Skulpturen für die Domfassade


Pre-University Paper, 2000

9 Pages


Excerpt


Skulpturen für die Domfassade

Der monumentale Figurenschmuck, der am Dom wie an den meisten gotischen Kathedralen des Abendlandes an der Fassade, den Seitenportalen und der Chorpartie vorgesehen war, sollte nach einem einheitlichen Programm der Huldigung der Muttergottes und der Himmelsgöttin gewidmet sein, die die Patronin des Domes war. (daher auch der Name: Santa Maria del Fiore)

Nur die Portale an der Süd- und Nordseite und der Campanile sind nach diesem Plan ausgeführt worden und erhalten. Die gotische Fassade blieb unvollendet und wurde abgebrochen, ein Teil der hierfür vorgesehenen Skulpturen befinden sich heute im Inneren des Domes.

Wie z.B. die 4 Evangelisten: Evangelist Lukas von Nanni di Banco Evangelist Johannes von Donatello

Evangelist Markus von Niccolò di Pietro Lamberti Evangelist Matthäus von Bernardo Ciuffagni

Für die Strebepfeiler der nördlichen Chorapsis waren der Jesaja von Nanni di Banco und der David von Donatello vorgesehen.

Um diese 6 Skulpturen soll es in meinem Referat gehen.

Die Evangelisten:

Im Dezember 1408 werden Nanni di Banco und Donatello mit je einer monumentalen Sitzfigur eines Evangelisten, die das Hauptportal der Westfassade flankieren sollten, beauftragt. (Nanni di Banco - Hl. Lukas; Donatello - Hl. Johannes) Der etwas ältere Bildhauer Niccolò die Pietro Lamberti wurde mit dem Hl. Markus beauftragt. Ursprünglich wollte man die vierte Skulptur demjenigen vorbehalten, der das beste Werk abliefern würde. Da jedoch im Mai 1410 noch keiner der 3 mit seiner Skulptur fertig war, bekam Bernardo Ciuffagni die Figur des Hl. Matthäus.

Die 4 Evangelisten blieben bis zum Abriss der Domfassade 1587 am ursprünglichen Bestimmungsort, bevor sie im Dom aufgestellt wurden. Seit 1936 befinden sie sich im Museum der Domopera.

Evangelist Johannes (Donatello):

Donatellos Johannes ist eine auf einem Podest sitzende männliche Figur. Er ist in ein gegürtetes Untergewand gekleidet, über dem ein Mantel mit ausladenden Faltenbögen im Beinbereich liegt. Nur Kopf, Hände und die Zehenspitzen schauen unter dem Gewand hervor. Donatello hat sich bevor er seinen Auftrag ausführte gründlich Gedanken über den zukünftigen Aufstellungsort gemacht. Eine Zeichnung zeigt, daß die Evangelistenfiguren jeweils paarweise zu Seiten des Hauptportals der Domfassade in Nischen aufgestellt werden sollten, die sich schätzungsweise in 2 - 2,50m Höhe befanden. Der Betrachter hatte die Figuren also stets in leichter Untersicht vor sich.

Um diese Untersicht auszugleichen, hat Donatello den Oberkörper seiner Figur verhältnismäßig stark überlängt. Aus der entsprechenden Untersicht und der damit ursprünglich vorauszusetzenden Verkürzung, rücken die Proportionen in des rechte Maß. In der heutigen unangemessenen, zu niedrigen Aufstellung in der Domopera erscheint die Figur daher unproportioniert.

Um die Verkürzung vollends auszugleichen griff er zu einem weiteren Kunstmittel. Er gab seiner Figur einen ungewöhnlich großen Kopf, dessen Volumen durch die fast rechtwinkligen Umrisse noch betont wird. Die Ausmaße werden durch den auf die Brust herabfallenden Bart noch vergrößert.

Durch diese Mittel verstärken sich aus der entsprechenden Untersicht die plastische Wirkung und die Monumentalität der Figur. Auf diese Weise stellt Donatello eine präzise Beziehung zwischen dem hochgelegenen Aufstellungsort und dem Betrachterstandpunkt her. Indem Donatello die Knie seiner Figur leicht nach links hin wendet, den Kopf dagegen nach rechts, also im Gegensinne dreht, schafft er einen dramatischen Kontrapost in der Gesamtanlage der Figur. Diese Wirkung des Kontrapostes wird im Vergleich zu der kaum gelockerten Frontalität der anderen, fast gleichzeitig entstandenen Evangelistenfiguren doppelt fühlbar.

