Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Handelsgesetzbuch
2.2 International Financial Reporting Standards
3 Bilanzierungsvorschriften für das Anlagevermögen nach HGB und IFRS
3.1 Definitionen und Anwendungsbereich
3.2 Immaterielles Anlagevermögen
3.3 Sachanlagevermögen
3.4 Finanzanlagen
4 Kritischer Vergleich und konzeptionelle Begründung
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1.1 Handelsvolumen weltweit
Abbildung 1.2 Veränderung der Konzernbilanzpositionen nach Umstellung auf IFRS
Abbildung 3.1 Bestandteile der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach IFRS
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die externe Rechnungslegung informiert nach standardisierten Regeln über die wirtschaftliche Situation und das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens.1 Unternehmenstätigkeiten beschränken sich heute kaum mehr ausschließlich auf inländische Märkte. Die anhaltende Internationalisierung der Unternehmenstätigkeiten führt dazu,2 dass Unternehmen aus der Finanzberichterstattung ausländischer (Partner-) Unternehmen, die nach abweichenden Rechnungslegungsstandards bilanzieren, verlässliche Informationen ableiten müssen. Mit dem Anstieg des weltweiten Handelsvolumens (siehe Abbildung 1.1 Handelsvolumen weltweit) und der zunehmenden Internationalisierung des Kapitalmarkts wuchs der Druck auf die Politik, ein international einheitliches Rechnungslegungssystem vorzuschreiben.3 4
Aus diesem Grund wurden mit der EU-Verordnung vom 19. Juli 2002 kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nach International Accounting Standards (bzw. heute IFRS) verpflichtet.5 Die IFRS wurden mit dem Ziel verabschiedet, die Finanzberichterstattung zu harmonisieren sowie Transparenz und Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen herzustellen.6 In Deutschland gelten für Einzelabschlüsse die Rechnungslegungsvorschriften nach dem HGB.7 Die HGB-Bilanz bildet die Grundlage der Bemessung von Gewinnausschüttungen und der steuerlichen Gewinner- mittlung.8
Abbildung 1.2 Veränderung der Konzernbilanzpositionen nach Umstellung auf IFRS zeigt die Aktivseite einer Bilanz nach HGB und IFRS. Auch wenn diese Darstellung auf dem HGB vor der Einführung des BilMoG beruht, fällt auf, dass es bei der Anwendung der beiden unterschiedlichen Rechnungslegungssysteme zu deutlichen wertmäßigen Abweichungen kommt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.2 Veränderung der Konzernbilanzpositionen nach Umstellung auf IFRS9
Diese Bachelorarbeit soll die Unterschiede in der bilanziellen Behandlung von Anlagevermögen darstellen und aufzeigen, wie diese Unterschiede auf die abweichenden konzeptionellen Zielsetzungen der Rechnungslegungssysteme zurückgeführt werden können. Im Rahmen einer Analyse relevanter (Lehrbuch-) Literatur und Rechnungslegungsvorschriften werden die Bilanzierungsvorschriften nach HGB und IFRS verglichen und Un- terschiede konzeptionell begründet. Nach kurzer Betrachtung der konzeptionellen Grundlagen von HGB und IFRS werden die Bilanzierungsvorschriften für Vermögensgegenstände des immateriellen Anlagevermögens, des Sachanlagevermögens und des Finanzanlagevermögens dargestellt. In Kapitel 4 werden Unterschiede analysiert und mit den in Kapitel 2 dargestellten Grundlagen begründet. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse zusammen, bietet einen Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf und endet mit einem Fazit.
