Medienforschung und Nutzung in Deutschland/Hörfunk und Presse


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2000

11 Pages, Note: Sehr gut


Extrait


Inhalt:

1. Einleitung

2.1 Geschichte der Fernsehnutzung
2.2 Zentrale Begriffe der Fernsehnutzung
2.3 Das System der GFK-Fernsehforschung
2.4 Zuverlässigkeit der GFK-Fernsehforschung

3.1 Methoden der Hörfunkforschung
3.2 Klassifikation der Methoden von Radioforschung

4. Die Media-Analyse

5.1 Veränderung der TV-Nutzung seit Einführung der Privatsender
5.2 Das aktuelle Zuschauerverhalten
5.3 Entwicklung der Hörfunknutzung laut MA

6.1 Trends und Perspektiven
6.2 Zukunft der Mediennutzung

Literaturliste

1. Einleitung

Mediaforschung untersucht die Nutzung redaktioneller und werblicher Aussagen in den Medien. Dabei wird nicht nur die Anzahl von Lesern, Hörern und Zuschauern erhoben - mit deren Hilfe zum Beispiel der Preis einer Werbeminute errechnet wird - sondern auch die soziodemographische Zusammensetzung der Rezipientenschaft. Solche Daten nutzen einerseits den Werbeträgern, andererseits können auch die Redaktionen feststellen, wie ihre Themen auf die Rezipienten wirken.

Die Einführung neuer Technik und anderer Empfangsmöglichkeiten, beispielsweise tragbarer Fernsehbrillen, wird mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die Nutzung von Radio und Fernsehen haben.

Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die Methoden der Rezipientenforschung, sowie über die aktuelle Radio- und Fernsehnutzung in Deutschland liefern und mögliche zukünftige Entwicklungen andeuten. Eine endgültige Voraussage kann allerdings nicht getroffen werden, fraglich bleibt, ob die ,,alte Konstante der Kommunikationsgeschichte" weiter Gültigkeit besitzt, wonach ,,noch niemals ein neues Medium ein älteres verdrängt hat".1

2.1 Geschichte der Fernsehforschung in Deutschland

Fernsehforschung im Sinne einer kontinuierlichen quantitativen Zuschauerforschung wird in Deutschland seit dem ersten April 1963 betrieben, dem Tag, als das ZDF erstmals auf Sendung ging.2

,,Der unterschiedliche Stellenwert von Forschung im ZDF und in der ARD ist leicht zu erklären: Das ZDF war in einer schier aussichtslosen Position gegenüber dem ,Monopolisten` ARD, der zu diesem Zeitpunkt bereits eine Institution war, vor allem durch die ,Tagesschau`, deren Start um 20.00 Uhr für die große Mehrzahl der Menschen den Beginn des allabendlichen Feierabends markierte das ZDF was demgegenüber ein ,privates` Programm,...".3 Die Ermittlung des Zuschauerverhaltens erfolgte schon damals mittels eines Panels repräsentativer ausgewählter Personen, deren Fernsehgerät an ein Meßgerät angeschlossen war. Dieses Gerät erfaßte jedes Umschalten, Einschalten und Ausschalten, inklusive des genutzten Fernsehkanals sekundengenau. Die Ermittlung der Einschaltquoten erstreckte sich in den ersten Jahren nur auf das Gebiet der Bundesrepublik, seit 1991 gibt es ein gesamtdeutsches Panel.

