den Klimawandel bewertet. Die aktuellen und zukünftigen Folgen des anthropogenen Klimawandels betreffen Ökosysteme, Tiere und Menschen.

2.3 Aktuelle und zukünftige Folgen

Wie bereits erläutert, werden die vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgase für einen enormen Anstieg der mittleren globalen Temperatur auf der Erde sorgen. Aktuell wird von einem Temperaturanstieg von 1 °C, der über dem Mittel der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts liegt, gesprochen. Jedoch rechnen Wissenschaftler_innen bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit einer Erderwärmung von ca. 3 °C. Aktuell sind global und regional Folgen der Erderwärmung zu spüren, jedoch hätte ein Temperaturanstieg über 1,5 °C schwerwiegendere Folgen für die Erde (Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 55).

Im Weiteren werden zur Verdeutlichung exemplarisch zwei Folgen der aktuellen und zukünftigen Erderwärmung dargestellt. Diese werden von anderen Folgen bedingt und wirken sich wiederum auf andere Systeme aus.

2.3.1 Anstieg des Meeresspiegels

„Eine der wichtigsten physikalischen Folgen einer globalen Erwärmung ist ein Anstieg des Meeresspiegels.“(Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 63) Der IPCC und die Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization (CIRORO) in Australien schaffen einen Überblick über den aktuellen und prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels. Nach dem CIRORO ist die „global gemittelte Meeresspiegelhöhe von 1880 bis 2017 um fast 25 cm angestiegen.“ (CIRORO) Der IPCC geht mit einem hohen Vertrauen im Zeitraum von 1901-2010 von einem Meeresspiegelanstieg von 19 cm (+/- 2 cm) aus. Dabei lässt sich eine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs feststellen. Wohingegen von 1901 bis 2010 ein global gemittelter Anstieg von 1,7 mm/Jahr (+/- 2) berechnet wurde, lag dieser von 1993 bis 2010 schon bei 3,3 mm/Jahr (+/- 4) (IPCC 2014: 42). Nach dem CIRORO lässt sich in der Zeit von 2011 bis 2017 bereits eine Anstiegshöhe von 4,3 mm/Jahr feststellen (CIRORO). Zukünftig wird der mittlere globale Meeresspiegel während des 21. Jahrhunderts weiter ansteigen. Die derzeitige Geschwindigkeit von 3,3 mm/Jahr wird mit Wahrscheinlichkeit im Zeitraum von 2081-2100 in einer Geschwindigkeit von 8 bis 16 mm pro Jahr ansteigen (IPCC 2014: 64).

Für den Trend zu einem schnelleren Anstieg des globalen Meeresspiegels sind nach dem IPCC folgende Faktoren verantwortlich (Schönwiese 2019: 98):

1. die thermische Expansion des Ozeans (39,3 %)
2. die Rückschmelzung von Gebirgsgletschern (27,1 %)
3. das Rückschmelzen des Grönland-Eisschilds (15,4 %)
4. das Rückschmelzen des Antarktis-Eisschilds (9,6 %)
5. die Änderung der in Landgebieten gespeicherten Wassermengen (8,6 %)

Die thermische Expansion des Ozeans ist auf das allgemeine Naturgesetz, der Ausdehnung von Materie bei Erwärmung, zurückzuführen. Dabei reagiert besonders der obere Teil (sog. Mischungsschichtenozean) des Ozeans. Die Veränderung der Eismassen der Erde verursachen prozentual den größten Anstieg des Meeresspiegels. Die enormen Rückschmelzungen arktischer und antarktischer Gebiete führt zu einem höheren Schmelzwasserzufluss in den Ozean, welche den Meeresspiegel ansteigen lässt (Schönwiese 2019: 98). Beispielsweise würde das komplette Abschmelzen des Grönland-Eises einen globalen Meeresanstieg von sieben Metern verursachen (Rahmstorf/Schellnhuber 2006: 63f.).