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Handelsgesetzbuch
Die zentralen Zwecke des handelsrechtlichen Jahresabschlusses bestehen in der Dokumentation, der Rechenschaft und der Kapitalerhaltung.10 Die HGB-Bilanz stellt zudem die Grundlage der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns dar.11
Mit dem Dokumentationszweck ist die vollständige,12 für Dritte nachvollziehbare und übersichtliche Darstellung von Geschäftsvorfällen gemeint.13 Das gewährleistet den „Gläubigerschutz, erfüllt eine Beweissicherungs- und Selbstinformationsfunktion und dient [.] der Sicherung des Rechtsverkehrs.“14 Die im Rahmen des Jahresabschlusses vermittelten Informationen sollen darüber hinaus einen Entscheidungsnutzen bieten,15 also die Adressaten bei der Entscheidungsfindung unterstützen, wie sie in Zukunft z. B. mit Unternehmensbeteiligungen oder sonstigen Verbindungen mit dem Unternehmen verfahren sollen.16
Unter der Rechenschafts- und Kontrollfunktion versteht man die Vermittlung von Informationen über Entscheidungen des Managements, die insb. die Verwendung der bereitgestellten Mittel betreffen.17 Die Rechenschaft dient ebenfalls zur Selbstinformation; bspw. ist dadurch die Kontrolle des vergangenen und die Planung des zukünftigen Kapitaleinsatzes möglich.18
Mit dem Zweck der Kapitalerhaltung verfolgen die Regelungen des HGB das Ziel, (Gewinn-) Ausschüttungen insoweit zu begrenzen, dass das Grundkapital (im Falle einer AG) bzw. Stammkapital (im Falle einer GmbH) nicht reduziert wird.19 Die Ausschüttungsbegrenzung ist vornehmlich im Hinblick auf mögliche Vermögens- und Risikoverlagerungen aufgrund der Investitions- und Ausschüttungspolitik des Unternehmens relevant.20 Damit sollen Stakeholder, insb. Gläubiger, die durch überhöhten Mittelabzug nach dem Vertragsabschluss höhere Risiken tragen müssten, vor Benachteiligungen geschützt wer- den.21 Das Ziel der Kapitalerhaltung zeigt sich u. a. in Ausschüttungssperren, wie beispielsweise § 268 Abs. 8 HGB.22 Durch das richtige Abwägen sollen neben den Gläubigern auch gewinnberechtigte Eigenkapitalgeber vor unverhältnismäßigen Gewinnkürzungen geschützt werden.23 Dabei werden jedoch „Gläubigerschutzinteressen [...] im Zweifel höher gewichtet als reine Eignerinteressen.“24
Der Jahresabschluss nach HGB stellt „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft“25 dar. In der Bilanz werden sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und RAP, die dem Vermögen des Unternehmens zuzuordnen sind, erfasst.26 Der Gläubigerschutz und die Kapitalerhaltung stehen im Fokus der handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften,27 da die deutsche Unternehmenslandschaft durch eine ausgeprägte Fremdkapitalfinanzierung gekennzeichnet ist.28 Diesen Zielen wird durch den GoB des Vorsichtsprinzips Rechnung getragen, das bei Bilanzie- rungs- und Bewertungsfragen zu beachten ist.29
Das Vorsichtsprinzip äußert sich im Niederstwertprinzip, Höchstwertprinzip sowie im Realisations- und Imparitätsprinzip.30 Gem. dem Vorsichtsprinzip ist der Ausweis des Reinvermögens pessimistisch vorzunehmen, um Gläubiger und Eigner vor einer Überschätzung des Unternehmensvermögens zu schützen.31 Aufgrund des Realisations- und Imparitätsprinzips sind Gewinne erst bei Realisation, Verluste jedoch bereits bei Eintritt zu berücksichtigen. Das führt zu einer stärkeren Gewichtung möglicher Verlustrisiken und dem Ausweis eines geringeren, aber dafür ausschüttbaren Gewinns in der Bilanz.32 Durch den vorsichtigen Gewinnausweis und die Bildung stiller Reserven werden überhöhte Gewinnausschüttungen verhindert. Dadurch bleibt das Schuldendeckungspotential erhalten.33
Mit dem Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) von 2009 verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften durch eine Stärkung der Informationsfunktion an die internationalen Rechnungslegungsregeln anzupassen. Gleichzeitig sollen die Kernfunktionen Gläubigerschutz, Ausschüttungsbemessung und steuerliche Gewinnermittlung beibehalten werden. Die höhere Gewichtung der Informationsfunktion äußert sich u. a. in der Abschaffung nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte und der Einführung eines Aktivierungswahlrechts für Vermögensgegenstände des selbst erstellten immateriellen Anlagevermögens.34 Einer der Gründe für die Anpassung der nationalen Rechnungslegungsstandards liegt in der zunehmenden Vernetzung des Kapitalmarkts.35
