Die Kapitalstruktur multinationaler Unternehmungen


Seminar Paper, 2000

24 Pages, Grade: 2


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 DER ANSATZ VON MODIGLIANI UND MILLER
2.1 Grundlagen
2.2 Theorem 1
2.3 Theorem 2
2.4 Theorem 3
2.5 Kritik am Ansatz von Modigliani und Miller

3 DER TRADITIONELLE ANSATZ DER FINANZIERUNGSTHEORIE
3.1 Der WACC
3.1.1 EBIT - Berechnung
3.2 Verschuldungsgrad
3.3 Fremdkapitalfinanzierung
3.4 Berechnung der Kapitalkostensätze
3.4.1 Der Eigenkapitalkostensatz
3.4.2 Der Fremdkapitalkostensatz

4 KAPITALSTRUKTUR MULTINATIONALER UNTERNEHMEN
4.1 Theorie der optimalen Kapitalstruktur
4.1.1 Kapitalkosten
4.1.2 Optimale Kapitalstruktur
4.2 Kapitalverfügbarkeit
4.2.1 Kapitalkosten: multinationales vs. heimisches Unternehmen
4.3 Internationale Cash-Flow-Diversifikation
4.4 Kapitalstruktur ausländischer Tochtergesellschaften
4.4.1 Kapitalquellen zur Finanzierung auslÄndischer Tochtergesellschaften
4.4.2 Politisches Risiko
4.4.3 Kapitalstruktur und Exposure
4.5 Verschuldungsunterschiede international

ZUSAMMENFASSUNG

LITERATURVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erwartete Rendite des EK, FK und der Unternehmung

Abbildung 2: Kapitalkosten und die Kapitalstruktur

Abbildung 3: Kapitalkosten und Kapitalstruktur: konstante vs. steigende Kapitalkosten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Kapitalstruktur eines Unternehmens wird im Zuge der Globalisierung und des damit verbundenen Shareholder-Value-Denkens immer wichtiger. In diesem Sinne wird versucht, den optimalen Kapitalkostensatz einer Unternehmung zu ermitteln, um den ShareholderValue möglichst hoch zu halten. Andererseits ist man bestrebt, Liquiditätsengpässe zu vermeiden und das Konkursrisiko möglichst niedrig zu halten.

In unserer Arbeit werden wir uns der Kapitalstruktur genauer widmen und zwar wenden wir uns zuerst den Theorien zu, die dieser Problematik zugrunde liegen. Als erstes werden die klassischen Theoreme von Modigliani und Miller behandelt, danach der traditionelle Ansatz, der quasi als Antwort auf die klassische Variante gilt und im Hauptteil beschäftigen wir uns mit der unterschiedlichen Kapitalstruktur von multinationalen Unternehmungen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum sich die Kapitalstruktur in verschiedenen Ländern unterschiedlich zusammensetzt. Hauptaugenmerk wird hierbei auf Unternehmungen mit Sitz in den Vereinigten Staaten gelegt und diese werden mit nicht U.S. Konzernen und kleinen Unternehmen verglichen.

2 Der Ansatz von Modigliani und Miller

2.1 Grundlagen

In den Jahren 1958 und 1963 veröffentlichten Modigliani und Miller Arbeiten über den Verschuldungsgrad, mit denen sie den Nobelpreis gewinnen konnten. Sie behaupteten, daß die Kapitalstrukur eines Unternehmens, also das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital, keinen Einfluß auf den Marktwert des Betriebes hat. Die Kapitalstruktur ist daher irrelevant.

Annahmen diesbezüglich:

- Der Kapitalmarkt ist vollkommen, es kann also von allen informierten Marktteilnehmern zu einem gleichbleibenden Kalkulationszinssatz in beliebigem Umfang sicher Geld angelegt und Kredit aufgenommen werden.
- Die zukünftigen Periodenergebnisse der Unternehmung sind ungewiß, alle Anleger erwarten aber einen gleichen durchschnittlichen Periodengewinn.
- Es gibt keine Transaktionskosten.
- Die Betriebe mit gleichem Risiko können in homogene Risikoklassen eingeteilt werden.
- Es gibt kein Insolvenzrisiko.

Beweis:

Es werden zwei Firmen mit identischen Investitionsprojekten angenommen. Firma A ist zu 100% per Eigenkapital finanziert, also nicht verschuldet. Der Wert der Firma (WA) errechnet sich also ausschließlich durch das Eigenkapital (WA = EA). Im Gegensatz dazu besteht die Kapitalstruktur von Firma B auch aus Fremdkapital, die Firma ist verschuldet (WB = EB + FB). Nun wird von beiden Firmen ein Anteil von 1% erworben.

Investition in Firma A Gewinn

0,01 WA 0,01 Gewinn

Investition in Firma B Gewinn

0,01 EB 0,01 (Gewinn - Zinsen)

0,01 FB 0,01 Zinsen

Summe: 0,01 (EB + FB) = 0,01 WB Summe: 0,01 Gewinn

Beide Strategien liefern den selben Gewinn von 1% des Gewinns. In einem gut funktionierendem Markt m üßen zwei Investments mit gleichem Gewinn auch den gleichen Preis haben, der Wert von Firma A muß also genauso hoch wie der von Firma B sein.

