Die Darstellung der US-amerikanischen Polizeiinstitution im Hollywood-Film. Beobachtung anhand des Films „Das Schweigen der Lämmer“ von Jonathan Demme


Term Paper (Advanced seminar), 2013

44 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Definition des Kriminalfilms

2. Einblick in die Geschichte des Filmpolizisten
2.1 Ikonographie seit den 1930er Jahren
2.2 Weibliche Ermittlerinnen seit den 1980er Jahren
2.3 Das Privatleben der Ermittler

3. Darstellung der Polizei in dem Film „Das Schweigen der Lämmer“
3.1 Symbole des FBI
3.2 Arbeits - und Handlungsweise des FBI
3.3 Symbole Amerikas

4. Schlussbemerkung

5. Inhaltsverzeichnis

6. Abbildungsverzeichnis

1. Definition des Kriminalfilms

Der Film ist längst zu einem Medium geworden, welches tagtäglich genutzt wird. Dabei bedient er sich vieler Genres, die nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können. Eines davon ist der Kriminalfilm. „Das Kriminalgenre handelt von den Überschreitungen der gesellschaftlich gegebenen Regeln und der Verfolgung und Ahndung des Gesetzesbruchs“ 1. Es beinhaltet ein Verbrechen und dessen Aufklärung und trägt damit zur Sicherung der gesellschaftlichen Ordnung bei. Die Geschichte beginnt häufig mit einer Straftat, beispielsweise einem Mord, welche zum Schluss aufgeklärt wird, was mit der Entdeckung und teilweise Überführung des Täters einhergeht.1 2 Der Kriminalfilm wird in viele Subgenres unterteilt, wie unter anderem den Detektivfilm, Gerichtsfilm, Thriller und den Polizeifilm, welcher im Folgenden näher betrachtet werden soll. Wohingegen der Ermittler im Detektivfilm ein Einzelgänger ist, operiert der Polizist im Polizeifilm innerhalb einer Organisation. Dies ermöglicht ihm den Einsatz von Institutionen und stellt ihm ein gesamtes Team zur Unterstützung bereit.3 Der Polizist „steht für eine durch Institutionen existierende Gesellschaft“4. Durch ihn entsteht Ordnung in der Gesellschaft. Jedoch bleibt die Institution Polizei weiter bestehen, auch wenn er oder seine Ermittlungen erfolglos bleiben. Besonders hervorzuheben ist die hierarchische Struktur im Polizeiapparat. Dadurch wird der ermittelnde Polizist vor die Aufgabe gestellt, sich bei seinen Vorgesetzten zu behaupten und dabei möglicherweise keinerlei Zustimmung zu erhalten.5 „Berechenbarkeit, Standfestigkeit, Unbeirrbarkeit sind die Kennzeichen des Hüters der Ordnung“6. Die Ikonographie des Polizisten wird dabei immer wieder einer Wandlung unterzogen, was im nächsten Abschnitt thematisiert wird. Mit diesem nötigen und grundlegenden Verständnis des Genres wird der Film „Das Schweigen der Lämmer“ auf die Darstellung der Polizei hin analysiert und geklärt, welche Funktion dies hat. Die Abbildungen werden dabei nicht in den Text einbezogen, da es aufgrund des großen Umfangs dem Lesefluss schaden würde.

2. Einblick in die Geschichte des Filmpolizisten

2.1 Ikonographie des Polizisten seit den 1930er Jahren

Häufig wird in Polizeifilmen aus der Sicht von einem Polizisten erzählt. Dabei repräsentiert im Folgenden der einzelne Ermittler die Institution der Polizei, da es durch den begrenzten Umfang dieser Arbeit nicht möglich ist, eine tiefere Analyse vorzunehmen.