2.2 International Financial Reporting Standards
Nach dem Listing der Daimler Benz AG an der NYSE im Jahr 1993 intensivierten sich die Bemühungen um ein international einheitliches Rechnungslegungssystem.36 Daraus folgt die sog. „IAS-Verordnung“ von 2002, die kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards verpflichtet.37 Die IAS (heute IFRS) wurden vom IASC, dem Vorgänger des heutigen IASB, mit dem Ziel entwickelt, ein Rechnungslegungssystem zu schaffen, das in allen Ländern angewandt werden kann.38
Die IFRS-Rechnungslegung fokussiert sich insb. auf die Adressatengruppen der Eigen- und Fremdkapitalgeber, die durch relevante Informationen bei ihrer Anlageentscheidung unterstützt werden sollen.39 Durch die Bereitstellung zukunftsorientierter Informationen soll es den Kapitalgebern möglich sein, die zukünftigen Gewinne des Unternehmens zu beurteilen und somit die Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals einzuschätzen.40 Die Bilanzierungsvorschriften sind insb. auf die Informationsbedürfnisse der Investoren ausgerichtet, da diese laut dem IASB nicht direkt von dem zu finanzierenden Unternehmen Informationen verlangen können.41
Der oberste Rechnungslegungszweck besteht im Grundsatz der Entscheidungsnützlichkeit (decision usefulness), also der Übermittlung entscheidungsnützlicher Informationen über die „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“42 des bilanzierenden Unternehmens.43 Die Weitergabe entscheidungsnützlicher Informationen umfasst außerdem eine Rechenschaftsablage über die Handlungen des Managements (stewardship).44 Diese Informationen sollen „eine Beurteilung des Handelns des Managements und dessen Verantwortlichkeit für das ihm anvertraute Unternehmen [...] ermöglichen.“45 Mit Hilfe der Informationen des Abschlusses soll es den Bilanzadressaten möglich sein, künftige Cashflows sowie deren Zeitpunkt und Sicherheit des Anfallens einzuschätzen.46 47 Um entscheidungsnützliche Informationen bereitzustellen, verfolgen die IFRS den konzeptionellen Grundsatz der true andfair view bzw. fair presentation. 41 Der IFRS-Abschluss soll gem. diesem Grundsatz die „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend“48 darstellen.
Dem Abschluss nach IFRS liegen zwei wesentliche Primärgrundsätze (qualitative characteristics) zu Grunde: Relevanz (relevance) und realitätsgetreue Darstellung faithful representation).49 Als relevant ist eine Information anzusehen, wenn sie wirtschaftliche Entscheidungen der Abschlussadressaten beeinflussen kann. Das schließt auch unternehmensinterne Informationen ein. Um einen „information overload“50 zu vermeiden, ist eine Fokussierung auf wesentliche Informationen vorgesehen. Die Wesentlichkeit hängt insb. vom Einfluss der Information auf zentrale Kennzahlen wie Gewinn oder Verlust ab.51
Der Grundsatz der faithful representation fordert die neutrale, vollständige und fehlerfreie Darstellung von Informationen.52 Unsicherheiten sind bei den Angaben zu berücksichtigen.53 Die Informationen, die durch den IFRS-Abschluss vermittelt werden, sollen verlässlich sein.54
Die Sekundärgrundsätze bzw. qualitativen Anforderungen des IFRS-Abschlusses sind Vergleichbarkeit, Nachprüfbarkeit und Verständlichkeit. Des Weiteren zählt der Grundsatz der zeitnahen Berichterstattung zu den Sekundärgrundsätzen.55
Mit dem Grundsatz der Vergleichbarkeit wird die Aufstellung von Jahresabschlüssen forciert, die unternehmensintern im Zeitablauf und mit den Bilanzen anderer Unternehmen vergleichbar sind. Die Vergleichbarkeit wird durch das Stetigkeitsprinzip sichergestellt.56 Der Grundsatz der Nachprüfbarkeit sieht vor, dass nach IFRS keine Buchungen ohne entsprechende Belege durchgeführt werden dürfen, sodass die Informationen der Finanzberichterstattung nachprüfbar sind.57
Darüber hinaus soll der IFRS-Jahresabschluss insoweit verständlich sein, dass ein „sach- verständige[r] Bilanzleser [...] ihm die notwendigen Informationen entnehmen [kann]“58.
