Video-Tutorials im Instrumentalunterricht für Streicher. Qualitätsentwicklung im Unterricht


Trabajo Escrito, 2016

63 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen
2.1 Darstellung des Theorierahmens
2.1.1 Distinktionsmechanismen nach Pierre Bourdieu
2.1.2 Konzept der Pfadabhängigkeit
2.2 Aktueller Forschungsstand

3. Empirischer Teil
3.1 Methoden
3.1.1 Erhebungsmethode: Experteninterview nach Gläser und Laudel
3.1.2 Erläuterung des Feldzugangs
3.1.3 Auswertungsmethode: Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
3.2 Interpretation der Ergebnisse

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangverzeichnis
Anhang 1: Interviewleitfaden
Anhang 2: Kategorienschema
Anhang 3: Transkriptionsregeln
Anhang 4: Interviewtranskription
Anhang 6: Auswertungstabelle (eigene Darstellung)
Anhang 7: Ergebnistabelle (eigene Darstellung)

Abstract

Die vorliegende Arbeit stellt eine qualitative empirische Untersuchung zum Einsatz von Video-Tutorials (im Verlauf der Arbeit mit „VT“ bzw. „VTs“ abgekürzt) im Instrumentalunterricht für Streicher vor. Ausgangspunkt der Studie ist die Diskrepanz zwischen dem Verhältnis der Schülerzahlen der jeweiligen Instrumentalfächer an deutschen Musikschulen und den Trefferzahlen der im Internet frei erhältlichen deutschsprachigen Video-Tutorials für die jeweiligen Instrumente. Die, verglichen mit anderen Instrumentalbereichen, vergleichsweise geringe Beschäftigung der aktiven Streicher mit dem Medium VT wirft folgende Forschungsfrage auf: „ Welches Potential hat der Einsatz von Video-Tutorials im Instrumentalunterricht des Fachbereichs Streicher auf den Lernprozess - aus Sicht eines Experten?“. Zwei theoretische Ansätze dienen als Rahmen zur Formulierung von Leitfragen: Dinstinktionsmechanismen nach Bourdieu (Bourdieu, 2014, S.405ff) sowie das Konzept der Pfadabhängigkeit nach Werle (Benz, Lütz, Schimank & Simonis, 2008, S.119) . In einem Experteninterview sind diese Leitfragen dann die Basis für den Interviewleitfaden sowie das Kategorienschema in der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (Mayring, 2010) . Im Anschluss an die Erläuterung der Vorgehensweise werden die Forschungsergebnisse, deren Nutzen sowie der Ausblick auf Möglichkeiten zur Anschlussforschung dargelegt.

1. Einleitung

Seitdem Web 2.0 flächendeckend in deutschen Haushalten Einzug gehalten hat, hat sich der aktive und passive Umgang mit Musik deutlich verändert: das Internet entwickelte sich zum Speicher-, Distributions- und Kommunikations-medium für alle musikalischen Themenfelder ( Epting, 2013, S.II). Auch auf das Musiklernen hat diese Entwicklung großen Einfluss: vor allem die Internet-plattform YouTube, via deren Kanäle kostenfrei Videos aller Art abrufbar sind, stellt Tutorials zu Spieltechnik von Instrumenten, Interpretation von musika-lischen Werken sowie zu musiktheoretischem Basiswissen für jedermann zugänglich zur Verfügung ( Krebs, 2015, 28) . Dabei können die Videoangebote nach zwei Arten des Lernens unterschieden werden: Zum Einen bietet sich eine Fülle an unstrukturierten Einzelvideos zu spezifischen Instrumental-techniken oder bestimmten musikalischen Werken, die autodidaktisch und selbstorganisiert von den Rezipienten ausgewählt und nachvollzogen werden (ebd., 28ff); zum Anderen gibt es stärker formalisierte Angebote wie z.B. Kursreihen für Anfänger am Instrument oder zu bestimmten Spiel- oder Interpretationstechniken, die, einer lehrplanartigen Struktur folgend, die Abonnenten gegen Gebühr professionell durch die Kursinhalte führen (ebd., S.29f). Dass das selbsttätige Lernen durch die Internet-User nicht nur erfolgreich praktiziert, (Epting, 2013, S.199) sondern auch begeistert aufgenommen wird, zeigen Kommentarfunktionen der YouTube-Kanäle sowie die Statistiken der Seitenaufrufe (ebd., S.204f) und darüber hinaus die Abonnentenzahlen der kostenpflichtigen Kursreihen (ebd., S.207). Betrachtet man die offiziellen Zahlen zur Belegung der einzelnen Instrumentalfächer an deutschen Musikschulen, so erwartet man, dass sich die im Internet angebotenen deutschsprachigen Lehrinhalte doch in ähnlicher Weise statistisch auf die einzelnen Instrumente verteilen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Quelle: VdM, Statistisches Jahrbuch der Musikschulen in Deutschland 2015

So würde man z.B. davon ausgehen, dass ca. 160.000 Klavierschülern, 140.000 Gitarrenschülern sowie 75.000 Geigenschülern ein verhältnismäßig ähnliches Online-Angebot zur Verfügung steht – also für Violine etwa halb so viele Angebote wie für Gitarre oder Klavier. Dies bestätigt sich jedoch nicht bei Betrachtung der Trefferlisten der Internetsuchmaschine Google bei Eingabe von „Violine lernen“ (bzw. Synonym „Geige lernen“) versus „Klavier lernen (synonym: „Piano lernen“) oder „Gitarre lernen“ (www.google.de, Stand 1.11.2016, o.S.):

Tabelle 1, eigene Darstellung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Zahlenverhältnis bewegt sich nicht bei erwarteten 1:2, sondern in Größenordnungen von 1:15 bis 1:25.

