Pflegemodelle und -theorien bei Demenz. Auswahl und Implementierung eines Pflegemodells für Demenzerkrankte im pflegerischen Alltag


Seminar Paper, 2017

20 Pages


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Inhaltsverzeichnis:

1 Das Modell zur Evaluation von Theorien nach Meleis (1999)

2. Das Modell zur Analyse und Evaluation von Theorien nach Kirkevold (1997)

3. Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede der Pflege-Modelle nach Kirkevold und Meleis

4 Das geeignete Modell zur Analyse für Menschen mit Demenz-Relevanz und Adaptionsbedarf

6 Analyse des Pflegemodells

7 Implementierung des Modells im Pflegealltag

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Entwicklung von Pflegetheorien und -modellen geht mit der wissenschaftlichen Diskussion um das Thema Gesundheit einher, meint Herlinde Steinbach (2011).

In den jeweiligen Gesundheitsmodellen erhält die Gesundheit(-sförderung) unterschiedliche Relevanz.

In bedarfsorientierten Modellen werden die Grundbedürfnisse von Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Im Modell nach Nancy Roper wiederum sind die Bereiche als Lebensaktivitäten bzw. Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) angeführt.

Ein weiteres Modell entstand nach der Idee von Dorothea Orem, die sich die Frage stellte: Wie soll Pflege beschaffen sein, um PatientInnen wieder gesunden zu lassen? Orem entwarf das Modell der Selbstpflege (Steinbach 2011: 149). Nach Silvia Neumann-Ponesch (2017) wurden in den vergangenen zehn Jahren Begriffe wie z. B.

- Pflegekonzept,
- theorien und
- modelle sowie Gedanken der PflegetheoretikerInnen Orem, Pelau, Roper und anderen PflegeexpertInnen verbunden. Die Theorien und Modelle haben die Aufgabe, Pflege als eigenständige wissenschaftliche Disziplin im gesellschaftlichen Kontext umzusetzen (Neumann-Ponesch 2017: 11).

Im deutschsprachigen Europa war die Umsetzung von Pflegetheorien in die Pflegepraxis noch vor etwa zehn Jahren kaum gegeben. Mittlerweile ist bestätigt, dass der Pflegeberuf einen wissenschaftlich klar definierten Rahmen aufweisen sollte (ebd. 2017: 12).

Zwei Expertinnen, die für eine evidenzbasierte Pflege stehen und Pflegetheorien und -modelle für die Pflegepraxis entwickelten, werden in der folgenden Arbeit vorgestellt. Das Pflegemodell der Pflegepädagogin Marit Kirkevold (1997) und jenes der Medizinsoziologin und Pflegewissenschaftlerin Alaf Ibrahim Meleis (1999) werden verglichen und die Gemeinsamkeiten bzw. die Gegensätze aufgezeigt.

Es erfolgt die Auswahl eines geeigneten „Pflegemodells bei Menschen mit Demenz“ und eine kritische Betrachtung des Analysemodells. Darauffolgend wird die Umsetzung des gewählten Modells im Pflegealltag beschrieben und begründet.

1 Das Modell zur Evaluation von Theorien nach Meleis (1999)

Das Pflegetheorie-Modell von Meleis (1999) wird im Folgenden beschrieben. Des Weiteren wird ihr Zugang zu den Analyse- bzw. Evaluationsschritten sowie Entscheidungen für die jeweiligen Pflegetheorien aufgezeigt.

Nach Meleis (1999) wird die Evaluierung von Theorien schon seit Anbeginn von Pflegekräften durchgeführt, um die praktische Anwendbarkeit der Pflegehandlungen einzuschätzen oder um Curricula für den Unterricht sowie pflegerische Entscheidungen abzusichern.

Die Evaluierung von Pflegetheorien ist essenziell für die Pflegepraxis und sorgt aus den folgenden Gründen für eine Wissenserweiterung, denn sie

- erleichtert die Entscheidung, welche Theorie sich besser für Forschung, Unterricht, Verwaltung und Beratung eignet,
- sorgt für die Erforschung von Praxisaspekten oder dient als Vorgabe für Forschungsprojekte,
- stellt einen Vergleich zwischen diversen Phänomenen her, macht diese erklärbar und vergleichbar,
- ermöglicht die Berücksichtigung des soziokulturellen Kontextes des Theoretikers und die Erkenntnisse rund um die Disziplin,
- lässt Überzeugungen einer Fachrichtung einfacher erfassen,
- macht Lernvorgänge eines Fachgebietes erkennbar,
- bewirkt Veränderungen im klinischen Alltag und lässt Forschungsprioritäten transparent werden,
- legt Unterrichtsinhalte und Leitlinien für pflegeadministrative Tätigkeiten fest,
- stellt einen Rahmen für die Pflege her, um Pflegearbeit auch in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und
- lässt weitere Schritte zur Forschung bzw. Theorieweiterentwicklung zu (Meleis 1999: 391f).

