Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung


Seminar Paper, 1999

19 Pages, Grade: 1


Excerpt


Einleitung

Das Thema Jugendhilfeplanung befindet sich gegenwärtig im Aufwind. Schien es in den letzten Jahren eher in den Hintergrund der politischen und fachlichen Diskussion in der Jugendhilfe getreten zu sein, von böswilligen Stimmen als Luxus, Modeerscheinung bzw. „ Kür“ abgewertet, so ist heute ein erkennbarer Akzeptanz- gewinn der Planungsdiskussion in der Jugendhilfe zu erkennen. Vermehrte Aktivitäten auf kommunaler und überörtlicher Ebene, eine Vielzahl einschlägiger Tagungen, Veröffentlichungen und Stellungnahmen sind hierfür nicht zu über- sehende Indikatoren. Zweifelsohne ist dies eine Reaktion auf das Kinder und Jugend- hilfegesetz ( KJHG ). Daß die Jugendhilfeplanung aufwertet und zur Pflichtaufgabe macht.

1.0 Was ist Jugendhilfeplanung ?

Jugendhilfeplanung ist ein Instrument zur systematischen, innovativen und damit zukunftsgerichteten Gestaltung und Entwicklung der Handlungsfelder der Jugendhilfe mit dem Ziel, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien zu schaffen oder zu erhalten ( § 1 SGB VIII ) und ein quantitatives und qualitatives bedarfsgerechtes Jugendhilfeangebot rechtzeitig und ausreichend bereitzustellen.

Als Fachplanung geht es bei der Jugendhilfeplanung um die Entwicklung von Strategien zur Lösung der komplexen Aufgaben der Jugendhilfe. Dazu gehören quantitative und qualitative Bestands,- Sozialraum- und Zielgruppenanalysen, aufgaben- und organisationskritische Bewertungen der IST- Situation, konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung und zur Qualifizierung der Angebote der Jugend- hilfe, Prioritätensetzungen für die Umsetzung sowie die Überprüfung.1

Der Begriff Jugendhilfeplanung wird als Teilplanung der kommunalen Sozial- planung verstanden. Ihr Gegenstand ist die Jugendhilfe , worunter i.d.R. dem Kinder und Jugendhilfegesetz ( KJHG ) folgend Hilfen für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien verstanden werden. Dem entsprechend umfaßt die Jugendhilfeplanung sowohl die Planung, fürsorgerischer und pflegerischer Hilfen, aber auch Sozialisationseinrichtungsplanung wie z.B. Kindergartenplanung. Ferner umschließt sie nach allgemeiner Auffassung Einrichtungen und Maßnahmen unabhängig davon, ob sie von öffentlichen oder Freien Trägern der Jugendhilfe oder durch Privatinitiative erstellt und unterhalten werden.2

2.0 Was kann Jugendhilfeplanung leisten ?

Das Aufgabenverständnis von Jugendhilfeplanung entspricht den zentralen Veränderungen, denen die Gestaltung und Organisationen des Leistungs-angebotes des Jugendamtes in jüngster Zeit ausgesetzt ist. Bei der Bewältigung der Aufgaben kann Jugendhilfeplanung als fortlaufender Planungsprozeß im Rahmen der Bearbeitung zumindest der drei zentralen Planungselemente ( Bestandserhebung, Bedarfsermittlung und Maßnahmenplanung ) eine Steuerungsfunktion für das Gesamtsystem der Jugendhilfe übernehmen. In diesem Zusammenhang ist die Bestandserhebung als Leistungsübersicht/- katalog, die Bedarfsermittlung zur Effektivierung des Leistungsangebotes und die Maßnahmenplanung zur besseren Ressourcenplanung zu verstehen. Auf diese Weise können Anforderungen einer outputorientierten Steuerung der Jugendhilfe in den Planungskontext einbezogenen werden mit der Überlegung zur Optimierung von Strukturen und Abläufen, zur Organisationsentwicklung sowie zur Qualifizierung der Fachkräfte verknüpft werden. Insbesondere hat Jugendhilfe-planung die Aufgabe, die in diesem Prozeß entstehenden divergierenden Interessenlagen im Sinne eine Kontextmodelles zu bearbeiten. Interessengegensätze bestehen vor allem zwischen langfristigen Planungsprozessen und kurzfristiger Planungserwartung im Politikbereich, der Entwicklung statistischer Strukturen in sozialen Diensten, zwischen den Interessen der Adressaten und denen der Fachkräfte sowie der Autonomie freier Träger in einem Controlingsinteresse des Jugendamtes.

Eine zukunftsorientierte Jugendhilfeplanung, die sich nicht an unerfüllbaren Forderungskatalogen festmacht, sondern Innovation durch veränderte Organisationsformen und Ressourennutzung ermöglicht, hätte folgende Optionen zu gewährleisten:

- finanzielle und strukturelle Regelungen;
- Umstrukturierung von standardisierten zu flexiblen, individuell variierenden Angebotsformen;
- Nutzerorientierte Bündelung / Koordinierung von Leistungen statt parzellierter Leistungserbringung;
- Berücksichtigung und Einbezug von informellen Unterstützungsstrukturen
im Umfeld, statt einer isolierten Adressatensichtweise sowie die Umorientierung von der stillschweigenden Nutzung zur ausdrücklichen Interaktion mit informellen Unterstützungsnetzwerken.

