Homosexualität in der Politik am Beispiel Ole von Beust. Inwieweit werden Outings von den Medien beeinflusst?


Hausarbeit, 2015

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Männlichkeit und Homosexualität
2.1 Männlichkeit nach Raewyn Connell
2.2 Politik als Beruf heute nach Andreas Heilmann

3 Hypothese

4 Outing in der Politik: Analyse des Falles Ole von Beust
4.1 Fallbeschreibung Ole von Beust
4.2 Berichterstattung in den Medien über den Fall Ole von Beust
4.3 Einordnung des Outings in die Theorie hegemonialer Männlichkeit nach Raewyn Connell
4.4 Einordnung des Outings in „Politik als Beruf heute “ nach Andreas Heilmann

5 Fazit- Werden Outings durch die Medien beeinflusst?

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Immer häufiger bekennen sich Männer dazu, das gleiche Geschlecht zu lieben. Besonderes Interesse erhalten dabei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, da sie als Vor­bilder für die Gesellschaft gelten. Prominente wie der ehemalige Außenminister Guido Wes­terwelle, der Fernsehkoch Alfred Biolek oder der Friseur Udo Walz verdeutlichen, dass Ho­mosexualität in den unterschiedlichsten Berufsgruppen auffindbar ist. Dabei weist jedes Be­kenntnis in der Öffentlichkeit individuelle Gründe auf. Während Homosexualität in der Ver­gangenheit beschämt verschwiegen wurde, geben viele Männer ihre Liebe zu einem anderen Mann heutzutage offen zu.

Der gesellschaftliche Umgang mit diesem Thema, der in den letzten Jahren einen starken Wandel erlebt hat, ist dabei wichtig. Insbesondere die neuen Medien spielen aufgrund ihres starken Einflusses eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, Homosexualität in Deutsch­land gesellschaftsfähig zu machen.

Bei einem Outing trägt die Berichterstattung der Journalisten einen großen Anteil am weiteren Verlauf einer Karriere und der Akzeptanz in der Gesellschaft bei. Im Falle einer inoffiziell bekannten Homosexualität gab es vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine „[...] stillschweigende Übereinkunft die massenmediale Veröffentli­chung der Homosexualität eines Politikers mit einem Tabu zu belegen“ (Heilmann 2011a, S.12). Eine in der Öffentlichkeit stehende Person kann ein Outing aber auch positiv für sich nutzen und so an Sympathie gewinnen.

Jedoch erregt das öffentliche Bekenntnis zu gleichgeschlechtlichen Liebe auch heute noch großes Aufsehen. Im Folgenden wird daher eine Analyse des unfreiwilligen Outings von Hamburgs ehemaligem Bürgermeister Ole von Beust mit Hilfe der Theorien nach Andreas Heilmann und Raewyn Connell angestellt. Der CDU Politiker wurde im Jahre 2003 von sei­nem Vater geoutet, nachdem der damalige Innensenator Ronald Schill ihm gedroht hatte, sei­ne Liebe zu einem anderen Mann öffentlich zu machen. Nachfolgend wird untersucht, wie Ole von Beust mit dem plötzlich stark angestiegenen Interesse an seinem Privatleben umge­gangen ist. Zudem soll im Verlauf der Arbeit die Frage beantwortet werden, wie sein Outing von den Medien beeinflusst wurde. Die Analyse umfasst dabei den Zeitraum zwischen seinem Outing im Jahre 2003 bis zu seiner Hochzeit 2013. Der Fall Ole von Beust ist deshalb von besonderem Interesse, da von Beust zum einen zum Zeitpunkt seines Outings zu Deutsch­lands Spitzenpolitikern zählte und er sich zum anderen nicht selber zu seiner Homosexualität bekannte, sodass sein Outing nicht auf vollkommen freiwilliger Basis erfolgte.