2.2 Theorem 1

Der Marktwert eines Unternehmens ist unabhängig von der Kapitalstruktur, ebenso sind das Vermögen der Anteilseigner und die durchschnittlichen Kapitalkosten unabhängig von der Kapitalstruktur.

Beweis1:

Um Theorem 1 zu beweisen, nehmen wir Firma A an, die unverschuldet ist und sämtliche Gewinne in Form von Dividenden auszahlt. Ein Investor kauft 15% des Firmenwerts (0,15 WA) und erwartet dafür 15% des Gewinns.

Strategie 1: 15% von Firma A werden gekauft

Investition Gewinn

0,15 WA 0,15 Gewinn

Jetzt wird zusätzlich Firma B angenommen, die aus Eigenkapital und Fremdkapital besteht

(WB = EB + FB). Das Eigenkapital besteht aus Aktien, das Fremdkapital aus Anleihen. Für die Anleihen werden Zinsen ausgezahlt, die Aktionäre erhalten den Gewinnanteil abzüglich der Zinsen. Ein Investor, der 15% der Aktien kauft, kann einen Gewinn von 15% abzüglich Zinsen erwarten.

Strategie 2: 15% des Eigenkapitals von Firma B werden gekauft

Investition Gewinn

0,15 EB 0,15 (Gewinn - Zinsen)

Wegen des etwas höheren Risikos der Strategie 2 und der unterschiedlichen Investitions- und Gewinnsumme sind die Strategien 1 und 2 nicht direkt vergleichbar. Als nächstes wird eine etwas komplexere Arbitrage-Strategie angenommen.

Strategie 3: der Investor borgt 0,15 FB und kauft damit 0,15 WA.

Investition Gewinn

0,15 WA - 0,15 FB 0,15 Gewinn - 0,15 Zinsen

Der Preis für einen 15% Anteil an Firma A ist 0,15 WA, da aber 0,15 FB geborgt werden, bezahlt der Investor nur die Differenz von 0,15 WA - 0,15 FB. Die erwartete Dividende beträgt 0,15 Gewinn - 0,15 Zinsen, weil Zinsen für das geborgte Geld bezahlt werden müssen.

Als nächstes werden die Strategien 2 und 3 miteinander verglichen. Dies geschieht insbesondere hinsichtlich der Investitionen und der Gewinne.

Investition von Strategie 2 Investition von Strategie

3 0,15 EB 0,15 WA - 0,15 FB

Die Gewinne der beiden Strategien sind identisch, also muß dasselbe auch für die Investitionen gelten. Ansonsten wäre eine Investition billiger als die andere und keine rational handelnde Person würde die teurere Investition kaufen. Das Theorem 1 beweist also, daß der Wert der unverschuldeten Firma gleich hoch wie dem der verschuldeten Firma ist.

Wenn die Preise von verschuldeten Unternehmen zu hoch wären, wäre Arbitrage möglich, wenn der Investor Geld ausborgt und es in nicht verschuldete Unternehmen investiert. Dies wird auch homemade leverage genannt und es wird bewiesen, daß die Kapitalstruktur und der Verschuldungsgrad keine Auswirkungen auf den Marktwert eines Unternehmens haben.

2.3 Theorem 2

Ein Anteilseigener an einer verschuldeten Firma trägt ein höheres Risiko, deshalb sollte er als Kompensation einen höheren Gewinn erwarten können. Dies ist der Ansatz für das Theorem 2 von Modigliani und Miller, die behaupten, daß der erwartete Gewinn für Eigenkapital positiv von der Verschuldung abhängt, weil mit steigender Verschuldung auch das Risiko steigt.

Wie im weiterem Kapital noch genauer beschrieben wird, besagt WACC, daß die durchschnittlichen gewichteten Kapitalkosten einer Firma aus dem gewichteten Durchschnitt der Eigenkapital- und der Fremdkapitalkosten besteht. Nach Theorem 1 ist dies unabhängig von der Kapitalstruktur. Wir definieren nun r0 als die Kapitalkosten einer unverschuldeten Firma, r0 errechnet sich aus der Division der erwarteten Gewinne und des Eigenkapitals und muß mit dem WACC übereinstimmen. Mit Hilfe von Umformungen der WACC-Gleichung erhalten wir den erwarteten Gewinn für Eigenkapital rE.

Gleichung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Gleichung besagt, daß der notwendige Gewinn für Eigenkapital eine lineare Funktion des Verhältnisses zwischen Fremd- und Eigenkapital einer Firma ist.2

2.4 Theorem 3

Die dritte These von Modigliani und Miller ist in der Literatur, wenn überhaupt, nur knapp dargestellt. Sie beantwortet die Frage nach dem richtigen Kalkulationszinsfuß bei Unsicherheit.

Der Kalkulationszinsfuß ist ein Vergleichsmaßstab des internen Zinsfußes von Investitionen. Er ergibt sich ausschließlich aus dem Risiko gemäß der Risikoklasse des Unternehmens, ist also unabhängig von der Finanzierung. Folglich besteht keine Abhängigkeit zwischen Investition und Finanzierung.

2.5 Kritik am Ansatz von Modigliani und Miller

Die Kritik an Modigliani und Miller beruht im wesentlichen auf zwei Behauptungen. Zum einen wird versucht, den Ansatz aufgrund von empirischen Ergebnissen zu widerlegen, zum anderen werden die Annahmen als realitätsfremd bezeichnet. Bezüglich der empirischen Widerlegung besteht in der Literatur keine Einigkeit, was auch an den praktischen Problemen der empirischen Methoden liegt.