In diesem Sinne kann Jugendhilfeplanung motivierend auf alle Beteiligten wirken, neue Impulse für die Jugendhilfe geben sowie innovative Prozesse auf den relevanten Ebenen auslösen. Dabei müssen die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten, den Verwaltungen, der Eltern, der Kinder und Jugendlichen, der politischen Kräfte und der freien anerkannten Träger transparent und aushandel- bar werden.3

3.0 Empirische Daten zur Jugendhilfeplanung

Nach dem Erhebungsstand 1995/96 ist nur noch ein Minderheit der Jugendämter in der Bundesrepublik, die noch keine Planungen im Bereich der Jugendhilfe begonnen hat und es auch in absehbarer Zeit nicht beabsichtigen ( 11,7% der städtischen Jugendämter und 14% der Landkreise )4 Schaubild einfügen S. 70 u.71 Handbuch Jugendhilfeplanung

Der 8 Jugendbericht der Bundesregierung kommt nach einer Untersuchung der Universität Münster, Fachbereich Sozialpädagogik im Jahr 1981 zu folgendem Ergebnis. Nach einer Umfrage des Instituts für Erziehungswissenschaften, kommt dieses zu dem Schluß, daß zwar alle befragten Stadt- und Kreisjugendämter ihren Planungswillen bestätigt haben, aber nur 60% der Stadtjugendämter und nur 20% der Kreisjugendämter konkrete Planungsaktivitäten angegeben haben.5

4.0 Jugendhilfeplan nach dem KJHG ( Kinder und Jugendhilfegesetz )

4.1 Allgemeines

Die Verpflichtung zur Jugendhilfeplanung ist im KJHG relativ neu. Wenn es auch vor Inkrafttreten des KJHG´s bereits vereinzelte Planungen gab, so ist doch insgesamt festzustellen, daß es immer noch wenig rechtliche Erfahrungen auf diesem Gebiet gibt.

Im Gegensatz zu den Regelungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes ( JWG ), in dem eine Verpflichtung zu Jugendhilfeplanung in den §§ 5,6 i.V.m. § 7 JWG allenfalls rudimentär existierte, legen die §§ 79 Abs.1 und 80 Abs.1 Nr. 1-3 SGB VIII den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben eine Planungsverantwortung auf, deren Ausformung in § 80 Abs.1 SGB VIII weiter bestimmt wird. Diese gesetzlichen Regelungen be- inhalten eine Verpflichtung der Jugendhilfeträger im Sinne einer Muß- Be- stimmung, also der stärkeren Form der Zuweisung von konkreten Aufgaben ( im Gegensatz zu bloßen „ Soll“ und „ Kann“ - Verpflichtungen)6

Bestandteil der Gesamtverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ist die Planungsverantwortung ( § 79 Abs. 1 SGB VIII ) in dessen Wortlaut es heißt:

„ Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.“7

„ Dabei sollen sie sicherstellen, daß die „ erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den jeweiligen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen"8

Die Begriffe erforderlich, geeignet, rechtzeitig und ausreichend werden im Gesetz nicht näher definiert, sie sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Es liegt also in der Verantwortung der öffentlichen Träger, diese Vorgaben für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu füllen und zu interpretieren.

Eine solche rechtliche Verpflichtung des Jugendamtes zur Jugendhilfeplanung bedeutet allerdings nicht zugleich auch eine Bindung der Freien Träger der Jugendhilfe an die Jugendhilfeplanung. Damit wird ein wesentlicher Aspekt der Jugendhilfeplanung - nämlich die Koordination der Tätigkeit verschiedener Träger wiederum stark begrenzt. Eine weitere Begrenzung der Jugendhilfeplanung ergibt sich daraus, daß sie eine Teilplanung ist. Das bedeutet, daß die Ziel / Mittel- Relation für diese Planung begrenzt sind, weil nur die Maßnahmen sinnvollerweise Bestandteil der Jugendhilfe sein können, die auch im Rahmen kommunaler Jugendpolitik ( insb. also durch das Jugendamt ) beeinflußbar sind. Als Beispiel sei hier angeführt, wird Jugendarbeitslosigkeit als Ursache von Problemen erkannt, so ist der Mitteleinsatz zu ihrer Verminderung durch das Jugendamt außerordentlich begrenzt; Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit ist somit kaum ein operationales (Teil ) Ziel der Jugendhilfeplanung. Somit reduziert sich die Jugendhilfeplanung faktisch auf die in den Arbeitsbereich fallenden Maßnahmen des Jugendamtes.

Jugendhilfeplanung obliegt auch die Vernetzung mit anderen Planungs- und Politikbereichen ( vergl. § 81 KJHG ), die sich unmittelbar auf die Lebenssituation junger Menschen auswirken. Aus diesem Zusammenhang begründet Merchel eine „ anwaltliche Funktion“ des Jugendamtes, daß die Bedürfnisse und Interessen junger Menschen immer wieder in gesamtplanerische Aktivitäten der Kommune einbringen muß.9

4.2 Jugendhilfeplanung nach § 80 KJHG

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind gemäß § 80 KJHG zur Jugend-hilfeplanung verpflichtet, es handelt sich hierbei um eine ( Muß- Bestimmung)

Es ist zunächst unerläßlich, zwischen der Jugendhilfeplanung und einem möglicherweise zu erstellenden Jugendhilfeplan zu unterscheiden. Denn Jugendhilfeplanung wird nicht als sich erledigende und abschließbare Aufgabe verstanden, sondern vielmehr als ein durch Kommunikation unter den Trägern und damit zugleich die Abstimmung der Angebote im Planungsbereich fördert.10 Somit ist Jugendhilfeplanung fortzuschreiben, es hat sich nicht auf einen Jugendhilfeplan zu beschränken.