Dabei hat er aus seiner Not eine künstlerische Tugend gemacht. Denn wenn man sich die Figur von der Seite betrachtet hat der Marmorblock eine überraschend geringe Tiefe. Für die Wiedergabe einer Sitzfigur ergab sich also das Problem wie man die senkrecht vorstoßenden Oberschenkel unterbringen sollte.

Indem er nun die Knie nach links herüberbiegt, die Oberschenkel also schräg verlaufen läßt, hat er die geringe Tiefe des Blocks auf das vorteilhafteste ausgenutzt, ohne dabei den Eindruck der Verkürzung der Oberschenkel zu vermindern.

Die Arme und Hände werden in der kontrapostischen Aufbau miteinbezogen. Der rechte Arm hängt entspannt herab und die Hand ruht auf dem Oberschenkel, während der linke Arm stärker abgewinkelt und die Hand in einer zweiten Biegung über das Buch gelegt ist.

Auch das Gewand trägt dazu bei, den Eindruck von Spannung hervorzurufen. Über dem Rumpf und den Armen sehen wir nur glatte Flächen, die den stärker bewegten und tiefer aufgeschluchteten Faltenmassen in der Oberschenkelpartie gegenüberstehen. Bei einem Blick über die glatten Flächen des Rumpfes tritt die Ausdrucksfülle des mächtigen Kopfes doppelt wirksam hervor.

Das Verhältnis Körper/Gewand: Die Glieder können sich unter dem Gewand frei entfalten. Besonders fällt da die meisterhafte Verkürzung des linken Unterarmes auf. Aber auch dort wo reichere Gewandmassen den Körper einhüllen - also in der Beinpartie - bleibt der organische Aufbau der Glieder deutlich spürbar.

Es handelt sich also nicht mehr um den Typ der Gewandstatue aus dem späten Trecento, sondern Körper und Gewand sind weitaus stärker gegeneinander differenziert. Sie besitzen ein Eigenleben.

Insgesamt muß man noch sagen, daß Donatello die Einzelheiten nicht voneinander trennt, sondern daß er versucht sie miteinander zu verbinden. Wie z.B. in der Art und Weise in der Donatello den rechten Arm aus den Faltenschwüngen zwischen den Beinen heraus entwickelt oder wie er Kopf und Rumpf durch den herabfallenden Bart zu einer Einheit zusammenfaßt.

Evangelist Lukas (Nanni di Banco):

Der Heilige Lukas von Nanni di Banco trägt ein über der Hüfte gegürtetes Untergewand, das über der linken Schulter, dem rechten Oberarm und vor allem über Unterleib und Beinen von einem weiten Mantel umgeben ist. Die Figur sitzt frontal zum Betrachter. Während die linke Hand ein geöffnetes Buch hält, ruht die rechte Hand auf der Hüfte.

Nanni di Banco verzichtet auf einen kontrapostischen Aufbau wie bei Donatello. Die Figur entwickelt sich in ruhiger Frontalität, jedoch ist keine starre Symmetrie oder strenge flächenparallele Ausrichtung erkennbar. Eine ganz leichte Drehung des Kopfes und die Andeutung einer leichten Wendung in Oberkörper und Armen geben der Figur Lebendigkeit. (Vergleich mit Lamberti und Ciuffagni - Nanni hat mit souveräner Meisterschaft Frontalität und freie Beweglichkeit miteinander verbunden)

Die Kopfwendung und Drehung des Rumpfes werden bei Nanni di Banco nicht wie bei Donatello gegeneinander gestellt, sondern ergänzen einander.

Auch bei den Armen und Händen erkennt man keine symmetrische Strenge: Der rechte Arm wird etwas stärker vom Körper abgespreizt als der linke; die linke Hand hält das Buch, die Rechte dagegen ruht auf dem Oberschenkel auf.

Die ruhige Gelassenheit der Figur wird dadurch unterstützt, daß die Hände in einer Raumflucht und annähernd in gleicher Höhe liegen. Dadurch schließen sich die Arme zu einer Art Kreisbewegung zusammen.