Einer der ersten und am häufigsten verfilmten Ermittler der Filmgeschichte ist Sherlock Holmes (vgl. Abb. 1). Bereits 1903 wurde die Figur für den Film adaptiert und bis heute gibt es zahlreiche Filmproduktionen, die von diesem Detektiv handeln. Dieser klassische Ermittlertypus, zu dem unter anderem auch Hercule Poirot zählt, definiert sich durch die Figur eines Einzelgängers, der überdurchschnittliche Intelligenz und Kombinationsgabe besitzt. Durch die Leichtigkeit, mit der diese Ermittler ihre Fälle lösen, werden sie auch Armchair Detectives genannt7, da „sie die Fälle beinahe vom heimischen Sofa aus lösen könnten“ 8. In den 1940er Jahren wurden die Ermittler zunehmend zu abgehärteten und starken Persönlichkeiten. Begründet wurde dieser Typus durch Humphrey Bogart in Die Spur des Falken aus dem Jahre 1941 (vgl. Abb. 2). Dieser Film weist zudem viele Eigenschaften des Film Noir auf, der durch gewisse Stilmittel, wie beispielsweise starke Schwarz-Weiß-Kontraste, definiert ist. Für die Beobachtung der Ikonographie des Polizisten ist besonders die pessimistische Weltanschauung im Film Noir von Bedeutung. Filme dieses Genres entstanden während des Zweiten Weltkrieges und werden auch Schwarze Serien genannt. Die darin vorkommenden Ermittler sind meist zynisch und eigennützig. Neben Humphrey Bogart in Die Spur des Falken ist auch die Hauptperson in dem Film Tote schlafen fest aus dem Jahre 1946 (vgl. Abb. 3) ein Beispiel hierfür.6 7 8 „Elemente des ursprünglichen film noir sind die im Zweiten Weltkrieg und danach erfahrene Identitätskrise, der Rollenkonflikt zwischen den Geschlechtern, Werteverlust und eine desillusionierte Sicht auf die Zukunft“9. Inzwischen wird der Film Noir auch als Genre verstanden, welches bis in die heutige Zeit existiert. Ein Beispiel für einen Film des sogenannten neo-noir ist Pulp Fiction aus dem Jahre 1994.11 In den 1940er Jahren entstanden außerdem semidocumentaries, die versuchten, die Polizeiarbeit der damaligen Zeit realitätsnah darzustellen.

Diese verschwanden in den 1950er Jahren und die verfilmten Geschichten wurden düsterer, die Polizisten teilweise korrupt und gewalttätig.10 Zudem wurden die Privatdetektive häufig durch Polizisten ersetzt.11 Ab dem Ende der 1960er Jahre wurden zunehmend mehr Polizeifilme produziert, was mit der vermehrten Kriminalität in den Großstädten in Verbindung gebracht wurde. Die Ermittler in diesen Produktionen waren meist auf sich allein gestellt und sahen sich korrupten und ohnmächtigen Politikern ausgesetzt. Dadurch wurden auch unkonventionelle Methoden benutzt um den Verbrecher zu fangen. Ein Beispiel hierfür ist der Film Dirty Harry aus dem Jahre 1971 (vgl. Abb. 4), in dem der Protagonist einen Serienmörder foltert um das Versteck des Opfers zu erfahren. Auch in den 1970er Jahren waren die Ermittler häufig Einzelgänger, welche die Grenze zur Legalität überschritten und durch Zynismus überragten.12 Ab dem Ende der 1970er Jahre gerät außerdem das Privatleben des Ermittlers immer mehr in den Vordergrund, welches der Täter teilweise für seine Zwecke nutzt, indem er beispielsweise einen Angehörigen entführt. Auch das sogenannte Buddie-Motiv entwickelt sich in den 1970er Jahren und wird ein Jahrzehnt später fest etabliert.13 Dies zeichnet sich dadurch aus, dass der Ermittler nicht mehr allein arbeitet, sondern einen Partner bekommt, mit dem er häufig in Konflikt gerät. In dem Film Red Heat aus dem Jahre 1988 (vgl. Abb. 5) müssen zum Beispiel ein sowjetischer und ein amerikanischer Ermittler zusammenarbeiten.14 Deren Länder befanden sich zu dieser Zeit kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs in einer angespannten Lage und somit bot dies Platz für Auseinandersetzungen.