Auch die Gegenprobe in der im Internet gebräuchlichen englischen Sprache zeigt ein – wenn auch nicht so deutlich ausfallendes – von der Erwartung abweichendes Verhältnis ( www.google.de, Stand 1.11.2016, o.S.)

Tabelle 2, eigene Darstellung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daher drängt sich hier die Frage auf, aus welchem Grund Instrumentalisten und Dozenten der Fächer Klavier bzw. Gitarre VTs in weitaus größerem Masse anbieten als im Fachbereich Violine (Anm.: Die Violine wurde hier stellvertretend herausgegriffen für den Bereich Streicher, der sich aus den Instrumenten Violine (=Geige), Viola (=Bratsche), Violoncello (=Cello) und Kontrabass zusammensetzt; da in den anderen Streicherbereichen noch weniger Online-Videomaterial zugänglich ist). Um die Ursachen dieses Phänomens näher zu untersuchen, wurde folgende Forschungsfrage formuliert: „ Welches Potential hat der Einsatz von Video-Tutorials im Instrumentalunterricht des Fachbereichs Streicher auf den Lernprozess - aus Sicht eines Experten?“.

Im Folgenden wurden, abgeleitet aus einer Literaturrecherche bisher veröffentlichter Studien und Fachartikel zum Thema, Leitfragen sowie ein Kategorienschema entwickelt, die als Grundlage für ein Experteninterview nach Gläser und Laudel (Gläser & Laudel, 2010, S.111) dienen. Dazu wurden Distinktionsmechanismen nach Pierre Bourdieu (Bourdieu, 2014, S.405ff) sowie das Konzept der Pfadabhängigkeit nach Werle (Benz et al., 2008, S.119) als theoretischer Rahmen der Arbeit gewählt; beide werden im zweiten Kapitel vorgestellt und in Bezug zur Forschungsfrage gesetzt. Das dritte Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise beim Experteninterviews nach Gläser und Laudel sowie bei der qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring. Die Interviewperson wurde nach einem offen gehaltenen Interviewleitfaden (Anhang S.24) zum Thema „Qualitätsentwicklung im Instrumentalunterricht für Streicher durch den Einsatz von Video-Tutorials“ nach ihrem Erfahrungswissen aus der Arbeit als Instrumentallehrkraft und als Anbieter von VTs für Violoncello und Violine befragt. Die Auswertung des Interviewtranskripts (Anhang S.29) wurde wiederum zu den Leitfragen in Beziehung gesetzt, um die Forschungsfrage schließlich beantworten zu können. Das Kapitel endet mit einer Interpretation der Forschungsergebnisse und leitet zu Kapitel vier über, das ein Resümee dieser Arbeit zieht. Es enthält auch die Ableitung eines Nutzens und einen Ausblick auf weitere Forschungsfelder zu Aspekten technischer und didaktischer Neuerungen im Fachbereich Streicher.

2. Theoretischer Rahmen

2.1 Darstellung des Theorierahmens

2.1.1 Distinktionsmechanismen nach Pierre Bourdieu

Nach Pierre Bourdieu sind alle Menschen im Sozialen Raum – dem Raum der Lebensstile – verortet (Bourdieu, 2014, S. 277f). Ihre Position innerhalb dieses dynamischen Kräftefelds (Parzer, 2011, S.43) wird bestimmt durch die Verfügung über die Kapitalsorten ökonomisches, soziales, symbolisches und kulturelles Kapital. Letzteres tritt in den Erscheinungsformen objektiviert (entspricht Kulturgütern wie Bücher, Noten, Instrumente etc.), institutionalisiert (in Form von Zertifikaten, Bildungsabschlüssen, Titeln etc.) sowie inkorporiert (also verinnerlicht, wie z.B. die mühsam erlernte Fähigkeit, ein Instrument zu spielen) auf (ebd., S.34). Je nach Volumen und Struktur dieser Kapitalsorten, die einzelne Gesellschaftsmitglieder ihr Eigen nennen, lassen sich diese in unterschiedliche soziale Klassen einordnen (ebd., S.42), denen jeweils bestimmte Vorlieben und Verhaltensweisen – bei Bourdieu „Geschmack“ - zugeschrieben werden: der herrschenden Klasse der „legitime Geschmack“, der Mittelklasse der „prätentiöse (mittlere) Geschmack“ sowie der beherrschten Klasse der „populäre bzw. Notwendigkeitsgeschmack“ (Bourdieu, 2014, S.36ff). Das soziale Miteinander ist gekennzeichnet von einer fortwährenden Auseinandersetzung um die Stellung im sozialen Raum, in der Mechanismen sozialer Abgrenzung zu den niedrigeren Klassen (Distinktion) und Bestrebungen zur Verbesserung der eigenen Position mittels Klassenaufstieg greifen (Parzer, 2011, S.44). Dabei sind Geschmack (Bourdieu, 2014, S.285f) und Habitus, das von Bourdieu konzipierte System von im Sozialisationsprozess erworbenen Dispositionen (ebd., S.279), nicht nur Ausdruck der Stellung im sozialen Raum (und damit auch einer, wenn auch nicht unveränderlichen, Klassenzugehörigkeit); beide beeinflussen das individuelle Denken, Wahrnehmen und Handeln (ebd., S.279) und setzen dem Einzelnen gewisse soziale Grenzen, die zu überschreiten es großen Aufwandes (= Kapitaleinsatz) bedarf (ebd., S.748). Somit reproduzieren Geschmack und Habitus soziale Ungleichheit und sind nicht durch das Individuum frei wählbar. Daher ist der Bereich der Musik ein ideales Forschungsfeld für klassenspezifische Distinktion (Parzer, 2011, S.37) und wurde auch in Bourdieus empirischer Arbeit entsprechend berücksichtigt (Bourdieu, 2014, S. 41ff).