Durch die gemeinsame Zuschauerforschung von ARD und ZDF sollte die Vergleichbarkeit der Leistungswerte der beiden Sender sichergestellt werden. Zunächst wurde die Nutzung der zwei Programme lediglich auf Haushaltsebene erfaßt. Mit Einführung des Knopfdruckverfahrens ab 1975 konnte die Nutzung jedes Haushaltsmitgliedes dokumentiert werden. Die gespeicherten Daten wurden nachts automatisch über das Telefon, das mit dem Meßgerät verbunden ist, von dem durchführenden Institut ( seit 1985 ist dies die GFK in Nürnberg) abgerufen und danach für die Auswertung entsprechend aufbereitet. Während die Daten anfänglich hauptsächlich der Programmplanung dienten, wurden sie im Kontext eines zunehmend härter werdenden Wettbewerbs im TV-Werbemarkt zur Unterstützung des Verkaufs von Werbezeiten und als Leistungsnachweis immer interessanter. Mit Einführung des strikt kommerziell ausgerichteten Kabelfernsehens zu Beginn der achtziger Jahre hat sich die deutsche Fernsehlandschaft grundlegend verändert. Die neuen Sender finanzierten sich ausschließlich über den Verkauf der Werbezeiten. Im Jahre 1988 traten der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) die beiden Privatsender RTL plus und SAT.1 bei. Heute gehören der AGF außerdem noch Pro Sieben, RTL 2 und Kabel 1 an. Kleinere Fernsehsender sind durch den Beirat Lizenzsender (BLS), die Werbewirtschaft durch die Organisation Werbetreibender im Markenverband (OWM) und durch den Gesamtverband Werbeagenturen (GWA) in den Gremien der AGF vertreten und so in ihre Arbeit organisatorische eingebunden.

Alle heute am AGF-System beteiligten Sender vereinigen 95 Prozent des gesamten täglichen Fernsehkonsums in Deutschland auf sich.

Das System der deutschen Fernsehforschung wird von niemandem in Frage gestellt, die

Ergebnisse bilden die Basis für weitreichende Entscheidungen nicht nur bei der Verteilung der TV-Werbebudgets, sondern auch für die Programmplanung.4

2.2 Zentrale Begriffe der Fernsehforschung: Reichweiten, Marktanteile und Strukturen

Die zentralen Begriffe der quantitativen Fernsehforschung sind Reichweite und Marktanteil. Die Reichweite beziffert die Anzahl der Personen, die durchschnittlich eine Sendung oder einen Werbeblock sehen. Sie wird in Millionen Personen mit zwei Nachkommastellen ausgewiesen und bietet einen ersten Überblick über den Stellenwert des Senders gegenüber seiner Konkurrenz.

Der Marktanteil gibt den relativen Anteil der Seher der betreffenden Sendung an allen TVZuschauern zu diesem Zeitpunkt an.

Die Struktur zeigt möglichst genaue Daten über die soziodemographische Zusammensetzung der Seherschaft, also z.B. die Altersstrukur oder die der Männer- und Frauenanteil.

2.3 Das System der GFK-Fernsehforschung

Redaktionen und Planer erhalten ihre täglichen ,,Einschaltquoten" in der Regel von den hauseigenen Medienforschungsabteilungen - wenn es sein muß noch vor der ,,Frühkonferenz". Das ist die wichtigste Aufgabe der GFK-Fernsehforschung. Die GFK stellt allgemein gültige Nomen auf, nach denen die Zuschauerzahlen gemessen werden, sie legt fest, was wie erfaßt wird. Diese Standardisierung dient dem gemeinsam verfolgten Zweck aller Fernsehanstalten der einheitlichen Fernsehforschung. Nach den gültigen Konventionen dürfen nur Sender dargestellt werden, die wenigstens 125 Panelhaushalte empfangen können. Die Qualitätsmaßstäbe im Bereich der sozialwissenschaftlichen Repräsentativforschung basieren auf der korrekten Anwendung der Methoden. Nur so gelangt man zu reliablen, validen und gültigen Forschungsergebnissen. Als wichtigste Regeln für repräsentative Regeln bezeichnet Michael Buß in seinem Aufsatz ,,Das System der GfK-Fernsehforschung: Entwicklung und Nutzen der Forschungsmethode" die folgenden:

- Stichprobenziehung und - bearbeitung
- Repräsentanz der Grundgesamtheit
- Meßgenauigkeit (und Skalenqualität)
- Kontrolle der statischen und dynamischen Außenvorgaben
- Gewichtung der Rohdaten und Hochrechnung5