Der Jahresabschluss ist zudem zeitnah aufzustellen, da sonst die Relevanz der Informationen sinken würde.59
3 Bilanzierungsvorschriften für das Anlagevermögen nach HGB und IFRS
3.1 Definitionen und Anwendungsbereich
§ 247 Abs. 2 HGB grenzt das Anlagevermögen ggü. dem Umlaufvermögen dadurch ab, dass die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen. Die Formulierung des „dauernden Dienens“ ist jedoch nicht absolut im Sinne von „immer“ zu verstehen.60 Vielmehr ist die Kategorisierung des Vermögensgegenstandes von dessen Zweckbestimmung abhängig.61 Stiftet der Vermögensgegenstand nicht bei einmaliger zeitpunktbezogener Verwendung, sondern über einen längeren Zeitraum, im Rahmen mehrfacher Verwendung Nutzen, ist er dem Anlagevermögen zuzuordnen.62 Die in § 266 HGB dargestellte Gliederung der Bilanz gibt die Untergliederung des Anlagevermögens in die drei Kategorien immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen vor.63 Diese drei Kategorien werden im HGB nicht weiter definiert, sondern in der Gliederung der Bilanz mit verschiedenen Untergruppen beschrieben.64
Die IFRS geben eine Unterteilung der Vermögenswerte in kurz- und langfristige vor (current bzw. non-current assets)65 Aus IAS 1.66 folgt, dass ein Vermögenswert als langfristig zu kategorisieren ist, wenn er nicht für Handelszwecke gehalten wird, die Realisation nicht innerhalb von einem Jahr nach dem Bilanzstichtag erwartet wird und es sich nicht um ein Zahlungsmittel handelt.66 Während das HGB das Anlagevermögen nur in drei Unterkategorien untergliedert, trennen die IFRS die non-current assets (Anlagevermögen) deutlich stärker. Bspw. unterteilt IAS 1.54 zwischen Sachanlagen (property, plant and equipment) und als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (investment property).
Um Überschneidungen und Doppelungen zu vermeiden, orientiert sich diese Bachelorarbeit an der Bilanzgliederung des Handelsgesetzbuches. Bei Abweichungen der internationalen Rechnungslegungsstandards von der Gliederungsvorschrift des HGB wird in dem Kapitel, zu dem der Vermögenswert am ehesten zuzuordnen ist, auf dessen Bilanzierungsvorschriften eingegangen.
3.2 Immaterielles Anlagevermögen
a) Ansatz
Während das HGB keine Legaldefinition für immaterielle Vermögensgegenstände vorgibt,67 definieren die IFRS in IAS 38.8 immaterielle Vermögenswerte als „identifizierbare, nicht monetäre Vermögenswerte ohne physische Substanz.“68 Nach HGB sind den immateriellen Vermögensgegenständen vier Kategorien zuzuordnen: selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte, entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände, Geschäfts- oder Firmenwerte und geleistete Anzahlungen.69 Letztere werden vor allem aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit unter den immateriellen Vermögensgegenständen ausgewiesen,70 weshalb sie im Folgenden nicht betrachtet werden.