2.1.2 Konzept der Pfadabhängigkeit

Die europäische Tradition des Lernens und Lehrens von Streichinstrumenten blickt auf eine historische Entwicklungslinie der Didaktik zurück, die sich seit dem 17. Jahrhundert bis heute mit Instrumentaltechnik und deren Vermittlung wissenschaftlich beschäftigt. Ihren Höhepunkt hatte diese Entwicklung im späten 18. Jahrhundert; die großen Meister dieser Zeit und ihre Lehrwerke sind bis heute die Basis des Unterrichts für Streicher (Seiffert, 2013, 32ff). Der Umstand, dass gerade in der musikalischen Ausbildung immer noch der Einzelunterricht mit einer engen Lehrer-Schüler-Beziehung das bevorzugte Szenario ist (Lichtinger, 2010, 2), kann zur Erklärung mit herangezogen werden, warum neuere Ansätze des Lehrens sowie der Einsatz von Multimedia im Unterricht nur zögerlich angenommen werden (ebd., 4). Hier greift das Konzept der Pfadabhängigkeit (Klebl, 2006, S.13): In Rückgriff auf den aus dem Bereich der Ökonomie stammenden, von Paul A. David und W. Brian Arthur eingeführten, Begriff definiert R. Werle Pfadabhängigkeit als „einen vergangenheits-determinierten Prozess relativ kontinuierlicher bzw. inkrementeller Entwicklungen. Die jeweils erreichten Zustände können kollektiv ineffizient oder suboptimal sein, ohne dass der Prozess deshalb notwendigerweise zum Erliegen kommt oder radikal geändert wird“ (zitiert nach Benz et al., 2008, S.119). Dieses Phänomen lässt sich auch in sozialwissenschaftlichen Zusammenhängen beobachten (ebd., 2008, S. 122), so auch bei der ungenügenden Beachtung des Einsatzes von Video-Tutorials im Streicherunterricht im deutschsprachigen Raum. Vermutlich trug zu diesem Zustand die lange historische Kontinuität bei, die in der Genese der Didaktik zum sogenannten „ Locked-In “ führte, „einem stabilen Stadium, in dem eine Umkehr oder Auswahl eines alternativen Pfades unmöglich ist“, so dass nicht nur Momente der Gewöhnung und Trägheit, sondern auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielen, da jeder Systemwechsel mit hohen Innovationsleistungen und Kosten verbunden wäre (Klebl, 2006, S.71-72).

2.2 Aktueller Forschungsstand

Ausgehend von der Forschungsfrage „ Welches Potential hat der Einsatz von Video-Tutorials im Instrumentalunterricht des Fachbereichs Streicher auf den Lernprozess - aus Sicht eines Experten?“ und den in Kapitel eins erläuterten Zahlenverhältnissen zwischen den im Internet angebotenen VTs der verschiedenen Instrumentengattungen ist die erste Frage, ob sich instrumentaltechnische Ursachen für diesen Umstand finden lassen. Es geht also um die „Sichtbarmachung von Tonerzeugung“ oder die grundlegenden Basistechniken und ihre unterschiedliche Handhabung. In der Hochschullehre haben sich bisher gerade die populärmusikalischen Fächer des Jazz- und Rockbereich sowie die Musiksparten, die sich von ihrem Wesen her schon digitaler Werkzeuge bedienen (Filmmusik, Sounddesign etc.), um den Einsatz von VTs innerhalb des E-Learning bemüht (Lichtinger, 2010, 2), wohingegen die klassischen Instrumentalfächer außen vor blieben (ebd., 2010, 3). Ebenso sind die Liebhaber populärer Instrumente wie Schlagzeug, E-Gitarre oder Keyboard Vorreiter auf dem Gebiet des autodidaktischen, informellen Lernens und daher in der Gruppe der musikalischen Early-Adapters anzutreffen, die eine breite Angebotsvielfalt nutzen (Epting, 2013, S.204ff). Warum im Fachbereich Streicher das Medium VT sowenig Beachtung erfährt, wurde bisher noch nicht eingehend untersucht und beschrieben. Zu dieser Forschungslücke stellt sich die erste Leitfrage: „ Welche instrumentalspezifischen Problemfelder eröffnen sich bei der Umsetzung von didaktischen Themen für Streicher im Medium Video-Tutorial?“ So soll im Experteninterview untersucht werden, ob technische Aspekte des Spielens von Streichinstrumenten überhaupt visuell darstellbar sind, oder ob sie nur im direkten Gegenüber vermittelt werden können.