Inhaltlich setzt sich § 80 KJHG mit der Planungsverantwortung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe auseinander. So hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe;

- den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
- den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
- die zur Befriedigung des Bedarfs notwendiger Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen; daß auch ein unvorhersehbarer Bedarf befriedigt werden kann.
- Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, daß insbesondere Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
- Ein möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,
- junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
- Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.
- Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten freien Träger der Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung zu beteiligen.
- Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, daß die Jugendhilfeplanung sich an den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien orientiert, bzw. Rechnung trägt.11

( Folie Gliederung Jugendhilfeplanung)

4.3 Gliederung der Jugendhilfeplanung nach § 80 KJHG Pflicht zur Planung

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben eine Planungsverpflichtung ( vergl. § 80 Abs.1 KJHG ); sie ist Teil ihrer Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII ( vergl. § 79 Abs.1 KJHG )

1. Die Jugendhilfeplanung als Teil der Gesamtverantwortung

Die Gesamtverantwortung hat eine Gewährleistungspflicht zur Folge, die darin besteht, daß

- Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen,
- die zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII geeignet und erforderlich sind,
- rechtzeitig und
- ausreichend zur Verfügung stehen.
Geeignet sind Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen nur dann, wenn auch die verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung gemäß § 9 Abs. 1 KJHG entsprechen.

2. Beteiligung der Träger der freien Jugendhilfe

1. Pflicht zur Beteiligung ( vergl. § 80 Abs.3 Satz 1) Die Träger der freien Jugendhilfe sind
- frühzeitig und
- in allen Phasen der Planung zu beteiligen.
2. Form der Beteiligung
Anhörung im Jugendhilfeausschuß.
Durch Landesrecht ist näheres zu regeln.
3. Bindungswirkung
Für den träger der öffentlichen Jugendhilfe ergibt sich eine Bindungswirkung aus seiner Plangewährleistungspflicht; für die Träger der freien Jugendhilfe ist die Bindungswirkung über vertragliche Handlungsformen zu erreichen.

3. Abstimmung mit anderen Planungen

Der Jugendhilfeplan muß abgestimmt sein mit anderen Planungen Z.B. Bauleitplanung, Kindergartenplanung

4. Planungsbeteiligung der Betroffenen

Die Jugendhilfeplanung muß die Bedürfnisse junger Menschen und ihrer Familien berücksichtigen, ( vergl. § 80 Abs. 4 KJHG ). Dies geschieht am besten durch ihre Beteiligung.12

5.0 Konzeptionelle Ansätze der Jugendhilfeplanung

5.1 Allgemeines

Jugendhilfeplanung ist aber nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch deshalb sinnvoll, weil sie

- dem Grundsatz der Prävention entspricht
- gerade in Zeiten knapper öffentlicher Mittel deren rationalen Einsatz möglich macht,
- Prioritätenfestsetzung erlaubt,
- Die Belange der Jugendhilfe in benachbarte Bereiche der Fachplanung
- ( z.B. Bauleitplanung ) einbringen kann.
- Ein sinnvolles Zusammenwirken von freien und öffentlichen Trägern möglich macht.
- Den Bedarf an Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen transparent macht.13

Die Planung vollzieht sich auf folgenden sechs Stufen:

- Der Zielkatalog enthält eine Zusammenstellung der von der Jugendhilfe zu erreichenden Ziele ( von abstrakten bis konkreten ).
- Die Bestandsaufnahme ermittelt den gesamten Bestand an Einrichtungen, Veranstaltungen und Diensten der Jugendhilfe- sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht.
- Die Bedarfsermittlung stellt den Fehlbedarf fest, der sich als Differenz zwischen Bestand und angestrebten Zielen ergibt.
- Die Bedarfsplanung setzt die Prioritäten bei der Befriedigung des ermit-telten Bedarfs.
- Die Durchführungsplanung regelt Modalitäten der Bedarfsdeckung, beispielsweise, ob freie oder öffentliche Träger eine Maßnahme durchführen , welche personellen, organisatorischen, finanziellen Voraussetzungen der Bedarfsdeckung vorliegen müssen. Wichtiger Bestandteil ist der Finanzierungsplan. Die in ihm ausgewiesenen Maßnahmen sind im Haushaltsplan abzusichern.
- Die Erfolgskontrolle und die Fortschreibung des Planes in gewissen Zeit-ständen ermöglichen die notwendige Planungsflexibilität, indem sie die Planungsziele veränderten Verhältnisse anpassen.14

5.2 Planungsverständnis und Planungsprinzipien

Den Planungsmodellen der 70er und 80er Jahre wurde meist ein mangelnder Praxisbezug aufgrund theoretischer Planungskonzeptionen unterstellt. Mit dieser Ausrichtung von Planung, die meist auf der Ebene der Analyse verblieb, entstand eine Diskrepanz zwischen der Fachdiskussion und dem Praxisalltag der Jugendhilfe und einer theoretisch ambitionierten Planung. Mit der Verabschiedung des KJHG´s wurden Rahmenbedingungen für die Jugendhilfeplanung gesetzlich festgeschrieben.

Mit diesen und anderen Bestimmungen des KJHG´s sowie die im 8.

Jugendbericht skizzierten Standards einer zeitgemäßen Jugendhilfe bilden die Grundlagen für eine Planungsphilosopie, die Planung nicht als technisch- rationalen Prozeß, sondern als von Interessengegensätzen, fachlichen Diskurs und dynamischen Organisationsprozessen bestimmt, versteht.

Um den Praxisbezug von Planung zu sicher, empfiehlt sich die Orientierung an einem bereichsorientierten Planungsansatz, der sich an den gegebenen Aufgabenfeldern der Jugendhilfe, wie sie in den verschiedenen Abschnitten des KJHG´s beschrieben sind, orientiert. Dieser Ansatz läßt auch eine Integration von Teilfachplanung zu. Für die Umsetzung dieses Planungsansatzes mit seinen differenzierten Kenntnissen über Lebensverhältnisse und Problemlagen in regionalisierter Form ist es sinnvoll, eine Verknüpfung mit einer sozialräumlichen Analyse vorzunehmen.