Auch die scherzhafte Darstellung von Polizeifilmen wird in den 1980er Jahren immer häufiger, wie in dem Film Die nackte Kanone aus dem Jahre 1989 (vgl. Abb. 6). Ab der Hälfte der 1990er Jahre macht sich eine Sehnsucht nach vergangenen Zeiten bemerkbar. Die Filme werden dabei meist als period pictures gestaltet, die in der Vergangenheit spielen. Ein Beispiel hierfür ist der Film L.A. Confidential von 1997. Seit den 2000er Jahren und der zunehmenden Globalisierung sind auch die Polizeifilme international geworden. Hierzu werden nun zum Teil Ermittler des CIA oder FBI benötigt.15 Michael Flintrop meint dazu: „Der klassische Action-Cop hat daher, so erweckt es zumindest aktuell den Anschein, vorerst ausgedient“18

2.2 Weibliche Ermittlerinnen seit den 1980er Jahren

Eine wichtige Darstellung des Polizisten soll im nächsten Teil näher betrachtet werden, nämlich die Frau als Ermittlerin. Hierbei werden einige wichtige Filme und Darstellungsweisen herausgegriffen. Diese Entwicklung vollzog sich vor allem in den 1980er Jahren, neben vielen anderen entstehenden Subgenres.16

Weibliche Ermittlerinnen hatten bis in die 1980er Jahren häufig eine erotisierende Funktion. Diese soll in dieser Arbeit jedoch nicht erörtert werden, da es für das Thema nicht von Relevanz ist. Vielmehr ist die Beziehung zwischen der Frau und ihrer Rolle als Polizistin, die ab den 1980er Jahren thematisiert wird, von Interesse. Dieses Subgenre konnte erst entstehen, als auch Regisseurinnen anfingen, sich mit dieser Thematik zu befassen. Besonders hervorzuheben sind hierbei Kathryn Bigelow mit ihrem Film Blue Steel (vgl. Abb. 7) aus dem Jahre 1989 und Sondra Locke mit Impulse (vgl. Abb. 8) aus dem selben Jahr.17 Georg Seeßlen meint dazu, dass Blue Steel „ein eigenständiger (...) Versuch über die Gleichberechtigung, die Beziehung von Gewalt und Liebe und das Verhältnis von Weiblichkeit und staatlicher Ordnung“18 ist. Wohingegen Impulse für ihn „die starke Frau in einem komplizierten Netzwerk von Gewalt und Abhängigkeit, von Zeichen und Affekten“19 darstellt. Dies sind nur zwei Arten der Darstellung von Frauen als Polizistinnen, von denen es selbstverständlich auch weitere gibt. Eine Erörterung dieser würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit übersteigen.

Ein weiterer wichtiger Film für dieses Genre ist Das Schweigen der Lämmer aus dem Jahre 1988 von dem Regisseur Jonathan Demme. Laut Seeßlen nimmt die Polizistin Clarice Starling einerseits die Funktion des Opfers ein, die ihr dabei hilft, ihre Arbeit zu erledigen und den Täter zu bestrafen. Andererseits findet sie durch Hannibal Lecter auch zu sich selbst, indem sie sich ihrer Vergangenheit stellt, die unter anderem durch den Tod ihres Vaters geprägt ist. Außerdem steht auch Starling immer wieder vor dem Problem, ihre Weiblichkeit mit ihrem Beruf als Polizistin zu vereinbaren.23

Eine weitere Schwierigkeit für die Polizistinnen ist ebenso wie bei den männlichen Polizisten das erotische Verlangen. Auf männlicher Seite ist es die attraktive, aber destruktive Frau, für die sich der Polizist begeistert. Für die Frauen ist es das Begehren nach Liebe und der mit ihr einhergehenden Geborgenheit.20 21 Die erste Polizistin in einem Film, bei der ihr Beruf alltäglich und somit nicht außergewöhnlich wirkt, ist laut Seeßlen Frances McDormand als Marge Gunderson in dem Film Fargo aus dem Jahre 1996.25

2.3 Das Privatleben der Ermittler

Eine weitere interessante Entwicklung des Polizeifilms ist das bereits erwähnte immer stärker gezeigte Privatleben des Ermittlers ab den 1970er Jahren.22 Hierbei gibt es verschiedene Ausprägungen der Charaktereigenschaften des Polizisten, wobei im Weiteren nur auf einige Beispiele eingegangen werden kann.