Sehr bezeichnend für Nannis Gestaltungsweise ist seine Auseinandersetzung mit dem Raum. Auch bei ihm hatte der Marmorblock nur eine geringe Tiefe, so daß er ebenfalls das Problem der Knie zu bewältigen hatte. (warum geringe Tiefe der Blöcke? - Bedingungen am Aufstellungsort - wahrscheinlich waren die Nischen von geringer Tiefe) Nanni fand eine andere Lösung als kurze Zeit später Donatello. Er verzichtete auf eine Schrägstellung der Oberschenkel, denn das hätte den ruhigen Fluß der Frontalansicht unterbrochen. Er vermied ebenfalls eine räumlich Stufung, die bei Donatello zwangsläufig zu einer fast brettartig schmalen Modellierung des Oberkörpers führt. (Vergleich der beiden Seitenansichten)

Bei Donatello entsteht ein heftiger Tiefenkontrast zwischen mehreren Raumschichten. Bei Nanni di Banco ist lediglich ein leichtes Zurückschwingen von den Knien zum Oberkörper erkennbar. Dadurch erhält die Figur ein insgesamt plastischeres Volumen. Die Tiefenflucht der Oberschenkel hat er durch einen Kunstgriff veranschaulicht. Er läßt die Linie der Oberschenkel sehr steil ansteigen um dann in die wenig zurückgesetzte Vertikale des Rumpfes überzugehen. Indem er die Hände beträchtlich von den Knien abrückt, entsteht die Illusion einer räumlichen Tiefe.

Bei Nanni di Banco ist es also vielmehr ein ,,Übereinander" als bei Donatello ein ,,Hintereinander".

Nanni vermeidet also auch in räumlicher Hinsicht den Kontrast.

Durch die Gestaltung der Oberschenkel versucht Nanni zugleich sich mit den Bedingungen des erhöhten Aufstellungsortes auseinanderzusetzen. Indem er auf stärkere räumliche Stufung zwischen Beinen und Rumpf verzichtet und statt dessen die Oberschenkel steil ansteigen läßt, ist eine Überschneidung der Hüfte durch die Knie in Unteransicht nicht mehr gegeben. Dies hätte die natürliche Verkürzung des Oberkörpers noch gesteigert. Auf diese Weise war eine Verlängerung des Oberkörpers wie bei Donatello nicht nötig.

Allerdings hat sich Donatello wohl mehr Gedanken über den Standpunkt des Betrachters gemacht als Nanni. In der ursprünglichen Aufstellung an der Domfassade haben die beiden Figuren eine sehr unterschiedliche Wirkung hinsichtlich der Köpfe. Das mächtige, fast rechteckig konturierte Haupt des Johannes mit dem wallenden Bart beherrscht die Figur auch in der Ansicht von unten. Der längliche, in den Umrissen ovale Kopf des Johannes erscheint in der Verkürzung etwas zu klein, zu zierlich. Für den Evangelisten Johannes ist der heutige Aufstellungsort günstiger.

Nanni und Donatello unterscheiden sich auch sehr im Gewandstil: Der Körper des Lukas ist in die gleichmäßige Fülle eines stoffreichen Gewandes gehüllt, das Ober-, Unterkörper, Arme und Beine gleichermaßen umfängt. Man findet nicht wie bei Donatello eine Kontrastierung von glatter Fläche zu stärker bewegten und tiefer aufgeschluchteten Faltenmassen. Beim Lukas verdeutlicht also auch das Gewand das Streben nach Einheitlichkeit und nicht Rhythmisierung und Kontrastierung. Auch die Linienführung trägt dazu bei. Man findet ausschließlich schwingende, kurvenreiche Formen ohne Brechungen oder harte Richtungsgegensätze.

Auch beim Kopf unterscheiden sich die beiden Meister grundlegend. Lukas wirkt still und in sich gekehrt, was besonders durch den Blick schräg nach unten hervorgehoben wird. Er schaut weniger auf ein bestimmtes Ziel. Im Gegensatz zu Johannes, der mit weit geöffneten Augen einen Gegenstand in der Ferne zu prüfen scheint. (siehe auch hochgezogene Augenbrauen!)