- Kommunikativer Planungsprozeß

Um eine kommunikativ- dialogische Grundorientierung des Planungs- Prozesses zu gewährleisten, ist eine Organisation der Planung in Form Von Planungsgruppen sinnvoll. Über Planungsgruppen, die sich aus Fachkräften verschiedener Professionen, Arbeitsbereichen und Trägerzugehörigkeiten zusammensetzt, können vor Ort Kenntnisse abgerufen werden; über Planungsgruppen wird die Beteiligung von Fachkräften der öffentlichen und der freien Träger gewährleistet sowie Transparenz und Durchsichtigkeit des Planungsprozesses gewährleistet. Ebenso kann von einer höhere Akzeptanz der Planungsergebnisse ausgegangen werden.

- Mehrphasiges Planungsmodell

Der Planungsprozeß sollte so gestaltet werden, daß er für alle Beteiligten übersichtlich bleibt, Entwicklungen erkennbar sind und eine Ergebnis- sicherung möglich ist. Überschaubare und praktikable Planungsabläufe sollen einerseits eine systematische Planung gewährleisten, anderseits aber eine flexible Gestaltung von Planungsabläufen offenhalten.

- Berichtswesen

Entsprechend einer mehrphasigen Gestaltung von Planung sollen einzelne Phasen mit Sach- bzw. Ergebnisberichten abgeschlossen werden, die ins- besondere für die Fachdiskussion und die praktische Umsetzung handelbar sind.

- Umsetzung und Fortschreibung

Damit Jugendhilfeplanung fachpolitisch operationalisierbar ist, besteht die Notwendigkeit, immer wieder ( Zwischen-) Entscheidungen zu treffen bzw. vorzubereiten. Auf diese Weise sind die einzelnen Handlungsschritte sowohl bei den Fachkräften der öffentlichen und freien Träger als auch bei politischen Mandatsträgern nachvollziehbar und verständlich. Da das KJHG ausdrücklich von Jugendhilfeplanung spricht und nicht von einem Jugend- hilfeplan oder einer Planerstellung spricht, ist Jugendhilfeplanung als ständiger fortzuführender kontinuierlicher Prozeß zu verstehen. Aus diesem Grunde ist Jugendhilfeplanung fortschreibungsfähig anzulegen.

- Überschaubarkeit

Um Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Planung zu garantieren, ist es notwendig, überschaubare Zeiträume zu definieren. Einzelne Planungsphasen sollten terminiert und untereinander abgestimmt werden; insbesondere Anschubplanungen benötigen Fristen.

- Einsatz eines Planungskoordinators

Jugendhilfeplanung ist eine Daueraufgabe und kann nur von entsprechend qualifizierten und erfahrenen Fachkräften geleistet werden. Daher ist der Einsatz eines Planungskoordinators zwingend, insbesondere wenn die Planung oder Teile der Planung durch externe Institute begleitet werden.

- Rückkopplung in politischen Gremien

Um den Planungsprozessen die verschiedenen Ebenen der politischen Ent- scheidungen zu bilden, ist es notwendig, Planungsentwicklung und ( Zwischen-) Ergebnissen ständig fortzuvermitteln. Dieses betrifft nicht nur den Jugendhilfeausschuß, sondern auch die übergeordnete politische Ebene.15

6. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Jugendhilfeplanung

6.1 Allgemeines zu § 8 KJHG

Allgemein ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in § 8 SGB VIII geregelt, in dessen Wortlaut es heißt;

Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen Der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsgericht hinzuweisen. Kinder und Jugendliche haben das Recht sich in allen An- gelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugend- amt zu wenden.16

Nach überwiegender Ansicht zielt § 8 SGB VIII jedoch nur auf eine individuelle Beteiligung an konkreten, den jungen Menschen persönlich betreffenden Entscheidungen, z.B. Hilfen zur Erziehung. Nur eine sehr extensive Auslegung könnte aus dieser Norm einen Anspruch auf eine direkte Beteiligung an der Jugendhilfeplanung ableiten.

Ein ( einklagbares ) subjektives Recht auf derartige Beteiligungsformen dürfte anhand der oben dargelegten allgemeinen Kriterien jedoch zu verneinen sein. Die gesetzliche Regelung ( § 80 KJHG ) verlangt die Berücksichtigung der Bedürfnisse junger Menschen, ohne eine Beteiligung ausdrücklich vorzuschreiben. Weder ist ein Anspruch der Betroffenen auf Anhörung oder ähnliches noch eine entsprechende Verpflichtung der Planungsträger normiert.17

6.2. Betroffenenbeteiligung

Vor dem Hintergrund der insbesondere im § 80 KJHG geforderten Beteiligung Kindern und Jugendlichen, ist es daher notwendig sich konkret mit den Verfahren und Methoden auseinander zu setzen, die junge Menschen entsprechend ihrem Entwicklungstand an Entscheidungen, die sie betreffen beteiligen sollen, vergl. § 8 KJHG.18

Das Gesetz verzichtet aber darauf, etwa im Rahmen der Regelungen zur Jugendhilfeplanung, konkrete Formen der Beteiligung festzuschreiben und überläßt es den Planungsträgern, wie sie Wünsche und Bedürfnisse ermitteln und einschätzen wollen. Träger der Sozialarbeit können Betroffenenbeteiligung in ihren eigenen Einrichtungen praktizieren. Durch entsprechende Arbeitsmethoden und organisatorische Unterstützung können sie die Beteiligung fördern und aktiv daran mitwirken, daß den Betroffenen ihre eigene Betroffenheit bewußt wird und die daraus erkennbaren Ansprüche an die Planung formuliert, vertreten und durchgesetzt werden.19