2.3.2 Extremwetterereignisse

Überschwemmungen, Dürren oder Stürme werden als Wetterextreme zusammengefasst und Lebewesen weltweit sind von den Auswirkungen unmittelbar betroffen. Derartige Wetterextreme haben sich laut IPCC seit ca. 1950 verändert und ein Anstieg warmer Temperaturextreme und die Anzahl von Starkniederschlagereignissen hat in vielen Regionen zugenommen (IPCC 2014: 53).

Die Untersuchung von Extremwetterereignissen muss anders, als der mittlere globale Anstieg des Meeresspiegels, regional betrachtet werden. Die Ergebnisse zahlreicher weltweiter klimatologischer Extremwetteranalysen sind unübersichtlich und oftmals nicht zu vergleichen. Aus diesem Grund werden ausschließlich für Deutschland beispielhafte Extremwetterereignisse in Bezug auf die Temperatur und den Niederschlag aufgeführt. Zu beachten ist, dass in anderen Regionen der Welt, Extremwetterereignisse bereits aktuell vermehrt auftreten und stärkere Auswirkungen auf Lebewesen und Ökosysteme haben, als in Deutschland (Schönwiese 2019: 92f.).

Die Häufigkeit und Intensität von Hitzesommern und relativ warmen Wintern hat seit 1990 zugenommen. Parallel zu der globalen Erwärmung steigt die Wahrscheinlichkeit für immer neuere höher auftretende Extremwerte. Somit war der Hitzesommer 2003, der tausende Todesopfer in Deutschland forderte, eigentlich nicht überraschend. Die berechnete Eintrittswahrscheinlichkeit lag bei 0,22 %, das einem geringen Auftreten alle 455 Jahre entspricht. Jedoch werden derartige Hitzesommer, mit einer zunehmenden Eintrittswahrscheinlichkeit seit 1960/70 weiter steigen (vergleichend Hitzesommer 2018) und Schweitzer Klimatologen prognostizieren, dass am Ende des 21. Jahrhunderts Hitzesommer, wie 2003, zweijährig auftreten werden.

Extremwetteranalysen des Niederschlags sind komplizierter und problematischer als die Analyse der Temperatur. Anders als bei der Temperatur lässt sich kein Trend zu ausschließlich hohen Niederschlagsmengen feststellen, sondern ebenfalls zu sehr niedrigen Niederschlagsmengen. Folglich treten weniger mittlere Niederschlagsmengen auf, die sich jedoch quantitativ regional und jahreszeitlich unterscheiden. Im Winter kann vor allem im Westen und Südwesten Deutschlands ein Trend zu Starkniederschlägen erkannt werden, der zu Hochwasserereignissen führen kann. Im Sommer lässt sich zum einen eine niedrige Niederschlagsmenge im Osten Deutschlands feststellen, die zu Dürren führt und zum anderen treten kleinräumig, häufiger und intensiver Episoden mit Starkniederschlägen auf (Schönwiese 2019: 92f.).

2.4 Zwischenfazit

Der Klimawandel, der sich durch die langzeitig beobachtete Veränderung von Klimaelementen im regionalen und globalen Raum beschreiben lässt, ist heute aktueller denn je. Die seit der Industrialisierung steigende Konzentration von klimawirksamen Gasen in der Atmosphäre verstärken den Treibhauseffekt, was folglich eine Erwärmung der Erde verursacht. Bewiesenermaßen ist die Hauptursache der Erderwärmung anthropogen. Natürliche Ursachen, wie beispielsweise eine Veränderung der Sonnenaktivität oder Aerosolkonzentrationen haben lediglich einen geringen Effekt auf den Strahlenantrieb und können aus diesem Grund nicht als Erklärung der massiv steigenden Treibhausgaskonzentration verwendet werden. Der anthropogene Klimawandel hat aktuell und wird zukünftig starke Folgen für die Ökosysteme der Erde und die auf ihr lebenden Lebewesen haben. Durch den Temperaturanstieg schmelzen Eismassen auf der Erde, wodurch ein globaler Meeresspiegelanstieg zu vermerken ist. Dieser wiederum stellt eine existenzielle Gefahr für Lebewesen dar, die in Küstenregionen bzw. auf Inselstaaten zu Hause sind. Zudem zerstören vermehrt auftretende Extremwetterereignisse Lebensgrundlagen vieler Menschen. Dies kann zu Armut und Fluchtbewegungen in den betroffenen Gebieten führen. Die einzelnen Folgen des Klimawandels bedingen sich gegenseitig und haben weitreichende politische, wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen.