Klassenspezifische Distinktion zieht sich nach Bourdieu durch alle Bereiche der Gesellschaft (Bourdieu, 2014, S.405ff) und kann daher auch besonders in der Musikwelt beobachtet werden (Parzer, 2011, S. 37). Gerade für Instrumentalisten der Gattung Streicher kann dies in zweifacher Hinsicht angenommen werden: zum Einen hatten moderne Streichinstrumente, wie sie sich etwa ab dem siebzehnten Jahrhundert in ihrer leistungsfähigen Bauweise durchsetzten (Weber, 1921, S.84), sich ihren Rang in der Musikwelt, und, damit einhergehend, den sozialen Stand ihrer Spieler, erst zu erkämpfen (ebd., 1921, S.85), so dass ein Fortwirken dieses Kampfes angenommen wird; zum Anderen zählen die Werke der sogenannten „Ernsten Musik“, die Bourdieu dem „Legitimen Geschmack der herrschenden Klasse“ zuordnet (Parzer, 2011, S. 36f), gerade zu den typischen Betätigungsfeldern der Streichinstrumentalisten. Die Beherrschung eines Streichinstrumentes ist als wertvolles kulturelles Kapital anzusehen; das so erarbeitete, aber auch schon in der Familie durch Sozialisation erfahrene Wissen führt zur „Entschlüsselungsfähigkeit“ der den musikalischen Strukturen innewohnenden Codes (ebd., 2011, 35f); solches Können wiederum dient dem Klassenerhalt oder -aufstieg und wird – bewusst oder unbewusst – zur Abgrenzung gegen Laien verwendet. Man bleibt unter sich; die Musikausübung wird als Teil des legitimen Geschmacks der Eliten verstanden (ebd., 2011, S.37). So lautet die zweite Leitfrage: „ Steht die Beobachtung, dass im Streicherbereich (im Vergleich zu anderen Instrumentalfächern) das Medium Video-Tutorial bisher nur wenig genutzt wird, in Zusammenhang mit Distinktionsmechanismen im Sinne Bourdieus?“.

Beim Musiklernen auf YouTube sind zwei Phänomene zu beobachten: zum Einen die Bildung virtueller Praxisgemeinschaften, die musikalisches Wissen miteinander teilen und in diesem Sinne als Lern- und Wissensgemeinschaften agieren. Zum Anderen zeigt sich ein informelles, personalisiertes und autodidaktisches Lernverhalten, das dem traditionellen Lehrverständnis von jahrelangem, schrittweisem Erlernen von technischen Grundlagen durch fachlich geschulte Anweisung diametral entgegensteht (Krebs, 2015, 28). Dabei wird sowohl in der Fachwelt als auch von den Lernern selbst von dieser informellen Art des Lernens nur als „unrichtigem Lernen“ gesprochen, der an den „richtigen“ – also traditionellen Face-to-Face-Unterricht - nicht heranreicht und nur als Vorbereitung oder Ergänzung angesehen wird (ebd., 2015, 30f). Obwohl in vielen anderen Ausbildungsfeldern VTs als Bestandteil von E-Learning- oder Blended-Learning-Szenarien erfolgreich eingesetzt werden (Lichtinger, 2010, 2) – z.B. auch im Modul 2A des Bachelorstudiengangs Bildungswissenschaften der FernUniversität Hagen – scheint sich im Bereich der Streichinstrumente der Zugang zu diesem Medium nicht so leicht zu eröffnen; auch mit der Annahme erweiterter Unterrichtsformen, z.B. der Prozess-Produkt-Didaktik im Streicherklassenunterricht, tun Lehrkräfte sich schwer (Prantl, 2014, S.168 ff). Daher wird die dritte Leitfrage formuliert: „Bezieht sich dieses Phänomen auf die Theorie der Pfadabhängigkeit in dem Sinne, dass Pädagogen im Streicherbereich den in ihrer eigenen musikalischen Ausbildung erfahrenen Lehrmethoden des Frontal- bzw. Individualunterrichts verhaftet bleiben und sich sowohl neuen technischen als auch didaktischen Ansätzen nur schwer öffnen?“.

3. Empirischer Teil

3.1 Methoden

3.1.1 Erhebungsmethode: Experteninterview nach Gläser und Laudel

Mit qualitativen Analysemethoden bearbeiten Sie Fragestellungen, die eher komplexe Abläufe, soziale Phänomene und Bedeutungskonstruktionen zum Thema haben.“ (Dresing & Pehl, 2015, S.6)

Bei der Forschungsfrage „ Welches Potential hat der Einsatz von Video-Tutorials im Instrumentalunterricht des Fachbereichs Streicher auf den Lernprozess?“ handelt es sich um solch eine Fragestellung, denn es interessieren Prozesse, Hintergründe und Erklärungen, daher die Entscheidung für die Anwendung einer qualitativen Erhebungsmethode (Dresing et al.,2015, S.7).