2 Männlichkeit und Homosexualität

Befasst man sich mit Homosexualität, kommt schnell die Frage auf, wie sich Homosexualität definieren lässt. Vor 20 Jahren wäre diese Aufgabe sehr viel einfacher zu lösen gewesen: „Das Gegenteil von Heterosexualität. Nicht-Normal. Pervers“ (Mildenberger 2014, S.7).

In der Vergangenheit wurden homosexuelle Männer abwertend als 175er bezeichnet. Diese Beschimpfung geht auf den §175 a.F. im Strafgesetzbuch zurück. Jedoch wurde der sogenannte Schwulen-Paragraf im Mai 1994 gestrichen. Der Paragraf stellte den sexuellen Kontakt zwischen Männern unter Strafe.

Bei widernatürlicher Unzucht zwischen Männern drohten zum Zeitpunkt der letzten gültigen Gesetzesfassung bis zu sechs Monate Gefängnis. Unter den Nationalsozialisten wurde der Paragraf gar verschärft und so verändert, „[...] dass schon ein Kuss oder begehrlicher Blick reichen konnte, um Schwule ins Gefängnis zu bringen“ (Tholl 2014, o. S.; Hervorhebung im Originaltext). Zudem wurde Homosexualität stets mit bestimmten Eigenschaften, „[...] ja so­gar Eigenheiten der betreffenden Personen [...]“ (Eder 2014, S.18) verbunden. „[...] Sexuelle Praktiken, erotisches Begehren und eine [...] (angeblich) eigene psychologische Verfassung [...]“ (Eder 2014, S.18) galten als Charakteristika homosexueller Menschen und machten die Unterschiede zu Heterosexuellen deutlich.

In der Gegenwart bezeichnet Homosexualität weitaus mehr, als „[...] nur stattgefundene gleichgeschlechtliche Sexualakte, sondern auch die ihnen Sinn und Bedeutung gebenden kul­turellen Zuschreibungen, insbesondere solche, welche die Selbstansicht der Akteurinnen und Akteure und ihre gesellschaftliche Wahrnehmung bestimmen “ (Eder 2014, S.17). Der Sexu­alforscher Kurt Freund bezeichnet Homosexuelle als jene Personen, „[...] die unter den ge­wöhnlichen Umweltbedingungen gleichgeschlechtliche Partner bevorzugen“ (1969, S. 55). Eine anderer Definitionsvorschlag kommt von dem Psychologen Martin Hoffman, der „[...] solche Personen, die sich für mindestens einige Jahre ihres Lebens zu gleichgeschlechtlichen Partnern hingezogen fühlen [...]“ (1971, S.23) als homosexuell bezeichnet. Jedoch betont er, dass es keine Definition gibt, der sich der Großteil der Wissenschaftler anschließt.

In unserer Gesellschaft werden bestimmte Eigenschaften als typisch feminin angesehen, wäh­rend andere der Maskulinität zugeschrieben werden. Zudem besteht die Annahme, dass eine Verminderung der Maskulinität gleichzeitig eine Erhöhung der Feminität bedeutet und umge­kehrt, sodass homosexuelle Männer stellenweise von Außenstehenden anhand ihres Verhal­tens erkannt werden. „Tatsache ist, daß die Mehrzahl der Homosexuellen nicht so eindeutig eingestuft werden kann und in der sexuellen Betätigung die unterschiedlichsten Rollen über­nimmt“ (Hoffman 1971, S. 27).

Dennoch wird die Weiblichkeit der heterosexuellen Frauen durch die weibliche Homosexuali­tät nicht bedroht, wohingegen männliche Homosexualität von heterosexuellen Männern als Bedrohung empfunden wird. „Zur Aufrechthaltung der bestehenden Hierarchie der Männlich­keit bedarf es [somit] der Abwertung männlicher Homosexualität“ (Hertling 2011, S.33).