In den IFRS ist die Aktivierungsfähigkeit an die Erfüllung der Kriterien des IAS 38.10 geknüpft.71 Ein Vermögenswert erfüllt die Definitionskriterien eines immateriellen Vermögenswertes, wenn er identifizierbar, beherrschbar und wirtschaftlich nutzenstiftend ist. Das Kriterium der Identifizierbarkeit ist dann erfüllt, wenn der Vermögenswert separier- bar72 oder durch ein vertraglich begründetes Recht (bspw. durch einen Kaufvertrag) entstanden ist.73
Unter der Separierbarkeit versteht man die Möglichkeit, den Vermögenswert getrennt vom Unternehmen zu verkaufen.74
Die Beherrschbarkeit i. S. d. IAS 38.13ff. ist gegeben, wenn das Unternehmen die uneingeschränkte Befugnis über einen Gegenstand hat. Das umfasst das Recht, die Nutzung des Vermögenswertes durch Dritte einzuschränken und die Möglichkeit, sich durch die Nutzung der Ressource wirtschaftlichen Nutzen zu verschaffen.75 So können bspw. Weiterbildungen für Mitarbeiter aufgrund der fehlenden Beherrschbarkeit nicht aktiviert werden.76 Wenn diese Kriterien erfüllt sind, entscheiden die Ansatzkriterien des IAS 38.18 über die Ansatzfähigkeit des Vermögenswertes. Diese sind nur gegeben, wenn dem Unternehmen durch den Vermögenswert mit hinreichender Wahrscheinlichkeit künftig wirtschaftlicher Nutzen zufließt und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verlässlich ermittelt werden können.77 Die Erbringung zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens wird durch die Generierung von Mehreinnahmen oder Kostenreduktionen konkretisiert, aber nicht quantifiziert.78
Nach dem HGB umfasst das immaterielle Anlagevermögen solche Vermögensgegenstände, die nicht körperlich erfassbar und nicht monetärer Natur sind.79 In der Fassung des HGB bis zum Inkrafttreten des BilMoG war die Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände wegen Schwierigkeiten bei der Bewertung und Wert- haltigkeitsprüfung verboten.80 Das Aktivierungsverbot wurde mit dem BilMoG durch ein Aktivierungswahlrecht ersetzt. Die Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen ist möglich, sofern sie abstrakt aktivierungsfähig und nicht Teil der Negativliste des § 248 Abs. 2 S. 2 HGB sind.81 Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit von Gütern des Anlagevermögens ist gegeben, wenn sie selbstständig bewertbar und verwertbar sind.82
Hinsichtlich selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte differenzieren die IFRS zwischen dem originären GoF und sonstigen Vermögenswerten.83 Ein selbst geschaffener GoF darf nicht aktiviert werden.84 Um die Bilanzierungsfähigkeit sonstiger selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte zu bestimmen, „wird der Erstellungsprozess nach IAS 38 in eine Forschungsphase und eine Entwicklungsphase unterteilt.“85 Da in der Forschungsphase keine Aussage über den wirtschaftlichen Nutzen des Vermögenswertes getroffen werden kann, ist ein Bilanzansatz zu diesem Zeitpunkt verboten.86 Für Vermögenswerte, die sich in der Entwicklungsphase befinden, besteht eine Aktivierungspflicht, sofern die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des IAS 38.57 kumulativ erfüllt werden.87
Neben den o. g. Anforderungen zur Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenständen, „setzt die Aktivierung [nach HGB zusätzlich] voraus, dass im Aktivierungszeitpunkt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von der Entstehung eines Vermögensgegenstandes ausgegangen werden kann“88. Im Falle einer Aktivierung ist zu beachten, dass der aktivierte Betrag nach Handelsrecht einer Ausschüttungssperre gem. § 268 Abs. 8 HGB unterliegt.89 Wie in den IFRS liegt in den Regelungen des HGB ein spezielles Aktivierungsverbot für „selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermö- gens“90 vor. Unter das Aktivierungsverbot fällt ebenfalls ein originärer GoF. Dies ist damit zu begründen, dass die Herstellungskosten den genannten Vermögensgegenständen nicht zweifelsfrei zugerechnet werden können.91 Ebenfalls von der Aktivierung ausgeschlossen sind Vermögenswerte, die sich in der Forschungsphase befinden.92
Da im Falle des monetären Erwerbs immaterieller Vermögenswerte von der Erfüllung der IFRS-Ansatzkriterien auszugehen ist, sind sie in der IFRS-Bilanz zu aktiveren.93 Dies trifft auch auf immaterielle Vermögenswerte zu, die dem Unternehmen im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses zufließen.94 Dabei ist vorauszusetzen, dass die Vermögenswerte vom derivativen GoF getrennt werden können und der beizulegende Zeitwert ermittelbar ist.95
Nach HGB sind entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände solche, die dem Unternehmen im Rahmen eines Rechtsgeschäfts zugegangen sind.96 Sie fallen unter das Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 S. 1 HGB und sind in die Bilanz aufzunehmen.