Für die Erschließung der Forschungsfrage wurde das Experteninterview gewählt, da hier „klar definierte Wirklichkeitsausschnitte“ (Meuser & Nagel, 1991, S. 444) der Interviewperson in ihrer bildungswissenschaftlichen Tätigkeit als „EntwicklerInnen oder MultiplikatorInnen von Bildungskonzepten“ (ebd, 1991, S. 445) im Fokus des Interesses stehen. Der Experte gibt also Auskunft über sein eigenes Handlungsfeld (ebd., 1991, S.445); sein Betriebswissen (ebd., 1991, S.446) wird mit dem aus dem theoretischen Rahmen abgeleiteten Kategorien und Leitfragen in Beziehung gesetzt, mit dem Ziel, „Strukturen und Strukturzusammenhänge des Expertenwissens/ handelns zu analysieren“ (ebd., 1991, 447).

Bei der Erstellung des Kategorienschemas wurden die im Zusammenhang mit den Leitfragen stehenden Handlungsfelder identifiziert, die innerhalb des Prozesses als Untersuchungsvariablen Einfluss auf die vermuteten Kausalzusammenhänge haben könnten (Gläser et al., 2010, S.89f).

Tabelle 3, eigene Darstellung des Kategorienschemas

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die erste Leitfrage (Kap. 2.2) führt hierbei zu Kategorie drei (instrumentalspezifische Problemfelder); aus Leitfrage zwei ergibt sich die Notwendigkeit, die Nutzer von VTs als Zielgruppe genauer zu betrachten (Kategorie zwei). Leitfrage drei schließlich führt zur Untersuchung der didaktischen Prozesse und verwendete Materialien (Kategorie eins) sowie des Technikeinsatzes bzw. der zu erlernenden Arbeitsschritten, die für die Anfertigung eines VTs nötig sind. Diese Kategorien bilden die Ausgangsbasis für die Entwicklung eines Interviewleitfadens (Anhang S.24), der als Orientierungshilfe sachfremde Themen ausschließen, aber gründlich die Sicht des Experten ausloten soll. Der Leitfaden fungiert nicht als strikter Handlungsablauf; er ist gleichsam nur der rote Faden (Gläser et al., 2010, S.42); eine offene Gesprächsführung erlaubt hierbei, auch (noch) nicht bedachte Sachverhalte, oder jene, die sich im Gesprächsverlauf als relevant erweisen, miteinzubeziehen (Meuser et al., 1991, 448f).

3.1.2 Erläuterung des Feldzugangs

Die durch Internetrecherchen ausgewählte Interviewperson (im Folgenden mit „IP“ abgekürzt) ist eine der wenigen Lehrkräfte im deutschsprachigen Raum, die fachlich fundierte und qualitativ hochwertige VTs für Streichinstrumente via YouTube anbieten. Durch Musikstudien an Konservatorien und Hochschulen im Fachbereich Violoncello sowie einer Zusatzausbildung im Klassenunterricht für Streicher hat sie den notwendigen instrumentalspezifischen Wissenshintergrund, die pädagogische Befähigung sowie den Zugang zur Fachwelt der Musikausbildung für Streicher, den Kontakt zu Kollegen eingeschlossen. Jahrelange Begleitung der Prozesse beim instrumentalen Lernen im Face-to-Face-Unterricht sowie die Erfahrung mit dem Medium VT in all seinen Facetten bieten den Einblick in das zu ergründende Betriebswissen eines Experten (siehe KAP 3.1.1). Im telefonischen Erstkontakt wurde die IP vorab über Ziele und Inhalte der Befragung sowie Aspekte des Datenschutzes informiert. Aufgrund des eigenen Interesses am Thema willigte sie gerne ein. Das Interview wurde aufgrund örtlicher Distanz via Skype am 18. November 2016 von 9:00 bis 9.53 Uhr geführt und mit der Software CallGraph aufgezeichnet. Eine Erklärung zum Schutz der persönlichen Daten wurde im Vorfeld per E-Mail übersendet.

3.1.3 Auswertungsmethode: Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Im vorliegenden Forschungsvorhaben interessieren Einstellungen und Erfahrungen der IP im Zusammenhang mit dem Sachthema, wohingegen persönliche Emotionen nicht Untersuchungsgegenstand sind. Ein Grundgedanke der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ist die Einordnung in ein Kommunikationsmodell, das mit dem gewählten Analyseziel korrespondiert. (Mayring, 2000, 7) Ebenso verfährt diese qualitative Auswertungsmethode theoriegeleitet (Mayring, 2010, S.51), wobei dem Kategorienschema eine zentrale Rolle zukommt (Mayring, 2000, 7). Dies ermöglicht den Rückbezug der Auswertungsschritte zu den auf Theoriebasis generierten Leitfragen. Daher eignet sich die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, um ein Experteninterview auszuwerten (Gläser et al., 2010, S.106).