Eine Darstellungsweise ist, den Ermittler als am Leben zerbrochen zu zeigen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die komplizierte und teilweise unvereinbare Beziehung zwischen dem Privatleben und der Polizeiarbeit. Eine besondere Rolle bei der Ikonographie dieses Polizistentypus spielt auch der Alkohol, dem der Ermittler verfällt. Dieser führt auch häufig dazu, dass seine Familie oder Frau ihn verlässt und er seine Arbeitsstelle verliert. Seeßlen beschreibt außerdem das23 „(...) Prinzip der zweiten Chance: eine Aufgabe, die sowohl das berufliche als auch das private Desaster umfaßt, zwingt den Cop, der sich eigentlich schon aufgegeben hat, noch einmal zu Aktion und Bewährung“24. Ein weiteres Merkmal ist, dass der Polizist selbst als Täter beschuldigt wird, teilweise sogar zu Recht.25 Die meisten der Filme mit dieser Ikonographie wurden in den 1980er Jahren gedreht. Ein Beispiel hierfür ist 8 Millionen Wege zu sterben aus dem Jahre 1988 von dem Regisseur Hal Ashby.30

Besonders interessant für den Film Das Schweigen der Lämmer ist die Erscheinung eines Serienmörders mit psychischer Krankheit. Dieser zwingt den Ermittler dazu, sich sein eigenes Unglück vor Augen zu führen, wie es Hannibal bei Starling in Das Schweigen der Lämmer macht.

Laut Seeßlen ist die Thematik dabei,26 27 „daß das Gute und das Böse nicht mehr allein durch das Ritual (...) oder durch Korruption miteinander verbunden sind, sondern einander in einem Prozeß der Selbstfindung bedingen: Abgrund und Spiegel fallen ineins, wo der Polizist in seinem Widersacher vor allem den eigenen Schatten erkennen muß“ 32. Ein Beispiel hierfür ist der Film Heat aus dem Jahre 1995. Teilweise versucht der Ermittler auch den psychisch kranken Mörder so sehr zu verstehen, dass er fast selbst psychisch daran zerbricht, wie Will Graham in dem Film Roter Drache aus dem Jahre 1986.28

Die Steigerung dieser beiden Formen ist letztendlich der Polizist, der selbst zum Täter wird. Diese Erscheinung gibt es bereits seit den Anfängen des Polizeifilms. Auch die Korruption in der Institution Polizei herrscht seit den 1940er Jahren, zumindest in amerikanischen Polizeifilmen.29 Die Ikonographie des verbrecherischen Polizisten gipfelt unter anderem in dem Film Bad Lieutenant aus dem Jahre 1992. Der Protagonist, gespielt von Harvey Keitel, hat sowohl eine Spiel- , als auch eine Drogensucht. Außerdem schuldet er der Mafia Geld und um dieses zurückbezahlen zu können, versucht er einen Fall zu lösen, für den es eine 50 000 Dollar hohe Belohnung gibt.30

Dies ist lediglich eine kurze Darstellung der Entwicklung der Ikonographie des Filmpolizisten. Sie dient dazu, das Genre und besonders den Film Das Schweigen der Lämmer zu verstehen und einzuordnen. Der folgende Teil beschäftigt sich nun speziell mit dem Polizeifilm Das Schweigen der Lämmer und der darin dargestellten Polizeiinstitution.

3. Darstellung der Polizei in dem Film „Das Schweigen der Lämmer“

3.1 Symbole des FBI

Werner Faulstich beschreibt „Das Schweigen der Lämmer“ in erster Linie als „Kriminalfilm nach dem Muster: Polizei jagt mörderischen Entführer, befreit das Opfer und bringt den Psychopathen und Verbrecher zur Strecke“31 Klaus Theweleit sieht die Atmosphäre des Films zudem als „gediegen polizistisch“32. Die Polizei, in diesem Fall das FBI, spielt eine zentrale Rolle für die gesamte Handlung des Films. Dies wird unter anderem dadurch deutlich, dass die dazugehörigen Symbole über den ganzen Film verteilt aufzufinden sind.

Bereits zu Beginn des Films wird beispielsweise der Schriftzug „FBI“ sowohl auf der Kappe des Kollegen von Clarice Starling (vgl. Abb. 9), als auch auf ihrer Trainingsjacke (vgl. Abb. 10) sichtbar ins Bild gesetzt.33 Nach dieser Szene läuft Starling in das Büro von Jack Crawford, wobei die Kamera das Geschehen in ihrer Umwelt aufnimmt. So zum Beispiel trainierende Kollegen (vgl. Abb. 11) und das FBI-Gebäude (vgl. Abb. 12). Dieses ist ikonographisch interessant, da es klare Strukturen und eine Balance zwischen Fenstern und monochromem Baukörper aufweist. Das FBI wird somit als strukturierte und anständige Institution geschildert. Dies spiegelt auch die Darstellung von Jack Crawford wider (vgl. Abb. 13), dessen Kleidung elegant und ordentlich und die Frisur streng nach hinten gekämmt ist.