Bei Nanni bilden Haar und Bart eine fein differenzierte aber insgesamt doch geschlossene Umrahmung des Kopfes, während bei Donatello Haupthaar und Bart in Linienführung und Modellierung kontrastierend gegeneinandergesetzt sind und sich gegen das Gesicht abheben. Nanni di Banco stieß mit seinem sitzenden Evangelisten in Neuland vor: Er ist der erste der 4 beteiligten Meister gewesen, der seinen Auftrag ausführte; und unmittelbare Vorbilder für das Thema einer monumentalen Sitzfigur gab es damals auf florentiner Boden nicht.

Evangelist Matthäus (Bernardo Ciuffagni):

Der heilige Matthäus von Bernardo Ciuffagni ist in ein langes Gewand gekleidet und sitzt frontal zum Betrachter. Seine linke Hand liegt auf einem Buch auf, welches auf den Oberschenkel gestützt ist. Die rechte Hand liegt locker auf dem Oberschenkel. Die Figur hat den Kopf ganz leicht nach links gewandt. Der rechte Fuß ist etwas zurückgesetzt, wodurch das rechte Knie auch etwas tiefer liegt als das linke - Frontalität wird ein wenig aufgelockert. Die Oberschenkel sind verkürzt und steigen steil an wodurch auch er das Problem der geringen Tiefe des Marmorblocks bewältigt hat.

Außerdem wirkt auch hier der Oberkörper leicht überlängt, was durch die Verkürzung in der Untersicht wieder ausgeglichen werden würde. Der Betrachterstandpunkt ist also auch hier miteinbezogen, allerdings würde in der Verkürzung der Kopf zu zierlich wirken.

Faltenwurf: Die Falten sind gleichmäßig über das Gewand verteilt; Vor der Brust ist eine Art lockerer Knoten zu sehen. Die Falten fallen weich, ohne harte Brechungen und wirken wohlsortiert, doch der Körperaufbau bleibt erkennbar.

Kopf: Der Bart bildet eine Art ovale Umrandung um das Gesicht. Der Blick ist leicht nach unten geneigt (zum Betrachter?).

Während Lukas eher still, in sich gekehrt, gelassen und auch ein bißchen überlegen wirkt, wirkt der Matthäus etwas angespannter und nachdenklicher. (Stirnrunzeln?)

Evangelist Markus (Niccolò di Pierto Lamberti):

Der heilige Markus von Lamberti sitzt frontal zum Betrachter und ist in ein in der Taille gegürtetes Untergewand gekleidet, über dem ein langen Mantel liegt.

Sein Kopf ist nach vorne gerichtet, aber der Oberkörper ist leicht gedreht. Seine linke Schulter ist leicht nach hinten gewandt, wodurch die rechte höher liegt als die linke. Die linke Hand des Markus liegt auf einem, auf dem Oberschenkel aufgestellten Buch. Die rechte Hand befindet sich auf gleicher Höhe und scheint auf etwas in der Ferne zu deuten. Beide Arme sind stark angewinkelt und die Unterarme sind stark verkürzt. Die Knie der Figur zeigen nach vorne, doch die Füße sind nach rechts gedreht. Auch hier steigen die Oberschenkel relativ steil an (Problem: geringe Tiefe). Der Oberkörper zeigt keine Überlängung (Betrachterstandpunkt also nicht miteinbezogen). Das Gewand wirkt sehr antikisierend. Es weist sehr viele geordnete, geschwungene Falten auf, besonders im unteren Bereich neben den Beinen; die ,,Schnecke" auf der rechten Schulter, ebenso der Knoten in der Taille.

Auch die Locken im Bart wirken antik.

Die Augen sind weit geöffnet und scheinen in die Ferne zu schweifen; schaut evtl. auf Gegenstand auf den er mit der Hand deutet.

Der Evangelist Markus wirkt ebenfalls angespannter als Lukas - Augenbrauen zusammengezogen, rechte Hand die nicht ruhig aufliegt, Drehung der schultern und Füße.