Um den Kriterien der systematischen Regelgeleitetheit und der Nachvollziehbarkeit zu genügen (Mayring, 2000, 7), wird nach den folgenden Einzelschritten eines inhaltsanalytischen Ablaufmodells verfahren (Mayring, 2010, S.60):

Festlegung des Ausgangsmaterials: Es handelt sich um die Audio-aufzeichnung eines offenen Leitfadeninterviews, das mit einem Experten als IP geführt wurde. Aus der Literaturanalyse des derzeitigen Forschungsstandes wurden drei Leitfragen abgeleitet, die Eingang in den Interviewleitfaden sowie in ein deduktives Kategorienschema fanden (ebd., 2010, S. 83). Dabei wird das gesamte Interview ausgewertet.

Analyse der Entstehungssituation (siehe Kap. 3.1.2.)

Die Interviewatmosphäre kann als freundlich-kollegial, respektvoll und vom Sachinteresse bestimmt beschrieben werden.

Charakteristika des Materials: Transkript des Interviews in Textform (Anhang S. 29) nach vorher festgelegten (Dresing et al., 2015, S.21ff) Transkriptions-regeln (Anhang S.28)

Analyserichtung: Für die hier zugrunde gelegte Forschungsfrage sind das Betriebswissen des Experten zum Sachgegenstand sowie thematisch bezogene Erfahrungen und Einschätzungen der Zusammenhänge von Belang, nicht aber emotionale Zustände oder Befindlichkeiten.

Die theoretische Differenzierung erfährt die Analyse über die Orientierung an den theoriebasierenden Leitfragen (Kap. 2.2) und dem daraus generierten Kategorienschema (Kap. 3.1.1).

Als Analysetechnik wurde die Zusammenfassung gewählt, um das Grundmaterial in reduzierter Form abzubilden, aber die wesentlichen Inhalte zu erhalten (Mayring, 2010, S.65).

Analyseeinheiten: Als Kodiereinheiten werden einzelne Sätze oder Begriffe festgelegt; als Kontexteinheit mehrere Sätze. Auswertungseinheit ist das komplette, zeilenweise durchnummerierte, Interviewtranskript (Anhang S.29).

Analyseschritte der Zusammenfassung (ebd., 2010, S.69) : Die einzelnen Kodiereinheiten werden in ihrer Abfolge paraphrasiert, dabei wird auf nicht inhaltstragende Textbestandteile verzichtet. Das Beispiel Z.115-117 (Anhang S.32) :“...und dann überlege ich mir einen Schritt, wie kommt der Schüler eigentlich an dieses Thema heran.“ wird paraphrasiert als „Themenaufbereitung aus der Perspektive des Schülers“ (Anhang S.44). Die daran anschließende Generalisierung (hier: „Schülerperspektive einnehmen“, Anhang S.44) verallgemeinert die Paraphrasen gemäß dem Kategorien-schema; inhaltsgleiche Passagen werden nun gestrichen (Beispiel: Z.117-118, Anhang S.44). In der ersten Reduktion werden die ursprünglichen Kategorien herangezogen und ausdifferenziert bzw. modifiziert (Mayring, 2010, S.83 ff); nichtbenutzte fallen heraus (Beispiel: K3-1 „Zwei Hände - zwei Instrumente“ stellte sich als nicht relevant heraus, Anhang S.58), neue werden ggfs. hinzugefügt (z.B. K5 – Lehrende in den Ausdifferenzierungen K5-1 „Auswirkung“, K5-2 „Voraussetzungen“, K5-3 „innere Einstellung“, Anhang S.59). In der zweiten Reduktion wird die tabellarische Auflistung nach Zugehörigkeit in das neue Kategorienschema (Anhang S.44ff ) sortiert und die Ergebnisse der einzelnen Kategorien zusammengefasst. (Anhang S.57ff). Nach einer Rücküberprüfung des neuen Kategorienschemas am Transkript (Anhang S.29) und den Leitfragen (Mayring, 2010, S.60) werden die Ergebnisse in Kapitel 3.2 zusammengestellt und mit dem theoretischen Rahmen verglichen, was schließlich zum Ziel – zur Beantwortung der Forschungsfrage – führt.