Das HGB fingiert den derivativen GoF seit Einführung des BilMoG als zeitlich begrenzt nutzbaren Vermögensgegenstand,97 obwohl aufgrund der fehlenden selbstständigen Verwertbarkeit des derivativen GoF begründete Zweifel an dessen Aktivierungsfähigkeit be- stehen.98 Der derivative GoF stellt die Vermögensgegenstände des gekauften Unternehmens dar, die nicht einzeln identifizierbar sind und nicht separat angesetzt werden können. Zu ihnen zählt bspw. der Kundenstamm oder das Markenimage.99 Da bei der Nutzungsdauer aufgrund verschiedener Faktoren Ermessenspielräume bestehen, schreibt das HGB einen Abschreibungszeitraum von zehn Jahren vor, falls die Nutzungsdauer nicht verlässlich ermittelt werden kann.100
Der GoF umfasst nach IFRS die Vermögenswerte, die durch einen Unternehmenszusammenschluss erworben wurden und „die nicht einzeln identifiziert und separat angesetzt werden.“101 Auch in den IFRS muss ein derivativer GoF bilanziert werden.102 Im Gegensatz zum HGB gehen die IFRS von einer unbegrenzten Nutzungsdauer aus.103
[...]
1 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 2
2 Vgl. Chopra & Meindl, 2014, S. 182
3 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 38
4 Entnommen aus UNCTAD (2020)
5 Vgl. Weißenberger & Haas, 2004, S. 54
6 Vgl. Art. 1 VO (EG) 1606/2002
7 Vgl. § 238 HGB
8 Vgl. Zwirner, Boecker, & Reuter, 2004, S. 217
9 Entnommen aus Weißenberger & Haas, 2004, S. 56
10 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 94
11 Vgl. Wehrheim & Fross, 2009, S. 72
12 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 95
13 Vgl. Lühr, 2010, S. 50
14 Winkeljohann & Lewe, 2018, Rz. 90
15 Vgl. Gerum, Mölls, & Shen, 2011, S. 537
16 Vgl. Becker, 2018, S. 15
17 Vgl. Wassermann, 2011, S. 116
18 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 95
19 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 99
20 Vgl. Kuhner, 2005, S. 768
21 Vgl. Moxter & Engel-Ciric, 2014, S. 489
22 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 33
23 Vgl. Backes, 2018, S. 137
24 Schönbrunn, 2005, S. 99
25 § 264 Abs. 2 S. 1 HGB
26 Vgl. Schmidt & Ries, Kommentar zu §246 HGB, 2018, Rz. 2
27 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 38
28 Vgl. Nobes C. , 1998, S. 166ff., vgl. Gerum, Mölls, & Shen, 2011, S. 561
29 Vgl. Winkeljohann & Büssow, 2018, Rz. 30
30 Vgl. Schönbrunn, 2005, S. 99
31 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 195
32 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 103, vgl. Backes, 2018, S. 138
33 Vgl. Backes, 2018, S. 57
34 Vgl Wehrheim & Fross, 2009, S. 72f., vgl. Gros, 2010, S. 164
35 Vgl. Gros, 2010, S. 142
36 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 38ff.