Skulpturen für die Strebepfeiler der nördlichen Chorapsis:

Die Dombauhütte plante zur Bekrönung der Strebepfeiler am Nordchor 12 überlebensgroße Prophetenfiguren aufzustellen. 1408 beauftragte man Nanni di Banco mit einer Marmorfigur des Jesaja (letzte Zahlung im Dezember - Figur noch im selben Jahr fertig. Ob sie tatsächlich am ursprünglichen Ort aufgestellt wurde ist nicht bekannt, da das Programm schließlich nicht zur Ausführung gelangte. (Figur befindet sich heute im rechten Seitenschiff des Domes)

Knapp einen Monat nach Nanni wird Donatello mit einer weiteren Marmorfigur, dem David, für die Chorstrebepfeiler beauftragt (letzte Zahlung im Juni 1409 - Zeitpunkt der Fertigstellung). Auch hier ist die Aufstellung ungewiß. Die Figur blieb bis 1416 in der Domopera. Danach wurde sie nach weiterer Überarbeitung Donatellos im Palazzo Vecchio aufgestellt.

David (Donatello):

Der Marmordavid zeigt einen stehenden Jüngling, der den Goliathkopf zwischen den Beinen liegen hat.

Der mit Efeu bekränzte Held steht auf dem linken Bein. Von jeher ist der kontrapostische Aufbau des David bewundert worden. Stand- und Spielbein werden energisch gegeneinander differenziert: während das Spielbein (sein rechtes) bis an den vorderen Rand der Standplatte vorgezogen ist und vom Gewand eingehüllt wird, ist das Gewand zwischen den Beinen aufgeschlagen, so daß der Blick auf die Innenseite des Gewandes und das etwas zurückgesetzte, unbekleidete Standbein (sein linkes) fällt.

Die Nacktheit wird durch den zurückgenommenen Mantelsaum eher herausgestellt als bedeckt. Der Oberkörper ist in ein enganliegendes Lederwams gekleidet, das den Körper gleichermaßen betont. Dabei wirken die Stoffbahnen des Mantels über Schulter, Hüfte und rechtem Bein weniger verhüllend und heben die Körperlichkeit zusätzlich hervor. Donatello variiert also nicht nur die Stellung der Beine, sondern auch noch der Gegensatz von Geschlossen und Geöffnet fördert die Differenzierung der beiden Körperseiten. Diesen im Standmotiv angelegten Kontrapost führt Donatello nun im ganzen Körper durch. Auch die Hände fügen sich in das Gegenspiel ein, indem der rechte Arm in nur leichter Biegung bis zum Oberschenkel herabgeführt wird, während der Linke stark angewinkelt ist und die Hand in nochmaliger Biegung in die Seite gestützt wird.

Auch Schultern und Kopf sind in die kontrapostische Bewegung miteinbezogen. Während sich die Figur mit der rechten Schulter leicht nach rückwärts dreht, wendet sich der Kopf in einer Gegenbewegung nach rechts hin.

Der gesamte Aufbau des David ist von der Spannung zwischen den beiden Körperseiten erfüllt. (grundsätzliche Eigenart in Donatellos Figurenaufbau)

Der Körper des David bleibt auch dort spürbar wo er vom Gewand eingehüllt wird. Die Einzelheiten sind weniger gegeneinander abgesetzt als vielmehr miteinander verschmolzen. Dies wird deutlich am Handgelenk: Es ist sehr stark abgewinkelt, wird aber durch einen Faltenbausch überspielt, außerdem treten die Hüften nicht in Erscheinung - sehr überraschend bei diesem klar ausgeprägten Standmotiv.

Bei der Gewandbildung verzichtet Donatello, ähnlich wie beim Johannes, auf alle harten Brechungen; die Falten werden in Kurven geführt. Die Stofflichkeit des Gewandes läßt sich als weiches Tuch begreifen.

Diese Darstellung des David zeigt einen momenthaften Ausriß - die Schleuder mit Stein (und fehlendem Band) liegt auf dem Haupt des besiegten Goliath.

Diese Darstellung in der zeitgenössischen Skulptur ist ebenso neu, wie die betone Hervorhebung des Körpers und der Körperlichkeit.

Der Marmordavid gilt, wenn auch in der Forschung nicht ganz unstrittig, als die früheste bekannte Figur Donatellos. Das läßt schon die künstlerische Gestaltungs- und Erneuerungskraft der Florentiner Skulptur der Frührenaissance erkennen.

Jesaja (Nanni di Banco):

Der Jesaja ist eine stehende männlich Figur, die in ein langes, bis zu den Füßen reichendes Gewand gekleidet ist. Er steht in einem dramatischen Kontrapost.