Zu den Annahmen ist zu sagen, daß ein vollkommener Kapitalmarkt nicht existiert. Deshalb kann sich ein privater Investor nicht zu den gleichen Konditionen wie ein Unternehmen verschulden, folglich ist der Arbitrageprozeß nicht mehr haltbar. Weiters besteht zumindest auf das Eigenkapital eine Steuerlast. Vor allem Miller hat aber die Theoreme 1 und 2 zusätzlich unter Berücksichtigung der Steuern später erweitert. Als realitätsfremd kann auch die Annahme über das Fehlen eines Insolvenzrisikos bezeichnet werden. Dieses Risiko steigt mit dem Verschuldungsgrad und ist der von der Kapitalstruktur abhängig.

Der Ansatz von Modigliani und Miller ist also ein eher theoretischer Ansatz, der nicht problemlos in der Realität anwendbar ist.

3 Der traditionelle Ansatz der Finanzierungstheorie

Nachdem wir uns der Theorie von MM und ihren 3 Theoremen gewidmet haben, wenden wir uns dem traditionellen Ansatz der Finanzierungstheorie zu. Die Bezeichnung als "traditioneller Ansatz" ist in diesem Sinne etwas irreführend, da er erst in Anlehnung an MM entwickelt worden ist.

Der Marktwert eines Unternehmens und damit das Vermögen der Anteilseigner kann erhöht werden, indem der Kapitalbedarf nicht vollständig mit Eigenkapital, sondern teilweise mit Fremdkapital finanziert wird. Im Unterschied zu MM nimmt man an, daß es einen optimalen Verschuldungsgrad gibt, der die Kapitalkosten minimiert. Die Verhaltensannahmen der Kapitalgeber decken sich mit denen bei MM II. Die erwartete Rendite der Eigenkapitalgeber hängen vom Verschuldungsgrad ab - je höher der Fremdkapitalanteil, desto höher die erwartete Rendite der Eigenkapitalgeber. Zusätzlich wird in diesem Ansatz auch das Insolvenzrisiko berücksichtigt, welches dem positiven Effekt der Senkung der Steuerbasis entgegenwirkt.

Um diesen traditionellen Ansatz besser zu verstehen, werden wir die Grundidee und die Grundannahmen etwas genauer durchleuchten.

3.1 Der WACC

Der WACC ist das Herzstück dieses Ansatzes und steht für "weighted average cost of capital" (gewichteter durchschnittlicher Kapitalkostensatz),

Gleichung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei der steuerliche Vorteil des Fremdkapitals in der Gleichung schon berücksichtigt ist (1- T).

Der Wert eines Unternehmens wird durch die diskontierten, zukünftigen, nachsteuerlichen Cash Flows bestimmt. Diese Cash Flows werden mit dem EBIT- Schema berechnet.

3.1.1 EBIT - Berechnung

EBIT

- Adaptierte Steuerzahlungen

--------------------------------------

= Operatives Ergebnis vor Zinsen, nach Adaptierten Steuern (NOPLAT) +/- Abschreibung / Zuschreibung

+/- Aufwendungen / Erträge

+/- Erhöhungen / Verminderungen langfr. Rückstellungen

--------------------------------------

= Operativer Brutto CF

+/- Veränderungen des Netto-Umlaufvermögens

+/- Mittelabflüsse / -zuflüsse aus Investitionen/Desinvestitionen

--------------------------------------

= Operativer Free CF

Operativer Free CF

+/- Nicht-operativer Free CF

-------------------------------------- = Free CF

Bei der Berechnung ist zu beachten, daß der steuerlich Effekt, der durch die Aufnahme von Fremdkapital zunimmt, keine Berücksichtigung mehr findet, da dieser bereits im nachsteuerlichen Fremdkapitalkostensatz enthalten ist.

Stillschweigend haben wir angenommen, daß die Cash Flows von der gewählten Kapitalstruktur unbeeinflußt bleiben, wobei der maximale Firmenwert gleichzusetzen ist mit dem Minimieren des durchschnittlichen Kapitalkostensatzes. In der Realität gilt diese Annehme natürlich nicht, da bei zunehmender Fremdkapitalfinanzierung die Insolvenzgefahr steigt. In diesem Fall sollte man die zukünftigen FCF mit dem WACC diskontieren und die Kapitalstruktur auswählen, die den Firmenwert maximiert.

3.2 Verschuldungsgrad

In der folgenden Grafik (Abb.1) sind die erwarteten Returns als Funktion des Verschuldungsgrades abgebildet. Es ist leicht zu erkennen, daß bei steigendem Verschuldungsgrad die erwartete Verzinsung des Eigenkapitals am höchsten ist. Der Grund dafür ist die erhöhte Fremdkapitalquote und die Tatsache, daß Gewinnaufteilung die Eigenkapitalgeber (=Aktionäre) erst nach den Fremdkapitalgebern berücksichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Erwartete Rendite des EK, FK und der Unternehmung als Funktion des

Verschuldungsgrades.