Der veraltete Begriff der Einschaltquote stammt noch aus der Frühzeit der Messung von Fernsehnutzung, sie sagte aus, wie viele TV-Geräte eingeschaltet waren. Ab 1974 begann man mit den ersten personenbezogenen Messungen, man konnte also nicht mehr nur haushaltsbezogene Daten sammeln, sondern Daten über die Nutzung einzelner Haushaltsmitglieder. Die derzeitigen Meßgeräte (TC XL der Schweizer Firma Telecontrol) erfassen die Nutzungsänderungen aller Fernsehgeräte und Videorekorder sowie aller Personen ab drei Jahren auf bis zu 199 Fernsehkanälen und Videospielen von Sekunde zu Sekunde. Die Zuschauer melden sich regelmäßig an und ab wenn sie fernsehen und damit aufhören. Auf nächtlichen Abruf werden die Daten an die GFK-Zentrale abgegeben.

2.4 Zuverlässigkeit der GFK-Fernsehforschung

Die Anonymität der Panelhaushalte ist ein hohes Gut, weil sie garantiert, daß sie unbeeinflußt fernsehen. Ziel der Stichprobenbildung ist schließlich die bestmögliche Abbildung der Grundgesamtheit der Fernsehhaushalte, dazu ist unter anderem auch eine disproportionale Verteilung auf die Länder, bzw. Sendegebiete nötig, entsprechend der spezifischen Angebotssituation.

Zur Kontrolle der Zuverlässigkeit der Forschungsmethode werden unter anderem telefonisch erfragte Haushaltsstichproben gemacht. Panelhaushalte werden also parallel angerufen und befragt, ob sie gerade fernsehen. Bei einem Beispiel 1995 ergab sich, daß das Meßsystem zu 95,2 Prozent genau dasselbe wie ein auf menschliche Ungenauigkeit gestütztes Telefoninterview. Solche Ergebnisse schonen das Meßsystem aber nicht vor Kritik, die Fernsehzuschauerforschung ist oft journalistischen Angriffen ausgesetzt, besonders wenn Journalisten schlechter als erwartet abgeschnitten haben.

3.1 Methoden der Hörfunkforschung

Für den Hörfunk als das älteste elektronische Medium interessiert sich die Forschung im Vergleich zu den visuellen und neue Medien relativ wenig. Dabei ist das Radio das reichweitenstärkste Medium.6

Erst mit der Etablierung der privat-rechtlichen Wellen Ende der achtziger Jahre und dem damit gestiegenen Konkurrenzdruck erlebte der Hörfunk eine Renaissance, wurde aber bei weitem nicht so beachtet wie das Fernsehen. Dafür können die folgenden Ursachen in Betracht gezogen werden:

- Visuellen beeindruckt mehr alt Akustisches, die Wirkung des Fernsehens ist für die Werbetreibenden greifbarer und interessanter
- Radio gilt nur als Begleit- /Hintergrundmedium
- Die Hörfunkforschung verfügt nicht über vergleichbar hohe finanzielle Mittel wie die Fernsehforschung.

3.2 Klassifikation der Methoden von Radioforschung

Mehrere Methoden der Hörerforschung werden ergänzend zueinander eingesetzt: Neben der quantitativen Methoden, wie Nutzeranalysen und Reichweitenbestimmung, gibt es noch die eher qualitativ ausgerichteten Methoden im Sinne von Schwächen- und Stärkenanalysen, Nutzungmotiven u.s.w. Außerdem bieten Inhalts- und Formatanalysen Aufschluß über die Wirkung einer Programmstruktur oder von Musikformaten.

4. Die Media-Analye

Die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (AG.MA) führt jährlich eine Media-Analyse durch. Die Media-Analyse gilt als Standardinstrument der deutschen Reichweitenforschung, der AG.MA gehören nicht nur Rundfunkanstalten, sondern auch die Printmedien und die Werbetreibenden an.7

Mit Hilfe von persönlichen Interviews wird der Stellenwert der Programme in ihren

Sendegebieten festgestellt. Die Media-Analyse biete einige Vorteile: Sie ermöglicht als einheitliche Währung den Vergleich verschiedener Hörfunkprogramme, die jährlich durchgeführte, standardisierte Erhebungsmethode ermöglicht Längsschnittstudien, der Stellenwert des Hörfunkes im Tagesverlauf kann ermittelt werden und durch Sonderanalysen können Hörerstrukturen oder Umschaltzeiten aufgedeckt werden.