Als wesentliche Voraussetzungen für eine direkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen werden genannt:

- Bedeutsamkeit für die Zielgruppe
- Berücksichtigung des Entwicklungsstandes
- Überschaubarkeit des Gegenstandes der Beteiligung
- Konkrete Orte der Beteiligung
- Hohe Transparenz des Verfahrens
- kindgerechte zeitliche Organisation
- Beteiligung als Lernprozeß

Dabei können nicht einfach Beteiligungskonzepte für Erwachsene übernommen werden, sondern sie müssen methodisch/ didaktisch auf die spezifischen Erfordernisse der zu beteiligenden Gruppe zugeschnitten werden.20

Ein Stufenmodell nach Schröder macht deutlich, daß der Grad der Beteiligung ganz unterschiedlich ausfallen kann. ( Folie Schaubild )

Wichtig ist es also Kinder und Jugendliche nach ihren eigenen Erfahrungen zu fragen, denn:

- sich erinnern hilft nicht ( Erwachsene können nicht das Kind in sich repräsentieren)
- sich klein machen hilft nicht ( Erwachsenenübersichtsperspektive )
- Kinderwünsche helfen nicht ( es hat keinen Zweck, Kinder nach

Konsumlösungen von Problemen zu fragen, die sie ohne Erwachsene nicht hätten; wichtiger ist es ihr „ Expertenwissen“ zu erfragen mit dem sich durchaus formulierte „Wünsche“ erst deuten lassen)

Eine konsequente und umfassende Beteiligung von betroffenen Kindern und Jugendlichen an der Jugendhilfeplanung setzt die Bereitschaft voraus, sich zu öffnen und stellt hohe Anforderungen an Kompetenzen, Risikobereitschaft und Kreativität von Verwaltung und Politik, freien Trägern und Planungspersonal.

6.3 Methoden der Beteiligung in der Jugendhilfeplanung

6.3.1 Einleitung

In der Fachliteratur gibt es verschiedenen Auffassungen und Ansätze hinsicht- lich der Methoden der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Jugendhilfeplanung. Betroffenenbeteiligung kann die unterschiedlichsten fachlichen und organisatorischen Formen annehmen und von der bloßen Information bis hin zur Beteiligung an Planerstellung und Umsetzung reichen. ( siehe Schaubild ) Letztlich ist sie in allen Planungsphasen möglich. Grundsätzlich unterscheidet man „indirekte“ und „direkte“ Formen der Beteiligung.

- Direkte Beteiligung ( alle potentiell und/oder faktisch Betroffenen können sich am Meinungsbildungs und Entscheidungsprozeß beteiligen.)

- Indirekte (mittelbare ) Beteiligung ( die Meinungen und Interessen der
der Betroffenen werden über Mittler, Repräsentanten etc. in den Planungsprozeß eingebracht).

Es sind aber für eine umfassende Beteiligung als Voraussetzung zu beachten:

- Intensive Kommunikation
- Breite Information
- Angemessene Verständigungsprozeduren
- Rückkopplungsstrukturen
- Offenheit des Planungsträgers gegenüber den Ergebnissen

Vor der Auswahl einzelner konkreter Verfahren zur Beteiligung sind folgende Fragen zu beantworten:

- Was soll geplant werden ?
- Wie soll geplant werden ?
- Wie sehen die rechtlichen-, finanziellen- und organisatorischen Rahmenbe-dingungen aus ?
- Welche Ziele verfolgt der Planungsträger mit der Beteiligung ?
- Für wen wird geplant ?
- Wer soll beteiligt werden ?

6.3.2. Indirekte Beteiligung

Indirekte Beteiligung „ meint alle Formen, die auf eine interpretierende und / oder vermittelnde Instanz angewiesen sind, d.h. das es zwingend notwendig einer Person oder Institution bedarf, die zur Umsetzung der Vorstellungen, Anregungen und Wünschen junger Menschen und zu einem entsprechendem Transfer an die Entscheidungsträger befähigt ist“21

Indirekte Beteiligung kann im Rahmen stellvertretender, Kooperativer oder repräsentativer Verfahren geschehen.

a. Stellvertretende Verfahren

Kennzeichnend für diese Verfahren ist die unmittelbare Interessenvertretung von Betroffenen durch sogenannte Schlüsselpersonen oder „ Experten“.

- Schlüsselperson :

Gemeint sind Personen, die aufgrund ihrer Beziehung oder Tätigkeit über Die Verhältnisse oder die zu bearbeitenden Problemlagen gut informiert sind, und auch direkten Zugang zu jungen Menschen oder eher inaktiven haben : Z.B. Sozialarbeiter, kirchliche Mitarbeiter, Vertreter von Sportvereinen oder Initiativen oder Interessengruppen usw. Schlüsselpersonen fördern und iniziieren den unmittelbaren Kontakt durch direkte Partizipation mit den Betroffenen und übernehmen andererseits die Perspektive der Betroffenen um sie im Rahmen von Planungsgruppen und anderen AG´s nach § 78 KJHG oder gegenüber der Verwaltung zu vertreten. Voraussetzung ist ein hohes Maß an Parteilichkeit für die betroffenen jungen Menschen.