Bei ihrem ersten Besuch bei Hannibal Lecter wird Starling zum ersten Mal mit ihrem Ausweis längere Zeit von der Kamera festgehalten (vgl. Abb. 14). Als sie zu ihrem Auto zurückkehrt, wird in der Rückblende ebenfalls die Symbolik der Polizei dargestellt. Man sieht ihren Vater, der Polizist war, in seiner Arbeitskleidung mit einer Waffe am Gürtel aus einem Polizeiauto steigen (vgl. Abb. 15). Er wirkt freundlich und seine Tochter läuft ihm in die Arme, was auf seine väterliche und familiäre Kompetenz hinweisen könnte, die wiederum die positive Darstellung der Polizei und ihrer Mitarbeiter bestätigt.

In der nächsten Szene werden einige Polizei-Übungen genauer gezeigt. Zum einen sieht man zu Anfang Starling mit Ohrenschützern und Schutzbrille bei einer Schießübung (vgl. Abb. 16). Nach der inszenierten Erfassung eines Täters (vgl. Abb. 17) folgt das Lauf-Training. Bei diesem sind im Vordergrund Starling und ihre Freundin Ardelia Mapp zu sehen, die beide den gleichen Pullover mit dem Schriftzug „FBI Academy“ tragen (vgl. Abb. 18). Weiterhin auf dem FBI-Gelände gelegen sieht man das Box-Training (vgl. Abb. 19), bei dem die große Bedeutung der Gemeinschaft gezeigt wird, indem sich die FBI-Anwärter gegenseitig behilflich sind. Auch eine gestellte Polizeiaktion mit Fahrt zu einem Tatort und Bewältigung des Täters wird gezeigt (vgl. Abb. 20). Bei diesen Darstellungen wirkt alles sehr perfekt und gut inszeniert, so dass man einen positiven Eindruck des FBI gewinnt.

Als Starling im Hubschrauber die Akte zum Fall erhält, schwenkt die Kamera direkt darauf, so dass man den Schriftzug „Federal Bureau of Investigation“ lesen kann (vgl. Abb. 21). So wird der Institution erneut eine wichtige Rolle zugeschrieben und darauf verwiesen, wer gegen das „Böse“ kämpft und sich somit auf der „guten“ Seite befindet. Bei der Ankunft in Elk River wird sofort das Polizeiauto mit dem Aufdruck „State Police“ und zwei Polizisten von der Kamera eingefangen (vgl. Abb. 22) und somit wieder der Bezug zur Polizei hergestellt. Auf der Beerdigung befinden sich zudem eine Menge Polizisten, die immer wieder als Gruppe gezeigt werden (vgl. Abb. 23). In dem Raum, in dem sich die Leiche der Frau befindet, wird zudem auf das Faxgerät mit der Inschrift „Amecom Policefax“ gezoomt (vgl. Abb. 24), wodurch die starke Präsens der Polizei und ihrer Symbole im gesamten Film nochmals deutlich wird. Nachdem sie den Kokon im Hals der Leiche gefunden haben, bringt Starling diesen zu Fachmännern und dabei zeigt sie auch stolz ihren vorläufigen FBI-Ausweis, mit dem sie die Kamera ins Bild setzt (vgl. Abb. 25). Dies wirkt, als würde sie sich glücklich schätzen, dass sie bei solch einer Institution arbeiten darf. Im „ Shelby County War Museum“, in dem sich Lecter nach seinem Gespräch mit der Senatorin befindet, sind ebenfalls Symbole des FBI aufzufinden. Dies wird jedoch im nächsten Gliederungspunkt näher analysiert.

Bevor Starling das Haus von Buffalo Bill betritt, wird sie auch wieder mit FBI-Marke von der Kamera eingefangen (vgl. Abb. 26), was wiederum eine Ehre für sie zu sein scheint. Im Showdown in Buffalo Bills Haus kann sie dann ihre erlernten Fähigkeiten unter Beweis stellen und steht beispielsweise in perfekter Schußpose (vgl. Abb. 27) und sichert den Raum, in dem sie sich befindet, indem sie einen Spaten unter eine Türklinke klemmt (vgl. Abb. 28). Dies beweist, wie gut ihre Ausbildung war und mit welcher Präzision ihr solche Situationen und die richtige Verhaltensweise erklärt wurden.