Die Dringlichkeit zum Klimaschutz sollte durch die naturwissenschaftliche Ursachen-Folgen-Erläuterung verdeutlicht worden sein. Um den Klimawandel zu begrenzen, sind Handlungen von Nöten, die eine Einsicht des moralischen Konzeptes der Verantwortung voraussetzen. Das Konzept der Verantwortung, dass der Ethik zuzuordnen ist, hat sich lange Zeit nicht den Forschungsergebnissen der Naturwissenschaft bedient (Nielsen-Sikora 2015: 2). Hans Jonas sieht jedoch den Einbezug des Naturwissens in ethische Überlegungen als grundlegenden Faktor an (Jonas 1993: 35). Aus diesem Grund dient die naturwissenschaftliche Perspektive als Grundlage für die weitere ethische Auseinandersetzung.

3 Eine zukunftsethische Verantwortungstheorie

Der Klimawandel, der erwiesenermaßen hauptsächlich anthropogene Ursachen aufweist, wird durch diesen Faktor eine Frage der Ethik. Die Ethik die sich als philosophische Disziplin, als Wissenschaft des moralischen Handelns versteht, kann auf die Debatte um den Klimawandel und Klimaschutz angewendet werden (Pieper 2017: 15). Durch die Tatsache, dass sich unser heutiges Handeln erst in späterer Zukunft auf die Menschen auswirken wird, wird über das moralische Konzept der Verantwortung für zukünftige Generationen diskutiert.

3.1 Verantwortung

Anders als andere moralische Grundkonzepte, wie beispielsweise Begriffe der Pflicht oder Schuld, tritt das Wort „verantwortlich“ erst im 17. Jahrhundert im Deutschen auf. Erst 300 Jahre später wird die Verantwortung als relationales Konzept anerkannt (Loh 2017: 35). Begründungen des späten Auftretens und der Bedeutung für die philosophische und theologische Tradition sieht Eberhard Schockenhoff in Faktoren unserer modernen Lebenswelt. Durch die Erweiterung der Handlungsspielräume, unterschiedlicher Rollenerwartungen und den Fortschritt der Wissenschaft werden neue Herausforderungen an den Menschen gestellt, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen (Schockenhoff 2010: 41). Durch Max Weber wurde der Verantwortungsbegriff in Deutschland bekannt3 und durch Hans Jonas‘ Konkretisierung, einer neuen ethischen Verantwortung, die durch den technischen Fortschritt von Nöten ist, fest in den Sprachgebrauch etabliert (Ropohl 1994: 110).

[...]


1 Die Berichte des IPCC dienen dieser Arbeit als wissenschaftliche Grundlage.

2 Die Betitelung der anthropologischen Erderwärmung wird verschieden vertreten. In dieser Arbeit werden die Begriffe Klimawandel bzw. Klimaänderungen verwendet.

3 Günter Ropohl verweist auf die bekannte Formulierung von Max Weber (aus seinem Vortrag „Politik als Beruf“): „daß man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat“ (Ropohl 1994: 110).

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Klimawandel und Zukunftsverantwortung
Untertitel
Zur Aktualität von Hans Jonas Werk "Das Prinzip Verantwortung"
Hochschule
Universität Münster
Note
1,7
Jahr
2018
Seiten
34
Katalognummer
V968745
ISBN (eBook)
9783346316363
ISBN (Buch)
9783346316370
Sprache
Deutsch
Schlagworte
klimawandel, zukunftsverantwortung, aktualität, hans, jonas, werk, prinzip, verantwortung
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Klimawandel und Zukunftsverantwortung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/968745

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