Letztlich dient eine Evaluierung dazu, Theorien kritisch zu beleuchten. Zwei Disziplinen haben nach Meleis (1999) die Evaluation von Pflegetheorien mitbeeinflusst, nämlich die Soziologie und die Psychologie.

Die Pflegewissenschaftlerin führt einige Kriterien an, wie Entscheidungen für jeweilige Pflegetheorien erfolgen können:

- Persönliche Kriterien: Personen entscheiden selbst oft intuitiv und wenden die Theorie nach den individuellen Ansichten an.
- Mentorabhängige Kriterien: Personen, die nach diesen Kriterien vorgehen, haben bereits Informationen von TheoretikerInnen erhalten. Sie wurden unterrichtet, nachhaltig beeinflusst und geformt durch Lernerfahrung.
- Theoretikerabhängige Kriterien: Entscheidung für die entsprechende Theorie ist abhängig von der Person der TheoretikerIn d. h. welchen Bekanntheitsgrad und welches Ansehen die bzw. der jeweilige ExpertIn vorzuweisen hat.
- Literaturabhängige Kriterien: Personen, die sich aufgrund einer entsprechenden Literatur für die jeweilige Pflegetheorie entscheiden.
- Soziopolitische Kongruenz: Vielfach haben die soziopolitische Ausgangslage sowie die ökonomischen Voraussetzungen zur Entscheidung einer Theorie beigetragen bzw. diese begünstigt.
- Anwendbarkeit: Der Schweregrad (möglichst einfach) der Umsetzbarkeit ist meist die Begründung für die Entscheidung (ebd: 392ff).

Um mit der Evaluierung einer Theorie beginnen zu können, sollte nach Meleis (1999) eine Begrenzung des Forschungsprojekts vorgenommen werden.

Die Begrenzung hängt von der Theoriebreite, dem gewählten Zeitraum und dem Theorieverständnis ab, die die jeweilige Person in den Evaluationsprozess mitbringt. In dieser Phase sollten objektive und subjektive Anteile getrennt werden[AG1] .

Unterschieden wird in strukturelle und funktionale Komponenten.

- Strukturelle Komponenten: Annahmen, Konzepte und Behauptungen
- Funktionale Komponenten: Fokus, KlientIn, Pflege, Gesundheit, Pflegekraft, Patienteninteraktion, Umwelt, Pflegeproblem, Pflegetherapeutiken (ebd: 399).

Meleis (1999) bemerkt, dass die erste Beschreibungsstufe strukturell ist. Erst d Kleinschreibung?arauffolgend kann die funktionale Darstellung erfolgen. Die funktionale Komponente befasst sich mit Konzepten der Pflegebereiche. Gleichzeitig werden mithilfe der funktionalen im Vergleich zur strukturellen Einschätzung voraussichtliche Konsequenzen und der Zweck einer Theorie mitberücksichtigt.

Eine Theorie beinhaltet Fragen wie z. B.:

- Um welche Zielgruppe handelt es sich (KlientIn, Familie, Gruppe oder Gesellschaft)?
- Was ist das Ziel der Pflegehandlung? Die Gesundheit des/der KlientIn sollte das Hauptziel sein.
- Welche Beschreibungen verwendet eine Theorie für Begriffe wie z. B. Pflege, KlientIn, Gesundheit, Pflegeprobleme, Umwelt, PflegerIn?
- Sind diese Erklärungen verständlich und korrekt?
- Kann die Theorie transparent machen, welche Ursachen zum Pflegeproblem führen und ob der Mensch selbst oder seine Umwelt die Gründe dafür sind?
- Kann mit der Theorie die Notwendigkeit einer Pflegeintervention ersichtlich werden?
- Bestehen standardisierte Vorgaben für Interventionsschritte und wie werden diese bezeichnet?
- Bestehen Richtlinien für die Rolle der Pflegekraft?
- Zeigt die Pflegetheorie das Resultat der Pflegehandlungen auf?
- Gibt es Vorgaben, wie darauf reagiert werden kann (ebd: 404f)?

Unter Analyse versteht Meleis (1999) das Erkennen von Teilbereichen einer Untersuchung anhand vorgegebener Richtlinien.

Analyse beinhaltet Konzept- und Theorieanalyse.

Meleis beschreibt die Konzeptanalyse als einen wertvollen Prozess in der Theorieentwicklung und -evaluierung. Sie bezieht sich auf Wilson (1969) und meint: Für die Analyse von Konzepten sind folgende Schritte und Techniken möglich. Dazu zählen:

- Begriffe erklären und erkennen[AG2] sowie beschreiben der diversen Bereiche und Schwerpunkte des Konzepts.
- Vergleichen des Modells mit anderen Konzepten, auch um eine Grenzziehung vorzunehmen.
- Benennen der Begleitumstände, die zum Konzept führten und die resultierenden Folgen (z. B. Krankheit, Genesung, Verlust, Geburt und deren Folgen: Kummer, Desorientierung ...).
- Entwickeln, benennen und analysieren von Fall- oder Modellbeispielen oder Beispielen, die dem Gegenteil entsprechen (Wilson 1969, zit. nach Meleis 1999: 406f).