- Anwaltsplanung

Das Modell der Anwaltsplanung wurde aus den USA importiert und kommt bei uns seit Anfang der 70. Jahre vornehmlich im Städtebau zur Anwendung. Grundsätzlich sind zwei Organisationsformen denkbar, die sich nach Art der Zusammenarbeit, den Grad der Parteilichkeit und der Professionalisierung der Anwaltsplaner unterscheiden:

- Anwaltsplaner als neutrale Helfer
- Anwaltsplaner als Gemeinwesenarbeiter

Sinnvoll für Betroffenenbeteiligung im Rahmen der Jugendhilfeplanung ist nur der zweite Ansatz, da einen Transfer der Bedürfnisse auf die politische Entscheidungsebene erlaubt. Allerdings erfordert die Wahrnehmung einer solchen Anwaltsfunktion einen so hohen Profesionalisierungsgrad, daß ehren- amtliche Vertreter überfordert wären. Obwohl anwaltschaftliche Unterstützung als Pflichtaufgabe des Jugendamtes anzusehen ist, bleibt fraglich, ob eine solche Funktion von Fachkräften des Jugendamtes gefüllt werden kann, ohne durch die erforderliche Parteilichkeit gegen bestehende Vorschriften und Ent- scheidungsstrukturen zu verstoßen.

- Planungszellen

Anfang der 70. Jahre wurde dieses Verfahren zur Bürgerbeteiligung an Planungsprozessen entwickelt: Nach dem Zufallsverfahren wird eine überschaubare Gruppe von Laienplanern auf Zeit berufen um unter Anleitung von Prozeßbegleitern nach definierten Ziel, Mittel und Zeit-vorgaben Lösungsansätze für Planungsprobleme zu erarbeiten. U. E. muß seine Eignung für eine partizipatorische Jugendhilfeplanung in seiner ursprünglichen Form bezweifelt werden, denn eine echte Betroffenen- beteiligung findet nicht statt, weil die zufällig ausgewählten Gruppenmit- glieder nicht unbedingt auch von dem zu lösenden Problem betroffen sein müssen.

- Experten als Stellvertreter

Stellvertretend können Wissenschaftler, Forscher usw. als Experten ihr Wissen und ihre Einschätzung zur Bedürfnislage von betroffenen Kindern und Jugendlichen in den Planungsprozeß einbringen. Jordan und Schone sehen allerdings folgende Gefahren:

- Ablösung der Experten von der Basis
- Durchsetzung experteneigener ( Forschungs) Interessen
- Informationen aus zweiter Hand
- Vernachlässigung bestimmter Betroffenengruppen22

b. Kooperative Verfahren

Bei Kooperativen Verfahren steht die Zusammenarbeit von Verwaltung, freien Trägern, Initiativen, Schulen, Vereinen und anderen Gruppierungen, die „ vor Ort“ arbeiten im Vordergrund.

- Arbeitsgemeinschaften nach § 78 KJHG, z.B. Stadtteilkonferenzen

Im Vordergrund dieser kooperativen Beteiligungsformen steht die gemeinsame fachliche Diskussion und Kommunikation über konzeptionelle Planungen für die zukünftige soziale Arbeit im Stadtteil. Ziel und Funktion einer Arbeitsgemeinschaft - ob sie nun Stadtteilkonferenz oder pädagogischer Arbeitskreis heißt- ist die inhaltliche Vernetzung der sozialen Angebote im Stadtteil. Allerdings dürfen solche Stadtteilkonferenzen keine einmaligen Unternehmen bleiben sondern müssen zu Begleit- und Umsetzungsinstrumenten entwickelt werden, die in vereinbarten Abständen zur Überprüfung getroffener Vereinbarungen und zur Vorbereitung neuer Abmachungen als Koordinierungsinsturment eingesetzt werden. Zwar sind weder der Jugendhilfeausschuß noch die Verwaltung an die Vorschläge von Arbeitsgemeinschaften gebunden, sie können aber dennoch ins laufende Jugendhilfeplanungsverfahren Vorschläge zur Konkretisierung einbringen und damit den Transfer von Bedürfnis- artikulation leisten.

- Jugendhilfeausschuß

Der Jugendhilfeausschuß als Mitsprache und Entscheidungsgremium des zweigliedrigen Jugendamtes kann die Verwaltung durch Beschlüsse in ihrem Handeln binden. Er beschließt nicht nur über die Verteilung der Haushaltsmittel sondern auch über die Entwicklung der Jugendhilfe in der Kommune ( § 71 KJHG ) Auch unabhängig vom ressortmäßigen Zuschnitt der Verwaltung kann sich der JHA für junge Menschen und ihre Familien haben. Letztlich werden hier die Entscheidungen darüber gefällt ob und wie Betroffenenbeteiligung im Rahmen der Jugendhilfeplanung eingesetzt werden sollen.

c. Repräsentative Verfahren

Zur Vertretung der Interessen von Kindern und Jugendlichen wurden in der BRD demokratisch verfaßte Jugendverbände aufgebaut. Vielerorts wurden parallel dazu Kinder und Jugendparlamente aufgebaut, die aber ebenso wie die Jugendverbände unter einem Mangel an Repräsentativität und Attraktivität leiden. Auch wenn zunehmend weniger Jugendliche die Chance wahrnehmen in demokratisch verfaßten Interssenverbänden verantwortliche Positionen zu bekleiden, sollte nicht vorschnell ein pralleres System der Interessenvertretung in Form von repräsentativen Jugend- parlamenten installiert werden. Der parallele Aufbau konkurrierender Systeme zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an kommunal- politischen Entscheidungen scheint wenig sinnvoll, weil solche Systeme die ohnehin schon durch Randständigkeit bedrohte Position der Jugendhilfe schwächen.