3.2 Interpretation der Ergebnisse

In Bezug auf die erste Leitfrage „ Welche instrumentalspezifischen Problemfelder eröffnen sich bei der Umsetzung von didaktischen Themen für Streicher im Medium Video-Tutorial?“ kann zunächst festgehalten werden, dass beim Erstellen eines VTs keine instrumentenspezifischen Aspekte auftauchen, die das Filmen erschweren oder unmöglich machen. Für jedes Instrument kann das Medium VT eingesetzt werden (K3-4, Anhang S.58). Daher ist „Zwei Hände, zwei Instrumente“ (z.B. Geige und Bogen) kein Argument gegen den Einsatz von VTs und wurde aus dem Kategorienschema gestrichen (K3-1, Anhang S.58). Die Darstellbarkeit eines Themas mittels VT endet dort, wo direkte Berührung nötig ist bzw. dort, wo unsichtbar ablaufende Bewegungen (z.B. Muskeltonus) nicht per Bild oder Wort transportiert werden können (K3-2, Anhang S.58); dies gilt aber generell für alle Fachbereiche, nicht nur speziell für den der Streicher. Beim Erlernen eines Streichinstruments tauchen wiederkehrende Bewegungsabläufe auf, die als Themen der VTs aufgegriffen werden können (K3-3, Anhang S.58). Im Hochschulbereich gab es ein erstes VT von Celloprofessor André Navarra in Kooperation mit der Filmabteilung der Wiener Musikhochschule, das sich mit Cellotechnik befasste und in Fachkreisen Schule machte. Heute ist dieser Film auf YouTube frei zugänglich, ebenso wie vereinzelt Filmdokumente von Meisterkursen angesehener Hochschul-dozenten. Daneben findet man nur Einzelbeiträge von engagierten Instrumentenbauern oder ausübenden Instrumentalisten (K3-4, Anhang S.58). Da in der gegenwärtigen Forschung konkretere Begründungshinweise für dieses Phänomen fehlen (Kap 2.2), kann die erste Leitfrage zunächst nur aus den Interviewdaten heraus beantwortet werden: „ Es eröffnen sich keine instrumentalspezifischen Problemfelder bei der Umsetzung von didaktischen Themen für Streicher im Medium Video-Tutorial.“

Rückbezogen auf die zweite Leitfrage: „ Steht die Beobachtung, dass im Streicherbereich (im Vergleich zu anderen Instrumentalfächern) das Medium Video-Tutorial bisher nur wenig genutzt wird, in Zusammenhang mit Distinktionsmechanismen im Sinne Bourdieus?“ wurde in der Auswertung klar, dass der Seite der Lehrenden mehr Aufmerksamkeit zukommen muss. Ein Blick auf die Voraussetzungen zeigt, dass das Medium VT in der eigenen Ausbildung der IP kein Thema war; erste Erfahrung mit dem Medium Film bot der elterliche Haushalt. Der Zugang zum Medium erfolgte aus reinem Eigeninteresse. Zur Erstellung qualitativ hochwertiger VTs ist keine technische Ausbildung nötig; aber fundiertes Fachwissen und Erfahrung am Instrument sowie eine gewisse Schulung der Körperwahrnehmung (K5-2, Anhang S.59). Oberste Grundvoraussetzung ist jedoch die Motivation, VTs in Eigenleistung zu erstellen. Dabei gilt „Learning bei Doing“ – fehlendes technisches Wissen kann im Internet kostenlos abgerufen werden. Qualitativ hochwertige Videos erfordern eine gewisse Bereitschaft zur Investition in die Technik und einen zeitlichen Aufwand. Durch das Lernen aus Fehlern und dem Interesse an anderen VTs entwickelt sich die Qualität kontinuierlich weiter. Einzelbeispiele aus dem Hochschulbereich zeigen, dass das Medium erfolgreich eingesetzt werden kann. Gegenüber anderen Fachbereichen – z.B. Gitarre - stellt die IP eine Ignoranz unter Streicherkollegen dem Thema gegenüber fest. Als mögliche Gründe für die vergleichsweise geringe Nutzung von VTs im Fachbereich Streicher nennt die IP die Angst vor dem Aufwand und vor der Technikbedienung. Das größte Hindernis scheint aber für die IP eine innere Grundhaltung der Kollegen zu sein, die sich um Angst vor dem „Verschenken“ von Wissen (und damit vor dem wirtschaftlichen Verlust von bezahltem Unterricht) sowie vor dem Verlust des Alleinstellungsmerkmals des Lehrers als „Guru“ dreht (K5-3, Anhang S.59). Hier wird der Bezug zu Distinktionsmechanismen deutlich, der als ein gewichtiger Grund für die Verhaftung in althergebrachten Unterrichtsmodellen (Frontal-/ Face-to-Face-Unterricht) und der Verweigerung von öffentlich zugänglicher Wissensverbreitung angesehen werden kann. Die zweite Leitfrage kann daher im Rahmen dieser Arbeit bejaht werden – hier ist allerdings weitergehende differenzierte Forschung nötig.

„Bezieht sich dieses Phänomen auf die Theorie der Pfadabhängigkeit in dem Sinne, dass Pädagogen im Streicherbereich den in ihrer eigenen musikalischen Ausbildung erfahrenen Lehrmethoden des Frontal- bzw. Individualunterrichts verhaftet bleiben und sich sowohl neuen technischen als auch didaktischen Ansätzen nur schwer öffnen?“