Nachteilig ist, daß der Erhebungszeitraum der Media-Analyse relativ lang, und entsprechend unaktuell ist, außerdem beantworten die vornehmlich quantitativen Daten nicht das ,,warum" für einzelne Entwicklungen.

5.1 Veränderung der TV-Nutzung seit der Einführung der Privatsender

1985 war das Bild der Fernsehnutzung noch fast ausschließlich mit 96 Prozent durch ARD, ZDF und ein dritte Programm geprägt. 1993 dagegen betrug der Anteil von ARD und ZDF zusammen nur noch 38 Prozent in Westdeutschland und 29 Prozent im Osten. Die Ergebnisse der Langzeitstudie Massenkommunikation deuten darauf hin, daß sich hier zwei Gruppen von Zuschauern herausbilden: ,,Öffentlich-rechtliche Zuschauer nutzen das Fernsehen als Informationsquelle, verfügen durchschnittlich über einen höheren Bildungsabschluß und interessieren sich stärker für Politik und Kultur. Private Zuschauer nutzen das Fernsehen hauptsächlich zur Unterhaltung."8 Dabei korreliert die auf die ARD entfallende Sehdauer hoch mit der des ZDF, genauso korreliert die Sehdauer von RTL mit der von SAT 1.

5.2 Das aktuelle Zuschauerverhalten

Nach einem Bericht zu Tendenzen im Zuschauerverhalten in der diesjährigen Aprilausgabe der Zeitschrift Media Perpektiven haben sich die Sehgewohnheiten der Deutschen kaum verändert. Auffallend ist nur, daß die Reichweiten und die Sehdauer des Mediums Fernsehen weiter zulegten. Personen ab 14 Jahren schauten 1998 durchschnittlich 201 Minuten fern, fünf Minuten mehr als im Vorjahr und doppelt soviel wie Kinder unter zwischen drei und 13 Jahren. In Ostdeutschland spielt das Fernsehen weiterhin eine größere Rolle, hier legt die Sehdauer bei Kindern um 22 Minuten und bei Erwachsenen um 28 Minuten höher als im Westen.

An der bisher bekannten Unterhaltungspräferenz hat sich bei alledem nichts geändert. Ordnet man alle unterhaltenden und fiktiven Fernsehsendungen nach der Größe ihre Publikums, zeigt sich: An erster Stelle in der Gunst der deutsche Zuschauer stehen auch weiterhin die Unterhaltungsshows9. Das Erste Programm der ARD konnte 1998 nach mehreren Jahren wieder die Position des meist gesehenen Programmes einnehmen, gefolgt von dem bisherigen Marktführer RTL. Dann folgt das Zweite Deutsche Fernsehen auf Platz drei. 68 von 100 der meist gesehenen Sendungen waren 1998 Sportübertragungen, allerdings spielen insgesamt gesehen Sportsendungen keineswegs eine wichtige Rolle für den Publikumserfolg. Zum Beispiel bei der ARD liegt der Anteil an Informationssendungen an der Gesamtsehdauer 1998 bei 35 Prozent, der Sportanteil nur bei 18 Prozent. Auffallend sind außerdem die unterschiedlichen Vorlieben der Ost- und Westdeutsche. Markus Deggerich schreibt anläßlich der Präsentation der ZDF-Studie auf der Internationalen Funkausstellung 1999 in der "Süddeutschen Zeitung": ,,Die Hitliste der hundert beliebtesten Sendungen in der ersten Hälfte dieses Jahres gibt bereits Aufschluß über das sehr verschiedene Verhalten der Deutschen vor dem Fernseher: Während man sich bei den Spitzenreitern noch einig ist mit Gottschalks "Wetten, dass...?" und dem Finale der Champions League zwischen Manchester und Bayern, haben die Deutschen beim Restprogramm kaum Gemeinsamkeiten. Rund vierzig Folgen der RTL-Seifenoper ,,Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" sind in den neuen Ländern unter den hundert Sendungen mit den höchsten Einschaltquoten. Im Westen schaffte es im ersten Halbjahr keine einzige ,,GZSZ"-Folge unter die Top-Hundert. Dafür hat die ,,Tagesschau" als Mutter aller Nachrichtensendungen in der alten Bundesrepublik ähnliche Anteile wie die Serie für Pubertätsprobleme im Osten."10 Informationen holen sich die Deutschen nach wie vor lieber bei den öffentlich-rechtlichen Programmen, die meistgesehene Nachrichtensendung bleibt die ,,Tagesschau". Bei den Unterhaltungsgenres liegen hingegen die Privatsender vorne. ,,Gemäß der groben Einteilung TV-Deutschlands in Unterhaltung (Ost) und Information (West) sind die privaten Sender im Osten in der Regel der Marktführer, im Westen die ARD: In Gesamtdeutschland, schätzt das ZDF, wird aber am Ende des Jahres RTL die Nase vorn haben."11