2.1 Männlichkeit nach Raewyn Connell

In ihrem Buch Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeit befasst sich die Soziologin Raewyn Connell mit den unterschiedlichen Aspekten der Männlichkeit. Ihr Werk ist in drei Teile geteilt. Hinsichtlich der Fragestellung, die in der vorliegenden Arbeit beant­wortet werden soll, wird jedoch lediglich das dritte Kapitel, welches in den Bereich des ersten Teils des Buches fällt, verwendet. In diesem Kapitel befasst sich die Soziologin mit der sozia­len Organisation von Männlichkeit.

Connell macht direkt zu Beginn deutlich, dass das Konzept der Männlichkeit individuelle Unterschiede und persönliche Handlungsfähigkeiten (agency) voraussetzt. „Dadurch beruht es auf dem Konzept der Individualität, das sich im Europa der früheren Moderne entwickelt hat, im Zuge der zunehmenden Kolonialisierung und kapitalistischen Wirtschaftsbeziehungen [...]“ (Connell 2015, S.120). Für Connell besteht zwischen den Konzepten Männlichkeit und Weiblichkeit eine Vernetzung. Für sie kann ohne den Kontrastbegriff der Begriff Männlich­keit nicht existieren. Das gegenwärtige Konzept der Männlichkeit ist nach Connell erst einige Jahrhunderte alt. Zuvor wurden Frauen lediglich als mangelhafte Exemplare des Mannes an­gesehen und nicht „[...] als Träger und Trägerinnen qualitativ anderer Charaktere; [...] dieser Gedanke entstand erst mit der bourgeoisen Ideologie der getrennten Sphäre im 19. Jahrhun­dert (Connell 2015, S.120; Hervorhebung im Original).

Raewyn Connell unterscheidet zwischen vier Strategien, die in der Praxis oftmals kombiniert werden, um eine männliche Person zu charakterisieren.

Als erste nennt sie die essentialistische Definition, die sich an einen Aspekt hält, der das Grundprinzip von Männlichkeit ausmachen soll und dadurch das Leben von Männern erklä­ren will. Als beispielhaften Vertreter dieser Strategie nennt sie Sigmund Freud, der Männlich­keit mit Aktivität gleichsetzt und dementsprechend Weiblichkeit als Passivität ansieht. Späte­re Versuche setzten Männlichkeit sowohl mit „Risikofreudigkeit, Verantwortlichkeit, Unver­antwortlichkeit, Aggression [oder der] Energie des Zeus [gleich]“ (Connell 2015, S.121). Connell sieht diesen Ansatz jedoch als nicht geeignet, da die Wahl des Kriteriums willkürlich erfolgt.

In der positivistischen Sozialwissenschaft sollen Fakten produziert werden. Männlichkeit ist hierbei, wie Männer wirklich sind. Die Schwierigkeit sieht Connell bei dieser Definition, die auch den männlich / weiblich Skalen der Psychologie zugrunde liegt darin, dass Beschreibun­gen immer auf Annahmen über das Geschlecht basieren. Somit ist es ihrer Meinung nach ein­leuchtend, „[...] dass man, um eine M/F-Skala zu erstellen, eine Vorstellung davon haben muss, was man bei der Erstellung der Items auflistet bzw. berücksichtigt“ (Connell 2015, 5.121) . Zudem bedarf eine Auflistung der Tätigkeiten von Männern und Frauen bereits eine Einteilung in die Kategorie Mann oder Frau. Des Weiteren verhindert diese Männlichkeitsde­finition nach Aussage Connells, „[...] dass man auch eine Frau als männlich oder einen Mann als weiblich oder bestimmte Verhaltensweisen oder Einstellungen als männlich oder weiblich beschreiben könnte, unabhängig davon, bei wem man sie festgestellt“ ((Connell 2015, S.122; Hervorhebung im Original).