Ein höherer Verschuldungsgrad wirkt sich auch auf das Rating eines Unternehmens aus. Je größer das Marktwachstum, in dem sich das Unternehmen betätigt, desto niedriger sollte der Fremdkapitalanteil sein, da die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses steigt (aufgrund höherer Volatilität der Umsätze - diese Annahme gilt allerdings nicht für Unternehmen der New Economy, deren Wert vom technologischen Fortschritt und vom nicht abschätzbaren Marktpotential getrieben wird). Die Fremdkapitalgeber verlangen daher bei erhöhtem Verschuldungsgrad eine höhere Verzinsung ihres Kapitals.

Der WACC liegt erwartungsgemäß zwischen Eigen- und Fremdkapitalkosten. Er fällt solange, bis der durchschnittliche Kapitalkostensatz minimiert ist und steigt, wenn das Insolvenzrisiko den steuerliche Vorteil des Fremdkapitals übersteigt.

3.3 Fremdkapitalfinanzierung

- Vorteile
- Der Verschuldungsgrad von Unternehmungen mit einem höheren Grenzsteuersatz sollte höher liegen als von Unternehmen mit niedrigerem Steuersatz.
- Unternehmen, die genügend fremdkapitalunabhängige Abschreibungen aufweisen, sollten weniger FK aufnehmen.
- Steigt der Grenzsteuersatz wird erwartet, daß der Verschuldungsgrad auch steigt.
- In Ländern, in denen Fremdkapital einen höheren Steuervorteil genießt, sollte der Verschuldungsgrad der Unternehmen tendenziell höher liegen.

- Nachteile

- Das steigende Insolvenzrisiko - die Aufnahme von Fremdkapital erhöht die Imsolvenzwahrscheinlichkeit. Deshalb sollte Eigenkapitalfinanzierung vorgezogen werden, wenn die Gefahr besteht, daß durch Aufnahme von Fremdkapital das Konkursrisiko steigt.
- Faktoren, die das Insolvenzrisiko beeinflussen :
- Verhältnis der OCF zu den Verbindlichkeiten
- Volatilität der OCF
- Kosten, die durch Insolvenzrisiko oder Finanzengpässe auftreten
- Direkt - Liquiditätskosten
- Indirekte - Kapitalstrukturrisiko
- Agency costs - Konflikt zw. EK-Geber und FK-Geber
- Wahl der Investmentprojekte hinsichtlich der Risikohöhe
- Kapitaltrukturentscheidungen - Aufnahme von mehr FK statt EK, was einen Wertverlust des "alten" FK bedeutet
- Dividendenpolitk - Dividendenauszahlungen, um das Anlagevermögen zu reduzieren, welches die Grundlage der Ansprüche der FK-Geber bildet.

3.4 Berechnung der Kapitalkostensätze

3.4.1 Der Eigenkapitalkostensatz

Um den Eigenkapitalkostensatz zu erhalten, können wir uns mehrerer Methoden bedienen.

Sowohl das DividendDiscountModel (DDM), das Gorden Growth Model als auch das CAPM führen zum Ziel. In der Praxis ist allerdings das CAPM am weitesten verbreitet, wobei zur Berechnung folgende 4 Schritte durchgeführt werden:

1. Das Beta (ßc) der Unternehmung und den aktuellen Verschuldungsgrad schätzen.
2. Das Beta der unverschuldeten Unternehmung (ßu) anhand folgender Formel berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Das Beta der Verschuldeten Unternehmung (ßl) für verschiedene Verschuldungsgrade anhand der Formel berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4. Mittels des CAPM den Eigenkapitalkostensatz berechnen.

3.4.2 Der Fremdkapitalkostensatz

Um den Fremdkapitalkostensatz für verschiedene Verschuldungsgradniveaus zu schätzen, sind zwei Umstände zu beachten, nämlich (1.) die Abhängigkeit des Insolvenzrisikos von Unternehmenscharakteristika, den Verschuldungsgrad miteinbezogen, und (2.) die Abhängigkeit des Insolvenzrisikos von den erwarteten Renditen des Marktes.

Anhand des folgenden Ansatzes können wir den Fremdkapitalkostensatz ermitteln:

1. Aus der G&V wird der Marktwert der Unternehmung bestimmt, der sich aus dem Marktwert des Eigenkapitals und dem Marktwert des Fremdkapitals zusammensetzt.
2. Für verschiedene Fremdkapitalanteilsniveaus [=D/V] wird der Wert des
Fremdkapitals errechnet. Der Wert des Fremdkapitals = Fremdkapitalanteil * Marktwert der Unternehmung.
3. Die Steuerersparniß für die Fremdkapitalanteilsniveaus entspricht dem Steuersatz * Wert des Fremdkapitals.
4. Um die steigende Insolvenzgefahr bei steigendem Verschuldungsgrad zu berücksichtigen, berechnet man nun die für Ratings relevanten Bilanzkennzahlen und schätzt ab, welcher Marktzinssatz den errechneten Ratings entsprechen würde. Dieser Marktzinssatz beschreibt den Fremdkapitalzinssatz vor Steuer.
5. Der im WACC verwendete Fremdkapitalzinssatz nach Steuer ist gleich (1_t)

* Fremdkapitalkostenanteil vor Steuern.