5.3 Entwicklung der Hörfunknutzung laut Medien-Analyse

Nach der MA 95 besitzen 98 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mindestens ein Radiogerät. Im statistischen Durchschnitt ist jeder Haushalt mit 4 Radiogeräten ausgestattet. 68 Prozent der Haushalte verfügen darüber hinaus über ein Autoradio. Die Reichweite des Radios blieb, trotz der Ende der 80er Jahre massiv ausgebauten Anbieterzahl, bei 80 Prozent stabil. Allerdings stieg mit der Etablierung der privat-rechtlichen Wellen die tägliche Hördauer von 163 Minuten auf 174 Minuten. Dennoch steht der Ausbau der Radionutzung in keinem Verhältnis zur Ausweitung des Programmangebotes. Ein verschärfter Wettbewerb zwischen den Anbietern ist festzustellen, der in erster Linie zu Lasten der öffentlich- rechtlichen Sender geht.12

2. Trends und Perspektiven

Die Fernsehnutzung in Deutschland steigt an, besonders die neuen Bundesbürger zeigen eine hohe Affinität zum Fernsehen. ,,Mit der Vervielfachung der verfügbaren Fernsehprogramme ist der Zuschauer nicht mehr an die Programmstruktur eines Senders gebunden Neben der Sendungsabfolge verläßt der Zuschauer auch zusehends die ,natürliche` Einheit der Sendung: Es wurden Zuschauertypen identifiziert, die sich mehrere Sendungen gleichzeitig anschauen (Hopper) oder eine Sendung verlassen, um sich attraktivere Alternativen zu suchen

(Switscher) beziehungsweise Werbung zu vermeiden (Zapper)."13

Die starke Fernsehnutzung zieht sich durch alle soziodemographischen Gruppen und geht vor allem zu Lasten des Hörfunkes. Das Fernsehen wächst aus der Rolle des Abendmediums heraus und macht dem Radio Konkurrenz als Begleitmedium. Auch die Exklusivnutzung des Fernsehens ist 1995 im Vergleich zu 1990 gestiegen. 55 Prozent der Jugendlichen nutzen das Fernsehen mittlerweile ähnlich wie das Radio, Programme wie MTV oder VIVA dienen oft als Hintergrundmusik. Die sogenannte Fernsehgeneration, also die Menschen, die mit Fernsehen aufgewachsen sind, unterscheidet sich in der quantiativen Fernsehnutzung kaum von der mittleren Klasse.14