Die Begriffe männlich und weiblich dienen jenseits der biologischen Geschlechterunterschie- de zur Unterscheidung Männer und Frauen untereinander in Bezug auf ihr Geschlecht. Als Folge der normativen Definition nähern sich Männer dem Standard verschieden weit an. Dabei erfüllen jedoch nur sehr wenige Männer die geforderte Norm. Connell stellt sich da­raufhin die Frage, ob wir uns eingestehen müssen, dass die Mehrheit der Männer unmännlich ist. Des Weiteren sieht sie eine Schwierigkeit darin, „[...] dass eine rein normative Männlich­keitsdefinition uns keinen Zugriff auf die Persönlichkeitsebene erlaubt“ (Connell 2015, 5.122) .

Bei semiotischen Ansätzen wird Männlichkeit als Nicht-Weiblichkeit definiert. Die beiden Positionen stehen einander gegenüber. Hierbei ist „[...] Männlichkeit der nicht markierte Be­griff, der Ort symbolischer Autorität“ (Connell 2015, S.122). Weiblichkeit wird als Mangel dargestellt. Connell hält die Einsatzfähigkeit des Ansatzes allerdings für begrenzt, sofern man nicht annimmt, dass in der sozialen Analyse nur Diskurse betrachtet werden können.

Raewyn Connell spricht sich dafür aus, das Augenmerk verstärkt auf Prozesse und Beziehun­gen zu richten, die uns ein „[...] vergeschlechtliches Leben führen lassen“ (Connell 2015, 5.124) anstatt Männlichkeit anhand eines Charakterzuges oder einer Norm zu definieren zu versuchen. So definiert sie Männlichkeit als „[...] eine Position im Geschlechterverhältnis; die Praktiken, durch die Männer und Frauen diese Positionen einnehmen, und die Auswirkungen dieser Praktiken auf die körperliche Erfahrung, auf Persönlichkeit und Kultur“ (Connell 2015, 5.124) . Somit ist Männlichkeit ihrer Meinung nach nur in komplexen Geschlechterverhältnis- sen aufzufinden. Männlichkeit sieht Connell als veränderbar an und berücksichtigt gleichzei­tig die Machtverhältnisse innerhalb der Beziehungen der Geschlechter (Connell 2015, S.130). Um die Struktur des Geschlechtes darzustellen und daraus Ansatzpunkte für die Analyse von Männlichkeit zu ziehen, unterschiedet Connell zwischen drei Stufen: Macht, Produktion und emotionale Bindungsstruktur.

Für die Machtbeziehungen stellt die wichtigste Achse die Unterordnung der Frau und die Dominanz der Männer dar. „Trotz zahlreicher Ausnahmen [...] besitzt diese Struktur Allge­meingültigkeit“ (Connell 2015, S.127) und bleibt trotz zahlreicher Wiederstände bestehen.

Im Fall der Produktionsbeziehungen bestehen geschlechtliche Arbeitsteilungen, bei denen es geschlechtliche Unterschiede gibt. Dabei sollte man nach Haltung Connells vor allem die wirtschaftlichen Konsequenzen beachten, die sich unter anderem in einer ungleichen Vertei­lung des Kapitals zeigen. Connell überrascht es jedoch nicht, dass es überwiegend Männer sind, die große Firmen leiten, da ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, das nur aufgrund ge­schlechtlicher Arbeitsteilung funktioniert, diese Ungleichheiten mit sich bringt. Für sie ist es Teil der sozialen Konstruktion von Männlichkeit (Connell 2015, S.127).

In dem dritten Ansatzpunkt, der emotionalen Bindungsstruktur spielt auch das Geschlecht eine Rolle. Da das Geschlecht die gesamte soziale Praxis strukturiert, ist es mit anderen sozia­len Strukturen verknüpft. Zudem besteht nach Aussage Connells eine Überschneidung mit Faktoren wie Rasse oder Klasse. „Um Geschlecht zu verstehen, müssen wir auch ständig dar­über hinausgehen. Und umgekehrt verhält es sich genauso“ (Connell 2015, S.129).