Wie bei allen Modellen handelt es sich auch bei der WACC - Berechnung nur um ein Näherungsverfahren. Den exakten Eigenkapitalkostensatz wird man kaum errechnen, da das CAPM auf einigen Annahmen beruht, die in der Realität nicht haltbar sind. Bei der Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes ist in diesem Fall einfacher, da man ihn aus dem Marktwert der bereits im Umlauf befindlichen Unternehmansanleihen ablesen kann. Geht man jedoch davon aus, daß die Anleihen nicht zum tatsächlichen Wert gehandelt werden, kann man das oben angeführte Schema als Schätzung heranziehen.

4 Kapitalstruktur multinationaler Unternehmen

Die Kapitalstruktur von Unternehmungen unterscheidet sich weltweit. Die Kapitalstruktur multinationaler Unternehmungen wird durch die verschiedenen Faktoren des internationalen betrieblichen Umfelds, wie z. B. durch das politische Risiko, das Wechselkursrisiko, die unvollkommenen internationale Kapitalmärkte, usw., beeinflußt.3 Bei den multinationalen Unternehmen ist es notwendig, sowohl die Kapitalstruktur von ausländischen Tochtergesellschaften, als auch die konsolidierte Kapitalstruktur der Muttergesellschaft zu beachten.4

4.1 Theorie der optimalen Kapitalstruktur

4.1.1 Kapitalkosten

Zur Berechnung der durchschnittlichen Kapitalkosten wird die bereits erwähnte Formel für WACC (weighted average costs of capital) verwendet.

4.1.2 Optimale Kapitalstruktur

Die optimale Kapitalstruktur eines Unternehmens kann durch jene Zusammensetzung von Fremd- und Eigenkapital bestimmt werden, welche die Kapitalkosten des Unternehmens bei gegebenem unternehmerischem Risiko minimieren. Jede Bewegung gegen die optimale Kapitalstruktur reduziert die Kapitalkosten und erhöht den Unternehmenswert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kapitalkosten und die Kapitalstruktur

In der Abbildung 2 kann man den Zusammenhang zwischen dem prozentuellen Verschuldungsgrad (horizontale Achse) und dem Kapitalkostensatz (vertikale Achse) beobachten. Zuerst sinken die gesamten Kapitalkosten (Kwacc) mit steigendem Verschuldungsgrad, da die niedrigeren Fremdkapitalkosten (Kd(1-t)) ein größeres Gewicht als die höheren Eigenkapitalkosten (Ke) haben. Aber mit immer höher anwachsendem Verschuldungsgrad steigt auch das Insolvenzrisiko, d.h. die Kosten des neuen Fremd- und Eigenkapitals steigen stark an, was zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Kapitalkosten führt. Die Kurve der Kapitalkosten (Kwacc) hat eine U-Form, wobei das Minimum (unterer Bereich) dieser Kurve den Verschuldungsgrad bei den minimalen Kapitalkosten ergibt.5

Die Kapitalstruktur multinationaler Unternehmungen wird hauptsächlich von der Kapitalverfügbarkeit und dem Kreditrisiko beeinflußt.

4.2 Kapitalverfügbarkeit

Die Grenzkapitalkosten eines multinationalen Unternehmens bleiben dank internationaler Kapitalverfügbarkeit für ein beträchtliches Ausmaß ihres Budgets konstant. Die Situation von multinationalen Unternehmen, die aber in Ländern mit illiquiden Kapitalmärkten ihren Sitz haben, kann man mit jener von kleinen heimischen Unternehmen vergleichen. Sie sind auf Fonds und Bankkredite des Heimatlandes angewiesen. Ihre Grenzkapitalkosten sind steigend im Bereich der höheren Budgetebenen, da sie mehr als optimale Kapitalmenge brauchen, um Investitionen zu tätigen. Sie müssen also Kapital zu höheren Kosten aufbringen.

4.2.1 Kapitalkosten: multinationales vs. heimisches Unternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Kapitalkosten und Kapitalstruktur: konstante vs. steigende Kapitalkosten

Abbildung 3 zeigt den Vergleich der Kapitalstruktur eines amerikanischen multinationalen Unternehmens mit einem nicht amerikanischen multinationalen Unternehmen oder einem heimischen Unternehmen.

Dank dem Zugang zu liquiden nationalen Kapitalmärkten hat das U.S. multinationale Unternehmen eine konstante Kurve der Grenzkapitalkosten von 14 % (Abb. 3a rechts), d.h. es kann Geldmittel - Eigenkapital und Fremdkapital - in jenem Verhältnis aufbringen, bei dem die Kapitalkosten minimiert werden. Das optimale Kapitalbudget befindet sich dort, wo die Kurve der marginalen Rendite jene der Grenzkapitalkosten schneidet (Abb. 3a rechts). In diesem Beispiel liegt der optimale Verschuldungsgrad zwischen 30 % und 60 % bei einem optimalen Kapitalbudget von 90 Millionen USD.