,,Gemessen an Tagesreichweite und Sehdauer scheint das Fernsehen immer mehr Zeit

Medienzeit von immer mehr Menschen zu okkupieren Es sind vor allem die jüngeren Bundesbürger, deren deutlich ausgeprägte Präferenz für die Angebote des Privatfersehens mit einer überdurchschnittlichen unterhaltungsorientieren Fernsehnutzung einhergehen. Und es sind auch die jüngeren Bundesbürger, die neue Formen der Nebenbei-Nutzung des Mediums entwickeln und so die zeitlichen Restriktionen zu lockern versuchen."15 Bei den älteren Medien, Hörfunk und Tageszeitung, zeichnen sich bestenfalls Stagnationstendenzen der Nutzung ab. Die Mediennutzung neben anderen Tätigkeiten wird nicht unbegrenzt ausdehnbar sein. Veränderte Rezeptionsgewohnheiten des Fernsehens könnten dem Radio sein bisheriges Nutzungmonopol streitig machen. Demgegenüber sieht Frank Schierholz, in seinem Artikel zu den Entwicklungschancen des Radios, erschienen im Mai 1997 im ,,Media Spectrum Special", weitere Vorteile des Rundfunks darin, daß das Radio ein sehr aktuelles Medium ist. Außerdem besitze das Radio mehr regionale Kompetenz und das Aufkommen von Zapping sei beim Radio geringer. Der entscheidende Vorteil des Radios ist für ihn aber die Eigenschaft als Begleitmedium. ,,In einer Situation der ständigen Expansion von Medien und Freizeitangeboten hat das Radio die besten Nutzungschancen,... , denn das Radio kann besser als jedes andere Medium als Begleitmedium eingesetzt werden.

Das heißt, daß eine Entscheidung für die Nutzung von Radio keine Entscheidung gegen ein anderes Medium oder gegen eine andere Tätigkeit sein muß."16

6.1 Zukunft der Medienutzung

Will man die hier dargestellten Ergebnisse auf ein Fazit bringen, dann ist bislang nur sicher, daß die Mediennutzung steigt und sich der Umgang mit den aktuellen Medien, differenziert nach Sozialgruppen und Generationen, wandelt. Ob die hier angedeuteten Richtungen des Wandels zuverlässig sind, läßt sich kaum sagen. Besonders die Entwicklung der neuen Medien lassen sich noch nicht absehen, inwieweit zum Beispiel auch die alten Medien wie Fernsehen kombiniert werden mit neuen Medien wie Internet. Erste Ansätze für solche Tendenzen gibt es ja bereits, ein Beispiel dafür wäre der Südwestrundfunk (SWR).17 Es ist zu vermuten, daß ähnlich wie bei der Einführung des privaten Rundfunks, die einzelnen Medien erhalten bleiben und sich nur die Hörer- oder Seheranteile ändern. Wie diese Entwicklung genau aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Literaturliste:

Berg Klaus, Kiefer Marie-Luise: Massenkommunikation 5, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1995

Böhme-Dürr Karin, Graf Gerhard: Auf der Suche nach dem Publikum, Universitäts- Verlag, Konstanz 1995

Darschin Wolfgang: Tendenzen im Zuschauerverhalten: Media Perspektive Nr.4/99

Deggerich Markus: Gute Quoten, schlechte Quoten: Süddeutsche Zeitung, 31.08.99, Berlin- Seite

Feil Georg (Hrsg.): Fernsehforschung: Feedback oder Anpassung?, Verlag Volker Spiess, Berlin 1977

Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, Baden-Baden, Nomos Verlagesellschaft1998

Klingler Walter, Roters Gunnar, Gerhards Maria (Hrsg.): Medienrezeption seit 1945, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 1999

Pürer Heinz (Hrsg.): Fernsehnutzung im deutschen Sprachraum: Österreich, BRD, Schweiz,

Journalistik Heft 9/1986

Schierholz Frank: Radio-Qualitäten im Überblick, in: Media Spectrum Special: Nr. 5/97

Tietze Wolfgang, Roßbach Hans-Günther: Mediennutzung und Zeitbudget, Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 1991

[...]