37 Vgl. Art. 4 VO (EG) 1606/2002
38 Vgl. Burland & Colasse, 2011, S. 24
39 Vgl. Weißenberger, 2007, S. 55, vgl. Hayn & Waldersee, 2014, S. 57
40 Vgl. Buchholz, 2017, S. 22, vgl. Hayn & Waldersee, 2014, S. 57
41 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 99
42 Zülich & Hendler, 2020, S. 40 (IAS 1.9)
43 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 233, vgl. Lühr, 2010, S. 10, vgl. IAS 1.9
44 Vgl. Gebhardt, Mora, & Wagenhofer, 2014, S. 110
45 Buschhüter & Striegel, 2009, S. 65, Rz. 44
46 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 146
47 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 233
48 Zülich & Hendler, 2020, S. 42 (IAS 1.15)
49 Vgl. Nobes & Stadler, 2015, S. 576
50 Möllers & Kernchen, 2011, S. 1
51 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 106f.
52 Vgl. Buchholz, 2017, S. 33, vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 149
53 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 107
54 Vgl. Nobes & Stadler, 2015, S. 576
55 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 109f.
56 Vgl. Buchholz, 2017, S. 34f.
57 Vgl. Buchholz, 2017, S. 35
58 Buchholz, 2017, S. 36
59 Vgl. Lühr, 2010, S. 115
60 Vgl. Schubert & Huber, 2018, Rz. 353
61 Vgl. Schubert & Huber, 2018, Rz. 351
62 Vgl. Schubert & Huber, 2018, Rz. 354, vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 329f.
63 Vgl. § 266 Abs. 2 A. HGB, vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 239
64 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 239
65 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 290
66 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 330
67 Vgl. Wulf, 2010, S. 333
68 Fuchs, 2011, Rz. 2, vgl. IAS 38.8, vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 388
69 Vgl. § 266 Abs. 2 Pos. A. I 1-4 HGB
70 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 245
71 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 388
72 Vgl. IAS 38.12a
73 Vgl. IAS 38.12b
74 Vgl. Rohatschek, 2011, S. 165
75 Vgl. Rohatschek, 2011, S. 165f
76 Vgl. IAS 38.15
77 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 292
78 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 389f.
79 Vgl. Schmidt & Usinger, 2018, Rz. 10, vgl. Coenenberg, Haller, & Schulze, 2016, S. 181
80 Vgl. Wulf, 2010, S. 332
81 Vgl. Müller, 2010, S. 7
82 Vgl. Wulf, 2010, S. 333
83 Vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 291ff.
84 Vgl. IAS 38.48
85 Rohatschek, 2011, S. 196
86 Vgl. IAS 38.55, vgl. Baetge, Kirsch, & Thiele, 2012, S. 292
87 Vgl. Weißenberger & Maier, 2006, S. 2078
88 BT-Drs. 16/10067, 2008, S. 61
89 Vgl. Fülbier & Gassen, 2007, S. 2605
90 § 248 Abs. 2 S. 2 HGB, vgl. IAS 38.63
91 Vgl. Wulf, 2010, S. 334
92 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 332
93 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 393
94 Vgl. Pellens, Fülbier, Gassen, & Sellhorn, 2017, S. 395
95 Vgl. Rohatschek, 2011, S. 171
96 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 333
97 Vgl. BT-Drs. 16/10067, 2008, S. 47f.
98 Vgl. Heno, 2015, S. 261
99 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 333f.
100 Vgl. § 253 Abs. 3 S. 4 HGB, vgl. BT-Drs. 16/10067, 2008, S. 48
101 Zülich & Hendler, 2020, S. 764 (IFRS 3, Anhang A)
102 Vgl. IFRS 3.32
103 Vgl. Federmann & Müller, 2018, S. 500