Im Falle eines nicht amerikanischen multinationalen Unternehmens oder eines heimischen Unternehmens ohne Zugang zu liquiden nationalen Kapitalmärkten wird angenommen, daß sich die Beziehung zwischen den Kapitalkosten und dem Verschuldungsgrad in diesem Beispiel nicht ändert (Abb. 3b links), d.h. der optimale Verschuldungsgrad, bei welchem die Kapitalkosten minimal bleiben, ist gleich wie jener von einem amerikanischen multinationalen Unternehmen (zwischen 30 % und 60 %). Es wird aber angenommen, daß dieser optimale Verschuldungsgrad jedoch nur bei einem Kapitalbudget von bis zu 40 Mio. USD erhalten werden kann, da hier die internen Kapitalmittel erschöpft werden. Wenn also das Unternehmen sein optimales Kapitalbudget (80 Mio. USD) erreichen möchte, muß es sich die restliche Summe von 40 Mio. USD ausleihen. Solche Kredite können auf den nationalen Märkten nur zu höheren Zinssätzen aufgenommen werden, d.h. die Kapitalkosten (Kwacc) steigen. Die Grenzkapitalkostenkurve schneidet die marginalen Rendite bei einem optimalen Kapitalbudget von 80 Mio. USD, aber mit Kapitalkosten von 18 %, d.h. 4 % höher als bei amerikanischem multinationalem Unternehmen. Der Verschuldungsgrad liegt bei 80 %, d.h. er ist nicht optimal.6

4.3 Internationale Cash-Flow-Diversifikation

Cash Flows multinationaler Unternehmen (weiter MNCs) sind besser als jene von heimischen Firmen (weiter DCs) diversifiziert. MNCs können deswegen höhere Mengen an Fremdkapital aufnehmen, und deshalb wird in der Literatur oft angeführt, daß sie eher in der Lage sind, höhere Verschuldungsgrade als die heimischen Unternehmen an sich zu nehmen. Man kann diese internationale Diversifikation des Cash Flows mit jener eines Portfolios vergleichen.

In einer Studie haben Lee und Kwok (1988) näher die Kapitalstruktur von MNCs und DCs untersucht. Die Ergebnisse ihrer empirischen Untersuchung haben das Gegenteil bewiesen, nämlich daß die MNCs einen niedrigeren Verschuldungsgrad als die DCs aufweisen, wobei man die Unternehmensgröße angepaßt hat. Dieser Unterschied jedoch nicht die Folge der Cash-Flow-Diversifikation ist. Denn trotz dieser Diversifikation haben die MNCs ungefähr den gleichen Verschuldungsgrad als die DCs gehabt. Der niedrigere Verschuldungsgrad bei den MNCs wird als die Folge der höheren `Agency costs` der Schulden erklärt.7 Diese `Agency costs` entstehen, wenn z.B. die Aktionäre riskante Projekte akzeptieren, um Fremdkapital finanzieren zu können, wodurch die Interessen der Anleihebesitzer durch jene der Aktionäre ersetzt werden. Wenn aber den zukünftigen Inhaber von Anleihen dieses `Substitutionsproblem` bekannt ist, werden sie einen niedrigeren Preis beim Kauf von Anleihen verlangen. Diese Senkung des Wertes der Anleihen stellt eine Art von `Agency costs` dar.

4.4 Kapitalstruktur ausländischer Tochtergesellschaften

Da eine individuelle Tochtergesellschaft eigentlich keine unabhängigen Kapitalkosten aufweist, sollte ihre Kapitalstruktur nicht an der Minimierung ihrer eigenen Kapitalkosten basieren.

Ein multinationales Unternehmen sollte die Politik der niedrigsten Kreditkosten nach Anpassung fürs Wechselkursrisiko verfolgen. Wobei das Ziel hier ist es, die konsolidierten Kapitalkosten bei gegebener Höhe des unternehmerischen Risikos und des Budgets zu minimieren.

4.4.1 Kapitalquellen zur Finanzierung auslÄndischer Tochtergesellschaften

Die möglichen Kapitalquellen zur Finanzierung von ausländischen Tochter-gesellschaften kann man in drei Gruppen aufteilen:

- interne Kapitalquellen der ausländischen Tochtergesellschaft;
- Kapitalquellen innerhalb der Unternehmensgruppe;
- externe Kapitalquellen.

Die Eigenfinanzierung der ausländischen Tochtergesellschaft kann durch Abschreibungen oder einbehaltene Gewinne erfolgen.

Zu den finanziellen Mitteln innerhalb der Unternehmensgruppe gehört unter anderem das Kapital der Muttergesellschaft. Diese kann z.B. durch Kapitalbeteiligung, oder Bargeldkredite der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaften erfolgen. Weiter können innerhalb der Unternehmensgruppe Geldmittel eines Schwester-unternehmens, z.B. durch Bargeldkredite, verwendet werden. Schließlich kann die Muttergesellschaft Haftung für die Kredite ihrer Tochtergesellschaften übernehmen. Es gibt die sogenannte ,,unbeschränkte Garantie" und andere bzw. beschränkte Formen der Haftung. Außerdem kann die Haftung auch von einem verbundenen Schwesterunternehmen übernommen werden.

Bei der Außenfinanzierung handelt es sich vor allem um Kreditaufnahme. Kredite können entweder im Land, in dem die Muttergesellschaft ihren Sitz hat, z.B. Kredite von Banken und Finanzinstituten, Geldmarktkredite, oder in einem anderen Land aufgenommen werden, z.B. Kredite in der Inlandswährung, Kredite in der Währung eines Drittlandes. Darüber hinaus kann die Tochtergesellschaft Kapital durch lokale Aktionäre, oder auch eine Joint-Venture Partnerschaft aufbringen Bei der Auswahl der potentiellen Kapitalquelle sollte man darauf achten, daß die Kosten des Außenkapitals minimal sind. Die internen Kapitalquellen werden gewählt, um die weltweiten Steuern und das politische Risiko minimal zu halten. Das Unternehmen sollte darauf achten, daß die weltweit konsolidierten Kapitalkosten minimiert werden.