1 Lerg 1981, in:Van Eimeren Birgit: Methoden der Hörfunkforschung und ihre Anwendung in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, in: Böhme-Dürr, Graf Gerhard: Auf der Suche nach dem Publikum, Konstanz 1995, S.93

2 Vergl. Hofsümmer Karl-Heinz: Fernsehforschung aus der Sicht der ARD-Werbung: Ein universeller Service für die Werbung, in: Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, Baden-Baden 1998, S. 893

3 Frank Bernward: Die Medineforschung des ZDF, in, in: Böhme-Dürr Karin, Graf Gerhard (Hrsg): Auf der Suche nach dem Publikum, Konstanz 1995, S. 162

4 Vergl. Hofsümmer Karl-Heinz: Fernsehforschung aus der Sicht der ARD-Werbung: Ein universeller Service für die Werbung, in: Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, Baden-Baden 1998, S. 895

5 Buß Michael: Das System der GfK-Fernsehforschung: Entwicklung und Nutzen der Forschungsmethode, in: Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, BadenBaden, 1998, S.795

6 Vergl. Van Eimeren Birgit: Methoden der Hörfunkforschung und ihre Anwendung in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, in: Böhme-Dürr Karin, Graf Gerhard (Hrsg): Auf der Suche nach dem Publikum, Konstanz 1995, S. 91

7 Vergl. Van Eimeren Birgit: Methoden der Hörfunkforschung und ihre Anwendung in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, in: Böhme-Dürr Karin, Graf Gerhard (Hrsg): Auf der Suche nach dem Publikum, Konstanz 1995, S. 97

8 Vergl. Berg Klaus, Kiefer Maire-Luise: Massenkommunikation V, Baden-Baden 1995, S. 75 ff.

9 Vergl. Darschin Wolfgang. Tendenzen im Zuschauerverhalten, Fernsehgewohnheiten und Programmbewertungen 1998, in: Media Perspektiven Nr. 4/99, S. 159

10 Deggerich Markus: Gute Quoten, schlechte Quoten, Süddeutsche Zeitung, Dienstag 31.08.99, S. 10

11 Deggerich Markus: Gute Quoten, schlechte Quoten, Süddeutsche Zeitung, Dienstag 31.08.99, S. 10

12 Vergl. Van Eimeren Birgit: Methoden der Hörfunkforschung und ihre Anwendung in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, in: Böhme-Dürr Karin, Graf Gerhard (Hrsg): Auf der Suche nach dem Publikum, Konstanz 1995, S. 101

13 Bilandzic Helena: Formale Merkmale individueller Fernsehnutzung, in: Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, Baden-Baden, 1998, S. 743

14 Vergl. Berg Klaus, Kiefer Marie-Luise (Hrsg.): Massenkommunikation V, Baden-Baden 1995, s. 177

15 Kiefer Marie Luise: Tendenzen und Wandlungen in der Presse-, Hörfunk- und Fernsehrezeption seit 1964, in: Klingler Walter, Roters Gunnar, Gerhards Maria (Hrsg.): Medienrezeption seit 1945, Baden-Baden, 1999, S.103

16 Schierholz Frank: Radio-Qualtitäten im Überblick, Media Spectrum Special, 5/97, S. 13

17 Klingler Walter: Fernsehforschung in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, in: Klingler Walter (Hrsg.): Fernsehforschung in Deutschland, Baden-Baden, 1998, S. 915

Fin de l'extrait de 11 pages

Résumé des informations

Titre
Medienforschung und Nutzung in Deutschland/Hörfunk und Presse
Université
LMU Munich
Cours
PS 2 / Medienlehre Presse
Note
Sehr gut
Auteur
Année
2000
Pages
11
N° de catalogue
V97519
ISBN (ebook)
9783638959711
Taille d'un fichier
409 KB
Langue
allemand
Mots clés
Medienforschung, Nutzung, Deutschland/Hörfunk, Presse, Medienlehre, Presse
Citation du texte
Anne Petersen (Auteur), 2000, Medienforschung und Nutzung in Deutschland/Hörfunk und Presse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97519

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