Das VT wird in erster Linie als Ergänzung zum regulären Face-to-Face-Unterricht gesehen. Es erfährt Begrenzung dadurch, dass die Kommunikationsmöglichkeit nur in eine Richtung gegeben ist. Alle Arten von Feedback müssen daher in anderen Kommunikations- oder Unterrichtsformen erfolgen, ebenso direkte, individuelle Hilfestellungen für den Lernenden (K1-3, Anhang S.57). VTs können den Einzel- oder Gruppenunterricht nicht ersetzen („... ist kein richtiger Unterricht“), da es sich nur um ein Vorzeigen (z.B. technischer Abläufe) handeln kann. Von einer Konkurrenz der VTs zum herkömmlichen Unterricht kann also nicht die Rede sein. Die IP schildert, dass die didaktischen Vorgehensweisen (Zerlegung der Themen in sachgerechte kleine Einheiten, prägnante wörtliche Darstellung des Problems aus der Schülerperspektive heraus, Vorzeigen am Instrument) für VTs der Unterrichtssituation direkt nachempfunden sind (K1-3, Anhang S.57), d.h. jeder Streicherpädagoge hat schon die notwendigen didaktischen Kenntnisse. Die rasante Entwicklung von benutzerfreundlichen, hochwertigen Softwareanwendungen und preisgünstigen, guten Kameras erlaubt bei geringem Investitions- und Informationsaufwand die Produktion hochwertiger Videos. Das nötige Wissen zur Bedienung kann meist kostenlos über VTs im Internet abgerufen werden, gleiches gilt für die Kanäle zur Bereitstellung (YouTube, Blogformate etc.), die frei oder gegen geringe Gebühren zugänglich sind (K4-1, 4-2, 4-3 und 4-4, Anhang S.58f). Auch rechtliche Bedenken spielen nur eine untergeordnete Rolle und lassen sich selbsttätig lösen (K4-5, Anhang S.59). Dies alles bekräftigt, dass die Hürden zur Überwindung der Pfadabhängigkeit eigentlich nicht zu hoch gehängt sind, weder in technischer, noch in didaktischer Hinsicht. Die bereits im Theorierahmen erwähnten „Momente der Trägheit und Gewöhnung“ (Kap. 2.1.2) können hier zu Rate gezogen werden, daher wird in Übereinstimmung mit den Literaturbefunden (Kap. 2.2) auch die dritte Leitfrage positiv beantwortet.

Zur abschließenden Beurteilung der Forschungsfrage „ Welches Potential hat der Einsatz von Video-Tutorien im Instrumentalunterricht des Fachbereichs Streicher auf den Lernprozess - aus Sicht eines Experten?“, gelangt die Zielgruppe – die Rezipienten der VTs – ins Blickfeld der Analyse. Die VTs werden häufig nachgefragt – dies bestätigen Zugriffszahlen des Blog sowie die Klickstatistiken des YouTube-Kanals - und von den Rezipienten positiv bewertet. Nutzung und Qualitätsbeurteilung liegen dabei in der Eigenverantwortung der Rezipienten. Die Rückmeldungen erfolgen per email, über die Kommentarfunktion des Blog sowie per Telefon. Dabei geht es inhaltlich um positive Rückmeldung und Danksagung, aber auch um konkrete Fragen und Themenwünsche (K2-1, Anhang S.57f). Da die VTs schwerpunktmäßig wiederkehrende instrumentaltechnische Spielabläufe behandeln, die für alle Niveaustufen von Belang sind, ist die Zusammensetzung der Zielgruppe sowohl altersmäßig als auch im instrumentalen Spielniveau sehr heterogen (K2-3, K2-3, Anhang S.58). Im Zuge des Interviews kristallisierten sich Auswirkungen auf die Zielgruppe als neue wichtige Kategorie heraus: VTs sind oftmals der Einstieg in einen direkten Unterrichtskontakt. Durch die Möglichkeit von erneuter Abrufbarkeit und Wiederholung können Sachverhalte verstanden und vertieft werden; dies dient der Vorbereitung auf den Face-to-Face-Unterricht ebenso wie dem häuslichen Üben. Die Rezipienten vernetzen sich auch untereinander und bilden eine eigene Community, in der sie Verabredungen treffen, sich zu Ensembles zusammenfinden und sich inhaltlich austauschen. VTs dienen den Instrumentalisten als Motivations- und Lernhilfe, ebenso behandeln sie musiktheoretische Aspekte, die im herkömmlichen Unterricht nicht zur Gänze abgedeckt werden können. Hier wird Wissen für Jedermann zugänglich und jederzeit wiederholt abrufbar gemacht (K2-4, Anhang S58). Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Markt für VTs da ist – Rezipienten nehmen das Angebot gerne und dankbar an und profitieren davon genauso wie in anderen Instrumentalfächern auch. VTs haben also im Streicherunterricht ein großes didaktisches Potential als Ergänzung zum herkömmlichen Einzel- oder Gruppenunterricht, das es erst einmal zu erschließen gilt.

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Final del extracto de 63 páginas

Detalles

Título
Video-Tutorials im Instrumentalunterricht für Streicher. Qualitätsentwicklung im Unterricht
Universidad
University of Hagen  (Empirische Bildungsforschung - Qualitative Methoden)
Calificación
1,7
Autor
Año
2016
Páginas
63
No. de catálogo
V973991
ISBN (Ebook)
9783346336910
ISBN (Libro)
9783346336927
Idioma
Alemán
Palabras clave
Video Tutorial Instrumentalunterricht, Erwachsene, Qualitätsentwicklung, Empirische Bildungsforschung
Citar trabajo
Petra Amasreiter (Autor), 2016, Video-Tutorials im Instrumentalunterricht für Streicher. Qualitätsentwicklung im Unterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/973991

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