6.3.3. Direkte Beteiligung

Die Form der direkten Beteiligung kann in versammelnden oder iniziierenden Beteiligungsverfahren geschehen.

a. Versammelnde Verfahren

Charakteristisch für versammelnde Verfahren ist, daß die Betroffenen, Gruppierungen, freien Träger, Verwaltung, Politik u.a. in eine direkte Kommunikation und Interaktion miteinander treten können, bei der Meinungsaustausch, Dialog und auch Verständigung prinzipiell möglich sind.23

- Stadtteilstammtisch

Obwohl häufig ebenfalls als Stadtteilkonferenz bezeichnet, unterscheidet sich der Stammtisch in wesentlichen Punkten:

Diese Form möglicher direkter Beteiligung ist eine prinzipiell offene, informelle Zusammenkunft von „ Interessierten“ mit folgenden Denkbaren Zielen und Aufgaben:

Ein solches versammelndes Beteiligungsverfahren macht ebenfalls nur Sinn, wenn es nicht als einmalige, isolierte Aktion durchgeführt, sondern in ein Gesamtkonzept der Partizipation eingebettet wird.

b. Iniziierende Verfahren

Das besondere Merkmal solcher Verfahren liegt darin, den Betroffenen zu helfen, auch ohne Erfahrungen in der Gremienarbeit und im Zusammenwirken mit Verwaltungen

- ihre Bedürfnisse und Interessen zu artikulieren
- sich zu organisieren
- mit den politischen Instanzen in Kontakt zu treten.

Ziel iniziierender Verfahren ist es, durch beiderseitiges Lernen den Lebenszusammenhängen entsprechende Angebote entwickeln zu können, um damit die Akzeptanz zu erhöhen. Von der Verwaltung werden diese Gruppierungen oft nicht ernst genommen oder als „störend“ abgelehnt werden

- ihrer ungewohnten antihirachischen Struktur
- ihrer unkonventionellen Aktions- und Arbeitsformen
- ihrer hohen Unabhängigkeit von Vorgaben der Verwaltung
- ihrer geringen Mittelanforderungen ( was nicht viel kostet, kann auch nichts sein )

- Gemeinwesenorientierte Projektwesenarbeit

Gemeinwesenarbeit wird durchgängig als ein Arbeitsprinzip sozialer Arbeit verstanden, daß die sozio- ökonomischen und politischen Bedingungen im Lebensbereich als Ursache sozialer Benach- teiligungen und Defizite begreift. Aus der Arbeit Gemeinwesenorientierter Projektarbeit kristallisieren sich

wesentliche Dinge heraus:

- Kinder haben ein anderes Zeitverständnis als Erwachsene
- Die Persönlichkeiten der Kinder und Jugendlichen unterliegen einer hohen Dynamik und kurzfristigen Veränderungen
- Kinder denken nicht in Ressorts und Verwaltungseinheiten
- Kinder erwarten Konsequenzen aus ihrer Beteiligung

- Zukunftswerkstätten

Zukunftswerkstätten sind ursprünglich aus der bildungspolitischen Arbeit mit Erwachsenen entstanden. Ihre Idee gründet in der Annahme, daß Zukunft gestaltbar, soziale Prozesse beeinflußbar sind und das sie gerade auch für sonst „Sprachlose“, für Gruppen ohne Lobby eine Chance bieten. Zukunftswerkstätten sind besonders dann wichtig, wenn alte Konzepte und Verfahrensweisen nicht mehr funktionieren und neue Ziele, oder Problemlösungen notwendig werden. Zukunftswerkstätten unterscheiden sich von anderen direkten Beteiligungsformen durch den Einsatz eines besonderen methodischen Settings:

- Spaßmachende Kreativmethoden
- Teilnehmerorientierte Moderationsmethoden
- Visualisierungsverfahren

In der Praxis finden sich 4 typische Formen von Zukunftswerkstätten:

- Lernwerkstatt
- Problemlöse und Ideenfindungswerkstatt
- Kommunikationswerkstatt
- Strategiewerkstatt

Für Betroffenenbeteiligung im Rahmen der Jugendhilfeplanung ist die Problemlöse und Ideenfindungswerkstatt als Planungs und Problemlösestrategie besonders geeignet.

Allerdings ging vielen Zukunftswerkstätten während der Umsetzungs- phase, die zu konkreten Projekten und handfesten Konzepten führen sollte die Luft aus, die Realisierung blieb oft recht unvollkommen.

- Sozialraumanalyse

Der Stadtteil wird auf seine verschiedenen Lebensräume hin untersucht, um durch subjektive Deutungen die sozialräumliche Verortung von Lebensumständen zu erkennen. Für die Jugendhilfeplanung können solche Ergebnisse wichtig sein, da sie kleinräumige und subjektive Informationen aus der Lebenswelt der Betroffenen wiedergeben. Dies kann durch quantitative und qualitative Erhebungsmethoden geschehen.

6.3.4. Ungenutzte Chancen

Bislang wenig genutzte Chancen bei der Partizipation sind z.B.

- Medienpädagogische Ansätze ( Offene Kanäle usw. )
- Projekttage an Schulen
- Sorgentelefone

6.3.5. Zusammenfassung

Um Partizipation von Kindern und Jugendlichen in kommunalen Gestaltungs und Entscheidungsprozessen Rechnung zu tragen, wurden unterschiedlichste Beteiligungsmodelle entwickelt, die sich in zwei Grundkategorien einteilen lassen:

- Parlamentarische Formen ( Orientierung an der „ Diskussionskultur“ Erwachsener, Anlehnung an in Demokratien üblichen Interessenvertretungen)
- Projektorientierte Formen ( Beteiligungsverfahren unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Entwicklungsstandes )

Die Vielzahl verschiedenster Beteiligungsformen macht deutlich, daß Betroffenenbeteiligung nicht am Mangel geeigneter Umsetzungsmethoden scheitern muß. Allerdings gibt es keine universell einsetzbaren Verfahren: Sie müssen differenziert auf die jeweiligen Bedingungen, Beteiligten zugeschnitten werden. Bei allen direkten Beteiligungsformen gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:

- keine Überforderung
- zeitlicher Zusammenhang
- geschlechtsspezifische Aspekte

Die Mehrzahl der direkten Beteiligungsverfahren und Formen hat eine klassische „ Komm- Struktur“ d.h. Grundvoraussetzung für die Teilnahme ist das eigene Interesse. Darin besteht die Gefahr, daß für Jugendhilfeplanung wichtige Zielgruppen dort nicht auftauchen, ja vielleicht nicht einmal wissen, daß es solche Beteiligungsangebote gibt, die auch für sie durchaus interessant sein könnten. Deshalb müssen ernst gemeinte Beteiligungsvorhaben die betroffenen Kinder und Jugendlichen „ Abholen“.