Wenn, z. B. ein Tochterunternehmen im Ort seiner Niederlassung Zugang zu Krediten mit niedrigeren Kosten hat, sollte das multinationale Unternehmen soviel wie möglich an seinen Krediten durch diese Tochtergesellschaft aufnehmen.8

4.4.2 Politisches Risiko

Politisches Risiko bezeichnet man als die Wahrscheinlichkeit, dass ein multinationales Unternehmen von politischen Ereignissen im eigenem Land oder von einer Änderung der politischen Beziehungen zwischen dem eigenen und einem anderen Land beeinflusst wird.

Größtenteils entsteht politisches Risiko durch die Diskrepanz zwischen Unternehmenszielen und den staatlichen Regulierungen im eigenen Land, die zu den normalen administrativen Tätigkeiten einer Regierung zählen und die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens beeinflussen.

In den letzten Jahren erweiterte sich das politische Risiko für multinationale Konzerne um eine ethische, religiöse, staatsbürgerliche und um eine Rassenkomponente.

Um die Gefährdung durch das politische Risiko so niedrig wie möglich zu halten, müssen multinationale Unternehmen darauf achten, eine gute Verhandlungsposition mit der heimischen Regierung einzunehmen. Vor der Abwicklung einer Investition, wird oft eine

Einverständniserklärung ausgehandelt, in der alle möglichen zukünftigen Streitpunkte diskutiert werden.

Nach einer Investition sollte die Mutterfirma verschiedene Strategien entwickeln, die den positiven Zusammenhang zwischen dem kontinuierlichen Firmenwert und dem Heimatland erklären und maximieren. Außerdem können Strategien hinsichtlich Produktion und Logistik, Marketing, Finanzen, Organisation und Personal betrieben werden, die das politische Risiko minimieren

4.4.3 Kapitalstruktur und Exposure

Im Hinblick auf die Fremdkapitalaufnahme der Tochtergesellschaften mit Sitz im Ausland sollte man den Aspekt der Exposure nicht vernachlässigen. Wird das Fremdkapital in der Währung des Drittlandes aufgenommen fällt zusätzliches Risiko aufgrund von Währungsschwankungen an.

Währungen wie der CHF oder der JPY bieten eine traditionell niedrige Verzinsung, doch sollte deren Volatilität auch in Betracht gezogen werden. Dieser Trade-off zwischen niedrigen Fremdkapitalzinsen und dem damit verbundenen Währungsrisiko können sich entweder positiv oder negativ auf die Kapitalkosten der Unternehmung auswirken. Es hängt davon ab, ob die Fremdwährung nach der Kapitalaufnahme in Ihrem Wert relativ zur Währung des Landes, in welchem das Tochterunternehmen seinen Sitz hat, steigt. Dieser Wertgewinn wirkt sich einerseits negativ auf den Verschuldungsgrad aus, der bei der Berechnung des Fremdkapitalkostensatzes herangezogen wird. Steigt der Fremdkapitalkostensatz, steigt ceteris paribus auch der WACC und damit die Kapitalkosten des gesamten UN. Diese Annahme gilt allerdings nur, wenn das Fremdkapital zu Marktwerten veranschlagt wird. Werden sie zu Buchwerten kalkuliert, hat eine Änderung des Wechselkurses bilanztechnisch keinen Einfluß.

Aus diesem Grund sollten bei der Aufnahme von Fremdkapital in einer Drittwährung die Kreditlaufzeit und die Prognose über die Entwicklung der Drittwährung sowie die Volatilität der zukünftigen Cash Flows in betracht gezogen werden, da aufgrund von höheren Tilgungszahlungen der Cash Flow unter Umständen in den negativen Bereich abrutschen könnte.

4.5 Verschuldungsunterschiede international

Die Ergebnisse einer Untersuchung des Verschuldungsgrades haben den Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Ausmaß der Verschuldung in den verschiedenen Ländern gezeigt. Es wurde bewiesen, daß vor allem Unternehmen in den Industrieländern ein größeres Maß an Schulden nützen. Im Gegenteil ist in den wenig entwickelten Länder die Unternehmensverschuldung niedriger.

Sekely und Collins (1988) haben mit ähnlichen Normen bezüglich der Kapitalstruktur zu sogenannten ,,kulturellen Bereiche" (cultural realms) gruppiert. Als kulturelle Faktoren versteht man hier, z. B. die sozialen Normen, welche das Verhalten eines Volkes bestimmen. Laut den Autoren könnte vor allem die sogenannte ,,materielle Kultur" Einfluß auf die Kapitalstruktur haben, vor allem Unterschiede in den Gesetz- und Steuersystemen. Es entstanden die folgenden sieben Bereiche: englische Amerika, lateinische Amerika, westliche Zentraleuropa, Mittelmeereuropa, Skandinavien, indischer Halbinsel, nordöstliche Asien.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung haben gezeigt, daß es signifikante Unterschiede bezüglich der Kapitalstruktur zwischen diesen kulturellen Gebieten, jedoch nicht innerhalb der einzelnen Gebiete gibt. Zum Beispiel weisen die anglo-amerikanischen Länder niedrigen Verschuldungsgrad auf, während dieser in den skandinavischen Ländern hoch ist. Multinationale Unternehmen sollten deshalb bei der Finanzplanung einen großen Wert auf solche kulturelle Analyse legen.9