In ihrer Beschreibung der hegemonialen Männlichkeit bezieht sich Connell auf das Konzept der Hegemonie, welches von Antonio Gramsci entwickelt wurde. Sie definiert hegemoniale Männlichkeit als „[...] jene Konfiguration geschlechterbezogener Praxis [...], welche [...] die Dominanz der Männer, sowie die Unterordnung der Frauen gewährleistet (oder gewährleisten soll)“ (Connell 2015, S.130). Connell sieht dabei die Führungsebenen von Wirtschaft; Militär und Politik als Beispiel einer „[...] recht überzeugende[n] korporative[n] Inszenierung von Männlichkeit, [...] die von feministischen Angriffen und sich verweigernden Männern immer noch ziemlich unberührt scheint“ (Connell 2015, S.131). Hegemonie zeichnet sich dabei nicht durch Gewalt, sondern einen erfolgreich erhobenen Anspruch auf Autorität aus. Dabei sei noch einmal betont, dass Hegemonie nicht statisch ist.

Connell unterscheidet zudem zwischen drei weiteren Männlichkeitstypen: Der unterdrückten-, der marginalisierten- und der komplizenhaften Männlichkeit.

Bei der untergeordneten Männlichkeit sind ihrer Auffassung nach homosexuelle Männer hete­rosexuellen Männern subordiniert. Durch die Unterdrückung heterosexueller Männer sind sie an das unterste Ende der männlichen Geschlechterhierarchie geraten (Connell 2015, S.133). Die hegemoniale Männlichkeit wird hierbei am stärksten in Frage gestellt.

Unter komplizenhafter Männlichkeit ist nach Connell eine Gruppe von Männern zu verstehen, welche die hegemonialen Strukturen unterstützen und daraus Vorteile ziehen.

Bei der komplizenhaften Männlichkeit besteht nach Connell das Problem, dass nur wenige Männer der normativen Definition wirklich genügen (Connell 2015, S.133), was gleichzeitig für die hegemoniale Männlichkeit gilt. Auch wenn die Anzahl derer, die dem Muster entspre­chen sehr gering ist, profitiert die überwiegende Mehrzahl der Männer von ihr. Das bezeich­net Connell als „[...] patriarchale Dividende [...]“ (2015, S.133). Den Grund dafür sieht sie in dem allgemeinen Vorteil der Männern, den sie aus der Unterdrückung der Frauen ziehen, oh­ne diesen Vorteil selber erreicht zu haben. Männer erhalten einen Zugewinn an Achtung, Prestige, Befehlsgewalt und profitieren auch materiell. Aus diesem Grund ist es nach Haltung Connells wahrscheinlicher, dass ein Mann die Leitung einer Firma übernimmt oder diese so­gar besitzt. Gleiches gilt auch für die Staatsmacht.

Unter marginalisierter Männlichkeit fasst Raewyn Connel interne Relationen der Geschlech- terordnung und sozialer Ungleichheit. Dabei handelt es sich um Männlichkeiten unterschied­licher Schichten oder Ethnien.

Hegemonie wird durch die Unterordnung bestimmter Klassen oder ethischer Gruppen gesi­chert. Es wird deutlich, dass Connell nicht nur die Beziehungen zwischen Männern und Frauen untersucht, sondern auch das Verhältnis von Männern untereinander.

2.2 Politik als Beruf heute nach Andreas Heilmann

Der Soziologe Andreas Heilmann untersucht in seinem Buch Normalität auf Bewährung. Ou­tings in der Politik und die Konstruktion homosexueller Männlichkeit die Normalisierung homosexueller Männlichkeit in der printmedialen Berichterstattung.

Aufgrund der Fragestellung dieser Arbeit wird nur das Kapitel Politik als Beruf heute: zur Diskursivierung von Männlichkeit im politischen Feld unter den Bedingungen der Mediende­mokratie betrachtet.