Nach unserer Einschätzung kann die Beteiligung junger Menschen in und an Entscheidungsprozessen der Jugendhilfeplanung nur dann gelingen, wenn der Partizipationsprozeß pädagogisch und politisch- administrativ abgesichert ist. Für eine sinnvolle Partizipation von Kindern und Jugendlichen an über- greifenden Planungsvorhaben scheint es momentan jedoch noch kein umfassendes Modell zu geben.

7. Einschätzung und Resümee

„Dialog“ von Hans Dieter Hüsch

8. Literaturverzeichnis

Bauer, R.

Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit

Deutscher Verein,

Faltermeier, J.

Lexikon des Sozial- und Gesundheitswesens, Verlag R. Olenbourg, 2 Aufl. 1996

8. Jugendbericht, Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe

Fachlexikon der sozialen Arbeit, Frankfurt 1993

„... und sie bewegt sich doch“ Die Jugendhilfe auf dem Weg zur Modernisierung, Eigenverlag des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 1995

Jordan, E. u. Schone, R. Jugendhilfeplanung aber wie? Münster 1992

Jordan, E. u. Schone, R. Handbuch der Jugendhilfeplanung, Votum, 1998

Kunkel, P.Ch. Grundlagen des Jugendhilferechts, 2. Aufl., Nomos 1997

Münder Joh. Frankfurter Lehr- und Praxis- Kommentar zum KJHG,Votum 1999

Münder Joh. u. a. Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung und Jugend-hilfeplänen, Votum 1997

Münder Joh. Beratung Erziehung Betreuung und Recht, Handbuch für
Lehre und Praxis, 2. Aufl., Votum 1991

Merchel, Kooperative Jugendhilfeplanung, Leske & Budrich, 1994

Schröder, R. Kinder reden mit, Beltz Verlag, Weinheim/ Basel 1995

[...]


1 E. Jordan, R. Schone, Handbuch der Jugendhilfeplanung, Votum 1998, S. 57 f

2 Bauer, R., Lexikon des Sozial und Gesunheitswesens, 2 Auf. 1996, S. 1100

3 Josef Faltermeier u.a und sie bewegt sich doch. Die Jugendhilfe auf dem Weg zur Modernisierung.Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge, 1995, S. 22 f

4 Joh. Münder u.a. Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung, Votum 1997, S. 11

5 Achter Jugendbericht der Bundesregierung, S. 179 f. Bonn 1990

6 Joh. Münder u.a. Rechtliche Aspekte der Jugendhilfeplanung, Votum 1997, S. 2f.

7 Joh. Münder u.a. Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, Votum, Stand 01.01.1999, S. 595

8 vergl. § 79 KJHG

9 verg. Merchel, Kooerative Jugendhilfeplanung, Leske & Budrich,1994, S. 71

10 Morzynski, Wiesner, Kaufmann, § 80 Rn 11

11 Joh. Münder u.a. Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, Votum, Stand 01.01.1999, S. 609

12 Peter Ch. Kunkel. Grundlagen des Jugendhilferechts, Nomos, 1997, S. 181 f

13 Peter Ch. Kunkel, Grundlagen des Jugendhilferechts, Nomos, 1997, S. 176

14 Peter Ch. Kunkel, Grundlagen des Jugendhilferechts, Nomos, 1997, S. 177

15 E. Jordan, R. Schone, Jugendhilfeplanung aber wie? Münster 1992

16 Joh. Münder u.a. Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, Votum 1999 S, 134

17 Joh. Münder u.a. Rechtliche Aspekte der Jugendhilfeplanung, Votum, 1997 S, 41

18 Joh. Münder, Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, Votum Stand 01.01.1999, S, 134

19 vergl. Deutscher Verein, Fachlexikon der sozialen Arbeit , F/a.M . 1993, S. 160

20 Schröder, R. Kinder reden mit, Beltz Verlag, Weinheim/ Basel 1995, S. 19

21 Lukas, H., Soziale Arbeit 5/1996, S. 148

22 Jordan und Schone, Jugendhilfeplanung aber wie? Votum, 1992, S. 177

23 ebd. S. 172 Problematisieren defizitärer Situationen im Stadtteil Entwicklung betroffenengerechte Handlungskompetenzen Bindeglied zwischen Betroffenen, AG´s und der Verwaltung Herstellung von mehr Öffentlichkeit

Excerpt out of 19 pages

Details

Title
Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung
College
University of Bremen
Course
Jugendhilfe und Management
Grade
1
Authors
Year
1999
Pages
19
Catalog Number
V98080
ISBN (eBook)
9783638965316
File size
467 KB
Language
German
Keywords
Rechtliche, Aspekte, Jugendhilfeplanung, Jugendhilfe, Management
Quote paper
Stephan Volkmer (Author)Frank Wiesener (Author), 1999, Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98080

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Title: Rechtliche Aspekte von Jugendhilfeplanung



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