Zuletzt wird auch bei der Absolventenfeier die Symbolik des FBI klar hervorgehoben. Unter anderem durch das FBI-Logo auf dem Rednerpult (vgl. Abb. 29) und der Torte (vgl. Abb. 30) als auch wieder durch die Präsentation des FBI-Ausweises durch Clarice Starling (vgl. Abb. 31). Generell wird die Institution der Polizei somit sehr gut und attraktiv dargestellt.

Seeßlen zählt „Das Schweigen der Lämmer“ auch „zu den Beispielen des Genres aus den achtziger Jahren, die der Organisation der Polizei im Wesentlichen positiv gegenüberstehen“ 39.

3.2 Arbeits - und Handlungsweise des FBI

Zu dieser Darstellung eindeutiger Symbole des FBI kommen außerdem „(...) gut geölte Polizeiaktionen, die Sprechfunkerei, Ambulanzen, eine großangelegte Präzisionsrazzia auf ein Verbrecherhaus“ 40. Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu überschreiten sollen im Folgenden lediglich drei repräsentative Szenen herausgegriffen werden. Die erste Szene spielt auf dem Flugplatz in Memphis. Man sieht zwei Krankenwagen, ein Militärfahrzeug und Polizeiautos, die mit dem Flugzeug, mit dem Hannibal Lecter angekommen ist, und der Limousine der Senatorin einen Kreis bilden (vgl. Abb. 32). An diesem entlang stehen überall Polizisten und auf einer erhöhten Plattform sind auch weitere Beamte mit Schusswaffen positioniert. Auch Soldaten mit Gewehren sind zu sehen. Hannibal Lecter wird von vier Polizisten in die Mitte dieses Kreises gebracht, wo er sich mit der Senatorin unterhalten darf. Diese große Ansammlung und das Aufgebot wirken stark übertrieben, da die einzige gefährliche Person, Hannibal Lecter, gefesselt ist.

Neben dieser Szene ist auch der gesamte Aufenthalt im „Shelby County War Museum“ von übertriebenen Polizeiaktionen bestimmt. Zum einen befinden sich dort fast nur Mitarbeiter der Polizei, wodurch die Symbole auf ihrer Kleidung immer wieder gezeigt werden. Als die Polizisten Lecter im Aufzug vermuten, stellen sie sich zu elft mit gezückten Waffen davor (vgl. Abb. 33). Nachdem dieser jedoch nicht auftaucht, machen sich sechs von ihnen über die Treppe auf den Weg zu seinem Verwahrungsort. Dabei sind sie immer schussbereit (vgl. Abb. 34) und führen ihre Bewegungen perfekt durch (vgl. Abb. 35). Als sie in dem Raum ankommen, in dem Lecter sein sollte, zeigen sie noch einmal deutlich, wie gut ihre Ausbildung war und wie perfekt sie die Übungen einstudiert haben. Sie befinden sich in einer einwandfreien Pose, in der alle Seiten gesichert und sie somit auf alles vorbereitet sind (vgl. Abb. 36). Als sie danach erneut vor dem Aufzug stehen, weil sie denken, Lecter befinde sich auf diesem, ist das Polizeiaufgebot sogar noch größer (vgl. Abb. 37).

Eine weitere große Polizeiaktion wird außerdem in der entscheidenden Szene, in der Starling das Haus von Buffalo Bill betritt, dargestellt. Wie so häufig in diesem Film wird auch hier „von dem Stilmittel der parallelen Handlungsmontage Gebrauch gemacht“ 41. Während Starling allein vor der Tür des tatsächlichen Täters steht (vgl. Abb. 38), befindet sich vor dem fälschlicherweise vermuteten Gebäude ein „hochgerüstetes Sicherheitskommando der Polizei“42 (vgl. Abb. 39).34 35 Dieses springt sogar durch verschlossene Fenster (vgl. Abb. 40) und tritt die Eingangstür ein (vgl. Abb. 41), um letztendlich nur ein leeres Haus vorzufinden. Wie es im Ansatz bereits erwähnt wurde, ist Starling hingegen auf sich allein gestellt und muss beweisen, was sie auf der Akademie gelernt hat. Dabei sieht man sie häufig in einer „polizistischen Schießhaltung, die man Weaver-Position nennt, - beide Hände am Pistolengriff, die Arme vorgestreckt, den Rücken sichernd an einer Wand, etc.“36 (vgl. Abb. 42). Sie vergisst zudem nicht, Türen zu sichern (vgl. Abb. 43) und macht im Gegensatz zum Training keine merklichen Fehler.