Stand- und Spielbein werden gegeneinander abgesetzt, indem der zurückfluchtende Unterschenkel, das Knie und der Oberschenkel des entspannten Spielbeins durch das Gewand in kräftiger Modellierung hervortreten, während die straffe Vertikale des Standbeines hinter breiten, senkrechten Faltenbahnen verborgen ist. Dieser Kontrapost bestimmt auch hier nicht nur das Standmotiv, sondern den gesamten Aufbau der Figur.

Die rechte Hüfte ist deutlich angehoben, die linke dagegen gesenkt. Dieser Eindruck wird durch die Schüsselfalte neben der Hüftkontur noch nachdrücklich unterstützt. Außerdem ist die Hüfte fast übertrieben kontrastiert (wirkt eher wie eine Hüftverrenkung) Die Arme und Beine sind in die kontrapostische Konzeption miteinbezogen: Der linke Arm, dessen Hand das Spruchband hält ist fast senkrecht neben dem Körper herabgeführt, der Rechte dagegen ist angewinkelt und mit der Hand unmittelbar unterhalb der Hüfte an den Körper gelegt.

Weiterhin ist eine räumliche Differenzierung zwischen den Armen erkennbar: Der Rechte ist zurückgenommen und bereitet die Drehung der Schulter vor. Diese ist energisch nach rückwärts gewandt, während die Linke in Korrespondenz zum Knie des Spielbeins auf der gleiche Seite nach vorne stößt.

Der Kopf des Jesaja ist nach links gedreht.

Die Anordnung des Spruchbandes ist sehr bezeichnend für die gesamte künstlerische Erscheinung der Figur. Es verbindet den Oberschenkel mit dem Arm, ebenso wie die Hand mit dem Arm - Streben nach Verschmelzung der Einzelformen.

Der Körper wird zwar klar unter dem Gewand zum Ausdruck gebracht aber die Gelenke werden nicht in ihrer Funktion hervorgehoben. Statt dessen vermittelt zwischen den Gliedern weiche Schwingungen und Kurven.

Ebenso ist auch der Faltenstil: Es finden sich fast ausschließlich mehr oder weniger gekurvte Linien und auf harte Brechungen wurde verzichtet.

Das Gesicht zeigt eine kräftige Modellierung von Lippen und Nase. Die Augen sind in tiefe Augenhöhlen eingebettet - im Gegensatz zum David.

Insgesamt hat der Jesaja eine wesentlich kompaktere und monumentalere Formgebung als Donatellos David. Sein Kopf z.B. wirkt wesentlich schwerer (fast rechteckig konturiert), dies aber in vollem Einklang mit den Körperproportionen. Der Jesaja ist für eine größere Distanz zum Betrachter konzipiert (Kontrastierung der beiden Körperseiten/Volumen des Kopfes...)

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Details

Title
Skulpturen für die Domfassade
Author
Year
2000
Pages
9
Catalog Number
V97845
ISBN (eBook)
9783638962964
File size
405 KB
Language
German
Keywords
Skulpturen, Domfassade
Quote paper
Stephanie Kohsiek (Author), 2000, Skulpturen für die Domfassade, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97845

Comments

  • guest on 6/28/2005

    Nicht verwechselt!.

    Donatello hat 2 Davids gefertigt: Einen aus Marmor und einen aus Bronze.
    Siehe z.B. hier:
    http://www.scultura-italiana.com/Galleria/Donatello/imagepages/image6.html

    Viel Spass!

  • guest on 12/7/2003

    Hallo Sabrina!

    Nein, nein! Natürlich gibt es auch den David von Donatello aus Bronze...doch um diesen geht es in dieser Arbeit nicht! Sie beschreibt lediglich die Figuren an der Domfassade sowie die Figuren die ursprünglich dafür vorgesehen waren...und da gibt es eben auch einen David aus Bronze! Gaaaanz sicher! ;-)

  • guest on 5/5/2002

    Verwechselt??.

    Hey Stephanie!
    Ich glaub du hast die Davidstatue mit der von Michelangelo verwechselt!
    Die von Donatello ist aus Bronze und nicht aus Marmor gefertigt!
    Die übrigen Beschreibungen passen auch eher auf die von Michelangelos David!
    Echt schade, dabei hatte ich mich schon total gefreut ne Beschreibung von Donatellos David gefunden zu haben!
    Jetzt muß ich noch weitersuchen!

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Title: Skulpturen für die Domfassade



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