Nach Aussage Heilmanns ist politische Praxis Männerpraxis, sofern man Männlichkeit nach Bourdieu als „[...] homosoziale und kompetitive Praxis begreift“ (Heilmann 2011b, S. 2). „Verändern sich die Praxen der Politiker, dann hat dies Auswirkungen auf die Konstruktion von Männlichkeit im politischen Feld“ (Heilmann 2011b, S.1). Dabei konkurrieren Männer ausschließlich mit anderen Männern. Weibliche Ansprüche auf Teilhabe können erfolgreich abgewehrt werden. Männern wird dabei die öffentliche Sphäre der Erwerbsarbeit und der Po­litik zugewiesen, wohingegen Frauen der privaten Sphäre zugeteilt werden und ihnen somit der Zugang zur Bildung sowie dem aktiven und passiven Wahlrecht bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts verwehrt blieb. „Das politische Feld distanzierte dadurch nicht nur den Be­rufspolitiker sozial vom politischen Laien, sondern schloss sich von Beginn an auch als ein homosozial männlicher Bereich von Frauen und ihren Lebenswelten in der Privatsphäre ab“ (Heilmann 2011b, S. 3). Auch nachdem sich die Frauen den Zugang zum politischen Feld erkämpften, war ihr Anteil sehr gering. Zudem wurden Frauen auf spezifische Sachgebiete verwiesen, die einen Bezug zum Privaten herstellten. Männern wurde eine Veranlagung zur politischer Kompetenzen unterstellt, wohingegen Frauen ihr Können unter Beweis stellen mussten (Heilmann 2011b, S.4).

Heilmann bezieht sich auf Max Webers Vortrag Politik als Beruf (1987) , um die soziale Kon­struktion von politischer Praxis als Männlichkeitspraxis nachzuvollziehen. Dabei beschreibt Weber mit dem Parteibeamten und dem politischen Führer zwei Politikertypen, die in ein hie­rarchisches und funktionales Verhältnis von Dominanz und Unterordnung gestellt werden. Der politische Führer lebt dabei für die Politik, wohingegen der Parteibeamte von den Ein­künften seiner politischen Tätigkeit lebt (Heilmann 2011b, S. 5). Frauen werden sowohl bei Weber als auch bei Bourdieu vom politischen Feld ausgeschlossen. Weber fordert dabei von einem modernen Berufspolitiker drei Qualitäten: Verantwortungsgefühl, Leidenschaft und Augenmaß. Max Weber charakterisiert politische Praxis als ein rationales, kämpferisches und daher implizit männliches Spiel zwischen aktiven Kopfmenschen, das nicht mit weiblich kon­notierter Seele und Passivität zu gewinnen ist. Heilmann stellt sich die Frage, ob das Bild der Berufspolitik als geschlossenen Männerkosmos noch heute besteht. „Merkmal für die Öffnung eines sozialen Feldes ist nach Bourdieu das Auftreten neuer einflussreicher Akteure, die ‚den Zustand des Feldes’, also auch die feldspezifischen Spielregeln, verändern können“ (Bourdieu 2001, S.50; zitiert nach Heilmann 2011a, S. 70). Dazu zählt die gestiegene Präsenz von Frauen, die das traditionell männliche Feld aufgebrochen hat. „Dies geschieht umso wirksamer, je mehr Frauen direkt mit Männern um hohe politische Positionen konkurrieren – und dies in den Massenmedien inszeniert wird“ (Heilmann 2011a, S.70).

[...]

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Details

Titel
Homosexualität in der Politik am Beispiel Ole von Beust. Inwieweit werden Outings von den Medien beeinflusst?
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
22
Katalognummer
V980957
ISBN (eBook)
9783346333452
ISBN (Buch)
9783346333469
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Homosexualität, Politik, Medien, Outing
Arbeit zitieren
Leonie Stuckart (Autor:in), 2015, Homosexualität in der Politik am Beispiel Ole von Beust. Inwieweit werden Outings von den Medien beeinflusst?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/980957

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