Diese Szenen schildern sehr deutlich, wie sehr darauf geachtet wird, dass das FBI positiv dargestellt wird. „Die Insignien des F.B.I. sind so omnipräsent, die Gemeinschaft so rational und solidarisch geschildert, daß man Demmes Arbeit gar als Werbefilm für die Bundsepolizei ansehen konnte.“44

[...]


1 Koebner, Thomas (Hg.): Filmgenres. Kriminalfilm. Stuttgart 2005, S. 11.

2 Vgl. ebd., S. 11-12.

3 Vgl. ebd., S. 18.

4 Ebd., S. 18.

5 Vgl. ebd., S. 18.

6 Vgl. Film-Lexikon. Kriminalfilm <http://www.film-lexikon.de/Kriminalfilm> - Zugriff am: 10. März 2013.

7 Film-Lexikon. Kriminalfilm <http://www.film-lexikon.de/Kriminalfilm> - Zugriff am: 10. März 2013.

8 Vgl. Film-Lexikon. Kriminalfilm <http://www.film-lexikon.de/Kriminalfilm> - Zugriff am: 10. März 2013.

9 Koebner 2005, S. 24-25.

10 Vgl. Flintrop, Michael: Der Action-Cop als populäres Filmgenre. Versuch einer Bestimmung. München 2010, S. 7-8.

11 Vgl. Koebner 2005, S.18.

12 Vgl. Film-Lexikon. Kriminalfilm <http://www.film-lexikon.de/Kriminalfilm> - Zugriff am: 10. März 2013.

13 Vgl. Flintrop 2010, S. 9-10.

14 Vgl. ebd., S. 61-62.

15 Vgl. ebd., S. 10-11.

16 Vgl. Seeßlen, Georg: Copland. Geschichte und Mythologie des Polizeifilms. Marburg 1999, S. 203.

17 Vgl.ebd., S. 464-466.

18 Ebd., S. 464.

19 Ebd., S. 466.

20 Vgl. Seeßlen 1999, S. 469.

21 Vgl.ebd., S. 471-473.

22 Vgl. Flintrop 2010, S. 9.

23 Vgl. Seeßlen 1999, S. 250-251.

24 Ebd., S. 250.

25 Vgl. ebd., S. 252.

26 Vgl. Seeßlen 1999, S. 258-260.

27 Ebd., S. 260.

28 Vgl. ebd., S. 260-261.

29 Vgl. ebd., S. 275.

30 Vgl. ebd., S. 293.

31 Faulstich, Werner: Der neue Thriller: THE SILENCE OF THE LAMBS (DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER, 1991). In: Faulstich, Werner/ Korte, Helmut (Hg.): Fischer Filmgeschichte. Band 5: Massenware und Kunst 1977-1995. Frankfurt am Main 1995, S. 271.

32 Theweleit, Klaus: Sirnenschweigen, Polizistengesänge. Zu Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“. In:

33 Theweleit, Klaus (Hg.): Friendly Fire. Deadline-Texte. Frankfurt am Main 2005, S. 39.

34 Theweleit 2005, S. 39.

35 Faulstich 1995, S. 272.

36 Theweleit 2005, S. 39.

Excerpt out of 44 pages

Details

Title
Die Darstellung der US-amerikanischen Polizeiinstitution im Hollywood-Film. Beobachtung anhand des Films „Das Schweigen der Lämmer“ von Jonathan Demme
College
University of Regensburg
Grade
1,7
Author
Year
2013
Pages
44
Catalog Number
V976752
ISBN (eBook)
9783346327383
ISBN (Book)
9783346327390
Language
German
Keywords
darstellung, us-amerikanischen, polizeiinstitution, hollywood-film, beobachtung, films, schweigen, lämmer, jonathan, demme
Quote paper
Alexandra Roszkowski (Author), 2013, Die Darstellung der US-amerikanischen Polizeiinstitution im Hollywood-Film. Beobachtung anhand des Films „Das Schweigen der Lämmer“ von Jonathan Demme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/976752

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