Die Theorieanalyse umfasst nach Meleis (1999) die Einbeziehung wichtigster Variablen, die wiederum eine Entstehung der bestehenden Theorie beeinflussen können. Im Gegensatz zur Konzeptanalyse, die in der Theorieentwicklung und -erprobung schon früh einsetzt, tritt die Theorieanalyse erst spät ein.

Die umfassende Analyse von Theorien ist auch von der dezidierten Untersuchung der Autorin abhängig. In den Analyseprozess wirken berufliche und wissenschaftliche Netzwerke sowie MentorInnen, StudentInnen und SponsorInnen mit ein (Meleis 1999: 407).

2. Das Modell zur Analyse und Evaluation von Theorien nach Kirkevold (1997)

Im folgenden Abschnitt wird das Modell nach Kirkevold (1997) zur Analyse und Evaluierung von Pflegetheorien beschrieben. Kirkevold (1997) bezieht in ihrem Modell zur Analyse und Evaluation von Theorien die Erfahrungen anderer ExpertInnen mit ein.

Bereits existierende Pflegemodelle von Meleis et al. (1985) werden in der Darstellung des Modells von Kirkevold (1997) angeführt. Sie gliedert ihr Modell in in zwei Teile: Die Theorieanalyse und Evaluation.

Das Modell zur Analyse und Evaluation von Theorien wird aus fünf Analyse- und Evaluationsschritten zusammengesetzt:

1: Zusammenfassung der Hauptkomponenten (Analyse)
2: Aussagen der Theorie zur Krankenpflege (Analyse)
3: Das „Weltbild“ der Theorie (Evaluation/Analyse)
4: Theoretische Haltbarkeit (Evaluation)
5: Praktische Brauchbarkeit (Evaluation)

Die Analyse gliedert Kirkevold (1997) in folgende Teilbereiche:

Hauptkomponenten der Theorie:

1. Was sind die wichtigsten Bausteine der Untersuchung?
2. Welche Beziehung haben die Elemente zueinander?

Aussagen der Theorie zur Gesundheits- und Krankenpflege

1. Welche Definition von Gesundheits- und Krankenpflege erfolgt anhand der Theorie?

a. Um wen handelt es sich (z. B. PatientIn)?
b. Welche Pflegeprobleme sind zu bearbeiten?
c. Welche Faktoren sind für Pflegende zu beachten?
d. Welche Pflegeziele gibt es?
e. Welche Methoden werden für die pflegerischen Maßnahmen benötigt?
f. Welcher Zusammenhang besteht mit der Pflege?

2. Beschreibt die Pflegetheorie einen Zustand, Beistrich? der ist oder der sein sollte?
3. Wie lautet die Hauptthese der Theorie (Kirkevold 1997: 40)?

Das Weltbild der Theorie

1. Dieses soll ergründen, welche Vorstellungen der Autor von der Wirklichkeit hat, d. h. welche Theorien und Wertsysteme der Theorie zugrunde liegen.
2. Mit dem Begriff Weltbild der Theorie soll erkannt werden, welchen Hintergrund die Theorie hat und in welchen sozialen Zusammenhang sie entwickelt wird (ebd.: 154f).

Die Evaluation wird von Kirkevold (1997) in theoretische Haltbarkeit und praktische Brauchbarkeit unterteilt.

Theoretische Haltbarkeit:

1. Werden Darstellungen bzw. Definitionen eindeutig erkennbar und besteht ein logischer Aufbau der Theorie?
2. Passt die Theorie zu den Pflegephänomenen, die dargestellt werden sollen?

Praktische Brauchbarkeit:

1. Passt die Theorie zu der Wirklichkeit, die der Leser wahrnimmt?
2. Ist diese Theorie auch für die Praxis geeignet und weitreichend anwendbar?
3. Welche Pflegepraxis beschreibt die Theorie und ist eine ethische Verantwortung gegeben?
4. Grenzt sich diese Theorie eindeutig von anderen Fachgebieten ab (ebd.: 40)?

[...]

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Details

Title
Pflegemodelle und -theorien bei Demenz. Auswahl und Implementierung eines Pflegemodells für Demenzerkrankte im pflegerischen Alltag
College
University of Applied Sciences Feldkirchen  (Gesundheit und Soziales)
Author
Year
2017
Pages
20
Catalog Number
V975543
ISBN (eBook)
9783346321657
ISBN (Book)
9783346321664
Language
German
Keywords
pflegemodelle, demenz, auswahl, implementierung, pflegemodells, demenzerkrankte, alltag
Quote paper
Andrea Gundolf (Author), 2017, Pflegemodelle und -theorien bei Demenz. Auswahl und Implementierung eines Pflegemodells für Demenzerkrankte im pflegerischen Alltag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/975543

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