Auch die Bilanzierungsgrundsätze unterscheiden sich in den verschiedenen Ländern. So verlangt man zum Beispiel in manchen Ländern keine konsolidierte Bilanz. Dies ermöglicht der Muttergesellschaft, die Höhe des Verschuldungsgrades zu beeinflussen. Sie kann z. B. das Nettovermögen des Tochterunternehmens als Finanzanlagen in ihre Bilanz aufnehmen, was einen niedrigeren Leverage zur Folge hat. Außerdem ist auch die Vermögensbewertung nicht gleich in allen Ländern. Schließlich gibt es auch Unterschiede in Positionen, welche in die Bilanz in verschiedenen Ländern aufgenommen werden. Zum Beispiel Leasing und Pensionsverpflichtungen werden unterschiedlich behandelt.

Die Ergebnisse einer Untersuchung des Verschuldungsgrades in den G-7 Ländern haben gezeigt, daß Unternehmen in Deutschland und Großbritannien die niedrigsten Verschuldungsgrade aufweisen, und daß alle anderen G-7 Länder ungefähr gleich hohen Leverage zeigen. Weiter scheinen Firmen, die nicht konsolidieren, einen niedrigeren Leverage zu haben, da sie in der Lage sind, diesen zu beeinflussen. Dieser steigt jedoch, wenn sich ein Unternehmen entscheidet zu konsolidieren.

Die Höhe des Verschuldungsgrades kann auch von der Finanzierungswahl beeinflußt werden. Während Japan die Innenfinanzierung vor Außenfinanzierung bevorzugt, werden U.S. Firmen fast nur von außen finanziert. In den 80er Jahren kam es in den Vereinigten Staaten zur Erhöhung des Verschuldungsgrades, da sich die Außenfinanzierung ausschließlich aus Fremdkapital zusammengesetzt hat. Auf der anderen Seite, weist Großbritannien trotz einem hohen Maß an Außenfinanzierung einen sehr niedrigen Leverage. Der Grund dafür ist wieder die Zusammensetzung der Mittel der Außenfinanzierung, die in GB aus Beteiligungsfinanzierung, d.h. Zuführung von Eigenkapital, bestehen.10

Zusammenfassung

Da ein multinationales Unternehmen in einer internationalen Umgebung tätig ist, muß es im Vergleich zu einem heimischen Unternehmen zusätzliche Faktoren, die seine Kapitalstruktur beeinflussen, berücksichtigen.

Ein wichtiger Vorteil von MNCs ist die größere Auswahl an Kapitalquellen und die daraus resultierenden niedrigere Kapitalkosten. Das heimische Unternehmen muß sich Kapital zu höheren Kosten beschaffen, um sein optimales Kapitalbudget zu erreichen.

Eine ausländische Tochtergesellschaft kann sich neben der üblichen Außen- und Innenfinanzierung zusätzlich auch Geldmittel innerhalb der Unternehmensgruppe beschaffen. Weiter kann die Muttergesellschaft für die Kredite der Tochtergesellschaft Haftung übernehmen, wodurch die Außenfinanzierung im Gegensatz zu DCs erleichtert werden kann.

Wie in der Arbeit beschrieben wurde, kann die Kapitalstruktur, und so auch der Verschuldungsgrad zwischen bestimmten ,,kulturellen" Gruppen von Ländern variieren. Der Grund für Verschuldungsgradunterschiede liegt oft auch in den unterschiedlichen Bilanzierungsvorschriften in verschiedenen Ländern.

Um die optimale Kapitalstruktur, bzw. die minimalen Kapitalkosten, zu erreichen, sollte ein MNC alle möglichen Einflußgrößen in allen Ländern, in denen es tätig ist, genau in Betracht nehmen.

Literaturverzeichnis

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Brealey, R. A. and Myers, S. C.: "Principles of Corporate Finance", 6th Edition, Irwin, Boston et al., 2000.

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[...]


1 Vgl. Ross (1996), S. 386ff.

2 Vgl. Perridon und Steiner (1991), S. 434.

3 Vgl. K. C. Lee, C. C. Y. Kwok (1988)

4 Vgl. W. S. Sekely, J. M. Collins (1988)

5 Vgl. D. K. Eiteman (1998)

6 Vgl. D. K. Eiteman (1998)

7 Vgl. K. C. Lee, C. C. Y. Kwok (1988)

8 Vgl. D. K. Eiteman (1998)

9 Vgl. W. S. Sekely, J. M. Collins (1988)

10 Vgl. R. G. Rajan, L. Zingales (1995)

Excerpt out of 24 pages

Details

Title
Die Kapitalstruktur multinationaler Unternehmungen
Course
Seminar aus Internationalem Management
Grade
2
Authors
Year
2000
Pages
24
Catalog Number
V97991
ISBN (eBook)
9783638964425
File size
593 KB
Language
German
Keywords
Kapitalstruktur, Unternehmungen, Seminar, Internationalem, Management
Quote paper
Daniel Lion (Author)Alexandra Cinova (Author)Salem Tamer (Author), 2000, Die Kapitalstruktur multinationaler Unternehmungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97991

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